GSP-Thesen zur Weltlage nach 3 Jahren Obama
Die Ausgangslage: Finanzkrise und zwei zunehmend kontraproduktive Weltordnungskriege.
Und jetzt?
1.
Die US-Regierung hat die Überakkumulation des Finanzkapitals teilweise durch Entwertung abgewickelt, vor allem aber mit viel Staatskredit und ganz vielen Zahlungsmitteln der Notenbank aufrechterhalten – also in eine Überakkumulation des auf Staatsschulden gegründeten Vermögens der Finanzwelt sowie eine Vermehrung staatlich geschöpften Kreditgelds auf Grund misslungener Kreditgeschäfte überführt. Sie nimmt damit, einstweilen erfolgreich, zur Bewältigung der Krise in Anspruch, was durch die Krise und ihren Umgang damit untergraben wird: die vorbehaltlose weltweite Anerkennung amerikanischer Staatsschuld als Finanzkapital und den Gebrauch ihres Kreditgelds als Geschäftsmittel und Repräsentant des kapitalistischen Reichtums der Welt.
2.
Durch die Finanzkrise in den Euro-Staaten und durch deren Krisenpolitik ist der Erfolg des Rettungswerks der US-Regierung doppelt gefährdet: Die Entwertung europäischer Staatsanleihen und darauf basierender Wertpapiere trifft US-Vermögen, womöglich sogar die Zahlungsfähigkeit amerikanischer Banken; und mit ihrer Schuldenpolitik treiben die Euro-Macher mitten in der Krise ihre Bemühungen um die Durchsetzung ihres Geldes als alternative Weltwährung voran, versuchen dafür sogar das Geldvermögen der VR China in Anspruch zu nehmen. Die bringt mit ihren Welthandelserfolgen und der Akkumulation amerikanischer Verbindlichkeiten ohnehin die Kräfteverhältnisse in der Konkurrenz auf den Weltmärkten durcheinander und trägt damit das Ihre zur Gefährdung des Ausnahmestatus der USA als Kreditschöpfer, Kontrolleur und Nutznießer der Weltwirtschaft sowie als Quasi-Monopolist des Weltgeldes bei.
3.
Im Kampf um die Rettung dieses Ausnahmestatus geht es für die USA „ums Ganze“ – sogar im Innern um die Funktionsfähigkeit des politischen Apparats. Nach außen bemüht sich die US-Regierung um die Funktionalisierung ihrer zwei großen Rivalen für die Bestätigung ihres unbegrenzten und bedingungslosen Kredits in der Staatenwelt:
An die Euro-Macher richtet sie das Ansinnen, mit schrankenloser Kreditgeldschöpfung die Entwertung finanzkapitalistischen Vermögens zu Lasten der US-Wirtschaft unbedingt zu vermeiden und die damit verbundenen Nachteile für den Erfolg des Euro als verlässliche Weltgeld-Alternative zum Dollar in Kauf zu nehmen.
Die VR China wird doppelt in Anspruch genommen: als finanzkräftiger Investor für die weitere Stützung des US-Kredits und -Kreditgelds – anstelle des Euro und der in Euro notierten Staatsschulden; als Welthandelsnation für die Verbesserung der US-Bilanz aus dem Weltgeschäft. Zum Zweck eines entsprechend umfassenden Zugriffs auf die Wirtschaftsmacht Chinas und seiner Nachbarn unternimmt die US-Regierung eine Neugestaltung des gesamten pazifischen Raums zur kapitalistischen Wachstumszone unter amerikanischer Regie – einer Regie, die sich auf Vorgaben für den Geschäftsverkehr keineswegs beschränkt.
Denn für die USA ist der Status des konkurrenzlosen Arrangeurs und Nutznießers der globalen kapitalistischen Konkurrenz die unentbehrliche materielle Grundlage ihrer konkurrenzlosen militärischen Macht; und umgekehrt ist ihre Fähigkeit, den souveränen Mitgliedern der Staatenwelt wesentliche Existenz- und Erfolgsbedingungen zu diktieren und ihren Status im Weltgeschehen zuzuweisen – kurz: „leadership“ –, unabdingbare Voraussetzung und unentbehrliches Instrument ihres Sonderstatus als Weltwirtschaftsmacht.
4.
Die Politik der gedeihlichen Nachbarschaft mit den maßgeblichen Staaten und politischen Kräften in allen Weltgegenden, die die Obama-Administration an die Stelle des aus ihrer Sicht komplett gescheiterten Versuches einer Weltordnung durch Krieg – den „War on Terror“ – gesetzt hat, nimmt sich als ihre „epochale“ Hauptaufgabe die strategische Einhegung der VR China vor: die beschränkende Zulassung ihrer regionalpolitischen Ambitionen sowie die Kontrolle über und eine Zulassungsbeschränkung für ihre bewaffnete Macht. Mittel dafür sind die Präsenz amerikanischen Militärs in jeder für nötig erachteten Größenordnung in der Region sowie ein Netz transpazifischer Partnerschaften, das chinesischer Bündnispolitik wirksam vorbeugt.
5.
Im Umgang mit dem anderen Hauptrivalen, der Europäischen Union, räumt die US-Regierung mit der Absage des „War on Terror“ und der Redimensionierung der tatsächlich geführten Kriege auf lokale Konflikte Ansprüche auf Gefolgschaft ab, die viele Allianzpartner zu verschiedenen Formen der Verweigerung provoziert haben. Die Inanspruchnahme der europäischen Partner für Ordnungsaufgaben im Raum zwischen Atlantik und Afghanistan enthält Angebote zur Mitwirkung an der Definition und Bereinigung allfälliger Probleme. Prinzipielle Bündnistreue ist dabei ebenso vorausgesetzt wie eine Rivalität zwischen den Europäern, die deren Zusammenschluss zu einer aktionsfähigen strategischen Macht von annähernd gleichem Rang wie die USA ausschließt.
Zu den wichtigen Aufgaben dieser Allianz gehört die Übertragung des Prinzips der konfliktfreien Nachbarschaft auf das Verhältnis der NATO zum Erben des ehemaligen Hauptfeinds: Russland wird eingeladen, sich von gleich zu gleich mit den europäischen Allianzpartnern ins Benehmen zu setzen und den Aufbau eines Raketenabwehrschirms in Osteuropa nicht auf sich zu beziehen, sondern einen Beitrag dazu zu leisten. Weil die russische Regierung darin die Zumutung erkennt, das Ende ihres Anspruchs auf Gleichrangigkeit als strategische Atommacht mit den USA und damit ihre weltpolitische Irrelevanz zu besiegeln, gibt es hier noch einiges zu tun.
Der Kriegseinsatz in Libyen wird aus amerikanischer Sicht zu einem ersten Test auf die neue Art transatlantischen Zusammenwirkens, die den Verbündeten die Definition von Kriegsgründen und Kriegszielen zugesteht, den USA militärische Lasten und politische Kosten erspart, von ihrer Rolle als letztentscheidende Instanz aber nichts wegnimmt.
6.
(Der Umgang der USA mit dem ‚Krisenbogen’ von Afghanistan über Iran und Israel bis zum Volksaufruhr in etlichen arabischen Nationen.)
7.
Die EU-Staaten respektieren die weltordnungspolitischen Vorgaben der USA – aus einer Mischung von relativem militärischem Unvermögen und Uneinigkeit über die Wünschbarkeit, ganz zu schweigen vom möglichen Inhalt einer gemeinsamen alternativen strategischen Lagedefinition. Europas militärische Führungsmächte Frankreich und Großbritannien nehmen Obamas Politik der Redimensionierung kriegerischer Konflikte als Ermächtigung zu autonomen Weltordnungsinitiativen in einem von ihnen beanspruchten Zuständigkeitsbereich und testen deren Reichweite sowie die Schlagkraft ihrer militärischen und diplomatischen Mittel mit ihrem Einsatz in Libyen aus. Deutschland verweigert die Anerkennung einer französisch-britischen Hegemonie in Kriegsfragen – und ergreift die Gelegenheit, sich in der zunehmend akuten ökonomischen und politischen Existenzfrage der Union als zivile Führungsmacht zu betätigen.
8.
Aus der Krise verfertigt die deutsche Regierung – gemeinsam mit der französischen – eine ultimative Entscheidungssituation für alle Mitglieder der Währungsunion: Durchbruch zu substanziell mehr Einheit nach den Maßgaben der dominierenden Wirtschaftsmacht, zur Überantwortung souveräner Haushaltsrechte an eine europäische Oberaufsicht, verharmlosend etikettiert als „Fiskalunion“, oder Zusammenbruch des gesamten Einigungswerks. Deutschland will Letzteres unbedingt vermeiden, ohne von Ersterem Abstriche zu machen. Mit dem „langen Weg“ der Krisenbewältigung, den die deutsche Kanzlerin immer wieder als unumgänglich beschwört, verfolgt sie das Ziel, die Eurozone zur einheitlich agierenden Weltkredit- und Weltgeldmacht auf gleichem Niveau wie die USA zu entwickeln. Ein Erfolg dabei hängt wesentlich von der Entscheidung „dritter“ Weltwirtschaftsmächte, insbesondere der VR China ab, den Euroländern und deren Währung Kredit einzuräumen. Ebenso wie die USA und in harter Konkurrenz mit ihnen unternehmen die Europäer den verwegenen Versuch, die Krise des Finanzkapitals und ihres eigenen Kredits zu einer Angelegenheit ihrer Krisenkonkurrenz mit dem großen Rivalen zu machen und auf diesem Weg zu überwinden. Und wie für die USA steht auch für sie dabei nichts Geringeres auf dem Spiel als die Weltmacht, die sie werden wollen; nämlich deren kapitalistische Basis ebenso wie die Formierung des politischen Subjekts, das sich dieser Grundlage zu bedienen weiß.
(entnommen http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/Thesen-Weltlage-2012.rtf)
Neue Antworten nach 1,5 Jahren Trump
Iran-Konflikt: Der neue Dollar-Imperialismus verdrängt den alten…
https://www.argudiss.de/us-sanktionen-gegen-iran-alle-anderen-neue-dollarimperialismus-nutzt-verdraengt-den-alten
(Bremen, Oktober 2018)
Download der Gesamtaufzeichnung:
https://www.argudiss.de/sites/default/files/doku/gesamtaufnahmen%28mp3%29/dollarimperialismus_hb_1018_ges.mp3
Die letzte Etappe des Abzugs aus Afghanistan
Der mitfiebernde Blick auf das Elend am Kabuler Flughafen und die Evakuierungsaktionen ist die vorläufig letzte Inszenierung der Gleichung, die westliche Militärpräsenz in Afghanistan sei Hilfe für unschuldige Afghaninnen und Afghanen. Dass das die Wahrheit nicht ist und es auch nie war, wird nebenher ebenso klar, wenn Politiker und Kommentatoren die Frage wälzen, ob die Taliban uns jetzt aufgrund unserer Zögerlichkeit womöglich erpressen können, was wir ohne Amerika überhaupt vermögen, was das alles für unser Verhältnis zu den Vereinigten Staaten unter der Führung des neuen Präsidenten bedeutet und ob China und Russland sich jetzt ins Fäustchen lachen.
Dazu, was das allein durch westliches militärisches Engagement definierte und bis neulich am Leben erhaltene Afghanistan wirklich war, verweist der GSP einstweilen auf zwei ältere Artikel:
Die „gemeinsame Vision“ für ein „souveränes Afghanistan“: Ein Land, ein Auftrag: Übernahme des US-Kriegs gegen den Terror (2012)
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/gemeinsame-vision-fuer-souveraenes-afghanistan
Regierungsbildung auf dem Bonner Petersberg, Geberkonferenz in Tokio, eine europäische Schutztruppe und weiterhin amerikanische Bomben
Die Nach-Taliban-Ordnung: So kehrt Afghanistan in den Kreis der zivilisierten Nationen zurück (2002)
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/afghanistan-konferenz
Warum überhaupt wurde denn die Bundeswehr eigentlich damals nach Afghanistan geschickt?
Antworten im gerade erschienenen ersten Teil einer dreiteiligen Artikelserie auf Heise/TP von Björn Hendrig
https://www.heise.de/tp/features/Warum-wurde-die-Bundeswehr-nach-Afghanistan-geschickt-6179451.html?seite=all
Der Artikel gibt kurz und knackig gehaltene Antworten z.B. darauf, was es mit den Werten von „Freiheit“ und „Bündnissolidarität“ auf sich hat, und wieso die BRD damals unbedingt „mehr Verantwortung“ zu übernehen gewillt war ….
Björn Hendrig: Was hat die Bundeswehr in Afghanistan bewirkt?
(…) „Die unübliche Antwort: Wenn die Herrschaft es befiehlt, ist es die verdammte Pflicht jedes Soldaten, sein Leben gegen den ausgemachten Feind aufs Spiel zu setzen und für den Kriegszweck zu töten. Fragen zum Sinn der Veranstaltung sind verboten. Dabei hat sich die Bundeswehr tatsächlich „professionell“ verhalten: Einige starben, einige mehr wurden verwundet; und sie töteten auch, nicht nur gegnerische Kämpfer. Zwischendurch gaben sie ihr Know-how an die afghanischen Kollegen weiter und griffen zu Hammer und Schraubenzieher. So leisteten sie den „wichtigen Dienst“, dass auf Deutschland grundsätzlich Verlass ist – wohlgemerkt aus Sicht der NATO-Partner, nicht der Afghanen. (…) Wer [als Afghane] seinen Lebensunterhalt auf halbwegs solider Basis sichern wollte, musste entweder im Drogengeschäft sein oder sich mit den vom Westen installierten Amtsträgern gut stellen beziehungsweise noch besser selber einer sein – Einfallstor für florierende Korruption. Der größere Rest des Volkes verblieb in bitterer Armut – und hatte keinen positiven Grund, auf die vom Westen ausgehaltenen Machthaber in der Hauptstadt zu setzen, geschweige sie gegen die Talilban zu verteidigen. Die Deutschen hielten sich dessen ungeachtet von Anfang bis Ende an zugute, „zivile“ Aufgaben zu erfüllen, den Einsatz nicht nur aufs Militärische zu konzentrieren. So machte man aus der Schwäche eine Stärke, distanzierte sich en passant von den Amerikanern, die, so der Vorwurf, an den nötigen Aufbau „demokratischer Strukturen“ keine Minute dächten.“ (…)
[Teil 3: ‚Wie lautet die Bilanz der Bundeswehr-Mission‘ – folgt noch] https://www.heise.de/tp/features/Was-hat-die-Bundeswehr-in-Afghanistan-bewirkt-6179449.html
Der dritte Teil der Serie bei Heise/TP von Björn Hendrig:
https://www.heise.de/tp/features /Wie-lautet-die-Bilanz-der- Bundeswehr-Mission-in- Afghanistan-6179453.html
Ich finde das an dieser Stelle ein wenig überinterpretiert, wenn man den Zusammenhang nimmt.
Den eigenen R ü c k z u g sichern zu wollen, aber nicht zu können, ist nicht gerade der Anspruch, eine bestimmende Weltmacht sein zu wollen. Das ist erstmal nur der Anspruch als Europäer ohne die USA militärisch handlungsfähig zu sein. Deutschland oder Europa spielt in dieser Angelegenheit ja noch nicht mal zweite Geige, sondern vielleicht Triangel. Gerade mal Teil des Orchesters, aber sonst nichts.
Also nicht, dass Deutschland gerne zweite Geige oder erste Geige spielen würde, aber um Weltmachtambitionen nachzuweisen, ist das Unvermögen den eigenen Rückzug zu sichern nicht tauglich.
Das spricht übrigens auch nicht für den Aufbruch in den Militarismus, sondern eher für Realismus beim Imperialismus, was nicht heißt dass er aufgegeben ist.
