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Backup von libelles „Volk im Feudalismus, Nationalismus “

1. Oktober 2009

Weil libelle/hinweis alle Brücken hinter sich verbrannt hat und sich nicht nur aus der weiteren Diskussion um den Volksbegriff ausgeklinkt hat, sondern obendrein auch noch ohne Ankündigung seinen Blog gelöscht hat, sind nicht nur die von mir auf seinen Blog transferierten Diskussionsbeiträge zur Wählen-ist-verkehrt-Debatte, bei denen es um sein AKW-Argument ging, verloren gegangen, sondern auch ein größerer Text zum Volksthema. Krim hatte den aber schon runtergeladen und hier dankenswerterweise als Kommentar reingestellt für all die anderen (wie mich z.B.), die nicht so mißtrauisch gewesen sind. Weil man Blogsport-Kommentare nicht so gut durchsuchen kann wie Artikel, bringe ich dieses Text hier jetzt auch noch mal:

Eine Antwort auf diese Diskussion [geführt u.a. bei MPunkt, im Forum Kapitalismuskritik und hier, neo], die ich meinen öffentlich gespeicherten Werken hinzufügen möchte. Sie ist wahrscheinlich nur im Kontext der Diskussion vollständig verständlich.

1. Ist es sachlich richtig historisch die Menschen, die einem Staatswesen untergeordnet sind als Volk aufzufassen?

Der Begriff, den wir entwickelt haben, behauptet doch etwas anderes: Menschen fassen über sich das politische Urteil ein Volk zu sein, um über die Voraussetzungen der Reichtumsproduktion in der jeweiligen historischen Form exklusiv zu verfügen bzw. die Konkurrenz um den Zugriff auf Reichtumsquellen gegen den ausgeschlossenen Rest der Menschheit zu eröffnen. Deshalb ist es zunächst einmal ein formaler Fehler, wenn man in die Geschichte zurückblickt und feststellt: Es hat z.B. angelsächsische Königreiche, ein Fränkisches Reich oder ein Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation gegeben und seine Bewohner waren sein Volk. Man schließt darin von der Existenz einer historischen Gewalt, die Grenzen geschaffen- bzw. behauptet hat darauf, dass ihre Insassen ausnahmslos den eingangs nochmal erwähnten Zweck gehabt haben müssen als Volk Reichtumsquellen exklusiv gegen von sich ausgeschlossene Menschen zu beanspruchen.
Indem man diesen Rückschluss macht wendet man aber nicht unseren, sondern den GSP Begriff an, dass die Existenz einer mehr oder weniger monopolisierten Herrschaft das Volk macht. Von unserem Begriff ausgehend kann man nur schließen, dass in dem Gemeinwesen ein Volksstandpunkt vorhanden sein muss, der durchgesetzt für die Existenz einer Herrschaft sorgt, die Grenzen behauptet und die Gesellschaft auf den Dienst an der Konkurrenz mit anderen Gemeinwesen verpflichtet. Nicht fest steht damit, ob alle Insassen des Gemeinwesens, alle ökonomischen Charaktere usw.. diesen Standpunkt haben, oder ob das Gemeinwesen so verfasst ist, dass Teile der in dem Gemeinwesen hausenden Menschen notwendig, konstitutiv für das Gemeinwesen, als Material eines Volksstandpunktes benutzt werden und überhaupt nicht zum Volk gehören. Und genau Letzteres ist in den alten, auf Grundbesitz basierenden Gemeinwesen der Fall. Behauptet ist also, dass es in diesen Gemeinwesen Bevölkerungsteile gab, deren Interesse kein Verhältnis zum Ausgang dieser Konkurrenz mit anderen sich aus einem Volksstandpunkt ableitenden Gemeinwesen hatte. Dafür gibt es eine Argumentation, die auf das Volksinteresse abhebt und eine, die die Genesis solcher Gemeinwesen zum Gegenstand hat.

Der obige Rückblick von heutigen- auf die historischen Gewalten ist einer der Punkte, wo ich eine Projektion ausmache. Im Kapitalismus ist es nämlich so, dass ein bürgerlicher Staat nach innen i.d.R. auf ein Volk und sonst Niemanden bezogen ist*, d.h. dass alle Bürger als Volksangehörige bestimmt sind. Das ist gerade eine wesentliche Bestimmung der Nation. Dieser Umstand wird in die Geschichte projiziert und es wird dann von der Existenz historischer Gewalten rückgeschlossen auf die Volkszugehörigkeit ihrer Insassen; d.h. auf ein gleiches Verhältnis wie im Kapitalismus, das sich nur anders von Seiten der als Volksangehörige betrachteten Insassen dieser Gemeinwesen begründet. Damit betrachtet man aber nicht mehr die historischen Gemeinwesen für sich, sondern hat sich ein Konstruktionsinteresse vorgegeben, an dem entlang man einige Eigenschaften dieser Gemeinwesen, in ihnen gültige Interessen etc.. zu einem Volksstandpunkt arrangiert, um die Projektion zu bestätigen.

* Ausländer, Fremdarbeiter mal außen vor gelassen, die gab es im Mittelalter auch, wenn auch seltener (deutsche Bergleute im Zarenreich, Händler usw..).

2. Das gemeinsame Interesse der Volksangehörigen

Im Volksstandpunkt wollen die Volksangehörigen sich zu ihrem Vorteil exklusive Verfügung über beanspruchte, eigene Reichtumsquellen, bzw. Zugriff auf auswärtige Reichtumsquellen verschaffen. Die erfolgreiche Konkurrenz mit anderen Gemeinwesen soll für die Prosperität der im Gemeinwesen gültigen Interessen sorgen und indem das als Konkurrenz aufgefasst und betrieben wird ist auch klar, dass das auf Kosten der Gegner in dieser Konkurrenz geht, da letzterer sonst der Gegenstand abgehen würde.

