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Sind Volksabstimmungen auch nur Wahlen?

17. September 2009

Ich hatte im Wählen-ist-verkehrt.-Auch-2009-Thread auch folgende Frage gestellt:

Wie soll man als Kommunist eigentlich zu Volksabstimmungen argumentieren? Da geht es ja immer um irgendwas Konkretes, in den USA in den letzten Jahrzehnten, vor allem in Kalifornien, recht häufig um Verschärfungen der Rechts- und Lebensbedingungen von Immigranten oder um die Verschärfung des Sexualstrafrechts. Z.B. die Frage, ob GPS (Global Positioning System) monitoring on “sex offenders” eingeführt werden soll (Prop 83 in Kalifornien 2006), oder Proposition 187 in 1994 denying education and health care to undocumented workers, oder Prop. 227 in 1998 scrapping bilingual education (auch in Kalifornien).

Klaus Unruh hat in seiner folgenden Antwort angeregt, diese Teilfrage separat abzuhandeln, was ich hier auch tue:

Wenn du deine Frage ernst meinst, dann sortiere sie lieber aus diesem Thread aus. Denn hier geht’s um die aktuell stattfindende Wahl 2009. In Bezug darauf kann man die Volksbegehren a la http://www.mehr-demokratie.de/ durchaus nennen und auch daran zeigen, wie absurd das Ganze ist. Nur als Beispiel: In Bremen gab’s nen Volksentscheid dafür, dass die Bürgerschaft sich mit dem genannten Thema auseinandersetzt. Nicht: Was sollen sie beschließen? sondern: sie sollen darüber reden. Wie das Zeugs in Kalifornien gehandhabt wird, weiß ich nicht und das müsste man dann vielleicht schon ausführen. Und dann kann man erst Gemeinsamkeiten und Differenzen zu sonstigen Wahlen beurteilen, die über ein Kreuz hinausgehen.

Die bisherigen Wortmeldungen (hoffentlich alle, ich hatte zwischendurch zu eilig die „alten“ schon weggelöscht) zum Thema Volksabstimmung habe ich deshalb in diesen Thread verlegt.

Und nur der Vollständigkeit halber:
Da ich konkret die politischen Verhältnisse in Kalifornien angesprochen habe, und ich zugeben will, daß hiesige Linke sich da zumeist nicht auskennen, habe ich einfach die Genossen von ruthlesscriticism angeschrieben, die sowohl Vertreter des GegenStandpunkts sind als auch in CA USA.

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. 17. September 2009, 08:40 | #1

    Wie soll man als Kommunist eigentlich zu Volksabstimmungen argumentieren? Da geht es ja immer um irgendwas Konkretes, in den USA in den letzten Jahrzehnten, vor allem in Kalifornien, recht häufig um Verschärfungen der Rechts- und Lebensbedingungen von Immigranten oder um die Verschärfung des Sexualstrafrechts. Z.B. die Frage, ob GPS (Global Positioning System) monitoring on “sex offenders” eingeführt werden soll (Prop 83 in Kalifornien 2006), oder Proposition 187 in 1994 denying education and health care to undocumented workers, oder Prop. 227 in 1998 scrapping bilingual education (auch in Kalifornien).
    Comment von Neoprene — 16. September 2009 @ 11:33

  2. 17. September 2009, 08:40 | #2

    Wie wäre es mit Argumenten gegen das (Straf-)recht?
    Oder du schaust mal in die „Psychologie des bürgerlichen Individuums“, warum auch in der bürgerlichen Gesellschaft der Vergewaltiger nicht ausstirbt.
    Comment von pro_kommunismus — 16. September 2009 @ 11:53

  3. 17. September 2009, 08:46 | #3

    Verschärfungen der Rechts- und Lebensbedingungen von Immigranten
    da wollt ihr auch nicht abstimmen auch wenn das ergebnis verbindlich ist? da freuen sich die republikaner. wie interessiert.
    Comment von http — 16. September 2009 @ 12:08

  4. 17. September 2009, 08:46 | #4

    deutlich: spätestens hier werdet ihr zu helfershelfern der reaktion.
    Comment von http — 16. September 2009 @ 12:10

  5. 17. September 2009, 08:46 | #5

    Natürlich, jeder, der bei deinen Scheißalternativen, die einem von diesem Staat und seinen Parteien aufgemacht werden, nicht mitmacht, ist allein deshalb schon Helfershelfer der Reaktion. Daß ist ungefähr das Niveau, mit dem SPD-Wahlkämpfer schon immer selbst gegen die auch nur etwas linkere Wahlparteienkonkurrenz gehetzt haben, daß jede „verlorene“ Stimme für diese Parteien (egal ob Grüne, DKP oder andere) nur der „Reaktion“ nützt, weil sie einer SPD-Mehrheit im Bundestag abträglich sind. Da kannst du ja gleich „Schwarz-Gelb-Abwählen“ auf dein Banner schreiben!
    Comment von Neoprene — 16. September 2009 @ 12:26

  6. 17. September 2009, 08:47 | #6

    wenn das so klar ist dann stell doch deinen genossen nicht solche fragen: http://neoprene.blogsport.de/2009/08/26/waehlen-ist-verkehrt-auch-2009/#comment-38908
    Comment von http — 16. September 2009 @ 12:30

  7. 17. September 2009, 08:47 | #7

    Da kannst du ja gleich „Schwarz-Gelb-Abwählen“ auf dein Banner schreiben!
    nein das ist keine volksabstimmung mit verbindlichem inhalt. bitte vermische nicht alles. ich verstehe schon dass das zur denunziation praktisch ist aber es ist auf dauer auch sehr gut erkennbar welchem zweck es dient.
    Comment von http — 16. September 2009 @ 12:34

  8. 17. September 2009, 08:47 | #8

    Oder du schaust mal in die „Psychologie des bürgerlichen Individuums“, warum auch in der bürgerlichen Gesellschaft der Vergewaltiger nicht ausstirbt.
    war die ddr eine bürgerliche gesellschaft? wieso gab es dort vergewaltigungen. und „auch“ ist gut.
    Comment von http — 16. September 2009 @ 12:43

  9. 17. September 2009, 08:48 | #9

    Man kommt halt nie raus aus dem Zirkel, wenn man versucht auf Verhältnisse Einfluss zu nehmen, die das was einen stört so oder so immer wieder mit Notwendigkeit hervorbringen. Ein liberales Strafrecht ist eben immer etwas anderes, als das kommunistische Projekt, die Gründe für das Verbrechen abzuschaffen. Geh zur Volksabstimmung für ein liberaleres Strafrecht, streike für mehr Lohn, spende Geld für die 3. Welt, ohne eine kommunistische Alternative wird das notwendigerweise zu einer never ending story. Das ist doch der Kernpunkt.
    Außerdem entscheidet sich an Wahlen nichts. Wenn es soviel Anhänger des Kommunismus gäbe, das sie eine KP an die Macht wählen könnten, dann wäre es allemal sinnvoller, sie nutzten ihre Macht, um den Laden zu stürzen. Solange die Bürger ihren Laden im Griff haben, kann man das mit den Wahlen getrost ignorieren und versuchen, seine Energie in die Agitation zu stecken. Es ist sogar regelrecht kontraproduktiv, wenn jede Unzufriedenheit immer gleich in Stimmen für die Linke kanalisiert wird, die Leute also so passiv wie es nur irgend geht bleiben.
    Comment von pro_kommunismus — 16. September 2009 @ 12:51

  10. 17. September 2009, 08:48 | #10

    Die DDR war in der Tat nicht der „Verein freier Menschen“ sondern ein sozialistischer Rechtsstaat mit sozialistischen Untertanen. Er hat in der Tat all die Ekeligkeiten von Rechtsbewußtsein und Moral, wenn auch in manch alternativer Form nicht abgeschaft oder dagegen agitiert sondern in eigener Weise hervorgebracht, wenn auch die Sexualmoral ein wohl klein wenig lockerer war, weil allgemein das Konkurrenzdenken etwas reduziert war. Aber das wäre alles ein Buch für sich wert.
    Aber verwechselst du denn wirklich die DDR mit Kommunismus?
    Comment von pro_kommunismus — 16. September 2009 @ 12:59

  11. 17. September 2009, 08:49 | #11

    pro_kommunismus, dein Spruch ist zweideutig: Hältst du so wohl die Ablehnungsstimme bei den erwähnten Volksabstimmungen als auch die Teilnahme an Lohnstreiks für etwas, wo du den Leuten Abstinenz anempfiehlst?
    Denn aus deiner richtigen Feststellung „ohne eine kommunistische Alternative wird das notwendigerweise zu einer never ending story“ kann ich erst mal nicht ablesen, was für eine Agitation dein kommunistischer John Doe in Kalifornien denn nun gemacht hätte.
    Comment von Neoprene — 16. September 2009 @ 13:06

  12. 17. September 2009, 08:49 | #12

    „Wie soll man als Kommunist eigentlich zu Volksabstimmungen argumentieren?“

    http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/86/86_7/einmisch.htm
    Comment von Zitat — 16. September 2009 @ 14:33

  13. 17. September 2009, 08:49 | #13

    Nur zur Klarstellung: Ich habe nicht die Forderung nach Volksentscheiden aufgestellt, sondern gefragt, was Kommunisten den Leuten erzählen sollen, wenn, wie in Kalifornien immer wieder, Reaktionäre einen Volksentscheid durchsetzen konnten, bei dem ihre Agenda z.B. verschärfter Rassismus, in einem konkreten Gesetzentwurf den Wahlbürgern (in Kalifornien sind das übrigens wegen der vielen illegalen Einwanderer schon immer erheblich weniger Leute als da leben) zur Abstimmung vorgelegt wurde.
    Comment von Neoprene — 16. September 2009 @ 14:44

  14. 17. September 2009, 08:50 | #14

    Dass du nicht für Volksbefragungen bist, ist schon klar. Das entscheidende Argument (war auch vorher schon gefallen) gegen Volksentscheide ist aber nicht, dass evtl. Reaktionäre ihn „missbrauchen“ könnten. Als Wähler/völkischer Entscheider bekennt man sich nämlich zu seiner Ohnmacht, Kreuze machen zu dürfen – wann, wobei, für welche staatliche Funktion auch immer.
    Comment von baba — 16. September 2009 @ 17:24

  15. 17. September 2009, 08:50 | #15

    Auch du baba würdest also den Leuten empfehlen, zu einer Abstimmung, daß Illegale in öffentlichen Krankenhäusern nicht mehr behandelt werden dürfen, nicht hinzugehen, weil egal um was es geht, es eh immer nur um Ohnmachtsbezeugungen gehen kann?
    Und würdest du auch sagen, daß Streiks genauso zu behandeln sind, also auch da keine Empfehlung zum Mitmachen gemacht werden sollt, weil ja auch Lohnkampf nur eine „never ending story“ sein würde, um pro_kommunismus zu zitieren?
    Comment von Neoprene — 16. September 2009 @ 19:43

  16. 17. September 2009, 08:50 | #16

    Hey Neoprene
    Wenn du deine Frage ernst meinst, dann sortiere sie lieber aus diesem Thread aus. Denn hier geht’s um die aktuell stattfindende Wahl 2009. In Bezug darauf kann man die Volksbegehren a la http://www.mehr-demokratie.de/ durchaus nennen und auch daran zeigen, wie absurd das Ganze ist. Nur als Beispiel: In Bremen gab’s nen Volksentscheid dafür, dass die Bürgerschaft sich mit dem genannten Thema auseinandersetzt. Nicht: Was sollen sie beschließen? sondern: sie sollen darüber reden. Wie das Zeugs in Kalifornien gehandhabt wird, weiß ich nicht und das müsste man dann vielleicht schon ausführen. Und dann kann man erst Gemeinsamkeiten und Differenzen zu sonstigen Wahlen beurteilen, die über ein Kreuz hinausgehen.
    Comment von Klaus U — 16. September 2009 @ 22:08

  17. 17. September 2009, 08:51 | #17

    Na ja, es geht ja nicht einfach um genau die nächste Bundestagswahl, sondern schon um die grundsätzlichere Frage, ob man Wahlen überhaupt etwas Sinnvolles abgewinnen kann.
    Klar sind Volksbegehren oder -abstimmungen was anderes als Wahlen. Ein (oder sogar der?) Unterschied betrifft allerdings ein wichtiges Argument gegen das Wählengehen: Bei ’ner VA gibt das Wahlvolk eine Stellungnahme zu oder sogar eine Entscheidung über bestimmte Maßnahmen ab.
    Da kann ich mir auch Situationen vorstellen, in denen ein eigenes Votum sinnvoll wäre.
    Comment von vom Acker — 16. September 2009 @ 23:42

  18. toni
    17. September 2009, 11:48 | #18

    Wenn einem der Nutzen des Votums groß genug erscheint, geht man hin. Genau wie bei der baldigen Wahl des Herrschaftspersonals: Entweder man denkt, der Unterschied zwischen rot/(rot)/grün, schwarz/rot oder schwarz/gelb ist schlimm genug, um sich von der couch zu quälen – Oder man hält diese Unterschiede für unwichtig, dann lässts man. Drittens gibts dann noch Leute, die sich das selber verbieten, abseits jedweder Kosten/Nutzen-Kalkulation – Das wäre Herrschaftsaffirmation und so. Als ob wirklich die politische Herrschaft zur Wahl stünde. Idealistisch würde ich das nennen, weil um den profanen Akt des Wählens so ein Tohuwabohu gemacht wird, als ob dadurch das Übel über die Welt käme. PoWi verkehrt herum.

  19. 17. September 2009, 12:08 | #19

    zu Tonis schlaffem „Wenn einem der Nutzen des Votums groß genug erscheint, geht man hin.“
    Es mag ja sein, daß die von mir angeführten Volksabstimmungen für dich das gleiche sind wie Ankündigungen eines neuen Harry-Potter-Films. Da habe ich als Kommunist in der Tat den Leuten nichts zu sagen als, wenn ihr darauf steht, schaut ihn euch an, wenn nicht dann nicht. Aber mit den Schultern zu zucken, wenn das Sexualstrafrecht verschärft werden soll, weil man selber davon keinen direkten „Schaden“ hat, oder gleichgültig zu sein bei einer vorgeschlagenen eindeutigen Verschärfung der rassistischen Gesetze gegen Ausländer, weil man selber ja Staatsbürger ist, das ist zwar weitverbreitet aber kein kommunistischer Standpunkt.

  20. Krim
    17. September 2009, 12:30 | #20

    Es hat mich schon oben gestört, dass du nach einer verbindlichen Verhaltenmaßregel für Kommunisten fragst? „Wie soll man als Kommunist eigentlich zu Volksabstimmungen argumentieren?“ Was ist ein kommunistischer Standpunkt? Bei dir kommt das wie ne Moral rüber. Vielleicht sagst du was kommunistisch oder nicht kommunistisch sein soll. Möglicherweise taugt der Beurteilungsmaßstab ja nix.

  21. dada
    17. September 2009, 12:40 | #21

    „Drittens gibts dann noch Leute, die sich das selber verbieten, abseits jedweder Kosten/Nutzen-Kalkulation – Das wäre Herrschaftsaffirmation und so.“

    Immer wieder wird die Einsicht in den Fehler, seine Entscheidungen dem Herrschaftspersonal zu überantworten, in eine Moral übersetzt, von der nie die Rede ist. Als wenn man sich Dummheit verbieten müsste! Diese Übersetzungsleistung von „Wählen ist verkehrt“ in den Popanz „Wahlen gehören verboten“ ist nötig, weil für das Wählen selbst nicht ein einziges Argument fällt – das wäre den achso kritischen Menschen offensichtlich zu „affirmativ“.

    Der Pappkamerad „Affirmation“ ist dann das nächste Zerrbild, auf das seine Erfinder eindreschen. Außer den Wahlanhängern spricht hier nämlich NIEMAND von „Affirmation“, weil der bürgerliche Opportunismus einen Inhalt hat. Jemandem vorzuwerfen, dass er sich einer Übermacht (Herrschaft) unterwerfe, wäre blöd. Wahlen haben allerdings nur in der Fantasie der Wähler mit dem Materialismus zu tun, der hier als „schlimm, schlimmer, schlimm genug“ unterstellt wird.

    In tonis Beitrag bemerkt man sehr deutlich, dass die Parteien-Unterschiede bereits als Nutzen/Schaden unterstellt sind VOR der Beurteilung dessen, worin die gesundheitsschädlichen/staatsnützlichen Gemeinsamkeiten bestehen. Wenn man natürlich beim Wählen prinzipiell die Frage der Ermächtigung eines Gewaltapparates ausblendet, bleiben lauter bunte Meinungen zum härteren/weicheren Durchgreifen übrig – man muss also vom Begriff der Wahl abstrahieren, wenn man sich die Illusion einer Einflussnahme mit eigenen Interessen erhalten will.

  22. 17. September 2009, 12:53 | #22

    Ja, in der Tat, ich würde schon gerne wissen, ob alle hier couch-potatoes sind oder nicht. Und ich will auch keine „verbindlichen Verhaltensmaßregeln“ hören, denn ich bin doch nicht euer stalinistischer ZK-Vorsitzender (und auch nicht Leiter des Bundeswahlausschusses), sondern ich würde gerne immer noch, vor allem von „Wählen-ist-verkehrt“-Anhängern hören, welche Agitation Kommunisten in den von mir aufgeführten recht konkreten Fällen denn für „richtig“ halten. Ich sag schon mal, daß ich Positionen wie die von toni für alles andere als kommunistisch halte. Und das ist alles andere als eine moralische Frage. Manchmal geht es selbst in der Politik schon noch um politische Fragen.

  23. Klaus U
    17. September 2009, 13:04 | #23

    Hey Neoprene

    Wenn es – wie von dir geschildert – um eine Entscheidung im von dir genannten Sinne ginge, nun, da würde man halt schon dafür sein, das alle Menschen eine medizinische Versorgung bekommen. Ob überhaupt die Entscheidung ist, weiß ich nicht, weil ich die entsprechenden Gesetze von Kalifornien nicht kenne. In Irland jedenfalls steht fest, dass die Volskabstimmung so lange wiederholt wird, bis auch noch der letzte Depp für den EU-Vertrag stimmt.

    Was soll man denn sonst dazu sagen? Das ist so auf dem Niveau von „willst du lieber höheren Lohn, oder lieber niedrigeren?“ Natürlich will ich gar keinen Lohn. Bis dahin nehme ich aber den höheren. Ist doch klar.

    Gruß

    Klaus

  24. dada
    17. September 2009, 13:15 | #24

    Eine vernünftige „Agitation“ in Sachen Demokratieidealismus fällt mit der Analyse der Fehler zusammen, die jemand notwendig macht, wenn er sein Kreuz der Einflussnahme wegen macht. Der gebeutelte Materialismus (die „Schäden“, derentwegen mancheiner der „Hetze“ bezichtigt wird) kommt doch MIT dem demokratischen Prozedere zustande, gleichzeitig soll das Verfahren des Ankreuzens aber Abhilfe schaffen. Obendrein haben Wähler auch noch ein Bewusstsein von diesem Widerspruch, wenn sie z.B. den „Populismus“-Vorwurf bringen: Da wird der berechtigte vom unberechtigten Stimmenfang unterschieden.

  25. 17. September 2009, 13:18 | #25

    Ach, Klaus, wenn die hier diskutierten Fragen schon allen „klar“ wären, bräuchte man sie hier wahrlich nicht nochmal diskutieren. Sind sie aber in schon in den groben Zügen bei der Masse der Leute nicht und in sozusagen Detailfragen wie meiner Kalifornien-Geschichte sicher nicht einmal unter den rund 100 Lesern dieses Blogs, auch nicht unter den 10 Kommentatoren hier. Diese ganze Antiwahlkiste hat ja nun wirklich bisher fast Null Resonanz gefunden. Bei Blogsport z.B. ist dieser Thread doch so gut wie die einzige Stelle, wo sich Leute überhaupt wenigstens mal von der Couch bis zum PC schleppen.

    Dein Vergleich von Lohnkampf und irischer Volksabstimmung über deren Zustimmung zum EU-Vertrag stimmt meines Erachtens nicht: Erstens ist die EU-Kiste nun wirklich das Pendant zur Regierungswahl, sozusagen noch abstrakter als diese eh schon ist. Beim Lohnkampf geht es um konkrete x Prozent mehr. Aber, und da stimmt der Vergleich wieder, auch ein erfolgreicher Lohnkampf hat doch nichts auf Dauer erreicht. Deshalb gibt es ihn ja auch immer wieder neu, weil die Arbeitgeber durch die Steigerung der Arbeitsintensität, die faktische Verlanängerung der Arbeitszeit oder auch nur durch allgemeine Inflation den mal erkämpften kleinen Vorteil wieder zunichte machen, sodaß man als Arbeiter wieder neu loslegen muß.

  26. Krim
    17. September 2009, 13:51 | #26

    Wenn du mit dem Maßstab nicht rausrücken willst, dann sag warum es nicht kommunistisch ist. Was dir im Kopf rumgeht ist doch vermutlich schon sowas wie: Soll man sich verantwortlich fühlen für die Verschärfung des Strafrechts im bürgerlichen Staat auch wenn man nicht direkt betroffen ist.

    Betrachtet man den Volksentscheid sachlich, dann sollen sich da die Staatsbürger fragen, was für das Staatswesen in der konkreten Frage die bessere Alternative ist. Dementsprechend sehen die Alternativen dann meist auch aus. d.h. ein halbwegs vernünftiger Materialismus, wird auch da nicht abgefragt. Das Beispiel von Klaus „Wollt ihr einen höheren Lohn“. Das wär ja mal was. Dafür würd ich sogar abstimmen gehen.

  27. 17. September 2009, 14:21 | #27

    Und, krim, wie ist denn deine Stellungnahme/Agitation/dein „Maßstab“, wenn es nicht um eine Abstimmung für mehr Lohn, sondern um eine Abstimmung in „deiner“ Gewerkschaft über Streiken oder Nichtstreiken geht, anders gibt es solch eine Abstimmung doch gar nicht? Nimmst du wohlmöglich an der Abstimmung nicht teil, am Streik aber doch, oder nimmst du nur befriedigt die höhere Gehaltüberweisung zur Kenntnis, wenn die anderen die dir erstreikt haben? Und was, wenn es gar nicht um deinen Lohn, sondern um einen (hierzulande natürlich zumeist illegalen) Solidaritätsstreik mit anderen Streikenden geht? Wohlmöglich sogar um eine politische Frage und nicht profan um mehr Geld für dich?

  28. Krim
    17. September 2009, 14:43 | #28

    Du zwar jede Frage mit einer Gegenfrage beantworten, aber ich mich eben genauso nicht darauf einlassen. Du auch wild von einem Abstimmungsgegenstand zum nächsten springen, ob dabei was geklärt werden kann, ist aber die andere Frage. Worum soll es nun gehen? Um die Wahl, den Volksentscheid oder Streik? Der Gegenstand ist jeweils ein anderer. Den muss man doch erstmal bestimmen, bevor man die Frage stellt, was man als Kommunist dazu sagt.

  29. 17. September 2009, 14:57 | #29

    krim, dir mag es nicht aufgefallen sein, (will ich mal besonders großzügig annehmen,) daß ich bewußt den Volksentscheid-Kalifornien-Teil aus der allgemeinen Wahldebatte rausgenommen habe. Es mag dir auch entgangen sein, daß Klaus bei dieser Diskussion hier die Lohn/Streik-Frage eingebracht hat. Du kannst dich natürlich auch hier aus allem raushalten, das ist doch eine blöde Herangehensweise, wenn auch sozusagen die herrschende. Es diskutiert ja auch hier mal gerade eine Handvoll Leute und wenn man genau hinschaut, diskutieren nicht mal die alle miteinander.

  30. 17. September 2009, 15:57 | #30

    Um mal wieder zum Thema zu kommen, kann man denn nicht in seiner Agitation zum Ausdruck bringen, daß die bestehenden Herrschaftverhältnisse die Schädigungen der Menschen erst ermöglichen/verursachen? Auch wenn man dafür wirbt, bestimmte Verschärfungen der Repressionen zu blockieren? Ich sehe da kein Problem. Warum sollte man denn pauschal alle politischen Handlungmöglichkeiten, die man unterhalb von Revolution (außer der Agitation für sie) hat, für unwichtig erklären? Ich würde das zwar nicht als große Errungenschaft verkaufen, fände es jedoch auch eher unreflektiert, zynisch und billig, jede aktuell erreichbare Verbessung bzw. Vermeidung einer Verschärfung der Lebensbedingungen abzukanzeln; wenn man es denn mit der eigenen Feindschaft gegen die Staaten wg. ihrer permanenten Verheitzung von Menschen als Material ihrer Macht ernst meint.

  31. 17. September 2009, 16:08 | #31

    So wie ich die Sache sehe ist der Wahlakt selbst letztlich scheiß egal. Die („indirekte“) Volksvertreterwahl ist halt ein geeigneter Agitationsgegenstand nicht weil das Nicht-Wählen eine superrevolutionäre Tat wäre sondern weil mit der Wahl eine Menge falschen Bewußtseins verbunden ist, welches man auf diese Weise angreifen kann.
    Volksabstimmungen dagegen sind tatsächlich direktes Mitbestimmen. Dass es dies nur und solange gibt wie die Herrschaft sicher ist, dass der Wähler nichts verkehrt macht, wäre dem üblichen Bewußtsein noch hinzuzufügen. Darüber hinaus sehe ich keinen großartigen Agitationswert.
    Ob und in welchen Fällen man sich an dem ganzen Wahlzirkus beteiligen will, dass muss nun wirklich jeder selber wissen nachdem er kapiert hat wozu das Ganze gut ist.

  32. 17. September 2009, 16:26 | #32

    Warum nur, lieber Pirx, ist selbst dir so völlig egal, ob du nun was zu Wahlen oder zu Volksabstimmungen sagst? Gerade, weil die beiden Sachen eben nicht völlig aber doch hinreichend unterschiedliche Staatsakte sind, habe ich die Diskussionen getrennt. Wenn du hingegen meinst, daß die beide in einen Topf gehört, dann solltest du das auch explizit sagen und nicht nur durch die Beliebigkeit deines Postens belegen.

  33. 17. September 2009, 16:36 | #33

    Ja, natürlich kann man das nicht nur, sondern „man“, also diejenigen, die ihre Mitmenschen für eine Revolution mobilisieren wollen, sollten das auch tun. Schon deshalb, weil Agitation bei denjenigen, denen z.B. als Folge einer erfolgreichen Volksabstimmung für irgendeine Verschärfung/Entrechtung/Verschlechterung von Belang kaum klarzumachen sein wird, daß man auch ihre grundlegenden Probleme weiß und abschaffen will, wenn einem noch nichtmal bei den aktuellen Verschärfungen eine Ablehnung über die Zunge gekommen ist

  34. 17. September 2009, 16:42 | #34

    Mißverständnis: Das gehört beides überhaupt nicht in einen Topf, ganz im Gegenteil. Ich wollte vielmehr trennen zwischen Wahl als Agitationsgegenstand und Wahl als Mittel der politischen Einflussnahme.
    Als Agitationsgegenstand ist beides sehr unterschiedlich, da gibt die ordinäre Abgeordnetenwahl viel mehr her.
    Als Mittel der politischen Einflussnahme ist wohl beides untauglich.

  35. Krim
    17. September 2009, 17:09 | #35

    Neo. Mir ist die Ausgliederung aufgefallen. Mir ist aber auch aufgefallen, dass du meine Fragen mit Gegenfragen beantwortest und dass du die Antwort auf das Thema Volksentscheid mit der Frage nach Streikabstimmungen konfrontierst (die von mir aus Klaus eingeführt hat). Wieso das denn? Frag dich doch erst was das eine ist und dann was das andere ist und verknüpf nicht Volksentscheid und Streik, weil bei beidem abgestimmt wird. Und den Maßstab von „nicht kommunistisch“ hätt ich immer noch gern gewusst.