Ja und nein: Die Begrenztheit der militärischen Mittel müssen die Weltmachtphantasten um AKK und Maas natürlich gerade in den Niederlagen erkennen. Es stößt denen eben besonders bitter auf, wie wenig die BRD militärisch allein hinkriegen (und das merken selbst GB und Frankreich). Aber diese faktische Unfähigkeit, eben keine Weltmacht zu *sein* ändert bei denen doch kein Jota an ihren Weltmachambitionen. Daß allenthalben kleinere Brötchen gebacken werden müssen, das haben die ja nun schon jahrelang zähneknirschend hinnehmen müssen.
Richtig. Das ist notwendig bei imperialistischen Nationen so, dass ihre Ambitionen immer größer sind als ihre Mittel.
Vielleicht ist der Spruch von Merkel auch weniger eine Selbstkritik als eine Kritik an den Amis. Die sollten nicht immer gleich ein Demokratiebeglückungsprogramm zum Kriegsziel erklären, sondern etwas, das man auch hinkriegen kann. Also nicht etwas, das einen jahrelangen Dauereinsatz erfordert, dann trotzdem nicht erreicht wird und am Ende sogar einen demütigenden Rückzug nach sich zieht. Da leiden diese Politikerfiguren wirklich, wenn die Ehre ihrer Nation angekratzt wird.
Das ist auch ein Hinweis auf die Lage, dass der eigene militärische Imperialismus auf das Wohlwollen der USA bzw. das komplette (!) Eingebettetsein in deren Pläne angewiesen ist – was augenfällig auch darin wurde, wie schroff sogar die vom Musterknaben GB einberufene Konferenz scheiterte, die USA zu einem längeren Dableiben wg. Flughafenregelung auffordern zu wollen.
Das ist die herbstliche Kehrseite der frühlingshaften europäischen Genugtuung darüber, dass unter Biden die Europäer mit ihren Anliegen angeblich mehr Gehör in Washington finden würden als unter Trump.
Genau. Damit bin ich sehr einverstanden. Wenn man immer nur festhält, die Europäer sind keine Weltmacht, obwohl sie es gerne wären, verpasst man den Punkt, der sie an dieser Situation so sehr stört. Sie sind alleine ohne die USA gar nicht handlungsfähig. Und das heißt, dass sie zu einer selbstständigen Konkurrenz gar nicht in der Lage sind.
Ich verstehe den Einwand nicht:
1. Ja selbst die größeren Staaten in Europa sind jeweils schon mal keine Weltmacht und die Hoffnung, wenigstens zusammen addiert, integriert und vereinheitlicht müßte doch wenigstens eine Weltmacht Europa hinzukriegen sein, ist nichts geworden.
2. Ja, das stört alle europäischen größeren Staaten. Und natürlich ist das keine Frage des irgendwie fehlenden Willens (der offensichtlich als einheitlicher Wille eben auch fehlt), sondern ganz objektiv so. Die USA sind die einzige militärische Weltmacht des Westens und dann kommt lange nichts und dann eben mal ein Lager in Kunduz, eine Fregatte im chinesischen Meer und ein halbes Dutzend Hubschrauber in Mali, usw.
Und was hat man nun verpaßt, wenn man das alles aufzählt?
Gegen deinen Satz wollte ich nicht dagegen argumentieren: „Aber diese faktische Unfähigkeit, eben keine Weltmacht zu *sein* ändert bei denen doch kein Jota an ihren Weltmachtambitionen.“
Diser Wille, diese Ambition, ist notwendiges Resultat ihres ökonomischen Fortschreitens – und ob die BRD/EU z.B. gegenüüber China sich die Zerstörung ihrer eigenen ökonomischen Grundlagen mit China durch die USA wird ähnlich gefallen lassen, wie das beim Thema Iran passiert ist, ist schon allein wegen der Wucht der ökonomischen Beziehungen zu China mir so klar nicht. Und ob die Fregatte im chinesischen Meer nun eher eigenständige deutsche Drohung oder Mittun plus Beschwichtigung der Drohung gegenüber China ist oder sein soll – schaunmermal….
Vielleicht ist die Alternative: Krieg oder Handel mit China auch zu grobschlächtig. Um den Handel mit China besser zum Vorteil von BRD/EU gestalten zu können, muss man China Bedingungen möglichst aufherrschen können, bzw. gegen chinesische Bedingungen weltmachtmäßig dagegen halten können. Und das gehe ohne die oder in ziviler Absetzung von den USA?
Zum ökonomischen Kram noch ein Artikel von Stephan Kaufmann vom 30.11.2020: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1144712.freihandel-handel-als-waffe.html?sstr=Stephan%20Kaufmann
Selbst gegenüber so einem Staat wie Belarus und dem Sanktionsregime der EU gegenüber Belarus – ist China als wichtiger weltpolitischer Akteur längst mitbeteiligt:
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/an-der-neuen-seidenstrasse
China und der gesamte elektronische Grundlagen-Markt mit all seinen Verästelungen ist angesichts der europäischen digitalen Zurückgebliebenheit nicht nur an dieser aparten Stelle Geschäftspartner und Konkurrent – plus Regelsetzer …
https://www.euractiv.de/section/finanzen-und-wirtschaft/news/ueber-nacht-verbietet-china-einer-ganzen-branche-das-geld-verdienen/
… sondern ja auch beim anderen Thema, der Festlegung möglichst der ganzen Welt auf europäisches Umwelt-Geschäftswesen (sogenannte „Klimapolitik“)…
https://www.heise.de/tp/features/Von-der-German-Energiewende-4892975.html?seite=all
(Nebenbei – wie das sogenannte „Klimathema“ im Wahlkampf verwurstet wird: https://sozialistische-gruppe.de/klimawandel-das-sachthema-im-wahlkampf/#more-242
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/kandidatenkuer-gruenen )
Dass eine europäische eigenständige Militärpolitik „näher rückt“ – wird übrigens als Mantra auch seit Jahrzehnten, spätestens seit den Jugoslawien-Kriegen, immer mal wieder behauptet …
https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/nach-afghanistan-debakel-rueckt-zustimmung-fuer-eu-militaerkoalitionen-naeher/
Mir natürlich auch nicht. Das ist das große Dilemma der deutschen Außenpolitik: Sie „muß“ den Kurs der USA-Weltordnungsmacht unterstützen, denn auf sich allein gestellt und erst Recht in Konfrontation mit den USA stände sie ja sehr schwach bis aussichtslos da und Verbündete, die diese Schwäche ausgleichen könnten, hat sie nicht, die „europäische eigenständige Militärpolitik“ gibt es halt nur bei den Ischingers dieser Politikwelt.
Aber das „kostet“ halt was: der politisch/militärische Hauptgegner der USA, die VR China, ist die einzige Hoffnung der BRD auf wirtschaftliches Wachstum und Gewinne. Das droht natürlich massiv Schaden zu nehmen, wenn die USA gegen China die Daumenschrauben weiter anziehen. Aber ohne den Druck der USA kann die EU, vor allem die BRD natürlich erst recht nicht erwarten, selber die VR China unter Druck setzen zu können. Das wird noch richtig Streitereien in der deutschen Außenpolitik geben, denn ein Königsweg für den deutschen Erfolg ist da wirklich nicht ersichtlich.
Zur Entwicklung der chinesischen Chipindustrie und was das für Europa bedeutet:
https://www.golem.de/news/chipindustrie-chinas-tech-brigaden-auf-dem-vormarsch-2109-159227-rss.html
Na ja. Wie sich an dem Abzug aus Kabul herausgestellt hat, steht die BRD auch mit den USA als Verbündetem sehr schwach da. Das ist so ein Punkt, wo sie auf ihre Schwäche gestoßen wird. Und solche Momente, wo die eigene Schwäche vorgeführt wird, häufen sich ja immer mehr.
Da stellt sich natürlich die Frage, ob die BRD und Europa eine selbstständige militärische Potenz unabhängig von den USA entwickeln muss. Da kann man Abwinken und sagen: Alles nur leere Worte, ist bisher auch nichts draus geworden. Es kann sich aber irgendwann doch als Notwendigkeit erweisen und sei es nur, um nicht zwischen China und den USA zerrieben zu werden.
Nein, diese Frage stellt „sich“ nicht, sondern die stellen die diversen imperialistischen Strategen und ihre Mediensprachrohre doch rund um die Uhr. „Muß“ da nicht ganz viel militärische Schlagkraft her, fragen die bekanntlich schon lange. Du tust das einfach ab, wenn ich darauf hinweise, daß es wohl ganz handfeste Gründe bei den beteiligten Staaten gibt, so ein „Muß“ immer wieder durchzustreichen. Offensichtlich sehen die im Augenblick, wie schon die letzten Jahre, ganz andere Sachen als für sie „notwendig“ an. Und noch nicht mal alle die selben Projekte.
Oben schreibst du noch, dass es Streitereien in der Außenpolitik gibt, und nicht nur dort, jetzt meinst du gibt es Gründe den alten Weg des Andienens an die USA weiterzuführen.
Was denn nun? Entweder es wird sich gestritten oder nicht. Wenn sich aber gestritten wird, dann kann es auch mal anders ausgehen und ob es anders ausgeht, das hängt davon ab, was Deutschland mehr nutzt, bzw. weniger schadet. Von den Amis als imperialistische Nation blamiert zu werden, die allein nichts gebacken kriegt ist jedenfalls kein Nutzen.
Suitbert Cechura: Nach Afghanistan: Sicherheit Deutschlands wird fortan weltweit verteidigt
Nur noch richtige Kriege mit klaren Zielen auf Basis nationaler Interessen – statt Humanitätsgedusel im Schlepptau der Supermacht.
Die letzten Menschen waren noch nicht aus Kabul ausgeflogen, da ergingen sich hierzulande schon Politiker wie Journalisten in der Frage, welche Konsequenzen aus dem Afghanistan-Krieg zu ziehen seien. Zwar wurden überwiegend Schuldfragen gewälzt und viele, die über Jahre den zivilen Charakter dieses Krieges – unsere legendäre Friedensmission in Sachen Brunnenbohren und Schulaufsicht – betont hatten, traten plötzlich als Kritiker eines „sinnlosen“, zwar „gut gemeinten“, aber auf „Fehleinschätzungen“ basierenden Krieges auf. (…) Selbst der letzte Kriegseinsatz zur Evakuierung verzweifelter Menschen, die durch die 20-jährige Besatzung auf die eine oder andere Weise in Not geraten sind, wird noch als humanitärer Akt gefeiert.
Bei all dem Getöse über unser militärisches „Debakel“, den „heldenhaften Einsatz deutscher Soldaten und Soldatinnen“ und so fort sollte man aber auch einmal einen Blick auf die Konsequenzen werfen, die bis dato gezogen und teilweise mit erstaunlichem Klartext vorgetragen werden.
„2015 darf sich nicht wiederholen“
Nicht mehr „von einem einzigen Partner abhängig“
Afghanistan nicht China und Russland überlassen
Im nächsten Krieg: entscheidende deutsche Rolle!
Eine Abrechnung mit den Lügen über den Krieg in Afghanistan – der über lange Jahre hinweg als Friedenseinsatz zum Brunnenbohren und Sicherung des Schulbesuchs von Mädchen verkauft wurde – will die Verteidigungsministerin damit nicht auf den Weg bringen, sie lobt den Einsatz in ihrer Aussage ungerührt als gelungene Leistung.
Mit neuer Ehrlichkeit ist wohl gemeint, dass es die einschlägigen Schönfärbereien in Zukunft nicht mehr geben muss. Birgt das Humanitätsgedusel doch die Gefahr, an Maßstäben gemessen zu werden, die einem solchen Kriegseinsatz gar nicht zu Grunde liegen. Kriegsziele müssen eben so formuliert werden, dass der Erfolg des Einsatzes realistisch bzw. realisierbar ist und sich die deutschen Interessen klar vermitteln lassen.
Damit soll die Bevölkerung auf künftige Opfer – sowohl an Menschen wie im Materiellen – eingeschworen werden. Die Freiheit fordert eben Verzicht und Blutzoll! (zit. xl/Contradictio)
https://www.heise.de/tp/features/Nach-Afghanistan-Sicherheit-Deutschlands-wird-fortan-weltweit-verteidigt-6185620.html?seite=all
Ja, sowas kann man dieser Tage wieder viel lesen:
Das Problem dabei ist, daß eine eigenständige, wohlmöglich weltweit unabhängig von den USA einsetzbare Bundeswehr erstens nicht umsonst zu haben ist und auch nicht mal so eben hingestellt werden kann wie ein Notzelt bei einer Überschwemmung. Von einer ähnlich aufgestellten europäischen Streitmacht will ich erst gar nicht anfangen.
Und dann handelt sich Deutschland (und/oder Europa) natürlich früher oder später mächtig Ärger mit den USA ein, denn deren Credo ist es doch, daß ausschließlich sie entscheiden, was die Weltordnung stört und ausschließlich sie die Militärmacht haben dürfen, die das dann wieder gerade rückt. Denn es geht für Deutschland (und/oder Europa) ja nicht darum,, nur militärisch etwas stärker als bisher, wo es eben nur höchstens zu ein paar Schiffen vor Somalia oder einen nicht gerade gewaltigen Stützpunkt in Afghanistan gereicht hat (nicht mal den Krieg gegen Libyen haben GB und Frankreich allein gewinnen können, da brauchte es wieder mal die USA – wie in Jugoslawien auch schon), ins Feld zu ziehen, sondern unabhängig und das heißt tendenziell auch gegen die Interessen der USA.
Ärger mit den USA hängt davon, ob sich die BRD gegen die Interessen der USA stellt. Ich sags mal so. Das Hauptziel der USA ist die Einhegung von China im pazifischen Raum. Wenn die Europäer auf der anderen Seite des asiatischen Kontinents arbeitsteilig die Einhegung von Russland übernehmen würden, dann hätte die USA dagegen vielleicht nichts einzuwenden, wenn dadurch die pazifische Front gestärkt werden kann. Ich will sagen, eigenständige militärische Potenz muss nicht zwangsläufig die Gegnerschaft zu den USA bedeuten. Das will ja auch niemand.
Wenn sich die BRD *nicht* gegen die Interessen der USA stellen wollen, dann müssen sie natürlich alles einstecken, was ihnen ein Semikriegskurs gegen die VR China (und oder Rußland) einbrocken würde. Und das könnte natürlich ins Geld gehen. Mit „eigenständig“ meinen doch dessen Befürworter nicht, daß die BRD oder überhaupt die europäischen „Partner“ der USA von denen die Rolle des Lückenbüßers zugewiesen bekommen. Eigenständig meint doch letztlich potentiell in der Tat auch gegen Interessen der USA agieren zu können, ohne daß die USA dabei zu Hilfe kommen würden (wie auch).
Offener Brief etlicher prominenter Linker gegen die deutsche Fregattenpolitik gegenüber China
https://www.heise.de/tp/features/Anknuepfung-an-unselige-Traditionen-deutscher-Kolonialpolitik-6187198.html
„Ziel der Reise soll angeblich die „Stärkung des Völkerrechts“ und der Schutz „freier Handelswege“ sein, in Wirklichkeit aber geht es um eine militärische Machtdemonstration gegenüber China in Anknüpfung an die unseligen Traditionen deutscher Kolonialpolitik.“ (aus diesem Offenen Brief)
Für Kriegseinsätze oder -Manöver, die der Stärkung des Völkerrechtes dienen würden, wären solche Linke durchaus schon zu haben – „Völkerrechtsgemäß“ ist nämlich das ideologische Mantra dieser regierungsgeilen Partei, mit dem die ihre Militärpolitik notdürftig von ihren sonstigen Mitbewerbern zu unterscheiden sucht. (Dazu passt auch der verharmlosende Hinweis auf allerlei Historisches, das angeblich hier Pate gewesen sein soll.) Der Brief endet daher mit der Bitte, dass das Parlament von Mauritius die deutsche Bundesregierung um eine Absage des Besuchs der Chagos-Inseln bitten möge.