Davon, dass das Interesse der unteren Stände (Leibeigene, Hörige, einfache Handwerker usw..) im Feudalismus, oder der Sklaven im Römischen Reich in einem positiven Verhältnis zu dieser Konkurrenz gestanden hätte, kann keine Rede sein. Ihre Interessen waren durch das Gemeinwesen entweder überhaupt nicht (Sklaven), oder nur in einem geringen Ausmaß (Leibeigene, Hörige, einfache Handwerker) anerkannt. Und ein Bevölkerungsteil, dessen Interesse nicht oder kaum anerkannt ist, der gehört auch nicht zum Volk, weil er am Erfolg, der im Eintreten in die Konkurrenz mit anderen Gemeinwesen wenigstens intendiert ist qua gesellschaftlicher Stellung nicht partizipieren kann. Auch in negativer Hinsicht, wenn die eigene Herrschaft einen Krieg verloren hatte, hat sich für die Sklaven, Leibeigenen etc.. erst einmal nicht notwendig etwas geändert. Dann haben sie ihre Frondienste eben dem neuen Grundherren erbracht oder fungierten als Produktionsmittel für ihn (Sklaven).

Ihr persönliches Geschick hing von ihrem Grundherren ab d.h. auf den waren sie bezogen. Die Herrschaft des Grundherren hatte dabei den Charakter einer Besatzungsmacht. Er hat ein militärisches Gefolge gehalten, das die Hintersassen beaufsichtigt hat, hat über sie gerichtet und hat sonst (im Feudalismus) die Kirche ihr Werk tun lassen, die den Hörigen, Leibeigenen etc… erzählt hat, dass die Ordnung genau so sein muss, wie sie ist, weil sie der liebe Gott so will. Die Sklaven in noch früheren Gesellschaften sind nur von Aufsehern etc.. betreut worden bzw. haben sich eben mit der Perspektive, dass sie irgendwann mal freigelassen werden könnten mit ihrem Sklavendasein arrangiert (Freilassung ist im Römischen Reich oft vorgekommen, dagegen gab es Gesetze). Für diese Bevölkerungsteile stimmt noch am ehesten, was der GSP über den Willen der Leute zu bürgerlichen Verhältnissen festhält: Diese Bevölkerungsteile (im Römischen Reich in Spitzenzeiten 1/3 der Bevölkerung, ich vermute mal, dass es bei der Leibeigenschaft ähnlich ist und kann mich auch schwach an eine ähnliche Zahl erinnern) haben sich einfach mit den ihnen gewaltsam oktroyierten Lebensverhältnissen abgefunden bzw. sind auch so gehalten worden, dass das Zustandekommen eines gemeinsamen Willens verhindert worden ist. Man hat eben möglichst Sklaven unterschiedlicher Sprachen zusammen gehalten, sie nicht konzentriert etc..
An der Stelle kann man nur sagen: So, mit den obigen Maßnahmen, ist versucht worden den Willen der Hintersassen zum Grundherren, bzw. der Sklaven zu ihrem Dasein als Produktionsmittel zu erzwingen und sie haben sich eben zumeist dazu bereit gefunden. Und dann fungieren sie auch als Manövriermasse des Grundherren bzw. als Produktionsmittel, als Sache.

In dem Maß, wie sich im Feudalismus z.B. in den Städten, Handel etc… Interessen entwickelt haben, die von der Konkurrenz der eigenen Herrschaft mit anderen Herrschaften betroffen waren, haben die natürlich ein grundsätzliches Verhältnis zur Volkszugehörigkeit in positiver oder negativer Hinsicht entwickelt. Dann war man eben, weil man von dieser Konkurrenz betroffen war, Deutscher bzw. musste sich dazu verhalten und hat sich für das Heilige Römische Reich entsprechend seiner Interessen etwas vorstellen können (gerechter Kaiser, Beschränkung der Fürsten usw..). Es ist also auch ein Unterschied, welche Phase des Mittelalters man betrachtet, wie weit der Volksstandpunkt in die Bevölkerung reicht, welche Bevölkerungsteile ihn haben.

Funktioniert – und da gebe ich Gründling schon recht – hat das Volk nur, weil die Teile, die qua gesellschaftlicher Stellung nicht dazu gehörten (Leibeigene, Hörige, Sklaven und am Anfang auch Handwerker, Händler etc..) sich in ihr Los geschickt haben. Im Fränkischen Reich z.B. gab es natürlich auch fränkische Hörige, die formal zum Volk gehört haben und gallo-romanische Freie, aber manche Franken sind eben in diese Stellungen abgesunken oder haben sich in sie zum Schutz vor Grundherren begeben bzw. sind Romanen von den Frankenkönigen in königlichen Dienst genommen worden und standen unter deren Schutz oder es ist ihnen ein Rechtsstatus als Freie gegen ein Wehrgeld gelassen worden. Erläuterung dazu siehe nächster Gliederungspunkt.
In diesen alten Gesellschaften gehörten solche Teile der Bevölkerung, deren Wille grundsätzlich nicht anerkannt war, die übereignet wurden wie Sachen oder die an das Produktionsmittel Grund gebunden waren und die kein Teil des Volkes waren notwendig, konstitutiv zum Gemeinwesen. Die brauchte es, damit Großgrundbesitz, große Lehen usw.. funktionieren konnten. Das gleiche Verhältnis gibt es auch in bürgerlichen Nationalstaaten, da allerdings als Ausnahme (Sklaverei in den USA, Südafrika & Bantustans, Israel & Palästinenser) d.h. das ist nicht notwendig für ein bürgerliches Gemeinwesen, dass es Herrschaft über eine Bevölkerung ausübt, deren gesellschaftliche Stellung es ist vom Volk ausgeschlossen zu sein.