    Was man ablehnt ist eben viel grundsätzlicher als die Frage, ob man eine Gesetzesverschärfung ablehnt. (das heißt selbstverständlich, dass man diese ablehnt, aber eben nicht nur) Man lehnt ja nicht nur die Verschärfung ab, sondern das ganze Gesetz und den ganzen Staat. Soll man jetzt so tun als hätte man nur was gegen die Verschärfung, damit man einen Schulterschluß mit den Betroffenen hinkriegt. Der Schulterschluß ist doch überhaupt nichts wert, weil bei der nächsten Gelegenheit doch wieder rauskommt, dass die eigene Kritik über kleine Korrekturen des Umgangs der Herrschaft mit ihren Untertanen hinausgeht.

    Mitbestimmen bei was eigentlich? Das ist doch die Frage die zuerst zu beantworten ist. Im Grunde macht auch der Volksentscheid nichts anderes, als sich Gedanken zu machen, was für das kapitalistisch verfasste Gemeinwesen das Beste ist, was zu seinem Erfolg beiträgt. Ob da überhaupt mal ne Frage behandelt wird, die ins Verhältnis zum eigenen Materialismus gesetzt werden kann, ist fraglich.

  36. 17. September 2009, 17:14 | #36

    Ja, Pirx, zum Teil war das ein Mißverständnis. Ich gebe auch zu, daß Wahlen für die Agitation wichtiger sind. Aber deshalb so nonchalant / ignorant / desinteressiert über Volksabstimmungsfragen hinwegzugehen, wäre eben falsch.
    Dein Kriterium des Erfolgs der „politischen Einflußnahme“, also die Frage, wieviele Leute sich die von „uns“ vorgebrachten Argumente haben einleuchten lassen und z.B. dann bei einer der erwähnten Volksabstimmungen Marke Kalifornien entsprechend abgestimmt haben, halte ich hingegen für argumentativ unwichtig. Nur praktisch wäre es schöner, wenn mehr Leute auf Kommunisten hören würden. Tun sie aber nicht.

  37. Nestor
    17. September 2009, 22:50 | #37

    Ein Vorschlag zur Güte: Es kommt halt drauf an, was der Inhalt einer Volksabstimmung ist.

    Wir hatten in Österreich eine Volksabstimmung in den 70-er Jahren zu der Frage, ob wir ein AKW wollen, und damals hat jeder AKW-Gegner, als welcher ich mich auch oute, seine klapprige Großmutter auch noch in die Abstimmungslokale gezerrt. Es gab eine hauchdünne Mehrheit gegen das AKW, und Österreich hat bis heute keins.
    And I would do it again.

    Generell gilt für Volksabstimmungen, daß sie unverbindlich sind. Es sind im allgemeinen Probeballons, die die Politiker steigen lassen, um zu schauen, wie populär oder unpopulär eine Maßnahme ist, die sie setzen wollen, mit Schielen auf künftige Wahlen oder zur Legitimation von etwas, was sie sowieso wollen.
    Man kann also ruhig hinlatschen und gegen Verschärfungen im Strafrecht stimmen, entscheiden tut man damit nix. Wenns nichts hilft, so schadets auch nichts.

    Daß Zwentendorf nicht eröffnet wurde, liegt an der Entscheidung der damaligen Bundesregierung, sich lieber von dem AKW zu verabschieden, als den Wahlerfolg aufs Spiel zu setzen. Die Rechnung ging auf, die SPÖ gewann die Wahl.

    1991 ließ die österreichische Regierung über die für 1995 geplante Weltausstellung mit Ungarn eine Volksbefragung durchführen. Sie ging gegen die Weltausstellung aus und sie wurde abgeblasen.
    Der Hintergrund war, daß dieser Event, der ursprünglich der weiteren Aufweichung des Ostblocks dienen sollte, nach der Wende überflüssig war. Den Entschluß, sie bleiben zu lassen, ließ sich die Regierung vom lieben Volk absegnen.

  38. 17. September 2009, 23:13 | #38

    junge linke hat dazu mal auf einen leserbrief geantwortet, da ging es va. um volksabstimmungen in der schweiz. Beginnt mit „Warum und wann lässt der bürgerliche Staat seine Bürger direkt bestimmen? “

  39. l
    18. September 2009, 00:09 | #39

    ui, nein. du meinst das VOLKSBEGEHREN. – das ist unverbindlich. aber zB die EU-VOLKS war verbindlich. dann gibt’s noch die VOLKS.

    die AKW-geschichte war ne ABSTIMMUNG – und daher verbindlich.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Volksabstimmung#.C3.96sterreich

  40. l
    18. September 2009, 00:19 | #40

    doch, das tut man. deshalb gab es erst 2 volksabstimmung in österreich 😛

    http://www.wien-konkret.at/politik/direkte-demokratie/volksabstimmungen/

  41. hey ho
    18. September 2009, 03:05 | #41

    das mit den volkabstimmungen ist so eine sache. genau wie bei der wahl vergesst ihr in der diskussion völlig das wesentliche nämlich das kapital. das kapital kontrolliert die medien und die beeinflussen das wahlergebnis. es gibt unendlich viele beispiele vor allem aus ärmeren ländern wo viel über direkte volksabstimmungen läuft. da kommt dann einer der geld hat und kauft sich einfach seine mehrheit und da braucht es nichtmal medien. bildung spielt auch noch eine rolle. wenn die leute in berlin zb alle doof und arm wären, dann kommt halt einer und kauft jedem berliner einen plastikkugelschreiber und plötzlich sind alle für mediaspree und das ding wird gebaut. da hierzulande die bildung aber noch ein bißchen zu hoch ist sind die herrschenden gegen volksabstimmungen.

  42. 18. September 2009, 07:12 | #42

    Der oben erwähnte Text der jungen Linken:

    Im Juni 2008 erreichte uns folgender Leserbrief. Unsere Antwort folgt darunter.

    F. aus Z. schreibt:
    Hallo Junge Linke, Wir sind in unserem linken Zusammenhang gerade einige grundsätzliche Punkte des Marxismus am durchdiskutieren und da sind wir nun beim bürgerlichen Staat angelangt.
    (…)
    Ein kleines Problem haben wir nur bei der Frage der Demokratie insbesondere bei den Wahlen oder der „Mitbestimmung“ der Bürger am Staatsgeschehen. Wir finden eure Analyse ist was Deutschland und andere indirekte Demokratien genannte Staaten absolut korrekt. Der Haken ist jetzt aber, wir schreiben euch aus der Schweiz und da läuft das etwas anders. Bei uns hat der Bürger nämlich deutlich mehr Mitbestimmungsrechte, als in den meisten anderen Staaten. Ich weiss nicht genau, inwiefern ihr mit dem politischen System der Schweiz vertraut seid aber wahrscheinlich reicht ein Blick auf Wikipedia, um da durchzublicken. Insbesondere mittels der Volksinitiativen und der Referenden kann die Schweizer Bevölkerung Gesetzes- und Verfassungsänderungen bewirken, für die die Zustimmung des Parlamentes nicht nötig ist. Ausserdem werden die wichtigsten politischen Fragen in der Schweiz so gut wie immer auch vom Volk mittels Abstimmungen mitbestimmt (Altersvorsorge, Atomkraftwerke etc. etc.)
    Wir wären sehr daran interessiert, eure Meinung darüber zu hören, warum so etwas in einem kapitalistischen Staat möglich ist und der Kapitalismus auch bei uns trotzdem wunderbar läuft. Haben die Schweizer Bürger möglicherweise das Prinzip des kapitalistischen Sachzwanges so sehr verinnerlich, dass auch sie mittlerweile als eine Art ideeler Gesamtkapitalist funktionieren? Ich (bzw. wir) fänden es spannend eure Meinung dazu zu hören.
    Grüße, F. aus Z.

    Unsere Antwort:
    Liebe GenossInnen,
    unsere Antwort anbei. Da wir faul sind und den Text gleich auch noch für ne Erklärung der deutschen Zustände benutzen wollen, haben wir nicht sofort auf Eure Frage geantwortet, sondern Sachen einführend vorgeschaltet, die euch vielleicht schon klar sind. Wir hoffen, euch damit Eure Frage beantwortet zu haben und wären ins Besondere, ob unsere Antwort schweiz-mäßig taugt, an einer Rückmeldung interessiert. Per e-mail, aber natürlich noch lieber direkt und persönlich auf nem Seminar oder Sommercamp. 🙂
    Viele Grüße, Tom, jungelinke

    Warum und wann lässt der bürgerliche Staat seine Bürger direkt bestimmen?

    I. Die indirekte Demokratie… Die normale bürgerliche Demokratie läuft so: Leute wählen Abgeordnete; und damit ist die Bürgerbeteiligung auch schon zu Ende. Zwar sollen sich alle engagieren, gerne auch in Parteien, eine Meinung haben und äußern dürfen – aber an mehr ist nicht gedacht. Sondern Unterordnung ist gefragt unter die Entscheidungen der gewählten Machthaber.
    Demokratie ist dann die Auswahl zwischen verschiedenen Eliten, ausgetragen als Konkurrenz von Parteien, die behaupten, dass Allgemeinwohl als partikulares Interesse zu haben – also dass sie als einzige das Allgemeinwohl in der richtigen Fassung in ihrem Programm haben. Demokratie ist damit eine Ordnung, die das allgemeine Interesse am Laufen der kapitalistischen Konkurrenz gegen die einzelnen Konkurrenten besonders gut durchsetzen kann, weil sie eben von den ganzen Konkurrenzteilnehmern dazu ermächtigt worden ist. Ob Arbeiter oder Kapitalist, der Staat fordert alle Bürger alle vier, fünf Jahre zur Ermächtigung auf, das Allgemeinwohl gegen die Privatinteressen durchsetzen zu dürfen. Die Konkurrenz um Wählerstimmen soll sicher stellen, dass alle Bürger sich auch angemessen repräsentiert fühlen und die Staatsagenten zwingen, auch tatsächlich nur das Staatswohl im Auge zu haben.

    II. … und ihre Probleme
    Bei der Aufgabe, die der bürgerliche Staat hat, ist Unmut vorprogrammiert. Die Bürger sind notorisch sauer, weil der Staat tut, wozu sie ihn ermächtigen – nämlich das Interesse seiner Bürger am Funktionieren der Gesellschaft durchzusetzen gegen die Bürger. Deren borniertes Interesse am Erfolg bei der Konkurrenz um den gesellschaftlichen Reichtum ist ihnen zwar durch staatliche Setzung aufgeherrscht (Privateigentum usw.) gerät aber häufig in Konflikt mit dem staatlichen Interesse am Erhalt der Gesellschaft. (Genaueres hierunter: http://www.junge-linke.de/staat_und_nation/der_brgerliche_staat_eine_einf.html) Wird der Unmut auf die Politik bei keiner Oppositionspartei heimisch, setzt sich gar die sachlich richtige, aber fast nie kritisch gemeinte Einsicht durch, die Parteien unterschieden sich doch gar nicht („die da oben machen ja doch was sie wollen“ usw.) hat die Demokratie zwar nicht sofort ein Problem, wünschenswert ist dieser Zustand für eine stabile Herrschaft auf Dauer aber nicht. Denn dann klappt das Einschwören auf den Staatszweck qua Stimmabgabe nicht mehr und die behauptete Identität von Bürgerwillen und Staatshandeln kommt in Gefahr.
    Das heißt dann auf bundesdeutsch „Parteienverdrossenheit“ oder gar „Politikverdrossenheit“.

    III. Direkte Demokratie als Ergänzung und Mittel der Parteienkonkurrenz
    In vielen Staaten und in immer mehr Bundesländern der deutschesten aller Republiken erhält das Volk die Möglichkeit seine Meinung formalisiert zu sagen, die berühmten „Volksbegehren“. Dieses Belebungsmittel für die parlamentarische Demokratie ist der Sache nach zwar Kinderkacke – im Regelfall muss sich die Regierung nicht dran halten, es darf keine Auswirkungen auf den Staatshaushalt haben, und manchmal zwingt man dem Parlament mit dem ganzen Aufwand auch nur eine zusätzliche Debatte auf. Aber es soll ernsthaft symbolisieren: Dem Staat ist die Meinung seiner Bürger nicht egal. Die Ernte diese symbolischen Bemühungen sollen die Parteien einfahren.
    Klar ist, dass Volksbegehren, aber auch Volksabstimmungen immer auch als Mittel der Parteienkonkurrenz genutzt werden: Indem sich eine Regierung ein „Ja“ gegen eine lautstarke Opposition holt, in dem die Opposition die Regierung in Bedrängnis bringt oder indem man irgendeine Frage gleichzeitig mit der Wahl zur Wahl stellt, und so die „richtigen“ Leute an die Wahlurne motiviert. (In den USA gerne, in dem man die Homo-Ehe verbieten will, das treibt das fromme Christenvolk dann doch an die Wahlurnen)
    Nun sind die Leute zwar bescheuert, aber doch nicht doof: Und wenn der Regierende Bürgermeister von Berlin erklärt, dass ihm piepegal ist, wieviel Leute dafür stimmen, dass ein überalterter Stadtflughafen noch zwei Jahre länger aufbleibt, dann kapieren auch genug Hauptstadtbewohner, dass der Gang zum Tempelhof-Volksbegehren sich nicht lohnt. Nur: DAS ist nun eigentlich nicht der Sinn der Sache. Und bestätigt die Bürger in ihrer schlechten Meinung. Und führt dann ab und zu zum neidischen Blick über die Landesgrenzen, in die Schweiz, die USA, Irland usw. – wo die Bürger über alle wichtigen Fragen entscheiden können.

    IV. Direkte Demokratie als Korrektiv: Verpflichtung von Staat und Volk auf das Allgemeinwohl
    Über alle? Das entscheidet immer noch der Staat. In vielen Staaten, z.B. der Europäischen Union hat sich das Staatspersonal 2006 – 2008 entschieden, seine Bürger über die EU-Reform nicht mehr abstimmen zu lassen, nachdem die Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden so grandios in die Hose gegangen sind. Die Profis der Politik unterstellen den Amateurpolitikern, dass ihnen der Blick fürs Große und Ganze fehlt, dass sie nicht die Sache der Nation als einzigen Gesichtspunkt haben, dass sie zu desinteressiert und desinformiert sind, um sie wirklich bestimmen zu lassen.
    Das kann man aber – und das tun Politiker auch – genau anders herum sehen: Nämlich dass die regelmäßige Befragung der Bürger bei denen Verantwortungsbewusstsein und Interesse stiftet und sie zu guten Nationalisten erzieht. Denn die Gefahr ist allen Staatsagenten schon klar: Dass wenn die Politik sich zu weit von der Volksmeinung entfernt, der Unwille zu groß ist, dem Staat die Legitimität bei seinem harten Job flöten geht und die Gesellschaft vielleicht nicht gleich revolutionär oder faschistisch umgestaltet wird, wohl aber zunehmend außer Kontrolle gerät, weil der Staat nicht mehr respektiert wird. Darum gibt es Länder, die im Interesse der Stabilität der Herrschaft, die Handlungsmöglichkeiten des Staates einschränken, in dem sie direkt Volkes Willen erfragen. Das ist für die gewählten Volksvertreter oftmals ärgerlich: Da führt Dänemark den Euro nicht ein, die Schweiz tritt nicht dem EWR bei und die ganze schöne EU-Verfassung muss neu verhandelt werden – aber die Bürger sagen noch in ihrem „Nein“ zu konkreten Projekten ihrer Herrschaft „Ja“ zur Herrschaft überhaupt, „Ja“ zu ihrer Unterordnung, „Ja“ zu all den Gemeinheiten des kapitalistischen Alltags.

    V. Wenn’s fürs Schweizervolk zum Rütli-Schwur kommt
    In der Schweiz, so würden wir sagen, hat die ganze Sache aber noch eine zusätzliche Korrektivfunktion, was vielleicht auch das ungewöhnlich hohe Ausmaß des direkten Volksbestimmens erklärt. In der Schweiz war nämlich bis vor Kurzem die Parteienkonkurrenz um Wählerstimmen zur Ermittlung der Staatsagenten weitgehend stillgelegt. Die Allparteienregierung („Konkordanzmodell“) sorgte dafür, dass vom eigentlichen Wahlakt nicht allzu viel abhing, weil bis auf ein paar Verschiebungen, sowieso alle relevanten Parteien in die Regierung und damit die Regierungsdisziplin eingebunden waren. Die Stabilität dieser Form des Regierens hat aber eben gerade den Nachteil, dass der Volkswillen von der Regierung nicht wichtig genommen werden muss – und entsprechende Entfremdungserscheinungen zwischen Volk und Staat auftauchen könnten. Historisch mag die ganze Volksabstimmerei in der Schweiz wegen der konfessionellen und sprachlichen Unterschiede entstanden sein, sozusagen als automatisch wirkende Rücksichtsverpflichtung auf alle Volksteile (ähnliche Regelungen gibt es auch im Wahlrecht der BRD mit dem ganzen Erststimmen-Zirkus, den drei Direktmandaten usw.) und/oder Einschwören des ganzen Schweizervolks auf den Staat gegen aller Sonderbündlerei – heute wirkt es als permanentes Korrektiv, dass dafür sorgt, dass der Staat seiner Funktion als ideeller Gesamtkapitalist nachkommen kann, ohne allzu großen Legitimationsverlust als ideeller Gesamtschweizer zu erleiden oder gar sein Volk am Schweizer-Sein zweifeln zu lassen. Und im Regelfall zeigen die Bürger der helvetischen Konföderation, dass der Staat keinen Fehler macht, wenn er fragt, wie er ihren Interessen denn nun genau Gewalt antun soll.

  43. 18. September 2009, 08:50 | #43

    „wenn die leute in berlin zb alle doof und arm wären“

    hm…

  44. 18. September 2009, 10:14 | #44

    Eine halbwegs funktionierende Demokratie setzt in der Tat eine ökonomische Integration der meisten Wähler voraus. Bei uns sind dies die Lohnabhängigen, kleinen Selbstständigen und Rentner. Wenn aber, wie in vielen afrikanischen Staaten, der Staat überhaupt nicht als Garant und Organisator dieser Integration gesehen werden kann, weil der größte Teil der Bevölkerung dem kaum vorhandenen Kapital nicht mal als Lohnarbeiter interessant ist und der Staat de facto diese Menschen auch nicht ersatzweise alimentiert, dann haben die Menschen ja Recht, wenn sie der Staat nicht als Interesseobjekt bewegt. Dann ist es geradezu „vernünftig“, sich wenigstens seine Wählerstimme abkaufen zu lassen. Also: arm ja, doof nein. Das ist hier eher andersrum.

  45. Stromsau
    18. September 2009, 13:35 | #45

    Der Beitrag war sowieso nicht so dolle und behauptet, dass den Wählern/Abstimmern unabhängig von ihrem Willen eine Präferenz hineinmanipuliert werden können und dass Bildung (welche? wie?) dagegen graduell immunisiert…

    Dass das Berlin für sich mit „arm, aber sexy“ wirbt, bezieht sich wohl mehr auf das knappe Stadtsäckel.

  46. Stromsau
    18. September 2009, 13:38 | #46

    „Eine halbwegs funktionierende Demokratie setzt in der Tat eine ökonomische Integration der meisten Wähler voraus.“

    Rückwärts gelesen erklärt sich so die historische Verknüpfung von Stimmrecht und Stimmgewicht mit Landbesitz oder Steueraufkommen.

  47. Nestor
    18. September 2009, 14:04 | #47

    Aha.
    Danke für die Aufklärung.
    Trotzdem bleibe ich beim Grundtenor. Es kommt halt drauf an, worüber abgestimmt wird, da muß man sich entscheiden.
    Wählen ist was anderes. Da gibt man wem die Ermächtigung, zu entscheiden, jenseits von einem konkreten Inhalt.

  48. hinweis
    18. September 2009, 15:01 | #48

    @Nestor: Den Unterschied zwischen Wahl und Volksabstimmung kann man vernachlässigen. Bei beiden stehen nur nationale Alternativen zu Auswahl und auch die Parteien, die sich zur Wahl stellen werben mit sich von den anderen Unterscheideneden Inhalten, wo sie nur können. Meinst du denn die CDU würde in DE die Laufzeiten für AKWs nicht verlängern, obwohl sie das jetzt erzählen und meinst du die Grünen oder auch die SPD sagen, sie wollen sie nichtverlängern, planen das aber insgeheim? Stimmt doch nicht. Die Parteien verteilen sich doch auch auf die staatspolitischen Alternativen. Der Einwand, der dann sagt: Aber festlegen kann man die Politik darauf nicht, der ist albern, weil die Parteien ja sagen, wie sie die Lasten verteilen wollen, ob sie AKWs als machbare Brückentechnologie sehen oder nicht.
    Damit ist überhaupt nicht bestritten, dass da Personen ermächtigt werden – nur sind diese Personen keine Überraschungseier, sondern politisch durchaus festgelegt, in dem was sie wollen. Obiges gilt für die Fragen, die die politischen Konkurrenten eben zu den Inhalten machen, anhand derer sie unterschieden werden wollen, oder aber wo es ein geschädigtes Anliegen als Wahlverein gibt, wie die Grünen es mal waren, deren Entwicklung es ist aus dem Zeug eine staatspolitische Alternative zu machen und als Verein zu repräsentieren.
    Man darf eben nicht denken, dass diese Ermächtigung zu entscheiden vor der Wahl leer sei oder mit Täuschungen gefüllt ist. Sonst stimme ich dir (mit Ausnahme der Wahl) und dem Menschen mit dem Vorwurf der umgekehrten POWI an die Leute, die aus der Kritik der Volkssouveränität eine Verhaltensalternative, eine praktische Lebenregel für Bürger machen wollen zu.

  49. nana
    18. September 2009, 15:02 | #49

    „der Staat fordert alle Bürger alle vier, fünf Jahre zur Ermächtigung auf, das Allgemeinwohl gegen die Privatinteressen durchsetzen zu dürfen.“ (JL)

    Verstehe ich die Jungen Linken richtig? Der Staat holt sich bei Wahlen doch keine Erlaubnis beim Volk ab, von der Wahl hängt bloß ab, in welcher personellen und parteilichen Zusammensetzung regiert werden soll.

  50. hinweis
    18. September 2009, 15:13 | #50

    p.s. Ich eine natürlich, dass man diesen Unterschied bei der Stellung zu Wahl vernachlässigen kann. Als Gegenstände haben sie schon unterschiede.

  51. Krim
    18. September 2009, 16:39 | #51

    Wodurch sind sie eigentlich festgelegt? Die Parteien sagen, was sie wollen und machen, wenn sie gewählt sind, eben was sie wollen. Also sind sie durch ihren eigenen Willen festgelegt. Wenn sich der ändert, weil bstimmte politische Aufgaben anstehen, (z.B. das Proletariat ist zu teuer im internationalen Vergleich, also muss es billiger werden, damit der Standort Deutschland gestärkt aus der krise hervorgeht) dann steht er eben nicht mehr fest, sondern dann wird getan, was für Deutschlands Erfolg nötig ist. Dabei wurde nicht getäuscht, sondern nur getan, was versprochen wurde, nämlich Deutschland zu führen. Wählen ist nicht verkehrt, weil Politiker Wahlbetrüger sind, sondern weil sie keine sind. Wählen ist noch nicht mal in erster Linie verkehrt, weil es sich um eine Ermächtigung eines politischen Willens handelt. In erster Linie ist die Sache, wozu die Ermächtigung stattfindet, das Kritikable, nämlich die Ermächtigung eines politschen Willens Deutschlands Erfolg als kapitalistische Nation durchzusetzen. Das macht eben jede Menge Opfer nötig und zwar egal, ob sie vorher angekündigt waren oder nicht. Obwohl sie selbst das kapitalistische Geschäft befördern, und seine Spielregeln in Kraft setzen, sind die Macher der Nation dem Gang des weltweiten Geschäfts auch ausgeliefert, und müssen auf Krisen , die andererseits nicht ohne ihr Zutun entstanden sind. Der Kapitalismus ist keine Planwirtschaft in der die politische Gewalt das Subjekt des Wirtschaftens ist. Es ist also alles andere als Täuschung wenn es manchmal anders kommt als angekündigt, sondern nur die Folge des Jobs die gewalträchtigen Notwendigkeiten einer kapitalistischen Nation zu exekutieren.

  52. hinweis
    18. September 2009, 16:46 | #52

    Sie sind festgelegt, weil sie sich so festlegen. Natürlich gibt es Situationen, in denen die Alternativen, die sie vertreten, sich als keine Alternativen für sie Nation mehr erweisen. Oder sie haben Ziele im Programm, die sich nicht damit vertragen, dass sie einer Nation vorstehen (der Frieden bei den Grünen). Da muss man eben schauen, was sie vorhaben und wenn sich die Situation ändert, vor der die Nation steht, dann haben ihre Alternativen eben keinen Bestand. Das ändert aber nichts daran, dass man solange diese Alternativen Bestand haben, unterschiedlich von ihnen betroffen ist und sich deshalb zwischen ihnen im Interesse der eigenen bürgerlichen Interessen entscheiden kann. Aus dem, was du sagst, folgt überhaupt nicht, dass man sich nicht entscheidet, nur weil sich die Lage der Nation mal ändern könnte.

  53. 18. September 2009, 16:46 | #53

    Das halte ich in der Tat auch für das Wichtigste: Es ist doch zu kritisieren, was die Leute wollen (und eben auch kriegen). Schon das ist doch was Blödes, was man denen mühsam ausreden muß. Das Schlimme sind eben nicht die korrupten, verlogenen Machtpolitiker, die sich am Gemeinwohl vergehen und die Leute nach Strich und Faden nur wegen egoistischer Parteiinteressen verarschen und verraten usw., sondern das Gemeinwohl ist das Übel.

  54. Nestor
    18. September 2009, 17:53 | #54

    Ufff! Man kommt ja gar nicht nach bei der Debatte.
    Zu „hinweis“:

    @Nestor: Den Unterschied zwischen Wahl und Volksabstimmung kann man vernachlässigen. Bei beiden stehen nur nationale Alternativen zu Auswahl und auch die Parteien, die sich zur Wahl stellen werben mit sich von den anderen Unterscheideneden Inhalten, wo sie nur können. Meinst du denn die CDU würde in DE die Laufzeiten für AKWs nicht verlängern, obwohl sie das jetzt erzählen und meinst du die Grünen oder auch die SPD sagen, sie wollen sie nichtverlängern, planen das aber insgeheim?

    Ich weiß gar nicht, wie du das aus meinem Kommentar heraus- oder hineinliest. Das mit den nationalen Alternativen verstehe ich auch nicht. Meine Aussage war, daß es bei Volksabstimmungen um einen konkreten Inhalt geht, bei Wahlen um Ermächtigung für die Politiker, zu regieren, wie sie wollen. Das ist ein Unterschied, auf den ich angesichts der Eingangsfrage hinweisen wollte. Einmal sagst du ja oder nein zu etwas, und das andere Mal hievst du eine Partei an die Macht.
    Was jetzt die Grünen versprechen oder machen, hat doch mit der Frage nix zu tun.

  55. pepe
    18. September 2009, 20:08 | #55

    Bei Wahlen und Volksabstimmungen werden die Untertanen aufgefordert, Kreuze zu machen, deren zahlenmäßige Verteilung über Machtmittel von Parteien/Personen entscheidet. Gleichzeitig belegt die Erstellung der folgenlosen oder folgenreichen „Meinungsbilder“, dass die Abstimmer NICHT Subjekt der Geschicke sind, für die sie Mehrheiten bilden: Wähler/Abstimmer entscheiden weder, was zur Wahl steht, noch welche Funktion die Wahl hat.