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Die Grünen haben vermutlich an der „Fregattenentsendung“ sowieso gar nchts auszusetzen (vermutlich außer dass sie nicht machtvoll genug ausfalle). Obendrein empfehlen sie sich als Partei mit wuchtigen Geschossen von Wirtschaftssanktionen:
„Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock will im Falle einer Regierungsbeteiligung die deutsche und europäische Handelspolitik gegenüber China verschärfen und dafür auch höhere Zölle erheben.“
https://www.euractiv.de/section/bundestagswahl-2017/news/baerbock-will-im-handel-mit-china-anti-dumping-zoelle/
Anmerkungen zur Historie des selbstgerechten Ethos der deutschen Militärmacht (aus einem Aufsatz über die dt./israelischen Sonderbeziehungen, Vorabveröffentlichung aus dem neuen GSP)
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/krieg-kriegsmoral-kriegsoeffentlichkeit#fnref3
Dein „nicht gegen die USA“ wäre aber ein ziemlich anspruchsvolles „gegen“ von Seiten der USA. Das wäre ein „wer nicht für uns, ist gegen uns“. Wer etwas anders macht, wer andere Interessen hat, ist gegen uns. Andere Interessen als die USA haben aber alle anderen Staaten. Wenn das so prinzipiell wäre, dann könnten die USA keine Bündnisse eingehen. Dass andere Staaten andere Interessen haben, das dürfte den Amis aber geläufig sein, schließlich ist es ihre Weltordnung und sie haben sie eingerichtet und sind bis jetzt auch gut damit gefahren. Daher halte ich es durchaus für denkbar, dass die USA ein anderes Verhältnis der Eurostaaten gegen China zulässt, wenn sie dafür etwas bekommen. Dass diese nämlich die europäische Flanke schützen.
Man kann schlecht erwarten, dass die europäischen Staaten in ihrer Weltordnung zugewiesene Ordnungsaufgaben übernehmen, wenn sie ihnen jeden wirtschaftlichen Erfolg verunmöglicht.
„Letzendlich potentiell“. Politische Entscheidungen werden aber oft pragmatisch getroffen und was sie letztendlich potentiell sind, ist dafür nur ausschlaggebend, wenn die Feindschaft wie im Fall Russlands schon feststeht. Im Moment ist die BRD ja noch nicht mal ein Lückenbüßer. Lückenbüßer zu sein, wäre also schon ein Fortschritt.
Mit „eigenständig“ meinen die Vertreter dieser Linie erstmal nur „eigenständig“ ohne schielen auf einen konkrete Politik. Die halten es einfach für unerträglich nicht souverän entscheiden zu können nicht alle Handlungsmöglichkeiten zu haben. Das ist erstmal nicht gegen die USA gerichtet. Den USA dürfte es nämlich wurst sein, ob die Europäer beschließen den Flughafen noch 3 Monate länger für einen Rückzug offen zu halten.
Das ist kein Aufruf für eine Palastrevolution gegen USA innerhalb des Bündnisses. Es ist die Behebung eines bemerkten Mangels ihrer eigenen Souveränität. Und was es potentiell ist, ist da erstmal zweitrangig.
Theo Wentzke (GSP) in der Jungen Welt:
Joseph Biden führt neue Sitten auf dem Gebiet der Völkerverständigung ein: Erst tituliert er den Chef der russischen Föderation als »Killer«, was vor dem Hintergrund der Feindbildorgien der Öffentlichkeit zwar nicht weiter aus dem Rahmen zu fallen scheint, im Umgang unter Staatschefs, die sich gerade nicht im Krieg befinden, allerdings doch etwas ungewöhnlich ist. Dann unterbreitet der US-amerikanische Präsident seinem russischen Kollegen den Vorschlag eines Gipfeltreffens, aber nicht ohne unmittelbar nach dem Unterbreiten dieses Angebots für das rechte Verständnis zu sorgen, indem er eine Serie von Sanktionen der härteren Art gegen Russland in Kraft setzt und weitere in Aussicht stellt.
Dieser Auftritt will verstanden sein als Reparatur der Fehler, die Bidens Vorgänger im Umgang mit Russland gemacht haben soll. Die Manier lebt von der Legende, mit der die Demokraten während Trumps Präsidentschaft ihre Konkurrenz wesentlich bestritten haben, derselbe sei ein Produkt russischer Wahlmanipulationen und daher in russischen Diensten, einer Legende, die bis heute am Leben gehalten wird, auch wenn den politischen Beobachtern durchaus bekannt ist, dass sich auf dem Gebiet dem Vorgänger eine Abweichung von der US-amerikanischen Staatsräson ernstlich nicht nachsagen lässt. Entgegen der Bidenschen Inszenierung besteht eine ziemlich bruchlose Kontinuität in der Radikalisierung der Russland-Politik, die unter Trump erreicht worden ist. Die neue Administration knüpft nahtlos an die unter dem Vorgänger seriell beschlossenen Repressalien gegen die Russische Föderation an…. (Forts.)
https://www.jungewelt.de/artikel/411683.neuer-kalter-krieg-den-respekt-verweigert.html?sstr=Theo%7CWentzke
Danke für den Link. Das ist ein sehr guter Artikel, bei dem mir auch aufgegangen ist, warum die USA so unbedingt gegen Nordstream 2 sind. Die offizielle Begründung der USA lautet ja, mit Nordstream begibt sich Europa in Abhängigkeit von Russland auf dem Energiesektor. Klar hätte es die USA lieber, wenn Europa von amerikanischem Gas abhängig wäre, was für Europa dann aber keinen großen Unterschied machen würde. Das ist quasi eine Heuchelei, die sagen soll es ist nicht in e u r e m Interesse sich in Abhängigkeit von Russland zu begeben. Die USA „sorgt“ sich aber nicht um seine Verbündeten, sondern will sein Interesse durchsetzen.
Der Hauptgrund warum die USA Nordstream2 verhindern will, besteht wohl darin, Russland von einer Einnahmequelle abzuschneiden. „Mit dem Angriff auf die Benutzung des Weltfinanzmarkts findet ein Angriff auf das Wachstumsmittel schlechthin statt, von dem Russland abgeschnitten werden soll, während seine anderen Mittel zur Geldbeschaffung auf dem Weltmarkt schon länger von den Vereinigten Staaten attackiert werden: Die Rüstungsexporte sind schon sanktioniert – siehe die aktuellen Streitigkeiten der USA mit russischen Großkunden wie der Türkei und Indien, denen Washington die Anschaffung relevanter Rüstungskomponenten aus russischer Produktion verbieten wollen; die russischen Energieexporte werden bekämpft – siehe Nord Stream 2 – sowie jetzt auch das Weltmarktgeschäft der sechs bedeutendsten IT-Firmen.“
Protokoll zum Jour Fixe vom 11.10.2021 – Der Abzug „des Westens“ aus Afghanistan
Was wollten die USA dort, warum ziehen sie jetzt ab und was ist damit alles in der Welt? Wie sind die westlichen Verbündeten davon betroffen und wie beziehen sie sich darauf? (Vorliegendes Material: SPIEGEL-Interview mit Maas, Nr. 34/21.08.2021; Rede von Biden am 17.08.2021; sowie GS 1-02 und 2-12) …
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf211011-Abzug-Afghanistan.pdf
Protokoll des Jourfixe vom 22.11.2021 über das aktuelle Verhältnis des Westens zu Russland
1. Ukraine, 2. Gipfeltreffen zwischen Biden und Putin (GS 3-21)
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf211122-Ukraine-Gipfeltreffen.pdf
https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle
vgl.: https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/zeitschrift/gegenstandpunkt-3-21
Altes Protokoll von Januar 2020, zum Ende der Präsidentschaft Trumps, über den damaligen Stand des Verhältnisses zu Russland
https://wissenundkritik.de/wp-content/uploads/2021/04/Die-Vorantreibung-der-Entmachtung-Russlands-durch-die-USA-13.1.20.pdf
Das alte Protokoll gibt die Kalkulationen der USA wieder d.h. das, was sie mit ihrer Aufrüstung bezwecken. Ob sie damit Erfolg haben, steht auf einem anderen Blatt. Ich halte das eher für ein vom Standpunkt des amerikanischen Friedens unausweichliches, aber letztinstanzlich nicht durchführbares Programm. Das sieht man gerade daran, dass es scheinbar mit relativ zu den USA wenigen Mitteln möglich ist diese Kalkulationen fortgesetzt zu durchkreuzen. Im Fall Chinas hat sogar etwas stattgefunden, dass die hiesigen Medien als „Aufholen“ konstatieren.
edit: Inzwischen ist es vor allem im Fall China so, dass eigene imperialistische Ansprüche formuliert werden.
editII: Mal anders gefragt: Wer sagt denn, dass der defensive Part in diesem Gegensatz die gleichen Mittel benötigt wie der Offensive? Es ist doch eher ein Versuch der USA das strategische Gleichgewicht zu durchbrechen und nicht der stattgefundene Durchbruch. Und diesen Anspruch, den formulieren Trump wie auch Biden. Das ist die Art, wie dieser Versuch sich politisch außert.
editIII: Vielleicht erinnert man sich mal an Dinge wie das Perimeter-System. Das eröffnet den USA die Kalkulation, dass sie zwar einen Enthauptungsschlag (mit Mittel- und Kurzzstreckenwaffen) führen können, aber selbst im Fall des Erfolgs alle russischen Raketensilos geleert werden. Das ist im Prinzip ein Roboter, der überhaupt nicht so viel kostet, wie die Entwicklung von neuen Zündeinrichtungen für Raketen etc… Eine Kritik, die ich deshalb am Protokoll hätte, wäre dementsprechend, dass ihm die Idee der Symmetrie der Aufwendungen zugrunde liegt, die es zur Verteidigung braucht. Woher nehmen die Autoren die Gewissheit? Die USA haben diese Gewissheit auch – aber nur, weil das die einzige Möglichkeit ist die strategischen Rivalen Russland und China klein zu bekommen.
editIV: Um die Kritik mal in einem Gleichnis zu verpacken: die Aufwendungen ein Haus zu bauen stehen in nicht in einem symmetrischen Verhältnis zu denen es wieder abzureißen bzw. es einfach unbewohnbar zu machen. Das sind zwar nicht völlig, aber weitgehend disparate Aufwendungen.
Wer immer dieses Jour fixe 2020 verfasst hat, lebte offenbar damals bereits in einem Elfenbeiturm fernab jeder Realität, anders sind jedenfalls Behauptungen wie „ Da haben Trumps Vorgänger ihm in 70 Jahren einiges hingestellt, mit dem er jetzt auftrumpfen kann. In dem, was für ein Militär Trump jetzt kommandiert, ist so etwas wie ein Stück Vollendung der amerikanischen Räson zu konstatieren“ nicht zu erklären.
Außerhalb solcher Studierstuben ohne Fenster zur Wirklichkeit war jedem politisch Interessierten, gleich welcher Facon, auch ohne akademische Deutungshilfen anhand etlicher tatsächlicher Ereignisse ziemlich schnell ersichtlich, das Trumps Amtszeit eine des wenig geordneten Rückzugs war, in dem ein Weltmachtsanspruch nach dem anderen aufgegeben werden musste. Dass die Niederlage der angeblichen Weltmacht in Afghanistan in die Amtszeit seines Nachfolgers fiel, ändert an der Sache nichts.
Höflicher als in Lawrows gestriger Absage an US + UK + EU lässt sich die veränderte Konstellation kaum umschreiben. Ob derlei in „wissenschaftlichen Diskursen“ zu Kenntnis genommen wird, ist eine ganz andere Sache.
Damit, dass sich der Westen weltweit auf dem Rückzug befindet, wäre ich vorsichtig. Es findet gerade nur eine strategische Neuausrichtung Richtung China und Russland statt und dafür ist Afghanistan ein Nebenkriegsschauplatz der zu bereinigen ist. Und auch Lawrows Absage an den Westen, wäre fehlgedeutet, wenn man daraus schließen würde, dass der Westen an weltpolitischer Bedeutung verloren hat. Lawrow bzw. Russland sieht sich vom Westen bedroht und umzingelt, was es auch ist. Lawrow nimmt die an Russland herangetragenen Feindschaftserklärungen des Westens zur Kenntnis und sagt dass er damit nicht einverstanden ist, sich also in diese Weltordnung nicht einzureihen gedenkt. Was bleibt ihm auch anders übrig als die Differenzen zum Westen zu konstatieren.
Ein Sieg wäre auch eine „Bereinigung“ gewesen. Das war aber den USA den Aufwand nicht wert d.h. ihre Kräfte haben in diesem Fall nicht ausgereicht global die an jedem Schauplatz unangefochtene Supermacht zu sein. Und dieser Zweck hat in Afghanistan eine Niederlage erlitten, was man an der Art der Bereinigung dieses Nebenkriegsschauplatzes sieht.
edit: Insofern hat Samson schon recht: Der Zweck der USA befindet sich mit dem Aufkommen von Konkurrenten auf dem Rückzug. Und das hat zur Neuausrichtung ihrer Macht geführt. Sie versuchen eine missliche Lage, die durch das imperialistische Erwachen von Russland und China entstanden ist zu meistern. (durch Eskalation vor China, Aufmarsch der NATO vor den russischen Grenzen, verstärkte Rüstungsanstrengungen und Kündigung von Rüstungskontrollabkommen)
edit: Und diese missliche Lage macht sich auch am Dollar bemerkbar, an den Anstrengungen anderer Staaten eigene Zahlungssysteme zu entwickeln etc.. Ihre Fähigkeit Dollar zu exportieren steht damit in Frage.
editII: Und der Demokratiegipfel, der fordert die Staatenwelt auf sich hinter den USA in diesem Gegensatz einzureihen.
Den Hauptzweck haben die USA und die Nato auf jeden Fall in Afghanistan erreicht, die Verhinderung, dass in einem souveränen Staat ausgemachte Feinde der USA Unterschlupf finden und sich dort ausbreiten können. Den Zweck, dort eine gefügige, an westlichen Maßstäben orientierte, Demokratie aufzubauen, haben sie allerdings verfehlt. Unter beiden Prämissen ist dort m.E. noch gar nichts bereinigt, sondern alles offen, sobald sich wieder eine Lage herausbilden sollte, welche die USA in militärstrategischer Hinsicht schwächen könnte. Und allgemein: Der Westen bzw. die USA befinden sich nicht auf dem Rückzug, aber ihre politische und militärische Dominanz ist insbesondere durch die (wachsende) Stärke der im RCEP-Abkommen zusammengeschlossenen Staaten bedroht, und wer sich bedroht fühlt, wehrt sich mit allen Mitteln – das ist das Gefährliche an der ganzen Sache.
Niederlagen stellt man nicht fest, indem man sich in die Pose eines Schiedsrichters wirft, wie du, sondern indem man das Erreichte an den Zwecken der Beiteiligten misst. Und da ist Afghanistan eine klare Niederlage für die USA. Sie sind mit Ansprüchen angetreten und genau damit auch gescheitert. Übrigens auch mit dem Anspruch, den sie versucht haben mit dem Irak Krieg durchzukämpfen. Sie haben keine Welt gefügiger, konzessionierter Souveräne schaffen können.
Und so bescheiden wie im Vietnamkrieg, dass Afghanistan nur kein Staatswesen werden sollte, das zum Gegner tendiert, sind sie ja bekanntlich nicht angetreten.
edit: Vielleicht würde dir ja helfen die öffentliche Reaktion zu Kenntnis zu nehmen. Außer ricardo und ein paar Linken ist das ziemlich einhellig als Niederlage aufgefasst worden. Sollten die USA da etwa einen Sieg errungen haben, von dem sie nichts wissen wollen?!