3. Anmerkung zur Entstehung der unteren Stände der auf Grundbesitz basierenden Gemeinwesen

„Am tiefsten auf der sozialen Stufenleiter standen die Unfreien, die Theows oder Theowmannes. Wie schon vorhin erwähnt wurde, ist diese Schicht nicht erst in England entstanden. Die Angelsachsen brachten bereits eine Anzahl solcher Unfreien mit, eine Schicht, die dann durch die unterworfenen britischen Kelten schnell vermehrt wurde… Nicht alle Kelten wurden in den Kämpfen getötet und nicht alle flohen. Ein großer Teil blieb in seinen Wohnsitzen und unterwarf sich mehr oder weniger willig den Siegern. Hatten die Kelten den Angelsachsen und Jüten harten Widerstand geleistet und diesen größere Verluste beigebracht, dann wurden sie häufig als Gefangene abgeführt, versklavt oder zur Knechtsarbeit gezwungen. Ergaben sie sich ohne ernstlichen Widerstand, nahm man ihnen zwar den größten Teil ihres anbaufähigen Bodens und ihrer ausgedehnten Wälder, ließ ihnen aber ihre bisherigen Wohnsitze. Dafür forderte man von ihnen bestimmte Tributabgaben, oft auch allerlei Arbeitsleistungen, vornehmlich Rhodungs- und Feldbestellungsarbeiten, sowie Viehhütedienste.“ H.Cunow Wirtschaftsgeschichte Bd. II S. 272

Die unteren Schichten – Unfreie (Sklaven, Hörige etc..) – sind also zu einem wesentlichen Teil das Ergebnis militärischer Subordination fremder Völker. Und als Fremde, eigentlich nicht zum Gemeinwesen Gehörige sind sie in das Gemeinwesen als niedere Stände integriert und vom siegreichen Volk ausgebeutet worden. Das Volk hat also neben den Herrschaftsverhältnissen, die sein Konkurrenzzweck notwendig machte auch Herrschaft über die besiegten Völker ausgeübt. Die Form, wie das im Ausgangspunkt geschah, waren Hörigkeit und Sklaverei. Dieser Zweck macht dann auch eine permanente Überwachung der so intergrierten Bevölkerung notwendig, es brauchte also je nach Entwicklung und Durchsetzung dieser Verhältnisse die Präsenz der entsprechenden militärischen Gefolgschaften. Auch Gegensätze innerhalb des siegreichen Volkes sind unter Anwendung dieser Ständeordnung, Schichtung ausgetragen worden. War man verschuldet, sank man in die Schuldsklaverei ab, was nichts weiter als der (manchmal befristete) Ausschluss aus dem Volk war. Waren die Erben eines Bauernhofes zu zahlreich, so dass aus seiner Aufteilung kein neuer die Reproduktion ermöglichender Grundbesitz zustande kam, hat man sich als Höriger von einem Grundherren ansiedeln lassen etc… Die unteren Stände sind also ständig durch Angehörige aus dem eigenen Volk ergänzt worden.

Im Ausgangspunkt und ich meine bis weit in das Mittelalter kann man also bei diesen historischen Gemeinwesen die Volksangehörigen mit den zur Heerfolge Herangezogenen identifizieren, die mussten die Volksangehörigen nämlich leisten (z.B. die Angelsachsen). Hier ist nicht die Frage – „Wer war Soldat?“ – gemeint, sondern die Frage ist: „Wer konnte prinzipiell zu einem Heeresaufgebot bestellt werden?“. Die unteren Stände gehörten nicht zum Volk d.h. ihr gesellschaftlicher, politischer Bezug auf das Gemeinwesen war nicht der von Volksangehörigen, auch wenn sie sich z.B. als Franken aufgefasst haben und ein fränkischer Unfreier mehr galt als ein gallo-romanischer.

Diese Verhältnisse lösen sich mit dem Fortschreiten des Mittelalters dann immer mehr auf bzw. verändern sich, und es entstehen mehr Gruppen, die Kraft ihres Interesses auf die Herrschaft, die sich in dieser Konkurrenz betätigt und die Grundherren mit Gefolge dazu heranzieht, bezogen sind, die also sich als Volksangehörige auffassen und um die Rücksicht auf ihre Interessen mit der Herrschaft streiten oder sie in die Schranken weisen.

Am obigen Zitat sieht man auch nochmal sehr schön, dass der Ausgangspunkt der Lebensverhältnisse der Kelten, die sich dann zu fronpflichtigen Bauern entwickeln, ihre militärische Niederlage ist. Und dann wird eben praktisch ermittelt, bis zu welchem Grad sie ihre Enteignung und den Dienst den die Angelsachsen von ihnen verlangen akzeptieren, oder ob sie nicht doch wieder anfangen zu kämpfen. Umgekehrt müssen die Angelsachsen die Gewalt aufbringen, die keltische Bevölkerung in ihr Joch zu zwingen. Da kompensiert der Wille sich mit den Verhältnissen zu arrangieren Gewaltaufwand auf Seiten der Sieger. Das hat sich eben irgendwo eingependelt; es hat sich also praktisch ein Maß herausgestellt, das die Kelten mit sich haben machen lassen. Ein Wille zu diesen Verhältnissen war bei den Kelten m.E. nicht vorhanden, sie haben ja erst einmal gegen die Angelsachsen gekämpft. Danach hing ihr Geschick allerdings an ihrem angelsächsischen Grundherren, das sich allerdings nicht grundsätzlich änderte, wenn der wechselte – dann war’s eben ein Normanne statt eines Angelsachsen. Und dieses Verhältnis gilt im bürgerlichen Nationalstaat nicht. Da ist der Erfolg in der Staatenkonkurrenz positive oder negative Bedingung der Partikularinteressen der Bürger, d.h. die haben ausnahmslos ein Interesse an der Durchsetzung ihres bürgerlichen Gemeinwesens, weil ihr ökonomischer Erfolg davon abhängt.

4. Nochmal kurz zum Nationalismus

Der obige historische Exkurs ist ein schönes Kontrastmittel, um nochmal kurz darzustellen und zu erweitern, was Nationalismus ist. Ich halte, damit das nicht untergeht, Nationalismus für ein Produkt bürgerlicher Verhältnisse, das allerdings nicht auf sie beschränkt bleibt. Im Feudalismus, Römischen Reich etc… kann man nicht von Nationalismus reden.

Am Nationalismus sind 2 Sachen auffällig:

Die erste Sache ist, dass die Verhältnisse, nach denen Nationalisten trachten in ihrem nationalistischen Standpunkt überhaupt nicht näher bestimmt sind, sondern sie müssen sich zusätzlich als Sozialisten, bürgerliche Demokraten o.ä. bestimmen. Oft ist sich die jeweilige nationalistische Bewegung darin überhaupt nicht einig und hat entsprechende Fraktionen. Der Nationalstaat wird also im Nationalismus als von der ökonomischen Sphäre getrennte Gewalt gedacht, die Mittel sich in ihr betätigender Partikularinteressen der Volksangehörigen sein soll, indem sie fremden Ansprüchen Grenzen setzt bzw. die Grenzen, die fremde Völker setzen zum Nutzen des nationalen Gemeinwesens überwindet.

