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WV: Economics of a Workers State in Transition to Socialism

15. Januar 2012

Vor kurzem (in der Nr. 989 vom 28.11.2011 in „Workers Vanguard„) wurde ein Vortrag abgedruckt, den Joseph Seymour, einer der führenden Intellektuellen der trotzkistischen IKL, vor einigen Jahren bei einer Schulung gehalten hat. In starkem Gegensatz zum GegenStandpunkt, der gerade erst wieder (am 9.1.2012 in Münster) eine Veranstaltung unter dem alten Titel „Warum wir nicht mit einem „durchdachten planwirtschaftlichen Konzept“ für den Kommunismus werben“ (aus GSP 1-04) gemacht hat, werden dort einige Grundthesen skizziert, die nicht nur der IKL gemein sind, sondern für eine breite Spanne kommunistischer Strömungen steht:
– Im Sozialismus geht es nicht in erster Linie (wie noch vor den Marxisten) um Gleichheit der Verteilung, sondern um Steigerung der Produktivkräfte
– Für eine ins Gewicht fallende längere Zeit werden wirtschaftliche Entscheidungen (vor allem im Weltmaßstab) von Mangel bestimmt sein
– Arbeit wird weiterhin Lohnarbeit sein (sogar zum Teil entfremdete Lohnarbeit)
– Zumindest Konsumgüter werden auf lange Zeit weiterhin auf Märkten mit Geld bezahlt werden (müssen)
– Es wird weiterhin Familien geben und deshalb werden Lohnarbeiter nicht beschäftigte Familienmitglieder zumeist Kinder mitversorgen müssen mit Löhnen, die dies nicht vollständig berücksichtigen
– Der politische Streit würde sich zentral um die Höhe der Investitionsquote drehen: Schnelles ansteigen des „Privat“-Komsums „jetzt“ versus höheres Niveau „später“
– Die Entscheidungen werden zentral getroffen für die gesamte Wirtschaft
– Ein weiterer Streitpunkt wären die Anteile der Produktion, die zur schnelleren Entwicklung „ärmerer“ sozialistischer Gebiete zur Verfügung gestellt werden sollen
– Wegen der differenzierten Konsumgüternachfrage werden Konsumgüter auf Märkten angeboten, aber ohne Konkurrenz unter den Produktionseinheiten, die zentral beplant werden

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  1. 15. Januar 2012, 16:50 | #1

    Wie notwendig es wäre sich über Kommunismus zu unterhalten sieht man gerade an diesen Prinzipien. Keines davon kann heute noch gelten:

    Im So­zia­lis­mus geht es nicht in ers­ter Linie (wie noch vor den Mar­xis­ten) um Gleich­heit der Ver­tei­lung, son­dern um Stei­ge­rung der Pro­duk­tiv­kräf­te

    Beides ist obsolet. Auch die Zweiphasentheorie stammt aus einer Zeit, wo „Sozialismus“ nachholende Modernisierung bedeutet hat, die Wundmale der Sowjetunion sind deutlich zu sehen.
    Positiv gesprochen steht seit Jahrzehnten der Kommunismus auf der Tagesordnung, wobei die Probleme des Übergangs weniger mit dem Mangel an Produktivkräften, sondern mit einer komplett verzerrten und wahnsinnig gewordenen gesellschaftlichen Produktionsstruktur zu tun haben. Es ist eine Technologie der geplanten Obsoleszenz und der Abhängigmachung durch eine andere Technologie zu ersetzen. Es ist eine absurde Hypervergesellschaftung zu korrigieren. Es sind Potentiale des geteilten Wissens und der Dezentralisierung gezielt zu entwickeln.

    – Für eine ins Ge­wicht fal­len­de län­ge­re Zeit wer­den wirt­schaft­li­che Ent­schei­dun­gen (vor allem im Welt­maß­stab) von Man­gel be­stimmt sein

    Schwachsinnige Ideologie. Diese Welt ist so reich wie nie zuvor, der Kapitalismus ist vor allem eine verschwenderische Gesellschaftsform die menschliche Ressourcen in riesigem Ausmaß vergeudet.

    – Ar­beit wird wei­ter­hin Lohnar­beit sein (sogar zum Teil ent­frem­de­te Lohnar­beit)

    Die Lohnarbeit hebt sich längst selbst auf. Wir werden in großem Ausmaß freiwillige genossenschaftliche Kollektive und Peer Production fördern müssen.

    – Zu­min­dest Kon­sum­gü­ter wer­den auf lange Zeit wei­ter­hin auf Märk­ten mit Geld be­zahlt wer­den (müs­sen)

    Wir müssen den Wirkkreis des Geldes zurückdrängen.

    – Es wird wei­ter­hin Fa­mi­li­en geben und des­halb wer­den Lohnar­bei­ter nicht be­schäf­tig­te Fa­mi­li­en­mit­glie­der zu­meist Kin­der mit­ver­sor­gen müs­sen mit Löh­nen, die dies nicht voll­stän­dig be­rück­sich­ti­gen

    Erhebung der Kinder zur privilegierten Klasse der Gesellschaft – das hat schon in den sechziger Jahren in politischen Programmen gestanden.

    – Der po­li­ti­sche Streit würde sich zen­tral um die Höhe der In­ves­ti­ti­ons­quo­te dre­hen: Schnel­les an­stei­gen des „Pri­vat“-​Kom­sums „jetzt“ ver­sus hö­he­res Ni­veau „spä­ter“

    der politische Streit dreht sich um strukturelle Weichenstellungen und kulturelle Grundmuster.

    – Die Ent­schei­dun­gen wer­den zen­tral ge­trof­fen für die ge­sam­te Wirt­schaft

    Es müssen Strukturen geschaffen werden, die dezentrale Entscheidungen und Alternativen fördern!

    – Ein wei­te­rer Streit­punkt wären die An­tei­le der Pro­duk­ti­on, die zur schnel­le­ren Ent­wick­lung „är­me­rer“ so­zia­lis­ti­scher Ge­bie­te zur Ver­fü­gung ge­stellt wer­den sol­len

    Das forcierte Entwickeln von Regionen und Gebieten die vom Kapital links liegen gelassen wurden verbreitert die Basis globaler Kooperation.

    – Wegen der dif­fe­ren­zier­ten Kon­sum­gü­ter­nach­fra­ge wer­den Kon­sum­gü­ter auf Märk­ten an­ge­bo­ten, aber ohne Kon­kur­renz unter den Pro­duk­ti­ons­ein­hei­ten, die zen­tral be­plant wer­den

    Das etabliert einen absurden Systemwiderspruch, der vom Gegenstandpunkt und seinen Vorgägern zur Genüge herausgearbeitet wurde. Wie gesagt, wer sich mit Kommunismus nicht beschäftigen will, der riskiert, dass die ältesten und vergiftetsten Kamellen aus der Geschichte der Arbeiterbewegung immer wieder aufgewärmt werden.

  2. 15. Januar 2012, 19:06 | #2

    Auf die alte Frage, ab wann eigentlich Kommunismus möglich gewesen wäre (schon immer/seit rund 150 Jahren/erst ungefähr „jetzt“), will ich mich hier nicht wieder einlassen. Einerseits ist die mögliche Antwort ja eingeholt worden von der traurigen Tatsache, daß es bis dato nichts geworden ist. Andererseits halte ich eine Sichtweise, die im wahrsten Sinn des Wortes recht beschränkt „nur“ auf die Zentralmächte des Imperialismus schaut, auch für falsch. „Geplante Obsoleszenz“ ist für den größten Teil der Welt buchstäblich kein Thema. Dort wird eh nichts für den Weltmarkt produziert.
    Was „Hypervergesellschaftung“ meint, kann ich erstmal nicht richtig erkennen. Daß sicherlich ein Teil der verrückten Arbeitsteilung der kapitalistischen Welt (z.B. Krabbenpulen in Marroko u.ä.) vernünftig/kommunistisch betrachtet Unfug ist, will ich gelten lassen. Daß andererseits bei einer weltweiten Planwirtschaft noch Economies of Scale zu erzielen wären, wenn manche Sachen eben nicht 17 mal parallel in dieser Konkurrenzwelt produziert werden, scheint mir ebenfalls einleuchtend zu sein.
    Ganz offensichtlich gibt es „Potentiale des geteilten Wissens“. Gerade die Monopolisierung von Wissen in der Rechtsform von Patenten usw ist purer Unfug wenn es darum geht, daß möglichst schnell möglichst viele Menschen möglichst viel wissen, gerade in der Produktion und Wissenschaft.
    Es scheint mit kein Widerspruch zu sein, die These „Diese Welt ist so reich wie nie zuvor, der Kapitalismus ist vor allem eine verschwenderische Gesellschaftsform die menschliche Ressourcen in riesigem Ausmaß vergeudet“ für richtig zu halten und trotzdem darauf zu bestehen, daß es weltweit gesehen enormen Mangel an recht vielen Basissachen gibt, von Kinderärzten bis zu Eisenbahnstrecken. Es geht nicht nur um Disproportionalitäten und Vergeudung sondern eben auch um die nicht einfach zu beantwortende Frage nach der optimalen Investitionsquote.
    Lohnarbeit hebt sich im Hier und Jetzt ganz einfach dadurch auf, daß die profibalen Kapitale heuztutage merklich weniger lebendige Arbeit brauchen, und die unprofitablen brauchen überhaupt keine mehr. Wieviel Arbeit, also Arbeitszeit eine sozialistische Gesellschaft einsetzen will, daß müssen die Menschen dann entscheiden. Die können ja wählen, ob ihnen mehr „freie“ Zeit mehr am Herzen liegt als ein Mehr an nützliche Dingen und Diensten.
    Zentral scheint mir die steile These, daß es vernünftig sei, zumindest für Konsumgüter weiterhin Märkte und dafür Löhne aufrechzuerhalten. Das Einschränken des „Wirkkreis des Geldes“ klingt da erstaunlich schwach und unentschieden.
    „strukturelle Weichenstellungen und kulturelle Grundmuster“ haben enormen Einfluß auf die Produktionsstruktur und alles, was da dran hängt. Das ist kein Gegensatz zum Streit über die Investitionsquote oder die Normalarbeitszeit.
    Es heißt heutzutage Eulen nach Athen zu tragen, wenn man dezentralen Entscheidungen das Wort redet. Zentralismus gilt ja heutzutage als Inbegriff des Schlechten, Menschenfeindlichem. Da möchte ich schon dagegenhalten, daß vernünftig über wichtige aufwändige Sachen nur recht zentral entschieden werden kann, wenn man nicht wieder semiantagonistische Einzelbereiche/Gegenden/Betriebe haben will. Nicht umsonst hat Seymour einen Teil seiner Präsentation der Auseinandersetzung mit dem historischen und zukünftig wieder eventuell auflebenden Syndikalismus gewidmet.

  3. Samson
    15. Januar 2012, 20:50 | #3

    Es sind Potentiale des geteilten Wissens und der Dezentralisierung gezielt zu entwickeln.

    Wohin soll die Reise denn gehen, wenn jedes Rad eines Gefährts seinen eigenen Lenker hat, haben die indes eine gemeinsames Ziel, was spricht dann gegen eine zentrale Steuerung aller Räder?

    Lohnarbeit hebt sich im Hier und Jetzt ganz einfach dadurch auf, daß die profibalen Kapitale heuztutage merklich weniger lebendige Arbeit brauchen …

    … und wie machen die dann Profit, wenn sie „merklich weniger lebendige Arbeit“ verwursten, Profit aber gerade aus der Verwertung lebendiger Arbeit resultiert???

  4. lala
    15. Januar 2012, 20:59 | #4

    Neoprene, du redest komplett am von dir zitierten Text vorbei. Der zitierte Text hat ein Argument dafür, dass es Lohnarbeit etc. pp geben muss: Weil es relativen Mangel gibt und den zu beseitigen Arbeit kostet. Das aber ist aber kein Argument. Wenn man in einer WG eine neue Küche einbauen muss, kostet das auch Arbeit aber deswegen bezahle ich mich doch nicht mit meinen Mitbewohnern gegenseitig.

  5. 15. Januar 2012, 21:16 | #5

    lala, ich finde in dem Artikel, anders als du, überhaupt keine Begründung für Lohnarbeit. Daß die notwendige Arbeit als solche geleistet werden müßte, müßte erst noch nachgewiesen werden. Die unterschiedliche „Entlohnung“, d.h der je Person unterschiedlich große Zugriff auf Konsummittel ist noch mal was anderes. Auch sowas, wenn es denn überhaupt nötig sein sollte, um die unbeliebten Arbeitsstellen auch durch Freiwillige besetzen zu können, brauchte doch nicht per se durch unterschiedliche Löhne geregelt werden.
    Dein WG-Beispiel als Semi-Keimzelle einer auf Bedürfnisbefriedigung hin organiserten Gemeinschaft zeigt ja, daß selbstverständlich iene Menge Arbeit anfällt, irgendwie gemeinschaftlich unter die Mitmacher verteilt werden muß, mehr aber eben auch nicht. Wenn hinterher alle WGler in der neuen Küche kochen und essen dürfen, werden sie schon das Ihrige dazu beitragen wollen. Denn wenn sie das nicht tun, gibt es eben keine neue Küche.