Natürlich gehört zur Niederlage dann auch der Gedanke, dass es das noch nicht gewesen ist (das war schon im Deutschen Reich so). Vorerst war es das aber schon!
In welchem Zustand wähnt denn jemand seinen Zweck unbeschränkter Geltung seiner Macht, wenn ihm Schranken aufgezeigt werden? Wie würdest du denn den „Ausflug“ der NATo Streitkräfte aus Afghanistan nennen. Sie selbst meinen, das wäre ein Rückzug.
Obiges meint nicht, dass der Westen die Initiative verloren hat, aber es hat ein paar Gefechte gegeben, in denen er Niederlagen erlitten hat.
„Ein Sieg wäre auch eine „Bereinigung“ gewesen.“ „Gesiegt“ im Sinne von militärisch die Oberhand gewonnen, haben sie ja, bloß befriedet wurde Afghanistan deshalb nicht. Was ihre ständige Präsenz erforderlich machte und die wollten sie sich angesichts wichtigerer Ziele und gewichtigerer Feinde nicht mehr leisten.
„d.h. ihre Kräfte haben in diesem Fall nicht ausgereicht global die an jedem Schauplatz unangefochtene Supermacht zu sein.“ Überall unangefochtene Supermacht zu sein, ist ja sowieso nur ein Ideal. Man erkennt das daran, das sobald gefochten wird die Supermacht natürlich nicht mehr unangefochten ist. Also wäre von diesem Standpunkt aus per se jeder Krieg, den die USA führt eine Relativierung dieses Ideals, folglich eine Niederlage. So prinzipiell wird das selbst die USA nicht sehen wollen. Man kann natürlich immer ein dermaßen anspruchsvolles Ziel definieren, dass man die USA ständig daran scheitern lassen kann und ihr dadurch eine Niederlage bescheinigen.
Ansprüche sind aber immer auch ein Resultat der Weltlage. In der Situation nach dem kalten Krieg, wo es keinen ernst zu nehmenden Herausforderer mehr gab, wurde einzelne oder einzelne Gruppen, nicht Staaten zu Störenfrieden des amerikanischen Weltfriedens gemacht. Mit dem Auftauchen ernst zu nehmender imperialistischer Konkurrenten mit Russland und China, hat sich auch die Lage geändert. Die Supermacht merkt, dass gegen solche Brocken die Mittel nicht aus der Tasche geschüttelt werden können und deswegen ist eine Neubewertung des bisherigen kriegerischen Engagements angesagt. Die Lage hat sich nicht geändert, weil die USA Niederlagen verkraften muss. Sie hat sich geändert, weil die Gegner andere geworden sind.
„Außer ricardo und ein paar Linken ist das ziemlich einhellig als Niederlage aufgefasst worden.“ Na klar von Nationalisten halt. Das kann doch aber nicht ernsthaft verwundern. Natürlich ist das ein Schlag für nationale Gemüt, wenn nicht Ruhm und Ehre, sondern schmählicher Rückzug angesagt ist. Da beginnt so mancher Soldat an seiner Berufung zu zweifeln.
Das sehen die USA aber nicht als Ideal, sondern haben das als Zweck. Und von einem erreichten Zustand bzw. einem Zustand, denn man einmal erreicht zu haben glaubte ist der nicht klein zu bekommende Widerstand, der einen veranlasst sich zurückzuziehen eine Niederlage. „Militärische Oberhand“ ist auch ein äußerlicher Maßstab. All ihre Gerätschaften haben nicht dazu geführt ihre Ziele in und mit Afghanistan zu erreichen. Und sowas (ich wiederhole mich) ist eine Niederlage. Und wer sollte die sonst konstatieren, außer Nationalisten d.h. diejenigen, die den Zweck haben sich dort durchzusetzen?! Krim, ricardo, Karl Marx, der Gegenstandpunkt oder sonstige Schiedsrichter der internationalen Lage?
Das sind wieder krimsche Halluzinationen. Niemand hat behauptet, dass es die Niederlagen sind, die zu einer Neuausrichtung führen. Aber, dass das Auftauchen solcher Gegner zwingend das Gleiche ist, wie der Rückzug eigener Ansprüche, wenn die darin bestehen die Welt zu kontrollieren, das ist behauptet worden (in dem Sinn eben, dass sie nicht mehr unumschränkte Geltung beanspruchen können). Darin ist der Westen auf dem Rückzug! Und dass sie ein paar Niederlagen zu verkraften hatten auch (Syrien, Irak, Afghanistan etc..)
Siege bedeuten gemeinhin, daß der Gegner seine kriegerischen Aktivitäten einstellt. Das ist aber auch nach Erringung der in der Tat erreichten Vorherrschaft der USA, vor allem durch deren 100%ige Lufthoheit, gerade nicht erreicht worden. Weder haben die Taliban klein beigegeben noch haben die USA eine lokale Armee hingekriegt, die den Krieg gegen die Taliban hätte alleine selber weiter führen können.
Die Truppen, die die USA (und ihre NATO-Verbündeten) in Afghanistan abgezogen haben, sind noch gar nicht in den „wichtigeren“ Krieg in der Ukraine gegen Rußland oder nach Taiwan umverlegt worden für einen Krieg gegen die VR China. Gerade im Krieg gegen China wären sicherlich auch ganz andere Kaliber nötig als gegen die Taliban. Ein Meer gab es da z.B. nicht.
Saddam Hussein war aber kein „Einzelner“ sondern befehligte eine der am stärksten eingeschätzten Armeen der Region. Den Kampf hat übrigens nicht der Irak angefangen, sondern die USA wollten sich seine Politik nicht mehr bieten lassen.
Das ist doch absurd. Wer sich so ein Ideal als Zweck setzt, der k a n n nur verlieren. Kaum ausgesprochen schon verloren. Unangefochten war selbst die USA nie – schon wieder verloren. Jetzt kann man an jeder Ecke und jedem Ende festhalten, dass die USA ständig verlieren und ständig auf dem Rückzug sind, ständig auf die Schnauze kriegen. Aber merkwürdigerweise bestimmt die USA trotz all dieser Niederlagen immer noch die Weltordnung. Seltsam. Oder man kann die Sache nicht parteilich, nicht nationalistisch betrachten. Also wenn man hier dem Urteil von Nationalisten folgt, dann macht man in der Tat einen Fehler, wie eigentlich immer, wenn man das tut. Und da würde ich mir, ricardo, Karl Marx und dem Gegenstandpunkt wirklich eine objektivere Beurteilung zutrauen.
Es ist doch gar kein Rückzug eigener Ansprüche, sondern nur die Anpassung des Anspruchs auf den neuen Gegner. Also um den amerikanischen Anspruch auf Weltherrschaft, bzw. Bestimmung der Weltordnung aufrechtzuerhalten, ist eben in Bezug auf das Engagement in Afghanistan ein Rückzug notwendig. Also nicht weil sich der prinzipielle Anspruch geändert hat, sondern weil er gleich geblieben ist, muss die Lage neu beurteilt werden und führt in Afghanistan zum Rückzug.
Nein, das ist Frieden. Sieg bedeutet, dass man mit militärischer Gewalt, die militärischen Mittel des Gegners außer Gefecht setzen konnte, diese bezwingen konnte. Was offenbar nicht gelungen ist, ist den gegnerischen Willen zu brechen. Insofern war Afghanistan in einem fortgesetzten Kriegszustand, indem zwar die USA die Oberhand hatte aber den gegnerischen Willen nicht brechen konnte. Und als die USA sich gegen diesen Krieg entschieden hat, konnten die Taliban eben das Land übernehmen. Die Taliban hat nämlich auch nicht gesiegt, also die USA zur Aufgabe gezwungen.
Mein Argument lautete auch nicht, dass die USA die Truppen anderswo braucht. Ich sagte die Mittel werden in Afghanistan an der „falschen“ Stelle verzehrt.
Ich meinte den „Krieg gegen den Terror“. Aber du hast recht, Saddam Hussein war der Staatschef des Irak. Und der Irak war deshalb ein Schurkenstaat, weil er sich der amerikanischen Weltordnung widersetzte, indem er in Kuweit einmarschierte. Also irgendwie hat der Irak den Kampf schon angefangen, bloß halt nicht gegen die USA, sondern ihren Schützling.
Lawrow ist eben nicht nur Diplomat, sondern ein höflicher Mensch und formuliert es so, dass sich jeder seinen Reim drauf machen kann. Praktisch ist die Sache bissl anders aus. Gerassimov (der ranghöchste russische Militär) sagte letztens irgendwo, es könne passieren, dass das nächste britische Boot versenkt wird, wenn es sich im Schwarzen Meer zu weit vor wagt.
Anders ausgedrückt, die Waffen, mit denen USANATOEU „auftrumpfen“ könnten, wie es der GSP sich zusammenfantasiert, existieren nicht einmal in Plänen, während die Russen längst (und mehrfach) deutlich gemacht haben, dass innerhalb von paar Stunden sämtliche Kommandozentralen und strategischen Einrichtungen von USANATOEU pulverisiert werden, falls irgendwer auf „dumme Gedanken“ kommen sollte. Das ist die veränderte Konstellation, das Pentagon und Langley wissen das, ob daraus im State Department die entsprechenden Schlüsse gezogen werden, ist halt die große Frage.
Die USANATOEU kann Bomberflotten von Flugzeugträgern oder Miltärbasen starten, aber funktionierende Luftverteidigung damit nicht überwinden. Das beste Beispiel in letzter Zeit war Venezuela, als der Westen Guaidó als Präsident inszenieren wollte, dazu einen Flottenverband vor der Küste bringen wollte und das venezolanische Militär seinerseits russische Luftabwehrsysteme in Stellung brachte. Die Distanzierung der EU war dann das Eingeständnis einer offenbar nur schwer „verdaulichen“ Niederlage. Aber selbst die stets „politisch korrekte“ Wikipedia bezeichnet den nur noch als „prominenten Oppositionellen“.
Die „strategische Neuausrichtung“ ändert nix daran, dass China die Sache mit Taiwan als innere Angelegenheit betrachtet und USANATOEU mehrfach verdeutlicht hat, sich da gefälligst rauszuhalten.
Und eine ganz andere Frage ist, welche Konsequenzen sich daraus bspw für die EU ergeben, wenn sich die Erkenntnis durchsetzt, dass das Hegemoniespiel vorbei und nicht nur die Schlossallee verloren ist. Mittelfristig könnten da durchaus die Vasallen abtrünnig werden und dem Ex-Hegemon die Gefolgschaft aufkündigen.
Seltsamerweise leistete diese Armee nahezu keinerlei Widerstand, was schon damals sehr darauf hindeutete, dass die miltärischen Anführer ihrem Befehlshaber nicht mehr gehorchten. Der Aufmarsch der „Koalition der Willigen“ dauerte seinerzeit ungefähr dreimal so lange wie die „Operation Desert Storm“ selbst.
Unter militärischen Aspekten stellt sich ohnehin die Frage, welchen Krieg die angeblich „mächtigste Armee der Welt“ jemals gegen einen ernsthaften Gegner gewonnen hat, und zwar ohne dessen Zivilbevölkerung zu terrorisieren.
„Krim, ricardo, Karl Marx, der Gegenstandpunkt oder sonstige Schiedsrichter der internationalen Lage? “
Ach was, Schiedsrichter ist natürlich nur uns libelle, die eo ipso immer recht haben muss, weil ja die o.g. pöse Kommunisten sind und deshalb nie recht haben können.
Aber Spaß beiseite, was eine zumindest militärische Niederlage ist, hat Krim ja definiert. Davon ausgehend: sind denn die USA militärisch entmachtet? Nein, ihre Armee ist, zumindest in Geld ausgedrückt, größer und stärker als zuvor und ähnliches gilt auch für ihre Ökonomie, während in Afghanistan die Hälfte der Bevölkerung am Hungertuch nagt, also auf überhaupt keine Macht verfügt, die den USA gefährlich werden könnte, außer den Mujaheddin, aber die mussten der Gewalt gegen die USA bzw. den Westen abschwören (Doha-Abkommen), sonst hätten die USA die Kosten eben weiter auf sich genommen und wären dort geblieben. Und das ist eben der springende Punkt. Den USA wurde Afghanistan zur finanziellen und militärischen Last. Etwa zum Zeitpunkt als die USA sich entschlossen, mit den Taliban Verhandlungen aufzunehmen, waren die Kosten für das US-Verteidigungsministerium auf 100 Milliarden $ p.a. also damals etwa 15% der Gesamtbudgets angestiegen – Tendenz zunehmend. Mit der Bindung ihrer Streitkräfte ausgedrückt in Geld war natürlich die wichtigste Machtressource der USA enorm geschwächt. Davon mussten die USA unbedingt wegkommen und haben deshalb ein Friedens(!)abkommen mit den Taliban zusammengebracht, welches sie von dieser Last befreit, den USA aber im internationalen Maßstab zumindest keine Nachteile aber den Vorteil verschafft, sowohl die islamistischen Feinde ruhig gestellt als auch ihre zentrale Machtressource um etwa 100 Milliarden Dollar (wieder) gestärkt zu haben. Das war die nüchterne Überlegung der USA und sonst gar nichts.
Anders ausgedrückt, die Waffen, mit denen USANATOEU „auftrumpfen“ könnten, wie es der GSP sich zusammenfantasiert, existieren nicht einmal in Plänen.
Hohle Phrase: „Auftrumpfen“ kann natürlich auch die andere Seite. Du müsstest schon mal konkreter sagen, welche nicht existierenden Waffen-Pläne das sein sollen, womit gem. dem GSP die (immer noch unangefochtene) Überlegenheit der USA begründet werden soll.
„während die Russen längst (und mehrfach) deutlich gemacht haben, dass innerhalb von paar Stunden sämtliche Kommandozentralen und strategischen Einrichtungen von USANATOEU pulverisiert werden, falls irgendwer auf „dumme Gedanken“ kommen sollte.“
Da würde ich mal bescheiden sagen, dass da die USA bzw. Nato mindestens genauso weit sind. Damit ist im besten Fall erklärt, dass sich die Machtkonstellation auf diesem Gebiet im Gleichgewicht befindet. Aber ansonsten ist auf dem Gebiet der internationalen Machtkonstellation nicht nur dir und uns libelle, sondern quasi jedem Depp, sogar Kommuniste und dem GSP, klar, dass es internationale Mächte gibt, die dem Westen bzw. den USA die bisherige imperialistische Dominanz streitig machen. Diese Erkenntnis ist ja nun wirklich keine großartige intellektuelle Leistung, worüber sich zu streiten lohnte. Worüber zu streiten wäre, ob sich mit der „Niederlage“ bzw. schon davor in Afghanistan die militärische Macht der USA verbessert hat oder nicht. Und da habe ich nachgewiesen, dass diese seitdem zugenommen hat.