Das ist in historischen Gemeinwesen (Rom, Fränkisches Reich oder noch älteren) anders. Dort war die Gewaltausübung des Volkes gegen andere Teil der ökonomischen Sphäre. Man hat fremde Völker unterworfen und geplündert, sich ihre Produktionsmittel angeeignet und die Fremden, Unterworfenen selbst mehr oder weniger als Produktionsmittel behandelt, indem man sie in Unfreie verwandelt hat.

Die Gewalt des Volkes war keine Bedingung davon getrennter Verhältnisse, sondern sie war Form der Aneignung von Reichtum. Nicht von ökonomischen Inhalten bereinigte Zwecke wie „nationale Selbstbestimmung“ haben die alten Völker getrieben, sondern schlicht und ergreifend Aneignung fremden Reichtums bzw. seiner Voraussetzungen. Was die Gewalt, den „Nationalstaat“, füllt war da nie eine Frage die aufkommen konnte, sondern im Sieg waren die Verhältnisse schon bestimmt: Man hat den Unterlegenen Produktionsmittel weggenommen und sie als untere Stände oder Sklaven in den eigenen Verein integriert und ausgebeutet.

Die zweite Sache ist, dass im Nationalismus, wie vorher in dieser Diskussion schon erwähnt die Volksangehörigen als Gleiche auf einen Nationalstaat, eine Gewalt, vor der alle Volksangehörigen gleich sind, bezogen werden. Das folgt notwendig aus der Forderung nach einem Nationalstaat, d.h. einem Staat des Volkes, der Bedingung einer von ihm getrennten ökonomischen Sphäre ist, weil darin ja gerade von den ökonomischen Unterschieden abstrahiert wird. In diesem Anspruch sind die Volksangehörigen als Gleiche, als Kurden, Deutsche usw… auf den Staat bezogen. Historisch hat sich der Nationalismus deshalb auch mit dem Kapitalismus herausgebildet. Er ist die Forderung nach einer zu bürgerlichen Verhältnissen passenden Verfassung einer Volksherrschaft.

Man kann daraus aber nicht umgekehrt schließen, dass diese Form der Volksherrschaft (Nationalstaat) nur mit bürgerlichen Verhältnissen verträglich wäre, sondern sie harmoniert z.B. genauso gut mit dem realen Sozialismus. Auch da ist die Verfolgung ökonomischer Zwecke vom Staat getrennt. Nicht die Parteispitze beutet ihr Volk aus o.ä., sondern sie schafft ökonomische Subjekte (sozialistische Betriebe, Kombinate, Werktätige etc…) die sich dann innerhalb der ihnen gewährten ökonomischen Freiheit betätigen. Das natürlich auf der Grundlage, dass diese Verhältnisse von den Insassen dieser Gesellschaft gewollt sind. Es ist also schon so, dass eine Bewegung diese Verhältnisse als die ihr entsprechenden eingerichtet hat und sie am Leben erhält.

Nationalismus ist also ein politischer Zweck, eine Bewegung, der/die einen von der Ökonomie getrennten Staat des Volkes will. Er ist zugleich Ideologie, die dieses Verhältnis als den

Volksmenschen gemäß legitimiert.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. Krim
    1. Oktober 2009, 15:35 | #1

    Hat jemand noch Text?

  2. Ohr
    1. Oktober 2009, 15:54 | #2

    [von libelle auf seinem ehemaligen Blog]

    Mit der Kopierfunktion gelingt es wurzellos dann doch noch etwas in seinem Blog zu veröffentlichen, das sich zum Thema Volk äußert. Es ist ein Auszug aus dem kritisierten Artikel des GSP. Bestenfalls schaffen es die Freunde des GSP also die Diskussion bei Null beginnen lassen zu wollen. So, als hätte noch kein Mensch einen Einwand gegen den Artikel vorgebracht. OK – einmal kann man auch das versuchen – damit es das nächste Mal aber nicht wieder geschieht, sondern sich mal auf die vorgebrachten Einwände bezogen wird, soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass auf diesen Artikel im Forum Kapitalismuskritik schon ausführlich eingegangen worden ist (siehe z.B. Krims Beiträge dort) und dass die nächste inhaltliche Reaktion nicht wieder bei Null anfangen kann, sondern sich mal auf die Einwände beziehen muss, sonst wird es albern: Man kritisiert einen Artikel des GSP und nach Tagen, Monaten, inzwischen bald Jahren des Gestammels schaffen es seine Verteidiger einen Gliederungspunkt aus dem GSP abzutippen etc… So geht Diskussion auch nicht. Ich versuche im Folgenden mal meine Version der Kritik dieses Artikels ein bisschen näher am kopierten Text zu machen.

    Die Etablierung eines Gewaltmonopols über ein Territorium und die auf ihm lebenden Menschen erfolgt nicht, um sie zu unterdrücken.