  56. hinweis
    18. September 2009, 22:21 | #56

    @Nestor (Zeilenumbrüche korrigiert)

    Du hast oben folgende Sache von dir gegeben:

    In deiner Antwort hast du dann konkretisiert:

    Ich meine du hast erstens eine zu positive Auffassung darüber, was eine Volksabstimmung ist und zweitens abstrahierst du vom Inhalt, den eine Wahl hat. Um der diffusen Hetze (‚fanatische Wahlfans‘ und was Neoprene sonst noch alles im Repertoire hat) mal was entgegenzusetzen und auch mal anzuzweifeln, dass die Aufteilung der threads zur Wahl und zur Volksabstimmung bei der hier verhandelten Frage Resultat eines inhaltlichen Unterschieds sei, hole ich mal ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein bisschen weiter aus.

    Die letztendlich zu beantwortende Frage ist dabei: Kann es Sinn machen sich an einer Volksabstimmung oder einer Wahl zu beteiligen, weil man von den Entscheidungen der dabei verhandelten Fragen unterschiedlich betroffen ist? Es geht also nicht um die grundsätzliche Stellung zur Wahl oder zur Demokratie, die man aus ihrer Erklärung gewinnt, sondern es geht darum ob man sich an diesen Maßnahmen eben im Interesse des eigenen Auskommens in bürgerlichen Verhältnissen beteiligt. In dieser Frage gibt der GSP eine eindeutige Antwort, die auch von den Adepten hier so vertreten wird: „Wählen ist verkehrt“. Man soll (z.B. nächsten Sonntag) nicht hingehen. Das wäre Ergebnis der Wahlkritik des GSP. Für die unterschiedlichen Interessen in der bürgerlichen Gesellschaft macht es aus Sicht des GSP also keinen Unterschied mit welchem Programm die Durchsetzung des nationalen Gemeinwesens verfolgt wird. Dass die Interessen davon unterschiedlich betroffen sind (je nachdem, ob der Eingangssteuersatz gesenkt wird, oder der Spitzensteuersatz) will ich damit nicht leugnen. Es gibt also keine Politik, die alle vergleichsweise schont, sondern es geht im Grundsatz um die Verteilung der für die Partikularinteressen aus dem Programm nationale Durchsetzung, die den Bürgern durch den Staat auf der Grundlage, dass sie ihn und damit seinen Erfolg wollen, zugemutet werden.

    Abstrakt kann man Demokratie als Volkssouveränität bestimmen. Da ist also ein Volk, das herrscht. Wer wird beherrscht? Auch das Volk! Beides geht nur, wenn das Volk in Herrschaft und Untertanen . Deutsche sind eben alle, von der Bundeskanzlerin bis zu Lotto-Lothar. Der Widerspruch, dass da die politisch als aufgefassten Volksangehörigen sich gleichzeitig als Ungleiche bestimmen, nämlich als Herrschaft und Untertanen, bekommt dabei seine Verlaufsform darin, dass prinzipiell jeder die Herrschaft stellen kann. Darüber wird die politische Scheidung in Herrschaft und Untertanen eben nicht zur gesellschaftlichen Stellung einzelner Volksangehöriger, wie z.B. im Feudalismus. Die gesellschaftliche Stellung bleibt in einem bürgerlichen Nationalstaat die Volksangehöriger. wird dieser Widerspruch in der periodischen Wahl: Die Volksangehörigen ermächtigen Leute aus ihrer Mitte in der Stärke einer Regierung und einer Opposition (also einer demokratischen Herrschaft), die dabei auf einen Apparat von Beamten zurückgreifen können, der von lauter Volksangehörigen über den Arbeitsmarkt gefüllt wird und der auch nicht mit der Regierung wechselt, sondern personell im Wesentlichen konstant bleibt. Der GegenStandpunkt und auch du, ihr habt also erst einmal recht: Die Wahl ist ein Ermittlungsverfahren für das Personal einer demokratischen Herrschaft. Sie ist das Prozessieren des obigen Widerspruchs und der ist die Erscheinungsform von einem anderen Widerspruch s.u.. Und das ist gleichzeitig eine Kritik an diesen Verhältnissen: In der stabilsten, demokratischen Verfassung dieser Verhältnisse ist es notwendig, periodisch Leute aus dem Volk mit einem Job zu betrauen, der allen Partikularinteressen Schranke ist d.h. Belastungen für sie nach sich zieht, nämlich Herrschaft auszuüben. Hier kommen auch die ganzen Punkte zum Tragen, die der GegenStandpunkt sonst zur Kritik der Wahl anführt: Das Wahlkreuz ist abstrakt, es enthält lediglich den Willensakt der Wählers eine bestimmte Person zu ermächtigen und keinen sonstigen Inhalt; die Kritik des Personenkults zur Wahl etc… Abzulehnen sind dabei Formulierungen wie „die Herrschaft/Elite lässt zur Wahl antreten“, die sich u.U. besonders kritisch vorkommen, aber inhaltlich falsch sind. Dass es gesetzliche Wahltermine gibt ist nämlich dessen, dass die Volksangehörigen (und Privateigentümer) politisch so eine Herrschaft periodisch über sich installieren und selbst in Form der gewählten Volksvertreter betreiben. Was sollte die denn in dieser Sache anderes beschließen als den nächsten Wahltermin? Da wird versucht einen oben/unten Gegensatz an der Wahl zu eröffnen (die Wahl sei was, auf das die Untertanen nicht von allein kommen), der weder historisch, noch in der Gegenwart etwas trifft.

    Die Herrschaft wird über das obige Verfahren zunächst d.h. sie wird zu einer periodisch besetzten Behörde. Dass die Bürger und Volksangehörigen dann regelmäßig Leute aus ihrer Mitte ermächtigen und sich damit mehrheitlich als Untertanen bestimmen lässt auf ein an so einer Herrschaft schließen. Das ist nicht das, als Parlamentarier 4 Jahre in Saus und Braus zu leben, sondern da gibt es 2 andere Interessen: Einmal das, der Bürger als Privateigentümer. Da brauchen sie eine Gewalt, auf die eine Ordnung garantiert, in der sie ihr Eigentümerinteresse betätigen können und dann ihr Interesse als Angehörige einer Nation, mit dem sie darauf aus sind, dass ihr Staat ihnen den Weltmarkt (auf Kosten der auswärtigen nationalen Gemeinwesen) als Sphäre der Prosperität ihrer Interessen als Proletarier, Grundeigentümer, Kapitalisten erschließt. Alle Klassen der bürgerlichen Gesellschaft sind also vom Erfolg ihres nationalen Gemeinwesens (vermittelt über die Kapitalakkumulation) abhängig. Dafür lastet die Herrschaft ihnen dann mit ihrem grundsätzlichen Einverständnis, das sie in der Wahl gegeben haben, auf, was notwendig ist, sich als so eine erfolgreiche nationale Herrschaft zu realisieren. Und dann erst kommen ihre unterschiedlichen Partikularinteressen ins Spiel: Weil die Herrschaft eine Belastung-, ein Abzug von ihrem Einkommen ist, fangen sie sich an darüber zu streiten, wie diese Lasten zu verteilen sind. Weil die Herrschaft ihre Gegensätze regelt fangen sie an sich darüber zu streiten, wie eine Herrschaft auszusehen hat, die die jeweiligen Partikularinteressen von Kapitalisten, Lohnarbeitern, Grundbesitzern, Hauseigentümern etc… auf Kosten der jeweils anderen zum Zug kommen lässt. Weil die Herrschaft als ideeller Gesamtkapitalist agiert und den Partikularinteressen abverlangt, sich in ihr Energie-, Umwelt-, Arbeitsmarkt-.. Konzept einzufügen, streiten sie sich auch darum, welche Wirtschafts- oder Energie besser zu ihren Interessen passen würde und die Figuren, die ermächtigt werden wollen (siehe 1.) legen ihnen die Unterschiede in der Führung des nationalen Gemeinwesens, auf die sie tw. selbst als Betroffene kommen (z.B. Grüne), als Mittel ihrer Konkurrenz im Personenwahlkampf vor. Und es sind, das habe ich schon mehrmals in den Diskussionen zu Wahl festgehalten, Alternativen, für die diese Personen und Parteien auch stehen, die sie durchsetzen wollen. Es ist eine Waffe in der Konkurrenz um das Wählervotum, wenn man einen inhaltlichen Unterschied zu anderen Parteien hat, der breite Interessengruppen entlastet bzw. der die Partikularinteressen breiter Bevölkerungsschichten anspricht. Danach suchen sie alle und übernehmen auch voneinander die für diese Konkurrenz
    tauglichen Ideen (siehe Frauenpolitik etc..). Die mach(t)en sie beispielsweise nicht, weil sie damit besser konkurrieren können, sondern weil es ein Widerspruch zur Gleichheit ist, wenn eine Gruppe nicht zum Arbeitsmarkt zugelassen ist, nicht in die Schule, nicht wählen darf etc… Das hat irgendeine Partei zu einem Programmpunkt erhoben (die sind doch auch gleiche Volksangehörige), hat damit für sich mobilisieren können und dann haben es sich über kurz oder lang alle zum Inhalt gemacht. Und dann sind die Frauen den Männern eben politisch gleichgestellt worden. Das nur als Beispiel.

    In der Regel setzen die Volksvertreter dann nur ihrem Gewissen verantwortlich um, was das Kräfteverhältnis der Parteien im Parlament (und im Bundesrat usw..) und ihr Programm hergibt und dabei ermitteln sie auch inhaltliche Lösungen auf nationale Herausforderungen, die überhaupt nicht zur Wahl standen und da auch kein Thema waren. Und unter diesen Herausforderungen gibt es eben welche, bei denen sie zu der Auffassung gelangen, dass sie für die dafür verfügbaren nationalen Alternativen extra nochmal eine Ermächtigung vom Volk brauchen, weil sie es in seiner Substanz berührt sehen. Dann gibt es eine Volksabstimmung (über den Euro, die Grundsatzentscheidung für oder gegen AKWs, den Vertrag von Lissabon etc…) oder eine Neuwahl, in der das thematisiert wird. Ob sie wirklich eine Volksabstimmung machen, hängt davon ab, wie die Parteien die Wirkung auf die Stabilität des nationalen Gemeinwesens der jeweiligen Maßnahme einschätzen. Und wenn die Ergebnisse der Volksabstimmung irgendwann national nicht mehr tragbar sind, dann gibt es einfach eine neue, mit den aktuellen nationalen Alternativen. Deine Vorstellung also, dass du die Regierung auf irgendwas mit so einem Volksabstimmungsergebnis verpflichten könntest ist nicht zutreffend. Man setzt die eine oder andere nationale Alternative durch, und solange sie eine ist gilt sie auch. Wird sie obsolet, wird auch mit neuen Alternativen neu abgestimmt bzw. wird das Ergebnis anders gekippt. Eine Volksabstimmung schreibt also auch nur einen augenblicklich durchgesetzten Willen fest, sie unterscheidet sich nicht großartig von der Wahl, weil das Entscheidende eben nicht das Gesetz ist, das den Staat zu irgendwas verpflichtet, sondern der mehrheitsfähige politische Wille. Das gilt sowohl für die Wahl, als auch für die Volksabstimmungsergebnisse, da gibt es keinen Unterschied.

    Die obige Kritik an der Wahl bedeutet eben nicht, dass man nicht hingeht, sondern sie bedeutet, dass man die Art politischer Verhältnisse ablehnt. Praktisch kann man daraus nichts folgen lassen.
    Betroffen ist man von den Beschlüssen und Alternativen der Regierung als Bürger und als der überlegt man sich, was die Parteien wollen und wählt, so man Unterschiede entdeckt, die man für die eigenen Lebensumstände für relevant hält.

  57. Krim
    19. September 2009, 02:00 | #57

    Nein, der GSP, wenn ich das mal als nicht GSP-x sagen darf, agitiert gegen die Frage, wie man in kapitalistischen Verhältnissen zurechtkommt, weil diese Frage ein einziges Zeugnis von notwendig falschem Bewusstsein ist. Der Gsp beantwortet diese Frage nicht, sondern weißt sie zurück. Das kann man Hinweis aber Tausendmal erzählen, dann behauptet er es trotzdem weiter.

    Die Aussage „Wählen ist verkehrt“ ist auf Aufklärung gerichtet, weil das Praktische, ob man nun hingeht oder nicht, sich eh nicht auf den Zweck des GSP auswirkt. (Die Revolution rückt dadurch weder näher noch bleibt sie deshalb außer Reichweite.) Mit Ausnahme der Auswirkung, dass sich die Leute übers Wählen verkehrtes Zeug denken. Die Behauptung ist, dass aus einem korrekten Urteil über die Wahl folgt, dass man nicht hingeht.

  58. widerspruch
    19. September 2009, 10:01 | #58

    „Da ist also ein Volk, das herrscht. Wer wird beherrscht? Auch das Volk!“

    Das hält ‚hinweis‘ nicht für eine Widerlegung der Ideologie vom Volkssouverän, sondern fragt sich, wie das „geht“. Alle Gegensätze zwischen Herrschern und Beherrschten verschwinden, wenn ‚hinweis‘ seine Demokratieliebe auspackt.

  59. Krim
    19. September 2009, 11:57 | #59

    @widerspruch: Es steht nicht im Text, dass die Gegensätze zwischen Herrschern und Beherrschten verschwinden, sondern dass unter anderm deswegen Wahlen nötig sind. Hinweis täuscht sich nicht in seiner Analyse. Er lässt aus seinem Urteil, bloß keine Taten folgen. Er denkt halt er hätte in der Wahl ein Mittel für seine materiellen Interessen in der Hand. Aber bloß weil man von der Politik betroffen ist und von unterschiedlicher Politik unterschiedlich betroffen ist, heißt das eben noch lange nicht, dass die Wahl ein Hebel für die eigenen Interessen ist. Man betätigt sich als Stimmvieh einer demokratischen Regierungspartei, die im Wahlakt dazu ermächtigt wird ihren politischen Willen durchzusetzen. Das ist keine vernünftige materielle Interessensverfolgung, noch nicht mal als Bürger.

  60. widerspruch
    19. September 2009, 16:31 | #60

    Leider doch, Krim. Anlässlich einer Wahldebatte erklärt ‚hinweis‘ das Volk zum Souverän, obwohl die Figur des Wählers bloß Kreuzchen malt. ‚hinweis‘ glaubt also an die Sternstunde der Volkssouveränität, auch wenn die einzige Stelle, an der von Untertanen etwas entschieden wird, ein Bleistiftkreuz für die Personalverteilung ist. Das wird dann übersetzt in ein materialistisches Anliegen, dessen Kongruenz mit den Herrscherangeboten eigene Vor- und Nachteile befördere.

    Wo ist jetzt der Gegensatz Herrschaft/Untertan geblieben? Bei ‚hinweis‘ ist der verwandelt in ein Ergänzungsverhältnis, das auch für Herrschaftsgegner nützlich sei – die Betroffenheit wird doch deswegen in ein Mittel umgelogen, weil ‚hinweis‘ auf die Partizipation große Stücke hält!

  61. Krim
    19. September 2009, 21:26 | #61

    Ok. So versteh ich den Vorwurf.

  62. Nestor
    20. September 2009, 23:01 | #62

    @hinweis
    Ich bin ja echt geschmeichelt, daß du mir soviel Raum widmest und bemühe mich jetzt, deinen hohen Erwartungen in meinem Kommentar Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
    Soweit ich dich verstehe, lauft deine Argumentation darauf hinaus, daß ich (und der GSP) eine vereinfachte Ansicht von Herrschaft haben und man nicht so einfach von Herrschenden und Beherrschten sprechen kann, sondern die Ermächtigung der Politiker durch die Wahl ein Akt der Volkssouveränität ist, worin die Untertanen ihr Einverständnis in ihr Regiertwerden geben. Und da sich ja auch jeder aufstellen lassen kann, also die politische Klasse durchlässig ist, so hebt sich letztlich der Unterschied auf und die oben verwalten nur den allgemeinen Volkswillen.
    Zunächst gebe ich dir recht darin, daß sich im Bewußtsein des Wählers die Sache so darstellt. Bei der Wahl gilt: one man (oder woman, bitte keine Debatten an dem Punkt!) – one vote. Das Prinzip der Gleichheit ist hier verwirklicht. Und bei der Wahl betätigt sich jeder als Citoyen, wurscht, ob er im realen Leben Bourgeois oder Proletarier ist.
    Nur: wird der reale Unterschied dadurch aufgehoben? Ist die Klassengesellschaft keine mehr, weil es ein allgemeines Wahlrecht gibt? Wie schauts aus in der Demokratie mit Ausbeutung, Mehrwert, Profit usw.?
    Wenn das aber einmal klar ist, daß dergleichen Fragen nicht zur Wahl stehen, so reduziert sich das Einverständnis der Wähler darauf, daß sie den Politikern einen Freibrief dafür geben, daß alles so weitergeht wie bisher, und ihre Stellung als Regierte nicht in Frage gestellt wird.
    Schließlich, zu deiner Formulierung: Die Wähler ermächtigen Leute „aus ihrer Mitte“. Ja, es kann auch ein Mitglied der Arbeiterklasse zum Sozialminister aufsteigen und von dort den Klassengegensatz äußerst glaubwürdig verwalten. Aber eins ist auch klar: Die Posten dieser Art sind quantitativ beschränkt, die Aufstiegsmöglichkeiten sind begrenzt. Damit ist auch klargestellt, daß die meisten Leute weiterhin als Ohnmächtige sich zur Manövriermasse der Politik machen und sich in ihre untergeordnete Stellung dreinfinden. Was auf der Ebene der Ökonomie heißt: weiterhin zur Verfügung stehen fürs Kapital, und sich auch einmaldreinfinden, wenn man in der Reservearmee gelandet ist, und seine unproduktive Armut ohne Aufstand ertragen.

    Was die Volksabstimmungen angeht, so bin ich halt für einen pragmatischen Standpunkt. Die AKW-Abstimmung wurde angesetzt und respektiert von der Regierung, und ich bin froh, daß diese Giftschleuder nicht ans Netz gegangen ist. Es hat damals übrigens, soweit ich der mündlichen Überlieferung trauen kann, die Vorgängerorganisation des GSP in Ö gegen die Beteiligung an der Abstimmung agitiert. Ihre Vertreter meinten, es sei eine nationalistische Sache, sie würde den Heimatgedanken befördern. Ja mei. Leben tun wir alle hier, und besser ohne AKW.
    Bei der EU-Volksabstimmung hab ich mich nicht beteiligt, weil es eine Entscheidung zwischen heißer und kalter Scheiße gewesen wäre. Bei den EU-Abstimmungen kann man übrigens sehen – Dänemark und Irland – daß, wenn es der Politik wirklich um ein wichtiges Anliegen geht, sie einfach so lange abstimmen laßt, bis das Ergebnis paßt, und dafür ihre ganze Propagandamaschinerie auffahren laßt.

  63. hinweis
    21. September 2009, 23:26 | #63

    @Nestor

    Hier der zweite Raum den ich dir widme. Du hast mich ein bisschen missverstanden.

    Mal 2 durchaus ernst gemeinte Literaturhinweise am Anfang, damit man wenigstens mal einen stofflichen Überblick hat, was mit den Themen Volk, Herrschaft, Untertanen und Nation eigentlich angerissen ist.

    – Der erste Literaturhinweis ist das Lexikon Geschichtliche Grundbegriffe Bd. 7 S. 141-431 (Volk, Nation, Masse). Das ist eine ziemlich informative Begriffsgeschichte der 3 Begriffe, wobei schon dem Teil über die strukturellen Gemeinsamkeiten Fehler zu entnehmen sind, die der GSP z.B. in seinem Volksartikel macht. Dazu siehe weiter unten.
    – Zum Nationalismus empfiehlt sich zur bloßen Kenntnisnahme der Thematik (die der GSP nicht fertigbringt) z.B. Eric J. Hobsbawm „Nationen und Nationalismus“.

    Wenn man die Bücher liest wie ein GSPler wird man da nicht viel mitbekommen. Die schauen auf die Farbe und wenn sie feststellen, das der Einband nicht grau ist stellen sie sich die Frage „Wo ist denn da der Fehler?“ und gleichen das mit ihrem Zeug ab. Da ist man natürlich nicht besonders offen dafür überhaupt mal das Thema festzustellen, das man sich herausgesucht hat, wenn man über das Volk redet und zwar ganz unabhängig davon, ob man sich vornimmt nur das heutige Volk zu erklären oder nicht. Das heißt nicht, dass man den Büchern überall zustimmen muss. Man bekommt, wenn man sich in den Literaturlisten weiterhangelt auch die Streitfragen der Leute mit, die sich wissenschaftlich mit dem Phänomen befassen.

    Du schreibst:

    Vereinfacht trifft es nicht und man kann schon ganz einfach von Herrschenden und Beherrschten reden, nur muss man eben richtig erfassen, was der Inhalt dieser Sachen ist. Mir fällt z.B. an deiner Antwort und auch an der Antwort auf den Leserbrief im GSP, die Neoprene hier eingestellt hat, folgendes auf: Für dich gibt es „Volk“ überhaupt nicht als etwas von den Untertanen . Volksangehöriger, das ist für dich nur ein Synonym für Untertan.
    Wenn man sich die Bevölkerung eines heutigen Landes anschaut, dann besteht die aus 2 Teilen: Aus Einheimischen (z.B. Deutschen) und aus Fremden (z.B. Senegalesen, Kurden usw…). Und sie besteht erst einmal aus Herrschaften und Untertanen bzw. sind die Leute, die diese Positionen bekleiden Volksangehörige des hiesigen Volkes. Die Kurden und Senegalesen sind nicht einmal Untertanen der deutschen Herrschaft, sondern einer anderen und sind dem deutschen Staat nur solange sie sich hier aufhalten unterworfen. Also stimmt erstens nicht, Volk und Untertanen gleichzusetzen, weil sowohl Herrschaft als auch Untertanen zum Volk gehören und Volk nicht etwas von der Herrschaft Verschiedenes ist. Praktisch kannst du das nachprüfen, indem du mal irgendwen, den du für einen Herrschenden hälst nach dem Ausweis fragst. Da steht drin: Bürger der Bundesrepublik Deutschland und nicht Innenminister der Bundesrepublik Deutschland (z.B.). Volk ist also im Ausgangspunkt keine oben/unten Relation, sondern eine innen/außen Relation. Es ist eine als fremd aufgefasster Leute. Zu welchem Zweck? Zum eigenen ökonomischen Vorteil, dessen Gestalt abhängig von den Produktionsverhältnissen ist. In jedem Fall werden ökonomische Voraussetzungen (Land, Territorium) exklusiv durch das Volk beansprucht und es ist auch immer versucht worden über das beanspruchte Territorium hinaus Fremden ihre Reichtumsvoraussetzungen (Land usw…) streitig zu machen. Im Kapitalismus geht das eleganter über den Handel, da verschafft man sich Zugriff auf auswärtige Ressourcen, ohne dass man fremden Völkern die Verfügung über ihr Territorium streitig zu machen versucht.
    Diese wechselseitige Benutzung über die eigenen Grenzen hinweg, die Konkurrenz um den Zugriff auf Reichtumsquellen, die mit der exklusiven Beanspruchung eines Territoriums und einer (Volks-)Gemeinschaft, die sich gegen Fremde abschließt eröffnet ist, ist eine . Und nicht nur das: Ist diese Konkurrenz einmal ins Werk gesetzt, wird die Durchsetzung in dieser Konkurrenz Bedingung sämtlicher Interessen der Gesellschaft (eines Volkes), weil es eine Konkurrenz um die Benutzung der Grundlagen aller Ökonomie und den Nutzen daraus ist. Ich habe das jetzt so abstrakt ausgedrückt, weil das eine Gemeinsamkeit aller bisherigen Gesellschaften ist. Es gab keine nennenswerte Gesellschaft, die sich nicht in Völkern d.h. sich wechselseitig von den ökonomischen Grundlagen ausschließenden Gemeinschaften verfasst hat.
    Der zuletzt genannte Umstand, dass die Durchsetzung des Volkes in der Konkurrenz mit anderen Grundlage aller Partikularinteressen einer Gesellschaft wird, bedeutet, dass die Partikularinteressen den Notwendigkeiten dieser Konkurrenz werden müssen. Der Zweck als Volk (im Kapitalismus als Nation) mit anderen um die Benutzung und/oder Verfügung von/über Reichtumsquellen zu konkurrieren ist also ein zu den Partikularinteressen (Kapitalisten, Proletarier oder Freie Bauern, Adel & Gefolgschaften, Klerus). Und dieser Gegensatz macht eine notwendig und bestimmt den Rest des Volkes als deren . Die Scheidung des Volkes in Herrschaft und Untertanen ist also ein dessen, dass man einen Volksstandpunkt einnimmt und nicht das Volk ist Resultat der Herrschaft (wie der GSP meint). Historisch ist die Scheidung in Völker auch entlang von Gegensätzen hinsichtlich der Verfügung über Reichtumsquellen gegangen und mit der Scheidung haben sich auch Herrschaftskerne entwickelt. Ihren Ausgangspunkt haben die in den alten Gesellschaften im militärischen (kriegerischen) Gefolgschaftswesen. Auch heute noch will jeder Separatist exklusive Verfügung über ein Territorium und einen Ausschluss von Fremden.
    Wenn ich also Herrschaft, Untertanen oder Volk sage, dann meine ich die oben kurz erklärten Begriffe und ich gehe in keiner Weise davon aus, dass es da keinen Gegensatz zwischen Herrschaft und Untertanen gäbe. Die Herrschaft verwaltet erstens schon einen „Volkswillen“, der ist aber was ganz anderes als die Partikularinteressen der Volksangehörigen (als Bürger, Handwerker etc…). Die Herrschaft ist nämlich der Agent des dazu im stehenden Willens zur Konkurrenz mit- bzw. des Ausschlusses von anderen Völkern und das kann sie zweitens nur auf der Grundlage sein, dass die Leute, die das Volk bilden diese Konkurrenz wollen bzw. den Willen zur Abgrenzung haben. ist sie Platzanweiser eines Volkes und bestimmt auch, wer dazugehört. Mir ist bekannt, dass es noch weitere Interessen z.B. in einer kapitalistischen Gesellschaft gibt, die eine Herrschaft notwendig machen. Wie das Verhältnis dieser Interessen zu dem oben genannten Interesse des Volkes ist, führt aber zu weit weg vom Thema.

    Was ein Volk ist, ist jetzt klar. Was ist dann die „Volkssouveränität“, die Selbstbestimmung des Volkes? – oder – wie übt es Herrschaft aus? Das Volk muss sich in Kapitalismus nach wie vor in Herrschaft und Untertanen scheiden. Und die Herrschaft herrscht sich und dem Rest dann auch die Konkurrenznotwendigkeiten der Konkurrenz mit anderen Völkern auf. Aber: Herrschaft und Untertanen sind eben keine gesellschaftlichen Stellungen mehr, wie in früheren Gesellschaften. Sie sind nicht mehr mit Personen verbunden (dem Fürsten, der Dynastie), sondern wer zur Herrschaft gehört und vorübergehend zum Agenten der Durchsetzung gegen andere Völker wird, das bestimmt das Volk. Also bestimmt es , ist die Oberhoheit, der Souverän. Die Scheidung des Volkes in Herrschaft und Untertanen widerspricht dem aber: Der Untertan kann nicht die Herrschaft bestimmen. Und dieser Widerspruch, der findet seine Verlaufsform in der periodischen Wahl. Alle 4 Jahre ist das Volk mal einen Tag lang für eine Handlung, nämlich die Ermächtigung einer neuen Herrschaft Souverän. Dann hat es sich aber in Herrschaft und Untertanen geschieden und die Untertanen sind die nächsten 4 Jahre Untertanen.
    Und so etwas funktioniert nur, wenn die Untertanen einen entsprechenden Willensinhalt haben. Dass sie das Mitmachen liegt nichtdaran, dass eine Herrschaft sie zur Wahl antreten lässt, sondern umgekehrt geben sie sich eine Herrschaft, weil sie einen Willen zu diesen Verhältnissen haben. Dass diese gewählten Volksvertreter dann einer Klassengesellschaft vorstehen stimmt. Das hatte ich auch nicht bestreiten wollen.
    Gleichzeitig kann man das aber nicht in ein Täter/Opfer Schema auflösen wollen (der böse Staat und die armen Opfer (Untertanen) oder sowas). Die demokratische Herrschaft herrscht dann eine Wahlperiode lang den Untertanen auf der Grundlage, dass sie den entsprechenden Willen haben und der Auffassung sind, dass es einen Staat braucht, einfach die Notwendigkeiten der Konkurrenz mit anderen Nationen und des Bestandes der Eigentumsordnung auf. Und dann sind sie wieder für einen Tag und ein Kreuz Souverän und delegieren die Souveränität an eine ihnen genehme Herrschaft etc…

    Halte ich für ein schlechtes Argument. Die Volksvertreter haben keinen Freibrief, sondern sind beauftragt die Nation zu führen. Das machen sie mit entsprechenden Politikalternativen und zwischen denen kann man sich eben alle 4 Jahre entscheiden(darum geht das ganze Hin & Her in der Debatte).