  6. 15. Januar 2012, 21:21 | #6

    @Neoprene: Ich hab jetzt ein wenig die Sicherheit verloren wofür Du argumentierst:

    Zentral scheint mir die steile These, daß es vernünftig sei, zumindest für Konsumgüter weiterhin Märkte und dafür Löhne aufrechzuerhalten. Das Einschränken des „Wirkkreis des Geldes“ klingt da erstaunlich schwach und unentschieden.

    Unentschieden ist da gar nichts. Ich vertrete die These, dass sich Demonetarisierung eher in kleinen Einheiten durchsetzen lässt, wo man sich tatsächlich über sowas wie Plan und Proportion einigen kann. Diese Einheiten, nenn sie meinetwegen „Kommunitäten“ werden miteinander direkt kooperieren können oder es auch schlicht monetär abwickeln. Das scheint mir gangbarer als die gesamte Gesellschaft nach einem Prinzip zu modeln.

  7. 15. Januar 2012, 21:31 | #7

    Samson, deine Behauptung, sich weiter entwickelnder Kapitalismus würde auch eine immer weitergehende, ja eine sich ausweitende Benutzung/Ausbeutung von Proletariern mit sich bringen, scheint mir schon durch einen Blick auf die Weltarbeitslosenzahlen widerlegt.

  8. 15. Januar 2012, 21:36 | #8

    Slow Glass,
    ich halte es für durch unzählige Beispiele von Keimform-Unternehmungen seit den frühen Utopisten widerlegt, daß es nur ein paar Hanseln bräuchte, die sich ausklinken wollen und zwei drei Jahrzehnte später, nach mehr oder weniger linearem Wachsstum schlägt diese Szene um in den Sozialismus. Nein, die „kleinste Einheit“, die es für einen Systembruch braucht, scheint mir selbst mit einem oder zwei eroberten Nationalstaaten noch nicht erreichbar. Aber das ist eh eine weitere Diskussion.

  9. Samson
    15. Januar 2012, 21:49 | #9

    … sich weiter entwickelnder Kapitalismus würde auch eine immer weitergehende, ja eine sich ausweitende Benutzung/Ausbeutung von Proletariern mit sich bringen, scheint mir schon durch einen Blick auf die Weltarbeitslosenzahlen widerlegt.

    Weshalb sollte denn die quantitative Beschaffenheit der ‚Reservearmee‘ die analytische Bestimmung widerlegen, dass Mehrwert die Substanz des Profits darstellt und dieser Mehrwert die Differenz zwischen dem Wert der bezahlten Arbeitskraft und dem vermittels der Andwendung solcher (lebendiger) Arbeitskraft dem jeweiligen Produkt zugesetzten Wert ausmacht?

  10. lala
    15. Januar 2012, 22:23 | #10

    und wie machen die dann Profit, wenn sie „merklich weniger lebendige Arbeit“ verwursten, Profit aber gerade aus der Verwertung lebendiger Arbeit resultiert???

    Tja, du hast doch KI-III gelesen, liebe/r samson – dann müsstest du doch wissen, dass das einer der Gründe für den tendenziellen Fall der Profitrate ist: Die organische Zusammensetzung des Kapitals verändert sich von v zum konstanten Kapital. Damit wird – mindesten relativ, oft auch absolut – weniger Arbeitskraft eingesetzt um pro Arbeitskraft mehr m herauszuholen; insgesamt aber eben weniger v.

  11. Samson
    15. Januar 2012, 23:02 | #11

    Die organische Zusammensetzung des Kapitals verändert sich von v zum konstanten Kapital. Damit wird – mindesten relativ, oft auch absolut – weniger Arbeitskraft eingesetzt um pro Arbeitskraft mehr m herauszuholen; insgesamt aber eben weniger v.

    Ja und? Die Behauptung von Neo ist aber, „Lohnarbeit hebt sich im Hier und Jetzt ganz einfach dadurch auf, daß die profibalen Kapitale heuztutage merklich weniger lebendige Arbeit brauchen …“, und das meint er noch unterstreichen zu müssen mit dem Verweis auf die wachsenden „Weltarbeitslosenzahlen“.
    Die organische Zusammensetzung des Kapitals hat zweifellos Einfluß auf die Profitrate, ändert indes nix an der Bestimmung, woher Profit überhaupt kommt, eben aus der Anwendung von Arbeitskraft. Nur weil das Kapital heute mit vielleicht weniger Arbeitskräften mehr produziert als vor zig Jahren, heißt das doch nicht, dass die Lohnarbeit damit als Bedingung für die Produktion von Profit aufgehoben ist oder wird …

  12. 16. Januar 2012, 08:28 | #12

    Zur Klarstellung, die These

    „Lohnarbeit hebt sich im Hier und Jetzt ganz einfach dadurch auf, daß die profibalen Kapitale heuztutage merklich weniger lebendige Arbeit brauchen …“

    ist von Slow Glass
    Ich wollte dem nur entgegenhalten, daß eine Abnahme der Beschäftigung von Lohnabhängigen, gemeinhin gleichgesetzt mit einer Zunahme der industriellen Reservearmee, kein Anzeichen dafür ist, daß sich das Lohnarbeitssystem als solches schon aufhebt. Sonst wäre jede Krise, also auch die gerade zu beobachtende Weltwirtschaftskrise, ja ein Zeichen der Hoffnung.
    Der Verweis auf die im Durchschnitt steigende organische Zusammensetzung des Kapitals scheint mir in diesem Zusammenhang nicht weiter zu führen, denn die gibt es ja schon solange es Kapitalismus gibt, über alle historischen Zyklen und Wachstumsphasen, die Ausbreitung auf den ganzen Globus hinweg immer.

  13. bigmouth
    16. Januar 2012, 12:08 | #13

    in absoluten zahlen steigt global betrachtet die zahl der lohnempfänger übrigens seit 20,30 jahren an

  14. 16. Januar 2012, 12:50 | #14

    Auch in Deutschland gibt es ja gerade die Werbung, daß die Zahl der Lohnabhängigen absolut noch nie so hoch war wie jetzt („Danke Deutschland!“) Das dürfte aber je nach Land recht unterschiedlich sein, denn da fließt ja einerseits der wirtschaftliche Erfolg der jeweiligen nationalen Firmen ein und andererseits die Bevölkerungsentwicklung. Bekannt sind ja die Zahlen selbst für einige EU-Staaten, daß weit über ein Drittel jüngerer Erwachsener keinen Job haben.

  15. Name
    16. Januar 2012, 14:23 | #15

    „Positiv gesprochen steht seit Jahrzehnten der Kommunismus auf der Tagesordnung“

    Echt? Wo das denn? Da ist wohl dein Wunsch Vater des Gedankens.

    „Wir werden in großem Ausmaß freiwillige genossenschaftliche Kollektive und Peer Production fördern müssen“

    Wer ist denn „Wir“?

    „Es müssen Strukturen geschaffen werden, die dezentrale Entscheidungen und Alternativen fördern!“

    Du hast vergessen aufzuschreiben, wer welche Entscheidungen „dezentral“ treffen soll. Wem nützt es denn was, wenn über die Müllabfuhr auf einer Hallig entschieden wird? Not = Tugend?

    „Das forcierte Entwickeln von Regionen und Gebieten die vom Kapital links liegen gelassen wurden verbreitert die Basis globaler Kooperation.“

    Politiker belächeln das treffend als Sozialromantik: Ausgerechnet die Mittellosen, die das Kapital auf die Halde schmeißt, sollen sich in Kooperation üben? Die haben gar nichts zum Kooperieren!

  16. 16. Januar 2012, 15:02 | #16

    Ob der Kommunismus nun auf einer imaginären Tagesordnung steht oder ob da nur dem Wunsch nach Kommunismus eine darüber hinausgehende Weihe, die bekannte geschichtliche „Notwendigkeit“ verliehen werden soll, ist eigentlich für die hier angerissene Diskussion darüber, was die irgendwann mal hoffentlich siegreichen Kommunisten dann machen werden/sollen, eigentlich egal.
    Ich gebe zu, daß in dem typischen „wir“ gerade nicht beantwortet wird, ob das die aktuellen Mächte sind, an die man appellieren soll, oder ob das der vergleichsweise kleine Haufen von Kommunisten sein soll, der da fleissig „genossenschaftliche Kollektive und Peer Production fördern“ soll. Ich befürchte fast, sowohl als auch, dann wird dann wohl noch nicht mal die Systemgrenze überwunden werden.
    Bei dem ewigen Bestehen darauf, daß Gott und die Welt immer „dezentral“ entschieden werden müsse, stört mich mich schon vorab, daß das ja eh eine nachrangige Frage ist, denn erst mal muß man sich doch darüber klar werden, was man in einer kommunistischen Gesellschaft überhaupt miteinander und füreinander machen will. Wenn das nicht Alles umspannend sein soll, also kleine lokale/regionale Bereiche ihr individuelles Teilding machen, dann muß man wenigstens dazu setzen, wie die gesellschaftlichen Spangen aussehen sollen, die das zusammenbringen und halten. Ich befürchte, daß dann der gute alte Markt wieder Urständ feiern wird.
    Die „forcierte Entwicklung“ habe ich wohl zu wohlmeinend als ein Projekt *nach* der Revolution angesehen, vorher wäre es in der Tat nur ein Programm für linke Bahnhofsmissionsleute.

  17. Samson
    16. Januar 2012, 15:42 | #17

    … erst mal muß man sich doch darüber klar werden, was man in einer kommunistischen Gesellschaft überhaupt miteinander und füreinander machen will.

    Und wenn du dabei alle die rausrechnest, die mit Kommunismus ohnehin nicht viel am Hut haben (warum auch immer), dann werden die paar übrigen eine Revolution anzetteln und hernach eine nette kleine Übergangsdiktatur einrichten müssen, schon um die Resultate der Revolution von deren erklärten Gegnern nicht wieder rückgängig machen zu lassen …

  18. 16. Januar 2012, 16:25 | #18

    Ach Samson, wenn es nur „ein paar“ sein werden/bleiben werden, dann wird es eben keine kommunistische Revolution geben, so einfach ist das doch (leider). Selbst deine Erwartung/Befürchtung, daß es (nochmal?) ein paar „nette kleine Übergangsdiktaturen“ geben könnte, halte ich nicht nur für nicht wünschenswert, nur um das gleich zu betonen, sondern auch für recht unwahrscheinlich.

  19. Name
    16. Januar 2012, 16:57 | #19

    „was man in einer kommunistischen Gesellschaft überhaupt miteinander und füreinander machen will“

    Ach herrje, als hätte man mit dem unkaputtbaren Kapitalismus nicht genug zu tun! In DEM soll es nämlich „Kollektive und Peer Production“ geben, wenn es nach Slow Glass geht, DER soll angeblich Chancen für „Alternativen“ bieten usw. Da unterschätzt leider nicht nur jemand die kapitalistischen Sachnotwendigkeiten, wenn „wir“ uns um „Entwickeln von Regionen und Gebieten“ kümmern sollen! Das sind schon fast Ideen, die zu einer Standortpolitik passen würden – nur eben „alternaiv“ formuliert: mit „Weichenstellungen“, „Korrigieren(!) von Hypervergesellschaftung“ und allem, was der (kritische) Politikerverstand hergibt.
    Man tut sich und den „Wohlmeinenden“ keinen Gefallen, wenn man die Logik der kapitalistischen Nischen überhört und den kritischen Gestus unterstreicht. Es ist ein Ideal dieser Gesellschaft, sie würde für ihre Kritiker Haken und Ösen bereithalten, reine Fantasie. In der Wirklichkeit stellen Kapitalismuskritiker keine Weichen und kümmern sich schon gleich gar nicht um „Entwicklung“, weil es die momentan nur kapitalistisch gibt.

  20. Samson
    16. Januar 2012, 21:30 | #20

    Na ja Neo, was du oder ich für wünschenswert hielten, wird in der Praxis kaum eine Rolle spielen. Aber da wo sich tatsächlich was meinetwegen antikapitalistisch ‚bewegt‘ sind eben MLer wie die KKE ‚am Werk‘.
    Man mag darüber streiten, wieviele Leute Aleka Papariga im morning programme of the TV überhaupt gesehen haben. Aber dass die dort zu Wort kam, ist für mich wenigstens ein Indiz, dass in Griechenland Leute, die für eine ganz bestimmte Art von Revolution plädieren (eben gerade als Voraussetzung der proletarischen Diktatur), offenbar eine Rolle spielen. Und was ließe sich dagegen schon einwenden?