    Die Frage, wer dieses Gewaltmonopol denn etabliert scheint den Autor des Artikels nicht weiter bei seinem Versuch den Begriff des Volkes zu ermitteln zu interessieren. Das Gewaltmonopol (der Staat) wird einfach „etabliert“. Da sich der Staat nicht selbst etablieren kann, nenne ich die nicht näher bestimmte Kraft, die ihn einrichtet mal „das Ding“ – darüber weiß man ja nichts. Über den Zweck dieses „Dings“ bekommt man zunächst nur eine negative Auskunft: Es kommt zwar auf die Unterdrückung von irgendwas an (Gewaltmonopol), es geht ihm aber nicht um Unterdrückung. Diese Nicht-Bestimmung soll wohl eine Abgrenzung gegen falsche Vorstellungen sein, ist aber in dieser Form nur eine Behauptung, die man auch weglassen könnte. Das zugehörige Argument, das an die Stelle gehört, fehlt nämlich: Unterdrückung ist ein negatives, ausschließendes Verhältnis zwischen Interessen, bei denen das eine eben auf Kosten der anderen zum Zug kommt, die es zu diesem Zweck unterdrückt. Wer sagt es ginge einer Einrichtung, einem Menschen nur um Unterdrückung, der identifiziert deren bzw. dessen Interesse mit der Zurückweisung des eigenen Interesses. Der behauptet also, dass das negative Verhältnis, das der Unterdrücker in Verfolgung seines Interesses zu ihm einnimmt Inhalt seines Interesses wäre. Auch Kritiken, die vorgeben ein von der Unterdrückung abweichendes Interesse der Unterdrücker zu kennen, letzteren aber schon in der Bezeichnung „Unterdrücker“ die Unterdrückung vorwerfen und nicht das Interesse kritisieren, für das unterdrückt wird, machen einen Fehler. Die Gewalt, die die „Unterdrücker“ ausüben wird eben durch ihr Interesse und sein ausschließendes Verhältnis zu den unterdrückten Interessen notwendig gemacht, sie ist also Mittel des Interesses der „Unterdrücker“. Die Diagnose Unterdrückung beinhaltet noch einen weiteren Fehler: In diesem Vorwurf wird nämlich auch von den unterdrückten Interessen abstrahiert. Die werden in dieser Klage als etwas unterstellt, das über jeden Zweifel erhaben ist. Dabei machen diese Interessen, die z.B. in der bürgerlichen Gesellschaft welche von Eigentümern, Nationalisten usw… sind in aller Regel ihre Unterdrückung notwendig. Ein Beispiel, das auch der GSP nicht bestreitet ist dabei das Interesse kapitalistischer Eigentümer: Damit das Eigentum als ökonomische Erwerbsform überhaupt in Funktion kommt braucht es eine von allen Eigentümern getrennte Gewalt, die gegen die Interessen der Eigentümer seine Funktion der Gesellschaft aufherrscht. Die Kritik an diesem Verhältnis, das darin die Freiheit der Bürger beschnitten würde, also unterdrückt würde, die gibt es dann als (eine Form des) Liberalismus. Dabei gehört diese Unterdrückung eben zu den Interessen der Eigentümer dazu d.h. Kapitalismus ist ohne öffentliche Gewalt nicht zu haben. Darin ist Liberalismus ein Programm, das sein Ziel nicht erreichen kann, sondern in der immer währenden Klage über staatliche Bevormundung besteht. Die Kraft, „das Ding“, das ein Gewaltmonopol braucht sind also in diesem Fall die Interessen der Eigentümer. Mit ihrem Willen zum Eigentum fassen sie auch ein Interesse an einer öffentlichen Gewalt, die alle Eigentümer auf eben diese Verhältnisse verpflichtet. Das, was dieses Interesse an staatlichen Institutionen, Verkehrsformen und Zwecken notwendig macht ist darüber, dass sich die Eigentümer als Staatsbürger an ihrem Staat abgearbeitet haben auch geschaffen worden und wird ständig weiterentwickelt. Sie sind also der Grund dieser Institutionen und Zwecke des Staates, die ihn als bürgerlichen- kennzeichnen und nur als kapitalistische Eigentümer anerkennen sie deren Notwendigkeit und stimmen ihnen zu. Dass der bürgerliche Staat das Eigentum im Recht setzt und ihm alle unterwirft, ist also nichts weiter als die Art, wie ihr Interesse gesellschaftlich nur realisiert werden kann. Ihr Gegensatz als Privateigentümer schließt eben aus, dass sie sich auf die Respektierung des Privateigentums einigen, ihre Willen bestreiten sich ja gerade wechselseitig. Einig können sie sich nur darin werden, dass alle, damit ihr Privateigentum ökonomisch funktioniert auf die Respektierung des Eigentums durch eine Gewalt verpflichtet werden müssen. Dass Privateigentum ein Gegensatz ist, macht also die Unterwerfung aller unter die Erhaltung des Gegensatzes notwendig, den sie brauchen, um ihre ökonomischen Interessen als Privateigentümer verfolgen zu können.

    Über „das Ding“ des GSP, das ein Gewaltmonopol braucht, konnte man im ersten Satz des Artikels lernen, dass es da einen Antagonismus, einen unvereinbaren Gegensatz in der Gesellschaft geben muss, wo es dieses „Ding“ gibt. Zu diesem Zweck etabliert „das Ding“ ein Gewaltmonopol und unterdrückt damit die von seinem Interesse abweichenden Interessen. Was will also dieses „Ding“ und was ist es?

    Ihre Ernennung [die, der Menschen – s. erster Satz Anm. libelle] zu Untertanen oder Bürgern zielt auf ihre Benutzung, fordert tätige Anerkennung der Herrschaft, also Einsatz für deren Belange. Das Interesse an menschlichem Inventar war und ist für keinen Staat mit der Formalität erledigt, die heutzutage in der Ausstellung eines fälschungssicheren Passes zelebriert wird. Umgekehrt: Als Volk bewähren sich Reichs- und Staatsangehörige dadurch, dass sie ihr gesellschaftliches Leben – ihre Arbeit und ihren Erwerb, die Einteilung ihrer Bedürfnisse, damit ihren Verkehr untereinander – so einrichten, wie es die öffentliche Gewalt vorsieht. Deren Maßgaben für das Zusammenwirken der Bürgerschaft, die sich allemal um die Mehrung von Reichtum und Macht der Nation drehen, heißen ,Recht und Ordnung’ und organisieren die Lebensverhältnisse der Landsleute, um aus ihren Leistungen nützliche Dienste für das Programm der Nation zu machen.