    Praktisch hätte ich das mit der Volksabstimmung genau so gehalten wie du. Im Unterschied zu dir sehe ich dasd bei Wahlen aber ganz ähnlich. Dazu vielleicht später mal.

  64. adept
    22. September 2009, 00:49 | #64

    wäre alltägliches wählen nicht schon fast kommunismus? 😛

    im ernst: im schnitt einmal im jahr, 10 minuten (wenn man tatsächlich zu allen wahlen gehen sollte, was ich sicher nicht tu). „brave untertanen“ ist die übliche an den haaren herbeigezogene psychologisierung, hatten wir alles schon.

  65. adept
    22. September 2009, 00:51 | #65

    von diesen 10 minuten verspreche ich mir tatsächlich mehr als vom nächsten pfandflaschen wegbringen. nur eben nicht das was hier manche .

  66. Klaus U
    22. September 2009, 11:14 | #66

    Hallo Hinweis

    Da du es ja nicht lassen kannst, auf dein Lieblingsthema Volk zu sprechen zu kommen, werde ich dir mal ein bisschen was dazu schreiben.

    Du hast dir einen Pappkameraden aufgebaut, auf den du dann draufschlägst: „Volksangehöriger, das ist für dich nur ein Synonym für Untertan.“

    Das ist deine fehlerhafte Vorstellung über die Aussagen des GSP zum Thema Volk und nicht die Theorie des GSP selber. Wie dir sicherlich bekannt sein dürfte, ist die wesentliche Aussage, dass der Staat selber das Volk qua seiner Gewalt schafft. Er schafft es, in dem er Menschen als seine Bürger für sich reklamiert. Damit ist überhaupt nicht ausgesagt, dass dieser Mensch auch auf seinem Territorium wohnen muss oder umgekehrt, das jeder auf dem Staatsteritorium lebende Mensch auch Staatsbürger des Staates ist, wo er gerade lebt.

    „Volk ist also im Ausgangspunkt keine oben/unten Relation, sondern eine innen/außen Relation. „

    Nein. Volk ist eine Bestimmung des Staates über Leute, von denen er sagt, dass es seine sind. Alle anderen eben nicht – und die eigenen dürfen ihm auch nicht streitig gemacht werden von anderen. Sonst gibt’s – freundlich gesagt – Ärger.

    „Es ist eine Ausgrenzung als fremd aufgefasster Leute.“

    Du zitierst da eine Ideologie über das Volk – deswegen auch dein Hinweis auf Hobsbawn, den ich durchaus gelesen habe –, nicht die Stellung des Staates zu seinem Volk. Der Staat ist keiner Auffassung, wie Politologen, sondern Gewalt, die etwas durchsetzt: „Das sind meine Leute!“

    Die Erkenntnisse von Hobsbawn et al gehen daraus zu sagen, dass der Staat ein einheitliches Volk qua Gewalt – in Kriegen, in der Schule, in der Sprachpolitik – sich erst geschaffen hat. Das soll eine große Erkenntnis sein?

    Gruß

    Klaus

  67. hinweis
    22. September 2009, 11:24 | #67

    @Klaus : Ich empfehle einen schnellkurs in verstehendem Lesen. Möglichst nicht bei Freerk Huiken nehmen, der kann das glaube ich auch nicht gut.
    Du wiederholst, was ich am GSP kritisiere, mit der Behauptung, es sei was anderes. Zudem musst du mal Erklären, wie im Märchenland des GSP der Staat vom Himmel auf die armen nackten Menschlein gefallen ist. So ein Schmarrn!

  68. Klaus U
    22. September 2009, 11:36 | #68

    HeHe

    Den Vorwurf mit verstehendem Lesen könnte ich jetzt glatt zurück geben. Mach ich aber mal lieber nicht.

    Aber vielleicht könntest du ja mal versuchen, mal für 5 Minuten bei einem Thema zu bleiben. Wolltest du schon nicht über Volksentscheide, sondern über die Bestimmungen des Volkes reden, bist du nun bei der Genese des bürgerlichen Staates gelandet. Das ging aber schnell.

    Klaus

  69. hinweis
    22. September 2009, 11:43 | #69

    Im Unterschied zum Gegenstandpunkt hat Hobsbawn wenigstens das Thema Nationalismus, wenn er darüber redet. Die Aussagen sind auch keine Wiederholungen der dumpfen GSP Theorie, dass der Staat das Volk macht. Mir ging es auch viel weniger um seine Aussagen im Detail, sondern darum, dass der es im Unterschied zum GSP fertigbringt was zum Thema zu sagen und sich an der Erklärung zu versuchen. Und dabei bekommt man glatt den STOFF vorgeführt, um den es geht So weit ist der GSP noch nicht gekommen.

    Weiterhin kann ich nicht umhin beim Thema Volkssouveränität auch mal darauf hinzuweisen, was Volk, Herrschaft, Untertanen sind, wenn sie schon in einer Antwort vorkommen. Und dann die Wiederholung des Blödsinns, den man eben kritisiert hat, als „was anderes“ vorgerstellt zu bekommen, ist schon dreist. Kommst du dir in deiner abgrundtiefen Parteilichkeit nicht irgendwann mal blöd vor?

  70. hinweis
    22. September 2009, 11:44 | #70

    Klaus, du bist einfach dumm wie ein Brot. Und das liegt nicht daran, dass du das nicht besser kannst, sondern weil du wirklich ein depperter Parteisoldat bist. Hör mal auf die infiltrieren zu lassen und fang selber an nachzudenken.

  71. Sisyphos
    22. September 2009, 12:54 | #71

    „dumm wie ein Brot, depperter Parteisoldat, infiltriert“

    DAS ist hinweis‘ Leib- und Magenthema: Argumentlose Beschimpfungen von Personen, da tut man sich auch mit unverstandenen Argumenten nicht mehr so schwer.

    „fang selber an nachzudenken“

    Nimmt man das einmal ernst, soll das Resultat selbstständigen Denkens in hinweis‘ Verrücktheiten münden – da rate ich zu schlaueren Infiltrationen.

  72. 22. September 2009, 13:02 | #72

    Ja, ja „dumm wie ein Brot, depperter Parteisoldat, infiltriert“, daß ist libelle, wie wir ihn kennen und lieben lernen durften!
    Ich habe es aber trotzdem stehen lassen, weil hinweis im Kern ja recht hat: Klaus hat so getan, als wenn die Sache mit der korrekten Bestimmung dessen was „Volk“ ist, doch schon gegessen sei und deshalb hat er auch nur kurz und knapp die GSP-Kurzversion hingeschrieben.

    Es ist aber halt falsch, daß der Staat „sein“ Volk per Gewalt schafft oder auch nur geschaffen hätte. Jedenfalls gibt es einige, die das begründet so sehen.

  73. hinweis
    22. September 2009, 13:20 | #73

    Sysiphos: Im Unterschied zu mir betreibet du wirklich Hetze und Demontage, weil du ein abschließendes Urteil über das ganze Zeug, das ich geschrieben habe anhand von diesen paar rauhen Hinweisen an Klaus herstellen willst.
    Ich habe Klaus aber nicht zu einem schlimmen Wesen verfalbelt, wie du da bei mir versuchst, sondern ich habe ihm auch gesagt, wie das zu ändern ist: Selber nachdenken, sich geistig nicht von dem Zeug abhängig machen und aufhören Kollektivstandpunkte durch die Welt zu tragen und sich als Parteisoldat aufzuführen. Das, was er da geschrieben hat war nämlich streng genommen überhaupt kein Diskussionsbeitrag, sondern die Wiederholung eines Standpunktes. Und du bist nicht ein jota besser. Auch du bist ein Trottel, der das, was er über die Welt denkt von der Bestätigung eines Standpunktes abhängig macht. Hör‘ auf damit, so pflanzt man nur die eigene Dummheit fort.

  74. Sisyphos
    22. September 2009, 14:42 | #74

    „die Sache mit der korrekten Bestimmung dessen was „Volk“ ist“

    Mag sein, dass für viele da noch Baustelle ist, aber die korrekte Bestimmung steht da:

    „dass der Staat selber das Volk qua seiner Gewalt schafft. Er schafft es, indem er Menschen als seine Bürger für sich reklamiert.“ (Klaus)

    Die „Gegenargumente“ haben hingegen zu wenig Substanz, da präsentiert sich der Autor ganz als Gegner jeder Klärung:

    „verstehendes Lesen“, „Märchenland“, „Schmarrn“ (hinweis)

  75. 22. September 2009, 15:01 | #75

    Eines der „substanzarmen“ Gegenargumente gegen die These, daß jeder Staat sich sein Volk dadurch schafft, daß er eben die Gewalt über die Menschen in seinem Staatsgebiet ausübt, war von mir z.B. der Verweis auf Staatenaufsplittung durch nationalistische Bewegungen. Erfolgreich war Norwegen, Kurden und Basken haben es nicht geschafft, bei Flamen und Wallonen ist es eher unentschieden.

  76. Klaus U
    22. September 2009, 15:08 | #76

    Dass es, Neoprene, als Spiegelbild zur Tat des Staates auch ein Bewusstsein im Volk über die eigene Volkszugehörigkeit gibt, wurde schon diskutiert (wenn ich mich recht erinnere). Dass dieses auch von der offiziellen Definition der Herrschaft abweichen kann, ist – wie bei allen anderen Sachen auch – logisch. Dieses abweichende Bewusstsein ist, insofern es sich als abweichender Nationalismus präsentiert, das Bewusstsein der neuen Staatslenker in spe. Verfolgt wird dieses abweichende Ziel, wenn es denn verfolgt und nicht einfach als schlechte Meinung gepflegt wird, mit den Mitteln einer sich im entstehend befindenden Staatsgewalt: Mit erlesenem Terror. Und wird entsprechend beantwortet. Ob im Baskenland, in Irland, bei den Kurden oder sonstwo.

    Lieben Gruß

    Klaus

  77. 22. September 2009, 15:20 | #77

    Ja, Klaus, natürlich ist auch zu diesem Punkt schon diskutiert worden. Es ist nur selber wiederum substanzarm bzw. inhaltsleer, wenn du und deine ideologischen Mitstreiter hier die These aufstellten, daß sowohl das Nationalbewußtsein der Völker den Menschen mit „erlesenem Terror“ eingebleut wurde (was selber doch schon Stuß ist: Bloß weil die Mafia mir mein Restaurant abzufackeln droht, werde ich doch nicht zum begeisterten Mafia-Fahnen-Schwenker, auch wenn ich die einschätzung gewonnen habe, daß ich um die Schutzgeldzahlungen wohl nicht rumkommen, nachdem die Mafia mir demonstrativ gezeigt hat, wovor ich mich schützen muß), als auch das exakte Gegenteil, nämlich der Aufmuckernationalismus der Separatisten. Wenn der Staatshahn kräht auf dem Mist seiner Bundestagsitzungen, dann ändert sich das politsche Wetter oder bleibt eben wie es ist. Na toll für solch eine analytische Scharfsicht!

    Nur rein faktisch ist dein „erlesener Terror“ selbst bei Separatisten beileibe nicht immer das Mittel der Wahl. Denn anders als du sind Separatisten Leute mit einem politischen Programm, für das sie Leute überzeugen wollen und keine Kiezschläger, die nur wollen, daß jeder auf die andere Straßenseite geht, wenn sie vorbeikommen. Für deine Schläger (und den GSP) ist in der Tat Gewalt das einzige Argument, die meisten anderen hingegen sehen das auch in dieser Frage schon noch etwas anders.

  78. hinweis
    22. September 2009, 15:34 | #78

    Zudem taugt der Gedanke der Anleihe, die sich die Separatisten bei einem existierenden Staat nehmen überhaupt nichts, weil „die Staatsgewalt“ und der Separatismus völlig WILLKÜRLICH einander zugeordnet werden. Und wenn die Separatisten sich einen Sängerverein zur Vorlage genommen hätten, dann hätten sie keinen Staat eingerichtet, oder wie? Die Gewalt ist doch zum ausschluss der als fremd eingestuften Teile des Volkes, von dem dman separieren will NOTWENDIG und zwar um die anderen auszuschließen. Deshalb ist Separatismus eine gewaltsame Sache und NICHT weil die Separatisten an einem bestehenden Staat maß nehmen. Die Konstruktion der Vorlage, zu der ein anderer Staat dient, erklärt überhaupt nichts am Verhältnis von Separatismus und Gewalt. Die Gewalt wendet so ein Separatismus übrigens auch an, wenn die auszuschließenden Fremden keine Untertanen einer Staatsgewalt sind, sondern einfach nur dem nicht auf das beanspruchte Territorium gehörigen Volk zugerechnet werden.

    Klaus: Erklär doch mal, was in der Diskussion an die du dich zu entsinnen meinst bezüglich der Frage, WARUM separatisten Gewalt brauchen und wie sie auf die Idee kommen sich ausgerechnet staatlich verfasst vom altvolk zu scheiden. Da markst du: Nicht der Staat ist der Ausgangspunkt des Volkes, sondern umgekehrt, der Zweck sich als Volk zu scheiden Grund einer nationalen Staatsgewalt.

  79. 22. September 2009, 15:41 | #79

    Daß beim Projekt eigener Staat für das eigene Volk immer eine ganze Menge Gewalt mit dabei ist, insbesondere beim Niederringen des bisherigen Gebietsherren, will ich gar nicht bestreiten, die Geschichtsbücher sind fast immer voll davon. Mir ging es nur um die krude „Logik“, daß Staatsgewalt die Leute zu Volksangehörigen in deren Bewußtsein macht. Sowas ist mit Gewalt regelmäßig nicht hinzukriegen. Sowas ist die Ideologie von Boot Camps. Und nicht mal da geht das auf.

  80. hinweis
    22. September 2009, 15:49 | #80

    Ich will auch nicht bestreiten, dass Separatismus eine gewaltsame Sache ist. Nur kann Klaus mit seiner Theorie nicht erklären, WARUM das so ist. Gewalt ist nämlich nicht der Inhalt dessen, was die Separatisten wollen, sondern der ist eben SEPARATION. Und das nicht, weil sie den Zweck von einer Vorlage abschauen.

    Beim Bewusstsein stimme ich dir zu. Das ist eben nicht Ergebnis staatlichen Zwangs im Verbund mit Opportunismus, sondern der Ausgangspunkt des Separatismus. Man übersetzt die Zurückweisung eigener Interessen in das Programm Separation.

  81. Klaus U
    22. September 2009, 16:08 | #81

    Als erstes eine Frage an hinweis: Du leitest den Staat aus dem Willen des Volkes zur Abgrenzung gegenüber anderen ab, sehe ich das richtig?

  82. Klaus U
    22. September 2009, 16:16 | #82

    Nochmals an hinweis: Ich bin Mitglied eines Volkes. Steht in meinem Pass drin. Ich bin nicht ein einziges mal gefragt worden, ob ich mitmachen möchte oder lieber nicht. Ich kenne auch keine einzige Veranstaltung, bei der jemals die Leute zusammen kamen und beschlossen: „Jetzt gründen wir uns einen Staat“. Wo soll es das hier und heute geben bei den Völkern und Staaten, die es nun mal jetzt gibt?

  83. 22. September 2009, 16:32 | #83

    zu Klaus „Ich bin Mitglied eines Volkes. Steht in meinem Pass drin.“

    Schon mal falsch: Der Paß ist das Dokument einer Staatszugehörigkeit. Welche Volkszugehörigkeit dazu gehört, ist eine andere Sache. Jedenfalls nicht deckungsgleich damit. So steht im kanadischen Paß auch nicht drin, daß man Quebecois ist, trotzdem gibt es recht viele, die sich so sehen.
    Ich kenne reihenweise Veranstaltungen, Bücher, Radio- und TV-Sendungen, wo die Leute dazu agitiert wurden/werden, „Jetzt gründen wir uns einen Staat“, du doch auch, das Argument von dir ist wirklich kindisch. Daß auch der dann nicht per Abstimmung, sondern mit ner Menge Gewalt zustande kommt oder niedergeschossen wird, ist damit, siehe oben, ja gar nicht bestritten.

  84. hinweis
    22. September 2009, 16:43 | #84

    Zur ersten Frage: Ja, ich leite die Notwendigkeit einer Herrschaft eines Volkes aus dem Umstand ab, dass das Volk exklusiv Verfügung über ein Territorium und seine sachlichen Reichtumsvoraussetzungen beansprucht. Wie, ist in dem letzten langen Beitrag an Nestor erklärt, kann aber auch auf meinem Blog nachgelesen werden. Damit ist nicht bestritten, dass auch das Interesse von Privateigentümern eine gesellschaftliche Gewalt braucht – nur erklärt das nicht die Unterteilung der Welt in unterschiedliche Staaten.

    Zweite Frage: Die Herrschaft kann, und das ist auch in dem Beitrag an Nestor erklärt, nur auf der Grundlage, dass ein Wille zum Volk durchgesetzt ist bestimmen, wer dazu gehört und wer nicht. Die Vorstellung einer Gewalt ohne Volk und Willen dazu ist eine Fiktion, deshalb kann der Umstand, dass es ein Staatsangehörigkeitsrecht gibt, auch nicht erklären, woher das Volk kommt. Es ist dem ja schon fix und fertig vorausgesetzt.

    Heraussuchen kann man sich die Volksangehörigkeit deshalb allerdings trotzdem höchstens mit staatlicher Erlaubnis, weil der Staat der Agent dieses Volkszwecks ist und ihn auf der Grundlage, dass er eine Machtbasis von Menschen, die sich als Volk verfassen wollen hat, die Leute diesem Zweck unterwirft und es zu einer Frage seiner Hoheit macht, wer wann das Volk verlassen darf. Der Zwangscharakter ist also überhaupt nicht geleugnet – nur erklärt der nicht, warum es das Volk und warum eine Herrschaft gibt. Das Volk wird nicht durch eine Staatsgewalt geschöpft.

    An der Stelle kann man ein paar historische Korrekturen anbringen, die in der Diskussion bei MPunkt, die es leider nicht mehr bis zu dem Punkt gibt, auch diskutiert worden sind. Die betreffen die Nationalisierung unbeteiligter Bevölkerungsgruppen. Es soll also nicht geleugnet werden, dass es sowas wie die Akzeptanz des Staates als Grundlage eigener Interessen gibt, nur erklärt das eben das Verhältnis Staat /Volk nicht. Einer Sache zuzustimmen, sie zu akzeptieren, erklärt doch nicht, was sie notwendig macht, warum es sie gibt, wie es sie gibt. Am Grundverhältnis: Ein politischer Wille setzt sich durch und sich einen Nationalstaat (im Kapitalismus bzw. im Zug seiner Entstehung) ändern die ganzen Überlegungen aber nichts.

    Der Entschluss von Separatisten jetzt separieren wir uns und im nächsten Gedanken fällt ihnen schon ein, dass sie die dafür notwendige Gewalt organisieren müssen.

    Sonst ist auch historisch die Staatsgründung genau so gegangen: Jetzt gründen wir einen Staat. Ich erinnere an die Sängerbewegung in Süddeutschland, die Turner (Sportvater Jahn) alles Vereine, die von unten einen Nationalstaat wollten und das Rückgrat der deutschen Nationalbewegung waren. Die haben dann eben gegen Kräfte, die das nicht (Habsburg) oder anders wollten, gekämpft und agitiert. Durchgesetzt wurde der Nationalstaat dann von oben, von Preussen. Das aber nicht ohne dass auch Preussen und die anderen Länder z.B. 1847/48 während der Revolution Reformen eingeleitet haben. Die haben den Nationalstaat nicht gegen die als Volk vorgesehenen Leute durchsetzen müssen, oder sind ihnen da mit einer neuen Idee gekommen, sondern Preussen hat eben sich den Zweck deutscher Nationalstaat angeignet. Die haben politisch Einsicht dahinein entwickelt, dass es das braucht.

  85. hinweis
    22. September 2009, 16:50 | #85

    @Klaus – Ich verspreche dir eine gründliche Antwort auf deine Fragen. Heute abend.

  86. Sisyphos
    22. September 2009, 20:14 | #86

    „dass das Volk exklusiv Verfügung über ein Territorium und seine sachlichen Reichtumsvoraussetzungen beansprucht“

    Das ist kontrafaktisch. Völker beanspruchen kein Territorium, deren Mitglieder kennen ja nicht einmal den gültigen Grenzverlauf, geschweige denn, dass sich die (angeblich) verschiedenen Melting-Pot-Völkerschaften innerhalb von Staaten einig über hegemoniale Ansprüche wären. Die Völker werden auch nicht gefragt, welcher Nation sie denn beitreten wollen – das ist alles Staatsgründungsromantik.

    „auf der Grundlage, dass ein Wille zum Volk durchgesetzt ist“

    Wie äußert sich ein „Wille zum Volk“? Wo gibt’s den denn? Getrennt von allen politökonomischen Voraussetzungen (Geschäft/Gewalt) soll es einen Volkswillen geben, mit Leuten, die sich untereinander nicht einmal kennen? Und nach welchem Kriterium wollen die zusammengehören?

    „Die haben den Nationalstaat nicht gegen die als Volk vorgesehenen Leute durchsetzen müssen“

    Was denn sonst? Das nehmen manche Bayern den Preußen heute noch übel, auch wenn es sogar unter den Preußen Gegner gab …

  87. hinweis
    22. September 2009, 21:19 | #87

    Hier die versprochene Antwort:

    Ich bin der Auffassung, dass die erste Frage im Thread schon ausführlich beantwortet ist. Mal noch ein paar Bemerkungen zur 2. Frage:

    Was ist die Logik dieser Argumentation? Man schließt aus dem Umstand, dass man nicht gefragt wird, ob man zum Volk gehören will, dass das Volk dann keine Willensangelegenheit der Volksangehörigen sein kann.

    Erster Einwand: Der Mensch, der die Frage gern gestellt bekommen möchte, hat sie längst beantwortet. Der stört sich nämlich an seiner Volksangehörigkeit. Er will in der Sache anders entscheiden, kann das aber wegen des Umstandes, dass er Untertan eines Staates ist nicht. Mal anders herum gefragt: Welcher der deutschen Nationalisten hält denn den Umstand, dass der Staat ihn nicht fragt, ob er deutscher Staatsbürger sein will für einen echten Mangel? Welcher von denen käme denn auf die Idee zu sagen, dass er, weil es ein Staatsangehörigkeitsrecht gibt, sich dazu gezwungen fühlt Deutscher zu sein? Keiner! Die Art von Fragen, wie Klaus sie oben gestellt hat, will damit aber schon was bewiesen haben, nämlich folgenden Gedanken: im Zweifelsfall jeder dazu gezwungen wäre mit seiner Volkszugehörigkeit (setze ich hier mit Staatsangehörigkeit gleich) umzugehen, wie der Gesetzgeber ihm das vorschreibt, wird auf einen zur Staatsangehörigkeit geschlossen. Nur wäre der für den Staat überhaupt nicht zu bewältigen, wenn er ihn tatsächlich gegen einen Haufen Untertanen ausüben müsste, die keinen Staat wollen. Und dann hat man ein theoretisches Folgeproblem, an dem man eine ganze Latte von GSP-Theorien sofort wiedererkennt: Wie entwickeln die Leute einen Willen, ein positives Bewusstsein zu dem, was sie müssen? Das Bewusstsein der Leute wird so zu einem reinen Resultat staatlichen Zwangs, an dem sie opportunistisch herumtheoretisieren. Der Fehler davon ist eine Rechtslage, einen staatlichen Anspruch mit einem tatsächlichen Willensverhältnis zu verwechseln.

    Zweiter Einwand: Anschließend an die obigen Überlegungen kann man sich mal fragen, was das eigentlich für eine Sorte Theorie oder geistiger Übung ist, die in der Frage, die Klaus sich von der JL geborgt hat, steckt. Da wird eine durch und durch interessierte Frage an die Welt gestellt: Kann man die Volksangehörigkeit auch abwählen? Wird man gefragt, ob man sie haben will? Und das leitende Interesse ist dabei das eigene Interesse an diesen Verhältnissen: Man will sie nicht und nur deshalb kommt man auf solche Fragen. Und dann wird die eigene Stellung zur Volksangehörigkeit auf die Leute projiziert. Dann müssen sie gezwungen sein, weil sie ja die Volksangehörigkeit auch nicht abwählen können. Und dann wird so getan, als würden die den lieben langen Tag mit der Frage durch die Welt geistern und es wird sich das theoretische Problem gemacht, warum sie trotz dieser Frage den Laden wollen (also doch nicht mit der Frage durch die Welt geistern) (Weil sie zu den Bedingungen, unter denen sie ihre Interessen betätigen gezwungen werden, dann merken, dass sie einen Staat brauchen etc…). Das halte ich für einen Nachweis, dass der GSP (und nicht nur der) ideologisch denkt. Und das weiß Gott nicht nur in dieser Sache. Immer werden entlang des eigenen Interesses Probleme aufgeworfen und dann werden die gedachten Antworten der Leute auf dieses Problem, die das mit ihrem tatsächlichen Bewusstsein zusammenschließen als die Erklärungen ihres Bewusstseins ausgegeben. Wer’s nicht glaubt kann sich die vielen Diskussionen über das Volk durchlesen, oder den Volksartikel des GSP, das ist Schaulaufen dieser Methode.

  88. hinweis
    22. September 2009, 22:13 | #88

    1. Wenn der Staat der Agent des Volksstandpunktes ist, dann handeln die einzelnen Volksangehörigen auch nicht die Grenzen aus, sondern das macht der Staat. Er tut das aber auf der Grundlage, dass sie ihn als Herrschaft des Volkes wollen. Der Staat beansprucht dieses Territorium also als politisches Subjekt des Volkes.
    2. Fahr‘ mal ins Baskenland und schau dir mal an, wer das alles eine Karte vom Euskadi herumhängen hat. Solange die das politische Subjekt ihres Volkes noch nicht haben fordern die das also auch selber. Oder du schaust mal, welche karten die Alldeutsche Verein um die Jahrhundertwende zw. 18. und 19. Jhd gemalt hat. Die gingen bis in die Normandie.
    3. Die Ideologie, „man wird nicht gefragt“ tut dann wieder so, als wollten alle gefragt werden und wären nicht mit der Territorialpolitik ihrer Staaten einverstanden. Dagegen ist festzuhalten: Wenn sie gefragt werden wollen, dann hängen sie sich eben Karten vom Euskadi ins Wohnzimmer und gründen eine Bewegung, die die Frage politisch bearbeitet.