    If the people vote for and provide you with an important result, I am making a hypothesis, what will you say to them, that I will not govern because I will do you harm, because I cannot govern within the framework of the capitalists system?
    The Greek people when they give such a majority to the KKE, will then be determined to throw themselves into battle. We explain our political line in its entirety. We do not go out and say that there can be a government that can impose two or three good solutions. That is what other parties say which tell lies. And in my opinion either we should say that their politicians and cadres are incompetent, something I don’t believe, or they are consciously telling lies.
    If we could prevent the consequences of the crisis and solve the problems of the people, by participating in a government, we would take part. We are daring and we take risks. But this is impossible. Let those parties which talk about progressive left governments or centre-right, centre-left ones explain to us: they form a government. The next day they would have to deal with even more memoranda, loans, the Hellenic Federation of Enterprises, the employer’s federations. You know what is happening now? Even when in a sector or factory, the struggle exerts pressure on the employer and he wants to make a small retreat, the industrialists’ federation jumps on him and tells him not to because this will create an opening in other factories. So the worker does not only face his own employer, but the owners of capital and the means of production as a whole.

  21. 16. Januar 2012, 21:46 | #21

    Samson, deine Behauptung „da wo sich tatsächlich was meinetwegen antikapitalistisch ‚bewegt‘ sind eben MLer wie die KKE ‚am Werk‘“ ist erstens per se schon eine steile These und zweitens hier eigentlich fehl am Platz oder genauer am Thema vorbei. Jedenfalls meinem Thema, das mag zwar in der „Praxis“ keine so große Rolle spielen, aber hier ging es ja erst einmal, wenn man überhaupt so vollmundig sein will, um das was „wünschenswert“ sein sollte, oder enger noch, als überhaupt „vorerst“ nur „machbar“ angesehen wird. Und das mit dem Erfolgsargument von Stalinisten kommt eigentlich auch mindestens zwei, drei Jahrzehnte zu spät (so blöd es eh immer gewesen ist).

  22. Samson
    17. Januar 2012, 15:18 | #22

    Es wird aber auf die Praxis ankommen, Neo, und zwar nur darauf. Und da wo was praktisches stattfindet, sind halt MLer dabei. Ob einem das gefällt oder nicht, offenbar sind sie die einzigen, die die Arbeiter zu was ‚umstürzlerischem‘ bringen (können). Alles andere läuft (jedenfalls nach aller historischen Erfahrung) auf das raus, was die Sozialdemokratie seit reichlich 100 Jahren veranstaltet. Und die verordnet entgegen allen Postulaten seit Bernstein, Kautsky, Bauer etc. im Zweifelsfall die Verarmung der Leute, um die Profitrate zu ‚retten‘.

  23. 17. Januar 2012, 15:37 | #23

    Nein, Samson, das weißt du doch eigentlich auch, daß es auf die berühmt/berüchtigte „Praxis“ wirklich nur dann ankommt, wenn sie von Menschen an den Tag gelegt wird, die wirklich wissen, was sie tun. Die also mit kommunistischem Wissen an ihre dann wirklich revolutionäre Praxis gehen. Die dann im übrigen die meiste Zeit, insbesondere die vorrevolutionäre Zeit, darin bestehen muß, dieses kommunistische Wissen zum allgemeinen Wissen der Klasse zu machen. Und, tut mir herzlich leid, da ist deine so hochgeschätzte KKE bei mir schon raus (obwohl ich dir gleich zugeben muß, daß das weitgehend ein Vor-Urteil ist, genauer habe ich das schon nicht mehr verfolgt, was die in letzter Zeit so an Propaganda gemacht haben).
    Es ist auch eine Lebenslüge dieser ML-Szene, daß „alles andere“ nur Sozialdemokratie sein kann. Nicht, daß es die nicht gegeben hat und gibt in den letzten 100 Jahren, und in vielen Ländern sogar immer wieder hegemonial, aber da gab und gibt es im Guten wie im Schlechten schon noch ein paar andere politische Strömungen. Ich kenne da eigentlich nicht viele, die ernsthaft heute noch Bernstein oder Kautsky oder Bauer auf ihre Fahnen geschrieben hätten.

  24. Samson
    17. Januar 2012, 17:04 | #24

    Irgendwie ist das schon lustig, Neo. Die einzige Praxis, die es bislang neben Pariser Commune und vielleicht Jesuitenreich Paraguay gegeben hat, war die der Bolschewiki ff. Die stand unter keinem ‚guten Stern‘, hatte jede Menge Feinde und die Revolutionäre haben überdies einen Haufen Fehler gemacht; manche waren korrigierbar, andere nicht.
    Dass es irgendwann Leute „mit kommunistischem Wissen“ fertig bringen, Revolution zu machen, ist eben nach aller historischen Erfahrung mehr als zweifelhaft. Wahrscheinlicher ist, dass es irgendwo an der ‚Peripherie‘ eine ‚kritische Masse‘ gibt, die es unter der Fuchtel des Kapital-‚Politbüro‘, ganz egal ob EU oder US, nicht mehr ertragen kann, und deswegen auf die Barrikaden geht, Generalstreik macht und ggf jemanden ‚friedlich‘ ans Ruder bringt, gleichgültig ob der/die nun KP-Chef(in) ist oder nicht. Die Hauptsache wird sein, die Administration zu benutzen, die Kapitalisten ökonomisch weitgehend zu entmachten. Erst dann kann man sich nämlich Gedanken darüber machen, wie den die Produktion zu organisieren wäre, mit oder ohne „kommunistischem Wissen“.

  25. 17. Januar 2012, 20:27 | #25

    Samson, tue doch einfach mal so, als wenn wir wieder auf die, sagen wir mal, Zeit der Massentreikdebatte zurückgeworfen wären. Dann hättest du dein Leuchtfeuer der Oktoberrevolution schließlich auch noch nicht gehabt und müßtest ganz argumentativ arbeiten. Außer den paar Essentials, die die Pariser Commune gebracht hat.
    Ja, das hat es einmal gegeben, daß die berühmte Kette an dem (es post erst als solche definierten) schwächsten Glied zerbrochen werden konnte. Und vor einigen Jahrzehnten gab es von Fanon bis zu den Maoisten eine ganze Reihe von mehr oder weniger Linken, die die „kritische Masse“ an der „Peripherie“ verortet haben. Bei gutem Willen könnte man Kuba auch hier unterbringen. Auf jeden Fall wäre erst mal (wie damals übrigens auch) zu klären, was es inhaltlich eigentlich heißt, „die Kapitalisten ökonomisch weitgehend zu entmachten“. Denn daß es hier nicht um das Austauschen von Charaktermasken geht, wirst selbst du ja wohl nicht bestreiten wollen.
    Ich widerspreche dir jedenfalls, wenn du (und übrigens auch der GSP) behauptest, „Erst dann kann man sich nämlich Gedanken darüber machen, wie den die Produktion zu organisieren wäre“. Das sollte man tunlichst schon vorher wissen, was am Kapitalismus schlecht ist und deshalb nach einer Revolution weg muß. Sonst kannst du gleich Konzepte von Mittag oder Deng wieder ausgraben. Und damit kommst du garantiert nicht im Kommunismus an.

  26. irgendwer
    17. Januar 2012, 22:15 | #26

    Ich möchte zurückweisen, dass der GS nicht wüsste was am Kapitalismus schlecht ist und deswegen auch weg muss. Geld z.B. und Lohnarbeit und Familie und so.

  27. Samson
    17. Januar 2012, 22:41 | #27

    … tue doch einfach mal so, als wenn wir wieder auf die, sagen wir mal, Zeit der Massentreikdebatte zurückgeworfen wären.

    Wozu das denn, wird irgendwo in den ‚Metropolen‘ über Massenstreiks diskutiert oder eher darüber, wie ‚Arbeitsplätze‘ gegen Billig-Konkurrenz far far away zu ‚verteidigen‘ und/oder ob die armen Schlucker ggf mit Gewalt fernzuhalten wären?
    Warum sollte man, wenn man die Ansicht vertritt, das Kapital gehört beseitigt, so tun als ob es die letzten 100 Jahre nicht gegeben? Die Funktionäre des Kapitals machen das doch auch nicht, im Gegenteil, die argumentieren nicht nur subtiler, die herrschen auch so subtil, dass die Leute sich einbilden, der Staat täte die kapitalistische Wirtschaft ‚einrichten‘ o.s.ä. Warum also sollte man so tun, als ob ausgerechnet die Oktoberrevolution quasi der ‚Sündenfall‘ der Arbeiterbewegung gewesen wäre?
    Dass die Kette nur am schwächsten Glied gerissen ist, war halt historisch so. Ob es immer so sein wird, wer weiß das schon, offenbar muss man aber damit rechnen. Bei „gutem Willen“ kann man neben Kuba noch etliche andere anführen (die größtenteils gewaltsam vom Kapital wieder kassiert wurden): Guatemala, Phillipinen, Chile etc. Und wirklich niemand hat je behauptet, dass da Kommunismus praktiziert wurde.

    Auf jeden Fall wäre erst mal (wie damals übrigens auch) zu klären, was es inhaltlich eigentlich heißt, „die Kapitalisten ökonomisch weitgehend zu entmachten“.

    Na verstaatlichen, was denn sonst, sollen die alle warten, bis die mit dem „kommunistischen Wissen“ in den ‚Metropolen‘ die Weltrevolution ausgerufen haben? Wenn die ‚kritische Masse‘ einflussreich genug ist, werden sich schon Räte und/oder Kooperativen bilden. Wie die Produktion geht, wissen die Arbeiter ohnehin am besten, also werden sie sich, wenn sie denn tatsächlich die Regierung ‚berufen‘, das entsprechende Gehör verschaffen. Andernfalls geht es eben zu wie bei Castro oder Chavez und man wird zunächst das Kleinbürgertum mit ‚ins Boot‘ nehmen müssen.
    Das ist ja der Witz an der ganzen Geschichte: erfolgreich waren die Mler immer dann, wenn sie in die Klasse integriert waren. Als die Funktionärskaste begann, über die Klasse zu regieren, ging der Laden sukzessive den Bach runter (der Streit dreht sich halt darum, wann das losging). Genau deswegen sagt Papariga auch: „We explain our political line in its entirety“. Das ist qualitativ was anderes als wenn bspw. die Linkspartei darauf rumhackt, laut GG täte Eigentum verpflichten o.s.ä. und absichtsvoll offen lässt, zu was.

    Das sollte man tunlichst schon vorher wissen, was am Kapitalismus schlecht ist und deshalb nach einer Revolution weg muß.

    Die Frage ist eben, ob es sich gleich nach der Revolution ersatzlos streichen lässt oder ob’s dazu nicht paar Planjahrfünfte o.s.ä. braucht.

  28. Samson
    18. Januar 2012, 00:01 | #28

    …Familie und so…

    es lebe das geklonte Individuum 😉

  29. 18. Januar 2012, 08:40 | #29

    Irgendwers „Ich möchte zurückweisen, dass der GS nicht wüsste was am Kapitalismus schlecht ist und deswegen auch weg muss. Geld z.B. und Lohnarbeit und Familie und so“ und Samsons Reaktion „es lebe das geklonte Individuum“ geben so ungefähr die Bandbreite gängiger linker Vorstellungen wieder: Die eine Sichtweise, bei der immerhin benannt wird, was weg muß, ohne das klar wäre, wie und wie schnell das dann gehen soll bzw. kann und dagegen die Sozialismus-Vorstellung, bei der alles entweder so bleiben muß/sollte wie es eh schon ist, nur mit neuem Vorzeichen oder jedenfalls recht lange nicht wegzukriegen sein wird.
    Familie und Religion/Kirchen z.B. kann man meiner Einschätzung nach z.B. nicht einfach per Dekret abschaffen, bei den anderen Sachen gab und gibt es sowieso den Streit darüber, was man noch eine Weile mitschleppen muß „ob’s dazu nicht paar Planjahrfünfte o.s.ä. braucht“(oder sollte?). Der Eingangsbeitrag gehört da sicherlich in die Reihe Sozialismus wie er erstmal nicht anders geht. Schon die frühesten Debatten bei den Bolschewiki über den Charakter der Neuen Ökonomischen Politik – Konzessionen, um überhaupt an der Macht bleiben zu können versus Fortschritt und Umsetzung sozialistischer „Gesetze“ des Wirtschaftens – zeigen, wie schnell die ererbten Muttermale der alten Gesellschaft ein neues Kleid als sozialistische Errungenschaften übergestreift bekommen können.

