Die Lüge von der „Grenzenlosen Freiheit! “
Bei den Jubelfeiern zur Auflösung des Ostblocks vor 20 Jahren wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Zum Beispiel vom alten Genscher, der bei jeder Gelegenheit, etwa am Brandenburger Tor in Berlin, behauptet, es sei darum gegangen, „Menschen zusammenzubringen, die vorher getrennt waren“. Dafür also der jahrzehntelange Kalte Krieg, dafür das „Niederreißen von Mauern und Auflösen von Grenzen“?
• Zunächst könnte schon ein simpler Blick in den Atlas eines Besseren belehren: Wer sich etwa die aktuelle Europakarte anschaut und mal mit der Lage vor 1989 vergleicht, wird locker doppelt so viele Grenzen zählen können. Und Genschman hat wesentlich dazu beigetragen: vor allem durch die Anfang der neunziger Jahre verkündete Anerkennung der separatistischen Bewegungen im alten Jugoslawien. Die von Deutschland verkündete Unterstützung für Slowenien und Kroatien hat dort den Bürgerkrieg erst so richtig in Schwung gebracht und nach jahrelangen Massakern zu neuen Demarkationslinien geführt.
• Nicht nur mehr Grenzen gibt es – die sind sogar um einiges undurchdringlicher für „die Menschen“ geworden: Man frage nur die Hungerleider aus Afrika, sofern sie überhaupt ihre Versuche überleben, via Mittelmeer nach Europa zu gelangen – übrigens dahin, wo die Länder sind, die ihnen die Existenzgrundlagen daheim kaputt gemacht haben. An der in keinem Atlas verzeichneten Seegrenze von Gibraltar bis Sizilien hat sich die EU ein ziemlich tödlich-perfektes Grenzregime ausgedacht, an dem jedes Jahr Tausende scheitern beziehungsweise im Meer ersaufen.
• Es ist also gar nicht so, dass demokratische Außenpolitiker wie früher Kohl/Genscher oder heute Merkel/Westerwelle prinzipiell etwas gegen Grenzen haben. Es müssen bloß die richtigen sein, an passender Stelle und von Mächten gesetzt, die sich den deutschen Ansprüchen unterordnen. Von denen können sie gar nicht genug kriegen.
[Quelle: von Marx Lernen]