    Die Freunde des Euskadi meinen beispielsweise, dass sie von den Franzosen und Spaniern mindestens ihre urtümliche Sprache unterscheidet. Ihren Willen zum Volk äußern sie, indem sie die spanische und französische Zentralgewalt bekämpfen. Zusammen gehören sie im Fall ihres Erfolges eben als die Euskadianer(oder so) im Euskadi, das für die Prosperität ihrer genuin euskadischen Interessen sorgen soll.
    In Deutschland gibt es den auch in der Form des ganz profanen Nationalismus: Man will den Erfolg des nationalen Gemeinwesens in der Welt, wähnt sich als Teil eines nationalen „Wir“. Dieser Wille ist nicht getrennt von der Ökonomie, sondern zielt auf die Prosperität des nationalen Gemeinwesens vermittelt über den Erfolg der Kapitalakkumulation und fasst sich als aller Ökonomie auf. Nach welchen Kriterien Volksangehörige ihre Zusammengehörigkeit ermitteln hat etwas Willkürliches. Sie fassen sich als Sprachgemeinschaft, Religionsgemeinschaft (Juden), als Bewohner eines historischen Gemeinwesens auf und verfassen sich dann eben (im Kapitalismus) als Nation. Und dass man sich kennen muss, um so ein Gemeinwesen zu gründen, wäre mir das Neuste.

    Du hast eben keine Ahnung. Es gab in Deutschland eine Nationalbewegung und die hat die kleindeutsche Lösung, die sie zwar nicht angestrebt hat, 1871 mehrheitlich begrüßt. Die haben das als Fortschritt aufgefasst.

    (Langewiesche, Nation, Nationalstaat, Nationalismus s. 161)

    Bei den Turnern habe ich jetzt nicht gesucht, aber da dürfte es noch deutlicher ausfallen, weil es eine sehr stark preussische Bewegung war und die Sängerbewegung eher in Süddeutschland (Bayern, Württemberg, Baden) stark war.
    Ich habe hier auch noch einen Siegespsalm über Frankreich gefunden, den schenke ich mir aber.

    Hier doch noch die Turner:

  89. Django
    23. September 2009, 03:16 | #89

    Er kennt unheimlich viel Geschichten über den Staat, aber er weiß immer noch nicht was ein Staat IST.

  90. 23. September 2009, 08:31 | #90

    Django, wie schön, daß wenigstens du weißt, was der Staat ist (auch wenn es hier eigentlich eher um den Begriff Volk ging), nur leider hast du – wiedermal – für deine felsenfest sitzende Überzeugung weder eine deiner vielen Geschichten noch wenigstens ein einziges klitzekleines Argument gebracht. Um meinen Seufzer über libelle zu paraphrasieren: So haben wir auch dich kennen und lieben gelernt!

    Diesmal habe ich dir deine SPAM-Mail wieder mal stehen gelassen, weil deine Sicht- und „Argumentier“-Weise ja nicht untypisch also leider wichtig ist.

  91. Koza
    23. September 2009, 09:18 | #91

    , Du bist mir zuvorgekommen, denn ich hatte wie unten aufgesetzt zu antworten begonnen, will Dein Statement aber gerne damit nochmals bekräftigen:

    Standpunkte und Stanzen hat unser Wildwestheld immer schon imponieren wollen, bisweilen im nachgezeichneten Selbstdialog bis in die virtuelle Imitation der Gebärden seiner Vordenker hinein erweitert.

    […]

  92. Klaus U
    23. September 2009, 09:43 | #92

    Hey hinweis

    Wenn ich deine Theorie mit folgenden Stichpunkten zusammenfasse, liege ich dann total daneben, oder habe ich zumindest kapiert, wie du das gemeint hast? Wenn ja, dann später mehr dazu. Wenn nein, das sag mir, was falsch ist an der Zusammenfassung deiner Theorie zu diesen Thesen.

    – Das Volk hat einen Willen zum Staat.
    – Der Staat ist der Exekutor dieses Willens.
    – Dass die Volksmitglieder nichts zu melden haben, stellt keinen Widerspruch zum zweiten Punkt dar, weil sie ja den Staat wollen.
    – Beispiele für den Willen zum Staat vor der Staatsgründung finde ich in der Geschichte und im Separatismus.

    Fragt

    Klaus

  93. Krim
    23. September 2009, 11:51 | #93

    Das wichtige sind die Begründungen, weswegen man an deiner Kurzfassung nicht ablesen kann, ob du die Ausführungen von Hinweis kapiert hast. Wichtig ist doch: Wieso hat das Volk einen Willen zum Staat bzw. der Nation? Was für ein Verhältnis ist das? (oben/unten, innen/außen)? Was ist der Inhalt dieser Gemeinschaft namens Volk, von der der GSP ja sagt, sie würde sich in das Verhältnis Herrschaft/Untertan auflösen und sei im übrigen Ideologie. Also bevor du dich auf deine Aussagen stürtzt und die als Aussage von Hinweis auseinandernimmst, sollte schon klar sein, dass du auch die Gründe nachvollzogen hast.

  94. PMS
    23. September 2009, 14:10 | #94

    Die wollen eine ALTERNATIVE Gewalt und benutzen als Begründung völkische Ideologie. Das soll eine Erklärung sein für den Willen zum Volk? Ganz schön völkisch gedacht. Und ihr glaubt den Seperatisten, dass ihr Volkswille der Grund für ihren Nationalismus sei?

    Also du weißt es nicht. Es macht angesichts der Tautologien auch wenig Sinn auf den Rest einzugehen:

    Wer hätte das gedacht: Die damaligen Nationalisten fanden Nationen fortschrittlich. Man muss bei euch immer schon den Kardinalfehler („auf der Grundlage von Volkssouveränität“) mitdenken, um eure Unterstellungen zu verstehen. Erklären kann offensichtlich keiner von euch, was ihr überhaupt mit Volkes Macht sagen wollt.

  95. hinweis
    23. September 2009, 15:10 | #95

    @PMS: Erstens hast du nicht verstanden, was Volkssouveränität ist und was ich dazu vertreten habe, sonst kämst du nicht auf die Idee zu behaupten die hätte etwas mit unserem Volksbegriff zu tun.
    Zweitens zitiere ich mich mal zur Frage der ALTERNATIVEN Gewalt selbst:

    Die Idee mit der Vorlage bzw. der alternativen Staatsgewalt verlagert die zu klärende Frage nur bzw. führt einen Regress ein, der wo bitte enden soll?

    @Klaus. Ich werde dir ausführlich antworten. Schließlich macht es ja keinen Sinn, wenn du dich an einer Kritik unserer Vorstellungen abarbeitest und sie dann nicht triffst.

  96. hinweis
    23. September 2009, 15:13 | #96

    p.s. Ich hatte vergessen zu sagen, dass ich heute wahrscheinlich keine Zeit habe. Spätestens morgen Abend ist die Antwort an Klaus aber da.

  97. PMS
    23. September 2009, 17:21 | #97

    „hast du nicht verstanden, was Volkssouveränität ist und was ich dazu vertreten habe“

    Was du vertritts, gibt es nur als Ideologie. Wieso sollte es mich also kümmern, dass du dich unverstanden wähnst? Das ist mit Ideologen immer so.

    „Die Gewalt ist zum Ausschluss der als fremd eingestuften Teile des Volkes, von dem man separieren will NOTWENDIG“

    Und worin besteht die Notwendigkeit? Zuallerst in der gewaltsamen Vereinnahmung des ALTEN Staates, der ja (zumindest partiell) weg soll und in den seltensten Fällen will.

  98. star wars
    23. September 2009, 21:06 | #98

    @hinweis

    Das ist kein Regress sondern eine berechtigte Frage. Es sind eben nicht die unterschiedlichen Sprachen, die Religion usw. die eine völkische Verfügungsgemeinschaft an Reichtumsvoraussetzungen sowie -quellen letztlich begründet. Leute mit einer gemeinsamen Sprache, Religion usw. trennt möglicherweise viel mehr voneinander als dass sie die Gemeinsamkeiten der Sprache, der Religion usw. miteinander vereint. Nicht zuletzt ihre gegensätzliche Klassenzugehörigkeit aufgrund der unterschiedlichen Stellung zu den Produktionsmitteln.

    Der ausschließliche Charakter der Ökonomie einer Völkergemeinschaft erhält seine (ursprüngliche) Brisanz darüber dass er einen ökonomischen Gegensatz zu allen anderen Ökonomien anderer Völkergemeinschaften mit einschließt. Ja möglicherweise sogar voraussetzt. Wären die Ökonomien selbstgenügsam, wäre der exklusive Verfügungscharakter an Reichtumsquellen (z.B. Produktionsmittel, Boden) in letzter Konsequenz belanglos.

    Über die ökonomische Grundlage verbindet der Erpressungscharakter exklusiver Verfügungsansprüche an Reichtumsquellen (Boden, Produktionsmittel usw.), gegenüber anderen Völkergemeinschaften, die Volksangehörigen verschiedener Klassen, sowie Angehöriger verschiedener lokaler wirtschaftlicher und sozialer Verflechtungen, zu einer Völkergemeinschaft. Der ursprüngliche, und letzte Grund, des Zusammenschlusses zu einem Volk, sein Erpressungscharakter gegenüber allen anderen Völkergemeinschaften, muss verleumdet, bzw. wird unbewusst gar nicht erst wahrgenommen. Der ökonomische, bzw. politische Exklusivitätscharakter des Zusammenschlusses zu einem Volk muss daher im völkischen bzw. Nationalbewusstsein ideologisch verklärt wahrgenommen werden. Der Zusammenschluss zu einem Volk wird nicht als exklusive Verfügungsgemeinschaft an Reichtumsquellen (Produktionsmittel, Boden) verstanden, sondern vielmehr als Zusammenschluss von Volksangehörigen mit gemeinsamen Traditionen, der Kultur, Geschichte, der Sprache usf. (um)gedeutet(!).

    Zum Verständnis noch ein letztes Zitat von einem bärtigen, alten Typ Namens Marx:

  99. hinweis
    23. September 2009, 21:44 | #99

    @star wars, nochmal die Frage von Sysiphos:

    Und darauf meine Antwort:

    Meinst du das jüdische Staatsgründungsprojekt in Israel wäre sowas wie eine ökonomische Entscheidung, dass sich dort ganz besonders gut ein kapitalistisches Gemeinwesen machen ließe? Ihre Zusammengehörigkeit schließen die Juden nicht aus solchen Überlegungen, sondern da waltet wirklich ihr Glaube ein Volk zu sein, eine gemeinsame Religion, Kultur usw… zu haben und deshalb sich als Volk auf ein Territorium zu beziehen. Einen mehr ökonomischen Zusammenschluss gab es in der Anfangszeit des Nationalismus, wo als richtige Nation eben nur galt, wenn ein Volk eine gewisse Masse mitbrachte. Heute ist das aber anders. Guck dir mal die Kroaten, Bosnier etc.. an, die haben doch keine ökonomischen Überlegungen angestellt, dass sich mit ihrer Enklave besinders viel anstellen lässt, sondern haben ihren völkischen Wahn praktiziert. Und wonach unterscheiden sich jetzt die Serben und die Kroaten? Das kann ich dir sagen: Die einen sprechen ekavski, die anderen njekavski, die einen sind Katholen, die anderen Orthodox usw… Und das und nichts sonst enstcheidet da über die Zugehörigkeit zum Volk. Dass sie sich dann als Volk betätigen müssen, versuchen aus dem exklusiven Anspruch auf ihre paar Reichtumsquellen etwas zu machen, also ob sie es wollen oder nicht sich dem Begriff dessen, was ein Volk ist entsprechend betätigen ist damit überhaupt nicht in Frage gestellt.

    Zum Rest habe ich keine Zeit, bin eben erst wiederrein und es steht ja noch die Antwort an Klaus aus.

    Die Sache mit dem Regress hast du glaube ich missverstanden. Der Regress ist folgender: Wenn man jeden Separatismus damit begründet, dass die Separatisten sich das Modell eigener Staat bei der Herrschaft abgucken, dann wird der Zweck der Separatisten eben etwas zu kopieren (eine alternative Herrschaft zu gründen usw…). Dadurch verschiebt man die Erklärung des Verhältnisses Volk/Herrschaft;Untertanen auf das Original, bei dem man irgenwann mal landen muss, wenn man von irgendeinem Staat anfängt „zurückzudenken“. PMS erklärt also nichts, wenn er sagt, die Separatisten scheuen sich ihr Projekt bei ihrer Herrschaft ab. Stimmt nicht

  100. hinweis
    23. September 2009, 21:59 | #100

    Nochmal anders: Bei Zerfall Jugoslawiens, oder der Gründung Israels liegen keine ökonomischen Gründe vor, warum diese Nationen gegründet worden sind. Bei den Jugos haben sich die anderen Volksgruppen beschwert, dass sie von den Serben dominiert werden (der turnusmäßige Wechsel in der Herrschaft nicht stattfand etc…) und haben gesagt: Dann gründen wir eigene, selbständige Nationen. Und dann hat sogar der darüber enstchieden, ob man als Muslim, Serbe oder Kroate galt. Danach haben die sich zusammenghörig gefühlt.

  101. star wars
    23. September 2009, 23:38 | #101

    @hinweis

    Also erst einmal ist ein Realitätshinweis auf ein besonderes Selbstverständnis eines Volkes, als besonderes Volk, der Kroaten usw. keine Erläuterung des Volksbegriffes selbst. Vielleicht hat der gemeine Bürger, z.B. in Kroatien, ein falsches Selbstverständnis darüber was ein „Volk“ überhaupt konstituiert. Das haben in der Regel selbst Staatsführer bzw. Abgeordnete in einem Parlament. Selbst Staatsverfassungen pflegen ein falsches Selbstverständnis einer besonderen Völkergemeinschaft wiederzugeben.

    Abgesehen davon hast du m.E. meine Erläuterung des ideologischen Gehalts identitätsstiftender Volksideologien nicht widerlegen können. Ein „Volk“ muss nicht notwendig dass sein, was sich ein „Volk“ über sich und seine gepflegte Wertegemeinschaft einbildet. Die Differenzierung in verschiedene Völkergemeinschaften wird wesentlich über Staatsgewalt, Verfassung, Privateigentum, Rechtsverhältnisse, Monopolisierung der Produktionsmittel, konstituiert. Überall auf der Welt, wenn diese Elemente der Staatsführung zerbröckeln, bzw. fehlen, fehlt es in der Regel auch über die klassische Differenzierung an Elementen identitätsstiftender Glaubens- bzw. Gemeinschaftsprojekte (gemeinsame Sprache, Religion , Tradition, Nationalbewusstsein im Allgemeinen, z.B. bei den kaukasisch geprägten Staatsgebilde, nach Auflösung der Sowjetunion) Deine Bespiele mit dem Judenstaat, den Kroaten usw. sind insofern schlechte Beispiele, weil dort gerade Kopien bereits erfolgreich erprobter Nationalprojekte (in Europa) nachgeahmt werden sollen. Wenn ich es recht sehe stimmt meine Vermutung selbst (im großen und Ganzen) für Herzls´„Judenstaat“.

  102. Krim
    24. September 2009, 00:50 | #102

    Die Behauptung war auch nicht, die Einbildung oder die Ideologie würde ein Volk machen, sondern der Wille, eine Gemeinschaft zu sein, das Bewusstsein eine Gemeinschaft zu sein und als solches exklusiv über die Vorausetzungen der Reichtumsproduktion verfügen zu wollen, macht ein Volk. Die Abgrenzung zu anderen kann über äußerliche Merkmale geschehen. Der Grund ist aber, der Wille sich zu einer Volksgemeinschaft zu zählen.

  103. PMS
    24. September 2009, 06:43 | #103

    Ich glaube ja nicht an Glaubensbekenntnisse. Und die Beantwortung der Frage, wo, wie, wann sich der „Volkswille“ äußert, wurde mit völkischer Ideologie beantwortet. Wenn die jetzt als Berufungsinstanz für „Volkssouveränität“ wegfällt, ist die Frage des Kriteriums für die Idee „völkisches Kollektiv“ wieder offen.

  104. hinweis
    24. September 2009, 08:42 | #104

    @star wars: Lies doch mal die Frage von Sysiphos und meine Antwort darauf. Geht es da um den polit-ökonomischen Inhalt von Volk? Auch wenn das Volk polit-ökonomisch was anderes ist kann DENNOCH die Zugehörigkeit dazu über ethnische Kriterien entschieden werden. Zudem habe ich in dem Thread selbst schon geschrieben, was ein Volk ist.
    Dieses ethnische Eigenbewusstsein (nemci – Stumme; wir – Böhmen oder Slawen) ist das Kriterium der Volkzugehörigkeit, der Selbstauffassung von Gemeinschaft wenn sie das zum Ausgangspunkt macht sich als Volk zu verfassen. Jetzt nochmal die Frage von Sysiphos:

    Na genau nach dem, ob sie sich ETHNISCH für ihrem Haufen zugehörig erklären. Und da muss ich dich auch auf die Realität hinweisen. Oder ist das in Jugoslawien nicht so gewesen. Staatsangehörigkeit ist auch nicht die einzige Quelle solcher Identitätsauffassungen, wenn auch nicht keine. Sonst wollte ich überhaupt nichts von dir widerlegen, sondern habe dich auf den Gang der Diskussion hingewiesen und den Zusammenhang zwischen meiner Antwort und der Frage von Sysiphos hergestellt.

  105. hinweis
    24. September 2009, 09:07 | #105

    Bevor jetzt jemand nichtethnische Zugehörigkeitskriterien bringt: Die bestreite ich nicht.

    Vom Standpunkt der Entwicklung des Willens zum Volk kann man nur festhalten, dass eben ein vorfindlicher, für relevant gehaltener Unterschied zum Kriterium der politischen Selbstauffassung als Volk gemacht wird (ethnisch-religiöse Unterschiede, Staatsangehörigkeit). Hat man sich diese Selbstauffassung zugelegt, beansprucht man auch ideell oder praktisch ein Territorium, als sachliche Voraussetzung der politischen Existenz des Volkes. Es ist auf jeden Fall nicht so, dass das Eigenbewusstsein des Volkes bloße Interpretation staatlicher Setzungen sei. Das gibt es sicher auch, genauso gibt es aber auch z.B. die Einnahme eines Volksstandpunktes entlang eines ethnischen Unterschieds.

  106. hinweis
    24. September 2009, 09:48 | #106

    Ja, was ist denn das Kriterium, wenn die Böhmen entlang der Sprachgrenze einen Volksstandpunkt gegen vordringende deutschsprachige Siedler einnehmen? Und die umgekehrt das gleiche tun? Was ist das Kriterium, wenn diese Siedler im slawischen Sprachraum Neustämme gründen?

    Was ist das Kriterium, wenn in Jugoslawien eine Änderung der Perspektive des alten Staates dazu führt, dass die Bevölkerung sich entlang (historischer) ethnischer Unterschiede sortiert und Volksstandpunkte wieder- bzw. neu belebt?

    Immer findet da ein Umgang mit Interessenlagen statt, der erstens den Ausschluss anderer zum Mittel eigener Interessen machen will und der sich in den obigen Beispielen ethnisch vorgeben lässt, wer die auszuschließenden Anderen sind. Dass Leute, wenn es einmal solche Herrschaften gibt, sich auch als Kroaten, Bosnier usw… interpretieren können, oder sich sogar ethnische Unterschiede, wenn das Gemeinwesen lange genug besteht, entwickeln können, macht diese Umstände nicht zur ERKLÄRUNG dessen, wie Volk, Herrschaft und Untertanen zusammenhängen. Das Volk ist eben kein Produkt des Staates.

  107. 24. September 2009, 10:17 | #107

    Das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien ist doch ein geradezu klassischer Beleg für die Tatsache, daß Staat > Volk nicht stimmen kann:

    Nach Ersten Weltkrieg und dem auseinanderbrechenden Staat Österreich-Ungarn sind auf dem Balkan erst „neue“ mehr oder weniger Standard-Nationalstaaten entstanden mit ihren ganz „normalen“ kapitalistisch/nationalistischen Differenzen. Im zweiten Weltkrieg gelang es dann den (stalinistischen) Titoisten, aus allen Völkerschaften genügend Leute zu mobilisieren, um die überwältigende Power der Roten Armee und deren Sieg gegen Deutschland ausnutzend einen mehr-„völkischen“ realsozialistischen Staat zu errichten.

    Das ging dann, gemessen an der Geschichte der nationalistischen Antagonismen und Greuel, einige Jahrzehnte relativ gut (und wurde nicht nur von der Zentralregierung unterdrückt) und schließlich gab es infolge der zentrifugalen Entwicklungen in Jugoslawien (Kommunisten waren Tito und Co. ja eben nie gewesen) die Volte zurück zur nationalen Ausschlußpolitik und Erkämpfung von lauter separatistischen Staaten, die jetzt aber ganz hundertprozentig national/völkisch homogen werden wollten und woraufhin sich (wieder) selbst Nachbarn in einem Ort umgebracht haben, weil die andere Familie auf einmal ausgegrenzt zu den „Anderen“ gezählt wurde. Gewalt macht also nicht Bewußtsein, sondern umgekehrt, Bewußtsein führt zur nationalistischen, letzlich nationalen Gewalt.

  108. nana
    24. September 2009, 12:12 | #108

    1. Ihr benötigt offensichtlich ganz bestimmte historische Konstellationen, um euren „Schluss“ zu erklären, dass sich willkürlich(!) Leute als Volk zusammenrotten.

    2. Das Jugo-Volk bzw. die Jugo-Völker haben sich einen EHEMALIGEN Nationalismus neu auf die Fahne geschrieben, weil sie mit dem realsozialistischen unzufrieden waren – der Rest ist völkische Ideologie, die ihr allen Ernstes als Grund für Staatlichkeit anführen wollt.

    3. Dass ausgerechnet die Ökonomie im Übergang von Realsozialismus zu … sagen wir ‚etwas anderem‘ keine Rolle spielen würde, ist im übrigen nicht einmal eine Widerlegung wert.

    Zusammengefasst: Völkische Ideen gibt es jede Menge, aber als Grund für den Gewaltapparat – der ihnen ihre gewünschte/unerwünschte Volkszugehörigkeit als einziger bescheinigen kann – blamiert sich die Ideologie.

  109. hinweis
    24. September 2009, 12:21 | #109

    Und das nennst du Erklärung? Man sagt einfach jemand hat eine Sache aufgegriffen, die es früher auch schon gab und schon ist eine Erklärung Marke GSP fertig. Wie sind die Kroaten denn dann früher auf ihren Nationalismus gekommen? Haben die sich den auch abgeschaut und wenn ja wo?

    Zweitens hält man eine historische Vorlage nur für tauglich, wenn man die gleichen Interessen hat. Welche haben denn die Leute in Jugoslaiwen gehabt, dass sie z.B. einen Kroatischen Nationalismus, den es in Österreich-Ungarn schon gab für tauglich für sich befunden haben.

    Drittens sind die Beispiele nicht vereinzelt, sondern das trifft IMMER zu, auch wenn Leute in einem etablierten Staatswesen wohnen. Der Staat ist eben nur das politische Subjekt eines Volkes und nicht sein Schöpfer. Der Quatsch ist oben schon widerlegt.

  110. 24. September 2009, 12:34 | #110

    „Dass ausgerechnet die Ökonomie im Übergang von Realsozialismus zu … sagen wir ‚etwas anderem‘ keine Rolle spielen würde“

    Wer hat das denn wo behauptet? Zweitens, wer hat denn behauptet, daß im Rahmen der nationalistischen Orgien und Bürgerkriege keine ganz normalen kapitalistischen Staaten entstanden seien? Oder bist du dir selber nicht sicher, was da „anders“ wurde in Jugoslawien

  111. Krim
    24. September 2009, 12:35 | #111

    @PMS: Kriterien und Gründe sind verschiedene Dinge. Lies daraufhin doch bitte noch mal die Beiträge.

    Sprache, Religion… sind nicht der Grund für den Volkswillen, sondern nur das Kriterium, das dazugehören und nicht dazugehören scheidet. Der Grund ist folgender: (Zitat hinweis) Es entsteht massenhaft der Wille, den Ausschluss anderer zum Mittel der eigenen Interessen machen zu wollen. Und dieses Sortierinteresse sucht sich dann ein Kriterium. Vom Gedankengang ist das durchaus mit dem Rassismus zu vergleichen. Da ist z.B. die Hautfarbe auch nicht der Grund für den Ausschluss, sondern das Kriterium, mit dem das Benutzungsinteresse die Sortierung vornimmt.

  112. lala
    24. September 2009, 13:07 | #112

    „Man sagt einfach jemand hat eine Sache aufgegriffen, die es früher auch schon gab“

    Das Missverständnis: Die Widerlegung eurer Volkskonstruktion ist ein ganz anderes Thema als eine ERKLÄRUNG von Herrschaftsverhältnissen. Es ist ein Fehler, den völkischen Ideologien auf den Leim zu gehen und zu glauben, die seien der Grund für den Niedergang des Ostblocks.

    „Welche [Interessen] haben denn die Leute in Jugoslawien gehabt“

    Was auch immer Menschen auf diesem Territorium gewollt haben, dass dieselben Völker mal für Realsozialismus „gesorgt“ hätten, mal für ihre eigene Konkurrenz untereinander im Kapitalismus, ist ein Märchen. Als wüsstest du nicht vom Ost-West-Gegensatz, als könnten Untertanen sich ihre Obrigkeit aussuchen, als wären die „Völkergefängnisse“ auf völkischen Beschluss zustande gekommen usw. – absurd!

    „das trifft IMMER zu, auch wenn Leute in einem etablierten Staatswesen wohnen“

    Ohne euren Staatsgründungsidealismus seid ihr jedenfalls nicht in der Lage, auf die Macht des Volkswillens zu deuten – womöglich, weil das Subjekt „etablierter“ Staaten die Staatsgewalt IST, die ihr als Verlängerung imaginärer Volksinteressen der Untertanen ausgebt.

  113. PMS
    24. September 2009, 13:40 | #113

    „das Kriterium, das Dazugehören und nicht Dazugehören“

    Nach dem war ja gefragt. Wenn der Grund für euer Nation-Building aber die Leute wären, die WILLKÜRLICH Volkszusammenhänge stricken, könnte man getrost deren Zweck mit ihnen identifizieren. Heraus kommt: Der völkische Wahn von Möchtegern-Untertanen gebiere Staaten (und den zugehörigen Nationalismus?), deren Grenzverlauf sich dem Kriterium völkischer Zugehörigkeit verdanke.

  114. hinweis
    24. September 2009, 13:48 | #114

    Den Mist hat niemand behauptet. Du trägst seit 50 Beiträgen vor dir her, dass wir völkischen Ideologien auf den Leim gehen würden und bleibst den Beweis schuldig. Machen wir nicht. Oder kannst du mal zitieren, wo wir z.B. gesagt haben, dass Volk zu sein eine vorpolitische Eigenschaft von Menschen ist. Unsere Aussage ist, dass Volk ein politischer ZWECK ist, nämlich andere von einem Territorium auszuschließen und anderen Völkern die Verfügung über ihre Reichtumsquellen streitig zu machen.

    Auch dieses Problem KONSTRUIERST du. Wenn man feststellt, dass der Staat das politische Subjekt eines Volkes ist, dann „macht“ der den Sozialismus oder den Kapitalismus. Dass er das aber unabhängig von der Zustimmung seiner Untertanen täte und sie unabhängig von ihrem Willen zwänge, DAS ist ein Märchen, nämlich das vom bösen Staat. Die haben eben einen Willen mit dem Inhalt Jugoslawien oder nicht und je nach dem gibt es Jugoslawien oder was anderes. Und dann haben sie einen Willen mit dem Inhalt Sozialismus oder Kapitalismus und wenn der jugoslawische Staat da etwas anderes will, dann kämpfen die glatt um eine entsprechende ökonomische Verfassung ihres Gemeinwesens (so sie das überhaupt noch wollen, war in Jugoslawien ja nicht der Fall). Und kaum wollen sie es nicht mehr – Zack, ist es weg! Und da sagst du, so ein Staat könne den leuten irgendwas oktoyieren bzw. das wäre der Witz an seinem verhältnis zu den Leuten. Das nenne ich negativen Staatsidealismus.