    Das Interesse des GSP – „Dings“ ist also nicht nur eines, das sich negativ auf die Interessen „der Menschen“ bezieht und sie deshalb unterdrückt, nein, es will „die Menschen“ benutzen und daher kommt das negative Verhältnis zu den Interessen „der Menschen“. Welche Vorstellung liegt hier zugrunde? Es gibt auf der einen Seite nicht weiter zu kritisierende „Interessen der Menschen“. Dann kommt das „Ding“ und macht „die Menschen“ zu Untertanen, damit sie seinem Interesse dienen, richtet also ein Herrschaftsverhältnis ein, was in obigem Kontext auch nur ein Äquivalent für Gewaltmonopol ist, zumindest im Einzugsbereich dieser Herrschaft. Dieses Untertanenverhältnis soll dann ganz das selbe sein wie Volksangehörigkeit. Ihr Verhalten als Untertanen, also sich auf die Herrschaft als solche zu beziehen und sich die Lebensverhältnisse vorschreiben zu lassen – darin sollen sich die Volksangehörigen als solche bewähren.
    Was erfährt man über das Interesse des „Dings“, zu welchem Zweck übt es Herrschaft aus? Es organisiert das Zusammenwirken der Untertanen um „Macht“ und „Reichtum der Nation“ zu vermehren und nimmt sie so für die Nation bzw. deren Programm in Dienst. Der Umstand, dass das „Ding“ die „Menschen“ vor seinen Karren spannt und sie dabei zugleich „das Programm der Nation“ erfüllen lässt nur einen Schluss zu: Mit dem „Ding“ meint der GegenStandpunkt die „Nation“ als ein von den Volksangehörigen getrenntes Subjekt. Da die Volksangehörigen umgekehrt nur als Untertanen der Nation bestimmt werden, also als „Menschen“ die jeder gesellschaftlichen Bestimmung ledig sind und die von dieser „Nation“ geknechtet werden, bleibt nur eine Konsequenz: In der Vorstellung des Gegenstandpunkt ist die Welt von 2 Spezies bevölkert: Nationen und Menschen und die Nationen haben die Menschen unterjocht und dieses Unterordnungsverhältnis, das nennt der GSP Volk. Absurd – aber das ist, was obiger Absatz sagt, das ist der Inhalt des Volksbegriffes des GSP. Man mag an der Stelle einwenden, dass kein Mensch so blöd ist zu glauben, dass es Nationen als selbständige Wesen gibt – stimmt – daran erkennt man aber nur, dass ihnen an der Stelle die Funktionalisierung der „Erklärung“ des Gegenstandes „Volk“ für ihr Bedürfnis die Welt als Gemeinheit zu erklären, die kleinen, nackten Menschenbabys passiert, misslungen ist. Und das spricht gegen das Bedürfnis die Welt so „erklären“ zu wollen, also gegen ein der theoretischen Befassung mit irgendwas vorausgesetztes Kritikbedürfnis und nicht gegen die schlechte Durchführung dieses Zwecks. Da kommen eben auch bei größter Sorgfalt mal solche Blüten heraus.

    In dem Absatz steckt eine ganze Latte von Fehlleistungen:

    a) Der GegenStandpunkt verwechselt das Verhältnis Herrschaft/Untertanen mit der Bestimmung dessen, was ein Volk ist, indem Untertanen und Volksangehörige platt identifiziert werden. Dass das nicht wahr ist, kann man durch bloßes Hinschauen herausbekommen: Jede separatistische Bewegung beweist ihnen das Gegenteil und bei der Analyse solcher Bewegungen kann man sich das Verhältnis der politischen Bestimmungen Untertan und Volksangehöriger auch erklären: Im Namen eines geschädigten Konkurrenzmaterialismus wenden sich Leute, die sich einem Kollektiv, einem Volk, angehörig wähnen gegen die Nation, also ihre bisherige Kollektivzugehörigkeit, und drängen auf Separation. Diese Diagnose beinhaltet, dass die aktuelle Herrschaft den ihnen als Volksangehörigen zustehenden Umgang mit den natürlichen Voraussetzungen der Gegend, die sie bevölkern nicht zukommen lässt, dass sie aus der ökonomischen Benutzung von Land und Leuten nicht den Nutzen ziehen, der ihnen als denen, die sich ein exklusives Verfügungsrecht über die Gegend in der sie siedeln einbilden, zusteht. Dieser Zweck ist ein Gegensatz in den man sich zur gesamten Menschheit begibt: Man will exklusiv über die nationalen Reichtumsvoraussetzungen verfügen und sich den ausgeschlossenen Rest der Menschheit auf dessen Kosten zum Mittel machen. Der über diesen Volksstandpunkt ins Werk gesetzten Konkurrenz der Nationen müssen dann sämtliche Sonderinteressen der Volksangehörigen untergeordnet werden, der Standpunkt des Volkes macht also einen Staat notwendig, der die Notwendigkeiten dieser Konkurrenz den Volksangehörigen aufherrscht. Das Interesse der Volksangehörigen selbst beinhaltet also einen Gegensatz zwischen ihren Interessen als Proletarier, Kapitalisten, Grundbesitzer und dem Interesse ausschließender Konkurrenz mit anderen Nationen, der einen Staat als verselbständigte Gewalt notwendig macht. Details hierzu siehe hier.

    b) Der Gegenstandpunkt leistet sich die Absurdität ein „Programm der Nation“ zu postulieren, an dem kein Mensch beteiligt zu sein scheint (die sind ja Volksangehörige und Untertanen). Dazu kommt man, wenn man beim Schreiben von Artikeln den eigenen Nabel mit „Mensch“ gleichsetzt.

    c) Ihm ist darin die Relativität des Verhältnisses Herrschaft/Untertanen nicht klar. Die Herrschaft ist nur eine, solange sich die Untertanen zu ihr als solche verhalten, also gibt es ein Interesse der Untertanen, das ihnen die Herrschaft als notwendig erscheinen lässt und nach dem ist zu suchen, wenn man das Volk erklärt bzw. wenn man irgendein anderes Verhältnis erklärt, das eine Herrschaft braucht. Man kann so eine Erklärung nicht mit „der Staat“ anfangen, weil es sich dabei eben nur um eine politische Institution handelt, für die die Leute eine Notwendigkeit kennen, deshalb ordnen sie sich ihr unter. „Der Staat“ ist ein Resultat der Interessen der Leute und nicht die Voraussetzung davon.