  30. Samson
    18. Januar 2012, 16:36 | #30

    … Sozialismus wie er erstmal nicht anders geht …

    Irgendwo hab ich letztens was gelesen, das dazu passt, solange es der Masse der Leute offenbar am „kommunistischen Wissen“ o.s.ä. gebricht:
    Out burdens are here, our road is before us, and the longing for goodness and happiness is the guide that leads us through many troubles and mistakes …
    [ Neoprene: das Zitat ist von Louisa May Alcott aus „Little Women„]

  31. Kim B.
    25. Januar 2012, 11:52 | #31

    Mit einem alternativen Wirtschaftskonzept für den Kommunismus werben zu wollen, ist sicherlich verkehrt, da hat der GSP vollkommen recht. Es spricht indes nichts dagegen und ich halte es sogar für notwendig, darüber zu sprechen, zu schreiben und zu klären versuchen, was nach der Revolution geschieht. Wenn dieser Zeitpunkt vielleicht in weiter Ferne liegen mag, müssen sich die Menschen, die es ernst mit der Überwindung des Kapitalismus meinen, jedoch schon jetzt darüber bewusst werden, wie die Menschheit sicher und umfassend in einer Gesellschaft ohne Markt Geld und Lohnarbeit versorgt werden kann. Das ist eine ernste (wissenschaftliche) Angelegenheit und kein Ausmalen einer schönen heilen Welt, mit der mensch in der Manier religiösen Eiferns Menschen für seine Überzeugung ködern möchte.
    Schon vor der Revolution bestehende, selbstverwaltete Kooperationen dürften, insbesondere bezüglich der Sammlung von Erfahrungen auf dem Gebiet gemeinschaftlichen Produzierens, eine wichtige Rolle dabei spielen. Allerdings sind hiermit nicht irgendwelche Lösungen gemeint, die darauf abzielen, sich eine Art gemütlicheres Einkommen unter sonst kapitalistischen Verhältnissen verschaffen zu wollen, sondern die Übernahme der großen Unternehmen und Kommunen in breitem Maßstab durch die Lohnarbeiter. Dabei wird gleichwohl schon vor der eigentlichen Revolution ein erster revolutionärer Schritt, nämlich die teilweise Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln, vollzogen.
    Wenn wir das Wort Revolution im kommunistischen / anarchistischen Sinn ernst nehmen, dann darf es nach ihr umgehend, falls mensch nicht irgendwann wieder der realsozialistischen Buchhaltung landen will, weder Privateigentum an den Produktionsmitteln, noch Waren, noch Tausch, noch Geld, noch Lohnarbeit geben. Das ist ein radikaler Übergang von einem bis dahin zumindest funktionierenden marktwirtschaftlichen System. Dieser radikale Übergang kann mit größerer Sicherheit vollzogen werden, wenn zuvor schon selbstverwaltete Kooperationen bestehen.
    Übrigens,wens interessiert, gibt es einen diskussionswürdigen Ansatz zu einem postkapitalistischen Konzept. Mensch kann ihn unter Google unter „Kommune Bochum“ finden.
    Gruß
    Kim B.

  32. 25. Januar 2012, 12:10 | #32

    Kim, ich gebe dir sogar recht, wenn du sagst:

    „Mit einem alternativen Wirtschaftskonzept für den Kommunismus werben zu wollen, ist sicherlich verkehrt“

    Darum geht es mir und einigen, die nach sowas fragen, aber auch gar nicht. Sondern um die Vorabklärung, was das denn inhaltlich sein soll, wenn da immer in allerabstraktester Weise davon geredet wird, das Geld und Waren, Eigentum und Recht, Staat und Gewalt abgeschafft gehören. Denn bei der Darlegung, was die einzelnen Revolutionäre darunter verstehen, stellt sich nämlich regelmäßig recht schnell heraus (wenn man das nicht schon vorher feststellen konnte, was natürlich zumeist vorgeht und einfacher zu haben ist), wie weit das bei denen mit der Umwälzung der Verhältnisse überhaupt gehen soll. Was dem einen ein ärgerliches Muttermal der alten Gesellschaft ist, ist dem anderen eine Errungenschaft.
    Das mit den „Erfahrungen im gemeinschaftlichen Produzieren“ in linken Inseln in der Marktwirtschaft halte ich für maßlos überzogen. So etwas wie die „teilweise Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln“ gibt es nämlich nicht. Wenn das nicht wenigstens ein relativ großes Gebiet umfaßt auf dem eine weitgehend umfassende Produktion für Befriedigung der Bedürfnisse der dort lebendenden Menschen schon möglich ist, dann werden sich die unerbittlichen „Gesetze“ des Marktes auch gegen und in den mehr oder weniger kleinen „kommunistischen“ Inseln durchsetzen.
    Wie weit die Diskussion um die „Kommune Bochum“ bisher gekommen ist, kann man unter anderem an den Diskussionen auf dem Blog „Neue antikapitalistische Organisation? Na endlich!“ mit dem unsäglichen Namen http://arschhoch.blogsport.de ablesen. Es gibt selbst da einige, die meinen, daß es da noch nicht sehr weit gediehen ist.

  33. Kim B.
    25. Januar 2012, 14:08 | #33

    hallo neo,

    „… Was dem einen einen ein ärgerliches Muttermal der alten Gesellschaft, ist dem andern eine Errungenschaft.“

    das ist doch genau mein Anliegen, denn um diesen unbefriedigenden Zustand aufzuheben, plädiere ich dafür, dass dieses noch abstrakt vor unserem Geiste schwebende Gedankengebilde einer postkapitalistischen Produktionsweise konkret erfasst und möglichst wissenschaftlich erarbeitet wird.
    Bezüglich der Kooperation hast du mich falsch verstanden. Ich habe ja ausdrücklich von großen Unternehmen und breitem Maßstab gesprochen und eben nicht von Inseln der Seligen. D. H., um konkreter zu werden, dass es vor allem um die (schrittweise) Übernahme der DAX- und MDAX-Unternehmen geht. Dass man noch der kapitalistischen Konkurrenz ausgesetzt ist, ist ein anderes Thema, das zu diskutieren wäre. Auf jeden Fall plädiere ich dafür, sich schon, wenn auch unter kapitalistischen Verhältnissen, vor der eigentlichen Revolution kooperativ zusammenzuschließen, und nicht für irgendwelche Übergangskonzepte mit Geld, Scheinen, Arbeitskonten usw..
    Gruß
    Kim

  34. 25. Januar 2012, 14:53 | #34

    Wenn ein größeres Unternehmen nicht ein Pleitekandidat ist, bevor ein bürgerlicher Staat es ausnahmsweise mal zulassen sollte, daß dessen Arbeiter den in die „eigene“ Hand übernehmen, dann wird es eh ein Kampf „ums Ganze“ werden, ihm auch „nur“ diesen einen Konzern zu entreißen. Aber mal angenommen, einigen Tausend Arbeitern gelingt irgendwie die Kontrolle über meinetwegen SGL Carbon oder Südzucker zu erobern, was kann sich denn dann an den Marktzwängen der Produktion, des Vertriebs und der Finanzierung soweit ändern, daß da dann was anderes zugange wäre als kapitalistische Verwertung, Lohnarbeit und Geldvermehrung? die kapitalistische Konkurrenz ist eben gerade kein Thema, daß man irgendwie außerhalb und zusätzlich diskutieren könnte sondern selbst hier (und, möchte ich hinzufügen, selbst noch auf kleinem nationalem Rahmen) die zentrale Frage.

  35. Kim B.
    25. Januar 2012, 16:22 | #35

    neo, du bist jetzt auf das Thema „Selbstverwaltung unter kapitalistischer Konkurrenz“ eingegangen, das ich vorerst ausklammern wollte. Ich brauch dafür etwas Zeit, um dir ausführlicher zu antworten.
    Kim

  36. 25. Januar 2012, 16:48 | #36

    Kim, ich bin ein bißchen auf deine „Inseln der Seligen“ eingegangen, weil du das erstens selber schon im ersten Beitrag angesprochen hast und ich diese Schritt-für-Schritt-ins-Arbeiterparadies-Vorstellungen für nicht machbar halte und als Minimum ein „Bruch“ auf recht großem Gebiet, mit recht vielen Menschen und recht vielen Resourcen, Produktionsmöglichkeiten und Widerstandskapazitäten für nötig erachte, damit was auch immer „anders“ werden kann. „Selbstverwaltung unter kapitalistischer Konkurrenz“ kann nur die Selbstverwaltung kapitalistischen Elends sein. Meistens vom Start weg, auf jeden Fall „bald“.

  37. Kim B.
    26. Januar 2012, 15:11 | #37

    Neo, schon Marx hat festgestellt, „dass das bestehende Armut hervorbringende System der Unterjochung der Arbeit unter das Kapital verdrängt werden kann durch das republikanische und segensreiche System der Assoziation von freien und gleichen Produzenten.“ (MEW 16, S.196).
    Ja, die Kooperationen sind der kapitalistischen Konkurrenz ausgesetzt. Ja, und? frage ich. Die Unternehmen waren es vorher und sie sind es dann, nur dass die Arbeiter nicht mehr entlassen, herumkommandiert, drangsaliert, schikaniert werden können. Viele andere Vorteile, und seien es nur die kleinen persönlichen Freiheiten, würden sich zusätzlich ergeben. Da sie weiterhin als kapitalistische Unternehmen für den Markt arbeiten, bliebe alleine der Konkurrenzdruck zu bewältigen; wobei der wahrscheinlich auf etwas angenehmere Weise, ohne den Druck und die Schikanen der Führungskräfte und Kontrolleure, dafür infolge der durch die Kooperation geförderten solidarischen Zusammenarbeit bewältigt werden kann. Auf den minimalsten Nenner gebracht: Kooperativ zu arbeiten würde ceteris paribus dem überwiegenden Teil der Arbeiter auf jeden Fall keine materiellen Nachteile bringen. Dafür ergäben sich gewisse persönliche Freiheiten und das Sammeln von und das Lernen aus Erfahrungen kooperativen Arbeitens.
    Natürlich würden die Kapitalisten und der Staat die Übernahme eines oder mehrere bedeutender oder strategischer Unternehmen, wie Siemens z.B., durch die Arbeiter nicht einfach hinnehmen. Im Gegenteil würden sie diese mit allen Mitteln zu verhindern versuchen. Inwieweit deren Absicht hinfällig gemacht werden kann, hinge dann vom Bewusstsein und der Quantität der betroffenen Arbeiter selbst, ferner von einem fortgeschrittenen und der Quantität der Lohnabhängigen insgesamt ab.
    Damit kämen wir zu der alles entscheidenden Frage, ob die Arbeiter im Besonderen und im Ganzen überhaupt ihre Betriebe selbst verwalten wollen. So wie es jetzt aussieht, kann mensch davon ausgehen, dass die relativ gut verdienenden Angestellten und Facharbeiter kaum zu solch einem Schritt bereit sein werden, weil sich zumindest bei den sehr gut verdienenden materielle Nachteile ergäben, während es im Interesse der Masse der Geringverdiener (2500 € brutto und weniger) liegen würde, ihn zu tun. Es wäre also im Rahmen der sich ausweitenden Stockung der Kapitalverwertung in den reifen kapitalistischen Ländern und den daraus wahrscheinlich zunehmenden Klassenkämpfen auch die Aufklärung hinsichtlich dieser Variante Klassenkampf zu betreiben.
    Gruß
    Kim

  38. 26. Januar 2012, 15:43 | #38

    Erstens hat Marx nicht festgestellt, sondern höchstens gehofft, daß die „Kooperativbewegung“ „eine der Triebkräfte zur Umwandlung der gegenwärtigen Gesellschaft“ sein kann, denn so weit war es damit damals ja noch gar nicht gediehen. Aber nicht, weil sie tatsächlich die Unterjochung verdrängt, sondern weil sie seiner Meinung nach ein Argument liefere für die Notwendigkeit des „Übergang der organisierten Gewalt der Gesellschaft, d.h. der Staatsmacht, aus den Händen der Kapitalisten und Grundbesitzer in die Hände der Produzenten“. Denn das wußte Marx ja auch schon:
    „das Kooperativsystem, beschränkt auf die zwerghaften Formen, die einzelne Lohnsklaven durch ihre privaten Anstrengungen entwickeln können, ist niemals imstande, die kapitalistische Gesellschaft umzugestalten.“
    Wenn ich dich richtig verstehe, plädierst du für eine neue Variante des Marktsozialismus, der schon den jugoslawischen Arbeitern gegen deine Versicherungen nicht sonderlich gut bekommen ist. (Vom Untergang des Staatenverbundes will ich erst gar nicht reden.) Also ein Kooperationsmodell *nach* einer Revolution. Da würde ich sagen, sollten die was anderes wollen als ausgerechnet sozialistische Konkurrenz zu organisieren.
    Andererseits kannst du dir vorstellen, daß „nur“ Siemens in Arbeiterhand übergeht und der Rest der Arbeiter weiter in ganz normalen Konzernen arbeitet in einem ganz normalen imperialistischen Staat. Sowas kann ich mir nun wiederum nicht vorstellen.

  39. Wat.
    26. Januar 2012, 19:43 | #39

    Ich kann mir aber zb. gut vorstellen, daß Menschen, anfangs, also noch hier im Kapitalismus, auf kommunaler Ebene in Betrieben (zb. Energie, Wasser) gemeinsam für sich arbeiten. Ob sie dafür Betriebe übernehmen oder etwas neues aufbauen – habe ich auch keine Ahnung, wie auch. Halte mich für verrückt, ich meine, es müßte gehen, wenn sie es selbst wollen.