    Ist dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass es eine völlig hohle Behauptung ist, dass der Staat das Subjekt des Staates sei? Das, wovon der Staat das politische Subjekt ist muss sich doch von ihm unterscheiden. Da sagen wir, er wäre das politische Subjekt eines Volkes (bestimmen den Begriff des Volkes also gleich politisch). Das hast du noch nichteinmal gerafft.

  115. hinweis
    24. September 2009, 13:56 | #115

    Ja und wie war das jetzt nochmal in Jugoslawien? Hat der „völkische Wahn“ dort Staaten geboren oder nicht? Wie war das wählrend des Risorgimento in Italien? Hat der „völkische Wahn“ dort einen Staat geboren oder nicht?

    Wie die Herstellung der Grenzen geht, kann man an beiden Fällen studieren. Da gilt: Erstens so groß wie möglich, aber mindestens so groß, dass alle Volksangehörigen heim geholt werden. Die sind nämlich der Lebende Beweis eines berechtigten Anspruches auf die Gegend, in der sie wohnen.

  116. lala
    24. September 2009, 14:53 | #116

    soll nicht bestritten werden. Der Streit geht darum, wer diesen Zweck überhaupt verfolgen kann. Für einen Privatmenschen ist dieser Zweck nur als Ideologie möglich, weil ÜBER ihn entschieden wird und er NICHT Subjekt seiner Volkszugehörigkeit ist.
    Du selbst hast etliche Beispiele gebracht, die den NATIONALEN Ausschluss mehrerer Völkerschaften (mit entsprechendem Selbstverständnis) organisieren. Wenn obendrein der völkische Rassismus willkürlich Zugehörigkeits-Trennungen vornimmt, wieso soll ausgerechnet das einen modernen Nationalstaat auszeichnen, der den Notwendigkeiten imperialistischer Konkurrenz Rechnung trägt? Sich Land und Leute fremder Staaten untertan zu machen, widerspräche übrigens ebenfalls dieser falsch verstandenen völkischen Ideologie – hinterher soll die Verfügung über Reichtumsquellen dann nicht mehr völkisch sortiert sein oder was? Die o.g. „Kriterien“ von Rassisten sind aber gar nicht die Wahrheit über das Interesse z.B. an nationalem Erfolg, sondern sie sind ein quasi-natürlicher Berufungstitel.

    lol, so wird’s gewesen sein. Untertanen, die machen einfach, was sie wollen. Die Einbindung in ein Staatenbündnis, die verfügbaren „Angebote“, der ganze Ost-West-Zirkus oder gar die momentane Situation sprechen schwer für die Vollstreckung eines Volkswillens.

    Dass sich der Staat in einem Gegensatz zu seinen Untertanen befindet, bestreitet ihr ja nicht. Ihr hängt bloß den Willen der Unterworfenen an, sie seien der Grund für ihre Obrigkeit, das ist ein Ideal.

    Nun, jedenfalls ist er nicht das Subjekt unterschiedlichster Spinnereien, die im Volk kursieren – ganz im Gegenteil heben sich staatliche Ziele deutlich von denen ab, die er seiner Bevölkerung erlaubt.

  117. 24. September 2009, 15:09 | #117

    lala hat eingewandt:

    Da komme ich echt ins Grübeln: Was soll denn die Unterscheidung in echte, wahre wohlmöglich gute Zwecke und die anderen, die „nur“ ideologischen?

  118. 24. September 2009, 15:15 | #118

    nochmal zu lala:

    Was ist denn das schon wieder für ein kruder Determinismus bei der Bestimmung des Inhalts des Massenbewußtseins im früheren Jugoslawien, wenn da buchstäblich Alles und Jedes als Begründung für „die momentane Situation“ herangezogen wird, aber die nun wirklich näherliegende Frage, was sich die Typen, die da zugange waren und sind buchstäblich eigentlich dabei gedacht haben, als Lächerlichkeit abgetan wird.

  119. star wars
    24. September 2009, 15:30 | #119

    Ich möchte an der Stelle zwischen Grund, und Differenzierung verschiedener Bevölkerungselemente, zu einem bzw. mehreren ausschließlich an sachlichen Reichtumsquellen verfügenden Volkskollektiv(en), begrifflich unterscheiden. Damit will ich den Unterschied zwischen Grund, und Selbstauffassung eines Volkes zu einem Volk, begrifflich greifbar machen.

    Bei den neueren Nationalbewegungen waren die Voraussetzungen der Herausbildung bzw. Differenzierung verschiedener nationalen Identitäten teils vorhanden, bzw. sie mussten sich beim Zerfall Jugoslawiens nur bündeln, um sich zu einem neuen Nationalbewusstsein entwickeln bzw. zusammenfügen zu können. Dabei „reicht“ es bei der Staatsbildung, wenn einfach die Erfolgs- bzw. Organisationsprinzipien bereits erfolgreicher Nationalstaaten, von denen sie ja immer noch umgeben sind, übernommen werden können. Dann sagt eben ein Volk auch „ja“ zu den sachlichen , staatstragenden Voraussetzungen durchsetzungs- bzw. erfolgsversprechender Staats- bzw. Nationenbildung.

    Diesen Maßstab der Nationenbildung können eben nicht bei den Vorreitern der Nationenbildung erfolgreicher Imperialmächte im europäischen Ausgang des Mittelalters, z.B. der Franzosen, „einfach“ vorausgesetzt werden. Vielmehr haben sich die Erfolgs- bzw. Organisationskriterien der Nationenbildung noch herausbilden müssen.

    Die haben nichts übernommen, bzw. sich keine Nationalvorbilder in ihrer unmittelbaren Territorialnachbarschaft herauspicken können. Die im Entstehen sich befindenden „Volksteile“ Frankreichs sprachen zum Teil, von Nord nach Süd sich differenzierende, verschiedene Sprachen, gehörten unterschiedlichen Volksgruppen, bzw. übten sich in differenzierten, lokalen Traditionen ein. Haben sich teilweise in Vertretung der örtlichen Lokalfürsten im Krieg gegeneinander über Jahrhunderte hinweg eingeübt. Die hatten ursprünglich keinen guten Grund dafür sich als „Volk“ ausschließlich von anderen Völkern durch eine Regierung vertreten zu lassen (zumindest nicht die unteren Klassen französischer Lokalfürstentümer).

    Das Alles hat sich in Kroatien, mit Ausnahme des Bürgerkriegs, zwischen den bereits sich differenzierenden, lokalen ethnischen Traditionen im ehemaligen Jugoslawien, nach der Wende des Realsozialismus, nicht notwendig stattfinden müssen damit sich ein neues „Volk“, der Kroaten usw., konstituieren werden kann. Elemente der Nationenbildung waren bereits vorhanden, haben sich entsprechend als Material differenzierter Nationenbildung zu einer „erneuerten“ nationalen Identität zusammenfügen müssen. Beim Zerfalls Jugoslawiens sind Kroaten, Serben usw. dann einfach aufeinander losgegangen. Übrigens schon deswegen weil ein beträchtlicher Teil des nationalen Wirtschaftsprodukts Jugoslawiens, von Kroatien und Slowenien, hin zum wirtschaftlich weitaus erfolgloseren Serbien, abtransportiert werden musste. Was den Hass zwischen den zwangssolidarisierten Volksgruppen Jugoslawiens, durch die Zwangskollektivierung um die Politgruppe um Tito, zusätzlich gesät und schließlich nach dem Zerfall Jugoslawiens in begrenzten, aber umfassenden Bürgerkriegen fast notwendig zwischen den differenzierten Volksidentitäten fast notwendig münden musste.

  120. star wars
    24. September 2009, 15:32 | #120

    Ich möchte an der Stelle zwischen Grund, und Differenzierung verschiedener Bevölkerungselemente, zu einem bzw. mehreren ausschließlich an sachlichen Reichtumsquellen verfügenden Volkskollektiv(en), begrifflich unterscheiden. Damit will ich den Unterschied zwischen Grund, und Selbstauffassung eines Volkes zu einem Volk, begrifflich greifbar machen.

    Bei den neueren Nationalbewegungen waren die Voraussetzungen der Herausbildung bzw. Differenzierung verschiedener nationalen Identitäten teils vorhanden, bzw. sie mussten sich beim Zerfall Jugoslawiens nur bündeln, um sich zu einem neuen Nationalbewusstsein entwickeln bzw. zusammenfügen zu können. Dabei „reicht“ es bei der Staatsbildung, wenn einfach die Erfolgs- bzw. Organisationsprinzipien bereits erfolgreicher Nationalstaaten, von denen sie ja immer noch umgeben sind, übernommen werden können. Dann sagt eben ein Volk auch „ja“ zu den sachlichen , staatstragenden Voraussetzungen durchsetzungs- bzw. erfolgsversprechender Staats- bzw. Nationenbildung.

    Diesen Maßstab der Nationenbildung können eben nicht bei den Vorreitern der Nationenbildung erfolgreicher Imperialmächte im europäischen Ausgang des Mittelalters, z.B. der Franzosen, „einfach“ vorausgesetzt werden. Vielmehr haben sich die Erfolgs- bzw. Organisationskriterien der Nationenbildung noch herausbilden müssen.

    Die haben nichts übernommen, bzw. sich keine Nationalvorbilder in ihrer unmittelbaren Territorialnachbarschaft herauspicken können. Die im Entstehen sich befindenden „Volksteile“ Frankreichs sprachen zum Teil, von Nord nach Süd sich differenzierende, verschiedene Sprachen, gehörten unterschiedlichen Volksgruppen, bzw. übten sich in differenzierten, lokalen Traditionen ein. Haben sich teilweise in Vertretung der örtlichen Lokalfürsten im Krieg gegeneinander über Jahrhunderte hinweg eingeübt. Die hatten ursprünglich keinen guten Grund dafür sich als „Volk“ ausschließlich von anderen Völkern durch eine Regierung vertreten zu lassen (zumindest nicht die unteren Klassen französischer Lokalfürstentümer).

    Das Alles hat sich in Kroatien, mit Ausnahme des Bürgerkriegs, zwischen den bereits sich differenzierenden, lokalen ethnischen Traditionen im ehemaligen Jugoslawien, nach der Wende des Realsozialismus, nicht notwendig stattfinden müssen damit sich ein neues „Volk“, der Kroaten usw., konstituieren werden kann. Elemente der Nationenbildung waren bereits vorhanden, haben sich entsprechend als Material differenzierter Nationenbildung zu einer „erneuerten“ nationalen Identität zusammenfügen müssen. Beim Zerfalls Jugoslawiens sind Kroaten, Serben usw. dann einfach aufeinander losgegangen. Übrigens schon deswegen weil ein beträchtlicher Teil des nationalen Wirtschaftsprodukts Jugoslawiens, von Kroatien und Slowenien, hin zum wirtschaftlich weitaus erfolgloseren Serbien, abtransportiert werden musste. Was den Hass zwischen den zwangssolidarisierten Volksgruppen Jugoslawiens, durch die Zwangskollektivierung um die Politgruppe um Tito, zusätzlich gesät und schließlich nach dem Zerfall Jugoslawiens in begrenzten, aber umfassenden Kriege der differenzierten Volksidentitäten fast notwendig münden musste.

  121. hinweis
    24. September 2009, 16:19 | #121

    Ja, wer hat ihn denn in Jugoslawien verfolgt und wer in Italien? Ein vom Himmel gefallener Staat? Nein, da sind Privatmenschen als nationale Bewegung angetreten und haben einen Nationalstaat durchgesetzt. Und dann ruht der Staat auf diesem durchgesetzten nationalen Willen. Über den kann der Staat auch nicht entscheiden, auch wenn Leute wir du notorisch das Staatsbürgerrecht mit einem praktischen Willensverhältnis verwechseln. Das ist schon eine reife Projektionsleistung und Ideologie dazu.

    Das Zeug hast du dir komplett ausgedacht. Ich habe oben erklärt, was willkürlich ist: Nämlich das Kriterium Volkszugehörigkeit bei der Durchsetzung der Nation. Es ist nun mal so, dass man als tschechisch sprechender Mensch nicht zwingend auch ein tschechisches Volk wollen muss. Man kann Panslawist sein oder überhaupt nichts daraus machen. Dass es ausgerechnet ein TSCHECHISCHES Volk und keinen Verbund mit Polen oder so was gibt, DAS ist das willkürliche Moment. Du hattest gefragt, wie die Volksangehörigen ihre Zusammengehörigkeit auffassen und da ist der Umstand, dass es bereits einen Nationalstaat gibt, eben nur eine Möglichkeit dem dann auch zuzustimmen. Die Basken sehen das anders und die Tschechen und Slowaken haben das nach dem Zusammenbruch des realen Sozialismus auch anders gesehen. Und dann haben sie eben ihre sprachlichen Unterschiede zum Kriterium der Volksangehörigkeit gemacht. Übrigens gibt es diesen Nationalstaat dann auch nicht, weil er quasi ein isoliertes boshaftes Wesen ist, das arme Untertanen knechtet, sondern weil ein politischer Wille existiert, der ihn auch WILL.

    Der ganze Rest ist Resultat deiner interessierten Missverständnisse. Ich habe nichts davon geschrieben, dass Nationalstaaten immer ethnisch homogen sind, das ganz allein deine Leistung. Der Gedanke mit dem Imperialismus ist auch ein Unsinn. Auf der Grundlage, dass die Welt sich in Völker scheidet, die Herrschaften einrichten, die sich als Subjekte imperialistischer Konkurrenz betätigen gibt es überhaupt bloß so was wie Imperialismus. Du stellst dich jetzt hin und sagst: Aber wenn die so willkürlich an ihren Nationalstaaten herumschrauben, gibt es doch keinen anständigen Imperialismus. Erstens ist das Nationalisten egal, WEIL sie ja auf neuer oder alter Grundlage imperialistisch konkurrieren wollen. Also nur die aus ihrer Sicht RICHTIGE Einteilung der Welt in Staaten trägt imperialistischer Konkurrenz sinnvoll Rechnung. Wenn sie dem RICHTIGEN Volk angehören, wird dieser Konkurrenz richtig Rechnung getragen und Imperialismus ist für die kein Abstraktum, das irgendwie funktionieren muss und hinter das man eigene Sezessionsinteressen stellt. Übrigens stellen sie mit ihrer Scheidung imperialistische Verhältnisse HER, verhalten sich also gemessen an deinem Ideal des funktionierenden Imperialismus völlig sachgerecht, indem sie für die Grundlage dieser Verhältnisse sorgen: Eine Welt konkurrierender Herrschaften.

    Vielleicht sollte man dich mal darauf hinweisen, dass die Serben und Kroaten auf die Staatenbündnisse geschissen haben und durch militärisches Einschreiten durch die NATO dazu gebracht werden mussten, ihre nationalen Zwecke unterzuordnen. Das hat es beim jugoslawischen Staat nicht gegeben, sondern der ist mit dem Schwinden des Willens zu ihm einfach zerfallen. Von wegen also, da spielten Staatenbündnisse eine großartige Rolle. Bei solchen nationalen Grundsatzfragen wird auch sehr grundsätzlich gekämpft. Was meinst du denn, welcher Wille in Serbien, Bosnien oder Kroatien gegolten hat, bis der durch die NATO untergordnet worden ist (womit die große Schwierigkeiten hatten)? Richtig, der politische Wille der Völker da unten, die sich die entsprechenden Gewalten zusammenorganisiert haben, um die territorialen Streitfragen zu ihren Gunsten zu entscheiden.

    Was ist denn dann der Grund für die Obrigkeit? Hat die keinen? Hat der liebe Gott mit dem Finger geschnippt und dann war sie da? Braucht es keinen Willen der Leute zu diesen Verhältnissen? Natürlich IST der Wille dazu ein Volk zu sein grund dafür, dass es Obrigkeiten gibt, was denn sonst?

    Wunderbares Argument: „Spinnereien, die im Volk kursieren“. Meinst du deine? Ich stelle fest, dass du keine Ahnung von der Welt hast und nicht einmal in der Lage bist, eine eigene Theorie zu formulieren. Wie kommen denn die unterschiedlichen Staaten in die Welt? Was ist und woher kommt Herrschaft? Warum weichen die Zwecke der Herrschaft von denen der Bevölkerung ab? Lies mal den Thread hier, da sind diese Fragen beantwortet. Du hast auf jeden Fall keine Antworten auf die Fragen und wenn doch, schreib sie mal hin. Das meine ich ernst. Du bist doch ein Liebhaber der „Aufklärung“ des GegenStandpunkt. Beglücke mich doch mal mit ein paar Streiflichtern gegenstandpünktlicher Theoriebildung.

  122. Nestor
    24. September 2009, 17:04 | #122

    Kaum schaut man ein paar Tage nicht auf den Blog, schon sieht man sich einer fast nicht bewältigbaren Flut von Beiträgen gegenüber!
    Die Debatte mit hinweis erscheint mir irgendwie wie die Frage mit der Henne und dem Ei: Macht der Staat das Volk oder macht das Volk den Staat? Und diese Frage ist doch praktisch entschieden: Man erhält die Staatsangehörigkeit per Geburt verpaßt, es sei denn, die Eltern sind illegal, und kann sie dann nur loswerden, indem man in ein anderes Untertanenverhältnis eintritt, weil die Welt eben in Staaten aufgeteilt ist.

    Die vielen Literaturhinweise und Zitate halte ich nicht für hilfreich. Erstens wird ein Argument nicht besser dadurch, daß es schon einmal wer in einem Buch hingeschrieben hat. Was aber noch mehr dagegen spricht, mit Zitaten herumzufuchteln, ist, daß man damit dem Irrtum aufsitzt, die bestehende Meinungsverschiedenheit sei nur auf mangelnde Bildung beim anderen zurückzuführen und würde sich durch entsprechenden Literaturkonsum in Luft auflösen. Denken funktioniert nicht so, daß man einfach einen Inhalt mit copy-paste auf die eigene Festplatte überträgt.

    Zu dem Separatismus fällt mir nur ein, daß man halt an Jugoslawien auch wieder schön beobachten konnte, daß ein gelungener Separatismus mächtige Paten braucht. Es muß also eine überlegene Gewalt die Abspaltungsbemühungen unterstützen. Mit Wille zum eigenen Staat allein schiebt sich da gar nix.

    Ich weiß aber gar nicht, wie die Separatismusfrage überhaupt hineinkommt in diese Debatte, und mir scheint, daß ein Denkfehler darin liegt, daß sich manche bei „Gewalt“ immer gleich piff-paff vorstellen, also erst dort Gewalt orten, wo sie auch zuschlägt. Aber das entscheidende Moment für die Bildung des Volkswillens ist doch, daß die Staatsgewalt immer da ist und den Bürger von der Wiege bis zur Bahre begleitet, mit Schulpflicht und Wehrdienst, Gesetzen, Justizapparat, Strafvollzug, usw. usf. Bei jeder Führerscheinkontrolle ist sie da, die Staatsgewalt, auch wenn sie noch so freundlich und reibungslos über die Bühne geht.

  123. 24. September 2009, 17:05 | #123

    Der ausschließliche Charakter der Ökonomie einer Völkergemeinschaft erhält seine (ursprüngliche) Brisanz darüber dass er einen ökonomischen Gegensatz zu allen anderen Ökonomien anderer Völkergemeinschaften mit einschließt. Das ist mal Fakt hier.

  124. star wars
    24. September 2009, 17:25 | #124

    Nestor, ein enttäuschter Ex-Grüner. Die nächste Emanzipationsbewegung vom bösen Staat, der die Menschen knechtet.

  125. lala
    24. September 2009, 17:45 | #125

    „Eine Welt konkurrierender Herrschaften.“ (hinweis)

    So seh ich das ja auch: Die Völkerschaften kürzen sich als Grund raus, die sind bloß Berufungsinstanz der tatsächlich Mächtigen.

  126. Krim
    24. September 2009, 17:59 | #126

    Das ist natürlich sehr bequem, wenn man die Verhältnisse einfach auf die Staatsgewalt zurückführt und ob dieser theoretischen Leistung dann sturzzufrieden wird. Da will man dann gar nicht mehr wissen, wo diese Staatsgewalt eigentlich herkommt. Übeltäter identifiziert – theoretische Tätigkeit wird eingestellt. Vielleicht mal als Anregung: Wille macht Gewalt, aber Gewalt nicht Wille. – Von wegen Henne und Ei.

    Die Gegenargumente zur Staatsangehörigkeit stehen schon da, also erst das Lesen nachholen und dann bitte auf das Gesagte Bezug nehmen.

  127. Nestor
    24. September 2009, 19:58 | #127

    @star wars: Sehr seltsam. Weder war ich je Grün, noch bin ich enttäuscht.
    Die letzten Beiträge fallen übrigens inhaltlich ziemlich ab. Gebt euch doch ein bißl mehr Mühe, Leute!

  128. 24. September 2009, 20:15 | #128

    star wars, wenn du Nestor so lax als einen „enttäuschten Ex-Grünen“ abtust, dann nehme ich an, daß das für dich heißen soll, das wegen der Enttäuschung die ideologische Absetzbewegung nicht sehr weit gegangen sein kann. Mal abgesehen davon, daß du damit Nestor, soweit ich das überhaupt beurteilen kann, gar nicht triffst, ist das auch wieder nur ein Label und kein Argument.

    Wichtiger ist mir die Kritik an Nestors und nicht nur Nestors These: „Man erhält die Staatsangehörigkeit per Geburt verpaßt, es sei denn, die Eltern sind illegal, und kann sie dann nur loswerden, indem man in ein anderes Untertanenverhältnis eintritt, weil die Welt eben in Staaten aufgeteilt ist.“
    Hier wurde nämlich gar nicht über Staatsangehörigkeit geredet, daß eine ganz einfach juristische Geschichte, die vom jeweiligen Staatsbürgerrecht geregelt wird. Im Unterschied zu vielen GSPlern, die diese These im Kern auch unterschreiben, kommt hier wenigstens die Kenntnisnahme, daß man noch lange kein XXXler wird, bloß weil man in XXX geboren wurde. Der Fehler bei Nestor aber ist, daß die offensichtliche objektive Unterworfenheit unter den Gewaltapparat eines Staates, hier besonders hervorgehoben durch den Akt der Zuweisung der Staatsbürgereigenschaft, praktisch gleichgesetzt wird mit der geistigen Stellung, die die so Unterworfenen zu diesem Staat und seinem Bürgerecht einnehmen. Das wurde doch schon x-mal betont, daß das völkische, nationale Denken schon eine Eigenleistung der Staatbürger ist, der der Staat zwar so gut er kann, nachhilft, die er aber buchstäblich nicht erzwingen kann. Was man eben daran ablesen kann, daß sich Leute den Stuß von Separatisten genauso als Überzeugung zulegen, wie die anderen überzeugte XXXler bleiben.
    Für diese Frage ist die ganz andere Frage, wann es separatistische Bewegungen schaffen, ihr Projekt auch erfolgreich umzusetzen. Da ist überhaupt nicht zu bestreiten, daß da regelmäßig „mächtige Paten“ nötig sind und deshalb „vernünftige“ Separatisten sich auch beizeiten dieser Paten zu versichern suchen. Die Geschichte der kurdischen Nationalbewegung ist ein aktuelles Beispiel.

  129. 24. September 2009, 20:33 | #129

    Es gibt um den Wahlkampf kritisch nicht gerade ausufernd Bemühungen zu konstatieren, außer der Handvoll Veranstaltungen, die vom GSP und hier und da, wie in Baden-Württemberg von anderen Antiwahl-Linken gemacht wurden und werden, ist nicht viel zu vermelden.
    (in Berlin kann man ja fast schon ein müde kritische Linksparteiwerbeshow wie gestern im Kato als „Höhepunkt“ bezeichnen. Da hat sich dann leider auch keiner wirklich die Mühen gemacht, sich des Themas ernsthaft anzunehmen, der trotzkistische und DKP/SDAJ-Anhang in und um die Partei die Linke sowieso nicht, die Standardinterventen von der SpAD bis zum GSP auch nicht, auch ich hab das Event nicht Ernst genommen)

    Es gibt als Beleg dafür z.B. auch bei Blogsport keine großen Debatten, erst recht keine bemühten. Und nun hält Nestor ausgerechnet den zwei, drei Leuten, die sich in der Tat mit ihren Argumenten hier Mühe machen und wieder neu einen Anlauf unternehmen, in der Wahlsache was zu knacken, ironisch (oder sogar überheblich?) vor, ausgerechnet diese Leute müßten sich mehr mühen!
    Bisher ist der einzige merkbare „Erfolg“ dieser Debatte eh nur, daß sie das Interesse für diesen Blog innerhalb der normalen Marginalität verdoppelt hat. Das wird mit Sicherheit nicht so lange anhalten wie die nächste Legislaturperiode.

  130. lala
    24. September 2009, 21:02 | #130

    @Krim

    „Da will man dann gar nicht mehr wissen, wo diese Staatsgewalt eigentlich herkommt“

    Auch diese Verwechslung wurde oft genug richtig kritisiert. Wo eine Staatsgewalt herkommt, ist etwas anderes als ihr Begriff. Letzterer ist Voraussetzung für die Erklärung der Genese von Staaten.

    „Henne und Ei“

    trifft den Fehler auch nicht, weil es nicht um die historische Reihenfolge geht, wenn Souveräne als abhängige Variable ihrer Untertanen vorstellig gemacht werden.

    „Die Gegenargumente zur Staatsangehörigkeit“

    wurden auch schon kritisiert.

  131. 24. September 2009, 21:23 | #131

    lala, ich weiß nicht, was du hier überhaupt willst: Wenn du nur postest, um zu sagen, daß du früher auch schon gepostest hast, dann ist das Müll und ich werde das auch so behandeln. Wenn du weiterhin oder erst jetzt den Entschluß gefaßt haben solltest, auch nur irgendwen, hier ja eh nicht notwendig deinen Argumentgegner, zu überzeugen, dann bleibt auch dir, so leid mir das für alle Betroffenen tut, nicht anderes übrig, als nochmal und nochmal einen argumentativen Anlauf zu versuchen, mache ich doch auch. Manche machen sowas 30 40 Jahre lang. Hier sicherlich nicht, aber selbst der Verweis auf Diskussionen zum Thema hier, die es natürlich in den letzten Jahren immer wieder gegeben hat, bringt dich keinen Zentimeter weiter. Hic Rhodus, hic salta!