    d) Der Gegenstandpunkt kann nicht erklären, wozu Staaten Reichtum und Macht benötigen sollten. Etwa für die Staatenkonkurrenz? Und warum wollen Staaten ausgerechnet konkurrieren und nicht einfach koexistieren? Reichtum und Macht – also Verfügung über Gegenstände von Bedürfnissen und Verfügung über andere Menschen sind Zwecke, die sich aus dem Umstand, dass der Staat eine Gewalt ist überhaupt nicht ableiten lassen. Das brauchen nur Menschen, die (a) ihre Bedürfnisse ( b) auf Kosten Anderer realisieren wollen. Und daraus folgt die Gewalt! Überhaupt scheint dem GSP nicht klar zu sein, dass der Staat nichts weiter ist als eine gesellschaftliche Institution, die die Gesellschaft auf die ökonomischen Gegensätze verpflichtet vermittels derer sich die Interessen in ihr realisieren. Die Interessen sind also die Voraussetzungen des Staates und nicht er ist die Voraussetzung der Interessen.

    e) Der Gegenstandpunkt hat keine Ahnung von Geschichte, insbesondere nicht von der Geschichte dieses Verhältnisses, sonst käme er nicht auf solche blödsinnigen Fußnoten. Er leugnet die Dimension, die in der Physik mit dem kleinen „t“ bezeichnet wird in der gesellschaftlichen Welt ja überhaupt. Ein Stamm ist nämlich nichts anderes als ein Volk, ihn gibt es genau aus dem selben Grund wie das Volk: Sich exklusiven Zugriff auf die Voraussetzungen der Reichtumsproduktion zu verschaffen. Ein Buch, das die Geschichte dieses Verhältnisses mit wenigen Abstrichen sehr brauchbar nachzeichnet ist die Wirtschaftsgeschichte von Heinrich Cunow. Dort wird tw. auch die historische Genesis der Herrschaft abgehandelt. Gelten lassen kann man an der Fußnote auf S. 89 nur, dass es eine Ideologie ist, wenn man sich heute bei der Begründung des eigenen Volkszusammenhangs auf historische Verhältnisse beruft. Den Grund haben sie nicht, sondern sie haben heute wie damals den selben (letzten) Grund (siehe Punkt a.). Wie das Bedürfnis so einer Begründung der Nation überhaupt in die Welt kommt siehe z.B. hier oder auf dem Forum Kapitalismuskritik – da gab es mal ein paar Beiträge zu dem Thema. Ausgeführt ist es auch nochmal in der Diskussion bei Neoprene. Ob man hier mit dem GSP einen Dissens hat oder mit seinen Apologeten sei mal dahingestellt. Er ist jedenfalls nicht klar genug und hätte er sich mal ein bisschen mit der Geschichte von Völkern befasst wäre er auch darauf gekommen, was ein Volk ist. Das sieht man historisch etwas leichter. Zudem ist diese Geschichte sowas wie einen Schlüssel zum Verständnis dessen, was da seit ein paar 1000 Jahren (heute eingeschlossen) eigentlich abläuft. Marx war da dezidiert anderer Auffassung als der GSP. Wäre aber an dieser Stelle ein Themenwechsel.

    Ich bleibe mal bei der etwas (nicht sehr) überzeichneten Form mich auf den Artikel zu beziehen. Die Überzeichnung ist da, um auf die Fehler des Artikels hinzuweisen: Die Nationen haben also die Menschen zu Untertanen und Völkern gemacht und auf den Dienst an ihrem Programm verpflichtet. Wie reagieren die Menschen?

    Diese Dienste stellen sich zuverlässig ein, wenn die in die Pflicht genommenen Massen kein Aufhebens davon machen, dass ihnen eine Obrigkeit kraft ihrer Gewalt nicht nur manchen Tribut auferlegt und – je nach Konjunkturen „der Geschichte“ – ihr Leben und dessen Mittel in Beschlag nimmt; dass die Herrschaft mit ihrer Ordnung auch als Platzanweiser amtiert und mit der Zuteilung von allerlei Rechten und Pflichten die Gesellschaft gründlich sortiert, in Arme und Reiche, Stände und Klassen … , also über Art und Umfang der Interessen entscheidet, die sich die verschiedenen Abteilungen der Staatsangehörigen herausnehmen können. Dazu bedarf es „nur” der Wahrnehmung all der Werke, die politische Souveräne bei der Gestaltung und Betreuung der regierten Gesellschaft so vollbringen, aus der Perspektive der ohnmächtig Betroffenen. Diese Perspektive ist keineswegs eine Schöpfung moderner Beschwerdeführer, sondern der historisch bewährte Leitfaden für die Praxis des Volkes: In der staatlich verfügten Geschäftsordnung finden die Untertanen eines Kurfürsten wie die Wähler einer gesetzgebenden Versammlung nicht mehr und nicht weniger vor als ihre Lebensbedingungen, mit denen es zurechtzukommen gilt.