  40. 27. Januar 2012, 08:16 | #40

    Wat, was stellst du dir denn bei deiner Vorstellung vor, „noch hier im Kapitalismus, auf kommunaler Ebene in Betrieben (zb. Energie, Wasser) gemeinsam für sich arbeiten“? Das „gemeinsam“ ist ja dabei nicht das Problem, das tun Menschen ja praktisch schon so lange es sie überhaupt gibt. Sondern mich würde interessieren, was das „für sich“ konkret heißen soll. Insbesondere in einer Welt, die du ja als ansonsten noch kapitalistisch dominiert unterstellst, wo alles vom Ausschlußprinzip Eigentum beherrscht wird, wo alles der Verwertungslogik gehorchen muß. Und ausgerechnet bei solch einem Basisgut wie Energie, einem der zentralen Wirtschaftsgüter des Kapitalismus, die im Großen nur mit wirklich großer Industrie und riesigen Kapitalen herzustellen ist, bzw. die zu großen Teilen für das profitable Funktionieren des Kapitalismus von nöten ist, ausgerechnet hier soll eine kleine kommunistische Arbeiteridylle her? Das würde ne Menge Ärger geben, befürchte ich.

  41. Samson
    27. Januar 2012, 10:28 | #41

    Auf jeden Fall plädiere ich dafür, sich schon, wenn auch unter kapitalistischen Verhältnissen, vor der eigentlichen Revolution kooperativ zusammenzuschließen

    Das geht nicht, weil die kapitalistische Produktion schon Kooperation von Teilarbeiten ist. Wofür du plädierst, ist das ‚friedliche Hinüberwachsen‘ statt der Revolution.
    Dagegen wirds Buchhaltung ebenso wie gesellschaftliche, d.h. zentrale Planung gerade im Kommunismus geben müssen, andernfalls wäre es unmöglich von Kooperation zu sprechen.

  42. 27. Januar 2012, 10:55 | #42

    Es nützt halt nicht viel, einfach nur das schön klingende Wort „Kooperation“ in die Runde zu werfen, wenn vor allem der Zweck davon, die Bedingungen unter denen das stattfindet, die Probleme, die den Umständen geschuldet sind, angeführt werden.
    Ich hätte gar nichts gegen ein „‚friedliche Hinüberwachsen‘ statt der Revolution“, ich halte dies aufgrund der Antworten zu den angerissenen Problemen nur für völlig unmöglich.
    Und ich unterstütze Samson in seinem Punkt, daß ein Projekt wirklich gesellschaftlicher Planung in den wesentlichen Punkten nur eine zentral koordinierte und gesteuerte sein kann, während alle auf die (Teil-)Autonomie einzelner Bereiche, seien es Kommunen, Betriebe oder Staaten, setzende Projekte Antagonismen hervorbringen bzw. perpetuieren würden.

  43. Kim B.
    27. Januar 2012, 10:56 | #43

    Hallo Neo, noch mal zu deiner Antwort bzgl. Kooperativbewegung.
    „Aber nicht, weil sie tatsächlich die Unterjochung
    sondern weil sie seiner Meinung nach ein Argument
    liefere … “
    Gut, falls Marx seine Aussage nur als Argument verstanden wissen wollte, auf jeden Fall hat er nichts gegen Kooperationen gehabt und seine Sympathie für diese Art Organisation der Arbeiter an noch anderen Stellen in seinem Werk zum Ausdruck gebracht. Z. B.:
    „Die Kooperativfabriken der Arbeiter selbst sind, innerhalb der alten Form, das erste Durchbrechen der alten Form, obgleich sie natürlich überall, in ihrere wirklichen Organisation, alle Mängel des bestehenden Systems reproduzieren und reproduzieren müssen.“ (MEW 25, S. 456).
    „Wenn ich dich richtige verstehe, plädierst du für eine
    neue Variante des Marktsozialismus … “
    Da hast du mich ganz und gar missverstanden. Mir geht es um Selbstverwaltung der Betriebe v o r der Revolution, weil ich diese Bestrebung, ohne das Ziel der Abschaffung des Kapitalismus aus den Augen zu verlieren, u. a. einerseits für einen Weg halte, das kapitalistische System zu schwächen, andererseits auf dem die Arbeiter gewisse Vorteile erzielen und Erfahrungen und Wissen sammeln, also Klassenkampf führen. N a c h der Revolution sollte es, von meinem Standpunkt aus, nur um eine vernünftig organisierte Produktion und Verteilung der Güter gehen, ganz ohne Marktwirtschaft oder Mischsysteme. Insofern entspräche dann ein Land, Europa, die Welt einer großen Kooperation, worunter es keine Modelle à la Jugoslawien etc. geben kann. Deshalb:
    „Und dass wir beim Übergang in die volle kommunistische Wirtschaft den genossenschaftlichen Betrieb als Mittelstufe in ausgedehntem Maße werden nehmen müssen, daran haben Marx und ich nie gezweifelt.“ (Engels, MEW 36, S. 426).
    „Andererseits kannst du dir vorstellen ….“
    Es kann sich dabei natürlich nur um eine Bewegung und nicht um die ein- oder mehrmalige Übernahme von Betrieben handeln, die ansonsten brav im Kapitalismus vor sich hinwurschteln.
    Letzteres gilt übrigens auch für das, was Wat bezüglich der Kommunen gesagt hat.
    Gruß
    Kim

  44. Samson
    27. Januar 2012, 11:09 | #44

    Mir geht es um Selbstverwaltung der Betriebe v o r der Revolution

    Was um alles in der Welt ändert solche „Selbstverwaltung“ am Zweck resp. den Bedingungen kapitalistischer Produktion???
    Btw, gegen ‚friedliches Hinüberwachsen‘ hätte ich auch nix einzuwenden, nur würde der Unternehmer, der es auch nur versuchte, von der Konkurrenz wahrscheinlich erschlagen werden (im übertragenen und ggf. auch im Wortsinne).

  45. Samson
    27. Januar 2012, 11:15 | #45

    Halte mich für verrückt, ich meine, es müßte gehen, wenn sie es selbst wollen.

    Es scheitert (und genau deswegen gibts im Kapitalismus gleichzeitig Arbeitslose und ‚Überkapazitäten‘ und unverkäufliche Waren) an den fehlenden Produktionsmitteln. Erst dieses Fehlen reduziert diejenigen, denen die Produktionsmittel fehlen, auf den bloßen ‚Besitz‘ ihres individuellen Arbeits’vermögens‘, welches sie wie ein veräußerbares Gut zu Markte tragen und verkaufen müssen.

  46. Wat.
    27. Januar 2012, 11:23 | #46

    @Neoprene

    „Wat, was stellst du dir denn bei deiner Vorstellung vor, „noch hier im Kapitalismus, auf kommunaler Ebene in Betrieben (zb. Energie, Wasser) gemeinsam für sich arbeiten“? Das „gemeinsam“ ist ja dabei nicht das Problem, das tun Menschen ja praktisch schon so lange es sie überhaupt gibt. Sondern mich würde interessieren, was das „für sich“ konkret heißen soll. Insbesondere in einer Welt, die du ja als ansonsten noch kapitalistisch dominiert unterstellst, wo alles vom Ausschlußprinzip Eigentum beherrscht wird, wo alles der Verwertungslogik gehorchen muß…

    Eben gerade nicht der Verwertungslogik gehorchend, das ist ja der Witz, sonst brächte das ja nichts, was es nicht schon gibt.
    Wenn ich mir Energiegewinnung nur in weit entfernten Offshores vorstelle, dann dürfte das schwierig bis unmöglich sein. Nein, ich meinte Energiegewinnung auf kommunaler Ebene. Ich denke da nicht mal an teure Windräder, gibt auch Solar und kleine „Wasserkraftwerke“ also so Wasserwirbler, die Du in fast jede leicht fließende Pfütze hängen kannst.
    Wenn ich anfangs vielleicht nur die Leute die Anteile in Wohnungsgenossenschaften Solarzellen auf die Dächer tun, was es ja sogar schon gibt, damit ihre Stromkosten geringer und sich selbst von den Großen unabhängig machen, dann ist da nichts mit Warenwirtschaft. Sie haben sich zusammen geschmissen und sie nutzen es gemeinsam. Das macht Schule. So was wollen wir in den ehemals kommunalen Wohnungen (Ostelbien) nämlich auch. Wenn das nicht geht, die Stadtwerke hier, halten zwar Kabel-TV und Telefon vor, machen aber selbst keine Puseratze Strom. Wir haben hier genug Entwässerungsgräben, da könnten solche Wirbel rein, in die Zu- und Ableitungen vom Wasserbetrieb genauso. Im Moment versucht die Stadt erstmal ihre Netze wieder zu bekommen. Wir werden es doch verflixt noch mal schaffen, daß da so produziert wird, wie wir das wollen und ob dafür dann Geld fließen muß, ist auch noch die Frage.

  47. Wat.
    27. Januar 2012, 11:50 | #47

    Da habe ich zu schnell auf abschicken geschickt… ich versuchs noch mal, sorry
    @Neoprene

    Wat, was stellst du dir denn bei deiner Vorstellung vor, „noch hier im Kapitalismus, auf kommunaler Ebene in Betrieben (zb. Energie, Wasser) gemeinsam für sich arbeiten“? Das „gemeinsam“ ist ja dabei nicht das Problem, das tun Menschen ja praktisch schon so lange es sie überhaupt gibt. Sondern mich würde interessieren, was das „für sich“ konkret heißen soll. Insbesondere in einer Welt, die du ja als ansonsten noch kapitalistisch dominiert unterstellst, wo alles vom Ausschlußprinzip Eigentum beherrscht wird, wo alles der Verwertungslogik gehorchen muß…

    Eben gerade nicht der Verwertungslogik gehorchend, das ist ja der Witz, sonst brächte das ja nichts, was es nicht schon gibt.
    Wenn ich mir Energiegewinnung nur in weit entfernten Offshores vorstelle, dann dürfte das schwierig bis unmöglich sein. Nein, ich meinte Energiegewinnung auf kommunaler Ebene.
    Es gibt doch jetzt schon (kleine) Bewegungen, die sich für die Ent-Privatisierung von Wasser und Energie einsetzen, das wieder in die kommunale ‚Verantwortungsgebiete‘ bringen wollen, warum das nicht nutzen, sie dazu brigen, das dann nicht der Verwaltungskommune zu überlassen, die kommt da im Zeitlauf nur wieder auf doofe Privatisierungsideen – das könnten die Bewohner gut für sich selbst. Kommune hat eh nie Knete, soll sie uns den Kram doch ‚übergeben‘. Ist sie eine Sorge los und wir haben zweie weniger. Ich zb. bin Anlagentechniker, ich kann da bei beidem (Energie, Wasser) gut mit anpacken und würde das auch tun. Die Infrastruktur ist da. Wir müssen doch hier nicht wie das Kaninchen vor der Schlage sitzen und auch noch auf das Ausgeliefert sein, mit sich ausgeliefert fühlen reagieren – Nehmen wir uns das.
    Scheint mir allemal leichter, als gleich mit „Siemens“ anfangen zu wollen, der eh hier nur noch Teilprodukte fertigt.
    Der Lerneffekt gemeinsam etwas für uns tun, ohne das da Lohnarbeit und Warenwirtschaft verfängt, hielte ich für enorm – und eben, wie gesagt: machbar, wenn wir es wirklich wollen.
    @Samson
    Klar scheitert es an den Produktionsmitteln, ich bin ja genau darum lohnabhängig.
    Nur kann eine Selbstverwaltung nicht vorgegeben werden, so wie die alleinige Verstaatlichung später nix an Lohnarbeit und Warenwirtschaft ändert.
    Wir müssen hier anfangen uns wenigstens Teilbereiche zu holen, das muß einfach schon deshalb gehen, weil wir sonst die gleichen Probleme, die wir in der Geschichte hatten, wieder haben werden.
    Geht nicht, gibt es nicht. Und ‚glaube‘ ich erst, wenn wir es nicht wenigstens versucht haben. Menschen mischen sich doch schon ein, sie sind wenigstens schon mal nicht damit einverstanden, was andere da ‚veranstalten‘. Laßt es uns doch versuchen, ihnen diese Perspektive aufzuzeigen und dabei mitmachen.
    Emanzipation, Selbstbestimmung will gelernt sein…

  48. Kim B.
    27. Januar 2012, 12:21 | #48

    Samson,
    du schreibst,

    „Was um alles in der Welt ändert solche ‚Selbstverwaltung‘
    am Zweck resp. den Bedingungen kapitalistischer
    Produktion???“

    Darum ging es mir doch gar nicht. Ich habe mehrmals festgestellt, dass für die Arbeiter vielleicht gewisse materielle und persönliche Vorteile heraus springen können, aber sonst erst mal alles beim Alten bleibt. Worum es mir geht, ist, dass auch dies, die Eroberung der Betriebe (oder Kommunen) durch die Beschäftigten (Einwohner), Klassenkampf ist. Denn, wenn auf breiter Basis geführt: das kapitalistische System wird geschwächt. Außerdem ist es ein Emanzipations- und Lernprozess für die lohnabhängige Klasse.