Über die Weltmacht Nr. 1 einige ältere Anmerkungen, erschienen vor Trump und Biden, nämlich schon 1979
„(…) Kein Präsident der USA hat es sich nach 1900 nehmen lassen, seiner Außenpolitik ein eigenes Etikett zu geben: »Dollar Diplomacy‘, .Open-Door-Policy‘, .Good-Neighbour-Policy‘ oder ganz einfach .demokratische Außenpolitik‘ — und mit jeder dieser Abteilungen hat einer die Präsidentenwahl gewonnen und auch wieder verloren. Auch hier sind die Nuancen recht einfach; es sind Varianten über den Zynismus der Souveränität, sich auszusuchen, wie man ein Land zum Mittel des eigenen Reichtums macht, und dann eben dies Land —jetzt ein „guter Nachbar“ — im Namen der Demokratie, die die Amerikaner immer mit drei Buchstaben schreiben, zu missionieren. Amerikanisch einfach gestaltet sich denn auch die bis heute nicht abgeschlossene Debatte in den USA selbst zwischen Kolonialisten und Anti-Kolonialisten, zwischen Expansionisten und Isolationisten usw. usw. Daß Amerika stark sein und die restliche Welt sich an Amerikas Stärke messen lassen solle, war und ist consensus omnium Americanorum. Welche Mittel dabei einzusetzen seien (die Amis wissen, daß auch Moral eine Waffe ist), inwieweit man sich die Probleme der restlichen Welt aufdrängen lassen sollte, darüber ließ sich streiten, und manchmal kam auch schon ein Präsident zu Fall.
Der Ausgang des ersten dieser Dauerstreits — Kolonialisten und Antis einigten sich darauf, daß die USA ein .Informal Empire‘ zu schaffen haben — zeigt, was die Emanzipation der Yankees von den kolonialen Formen der Herrschaft bedeutet. Das Empire der USA ist von ganz anderem Kaliber, überall in der Welt schaffen und verteidigen sie Einflußsphären: wohin sie Dollars exportieren, führen sie auch Waffen aus. Die Monroe-Doktrin, damals noch durchaus ein anti-koloniales Dokument, liest sich jetzt anders. „Amerika den Amerikanern!“ ist jetzt die unüberhörbare Drohung an die Welt, die Souveränität der USA nicht zu verletzen.
Der Reichtum der USA ist seine Stärke nach außen, und die Stärke der USA ist überall in der Welt. Wann sie tangiert ist, liegt im Ermessen der USA. Mit dieser einfachen Botschaft haben die USA eine Errungenschaft des Mittelalters auf imperialistische Füße gestellt: die Ehre einer Nation gilt wieder etwas, aber jetzt erklärt nicht ein gekränkter Ritter die Fehde, sondern eine Nation, deren Feindschaft sich niemand leisten kann. Kein Anlaß ist zu banal, um nicht als Verletzung der Souveränität zu gelten — vorausgesetzt, es lohnt sich; und die Wiederherstellung der Ehre ist die rücksichtslose Gewalt. So hat schließlich auch der Krieg durch die USA eine neue Bedeutung gewonnen.
3. Zur Weltmacht sind die USA in zwei Kriegen geworden, die sie beide nicht angefangen, aber beide zum siegreichen Ende gebracht haben. Auch an den beiden Weltkriegen zeigt sich, daß die Amis sich ihren imperialistischen Weg aussuchen können. Welche Macht der Welt hätte sich sonst die Verrücktheit erlauben können, mitten in einem Krieg rein geschäftliche Interessen 2U verfolgen (wie die USA im Weltkrieg I). Die Amis haben nicht deshalb in den ersten Weltkrieg eingegriffen, weil die Monopole den Staat zur Rüstungsproduktion gezwungen hätten; auch nicht deshalb, weil der amerikanische Reichtum in Europa (Verschuldung der Entente) gefährdet gewesen wäre. Entgegen allen revisionistischen Vermutungen war es gerade umgekehrt; das Ausmaß des amerikanischen Reichtums erlaubte es den Amis, sich lange Zeit aus der Geschichte rauszuhalten, also sich die Freiheit der Entscheidung herauszunehmen. Der Angriff auf die Einflußsphäre und die Souveränität der USA, durch einen recht unbedeutenden Anlaß wie die Versenkung der Lusitania indiziert, gab den Grund für den Kriegseintritt ab und nicht nur das: jetzt hieß es „aufs Ganze gehen“. Derlei Kriege werden zu einem radikalen Ende gebracht. Es ist denn auch kein Widerspruch, wenn der amerikanische Präsident Wilson 1916 den Wahlkampf mit dem Motto „He kept us out of war“ gewann, 1917 den totalen Krieg erklärte („Force, force, without stint or limit“), um die Welt , »sicher für die Demokratie“ zu machen, und sich dann nach gewonnenem Krieg zu Hause die Kritik gefallen lassen mußte, sich mit Völkerbund und anderem zu sehr um die Ordnung der Welt zu bekümmern. Es gibt auch eine amerikanische Radikalität darin, der Welt nahezulegen, daß die amerikanische Verantwortung für sie nicht als Gefälligkeit anzusehen ist. Kein Wunder, daß nicht erst heute Undank der Welt Lohn für die USA ist. Als Idealismus mag nur der die Erklärung schelten, die USA seien um ihrer nationalen Ehre willen in beide Kriege eingetreten, der nicht begriffen hat, daß die Inkorporation des nationalen Reichtums in der Macht des Staates nach außen der Imperialismus ist — nirgends mehr als in den USA.
Am zweiten Weltkrieg läßt sich noch einmal zusammenfassend studieren, was den Unterschied ausmacht: ökonomisch so souverän zu sein, daß man es sich leisten kann, die Kriegswirtschaft als einen Teil der nationalen Industrie zu betreiben (gerade nicht alle nationalen Ressourcen dem einen und einzigen Zweck unterwerfen zu müssen \); politisch so souverän zu sein, daß man auch hier sich den Zeitpunkt des Eintritts selbst bestimmen kann (es war Pearl Harbor!); militärisch so souverän zu sein, daß man den Krieg nicht nur zu einem totalen Ende bringen, sondern auch die souveräne Willkür einer ganz neuen Sorte Sieger praktizieren kann: Dresden und Hiroshima; moralisch so souverän zu sein, den Krieg als Demokratisierung der Welt zu propagieren. Kurz: es sich leisten zu können, inmitten im Krieg die Verantwortung für die Welt nach dem Frieden zu übernehmen. (…)“
https://de.gegenstandpunkt.com/kapitel/imperialismus-2/weltmacht-nr-l#toc_2358770391
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Machtbasis der USA ist also a) sowohl die technologische Vormacht der USA, angesichts des riesigen Binnenmarktes der USA, gerade gegenüber China, (von dort bestritten), das ja andererseits als Zulieferer für und Abnehmer von amerikanischen Waren ganz anders heute in die Ökonomie der USA selbst eingemischt ist. (Wirtschaftssanktionen, Übergänge zu Wirtschaftskriegen, Boykott von Huawei etc.)
b) Der Dollar ist nach wie vor weltweite Grundlage aller Geschäfte weltweit, was nicht nur z.B. Iran und Cuba bemerken müssen, sondern auch diverse europäische Bankhäuser und Großkonzerne, weswegen z.B. von Seiten der europäischen Politik da aktuell fast gar nichts mehr Richtung Cuba und Iran kommt. (Diverse ‚Nachbarstaaten Russlands‘ sind übrigens auf den Dollar ebenfalls angewiesen, was diese nicht nur auf den IWF ihrer Schulden wegen verweist. Neben der Ukraine betrifft das eine ganze Latte weiterer Staaten.). https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/kasachstans-praesident-besucht-bruessel-um-beziehungen-mit-eu-zu-staerken/
c) Zu solchen beinharten Perspektiven europäischer Außenpolitik, durch die EU-Ostländer zementiert, passen die Äußerungen der Außenminister-Kandidatin der Grünen und deren quasi ideologische Übererfüllung aller angesagten westlichen Kriegshetzen – wie der Arsch auf dem Eimer. (Gibt es hierzulande innerhalb der herrschenden Parteien eigentlich noch Abweichler von der allgemeinen „transatlantischen“ Unterordnung? [Außer Ex-Kanzler-Schröder und ein paar RegionalpolitikerInen aus MVP, die an Nordstream2 hängen?]
d) Bin mal neugierig, ob die EU bei der Flughafenverwaltung in Kabul (so lautet ja der entspr. afghanische Titel für deren Ersuchen an die EU) eigenständig was auf die Beine gestellt kriegen will ….
https://www.euractiv.de/section/eu-aussenpolitik/news/russland-laedt-die-taliban-zu-konferenz-ueber-zukunft-afghanistans-ein/
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/taliban-eu-flughaefen-101.html
Und nicht zu vergessen, das Militär als letztlich entscheidendes Machtmittel, mit dem die USA die ganze Welt dominiert. Das US-Militärbudget ist bei weitem das Größte auf der Welt. Es wird nicht einmal in der Summe der 11 nachfolgend größten Militärbudgets erreicht. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender-mit-den-hoechsten-militaerausgaben/
Die Wucht des US-Standpunktes, die Welt gemäß ihren ökonomischen Interessen benutzen und einsortieren zu wollen, unterstreicht dieses Aufrüstungsprogramm. Es ist also wirkliche Gewalt, und nicht bloß angemalße, die hinter dem US-Programm steht.
Ähnlich wuchtig wie Waffen sind da auch noch die ökonomischen Regeln des weltweiten Verkehrs, bei denen sicher gestellt sein muss, dass zuvörderst US-Interessen davon profitieren. In der Nachkriegszeit war dies quasi ja „automatisch“ schon durch das Kriegsergebnis [und dessen Ausnutzung] geregelt. Nach dem Aufstieg Europas, einiger Schwellenländer und Chinas ist das nicht mehr vorab gesichert, weswegen die USA solche Organisationen entweder an die kurze Leine nehmen, oder ihre Tätigkeit boykottieren. (Jedenfalls war das unter Trump noch so.). https://de.wikipedia.org/wiki/Welthandelsorganisation#Streitschlichtungsfunktion
Schaut eher so aus, dass die USA auch unter Biden eher auf ihre eigene ökonomische Stärke und ihre eigene militärische Stärke setzen, und die WTO daher dann nun als ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert betrachten.
„WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala sagte, sie verstehe die Sorge vieler WTO-Länder, dass China von unfairen Wettbewerbsbedingungen profitiere. Aber das asiatische Land sei auch Teil der Welthandelsorganisation – und zwar ein großer. In ihren Gesprächen mit der chinesischen Führung habe sie keinen „mangelnden Willen“ verspürt. Klar sei aber auch: Die WTO müsse zeigen, dass sie mit bestimmten Schritten nicht speziell China im Auge habe, sondern dass es um allgemeine Regeln gehe. „Wenn China das Gefühl hat, es geht nur um China, stoßen wir auf viel Widerstand.“
https://www.dw.com/de/wto-2021-soll-wendepunkt-für-den-globalen-handel-werden/a-57341892
Denn wenn von Regeln des Welthandels nicht automatisch vor allem die USA profitieren, dann muss an diesen Regeln irgendwas prinzipiell verkehrt sein. So das US-Dogma.
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Weiß wer was darüber, was aus diesem Wahlkampfslogan von ausgerechnet Frau Baerbock geworden ist?
https://www.rnd.de/politik/us-atombomben-in-deutschland-cdu-fordert-machtwort-von-olaf-scholz-U4WMATIRGZPKTXDJWUDXZVGQ7U.html
(Dass die USA unter Trump sowieso Raketen nach Polen verlegen wollten, – oder gar ins Baltikum – das hat vermutlich zu einer totalen Kehrtwende geführt… Ooops, so war das wohl nicht geplant. Seither hört man umgekehrt fast nur noch Bündnispflichten-Übererfüllungs-Ideologie. Merkwürdig.)
„Der Afghanistan-Einsatz: Zwischen Scheitern und Versagen“
Die teuerste Hinrichtung der Weltgeschichte und ihre Nebenwirkungen
Im Sommer 2021 passiert es: Was sein Vorvorgänger Obama schon als Projekt verkündet und beworben hatte, was sein unmittelbarer Vorgänger Trump unter der Parole „Bring our boys back home“ praktisch in die Wege leitete, das zieht der nun amtierende Präsident Biden durch – er befiehlt den Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan; sofort, bedingungslos, vollständig. Und er legt Wert darauf, dass dies als Akt überlegener Freiheit Amerikas geschieht und auch so wahrgenommen wird: Für die Lage und Zukunft Afghanistans erklärt er die von ihm angeführte Weltmacht für unzuständig, denn das, was seiner oberkommandierenden Definition gemäß Sinn und Zweck des Einsatzes war, das ist erledigt: „We delivered justice to bin Laden.“
Vorabdruck aus dem nächste Woche erscheinenden neuen GSP 4/21
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/ende-afghanistan-einsatzes
https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/zeitschrift/gegenstandpunkt-4-21
Fortsetzung des Protokolls der Debatte zu Biden, Ukraine etc [beim. Jour Fixe vom 06.12.2021]
1. Fortsetzung der Diskussion vom 22.11.2021 zur Ukraine und dem Gipfeltreffen zwischen Biden und Putin (GS 3-21)
2. Rüstungsdiplomatie (GS 3-21)
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf211206-Rüstungsdiplomatie.pdf
https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle
https://de.gegenstandpunkt.com/publikationen/zeitschrift/gegenstandpunkt-3-21
Suitbert Cechura: Ukraine: Wer will den Krieg? – Glaubt man der Berichterstattung der deutschen Presse, ist klar: Russland!
Warum aber macht Putin dann Angebote zur Entspannung?
Die Nato und die deutsche Außenministerin betonen ihre Gesprächsbereitschaft und erhöhen gleichzeitig die Alarmbereitschaft ihrer Truppen an Russlands Grenzen, so hieß es in der Westdetschen Allgemeinen Zeitung am 23. Dezember. Ehemalige Generäle der Bundeswehr und hochrangige Diplomaten im Ruhestand warnen – ungehört – vor einer Eskalation und fordern die eigene Regierung zur Deeskalation auf.
Die FAZ (27.12.21) wiederum „warnt vor geopolitischem Revisionismus“ Russlands – als ob die Nato bloß am Staus quo interessierte wäre; außerdem lässt das Blatt einen ukrainischen Autor zu Wort kommen, der weiß: „Appeasement ist der falsche Weg“. Ist Putin also der neue Hitler, dem wir Antifaschisten Einhalt gebieten müssen? Was ist da los?
Die Fronten
Putins Vertragsangebote
Ein Anschlag auf die Selbstbestimmung der Völker
Deutsche Drangsale
Schon wieder: mehr deutsche Verantwortung!
So entdecken deutsche Militärs, die in der Regel nicht ohne politische Abstimmung handeln, Verteidigungsbedarf in Ländern, die davon gar nichts wissen wollen. Man muss eben Verantwortung übernehmen, um die Frontstellung gegen Russland weiter auszubauen. So geht Friedenspolitik der Ampel-Koalition.
https://www.heise.de/tp/features/Ukraine-Wer-will-den-Krieg-6316096.html?seite=all
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vgl. dazu auch Manfred Henle – bezüglich der ‚Gegenseite‘, nämlich der deutschen Lukaschenko-Berichterstattung
https://www.heise.de/tp/features/Die-Inkarnation-des-Boesen-6315319.html
https://www.heise.de/tp/features/Flucht-und-Migration-als-Machtinstrument-6315475.html
https://www.heise.de/tp/features/Lukaschenko-Souveraenitaet-und-atomare-Abschreckung-6315824.html
Protokoll zum Jour Fixe vom 10.01.2022:
Die „Migrationskrise“ an der Grenze zwischen Belarus und Polen, sowie Putins aktuelle diplomatische Offensive
Bei der öffentlichen Befassung mit der sogenannten Migrationskrise an der Grenze zwischen Weißrussland und Polen ist einfach keine Rede davon, worum es dem „Übeltäter“ Lukaschenko geht. Es ist also überhaupt erst einmal zu bestimmen, was Lukaschenko in der Sache da versucht und worauf er hinaus will. Daran schließt sich an, was Polen im Verbund mit den Balten aus dieser Angelegenheit verfertigt hat; die Qualität der von Polen veranstalteten Übergänge ist zu kennzeichnen. Der nächste Punkt ist, was die Rolle Deutschlands, der EU und der USA dabei ist und was die daraus gemacht haben. Von daher ist die Reaktion Russlands, deren diplomatische Offensive, die aktuell verhandelt wird, zu bestimmen, was ja ein ganzes Stück umfassender ist. (Forts.):
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf210110-Belarus-Putins-Offensive.pdf
Björn Hendrig: Was ist eigentlich ein ‚Aggressor‘?