  132. hinweis
    24. September 2009, 21:36 | #132

    Antwort an Klaus & Nestor:

    Zitat Klaus:

    Ich nehme mal die Stichpunkte als Gliederungspunkte. Und wenn mir eine Stelle in einem Buch einfällt, die gut hineinpasst werde ich die auch zitieren. Das hat einen ganz einfachen Grund: Es unterscheidet nämlich das, was man an Tatsachen bringt vom Gequatsche von Leuten wie nana oder Sysiphos. Der schreibt was über die Gegensätze zwischen Bayern und Preußen und leitet damit z.B. „Argumente“ dagegen ein, dass es eine deutsche Nationalbewegung gegeben habe bzw. dass die relevant gewesen sei. Diese Art „Argumente“ findet Nestor wahrscheinlich richtig kommunistisch senkrecht, weil sie, wenn auch die Tatsachen in dem Zusammenhang nicht stimmen, so doch für die richtige Sache ins Feld geführt werden. Ich halte es dagegen tatsächlich in solchen Auseinandersetzungen für passend, wenn man nicht nur auf die wirklichen Tatbestände hinweist, sondern dazu auch Leute zitiert, die sich professionell mit der Ausgrabung solcher Fakten befassen. Die sind nämlich qua Beruf in dieser Sache Autoritäten (wenn es um die historischen Fakten geht). Deshalb hatte ich auch die Zitate aus dem Buch von Langewiesche gebracht. Er behandelt jede der Bewegungen (Turner und Sänger) in einem eigenen Aufsatz. Zudem strotzt das Buch vor Literaturhinweisen, denen es sich lohnt nachzugehen. Und ich lese auch nicht Sportvater Jahn im Original und ackere mich durch Zeitungen und Statistiken von anno dazumal (wie viele Leute waren bei einem bestimmten Sängerfest, wer war zugelassen etc…). Da glaube ich dem Prof. aus Tübingen, was er herausgefunden hat, nana oder Sysiphos aber kein Wort, weil der Prof. eben ein Profi ist, nana und Sysiphos aber GSP-Anhänger sind, die interessiert historische Fakten erfinden.
    Übrigens kann man die paar Sachen zu den Böhmen und den deutschen Siedlern bzw. auch zu Böhmen und Polen, Polen und deutschen Siedlern usw.. in einem Buch von František Graus nachlesen. („Die Nationenbildung der Westslawen im Mittelalter“). Hatte ich allerdings nur aus der Erinnerung wiedergegeben und kann kein Zitat liefern. Das Buch verfügt auch über einen umfangreichen Beilagenteil, in dem auf die entsprechenden Quellen hingewiesen wird. Ich bin jedenfalls den Verfassern der Bücher und Texte die ich lese dankbar dafür, wenn sie externe Quellen zitieren bzw. darauf verweisen. Da bekommt man Hinweise auf das, was es sonst noch so gibt. Mit einem GSP-Bunkerbewusstsein stört einen das vielleicht, weil eben nicht der GSP, sondern etwas anderes zitiert und damit beworben wird. Denn: Den GSP zu zitieren und dafür zu werben, finden GSPler ja auch nicht theoretisch falsch. Oder kann man hoffen, dass copy & paste Unsitten wie GSP-Werbung demnächst aus dem Verkehr gezogen werden?

    Zunächst einmal hat das Volk einen Willen dazu ein Volk zu sein. Was ist der Inhalt dieses Willens? AW: Sich als Kollektiv zu konstituieren, das einen exklusiven Verfügungsanspruch über ein Territorium- d.h. über die sachliche Voraussetzung von Ökonomie schlechthin – durchsetzt. Dass das Volk diesen Verfügungsanspruch muss und das Territorium nicht einfach benutzt, unterstellt Interessen daran. Volk ist deshalb ein Verhältnis, das Menschen eingehen. Es besteht in der kollektiven als fremd eingestufter Menschen und damit dem Ausschluss von der Benutzung des exklusiv beanspruchten Territoriums. Die Benutzung des Territoriums, die Teilhabe an der Ökonomie des Volkes durch Interessen wird dabei dem des einheimischen Volkskollektivs unterworfen, sie wird eine Frage seiner Erlaubnis.
    Diese Ausgrenzung Fremder ist eine . Das Volkskollektiv muss also die Gewalt aufbringen die Ausgrenzung Fremder auch wirksam durchsetzen zu können und zugleich, da die Ausgrenzung des heimischen Volkes durch fremde Völker ja auf ein Interesse an deren Reichtumsquellen schließen lässt, muss es die Gewalt aufbringen die Schranke, die ihm der Wille fremder Völker bei der Benutzung von deren Reichtumsquellen ist zu überwinden. Indem sich die Menschheit zu Völkern konstituiert, tritt sie also in eine Konkurrenz um die Benutzung ökonomischer Ressourcen, sowie den durch die Völker hervorgebrachten Reichtum.
    Die Durchsetzung eines Volkes in dieser Konkurrenz entscheidet darüber, zum Nutzen welches Volkes Ökonomie überhaupt stattfindet, indem sich in ihr der Zugriff auf die Grundlagen davon entscheidet. Das heißt, dass die Interessen der einzelnen Volksangehörigen (als Proletarier, Grundbesitzer, Kapitalisten – oder im Feudalismus als Freie, Adel, Klerus) davon abhängen, dass das eigene Volk sich durchsetzt. Die Bewährung des eigenen Volkes in dieser Konkurrenz wird also die ihrer Interessen, wie und weil das Territorium die praktische (letzte) Grundlage davon ist.
    Diese Konkurrenz ist gleichzeitig ein Gegensatz zu ihren besonderen Interessen als Volkangehörige: Sie verbraucht Reichtum, den das Volk aufbringen muss und sie verlangt von Zeit zu Zeit den physischen Einsatz im Krieg. Und dieser Gegensatz soll auch ständig aufrecht erhalten werden. Weder wird er nach der Seite entschieden, dass die Völker aufgelöst werden und nur noch die besonderen Interessen der (dann ehemaligen) Volksangehörigen gelten, noch geben die Volksangehörigen ihre Interessen auf und verschmelzen mit dem Konkurrenzzweck des Volkes. Und die Aufrechterhaltung eines Gegensatzes braucht Gewalt und die wird in der Form ausgeübt, dass die besonderen Interessen dem Konkurrenzinteresse des Volkskollektivs durch eine Herrschaft unterworfen werden. Der Zweck sich als Volk verfassen zu wollen macht also eine Herrschaft und entlang dieser Notwendigkeit entwickelt das Volk aus dem Zweck der Ausgrenzung Fremder zum eigenen Vorteil auch den Willen zu einer Herrschaft (in bürgerlichen Verhältnissen zu einem Nationalstaat).
    Zur historischen Durchsetzung davon hatte ich in der ersten Antwort an Nestor schon was geschrieben. Wenn da Bedarf besteht kann ich da noch ein paar Gedanken beisteuern. Selbstverständlich mit Zitaten und Literaturhinweisen.

    Was macht die Herrschaft oder der Nationalstaat dann? AW: Er herrscht die Durchsetzung des Volkes in der Konkurrenz mit anderen gleich verfassten Gemeinwesen der Gesellschaft auf. er die Volksangehörigen diesem Zweck unterwirft, ist er dann auch das des Volkszwecks. In der Konkurrenz der Volksstandpunkte setzen sich also ihre (Herrschaften oder Nationalstaaten) miteinander ins Benehmen und sie beziehen sich auf ihre heimische Gesellschaft als für die Durchsetzung in dieser Konkurrenz. Ein anderes haben sie erstens nicht und die Volksangehörigen haben sich, weil sie den Willen haben sich als Volk zu betätigen der Herrschaft auch unterworfen. Das ist das Willensverhältnis, das gilt, wenn sich in einer Gruppe von Menschen der politische Willen zu einem Volk durchgesetzt hat und das gilt auch nur solange, wie es den Willen zu diesem Volk in der Gesellschaft gibt.
    Dieser Mittel-Bezug der Herrschaft auf die Volksangehörigen macht vor ihrer Leiblichkeit nicht halt. Sie kommen in den Genuss als Machtressource der Herrschaft betrachtet zu werden und die Herrschaft erlaubt es sich, so sie sich in Form von Gesetzen zur Gesellschaft ins Benehmen setzt auch ins Gesetz zu schreiben, wer zum Volk gehört und wer nicht d.h. auf wen sie sich als Material der Konkurrenz mit anderen Völkern beziehen will. Das gilt aber nur auf der , dass die meisten Volksangehörigen auch welche sein wollen und die Herrschaft deshalb über eine entsprechende Machtressource verfügt. Dann kann sie Einzelne oder auch ein paar Leute mehr mal praktisch zwingen ihre Pflichten als Volkangehörige zu erfüllen, indem sie ihr Gesetz zur Staatsangehörigkeit oder die Gesetze über sonstige staatsbürgerliche Pflichten praktisch anwendet. Dass dieses Recht der abstrakte Begriff des Volkes sei, das glaubt nur der ´Gegenstandpunkt, der ja auch denkt, dass das Volk eine Abstraktion sei. Das Volk ist aber ein polit-ökonomisches Interesse, dem eine Abstraktion auf dem Fuß folgt, nämlich die von den besonderen Interessen der Volksangehörigen. Sie müssen dann eben der Konkurrenz mit anderen Völkern als Bedingung ihrer Interessen . Dass der GSP theoretische Bestimmungen, seien sie falsch oder nicht (Abstraktion) und Anweisungen wie man das finden soll (furchtbar) nicht auseinanderhalten kann, vermeldet er gleich in der Überschrift seines Artikels. Und so geht der Artikel dann auch. Er erklärt nicht, was ein Volk ist, appelliert nicht an den Verstand, sondern bringt Bestimmungen, die illustrieren sollen, dass Volk etwas ganz Furchtbares ist. Ideologie nennt man das. Wo stehen in dem Artikel z.B. die obigen Bestimmungen? Wo steht da ein Begriff des Volkes (außer dem, den der GSP aus dem Gesetzbuch abgelesen hat)?

    Machen wir mal weiter: Die Herrschaft ist also das politische Subjekt des Volkes und bezieht sich auf die Volksangehörigen, d.h. die gesamte Gesellschaft als Mittel der Konkurrenz mit anderen Völkern und richtet sie auch danach her. Sie haben also, weil sie ein Volk sein wollen, bei der praktischen Durchführung dieses Zwecks notwendig nichts zu melden. Die Volksangehörigen sind damit praktisch auch keine Subjekte der Konkurrenz mit anderen völkischen Gemeinwesen, sondern bewusste, willige Objekte die der Herrschaft auf der Grundlage, dass sie so eine Herrschaft wollen nur noch . Auf der Grundlage welchen Bewusstseins sie zustimmen ist dabei völlig egal – dass sie es machen ist für den Fortbestand des Volkes entscheidend. Damit machen sich die Macher des Volkes – die Volksangehörigen – zu Anhängseln des Konkurrenzzwecks, den sie selber gefasst haben. Denn dass die Verhältnisse (die Herrschaft eingeschlossen) auf ihrem Willen ruhen, d.h. davon leben, dass sie die Verhältnisse wollen, daran hat sich nichts geändert. Nur tritt ihnen ihr völkischer Konkurrenzzweck eben als Herrschaft gegenüber,lassen sie sich davon beherrschen.

    Da das die Erklärung des Volkes ist d.h, sein abstrakter Begriff ist Volk ein Beispiel dafür.

  133. hinweis
    24. September 2009, 22:04 | #133

    Macht der GSP eigentlich auch Seminare zum Unterschied von Notwendigkeit und Vergangenheit? Die solltest du unbedingt mal belegen.

  134. hinweis
    24. September 2009, 22:35 | #134

    Und noch ein schönes Zitat zum Thema. Leider hat selbst bismark besser über das Volk bescheid gewusst als der Gegenstandpunkt.

  135. Nestor
    24. September 2009, 22:38 | #135

    @Neoprene
    Meine Absatz zur Frage der Staatsbürgerschaft wendet sich gegen die Gesellschaftsvertrags-Theorie von hinweis, derzufolge sich das Volk sozusagen aus dem Nichts den Staat erschafft, und bei Wahlen immer von neuem. Die Frage des Bewußtseins des Wählers berührt er gar nicht.

    @lala
    Daß es nicht um die historische Reihenfolge geht, wird aus dem Satz hinter dem Ei klar.

    Man macht sich das Leben leichter, wenn man die Beiträge genauer liest und nicht gegen Positionen zu Felde zieht, die gar nicht vertreten werden, zumindest von mir nicht, und es hat sich ja auf mich bezogen.

  136. hinweis
    24. September 2009, 22:44 | #136

    @Nestor: Zitiere doch mal meine Staatsvertragstheorie, bevor du behauptest ich hätte eine. Ich würde es ja mal damit versuchen, was du lala empfliehlst: Genauer lesen!

  137. Krim
    24. September 2009, 23:16 | #137

    Das war wie eigentlich immer begrifflich gemeint. Das wir auf Genese aus wären, ist bei immerwährenden Dementis unsererseits, ein interessiertes Mißverständnis. Ihr seid immer sturzzufrieden damit, wenn ihr festgestellt habt, dass der Staat die Leute zwingen würde. Da hört ihr auf zu denken. Als sei der ein Naturereignis, wie daß die Sonne da ist. „Henne und Ei“ wurde von Nestor eingeführt mit der Absicht es als Zirkel zu bezeichnen. Ich habe , dass es eben gesehen kein Zirkel ist, sondern dass der Wille der Grund für Gewalt ist, aber nie und niemals umgekehrt, Gewalt einfach da ist und daraus ein Wille folgt. Es ist einfach albern die Willensverhältnisse, die eine Staatsgewalt notwendig machen, auf ein „Henne – Ei“ runterbringen zu wollen.

    In deinen Träumen! Aber angenommen es wäre so, wozu dann die Diskussion nochmal von vorne führen.

  138. hinweis
    25. September 2009, 14:34 | #138

    @neo – jetzt rufe ich mal nach Zensur. Ein paar Beschimpfungen hält hier jeder für die schlimmste Sache, die man einem Menschen antun kann. Dieses Getue von lala & co., die nicht ein Argument bringen, sondern sich nur ihren Behauptungswahn heraushängen lassen die jede Diskussion begründungsfrei mit ihren GSP Formeln kontaminieren, das empfindet offenbar jeder als nicht weiter tragisch. Hau‘ den scheiß weg, der zielt ohnehin nicht auf eine inhaltliche Auseinandersetzung und um die sollte es doch gehen, oder etwa nicht?

  139. Krim
    25. September 2009, 15:05 | #139

    Ja was denn? Ist Volkszugehörigkeit jetzt das selbe wie Staatangehörigkeit oder nicht. Man kann die Frage was ein Volk ausmacht, doch nicht mit der Frage der Staatsangehörigkeit kommen. Das sind völlig verschiedene Gegenstände. Dass das Gewaltsubjekt des Volkszwecks definiert, wer dazugehört und wer nicht, erklärt halt überhaupt nicht den Willen zum Volk dazugehören zu wollen, das heißt das Konkurrenz- und Ausschlußprojekt gegenüber andern Nationen zu teilen. Der Wille sich selbst zu einem Volk zu zählen ist keine Passfrage und kann auch nicht mit Gewalt durchgesetzt werden. Kommunisten müssten das am besten wissen. Aber auch Separatisten lassen sich nicht von ihrem Pass davon überzeugen einem anderen Volk anzugehören. Die Definitionsmacht des Staates in der Frage der Staatsangehörigkeit, beruht darauf, dass das Volk den Staat als das politische Subjekt seines Konkurrenzzweck betrachtet.

  140. 25. September 2009, 16:16 | #140

    Es ist, glaube ich wenigstens, kein bewußt schludriges Umgehen mit den beiden Begriffen Volk und Staat, was GSPler ja auch hier regelmäßig voführen. Für die sind das tatsächlich buchstäblich zwei Seiten des gleichen Sachverhalts. Wenn der Staat das Bekenntnis zu ihm qua Gewalt erzwingt, dann stimmt die Gleichung objektive, verrechtlichte Staatsangehörigkeit = subjektives Volkszugehörigkeitemfinden ja hin wie her.Deshalb prallen auch alle, z.B. hier wieder mal von dir angeführten Argumente wie „Der Wille sich selbst zu einem Volk zu zählen ist keine Passfrage und kann auch nicht mit Gewalt durchgesetzt werden“ wie an Teflon ab.

  141. nana
    25. September 2009, 18:05 | #141

    „Der Wille sich selbst zu einem Volk zu zählen“

    Nicht so schludrig: Die Ideologie, sich einem Volk zuzurechnen, gibt es ja. Die Spinnerei völkischer Zugehörigkeit taugt aber nur als Berufungsinstanz, für die HERSTELLUNG eines nationalen Herrschaftsverhältnisses von Staat und Volk reicht es nicht, sich Menschen als zusammengehörig zurechtzudenken – und solange die siegreiche Gewalt über die Schicksale unterschiedlicher Interpretatoren entscheidet, ist deren Interpretation auch nicht der GRUND fürs gewaltsame Deckeln von Untertanen.

    Entgegen eurer Unterstellung führt eine Staatsgewalt auch kein Eigenleben, aber der Staat ist als Steigbügelhalter völkischer Gelüste seiner Untertanen nicht korrekt verstanden. Nur weil ein nationaler Wille, gar ein mehrheitlicher, Voraussetzung fürs Staatmachen ist, löst sich die Erklärung von Staatsgewalt nicht in eine Verlängerung von Volksinteressen auf. Bevor irgendein Untertan in der Lage ist, seine Interessen zu formulieren, ist er nämlich bereits mit der Gewalt konfrontiert, die ANGEBLICH SEIN PRODUKT ist.

    “ … aber nur auf der Grundlage von … “ (gähn)

  142. 25. September 2009, 18:24 | #142

    Mit Leuten wie dir nana, ist es offensichtlich hoffnungslos:

    So kommst du jetzt wieder, als vorerst letzter, aber inhaltsgleicher Verfechter der immer gleichen Stupidität, in völliger Ignoranz, was gegen diesen kruden Determinismus, der übrigens bei vielen von euch ja auch von einem daraufhin gar nicht so überraschenden Pessimismus begleitet ist, spricht und euch ja schon mehrfach entgegengehalten wurde.
    Es ist dir ja noch nicht mal ein Argument wert, um uns paar Rousseau-Fans vom frühbürgerlichen Idealismus in euren Hort des realen Kommunismus zu ziehen.

  143. nana
    25. September 2009, 19:39 | #143

    „hoffnungslos“

    Ach wo, merkst du nicht, wie hoffnungsfroh ich nach der Stelle suche, wo es hakt? Das ist doch kein Determinismus, den vermeintlich verantwortlichen Willen als Ursache zu prüfen. Dazu gehört auch der Widerspruch, einen Gewaltapparat aus den Willen derer abzuleiten, die ihm von der Wiege bis zur Bahre ausgeliefert sind und die obendrein zeitlebens keine Gelegenheit bekommen, ihren seltsamen Willen zu äußern, zu Volk XY gehören zu dürfen. An der Stelle langt euch der Fingerzeig auf eine erfundene Stellvertreterdunktion und schon sei jede Staatsaktion durch Volkes Willen gedeckt – offensichtlich sieht die Welt anders aus.

  144. 25. September 2009, 19:56 | #144

    Nana, es scheint fast, als wenn du diesem Schaustück den bornierten Ignoranten als Dauerrolle geben wolltest:

    Gerade in diesem Tagen wird mit viel Tra-Tra 20 Jahre „Wir sind ein Volk!“ gefeiert und du behauptest: Frag mal ältere Genossen von der MG, die in die zerbröselnde DDR interveniert haben, was die zu den damaligen „Gelegenheiten“ sagen können. Oder lies auch nur den einen oder anderen der Unmenge von Fußballweltmeisterschaftsartikeln des GegenStandpunkt, der sich redlich mit dieser Malaise abgemüht hat.

  145. 25. September 2009, 20:01 | #145

    An Nestor noch die Frage: Wie kommst du ich dazu die „Vorstellung, das Volk täte „sich als Kollektiv konstituieren““ ausgerechnet als „Idylle“ zu verklären? Das ist ein doch als Scheiß-Kampfprogramm von rabiaten Geistern beschrieben worden und immer auch so umgesetzt worden.

  146. Krim
    25. September 2009, 20:12 | #146

    @nana: Eine Ideologie ist die Rechtfertigungsveranstaltung eines Interesses. Wenn du also nicht so schludrig wärst, dann würdest du wenigstens das Interesse benennen, das da in der Volksideologie gerechtfertigt werden soll. Aus welchem Interesse der Wille zum Volk erwächst, haben schon längst bestimmt. Das Interesse besteht darin, als völkische Gemeinschaft exklusiv über die Springquellen der Reichtumsproduktion zu verfügen d.h. andere davon auszuschließen. Wie man weiß, enthält dieses Verhältnis einen Gegensatz, der ein gesellschaftliches Gewaltsubjekt notwendig macht, das sich um die Austragung dieses Gegensatzes im Interesse des Volks kümmert.

    Wenn du aber Ideologie sagst, meinst du gar nicht die Rechtfertigung eines Interesses, sondern eine völlig inhaltsleere Spinnerei, einen wirklichen Wahn, der für nichts gut ist und aus nichts folgt.

    Glaub mir, auf den Trichter, dass das sich zusammengehörig nicht ausreicht, sind völkische Separatisten auch schon gekommen. Deshalb ziehen sie auch regelmäßig den Schluß, dass gegen die Staatsgewalt ein gewaltsamer Widerstand organisiert werden muss. Für die HERSTELLUNG einer Herrschaft braucht es Gewalt, stimmt. Gewalt hat aber zur Voraussetzung, dass ein Willensgegensatz vorliegt, aus dem Gewalt als Mittel, den Gegensatz für eine Seite zu entscheiden, . Also ist doch erstmal dieser Willensgegensatz inhaltlich zu bestimmen.

    Huuu! Und was willst du damit sagen? Das sein Wille aus der Gewalt folgt. Genau! Wenn wir uns diesen widersprüchlichen Gedanken nur oft genug vorsagen, gewöhnen wir uns vielleicht noch dran. Ist das deine Hoffnung? Gewalt folgt aus einem Willensgegensatz als das Mittel, diesen Gegensatz für einen der beiden Willen zu entscheiden. Bei euch folgt der Wille aus der Gewalt. Du selbst bist der lebendige Gegenbeweis, trotz Pass kein Volksverfechter. Wie soll das gehen, wenn der Wille aus Gewalt folgt.

  147. Krim
    25. September 2009, 20:36 | #147

    Wie das zusammengeht, steht bei Hinweis im Punkt 2. Natürlich kannst du dich weiter weigern, das zur Kenntnis zu nehmen und immer die gleichen alten Sprüche ablassen. Als einzelnes Privatsubjekt bist du dem Staat natürlich ausgeliefert, weil er die Volkangehörigen wegen des Konkurrenzzwecks als Mittel dafür behandeln muss. Als Gewaltsubjekt gibt es den Staat aber nur, weil die Subjekte, die das Volk ausmachen, den Staat als Gewalt ihres völkischen Konkurrenzwillens brauchen.

  148. salomon
    28. September 2009, 13:49 | #148

    „Als Gewaltsubjekt gibt es den Staat aber nur, weil die Subjekte, die das Volk ausmachen, den Staat als Gewalt ihres völkischen Konkurrenzwillens brauchen.“

    Wenn du schon von einem Gewalt s u b j e k t redest, was will der denn? Und wer hat den Zweck Konkurrenz bzw. warum? Was will einer, der dem Völkischen fröhnt? Löst sich Nationalismus in völkische Spinnerei auf? Welches Subjekt hat den Nutzen von der Trennung Herrscher/Beherrschte?

  149. hinweis
    28. September 2009, 18:45 | #149

    Als politisches Subjekt eines Volkes will die Herrschaft den Konkurrenzzweck des Volkes durchsetzen.

    Jemand, der sich zu einem Volk bekennt, der will den Nutzen des AUSSCHLIESSENDEN Charakters dieses politischen Stanpunktes für sich. Ist alles schon mehrfach erklärt.

    Falsche Frage, die auf eine verdinglichte, wesenhafte Auffassung von Herrschaft hinweist. Die Herrschaft hat aber nicht erst mit den beherrschten zusammengelebt und hat sich dann im eigenen Interesse von ihnen getrennt. Völliger Unsinn!

    Ich schließe mich Krim an: Lies mal die Beiträge.

  150. Krim
    28. September 2009, 21:13 | #150

    Wenn der Ratschlag, die Beiträge zu lesen als Spam gelöscht wird, kann ich’s auch nochmal als Kritik formulieren. Statt mal die Theorie zum Volk zur Kenntnis zu nehmen und zu beurteilen, also zu kritisieren oder zuzustimmen. Kommen jetzt bloß noch nölende Fragen, die kritisch gemeint sind und bloß noch die Absicht haben Zweifel zu streuen ohne sich überhaupt die Mühe zu machen aus der Kenntnis des Inhalts ein Gegenargument zu entwickeln. Das nervt! Für ein Interesse, das die Fragen bloß noch aus dem Vergleich mit der eigenen Auffassung bezieht, ohne eine Argumentation überhaupt nachvollziehen zu wollen, habe ich keine Lust den Erklärbärautomaten zu spielen. Es gibt ja keinen Grund anzunehmen, dass der 5. Erklärungsversuch inhaltlich zur Kenntnis genommen wird, wenn das die vier male zuvor auch nicht stattfand.

  151. 28. September 2009, 21:26 | #151

    In der Tat hatte ich sowohl die Frage, „Ja, wo steht denn das?“ wie die Antwort „Na hier, kannste doch Alles nachlesen!“ als nicht weiterführend gelöscht. Auf diesem Level wirkt es wirklich nur noch wie Anmache hin und her.

    Was nicht heißt, daß nicht ab und zu Leute neu in so eine, ja nun wirklich schon länger laufende Diskussion hineinschauen und die eine oder andere Frage wirklich ernst (nochmal) stellen. Dann sollte man – schon aus didaktischen Gründen – also, wenn einem daran gelegen ist, mit seinen Argumenten möglichst viele andere Leser möglichst weitgehend zu überzeugen, sich entweder die Mühe machen, in einem neuen Anlauf das Gleiche nochmals zu sagen, was, da gebe ich dir ja recht Krim, zumeist schon gesagt wurde, oder wenigstens per Zitat oder genauer Quellenangabe die neuen Leute auf die alten Argumente zu führen.

    Deshalb ist es auch nicht grundlegend, jedenfalls nicht immer verkehrt, selbst einen verbohrten Volltrottel nochmals zu widerlegen. Denn mag der persönlich auch vernagelt sein, vielleicht erkennen ja andere Mitleser in der schon wieder kritisierten Auffassung die eigene wieder und nehmen sich die Kritik auch noch zu Herzen. Konkret schreiben tun hier doch höchstens 10 Leute, Mitleser gibt es aber einige Hundert. Für die wird so eine Blogauseinandersetzung doch genauso geführt, wie für die an einer Hand abzählbaren häufiger scheibenden Poster hier.

  152. Krim
    29. September 2009, 01:15 | #152

    Ich fand das Löschen jetzt nicht tragisch, trotzdem hatte sich mein Hinweis eigentlich auf post 152. bezogen und der steht noch da und wurde nicht gelöscht. Da wurde auch nicht gefragt, „Ja, wo steht denn das?“, sondern es wurden Fragen gestellt, die nicht nur in 136. beantwortet sind. Selbst wenn es sich um eine Verständnisfrage handelt und keine, die als Kritik gemeint ist, möchte man doch zumindest merken, dass sich der Frager sich mit dem Thread auseinandergesetzt hat und nicht nur nachfragt, weil er keinen Bock zum Lesen hat.

  153. Link
    29. September 2009, 11:45 | #153

    In Erfurt ist der Vortrag gegenüber Berlin und Jena leicht verändert, komplett durchgeführt und in der Diskussion ergänzt um ein paar grundsätzliche Ausführungen darüber, was ein Volk ist.

    http://ia311012.us.archive.org/2/items/Audio_pg_VD_Wahlen_EF_10092009/Vd_whlenIstVerkehrt_ef_10092009.mp3

  154. hinweis
    29. September 2009, 12:16 | #154

    @Link – Kannst du bitte noch ungefähr die Minute posten, damit man sich nicht das ganze Teil antun muss?

  155. Link
    29. September 2009, 13:18 | #155

    Die Debatte beginnt 74:50 und vor dem Fehler wählen zu gehen bewahrt dich die Politik ja jetzt ohnehin für vier Jahre.

  156. hinweis
    29. September 2009, 14:24 | #156

    mal die Meldungen der letzten Tage:

    Da geht es nach der Position von RWE um Laufzeitverlängerungen bis zu 25 Jahre!

  157. 29. September 2009, 14:51 | #157

    Hinweis, ich weise dich jetzt darauf hin, daß ich weitere Hinweise auf die RICHTUNGSSTREITEREIEN glatt wegstreichen werde. Denn sie bringen doch gar keine neuen Argumente und wiederlegen auch nichts, was an Wahlkritik bisher vorgebracht wurde.