  49. 27. Januar 2012, 12:31 | #49

    Das geht jetzt in eine Richtung, die auf dem Blog von keimform von unter anderem Christian Siefkes und Stefan Meretz zum Beispiel unter dem Stichwort Peer Economy geführt wird.
    Ich halte jedenfalls Hoffnungen wie die hier

    „Wir werden es doch verflixt noch mal schaffen, daß da so produziert wird, wie wir das wollen“

    für ein Ausblenden all der Probleme, Widersprüche und Bewußtseinslagen, die solche Projekte mit sich bringen (würden).

    „gerade nicht der Verwertungslogik gehorchend“

    geht überall da nicht, wo man der Sache nach und dem bürgerlichen Recht nach untrennbar verbunden ist mit der Welt der Verwertungslogik.
    Es fällt übrigens den Vertretern solcher Projekte merklich schwer, neben all den vielen offshore-Fällen die paar Sachen zu finden, die jetzt schon „gingen“. Es ist doch kein Zufall, daß das aus der Ecke der Software-Leute kommt, da „ginge“ in der Tat einiges (wenn es denn nicht auch auf diesem Sektor das Damoklesschwert des kapitalistischen allumfassenden Eigentumsrecht gäbe).
    Ein Satz wie

    „Kommune hat eh nie Knete, soll sie uns den Kram doch ‚übergeben‘“

    tut so, als ob im imperialistischen bürgerliche Staat die „armen“ Kommunen nicht die genauso gewollte Kehrseite der Kapitalakkumulation in Privateigentum wären. Selbst die ärmsten Kommunen werden deshalb einen Teufel tun, eh sie den Bürgern solche „Geschenke“ machen.
    Zu der Hoffnung

    „Der Lerneffekt gemeinsam etwas für uns tun, ohne das da Lohnarbeit und Warenwirtschaft verfängt, hielte ich für enorm“

    ist nur zu sagen, daß es doch nicht der Bequemlichkeit oder Blödheit der Arbeiter geschuldet ist, daß es slche Projekte nur in winzigem Umfang gibt, sondern der bitteren Wahrheit geschuldet ist, daß alles Wesentliche, was Menschen zum Produzieren der Sachen bräuchten, die ihren Lebensunterhalt ausmachen, das Privateigentum der Klasse der Kapitalisten sind.

  50. Samson
    27. Januar 2012, 15:45 | #50

    @ Wat. & Kim B.
    Trotz aller sonstigen Differenzen, die ich immer wieder mit ihm habe, in einem wesentlichen Punkt hat Neo recht, nämlich dass „… der bitteren Wahrheit geschuldet ist, daß alles Wesentliche, was Menschen zum Produzieren der Sachen bräuchten, die ihren Lebensunterhalt ausmachen, das Privateigentum der Klasse der Kapitalisten ist.“
    Der Witz an der Sache ist, die Klasse der Kapitalisten braucht dafür keinen ‚Masterplan‘ o.s.ä., weil der Laden funktioniert, indem er auf deren Konkurrenz basiert (Marx nennt das Anarchie des Markts o.s.ä.). Was die als Klasse einzig brauchen sind die Gewaltmittel, um die Konkurrenz aufrecht zu erhalten. Denn die quasi ‚klassische‘ Kapitalbewegung kann nur funktionieren als Konkurenz vieler Einzelkapitale Deswegen gibts die das Eigentum beschützende Polizei ebenso wie das Kartellamt, um die Formalie des ‚Wettbewerbs‘ zu erhalten, obwohl das Kapital als meinetwegen ökonomischer Prozess zum Monopol tendiert, also dazu alle Produktion unter einer bestimmenden Fuchtel zu vereinen.
    Um die Fuchtel loszuwerden und die gesellschaftliche Produktion dem an sich vernünftigen Zweck der Bedürnisbefriedigung der Produzenten zu unterstellen brauchts aber einen ‚Masterplan‘. Wie der als Resultat allgemeinen Palavers unzähliger formal selbständiger Kommunen, Genossenschaften etc. zustandekommen soll erscheint mir wenigstens zweifelhaft. (Dass die Realsozialisten ausgerechnet daran gescheitert sein sollen, dass sie die Produktion zentral planten, halte ich für ein Märchen)

  51. Wat.
    27. Januar 2012, 16:05 | #51

    @Samson: Ich denke da eher weniger an das „allgemeine Palaver unzähliger formal selbständiger Kommunen, Genossenschaften etc.“, ich denke da an den Willen zu Selbstbestimmung und Selbstverwaltung der Menschen. Nicht als antiautoritäre Veranstaltung, als begriffenen Willen, ihr Leben gemeinsam selbst zu gestalten.
    „(Dass die Realsozialisten ausgerechnet daran gescheitert sein sollen, dass sie die Produktion zentral planten, halte ich für ein Märchen)“
    (Ich wenigstens fühlte mich als ein solcher mal daran gescheitert, ich konnte so wenig die Bedürfnisse der anderen voraussehen und wenn doch, paßten die gerade nicht zu dem, was insgesamt angesagt oder ‚möglich‘ war, hätten ’sie‘ sich selbst drum kümmern können/müssen, hätten ’sies‘ vielleicht sogar ‚eingesehen‘ und vielleicht sogar genauso entschieden, wollten sie damals und konnten sie damals aber nicht)

  52. Krim
    27. Januar 2012, 16:18 | #52

    „Zu der Hoffnung ist nur zu sagen, daß es doch nicht der Bequemlichkeit oder Blödheit der Arbeiter geschuldet ist, daß es solche Projekte nur in winzigem Umfang gibt, sondern der bitteren Wahrheit geschuldet ist, daß alles Wesentliche, was Menschen zum Produzieren der Sachen bräuchten, die ihren Lebensunterhalt ausmachen, das Privateigentum der Klasse der Kapitalisten sind.“

    Diesem Satz kann ich nur zustimmen. Solche Sätze wie die folgenden von Wat., kommen mir von jeglicher Realität unbelastet vor: „Ich denke da nicht mal an teure Windräder, gibt auch Solar und kleine „Wasserkraftwerke“ also so Wasserwirbler, die Du in fast jede leicht fließende Pfütze hängen kannst.“

    „Wenn ich anfangs vielleicht nur die Leute die Anteile in Wohnungsgenossenschaften Solarzellen auf die Dächer tun, was es ja sogar schon gibt, damit ihre Stromkosten geringer und sich selbst von den Großen unabhängig machen, dann ist da nichts mit Warenwirtschaft.“

    Diese leicht fließenden Pfützen gehören alle jemandem. Da müsstest du erst mal den Grund erwerben und ich bin mir gar nicht mal sicher, ob es überhaupt zulässig wäre die Wasserkraft zu „privat“ zu nutzen, selbst wenn man der Eigentümer ist. Was Wasserwirtschaft angeht, hat da auf jeden Fall der Staat einiges mitzureden, weil die Nutzung eines fließenden Gewässers immer alle Anrainer betrifft. So verringern Wasserräder die Fließgeschwindigkeit. Selbst die kleinsten Bäche sind Gegenstand kommunaler Entscheidungen. Da sie für ein paar Tage im Jahr Hochwasser führen, werden z.B. für Millionen teuere Regenwasserrückhaltebecken gebaut. Und da sollen die Gemeinden nach deiner Vorstellung einfach dulden, wenn eine kommunistische Kommune einen Wasserwirbler in den Bach hängt. Nie im Leben wird sowas passieren, eher wird eine alte Wassermühle aus Heimatpflegegesichtspunkten wieder neu aufgebaut, mit der Technik von vor 200 Jahren versteht sich.
    Die Solarzellen die man in Stadt und Land auf den Dächer sieht, sind eine reine Kapitalanlage, die sich übrigens nur deshalb lohnt, weil der Staat den eingespeisten Strom massiv subventioniert und die Abnahme garantiert. Aber selbst dann musst du 50 000 € pro Dach übrig haben, um dir das leisten zu können. Und die musst du wirklich übrig haben, denn es handelt sich um eine Kapitalanlage, die sich erst nach 15-20 Jahren lohnt. Das Geld ist komplett weg (nicht wie bei Zinsen, die man auf ein Kapital erhält) und diese Summe muss sich im Lauf der Jahre über den eingespeisten staatlich garantierten Strompreis refinanzieren. Um das machen zu können, brauchst du ein Dach, das heißt du brauchst ein Haus und dann brauchst du übriges Geld, das du 20 Jahre entbehren kannst. Da kannst du dir an fünf Finger abzählen, dass dafür der Großteil der Bevölkerung schlicht zu arm ist, um sowas machen zu können. Als kommunistische Kommune müsste man finanziell schon ganz schön potent sein, was schon ein wenig dem Ausgangspunkt widerspricht, warum jemand so eine Kommune aufmacht, (weil man als Lohnarbeiter im Kapitalismus zu nichts kommt).

  53. Samson
    27. Januar 2012, 16:23 | #53

    @ Wat.
    Aus dem „… begriffenen Willen, ihr Leben gemeinsam selbst zu gestalten“ kann aber nur ein gemeinsamer Plan resultieren, der dann eben verbindlich zu sein hat.

    Ich wenigstens fühlte mich als ein solcher mal daran gescheitert, ich konnte so wenig die Bedürfnisse der anderen voraussehen und wenn doch, paßten die gerade nicht zu dem, was insgesamt angesagt oder ‚möglich‘ war …

    Ich auch (ich bin sogar weg gegangen, freilich nicht allein deswegen). Es lag m.E. aber nicht an fehlender ‚Vorhersehbarkeit‘ sondern 1) an der Struktur resp. der inneren Hierarchie des bestimmenden Vereins (dessen ‚führende‘ Köpfe den Laden letztlich gecancelt haben) und 2) an der Annahme, ‚Mehrwert‘ sei etwas, dass man quasi vergesellschaften und für ’soziale Zwecke‘ o.s.ä. verwenden könne.

  54. Samson
    27. Januar 2012, 17:12 | #54

    Aber selbst dann musst du 50 000 € pro Dach übrig haben, um dir das leisten zu können.

    Das geht schon auch auf Kredit, Krim. Der Witz ist, dass mit den ‚ersparten‘ Stromkosten der Kredit abgezahlt wird. Der ‚Aufhänger‘ resp. das Verkaufsargument der ganzen Angelgenheit ist i.d.R. der ‚Appell‘ ans ‚Umweltbewusstsein‘ engagierter Kleinbürger. Mit denen aber wird kein Kommunismus zu machen sein.

  55. 27. Januar 2012, 17:40 | #55

    Es leider wirklich nur ein schaler Witz, anzunehmen, daß ausgerechnet kapitalistische Kredite, auf ihre Geldvermehrung abzielende Banken, der anitkapitalistischen Gemeinde der Aussteiger diesen Ausstieg nicht nur finanzieren wollen, sondern daß sich dieser großangelegte Ausstieg aus der kapitalistischen Welt sich ausgerechnet für die rechnen könnte.

  56. Krim
    27. Januar 2012, 17:44 | #56

    Erspart wird da gar nichts, weil das keine Selbstversorger sind, sondern der Solarstrom ins Netz geht und was privat verbraucht wird aus dem Netz kommt und nicht vom Dach. Bei einem Zinssatz von 6% wären das 3000 Euro im Jahr bloß Zinsbedienung, dann hast du aber immer noch nicht die 50 000 getilgt. Wenn du in 15 Jahren als getilgt haben willst kämmen nochmal 3333 € pro Jahr drauf. Das heißt das Dach müsste im Jahr 6333 € bringen (die tatsächlichen Kosten für den Kredit liegen bestimmt noch darüber) damit es sich rechnet, was trotz Förderung nicht erreicht wird. Das Ganze kann sich dann lohnen, wenn du das Geld hast und du es für 2% auf die Bank legen müsstest. Dann kriegst du auf 15 Jahre gerechnet mehr als 2%. Das heißt das Ganze ist auch noch eine Spekulation auf einen niedrigen Zins.

  57. Samson
    27. Januar 2012, 17:58 | #57

    Erspart wird da gar nichts …

    Soll ja auch nicht 😉
    Es wird bestenfalls (ob deine Rechnung so stimmt, weiß ich auch nicht, kann sein, kann nicht sein) ‚umgeschichtet‘. Das ganze soll auch nicht tatsächliche Bedürfnisse befriedigen o.s.ä. sondern, und das eben systemkonform, das ’schlechte Gewissen‘ des Kleinbürgers beruhigen. Deswegen dient es auch als Verkaufsargument. Das ist vergleichbar dem SUV-Chauffeur, der stolz auf ‚Rußpartikelfilter‘ und ähnlichen Schnickschnack ist.
    Leute mit dergleichen Mentalität wollen auch keine wie immer gearteten „Emanzipations- und Lernprozess für die lohnabhängige Klasse“, sowas ist denen wurscht.