Über einen ideologischen Begriff, der gerade Konjunktur hat
1. Was ist eigentlich ein „Aggressor“?
Die westliche Politik und deren Begleitmedien sind sich einig: An der Grenze zur Ukraine steht ein „Aggressor“. Der heißt wahlweise „Russland“ oder „Putin“ und hat eine Streitmacht zusammengezogen, die da eigentlich nicht hingehört. Es sei denn, sie soll einmarschieren.
Diesem möglichen Angriff, dieser „Aggression“ muss der Westen mitsamt der Nato, die bekanntlich nur ein Bündnis zur Verteidigung ist, entschieden entgegentreten. Es geht schließlich darum, die europäische „Sicherheitsordnung“ aufrechtzuerhalten.
Der „Aggressor“ hingegen dementiert: Man wolle keine Invasion, keinen Krieg in Europa. Die Truppenbewegungen seien normal, einige Einheiten würden aus dem Süden und Westen nun abgezogen. Allerdings verlangt Russland „Sicherheitsgarantien“ des Westens. Die „aggressive“ Erweiterung der Nato Richtung Osten an die russischen Grenzen müsse ein Ende haben. (…)
Gegensätzliche Interessen? Nein, sondern eine „Bedrohungsspirale“. (…)
2. Die Staaten der „ersten Welt“ verteidigen ihren Erfolg mit aller Gewalt. (…)
3. Russland besteht auf seiner Weltmacht und gilt deshalb als „Aggressor“. (…)
4. Russland will den Westen in der Ukraine stoppen. (…)
https://www.heise.de/tp/features/Was-ist-eigentlich-ein-Aggressor-6476715.html?seite=all
Wer Frieden will rüstet sich zum Krieg. (GKN)
„Wer redet, der schießt nicht“, sagt die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Da könnte man ja mal beruhigt sein, denn so viele Spitzentreffen und Videoschaltungen von Staatschefs aller Herren Länder, wie im Frühjahr 2022, gab es selten. Nur ist der Zusammenhang von Diplomatie und Krieg ein völlig anderer als er von den zuständigen Kriegsherren und -damen immer mal wieder behauptet wird. Diplomatisch teilen sie sich nämlich wechselseitig mit, was sie voneinander wollen und definieren dabei „rote Linien“, bei deren Überschreitung sie gewillt sind, einen Krieg gegeneinander zu führen.
Über die Gründe, warum Russland, Ukraine und die NATO-Staaten sich für den Krieg rüsten, geht es in diesem Text. Dafür muss man nicht nach geheimen Interessen suchen, die hinter den Kulissen wirken, sondern kann sich ganz auf die offiziellen Verlautbarungen stützen.
https://www.contradictio.de/blog/archives/8890
Zwei Kritiken am Text der GKN
https://www.contradictio.de/blog/archives/8890/comment-page-1#comment-9880
Flugblatt und Diskussionseinladung zum Krieg in der Ukraine am 26.02.2022
Gegen die offizielle Fassungslosigkeit!
Diskussion am Sa, 26.2.2022
https://gruppe-k.org
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Die Berufungstitel der Kriegsparteien werden von Stephan Kaufmann im ND ideologiekritisch analysiert:
Das geheiligte Interesse
Wo Gewalt herrscht, soll es um Gute und Böse gehen? – Ein Einwand
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161665.ideologiekritik-das-geheiligte-interesse.html
Diverse Diskussionsveranstaltungen zum Ukraine-Krieg finden in den nächsten Stunden bzw. Tagen statt
03.03.2022 | 20 Uhr | „Krieg um die Ukraine“ mit Reinhard Lauterbach & Arian Nasser-Schifferie
https://www.contradictio.de/blog/archives/8899
https://www.youtube.com/watch?v=pSDahNORmMU
Donnerstag, 3.3.2022, um 19 Uhr. Diskussionsforum HH
https://www.gegenargumente-hamburg.de/diskussionsangebot/
Freitag, 04.03.2022 | 18 Uhr |. ArguDiss HB / AK Auflösen
https://www.argudiss.de
Montag, 07.03.22 jourfixe München | 19 Uhr
https://de.gegenstandpunkt.com/jour-fixe/jour-fixe-muenchen
Peter Schad: Abweichende Standpunkte zum Krieg
https://www.contradictio.de/blog/archives/8893/comment-page-1#comment-9958
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Björn Hendrig: Wenn zwei Weltmächte streiten
Plädoyer für einen nüchternen Blick auf den Krieg in der Ukraine
Die Empörung Deutschlands, der EU und der USA über den Angriff der russischen Armee auf die Ukraine ist erwartungsgemäß und verständlicherweise groß. Auf breiter Front fühlen sich Politik und Leitmedien in ihrem Vorwurf bestätigt, Russland respektiere keine Grenzen und stelle damit die „Sicherheitsordnung“ in Europa in Frage.
Mit massiven Sanktionen reagiert der Westen, die NATO geht in den „Krisenmodus“, Deutschland schickt der Ukraine nun doch Waffen und legt ein 100 Milliarden Euro-Rüstungsprogramm auf. Einige Medien zweifeln, ob das genügt, den Angriff zu stoppen. Sie fordern härtere Maßnahmen – die in einer direkten militärischen Konfrontation münden könnten.
Die Beweggründe Russlands interessieren nun hierzulande noch viel weniger als vor dem Angriff. Die Zeit für Diplomatie und ein Minimum an Respekt vor dem Staat im Osten ist endgültig vorbei. (…) (Forts.):
https://www.heise.de/tp/features/Wenn-zwei-Weltmaechte-streiten-6540184.html?seite=all
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Suitbert Cechura: Die Friedensfront ist gefechtsbereit
Seit Putins Angriff auf die Ukraine ist der Schreck über den Krieg allgegenwärtig, führt aber zu einer merkwürdigen Forderung: Frieden schaffen mit mehr Waffen! (Forts.):
https://www.heise.de/tp/features/Die-Friedensfront-ist-gefechtsbereit-6535383.html
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Stephan Kaufmann: Wie Russlands Schatz verschwand
Im Konflikt um die Ukraine demonstriert der Westen die Macht seines Finanzsystems – auch in Richtung China
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161882.finanzsystem-des-westens-wie-russlands-schatz-verschwand.html
Eine Zeitenwende
hat Deutschlands neue Regierung ausgerufen. Sie muss es wissen. Sie macht sie ja.
Was sie da macht, erklärt sie ihrem Volk. Dabei bleibt allerdings ein gewisser Ergänzungsbedarf.
1. Der erste und Hauptpunkt der Erklärung geht so: Die Staatenwelt im Allgemeinen, Europa im Besonderen und ganz besonders Deutschland sind ohne eigenes Zutun und gegen alle Erwartungen in einer neuen Epoche aufgewacht. Die ist durch „Putins Krieg“ definiert. Der zerstört nämlich nicht nur die Ukraine in ihrer bisherigen Verfassung, sondern Europas Frieden und Friedensordnung und überhaupt den bisherigen gepflegten Umgang der Staaten miteinander.
Was in der Erklärung fehlt, ist jede sachliche Bezugnahme auf die Erklärung, die die russische Seite zu ihrem Krieg abgibt: Er soll zerstören, was – in ihrer für das Geschehen ja nicht ganz unwichtigen Sicht der Dinge – der wirkliche strategische Inhalt dieser Friedensordnung ist. Nämlich die fortschreitende Zerstörung der Sicherheit, die Russland für seinen Fortbestand als anerkannte Weltmacht reklamiert und auch nach westlichem Expertenwissen für diesen Zweck braucht: einen Respekt, der unbedingt einschließt, dass die NATO bei ihrer nicht ganz verabredungsgemäßen Ostausdehnung vor der Westgrenze von Belarus und Ukraine Halt macht. Dass es „dem Kreml“ beim Angriff auf die Ukraine um diesen Respekt, die Respektierung eines elementaren Sicherheitsbedarfs geht, ist den Zuständigen in der NATO und ihren Mitgliedsländern lange bekannt: Die entsprechenden ausführlichen Erklärungen der russischen Regierung haben sie ohne Zweifel mitbekommen; der Präsident hat jedenfalls alles getan, um so verstanden zu werden. Ganz gewiss braucht es keine Geheimdienste, um „Putins wahre Absichten“ zu verstehen. Und die werden ja auch zur Kenntnis genommen, ganz offiziell. Nämlich einerseits mit der tröstlichen Zusicherung, die NATO wäre doch für niemanden eine Bedrohung, schon gar nicht für die offiziell und zunehmend nachdrücklich als Feind eingestufte Russische Föderation. Andererseits, und das ist das viel Härtere, in Form einer ebenso schiefen wie entschiedenen Zurückweisung des strategischen Interesses Russlands: „Der Kreml“ habe kein Recht, das unzweifelhafte Recht einer souveränen Ukraine auf Beitritt zur westlichen Allianzversicherung infrage zu stellen. Das ist schräg, weil es der NATO wie der russischen Seite am Fall der Ukraine um die Reichweite dessen geht, was „der Westen“ als seinen Sicherheitsbedarf in Europa definiert – die Einschränkung und Verdrängung russischer Macht –, und nur insofern um die Entscheidungsfreiheit eines ukrainischen Souveräns. Genau darin ist der Ablehnungsbescheid aus dem Westen zugleich und vor allem radikal: Mit dem Stichwort „souveränes Recht“ gilt der russische Anspruch auf strategischen Respekt, geltend gemacht an der Ukraine als Entscheidungsfall, als definitiv erledigt und fortan ein staatsverbrecherischer Eroberungswille Putins als der einzig wahre Kriegsgrund. Zur Demonstration dessen, dass „der Westen“ von russischem Sicherheitsbedarf als Zweck der Moskauer Ukraine-Politik nichts wissen will, ihn also entschlossen ignoriert und so gezielt ins Leere laufen lässt, inszeniert die US-Regierung ziemlich meisterhaft die Kriminalisierung dieser Politik: Sie lässt ihre Geheimdienste „ermitteln“, „deckt auf“, was die russische Regierung als Mittel für ihr erklärtes strategisches Ziel, die weitere Ostausdehnung der NATO zu blockieren, unmissverständlich in die Wege leitet; der US-Präsident „entlarvt“ höchstpersönlich das Timing des russischen Vorgehens gegen die Ukraine. Die Dementis, mit denen Moskau seinen demonstrativen Aufmarsch begleitet, werden dementsprechend von vornherein nicht als die diplomatische Botschaft genommen, als die die russische Seite sie verstanden haben will, nämlich als letzte Aufforderung an die NATO, ihr mit Garantien für Selbstbeschränkung entgegenzukommen. Sie sind definiert als Lügen, die die besorgte Welt in falscher Sicherheit wiegen sollen. Dagegen hilft nicht einmal die weltöffentliche Pressekonferenz, in der der russische Präsident die nette Mitteilung des deutschen Bundeskanzlers, ein NATO-Beitritt der Ukraine stünde doch gar nicht auf der aktuellen Tagesordnung und könne schon deswegen kein Grund für kriegerische Gegenwehr Russlands sein, mit der Frage kontert, was denn dann morgen und übermorgen fällig wird: Es bleibt bei der kompromisslosen Zurückweisung des russischen Sicherheitsinteresses in Form offensiver Nicht-Befassung mit dem Drangsal, das die NATO ihrem Feind bereitet; unterstrichen durch den nachträglichen Vorwurf, Putin hätte Kanzler Scholz, so wie vorher schon der russische Außenminister seine deutsche Kollegin, mit dem Hinweis, noch wäre der Ernstfall zu vermeiden, frech belogen. Wozu anzumerken wäre, dass auf russischer Seite neben einigem nationalideologischen Stuss über die Kiewer Rus und die bösen Bolschewiken ein bemerkenswertes Maß an unverblümter Ehrlichkeit in Sachen Grund und Zweck von Militanz und Diplomatie zu notieren ist und eine gewisse Verlogenheit eher aufseiten derer vorliegt, die ihre Abfuhr für den russischen Standpunkt als nicht infrage zu stellendes Faktum verstanden haben wollen und nicht als Gegen-Kriegserklärung, die zur Eskalation der „Lage“ beiträgt und, wie von US-Geheimdiensten prognostiziert und vom US-Präsidenten sogar terminiert, den Ernstfall auslöst.
2. Mit dem ist sie also da, die Zeitenwende. Die findet zwar in der Ukraine statt. Was da stattfindet, sind aber, wie gesagt, nicht bloß Verwüstungen des Landes, sondern nach Auskunft der Herren und Macherinnen dieser Wende die irreversible Zerstörung der europäischen und letztlich der weltweiten Friedensordnung, die „dem Westen“ und ganz prominent der deutschen Nation keine andere Option lässt als massives militantes Zurückschlagen. Ergänzend explizit nachzutragen bleibt hier das Stück ehrlicher Klarstellung, das, wenngleich nur sehr implizit, in dieser Kriegserklärung immerhin enthalten ist: Sie klärt auf über die Bedingung – nämlich ein effektives Zurückweichen Russlands vor dem Anspruch der NATO auf entscheidende östliche Geländegewinne –, unter der der freiheitlichste Staatenbund, den die Welt je gesehen hat, mit seinem Höchstmaß an Kriegsfähigkeit und -bereitschaft allenfalls bereit ist, mit Russland bis auf Weiteres friedlich auszukommen und den gegebenen Status der europäischen Staatenwelt fürs Erste als Friedensordnung anzuerkennen. Diese implizite Klarstellung erfolgt explizit in der Praxis als Gegen-Eskalation, die, der Natur der Sache entsprechend, ziemlich symmetrisch mit Waffen in der Ukraine und um sie herum erfolgt, zugleich und vor allem aber asymmetrisch auf den als Gefechtsfelder genutzten Geschäftsfeldern der modernen Weltwirtschaft stattfindet.
In der Ukraine sorgt „der Westen“ mit der überreichlichen Lieferung von Waffen und Moral für Widerstand. Er scheut keine ukrainischen Opfer für das hohe Ziel, russische Kräfte aufzureiben. Dazu befeuert er einen Patriotismus, der die heldenhafte Bevölkerung gegen die Wahrnehmung immun macht, für welche Friedensordnung sie die Helden spielen dürfen. Auf Kosten des Landes und seiner Bewohner treiben Russland und NATO-Mächte die Eskalation der Gefechte voran, immer am Rand einer weltkriegsträchtigen Konfrontation; wobei es wieder an der russischen Seite ist, die letzte Eskalationsstufe der strategischen Abschreckungswaffen ins Spiel zu bringen, um bei ihren Gegnern Wirkung zu erzielen. Daneben läuft ganz einseitig von westlicher Seite aus das Großexperiment, Russland mit seiner Abhängigkeit vom Dollar- und Euro-Kapitalismus als seiner postsowjetischen Existenzgrundlage nicht bloß zu erpressen, sondern mit dem Entzug der Geschäftsgrundlage als handlungsfähige Staatsmacht kaputtzumachen. Hier darf alles, was den Gepflogenheiten des Weltfriedens zuzurechnen ist, seine Tauglichkeit als Instrumentarium zur Zerstörung eines politökonomisch schwächeren Mitglieds der Völkergemeinschaft unter Beweis stellen. Diese extreme Zielsetzung des westlichen Sanktionsregimes führt in drastischer Weise zum Ausgangspunkt des Krieges zurück und zugleich über ihn hinaus: Für eine Respekt einfordernde und einflößende russische Macht gibt es in Europa – und überhaupt – für die heilige Dreifaltigkeit aus USA, NATO und EU keinen Platz. Um sie zu eliminieren, ist für „den Westen“ sogar in Geld gemessen erst einmal nichts zu teuer. Die Ukraine hat derweil das Pech, für einen ersten Teil der militärischen Dezimierung russischer Macht als Schauplatz zu fungieren. Das reichlich mit Bildmaterial versorgte Mitleid der Zuschauer mit den staatsoffiziell betränten Opfern hat darin seinen strategischen Sinn – inkommensurabel, aber wirkungsvoll.