    Mit Opportunismus! Da kann man nur achselzuckend sagen, dass das völlig absurd ist. Es ist nicht so, dass die Herrschaft eine interessenlose Gallerte menschlicher Opportunisten antrifft und aus ihnen die Gesellschaft formt (so wie bei Stargate die Goa‘uld). Genau diese strunzbürgerliche Optik auf die Gesellschaft hat der GSP. Alles, was die Gesellschaft vor hat lokalisiert er beim Staat, den er als etwas Fremdes, Unmenschliches auffasst, der mit „den Menschen“ nichts zu tun hat und dann fragt er sich: Warum machen die das mit? Und dann kommt eine Arie, die beschreibt, wie der Staat sein Programm in die menschliche Gallerte unter deren Mithilfe (Opportunismus) transferiert (wie die Würmer in die Jaffa oder die Menschen als Wirte der Würmer) und den Kapitalismus formt. Dass die gesellschaftlichen Zwecke beim Staat lokalisiert sind, dass er ihr Agent ist, ist eine oft richtige Beobachtung, aber zugleich ein erklärungsbedürftiger Umstand (siehe oben) und keine unhinterfragt solchen Abstraktionen wie „den Menschen“ vorauszusetzende Tatsache. „Die Menschen“ sind schon längst keine unschuldigen Säuglinge mehr, die in die Verhältnisse nur „hineingeboren“ werden, wenn Neugeborenen solche Verhältnisse gegenübertreten. Deshalb verfehlt man das Thema wenn man erklären will, wie die Neugeborenen Bürger werden und meint man würde damit erklären was ein Volk ist und in welchem Verhältnis das zur Herrschaft steht. Es ist schon richtig, dass die Leute sich nach der Decke strecken, die sie gerade finden. Das erklärt aber nicht wo diese Decke herkommt und wovon sie getragen wird! Dass der Staat über Art und Umfang der Interessen entscheidet und die Klassen macht erfüllt dann den Tatbestand eines groben Fehlers. Das tut er eben nicht! Er kann nicht über die Verfasstsheit der Gesellschaft entscheiden, da kündigen seine Untertanen ihm nämlich die Gefolgschaft, wenn sie ihre Interessen in der neuen Gesellschaft nicht wiederfinden und dann wird ausgefochten, welche Interessen zählen und welche nicht. Was der Staat entscheidet ist, wie weit die Interessen reichen, die in der Gesellschaft gelten . Er ist die Einrichtung, die die aktuelle Ausgestaltung der widersprüchlichen Interessen auf der Grundlage festlegt, dass der Wille zu den Verhältnissen, die er betreut bei den Untertanen durchgesetzt ist. Verfügen kann er eine neue Geschäftsordnung nur dann, wenn seine Untertanen die Bereitschaft mitbringen von ihren alten Interessen zu lassen. Dafür gibt es ein paar historische Beispiele und es gibt genauso viele, in denen die Untertanen eben nicht auf ihre Interessen verzichtet haben und wo in Bürgerkriegen ermittelt worden ist, worum es in der Gesellschaft geht. In beiden Fällen entscheidet eben nicht der Staat über die Verfasstheit der Gesellschaft, sondern die Untertanen – praktisch, indem sie eine ggf. staatlich inszenierte Änderung dessen worum es geht mitmachen oder nicht.
    Dieses Zitat stellt ganz unmissverständlich klar, dass dem GSP eben noch nicht aufgegangen ist, wie das Verhältnis von Untertanen und staatlich verfügter Geschäftsordnung ist.

    Die Gewohnheit, die Taten und Einrichtungen der Herrschaft als ,die herrschenden Verhältnisse’ zu nehmen, sich in ihnen abzumühen und ihnen anzupassen, sich mit den Möglichkeiten und Schranken der eigenen sozialen Stellung abzufinden bzw. herumzuschlagen, zeichnet ein nachhaltig brauchbares Volk zu allen Zeiten aus. Damit beschäftigt, mit Interessen fertig zu werden, die den eigenen entgegengesetzt sind und nur allzu oft überlegene Mittel zur Verfügung haben; stets gewärtig, von der maßgeblichen Ordnungsmacht mit neuen Pflichten und Opfern bedacht zu werden: haust es sich in seiner Abhängigkeit von den Entscheidungen der Staatsgewalt ein. Völker gehen davon aus, dass eine übergeordnete Instanz ,Ordnung schafft’; nicht nur, weil sie es gar nicht anders kennen − angesichts der Schwierigkeiten, die ihnen im Rahmen der jeweiligen Ordnung erwachsen, lernen sie ihre Herren durchaus schätzen. Wo das (Über-)Leben zum Kampf gerät, weil es dauernd mit den Interessen anderer Angehöriger des Gemeinwesens kollidiert, halten Untertanen jeglicher Art eine überlegene Aufsichtsmacht für nützlich. Die ,Sicherheit’, die da angestrebt wird − dass das eigene Interesse den Rang eines hoheitlich geschützten Rechts genießt −, bildet sich glatt zum gemeinsamen Bedürfnis aus, das die unterschiedlichsten sozialen Charaktere zum Volk eint. Im passiven wie aktiven Bezug auf ,ihre’ Herrschaft abstrahieren gebeutelte Untertanen wie mündige Bürger von den gegensätzlichen Interessen und Mitteln, mit denen eine staatliche Regie sie ausstattet, und setzen auf die Segnungen einer machtvollen Regie.

    Konsequent setzt der GSP hier seine Fehler fort. Weil das Volk aus einer gesellschaftlich unbeleckten menschlichen Gallerte besteht bekommt es nur wegen des Weltbildes des GSP ein Brauchbarkeitsverhältnis zur Herrschaft. Dem ist entgegenzuhalten, dass das durchgesetzte Urteil sich für ein Volk zu halten schon die ganze „Brauchbarkeit“ ist, ja das ein Nützlichkeitsverhältnis zwischen der Herrschaft und ihrem Volk eine völlig absurde Idee ist! Wenn man sich als Volk auffasst streitet man nämlich nicht mehr um die Abgrenzung zum Rest der Menschheit, die Konkurrenz mit ihr und den Staat, sondern höchstens noch um die Staatsräson – also im schlimmsten Fall die ökonomische Verfasstheit der Gesellschaft (so geschehen z.B. während der Meiji Restauration in Japan, in der die Samurai sich eben nicht klaglos in die Änderung der Verhältnisse geschickt haben, die der Kaiser für notwendig hielt um Japan gegen den Zugriff der Westmächte zu wappnen, sondern ihre Standesprivilegien verteidigt haben).
    Und dann ist das Weltbild vom Staat als dem Übel der Welt auch schon fast fertig: Weil der Staat das menschliche Inventar in lauter gegensätzliche Händel verstrickt brauchen sie ihn. Perfide, dieser Staat. Nicht die Feststellung, dass die Bürger den Staat brauchen ist an dem Urteil kritikabel, sondern dass das alles eine Idee des Staates sein soll. Das, was am Anfang der Erklärung zu stehen hat, nämlich das Interesse des Volkes, das ist für den Autor das Ergebnis des Zusammenspiels einer boshaften Einrichtung mit dem Opportunismus der Leute.

    Ich beende das hier mal, korrigiere und setze aber vielleicht irgendwann fort. Trotzdem stelle ich es schon mal aus, da ich nicht einschätzen kann, wie es zeitmäßig bei mir aussieht. Ich verweise hiermit nochmal ausdrücklich aus Krims Kritik.

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