  58. 27. Januar 2012, 18:18 | #58

    Es ist schon eine recht traurige Geschichte, wenn Revolutionäre in spe den mit beiden Beinen auf dem Boden des Eigentums Stehenden den Ausstieg ausgerechnet mit einer Rentabilitätsrechnung verkaufen wollen. Da kann ich nur voll und ganz Samson unterstützen:
    „Leute mit dergleichen Mentalität wollen auch keine wie immer gearteten „Emanzipations- und Lernprozess für die lohnabhängige Klasse“, sowas ist denen wurscht.“

  59. Wat.
    27. Januar 2012, 18:28 | #59

    @Samson
    Nun mögen ja Menschen unterschiedliche Schlußfolgerungen ziehen, Deine vielleicht andere als meine sein…
    Ja, ich würde Dir zustimmen, es lag an der Struktur. Nur, wie ginge die mal ‚zu ändern‘.
    Und da sage ich, indem die Menschen selbst gemeinsam entscheiden lernen.
    Manch einer legt das auf einen ‚Termin‘ nach einer politischen Revolution. Ich meine aber, nicht nur der Wille auch ein Teil der persönlichen Fähigkeit selbst mit anderen zu entscheiden, muß vor einer ‚angesiedelt‘ sein. (Das ‚Ding‘ mit der handelnden Gesamtklasse.)
    Sonst, so meine Meinung, wird die Struktur wieder nicht wirklich was anderes.
    Zentraler Plan. Die Frage ist, wer den macht. Wenn den nicht wieder eine kleine Gruppe machen soll oder wenigstens nach einer (vielleicht nur kurzen Zeit) macht, müssen doch die Menschen selbst sagen, was a) ihre Bedürfnisse sind und b) wie und was sie davon gemeinsam umsetzen (können). Noch schlimmer, wenn es einer kleinen Gruppe bedarf, die diesen Plan als verbindlich durchsetzt.
    Ich suche nach Möglichkeiten, wie sie das Gemeinsame lernen können, wir ihnen dabei helfen, daß es da die ‚Zentrale „Verwaltungs- und Lenkperson“‚ nicht mal mehr braucht und… ja, zuallerst, daß sie das überhaupt als ein lohnendes Ziel sehen.
    Dazu müßten sie doch aber hier auch positive Erfahrungen machen.
    … und die fängt doch auch schon damit an, den neben sich nicht immer, wie eigentlich im Kapitalismus nötig, als Konkurrent zu empfinden.

  60. Krim
    27. Januar 2012, 18:37 | #60

    Tendenziell stimmt meine Rechnung schon:
    http://www.solartechnik-schwerte.de/html/was_kostet_eine_anlage_.html
    Nach diesem Link brauchst du etwa 10-12 Jahre bis du bloß den Anschaffungspreis wieder drin hast und solang hast du keine Zinsen gesehen (und wenn sie kreditfinanziert ist, hat man dafür solange Zinsen gezahlt).

    „Es ist schon eine recht traurige Geschichte, wenn Revolutionäre in spe den mit beiden Beinen auf dem Boden des Eigentums Stehenden den Ausstieg ausgerechnet mit einer Rentabilitätsrechnung verkaufen wollen.“

    Warum willst du denn mein Anliegen so mißverstehen? Es ging darum zu zeigen, dass die alternativen Idealbilder von kommunistischen Kommunen, die mit Wasserkraft und Solartechnik ihr eigenes Ding durchziehen wollen, längst in eine Rentabilitätsrechnung überführt i s t, die sich Leute stellen, die Geld haben und eben keine Nische für Kommunisten.

  61. 27. Januar 2012, 18:44 | #61

    Krim, es ging mir gar nicht in erster Linie um deine Argumente, sondern um das Beispiel Solarzellen überhaupt. Das ist, da gebe ich dir recht, ja schon mit massiven staatlichen Vorgaben und Subventionen, kompatibel mit der ganz gewöhnlichen kapitalistischen Gewinnkalkulation von Firmen und den Sparüberlegungen von Privathaushalten, zumeist Mittelschichtsleuten mit eigenem Haus, gemacht worden. Da noch irgendwie ein Ausstiegsszenario dranzuklatschen endet beim elenden grünen Umstieg, mehr nicht.

  62. Krim
    27. Januar 2012, 18:52 | #62

    „… und die fängt doch auch schon damit an, den neben sich nicht immer, wie eigentlich im Kapitalismus nötig, als Konkurrent zu empfinden.“

    Das Bedürfnis nach Gemeinschaft jenseits der kapitalistischen Konkurrenz hat noch fast jeder Bürger. Deshalb tritt er in seinem Leben unterschiedlichen Gemeinschaften bei: gründet z.B. eine Familie, geht in zahllose Vereine, die Kirche oder jubelt der Nationalmannschaft zu. Alles Gemeinsamkeit jenseits kapitalistischer Konkurrenz, wo dem Ideal nach der gesellschaftliche Rang keine Bedeutung haben soll. Trotzdem bricht kein Kommunismus aus.
    Das liegt daran, dass es nicht vordringlich positive Erfahrungen braucht, sondern Einsicht in die kommunistische Kritik an kapitalistischen Verhältnissen. Dazu muss man halt die Bürger ärgern und immer wieder die Ideologien kritisieren mit denen Sie sich im Kapitalismus einrichten wollen.

  63. 27. Januar 2012, 18:52 | #63

    Wat. ich will dir ja gar nicht widersprechen, wenn du einforderst, daß Menschen schon vor dem Sieg des Kommunismus zu Kommunisten geworden sein müssen, die „selbst gemeinsam entscheiden lernen“. Aber doch nicht ausgerechnet auf dem Gebiet, auf dem diese Ordnung uns von allen Entscheidungen ausschließt. Wo es um die Substanz, das Wesen dieser Gesellschaft geht. Um das, was diesem Staat am Herzen liegt.
    Ja, ja, eine „handelnde Gesamtklasse“ muß sich schon vorrevolutionär einfinden. Aber doch nicht bei der gemeinsamen Durchkalkulation von Solardächern, Schrottrecycling oder dem Import von fair gehandelten Robusta-Kaffeebohnen. Im gemeinsamen Kampf um die Köpfe der Menschen, im gemeinsamen Klassenkampf, in der gemeinsamen Organisation der revolutionären Bewegung werden sie zur revolutionären Gesamtklasse (oder wenigstens größerer Teile davon), anders wohl nicht.

  64. Wat.
    27. Januar 2012, 19:22 | #64

    @Neoprene

    Im gemeinsamen Kampf um die Köpfe der Menschen, im gemeinsamen Klassenkampf, in der gemeinsamen Organisation der revolutionären Bewegung werden sie zur revolutionären Gesamtklasse (oder wenigstens größerer Teile davon), anders wohl nicht. „

    Aber doch nicht nur bei der gemeinsamen Kapitalschulung. :~)
    Der Klassenkampf muß doch auch als etwas gerade Konkretes, als von den jetzt noch nicht als Gesamtklasse auftretenden einzelnen Menschen als jetzt für sie Notwendiges angesehen werden. Darüber käme es ja erst zu einer Gesamtklasse. Und wenigstens meine Erfahrung sagt, Du kannst argumentieren, wie Du willst, bei den meisten landest Du eben erst dann, wenn sie auf ihre Fragen Antworten suchen.
    Dann ‚helfen‘ wir ihnen eben, Fragen zu haben. Die kommen nämlich mE auch erst in der Ausseinandersetzung mit ihrem täglichen Sein, daß eben heute immer weniger so ist, wie noch gestern gemeint.
    Du kannst mE nicht alles mit dem Kopf ‚regeln‘ wollen, wo es auch um Herzen geht.

  65. 27. Januar 2012, 19:41 | #65

    Schon Trotzki hat mal geschrieben, daß der Kommunismus die Menschen auch nicht von solch Herzenssachen befreien kann und wird wie dem Verlust eines geliebten Mitmenschen durch dessen Tod, einer unerwiederten Liebe oder Ähnlichem. Das Bedürfnis nach Liebe ist offensichtlich erheblich schwerer zu befriedigen als das nach einer funktionierenden Kaffeemühle.
    Ja, da hast du recht, die meisten Menschen stellen keine kommunistischen Fragen, weil sie ihre kapitalistischen Antworten schon lange gefunden haben. Deshalb wollen die allermeisten sich ja auch gar nicht helfen lassen. Jedenfalls nicht in unsere Richtung, bei den Problemen ihres Zurechtkommens innerhalb dieser beschissenen Ordnung nehmen sie natürlich gerne jede Hilfe an.
    Auch die „Auseinandersetzung“ mit dem täglichen Sein kommt überhaupt nicht per se, automatisch oder gar notwendigerweise, auch nicht, wenn es zunehmend mehr Menschen gibt, für die in der Tat gilt, daß es „immer weniger so ist, wie noch gestern gemeint“.
    Wenn hier nicht wesentliche Sachen wirklich bei vielen Menschen „mit dem Kopf“ geregelt werden, sprich, wenn es nicht ein wohlbegründetes Massenbewußtsein davon geben wird, was und warum in dieser Gesellschaft weg muß, dann wird es eben so bleiben wie bisher, nur daß es wohl noch schlimmer kommen wird als bisher.

  66. Krim
    28. Januar 2012, 03:11 | #66

    „Du kannst mE nicht alles mit dem Kopf ‚regeln‘ wollen, wo es auch um Herzen geht.“

    Es ist nur so, dass die Herzen mit Verzögerung dem Kopf folgen. Die Urteile sickern, wenn sie eine zeitlang wiederholt gefällt werden irgendwann auch in das Gefühlsleben durch. z.B. wird ein Kommunist von der deutschen Nationalhymne keine Gänsehaut mehr kriegen, es sei denn er gruselt sich. Auf das Herz hat man keinen direkten Zugriff, um es zu ändern. Das Gefühl kann man nur bedienen oder nicht d.h. dein Gegenüber liebt dich oder hasst, was du tust. Du kannst ihn aber nicht durch direkte Ansprache des Herzens zum Kommunismus bringen.

  67. Samson
    29. Januar 2012, 14:38 | #67

    Es ist genau umgekehrt, Krim. Der Kopf, d.h. die Analyse vermittels meinetwegen Denken in Abstraktionen folgt dem Gefühl. Erst wenn die Liebe nicht erwidert wird, fängt der Kopf an zu denken. Und erst wenn das Kind schon im Brunnen liegt, folgt die wissenschaftliche Untersuchung darüber, wie es da hinein gekommen sein könnte. Kapital als gesellschaftlichen Zusammenhang kannst du analysieren, weil dadurch die Menschen tatsächlich in formal voneinander unabhängige Individuen auseinanderdividiert werden. Gemessen an dem was ist, kann man sich Gedanken über Alternativen machen. Es ist aber stets die Wahrnehmung, welche eine Reflexion erfordert, um sich einen Reim drauf zu machen, der dem Inhalt der Wahrnehmung entspricht.

  68. Name
    29. Januar 2012, 16:24 | #68

    @Samson

    „meinetwegen Denken in Abstraktionen folgt dem Gefühl“

    Welchem denn? Woher weiß denn ein Gefühl von Liebe o. Ä.? Und was passiert, wenn das Denken Gefühlen „folgt“? Gibt das Gefühl etwas vor oder ist es bloß ein (beliebiger) ANLASS für Gedankenmacherei?

    „Es ist aber stets die Wahrnehmung, welche eine Reflexion erfordert, um sich einen Reim drauf zu machen, der dem Inhalt der Wahrnehmung entspricht.“

    Wahrnehmung hat also einen Inhalt, den es NEBEN dem gemachten „Reim“ geben soll? Welcher ist das denn, wenn der eine „Entsprechung“ braucht, um Wahrnehmung zu sein?

  69. Samson
    29. Januar 2012, 17:36 | #69

    @ Wat.

    … es lag an der Struktur. Nur, wie ginge die mal ‚zu ändern‘.
    Und da sage ich, indem die Menschen selbst gemeinsam entscheiden lernen.