3. Zu alldem sagt die regierende Elite in den zuständigen Hauptstädten, mit besonderem Nachdruck die in Berlin, also Zeitenwende. Auch da lässt sie allerdings einen Ergänzungsbedarf offen. Nämlich die Präzisierung, inwiefern der Krieg in der Ukraine eine historische Wende ist und für wen.
Für die USA, die Führungsmacht der durch Präsident Biden so machtvoll wiederbelebten „freien Welt“, jedenfalls eher nicht. Amerika bekämpft Russland als strategisch ernstzunehmenden Gegner schon lange und teilt sich sein Vorgehen ein: Es arbeitet mit überlegenen Mitteln an seiner Fähigkeit, jede Stufe der Konfrontation zu definieren und zu dominieren; bis hin zur Entwicklung und Vorbereitung der aus seiner Sicht nötigen Szenarios für den Atomkrieg des 21. Jahrhunderts.[1] Dabei wissen die USA, mit oder ohne Geheimdiensterkenntnisse, Bescheid über die Bedrängnis, in die sie vor allem in Europa „den Kreml“ bringen, und über dessen Bemühen, auf jeder Stufe der Konfrontation mitzuhalten und die eigene Gegenwehr zu eskalieren; auf das zielt ihr Aufwand für unüberwindliche Eskalationsdominanz. Bei alldem wahrt Amerika stets seine Freiheit zu berechnender Konfrontation; im Fall der Ukraine: voranzumachen, bis Putin zurückweicht, oder ein Stück weit die Zwickmühle zu öffnen, in die es seinen Gegner bringt – Eskalation mit offenem Ende oder strategische Selbstaufgabe –, und in der es selbst jedenfalls nicht gefangen ist.
Für Deutschland sieht die Sache anders aus. Da eröffnet die neue Regierung mit einer landesweiten Explosion patriotischer Moral, mit einem 100 000 000 000-Euro-Fonds für die Bundeswehr und einem außenpolitischen Schwenk zu einem neuen Militarismus tatsächlich eine ziemlich andere Epoche. Und da gibt es zu der offiziellen Erklärung, warum das fällig und wofür das gut ist, durchaus auch noch etwas hinzuzufügen. Nämlich den harten Kern des allgemeinen Jubels darüber, dass „demokratische Werte“ und die Sachzwänge der „Realität“ endlich mal und so großartig wie nie in eins fallen: Seinem Anspruch, Europa zu führen, wird Deutschland fortan in der Weise gerecht, dass es die Welt nicht „bloß“ kapitalistisch ausnutzt, sondern auch mit der Fähigkeit und Bereitschaft zum erfolgreichen Gebrauch militärischer Gewalt beeindruckt. Frieden schafft es in Europa ab sofort nicht mehr in „strategischer Partnerschaft“ mit, sondern – ebenso strategisch – gegen Russland. Zu diesem Fortschritt hat die Regierung sich von ihren lieben Partnern, dem großen jenseits des Atlantik und denen aus der EU, vor allem aus deren Osten, lange drängen lassen; jetzt überholt sie alle Drängler und versetzt die Welt in ehrfürchtiges Erstaunen.
Was dafür nötig ist und wie im Sinne dieses frisch entdeckten „Realismus“ der Einsatz der „Ampel“ für Soziales, Grünes und Gelb-Digitales auszubuchstabieren ist – das sagen die Berliner Chefs ihrem einstweilen von seinem patriotischen Moralismus begeisterten Volk dann schon.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/zeitenwende
(Vorabdruck aus GSP 1/2022)
vgl. auch https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/editorial-3
und https://de.gegenstandpunkt.com/dossier/krieg-ukraine
Das Editorial hat mir besonders gut gefallen.
Folgenden Abschnitt über die Staatsraison der Ukraine im Krieg war für mich ebenfalls aufschlussreich:
Dein Zitat ist nicht aus dem Editorial der aktuellen Ausgabe sondern aus dem Artikel „Wie die Ukraine die Szenerie eines drohenden Kriegsausbruchs produziert und die Welt um eine neue Anklage gegen Russland bereichert“ in Heft 3-21.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/ukraine-szenerie-eines-drohenden-kriegsausbruchs-produziert
Weiß ich. Ich dachte das sei klar, weil die Links ja darüber stehen. Vielleicht hätte ich nummerieren sollen.
1. Das Editorial hat mir besonders gut gefallen.
2. Folgender Abschnitt über die Staatsraison der Ukraine im Krieg, in dem Artikel „Wie die Ukraine die Szenerie eines drohenden Kriegsausbruchs produziert und die Welt um eine neue Anklage gegen Russland bereichert“ war für mich ebenfalls aufschlussreich.
Ich fand also beides gut. Ich wollte nicht sagen ich fand den zitierten Abschnitt aus dem Editorial gut (der gar nicht aus dem Editorial stammt).
„Russland ringt um seine Behauptung als strategische Macht – Amerika um deren Erledigung“ (GS 1-22)
Mitten in unserem schönen Europa mit seiner wunderbaren Friedensordnung auf einmal wieder Krieg? Wie konnte es bloß dazu kommen? Ja, wie nur? Auf einmal, mitten im schönsten Frieden, ist da jedenfalls nicht ein Krieg ausgebrochen. Er ist auch nicht aus unerfindlichen Gründen von irgendeinem durchgeknallten russischen Autokraten vom Zaun gebrochen worden.
Auch in dem Fall gilt: Die Gründe für den Krieg werden im Frieden geschaffen. Von Staaten, die es in ihrem Verkehr untereinander wieder einmal so weit gebracht haben, dass sie meinen, sich wechselseitig eine vernichtende Niederlage beibringen zu müssen. Im vorliegenden Fall sind die Gründe lange herangereift. Und dass es nun in der Ukraine losgeht, ist auch kein Zufall.
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/ukraine-russland-nato
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Die dazu passende Brandrede kommt von der Grünen Baerbock.
Die deutsche Außenministerin hat in ihrer Rede vor den Vereinten Nationen eine Lehrstunde über die „wertebasierte“ grüne Außenpolitik abgeliefert.
https://www.heise.de/tp/features/Baerbock-vor-der-UNO-Friedensrede-fuer-mehr-Krieg-6543949.html
Beides gute Artikel.
Peter Decker: Der Staat, der Krieg und die Moral
Staaten führen Krieg in der Ukraine und die Menschen reagieren – mit bedingungsloser Selbstverpflichtung zu moralischer Parteinahme.
Die Welt erlebt Krieg in der Ukraine. Sie erlebt, wie Staaten für ihre Selbsterhaltung – wer dieses „Selbst“ ist und was dazu gehört, definieren sie selbst – in großem Stil über Leichen gehen. Und die Menschen, welt- und vor allem europaweit, reagieren: mit bedingungsloser Selbstverpflichtung zu moralischer Parteinahme. Geht’s noch?
Die Sache wird nicht besser, wenn die nachdenkliche Privatperson zu dem weisen Schluss kommt, dass irgendwie keine der Mächte, die als Kriegsparteien gegeneinander über Leichen gehen, ihre kostbare uneingeschränkte Parteinahme verdient.
Man erlebt, wie Staaten über Menschenleben verfügen, wenn es für sie ernst wird in ihrem Gegeneinander; man erlebt – auch wenn man das Glück hat, nicht vor Ort zu sein – die totale eigene Ohnmacht gegenüber den brutalen staatlichen Verfügungen.
Und dann imaginiert man sich als Richter, der über Recht und Unrecht staatlicher Machtentfaltung befindet; schaut von oben herab auf Leichen und Verwüstungen und fühlt sich allen Ernstes zur Antwort auf die Frage berufen: Dürfen die das?
Klar, die Frage stellt sich, hierzulande wenigstens, so gut wie kein Zeitgenosse; weil schon die Feststellung, dass hier Staaten als Kriegsparteien über Leichen gehen – also zeigen, was in ihnen als souveränen Mächten steckt –, längst zurückgewiesen ist: Hier hat doch eine Seite angegriffen, die andere sich nur verteidigt, ist folglich die gute und verdient fraglos Parteinahme.
Deswegen noch mal: In der Ukraine wird verwüstet, wird getötet und gestorben, weil Staaten mit dem Einsatz, also der zweckmäßigen Verschleuderung von Leben, des Überlebens ihrer und der Leute ihres Gegners, betätigen, was sie als ihr gutes Recht, als mit dem Feind unvereinbares „Selbst“ definieren.
Und ausgerechnet deswegen, weil einen das nicht kaltlässt, wäre es unabweisbar, tief im Innern für die eine und gegen die andere Seite zu sein? Man erfährt, was die Privatperson im Krieg zählt, nämlich gar nichts, und wünscht dem Krieg den richtigen Ausgang? Ist man dann eigentlich noch ganz bei Trost?
Konfrontation zweier Weltmächte
Parteinahme in Wort und Bild
Diese Parteilichkeit wird mit Bildmaterial und Sprachregelungen versorgt, die wiederum den Menschen als empfindende Privatperson rühren – sollen – und doch zugleich regelmäßig etwas ganz anderes bewirken – und bewirken sollen: Im von Staats wegen angerichteten Leid und Elend nimmt das informierte Individuum nicht mehr seine Ohnmacht gegenüber den Staatsgewalten wahr, die ganze Völkerschaften für ihren Selbsterhaltungswillen funktionalisieren; es versteht sich als Repräsentant der Macht, die über es verfügt.
Folglich werden dann auch nicht einfach Opfer bedauert und Täter verabscheut, sondern Waffen für Täter auf der politisch richtigen Seite gefordert und Freiwillige wie Dienstverpflichtete zu Kriegstaten ermutigt.
Zumindest diese geistigen Missgriffe: den humanitären wie den staatsbürgerlichen und deren gesinnungsmäßig so produktive Kombination, kann man sich sparen – auch wenn es einem weder den Krieg noch die Kriegsbegeisterung empörter Mitbürger erspart.
Denn das geht ja immerhin: sich und allen, die bereit sind zuzuhören, den Krieg und seine Gründe, die allgemeinen eines jeden staatlichen Souveräns wie die besonderen weltkriegstauglichen von NATO und Russland, erklären. Hoffnung – ohnehin nichts als eine der Haupttugenden eines kriegsfesten Moralismus – kann man daraus zwar bestimmt nicht schöpfen. Aber wenigstens ist man dann nicht auch noch mit der eigenen Urteilskraft das Spielmaterial der großen bewaffneten Rechthaber.
Angebote stehen in der kommenden Ausgabe der politischen Vierteljahreszeitschrift Gegenstandpunkt; in Auszügen demnächst auch unter meinem Namen auf Telepolis
https://www.heise.de/tp/features/Der-Staat-der-Krieg-und-die-Moral-6546904.html
Krieg in der Ukraine.
Anregungen zum Nachdenken über die aktuelle deutsche Empörungskultur
a) von Björn Hendrig am 13.3.2022
https://www.heise.de/tp/features/Jetzt-kennen-wir-keine-Parteien-mehr-6546837.html?seite=all
b) von Peter Decker am 11.3.2022
https://www.heise.de/tp/features/Der-Staat-der-Krieg-und-die-Moral-6546904.html
Radio Corax: Über den Krieg in der Ukraine – ein Diskussionsbeitrag
Wir haben in der vergangenen Woche zusammen mit dem Sozialwissenschaftler Peter Schadt ein Interview zum Krieg in der Ukraine geführt.
https://www.freie-radios.net/114293
https://www.freie-radios.net/mp3/20220307-berdenkriegi-114293.mp3?dl=1
Protokoll zum JourFixe vom 07.03.2022 – Der Krieg in der Ukraine
Der Krieg, der jetzt stattfindet, ist seit Wochen und Monaten Gegenstand der Spekulation, alle Seiten haben sich intensiv vorbereitet. Man sieht also: Wenn Staaten in ihrem Gegeneinander den Übergang zum Krieg machen, um das, was sie als absolut zu respektierendes Recht definieren und beanspruchen, durchzusetzen, gehen sie buchstäblich über Leichen. Staaten verfügen also bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche über Menschenleben als zweckmäßiges Mittel – dem steht man ohnmächtig gegenüber. Dazu fällt der übergroßen Mehrheit der Leute nichts Besseres ein als die Frage, wer da im Recht ist, wer was darf, was sich da gehört und wer deswegen die gute bzw. die böse Seite ist. Das ist bemerkenswert, weil diese Stellung der Sache gegenüber völlig unangemessen ist: Wo in der Ukraine im Auftrag der jeweiligen Regierung massenhaft getötet und gestorben wird, soll es logisch sein, für die eine oder andere Seite Partei zu ergreifen? Oder gar der ‚richtigen‘ Seite den Erfolg im laufenden Krieg zu wünschen? Dabei ist die Frage nach der ‚richtigen‘ Seite gar keine offene Frage. Denn es ist allen Leuten ja von vornherein klar, wer schuld ist, weil die eigene Herrschaft längst auf der einen oder anderen Seite in den Krieg eingemischt ist. Deren Parteilichkeit wird auch von den Leuten erwartet und wer anderer Meinung ist, wird aus der Gemeinschaft der ‚guten Menschen‘ ausgeschlossen, z.B. der Altkanzler Schröder, russische Dirigenten usw.
Wir plädieren daher dafür, seinen Verstand nicht dazu zu gebrauchen, sich als Richter über Recht und Unrecht der Staaten aufzuspielen und zu richten, als hätte man selbst irgendetwas zu entscheiden. Sondern stattdessen sich klar zu machen, mit was für einer Eskalation man es da zu tun hat.
(…) Weil wir uns dazu schon Gedanken gemacht haben, vorweg zwei Kurzreferate über die Gründe und Zwecke des russischen Übergangs zum direkten Einsatz der Waffen – und wie und warum die USA und ihre Verbündeten ihrerseits die militärische Konfrontation vorantreiben. (Forts.):
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf220307-Ukrainekrieg.pdf
https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle
https://de.gegenstandpunkt.com
Peter Decker: Russland ringt um seine Machtrolle
Mitten in unserem schönen Europa mit seiner wunderbaren Friedensordnung auf einmal wieder Krieg? Wie konnte es bloß dazu kommen? Ja, wie nur? Auf einmal, mitten im schönsten Frieden, ist da jedenfalls nicht ein Krieg ausgebrochen. Er ist auch nicht aus unerfindlichen Gründen von irgendeinem durchgeknallten russischen Autokraten vom Zaun gebrochen worden.
Auch in dem Fall gilt: Die Gründe für den Krieg werden im Frieden geschaffen. Von Staaten, die es in ihrem Verkehr untereinander wieder einmal so weit gebracht haben, dass sie meinen, sich wechselseitig eine vernichtende Niederlage beibringen zu müssen. Im vorliegenden Fall sind die Gründe lange herangereift. Und dass es nun in der Ukraine losgeht, ist auch kein Zufall. (…). Mit dem Zugriff auf die Ukraine kommt die amerikanische Weltmacht ihrem strategischen Ziel, den Rivalen Russland als militärische Größe irrelevant zu machen, einen entscheidenden Schritt näher.
Die USA und ihre Verbündeten in der Nato und in der EU haben mit dieser Zielsetzung die aus dem Zerfall der Sowjetunion hervorgegangenen souveränen Staaten in der westlichen Nachbarschaft Russlands systematisch in eine von den Nato-Staaten beherrschte und politisch und ökonomisch an die EU assoziierte Zone verwandelt.