    Mit ‚Struktur‘ war die Hierarchie gemeint. Die wiederum war dem Prinzip nach so falsch nicht. Für mich stellt sich eher die Frage, ab wann und vor allem warum dies Prinzip umgekehrt wurde, also Machtzirkel statt Räten entschieden und deren Entscheidungen als bindend galten, während das Prinzip (meinetwegen ‚demokratischer Zentralismus‘) Machtzirkel genau dadurch hätte verhindern sollen, dass gemeinsame Entscheidungen bindend für alle sein sollten.
    Meine quasi ‚weiterführende‘ Frage ist daher, ob es ggf. materielle Bedingungen gibt, die derlei Umschlag o.g. Prinzips ermöglichen, ob daher sozusagen das ‚Mehrwehrt-Missverständnis‘ nicht Ursache dessen ist, was bei dir quasi im ‚Nachgang‘ den Eindruck erweckt, die Leute müssten „das Gemeinsame lernen können“. Ja freilich können sie das, und Krim führt ja haufenweise Beispiele an, wo Menschen sich zusammentun, und wo vor allem die materielle Hierarchie keinerlei Rolle zu spielen scheint. Die Frage ist also, was sie materiell trennt. Ist es bspw. das, was in der bürgerlichen Ökonomie als ‚Wertschöpfung‘ o.s.ä. daherkommt, was sollte sich daran ändern, wenn dieser ‚Wertschöpfung‘ ein Plan vorausgeht, indem eben nicht Sachen sondern ein Wertzuwachs als Zweck ausgegeben ist?
    Ganz abgesehen davon, trifft bspw. der Profitratenfall für alle Produktionsweisen zu, dann selbstverständlich auch auf solche, worin die Administration das Eigentum an den Produktionsmitteln beansprucht (und zwar gleichgültig, ob sie sich dabei als ‚Stellvertreter‘ aufführt oder nicht). Dazu kommt freilich, wenn nach Marx Kapital nur als Konkurrenz vieler Kapitale existieren kann, dann muss ein administrativer Monopolist (d.h. einer, dem alles konstante Kapital unterstellt ist) den ‚äquivalenten Tausch‘ mit sich selbst inszenieren. Tut er dies quasi ‚dem Buchstaben nach‘, bleibt nix für ‚Sozialklimbim‘, tut er es nicht, wirkt sich der ‚Sozialklimbim‘ negativ auf die ‚Akkumulationsrate‘ aus. Im Osten hieß dies folglich ‚Mangelwirtschaft‘, während die wirklichen Kapitalisten seit dem Verschwinden der ‚Realsozialisten‘ behaupten, der ‚Sozialstaat‘ sei nicht (mehr) ‚finanzierbar‘ etc. …
    @ Name
    Folge meint hier Reihenfolge, erfasste das Gefühl die Wirklichkeit, brauchte es das Denken nicht. Das Gefühl ist vor dem Denken da. Aber das Denken ist auch nicht Wirklichkeit, es ist bestenfalls in der Lage, sich einen Begriff von dieser zu machen, in dem diese abgebildet ist, ohne mit ihr identsich zu sein. Du kannst Licht wahrnehmen, ohne einen Begriff davon zu haben. Aber du kannst dir keinen Begriff davon machen, ohne es jemals wahrgenommen zu haben.

  70. Wat.
    29. Januar 2012, 19:09 | #70

    @Samson
    Du kannst mit Struktur ruhig eher Hierarchie meinen, es kommt aufs gleiche. Sie ist falsch. (ok, nach meiner Ansicht – und in bezug auf Heute(!))
    Die Räte mußten mE kippen, aufs Land bezogen, repräsentierten sie eine Minderheit, da wo die Mehrheit war, gabs nicht wirklich Räte, nur der Bezeichnung nach. Allein schon das Proletariat war in der Minderheit (und das klingt noch größer, als sie an der Gesamtzahl der Besitzlosen war, auch wenn gut durchorganisiert). Es mußte ‚umorganisiert‘ werden, wenn der Laden am laufen gehalten werden sollte. Ich unterstelle da niemandem etwas Böses. Das war damals die Situation und in dieser die richtige Entscheidung. Es war eine politische, aber keine proletarische Revolution. Das stand einfach dort noch nicht auf der Tagesordnung.
    Es ging um Machtsicherung. Ob da jemand noch den Mehrwert in sozialistischen ummünzt, scheint mir da unerheblich.
    Eine Minderheit kann es noch so gut meinen, sie kann nicht für eine Mehrheit entscheiden und auch nicht wie die Mehrheit entscheiden – letzteres scheint sie ja auch gar nicht vordergründig zu wollen oder wenigstens in bestimmten Fällen ausschließen können, sonst bräuchte es ja diese Organisationsform nicht. Und es war auch in den nachfolgenden ‚Ableitungen‘ in anderen Ländern immer die einer Minderheit über die Mehrheit.
    Mangelwirtschaft… es war genug da, aber eben nicht immer am richtigen.
    Du kannst nicht jedem ein Recht auf (Lohn-)Arbeit zusprechen, aber sein Arbeitskraft nicht wirklich gebrauchen können, Du kannst den Werktätigen nicht mehr oder gleich viel Geld im Monat zahlen, aber die Konsumgüterproduktion zu lasten der Produktionsgüterproduktion ‚beschränken‘.
    Wir haben jetzt Nachfragemangel – durch das andere kriegste Nachfrageüberschuß.
    Du kannst (Ihnen/Dir) nie alle Bedürfnisse in dem Moment erfüllen/befriedigen, die just in diesem Augenblicke auftreten. Nicht nur wegen des Portemonnaies, da reichen rohstoffliche und technologische Beschränkungen – und die gabs auch schon immer und sind normalerweise ein Entwicklungsmotor. Nur eben dann nicht, wenn nicht die tatsächlichen Bedürfnisse der Menschen das Bestimmende sind.
    Ja, ich weiß, sind sie hier auch nicht – hier ist es das Bedürfnis nach Geld… jo, um die tatsächlichen Bedürfnisse befriedigen zu können.
    Die Struktur, die Hierarchie, das Stellvertreterprinzip, der Demokratische Zentralismus – war für Rußland 1917 die richtige Antwort, ist mE heute nicht mal mehr die ‚richtige‘ Frage.

  71. Name
    29. Januar 2012, 20:35 | #71

    @Samson

    „erfasste das Gefühl die Wirklichkeit, brauchte es das Denken nicht. Das Gefühl ist vor dem Denken da.“

    Gefühle erfassen die Wirklichkeit nicht, sondern sind eine recht unwillkürliche REAKTION auf den Umgang mit der Realität. Ob Gefühle oder deren gedankliche Grundlage nun Henne oder Ei seien, ist ohnehin uninteressant, wenn man deren Verhältnis ermitteln will: Dass es irgendeine Reihenfolge geben soll zwischen Gefühl und Verstand, erklärt gar nichts, sondern besagt nur, dass es sich um zweierlei Gegenstände handelt.

    „Du kannst Licht wahrnehmen, ohne einen Begriff davon zu haben.“

    Wenn du nicht weißt, was Licht ist, wird das auch schwer, es als solches wahrzunehmen. Man muss zwar keinen korrekten Begriff vom Teilchen- bzw. Wellencharakter der Photonen haben, um einen Lichtreiz zu spüren, aber wenn du zu dieser Art Augenirritation „Licht“ sagst, unterstellst du bereits eine Menge Bestimmungen und Unterscheidungen. Und dass ein Blinder sich vom Lichtspektrum keinen Begriff machen könnte, ist ein Gerücht. Die Physik bleibt übrigens lange nicht beim für Menschen sichtbaren Licht stehen:

    „Das was im Allgemeinen als Licht bezeichnet wird, ist lediglich ein kleiner Teil des elektromagnetischen Spektrums, den der Mensch (und andere Lebewesen) ohne technische Hilfsmittel wahrnehmen kann. In der Physik wird jedoch das gesamte Spektrum betrachtet und dieses – aus praktischen Gründen – ebenfalls einfach als Licht bezeichnet.“ (wiki: „Licht“)

  72. Samson
    30. Januar 2012, 12:02 | #72

    @ Name
    Ja ja, man kann auch Hokuspokus draus machen und behaupten, Liebe macht blind, ist sie doch eine „recht unwillkürliche REAKTION auf den Umgang mit der Realität“, da lacht sogar das Huhn drüber, scheißegal ob es aus dem Huhn oder dem Kühlschrank kommt.

    Dass es irgendeine Reihenfolge geben soll zwischen Gefühl und Verstand, erklärt gar nichts …

    Du solltest das Schwafeln lassen und erstmal lesen was da steht. Es eben nicht um eine beliebige Reihenfolge sondern darum, ob zuerst wahrgenommen oder zuerst gedacht wird. Aber wenn’s nach dir geht, kann nie was wirklich sein, weil zu allerst der „Umgang mit der Realität“ stattfindet, und zwar ganz offensichtlich ohne davon was mitzubekommen.

    Man muss zwar keinen korrekten Begriff vom Teilchen- bzw. Wellencharakter der Photonen haben, um einen Lichtreiz zu spüren, aber wenn du zu dieser Art Augenirritation „Licht“ sagst, unterstellst du bereits eine Menge Bestimmungen und Unterscheidungen.

    Du redest von einem Begriff dessen, was „Augenirritation“ sei. Mag sein dass man das physikalisch so beschreiben kann. Aber wenn wer Licht wahrnimmt, und zwar als Lebewesen, ganz ohne davon irritiert zu sein, dann braucht der für diese Wahrnehmnung keinen Begriff. Es sei denn, er hätte den Willen dazu, sich einen zu machen, bspw. weil seine Augen „irritiert“ sind. Womöglich täte der sich ähnlich Gedanken machen wie derjenige, dessen Liebe nicht auf Gegenliebe sondern auf Ablehnung als „unwillkürliche REAKTION auf den Umgang mit der Realität“ trifft, warum auch immer.

  73. 30. Januar 2012, 12:18 | #73

    Ich tue mich echt schwer, solche „begrifflichen“ „lichten Höhen“ zu erklimmen, wie das hier Name getan hat. Zudem das nun wirklich weit weg ist von einer „Erhellung“ dieses Thread-Themas.
    Ich möchte nur (überflüssigerweise) auch noch hinzufügen, daß es reihenweise mehr oder weniger intelligente Lebewesen gibt, die ganz ohne einen Begriff des Lichts (oder anderer Naturphänomene) sich ihren Reim darauf machen können und sowas für sich nutzen können. Das geht insbesondere auch ohne Sprachkompetenz.

  74. Name
    30. Januar 2012, 13:09 | #74

    „behaupten, Liebe macht blind“

    Du hast das Argument nicht verstanden: Deine Vorstellungen von dem, was Gefühl und Wahrnehmung sind, sind verkehrt, weil du mit deren angeblicher „Reihenfolge“ etwas erklären möchtest.

    „Es eben nicht um eine beliebige Reihenfolge sondern darum, ob zuerst wahrgenommen oder zuerst gedacht wird.“

    Und was soll die Feststellung über zeitliche Abläufe („zuerst“) belegen?

    „Aber wenn wer Licht wahrnimmt (…) dann braucht der für diese Wahrnehmnung keinen Begriff.“

    Es ging dir aber (zu einem ganz anderen Thema) um das Verhältnis zwischen Wahrnehmung und Begreifen, da nützt es nichts zu sagen, dass eins dem anderen vorausgehe bzw. „folge“.
    Das langt jetzt auch, wer will, merkt sich den Unfug.

  75. Samson
    30. Januar 2012, 15:09 | #75

    Es ging dir aber (zu einem ganz anderen Thema) um das Verhältnis zwischen Wahrnehmung und Begreifen, da nützt es nichts zu sagen, dass eins dem anderen vorausgehe bzw. „folge“.

    Es ging schon darum, „dass die Herzen mit Verzögerung dem Kopf folgen“. Davon abgesehen, langt es wirklich.

  76. Krim
    30. Januar 2012, 15:50 | #76

    „Es ist genau umgekehrt, Krim. Der Kopf, d.h. die Analyse vermittels meinetwegen Denken in Abstraktionen folgt dem Gefühl.“ Samson, es sollte hier von mir keine zeitlich Abfolge behauptet werden, sondern ein inhaltlicher Zusammenhang. Wenn dieser Zusammenhang nicht geläufig ist, bitte ich folgenden Text zu lesen: http://www.contradictio.de/gefuehlverstand.html „Im Gefühl mißt das Individuum seine Lage an seinem Bedürfnis und empfindet Übereinstimmung oder Differenz von seinsollendem und vorliegendem Zustand als angenehm oder unangenehm. Mit Hegel: „Der fühlende Wille ist daher das Vergleichen seines von außen kommenden, unmittelbaren Bestimmtseins mit dem durch seine eigene Natur gesetzten Bestimmseins. Da das letztere die Bedeutung dessen hat, was sein soll, so macht der Wille an die Affektion die Forderng, mit jenem übereinzustimmen. Diese Übereinstimmung ist das Angenehme, die Nichtübereinstimmung das Unangenehme.“ (Enz. III § 472). „ Diese innere Bestimmtheit, die im Gefühl einen Vergleich mit der äußeren Bestimmtheit durchführt, ist eben nur veränderbar bzw. erreichbar durch die Urteile über die Welt, durch die diese innere Bestimmtheit gebildet wird.
    @name: „Es ging dir aber (zu einem ganz anderen Thema) um das Verhältnis zwischen Wahrnehmung und Begreifen,…“ Eigentlich ging es gar nicht um’s Wahrnehmen, sondern ursprünglich ging es darum, dass Wat. meinte man müsste die Leute mit dem Gefühl bzw. mit dem „Herzen“ statt dem Kopf ansprechen. Dann hat Samson das Gefühl mit Wahrnehmung übersetzt und daraus ein zeitliche Abfolge gemacht, die ganz an der von Wat angesprochenen Problematik vorbeigeht.

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