Die Kennzeichnung als Einflusssphäre reicht dafür längst nicht hin, nachdem diese Staatenwelt fest in den westlichen Bündnissen verankert ist und – dasselbe anders gefasst – russischer Einfluss und russische Interessen ebenso grundsätzlich ausgeschlossen worden sind.
Zu diesem Zweck hat man sich der ökonomischen Notlage der ehemaligen sowjetischen Bündnispartner bzw. Sowjetrepubliken bedient und ihnen die Perspektive eines Anschlusses an den potenten gemeinsamen Markt eröffnet.
Dem freien Willen der Völker hat man die Entscheidung darüber auch nicht ganz überlassen. Die EU hat ihre Erweiterung gemeinsam mit den USA politisch flankiert und den dort freigesetzten Nationalismus, soweit er sich gegen die frühere Bündnisvormacht bzw. den Gesamtstaat Sowjetunion richtete, mit allen Mitteln in Gestalt von unzähligen sogenannten NGOs und Beratern gefördert, um ihn als Staatsräson zu etablieren. Und dieser Zugriff ist Zug um Zug auch militärisch abgesichert, diese Staatenwelt weitestgehend in der Nato verstaut und zum Standort von Nato-Kräften hergerichtet worden. (…) (Forts.):
https://www.heise.de/tp/features/Russland-ringt-um-seine-Machtrolle-6631331.html?seite=all
Der Teil 2 der Erläuterung von Peter Decker stellt die Position der USA bei diesem Konflikt in den Mittelpunkt.
https://www.heise.de/tp/features/Die-Antwort-der-USA-6631915.html?seite=all
Neues Protokoll zum Jour Fixe vom 21.03.2022
– Der Krieg in der Ukraine (Teil 2)
Letztes Mal ging es darum zu klären, womit man es beim Krieg in der Ukraine der Sache nach zu tun hat. Gibt es noch Fragen dazu, zur öffentlichen Berichterstattung oder auch zu Argumenten, auf die man gestoßen ist und zu denen es Diskussionsbedarf gibt?
(Forts.):
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf220321-Ukrainekrieg-2.pdf
https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle
https://de.gegenstandpunkt.com
(…) Erklärte Absicht der Sanktionen ist die Schädigung der russischen Ökonomie mit dem explizit formulierten Ideal ihrer Zerstörung. Offen ausgesprochene Absicht ist es, dass insbesondere auch normalen Bürger Russlands getroffen werden sollen. So als ob Russen nicht ebensolche Nationalisten wären wie die Bürger europäischer Staaten, die sich also im Gefolge solcher Maßnahmen erst recht hinter ihrer Nation versammeln, verbindet der Westen damit die Hoffnung auf einen Umsturz in Russland von unten, etwas was dieselben Staaten bei sich selber für völlig undenkbar halten.
Der kleine Haken an den Sanktionen besteht darin, dass jede Unterbrechung des normalen Geschäftsverkehrs potentiell nicht nur Russland schädigt, sondern auch die Länder der europäischen Union selbst und das die einzelnen Länder alles andere als gleichmäßig. Diese Schädigung darf aber. so die offizielle Position der EU-Granden, kein Hindernis sein. Schädigungen der eigenen Wirtschaft werden bewusst in Kauf genommen.
Es beginnt sich damit ein Standpunkt durchzusetzen, der das Verhältnis von Politik und Wirtschaft neu definiert. All die vergangenen Jahrzehnte verstand sich der Staat als Diener der Wirtschaft. Als solcher verfolgte er mit seiner Wirtschaftspolitik das Ziel, das Wachstum der Wirtschaft zu befördern. Nicht aus blinder Parteilichkeit für die Kapitalisten im Lande, sondern schlicht deshalb weil derart der Reichtum wächst, aus dem der Staat sich selbst finanziert.
Dieser Standpunkt des Wirtschaftswohls wird im Zuge des Wirtschaftskrieges ein Stück weit revidiert. Wirtschaftswachstum soll und muss schon sein, schon im Interesse der eigenen Durchsetzung gegen Russland. Aber gerade im Interesse dieser Durchsetzung gegen den Feind muss die Wirtschaft auch Opfer bringen. Um beides – Erfolg der Wirtschaft und ihre Benutzung als Waffe gegen den Gegner unter einen Hut zu bringen –, steht plötzlich das, was jahrelanges Tabu war, europäischer Kredit, auf der Tagesordnung. Seinerzeit wurde ein entsprechender Antrag der damaligen griechischen Regierung, Griechenland mit europäischem Kredit über die Runden zu helfen, von Schäuble auf rüdeste Art zurückgewiesen. Dies sei unfinanzierbar, hieß es. Bluten durfte dafür die Masse der Bevölkerung dieses Landes. Anders heute, da sind riesige gemeinsame Kredite plötzlich ganz und gar nicht mehr undenkbar, sondern offen in Diskussion. Deutschland geht voran. Heutzutage möchte eine Sozialdemokratie nicht mehr nur einem Kriegskredit zustimmen, heute denkt sie daran, im Verein mit den Grünen – die offenbar immer für eine Zustimmung zu kriegerischen Maßnahmen gut sind – den Antrag selbst einzubringen. Heute geht es schließlich um die Durchsetzung gegen das zum Hauptfeind erklärte Russland.
Kurz zusammengefasst: Mit dem Sanktionsregime ist ein Standpunktwechsel eingeläutet. Galt immer der Staat als Diener der Wirtschaft, wird heute die Wirtschaft in die Pflicht genommen. Sie hat sich als Mittel des Staates in seiner Auseinandersetzung mit Russland zu bewähren. (…)
http://www.gegenargumente.at/radiosend/radiosend_22/Eskalation_mit_Ansage.htm
https://www.contradictio.de/blog/archives/8539/comment-page-1#comment-10149
Dass die Verschärfung der NATO-Sanktionen mit einem höheren Ausmaß von Kriegsbereitschaft in der deutschen Zivilgesellschaft einher zu gehen hat, dass die materiellen Nöte armer Deutscher also beträchtlich durch den Kriegskurs zunehmen, das legitimiert den Betroffenen auch der national aufgestellte deutsche Gewerkschaftsbund.
https://www.tages-politik.de/Innenpolitik/Harte_Zeiten_in_Kriegszeiten-20202.html
Mit dem Sanktionsregime ist ein Standpunktwechsel eingeläutet. Galt immer der Staat als Diener der Wirtschaft, wird heute die Wirtschaft in die Pflicht genommen. Sie hat sich als Mittel des Staates in seiner Auseinandersetzung mit Russland zu bewähren. (…)
„Standpunktwechsel“ klingt ein wenig beliebig und unbegrifflich, als ob es drum ging den öffentlichen Nahverkehr, statt den Autobahnen auszubauen, als ginge es um eine beliebige Alternative der Politik. Der Übergang der hier angesprochen wird ist jedoch nichts als der Übergang vom Frieden zu Krieg. Der sachliche Reichtum wird eingesetzt, um den Gegner in die Knie zu zwingen. Dabei wird in Kauf genommen, das jede Menge Geschäft nicht gemacht wird und und die Inflation der Reichtum der Nation und den der Normalbürger auffrisst. Und daran erkennt man im Übrigen auch, dass es sich bei den Sanktionen nicht um eine Strafmaßnahmen handelt wie noch bei der Annexion der Krim. Der Gegner soll nicht nur geschädigt werden. Der Gegner soll fertiggemacht werden, vollständig ruiniert werden. Die Reproduktion als Gesellschaft soll Russland unmöglich gemacht werden.
Ob das gelingt oder überhaupt gelingen kann, steht auf einem anderen Blatt. Das die Energiepreise und die anderen Preise steigen, ist dann natürlich auch wieder Putins Schuld. Als wäre es ein Naturgesetz, dass der Westen russische Vermögen einfriert und ihn vom internationalen Zahlungsverkehr ausschließt. Den Anstieg der Preise hat ja nicht Putin veranlasst, sondern das sind die Auswirkungen der westlichen Sanktionen.
Vgl. zur Haltung der BRD und der EU auch den entspr. Absatz im zweiten Ukraine jf-Protokoll, S. 5 bis 9:
“Die Grundlage der herrschenden Weltordnung beruhte immer schon auf Gewalt. Für die Bundesrepublik war es eine bequeme Rolle, sich in einer Art Arbeitsteilung darauf verlassen zu können, dass die USA die von ihnen eingerichtete Weltordnung mit ihrem Gewaltapparat aufrechterhalten haben, an der Europa so partizipiert und innerhalb derer Europa stark geworden ist. Der Schwenk ist, dass sich Deutschland jetzt darauf besinnt, selber Subjekt seiner eigenen Sicherheitsbedürfnisse zu werden, um seine Position in der Welt abzusichern. Dazu will es sich selber in die Lage versetzen – und das an der Spitze Europas.
Die bisherige Art und Weise Deutschlands, die Welt und ihre gemeinsame Grundlage zu benutzen, ist jetzt angesichts der aktuellen Lage eine einzige Schadensbilanz: Der Krieg – aber bereits auch schon die eskalierende Lage davor – hat Deutschlands Politik des zivilen Imperialismus, der die Welt sicherheitspolitisch mit friedlicher Eroberung ordnet, ein für allemal durchgestrichen.” (Forts.):
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf220321-Ukrainekrieg-2.pdf
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Auf den imperialistischen Punkt für die BRD bringt es ihr Bundespräsident Steinmeier:
https://www.deutschlandfunk.de/steinmeier-haelt-rueckkehr-zur-normalitaet-mit-russland-unter-putin-unmoeglich-100.html
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“Steigerungen der Militärausgaben und Kürzungen im Sozialhaushalt – sind das schon die Vorboten auf Hochrüstungs- und Kriegshaushalte?
Einerseits kündigt der Kanzler in seiner “Zeitenwende”-Rede ein Rüstungssondervermögen von 100 Milliarden Euro und einen Wehretat von mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts an. Andererseits sinkt der Sozialhaushalt im Haushaltsplan 2022 um fünf Mrd. Euro (minus drei Prozent) gegenüber 2021.
Das ist keine Einjahres-Fliege, sondern ist auf Dauer geplant. Allein in der Rentenversicherung werden die in 2018 beschlossenen Sonderzahlungen über jeweils 500 Mio. Euro von 2022 bis 2025 gestrichen. Zusammen mit anderen Kürzungsmaßnahmen im Rentenhaushalt spart der Bund bis 2026 über sechs Mrd. Euro ein.”
https://www.heise.de/tp/features/Rentenpolitik-in-Krisenzeiten-6659854.html
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Auch dt. „Entwicklungshilfe-Programme“ werden dementsprechend neu justiert, wieder mal mit dem „Label“ der „Fluchtursachenbekämpfung“ – dieses Mal in die Anrainerstaaten der Ukraine …
https://taz.de/Haushalt-fuer-Entwicklung/!5840337/
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Der neue Haushaltsschwerpunkt: Massive Aufrüstung
https://taz.de/Aufruestung-der-Bundeswehr/!5843022/
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Auch das Investieren in und Spekulieren auf deutsche Waffen,
das ist moralisch nun allerbeste Güteklasse …
„Ende 2021 kostete eine Aktie des Rüstungsherstellers Rheinmetall noch 79 Euro. Wer heute ein Papier des Düsseldorfer Konzerns in sein Depot holen will, muss mit 200 Euro mehr als doppelt so viel zahlen. Nahezu alle Rüstungshersteller haben seit dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine an der Börse kräftig zugelegt – in Deutschland wie im Ausland. Während Waffenhersteller in den letzten Jahren von Investoren nur noch mit spitzen Fingern angefasst wurden, sind sie jetzt so gefragt wie lange nicht.“
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/geldanlage-in-ruestungskonzerne-sind-die-investitionen-esg-konform-17909763.html
Renate Dillmann: Was die „Zeitenwende“ von Bundeskanzler Scholz bedeutet
Aufrüstung, Energiesouveränität, Kriegsmoral: Deutschland macht sich im Schatten des Ukraine-Krieges von ‚Lasten der Vergangenheit‘ frei
Das deutsche Souveränitäts-Dilemma wird endlich gelöst
Energie-Autarkie statt Abhängigkeit von russischem Gas und Öl
Kriegsmoral auf höchstem Niveau
Ende der Nachkriegsordnung
Wie Deutschland den Krieg für einen nationalen Aufbruch nutzt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat in seiner Regierungserklärung zur Ukraine eine „Zeitenwende“ in der deutschen Sicherheitspolitik und ein gigantisches Aufrüstungsprogramm verkündet. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) nimmt den laufenden Krieg als endgültiges Argument dafür, die Nation von ihrer „Abhängigkeit“ von russischen Öl- und Gaslieferungen zu „befreien“ und stattdessen Fracking-Gas aus den USA zu importieren.
Der Wirtschaftsminister spricht offen aus, dass der Kern der deutschen Klimapolitik die „Energiesouveränität“ der Bundesrepublik ist und kann sich dabei der Unterstützung durch Fridays for Future gewiss sein. (Forts.):
https://www.heise.de/tp/features/Was-die-Zeitenwende-von-Bundeskanzler-Scholz-bedeutet-6665130.html?seite=all
Gegenstandpunkte und Thesen zum Frieden (und zum Krieg):
https://wissenundkritik.de/wp-content/uploads/2021/11/Stichwort-Frieden.pdf
http://fhuisken.de/downloadable/lose-texte/Frieden2017-a.pdf
Protokoll zum Jour Fixe vom 04.04.2022 – Der Krieg in der Ukraine (Teil 3)
Vorab zwei Anmerkungen zum Protokoll vom 21.03.2022: Auf der letzten Seite, wo es um die ökonomischen Interessen Russlands im Verhältnis zu den westlichen Mächten geht, steht: „Russland hat bei der Benutzung der imperialistisch eingerichteten Welt keine gleichgelagerten Interessen zu verteidigen, es steht gar nicht in Konkurrenz zu den imperialistischen Mächten“. Der letzte Halbsatz ist verkehrt. Russland betätigt sich in der Konkurrenz z.B. mit dem Verkauf von Energieträgern, Rohstoffen, Rüstungs- und Atomtechnik und konkurriert damit verbunden um Einfluss in der Welt.
Beim Satz darunter „Macht braucht Russland außerdem zur Absicherung seiner Existenz“ legt das Wort „außerdem“ nahe, das sei ein selbstständiger, eigener Zweck, der sich gar nicht aus dem anderen erklärt. Die Absicherung seiner Existenz ist die Grundlage dafür, dass sich Russland in der anderen Weise als Konkurrent um Reichtum und Einfluss in der Welt betätigen kann.
(..)
In Bezug auf die Rede von Biden an die Weltgemeinschaft im März in Warschau sollen drei Punkte besprochen werden: Was drückt Biden aus, wenn er sagt, dass Putins Krieg ein Angriff auf die regelbasierte Weltordnung ist, auf die Friedensordnung in Europa oder auch auf die europäische Sicherheitsarchitektur. Zweitens wird behauptet, die NATO bedrohe niemanden, sei ein reines Verteidigungsbündnis. Welche Art militärischer Logik wird da praktiziert? Und drittens: Was ist im Fortgang der Auseinandersetzung an militärischer Aufrüstung und an Sanktionen in der Welt? (…) (Forts.):
https://de.gegenstandpunkt.com/sites/default/files/jf-protokolle/jf220404-Ukrainekrieg-3.pdf
https://de.gegenstandpunkt.com/jfp/jf-protokolle
https://www.heise.de/tp/features/Die-Antwort-der-USA-6631915.html?seite=all
https://de.gegenstandpunkt.com/artikel/supermacht-ringt-sich-um-ihre-weltweite-suprematie