    Daß die Parteien sich ungeheuer viel Mühe geben, sich als ganz ganz alternative Haufen zu stilisieren und je näher sie beinander stehen (wie bisher in der Großen Koalition) umso mehr darauf pochen, daß sie ganz und gar nicht eineiige Zwillinge seien, das ist doch überhaupt kein Streitpunkt. Es geht doch darum, daß Leute wie du aus diesen, aufs Ganze bezogen Marginalien die Begründung fürs Mitmachen zimmern.

    Die meisten ach so tollen Unterschiede sind eh Unterschiede in der Umsetzung der Elendsverwaltung. Ja, da gibt es Unterschiede zwischen der Bahnhofsmission und der Linkspartei und Herrn Westerwelle. Aber dieser Abarbeitung am Elend sollte man vernünftiger lieber die Agitation der Leute für dessen Abschaffung entgegensetzen, oder, um Peter Decker zu zitieren, dem ganz altmodisch ein Programm für Klassenkampf entgegensetzen (auch wenn ich immer noch nicht so richtig weiß, wie der beim GegenStandpunkt eigentlich aussehen soll, aber das wäre nun wirklich ein anderes Thema, sozusagen ein „Luxus“thema).

  158. Krim
    29. September 2009, 15:26 | #158

    Also über die Bestimmung von Volk kommt erst was bei 1:41 und zwar der gleiche Mist, den sie immer verzapfen. Es wird nämlich kein Unterschied zwischen dem Verhältnis Volk/Herrschaft und Volk/Untertan gemacht. Es wird behauptet, es gibt kein Wir, es gibt keinen Inhalt von Gemeinsamkeit. Alles nur Ideologie. Und falls jetzt der Nächste mit noch einem Vortrag angeschissen kommt, damit man nochmal seine Zeit drauf verschwendet, im Huiskenvortrag wird genau das Gleiche behauptet. Dazu gibt es schon zig Widerlegungen von uns auf dem Forum Kapitalismuskritik, bei libelle, bei walgesang, bei Argumentenprüfer….

    Trotzdem verstehe ich nicht, warum hinweis mit dem Atomstreit jetzt wieder ankommt. Ein Richtungsstreit der CDU über Stilllegung von AKW ändert null an der Beurteilung der Wahl. Da macht man Kreuz für ein Herrschaftsprogramm eines demokratischen Staates und stimmt nicht über Sachfragen ab. Diese Verwechslung zu machen, ist eine interessierte Dummheit. Man kann sich alles mögliche Denken, warum man sein Kreuz macht. Am Ende ist es ein Kreuz, in dem jede Motivation ausgelöscht ist und das bloß die Zustimmung für ein gesamtes Herrschaftsprogramm erkennen lässt und a l l e s absegnet, von der Frage des Atomenergieausstiegs über Kriegseinsätze bis zur sozialen Verarmung. Warum bestimmt die Merkel die Politik, weil alle CDU gewählt haben (zweitschlechtestes Nachkriegsergebnis), weil niemand Grüne oder Linke gewählt hat? Nein, weil die FDP zugelegt hat und weil beide zusammen in der Addition es schaffen, den Bundeskanzler zu wählen. Ansonsten hätte es eine große Koalition gegeben.

  159. Link
    29. September 2009, 17:56 | #159

    @Krim + die, denen der Streitpunkt bekannt ist

    „Es wird nämlich kein Unterschied zwischen dem Verhältnis Volk/Herrschaft und Volk/Untertan gemacht. Es wird behauptet, es gibt kein Wir, es gibt keinen Inhalt von Gemeinsamkeit. Alles nur Ideologie. (…) Dazu gibt es schon zig Widerlegungen von uns auf dem Forum Kapitalismuskritik, bei libelle, bei walgesang, bei Argumentenprüfer“

    Der Gegensatz Herrschaft/Untertanen wird über hundert Minuten ausgebreitet. So schwerhörig oder begriffsstutzig kann man gar nicht sein, dass man nicht von der ersten Minute mitbekommt, was den Unterschied Volksvertreter/Volk ausmacht:

    Die einen regieren, die anderen werden regiert.
    Die einen lassen sich ermächtigen, den anderen wird erlaubt Kreuzchen zu malen.
    Die einen bestimmen, an welchen Lebensgrundlagen sich die anderen abarbeiten.
    usw. usf.

    Dass bei euch das Verhältnis Herrscher/Beherrschte Kopf steht, könnt ihr doch nicht anderen zum Vorwurf machen. Und eh wir beide wieder wegen eingestandener, aber unerwünschter Redundanz gelöscht werden, wiederhole ich gerne noch einmal M.’s wenig blumige Frage:

    Was macht die Gemeinsamkeit dieser „Wir“-Leute aus, wenn es nicht ihr nationales Untertanendasein ist? Was ist denn der Inhalt dieser Gemeinschaftlichkeit von Leuten, die sich untereinander nicht einmal kennen, geschweige denn ein „handlungsfähiges Subjekt“ (M.) sind?

    Die Antwort, es ginge „Wir-Menschen“ um ein völkisches Konkurrenzbedürfnis, kann nicht stimmen angesichts ihrer ohnmächtigen Position. Immerhin wird ihnen sowohl als völkische wie als ökonomische Manövriermasse diktiert, welche Beziehungen sie zueinander und zu anderen Völkern/Ökonomien haben dürfen.

    An der Stelle mogelt ihr euer „auf-der-Grundlage-von“ hinein (der abstrakt-freie Wille gehört ganz woanders hin!), weil ihr gelernt habt, dass Gewalt immer ein Mittel ist. Die Gewalt ist auch als staatliche ein Mittel – allerdings von Staatszwecken, deren Souveränität vom Volk GEBILLIGT wird. Sind es einmal souveräne Entscheidungen, ist das Volk Befehlsempfänger und kein Auftraggeber. Ein Souverän als Anhängsel seiner Untertanen ist ohnehin schon ein verzerrtes Bild von Herrschaft.

  160. 29. September 2009, 18:17 | #160

    Das Ärgerliche, auch jetzt wieder von Link, ist die sture Behauptung, wer Untertan ist, gehört auch zum Volk. Wer der Herrschaft unterworfen ist, wird schon deshalb auch jemand, der sie billigt.
    Das hat einen merklichen Touch rassistischer Indifferenz gegenüber der ja recht offensichtlichen Tatsache, daß es, z.B. in Berlin, ganze Viertel von Untertanen, Steuerzahlern und Führerscheininhabern gibt, die eben keine Staatsbürger und vor allem auch keine Mitglieder des deutschen Volks sind bzw. nicht sein wollen, sondern sich als Türken, Kurden, etc. sehen.

  161. Krim
    29. September 2009, 18:19 | #161

    Ach link, statt anderen Begriffsstutzigkeit vorzuwerfen und von ihnen zu verlangen sich immer und immer wieder mit dem gleichen Scheiß von deinesgleichen außeinanderzusetzen, könntest du auch mal unseren Standpunkt zur Kenntnis nehmen z.B. einfach mal Post 136 lesen.
    Ich kenne das GSP-Zeug ich hab den verlinkten Vortrag vollständig angehört, den Huisken zur Hälfte und der Wentzke kommt vielleicht auch noch dran und ich hab sogar inhaltlich begriffen, was die sagen und zwar nicht erst seit gestern.

    Wir behaupten das Verhältnis Volk – Herrschaft und bürgerlicher Staat – Untertan (Bürger) sind zwei verschiedene Gegenstände. Der GSP will das aber nicht auseinanderhalten. Es g i b t eine positive inhaltliche Gemeinsamkeit des Volkes (siehe Beitrag 136), die der GSP schlichtweg ableugnet, ignoriert. Für ihn sind Untertanen das selbe wie Volksangehörige. Deshalb steht bei uns auch nicht das Verhältnis Herrscher /Beherrschte Kopf, sondern wir sagen, dass das Verhältnis Volk/Herrschaft etwas völlig anderes ist und neben dem Verhältnis Herrschaft/Untertan a u c h noch existieren. Das sind z w e i Dinge mit zwei Erklärungen. Aber ihr Holzköpfe schafft es ja noch nicht mal die Differenz überhaupt gedanklich zu realisieren. Davon dass euch das einleuchtet, will ich ja gar nicht reden. Ihr schafft es noch nicht mal den Inhalt unserer Theorie zu begreifen, geschweige denn sie inhaltlich zu kritisieren.

  162. hinweis
    29. September 2009, 18:57 | #162

    @Krim: Weil der GSP „Wählen ist verkehrt“ als Parole ausgegeben hat und seine Jünger das auch genau so wortwörtlich nehmen: Wenn man hingeht macht man einen Fehler. Mein Ausgangspunkt, mein Einstieg in die Diskussion war genau der Fehler dieser Aussage. Sonst hätte ich darum wirklich kein Aufhebens gemacht, habe ich auch nie. Die Vermischung kommt also nicht von meiner Seite.

  163. star wars
    29. September 2009, 19:05 | #163

    Doch, die Vermischung kommt von deiner Seite aus. Weil du meinst dass durch Kreuzchen machen politische Alrternativen entschieden werden.

  164. Link
    29. September 2009, 20:20 | #164

    Ich fordere von dir, Neoprene, sofortige Selbstzensur:
    „Wer der Herrschaft unterworfen ist, wird schon deshalb auch jemand, der sie billigt.“ (Neo)
    Das ist eine faustdicke Lüge, ich hätte so etwas behauptet, und du weißt das!

    „in Berlin, ganze Viertel von Untertanen, Steuerzahlern und Führerscheininhabern, die eben keine Staatsbürger und vor allem auch keine Mitglieder des deutschen Volks sind bzw. nicht sein wollen, sondern sich als Türken, Kurden, etc. sehen.“

    Als was sich jemand sehen möchte, scheint sich oft von der Wirklichkeit zu unterscheiden. Nirgends steht die Behauptung, dass alle, die dem deutschen Staat ausgeliefert sind, zum deutschen Volk gehören. Dass allerdings türkische Staatsbürger keine deutschen Untertanen sind, kann man im Staatsbürgerrecht nachlesen.

  165. 29. September 2009, 20:44 | #165

    lieber Link, gemach, gemach. Erst mal fange ich als Beleg meiner These deiner Borniertheit einfach mit einem Zitat an:

    Vom Gegensatz Herrschaft/Untertanen kommst da ganz umstandslos zum Gegensatz Volksvertreter/Volk. Das sind aber eben keine Identitäten: Herschaft ist nicht gleich Volksvertretung und Untertanenschaft ist nicht deckungsgleich mit dem Volk.

    Was ist also die faustdicke Lüge an meinem „Wer der Herrschaft unterworfen ist, wird schon deshalb auch jemand, der sie billigt“?
    Zu deinem „Nirgends steht die Behauptung, dass alle, die dem deutschen Staat ausgeliefert sind, zum deutschen Volk gehören“ möchte ich nur anmerken, daß regelmäßg GSP-Referenten es nicht für nötig halten, das zu betonen. Gut, daß wenigstens du das korrekt siehst.

    Deinem Satz „Dass allerdings türkische Staatsbürger keine deutschen Untertanen sind“ möchte ich doch widersprechen. Jedenfalls bezogen auf die „türkischen Staatsbürger“, die hier in Deutschland leben. Mag sein, daß ich da einer gemäß wikipedia historisch weitgehend überholten Definition von Untertan anhänge „Als Untertan wurde vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert eine Person bezeichnet, die der Herrschaft eines anderen unterworfen ist.“ In Bezug auf meine obigen Beispiele sind alle, die hier leben, Untertanen dieser BRD.

  166. Krim
    29. September 2009, 20:54 | #166

    Vielleicht wäre es ratsam, das Staatsbürgerschaftsrecht nicht zum Massstab für den Begriff der Sache zu machen. Natürlich sind Türken dem deutschen Staat unterworfen, wenn sie hier leben, also sind sie Untertanen. Zum deutschen Staatsvolk dürfen sie sich jedoch nicht zählen und das wird im Staatsbürgerschaftsrecht geregelt. Das heißt wiederum nicht, dass im Staatsbürgerschaftsrecht der Begriff des Volkes steht und der Staat durch das Staatsbürgerschaftsrecht das Volk erschaffen würde. Bitte, Bitte, Bitte!!!! Lies endlich, was dazu auf den empfohlenen Seiten und Beiträgen steht.

  167. star wars
    29. September 2009, 22:12 | #167

    Entschieden hat der Bürger gar nichts. Entscheiden muss der Bundestag, wenn ´s hoch kommt noch der Bundesrat, bzw. die Bundesgerichte. An der politischer Willensbildungsprozesse hat der Bürger ebenfalls nicht mitgewirkt. Was der Bürger höchstens machen kann ist Entscheidungskompetenzen an das Regierungspersonal, über Wahlabstimmung, zu delegieren. Dann werden Stimmen zusammengezählt, und eine Regierungskoalition zum Regieren durch das Wahlvolk ermächtigt. Die Regierung muss in der praktischen Gestaltung ihres Regierungsprogramms, der Form und dem Inhalte nach gemäß, darauf achten dass die Verfahrensregeln und Maßstäbe der bürgerlichen Gesetzgebung korrekt berücksichtigt werden können. Auf der Grundlage wird das Wahlvolk aufgerufen zwischen verschiedenen Herrschaftsalternativen abzustimmen.

    Welchen Zwecken Atomkraftwerke bzw. deren Laufzeitverlängerung dienen sollen, muss der Wähler ebenfalls nicht überblicken. Was zählt ist das pure Abstimmungsergebnis, seine Stimme als Wähler. Dein Argument schießt dementsprechend am Ziel vorbei. Gewählt werden Herrschaftsprogramme, das ist nicht mit einer Volksabstimmung über AKW-Laufzeiten zu verwechseln. Das potentielle Herrschaftspersonal hat darüber entschieden dass Atomkraftwerke dem Vorankommen Deutschlands eher im Wege stehen, anstatt dass die Interessen Deutschlands über Atomkraftwerke befördert werden sollen. Es wird nicht über energiepolitische Maßnahmen, wie in einer Betriebsversammlung, durch das Volk, per Abstimmung, entschieden. Das müsste voraussetzen dass über den Kapitalismus abgestimmt werden könnte. So verstehst du, leider muss ich sagen, eine demokratische Wahl. Die Ermächtigung eines Herrschaftspersonals hat nichts mit einer kollektiven Selbstbefragung, über eigens einberufene Sachthemen des Volkes, zu tun. Im Gegenteil, der Wähler ist über seine zweite, politisierte Rolle als Staatsbürger, und Wähler, Manövriermasse eines für sie fremden Zwecks, der Kapitalakkumulation im bürgerlichen Gemeinwesen.

  168. star wars
    29. September 2009, 22:13 | #168

    Entschieden hat der Bürger gar nichts. Entscheiden muss der Bundestag, wenn ´s hoch kommt noch der Bundesrat, bzw. die Bundesgerichte. An der politischer Willensbildungsprozesse hat der Bürger ebenfalls nicht mitgewirkt. Was der Bürger höchstens machen kann ist Entscheidungskompetenzen an das Regierungspersonal, über Wahlabstimmung, zu delegieren. Dann werden Stimmen zusammengezählt, und eine Regierungskoalition zum Regieren durch das Wahlvolk ermächtigt. Die Regierung muss in der praktischen Gestaltung ihres Regierungsprogramms, der Form und dem Inhalte nach gemäß, darauf achten dass die Verfahrensregeln und Maßstäbe der bürgerlichen Gesetzgebung korrekt berücksichtigt werden können.

    Welchen Zwecken Atomkraftwerke bzw. deren Laufzeitverlängerung dienen sollen, muss der Wähler ebenfalls nicht überblicken. Was zählt ist das pure Abstimmungsergebnis, seine Stimme als Wähler. Dein Argument schießt dementsprechend am Ziel vorbei. Gewählt werden Herrschaftsprogramme, das ist nicht mit einer Volksabstimmung über AKW-Laufzeiten zu verwechseln. Das potentielle Herrschaftspersonal hat darüber entschieden dass Atomkraftwerke dem Vorankommen Deutschlands eher im Wege stehen, anstatt dass die Interessen Deutschlands über Atomkraftwerke befördert werden sollen. Es wird nicht über energiepolitische Maßnahmen, wie in einer Betriebsversammlung, durch das Volk, per Abstimmung, entschieden. Das müsste voraussetzen dass über den Kapitalismus abgestimmt werden könnte. So verstehst du, leider muss ich sagen, eine demokratische Wahl. Die Ermächtigung eines Herrschaftspersonals hat nichts mit einer kollektiven Selbstbefragung, über eigens einberufene Sachthemen des Volkes, zu tun. Im Gegenteil, der Wähler ist über seine zweite, politisierte Rolle als Staatsbürger, und Wähler, Manövriermasse eines für sie fremden Zwecks, der Kapitalakkumulation im bürgerlichen Gemeinwesen.

  169. Link
    29. September 2009, 23:27 | #169

    „Natürlich sind Türken dem deutschen Staat unterworfen, wenn sie hier leben, also sind sie Untertanen. Zum deutschen Staatsvolk dürfen sie sich jedoch nicht zählen und das wird im Staatsbürgerschaftsrecht geregelt.“

    Nein. Türken sind in D Untertanen eines fremden Souveräns und fallen DESWEGEN unter das Ausländerrecht. Und nur die Vereinbarungen mit dem türkischen Staat erlauben Regelungen über deren Aufenthalt hier. Die Ein- und Ausreiseerlaubnisse machen den exklusiven Anspruch eines Staates auf sein Volk sehr deutlich: Fremde stehen unter einem Generalverdacht, den Nutzen des falschen Herren zu fördern.

  170. Krim
    30. September 2009, 02:13 | #170

    Wenn ein Türke bei rot über die Ampel fährt und geblitzt wird kriegt er ne Strafe und Punkte. Da fragt der deutsche Staat nicht beim türkischen an, ob er das darf. Ein Türke ist als Eigentümer auch mit dem Wirken der bürgerlichen deutschen Staatsgewalt einverstanden, auch wenn er sich nicht zum deutschen Volk gehörig zählt. Als Eigentümer will er eine bürgerliche Staatsgewalt, aber als Volkangehöriger rechnet er sich nicht der deutschen Nation zu. Um diesen Unterschied geht es. Als Bürger, als ökonomisches Konkurrenzsubjekt braucht er einen Staat, da braucht er keinen türkischen. Sein türkischer Nationalismus folgt also gar nicht aus seinem Eigentümerdasein, sondern aus etwas davon Getrenntem. Das folgt auch nicht daraus, dass ihm irgendwann mal ein türkischer Pass ausgehändigt wurde. Sein Nationalismus folgt aus seinem Bewusstsein, daraus dass er eine Stellung zur türkischen Nation einnimmt.

    Das Staatsbürgerschaftsrecht kündet genau von dem Unterschied. Der deutsche Staat sagt ja gerade nicht, wer Staatsbürger einer anderen Nation ist, der darf bei mir tun und lassen, was er will. Nein, jeder wird als Untertan behandelt, als einer der der deutschen Staatsgewalt unterworfen ist. Die Unterworfenheit Untertan/Herrschaft macht sich an der Staatsbürgerschaft überhaupt nicht fest. Die Scheidung von Inländer und Ausländern durch die Staatsbürgerschaft ist also, was gänzlich anderes als die pure Unterworfenheit unter eine staatliche Gewalt.

  171. Krim
    30. September 2009, 11:29 | #171

    Hau doch nicht alles durcheinander und anschließend auf Strohpuppen. Der Wähler macht Kreuze bei Parteien und entscheidet keine Inhalte. Sein Kreuz ist überhaupt zu nichts anderem gut als abstrakte Ermächtigung. kommen dann ein oder mehrere politische Willen an die Macht, der natürlich einen Inhalt hat. Das wurde im übrigen auch nie bestritten. Man kann dir das aber noch so oft sagen, dann holst du bei nächster Gelegenheit die Strohpuppe trotzdem wieder raus.

    Über den Inhalt der angebotenen politischen Willen entscheidet nicht der Wähler, sondern die Parteien selbst. Der Wähler kann dann nicht auswählen: Von den Grünen will ich AKW-Ausstieg von den Linken den Mindestlohn. Das geht alles nicht im Wahlakt, da kann er nur ein Kreuz machen. Da wird von allen Gründen deiner Wahlentscheidung abstrahiert. Ob du die Nase der Merkel oder den Anzug von Steinmeier zum Kriterium deiner Wahlenscheidung machst oder Sozialpolitik. Das ist im Kreuz alles ausgelöscht. Mit dem Kreuz segnest du pauschal den gesamten politischen Willen einer Partei ab. Also machen die nicht, was du sagtst, sondern umgekehrt bejahst du im Ganzen ein Herrschaftsprogramm von denen. Im Wahlkreuz übernimmst du deren politischen Willen.

    Was sich die Leute zu ihrem Kreuz denken, spielt einfach überhaupt keine Rolle. Ob wegen Mindestlohn, AKW oder der Farbe der Krawatte abgestimmt wird, ist ganz und gar irrelevant. Wie soll ich das ausdrücken? Der Pfeil geht nur in eine Richtung. Mit der Ermächtigung eines politischen Willens ist zwar über den Inhalt eines demokratischen Herrschaftsprogramms entschieden. Was bei der Ermächtigung rauskommt, hat Auswirkungen auf die Lebensumstände der Menschen. Dass aber umgekehrt der Wahler ein Mittel in der Hand hätte, seine Lebensumstände zu bestimmen, das ist falsch. Das will er sich zwar denken. In der Weise, wie die Wahl organisiert ist, ist diese inhaltliche Einflußmöglichkeit jedoch systematisch eliminiert worden. Seine Wahlgründe sind für niemanden wichtig außer für ihn selbst. Er strickt sich daraus die Einbildung, das wählen ein Einfluß- also ein Lebensmittel sei.

    Nochmal: Die Wahl ist abstrakte Ermächtigung. Daraus einen Widerspruch zu inhaltlichen politischen Alternativen zu basteln, ist verkehrt, weil durch abstrakte Ermächtigung eben ein inhaltliches Herrschaftsprogramm an die Macht gehievt wird. Für die Inthronisation einer inhaltlichen Herrscheralternative ist abstrakte Ermächtigung das passende Mittel. Der Wähler hat nur die Möglichkeit sich mit der Generalabsolution eines Herrschaftsprogramms aufsummieren zu lassen. Oder er ist kein Wähler.

  172. star wars
    30. September 2009, 11:37 | #172

    Das ist das, auf das ich hinaus will. Du glaubst eben an das Märchen der Volkssouveränität, in welchem die Regierung durch das Volk ermächtigt wird, die Geschicke des nationalen Gemeinwesens zu gestalten. In Wirklichkeit willst du ein demokratisches Gemeinwesen verwirklichen, entsprechend muss deine ökonomische Kritik am Kapitalismus dieser Vorstellung vollständig subsumiert werden.

    Deswegen jetzt eine grundlegende Frage an dich: Glaubst du immer noch dass die bürgerliche Staatsgewalt notwendig ist, weil Eigentümer exklusiv über sachliche Reichtumsquellen verfügen, dementsprechend alle anderen Privateigentümer, eines Volkskollektivs, über die exklusive Verfügung seines Eigentums, ausschließen möchten. Ich glaube, die notwendige Gewalt des Staates folgt einem ökonomischen Inhalt, der im Zeck „Eigentum“ zu suchen ist, und nicht in einem soziologischen Verhältnis zwischen Produzenten, welche über die Ausgrenzung anderer Eigentümer über die Verfügung sachlicher Reichtumsquelle, bestimmen möchten.

    Bevor diese Sachfragen nicht geklärt sind, macht es kein Sinn weiterhin über demokratische Wahlen miteinander zu diskutieren.

  173. hinweis
    30. September 2009, 11:49 | #173

    Ich galube nicht nur daran, dass man Inhalte ermächtigt, sondern weiß das. Im Unterschied zu euch.

    Krim hat wieder nicht begriffen, was mit Entscheidung gemeint war. Die gleiche interessierte Verwechslung, wie star wars sie macht. Wähler entscheiden PRAKTISCH, indem sie eine Partei ermächtigen oder nicht, ob die die Macht hat ihre Inhalte umzusetzen oder nicht. Das entscheidet eben nicht der Mann von den Hochrechnungen mit Schiebereglern für die Parteien. Weil die Parteien sioch zur Wahl inhaltlich festlegen, entscheiden Wähler damit auch über Inhalte, WEIL die Parteien sich festlegen. Wer’s nicht glaubt, der kann sich die Laufzeitverlängerung jetzt anschauen.
    Formal kann man sagen, die Parteien könnten sich auch an der Macht umentscheiden, das liegt ganz in ihrem politrischen Willen. Dummerweise haben sie den aber vor der Wahl kundgetan! Und dann herzugehen und zu sagen da würde inhaltlich nichts enstschieden ist eben interessiertes Denken.

    Dass man mit dem Wahlkreuz keine Partei zusammenstellt ist auch kein Einwand, dass man mit ihm über Inhalte entscheidet (so wie oben nochmal erklärt). Nicht ich, sondern ihr beiden (star wars und krim) baut euch Strohpuppen, weil ich nirgends behauptet habe, dass die Parteien die Wähler fragen, was sie machen sollen oder es ein imperatives Mandat gibt. Das sind EURE Unterstellungen, auf die IHR einschlagt.

  174. hinweis
    30. September 2009, 11:52 | #174

    Ja ja, wenn man keine Argumente hat, erfindet man sich einfach den Gegner, wie man ihn braucht. Das hast du in sämtlichen Beiträgen hier versucht.
    Im unterschied zu dir, lasse ich mir nicht durch eine BEFINDLICHKEIT vorgeben, was ich an Wahlen zur Kenntnis nehme und was nicht.
    Über deine restlichen Unterstellungen solltest du mal ein Selbstgespräch führen.

  175. star wars
    30. September 2009, 11:58 | #175

    Welche Argumente? Ich hab bereits über zehn Kommentare geschrieben und du bist mit keinem Wort auf meine Argumente eingegangen. Statdessen wiederholst du immer noch deine saudummen Pleonasmus dass in der Politik über „Inhalte“ entschieden werden soll. Sag bloß.

  176. hinweis
    30. September 2009, 12:08 | #176

    Schon mal in Erwägung gezogen, dass deine „Argumente“ off topic gewesen sein könnten?

    Ich habe auch nicht gesagt, dass in der Politik über Inhalte entschieden wird, sondern BEI DER WAHL. Und zwar in den Fällen, wo die Parteien sich inhaltlich festlegen. Man kann sie dann zwar nicht auf die Inhalte verpflichten, umgekehrt sagen sie die Inhalte aber auch, weil es eben die Inhlate sind, mit denen sie antreten.
    Wenn man DAGEGEN dann immer mit der nichteinmal falschen Wahlkritik des GSP kommt, dann macht man eben einen Fehler, weil man meint, das wäre ein Einwand gegen das, was ich sage. Und das liegt nur an diesem Bedürfnis, die Wahl als unterschiedslos für die bürgerlichen Interessen der Leute darstellen zu wollen. Gibt es da nämlich Unterschiede, dann ist auch klar, dass es kein Fehler sein muss, mal für die eine oder andere Partei zu stimmen (je nachdem, für wie wichtig man den einen oder anderen Unterschied hält).

  177. Krim
    30. September 2009, 12:46 | #177

    Der Wähler als aggregierter Haufen entscheidet über die Ermächtigung eines .

    Von Umentscheidung hab ich im letzten Post gar nichts geschrieben. Selbst ohne dieses Argument stimmt es nicht, dass der Wähler eine sachliche Entscheidung treffen kann.

    wird nichts inhaltlich entschieden. Der Wähler ermächtigt und ist dann auch über inhaltlich alternative Herrschaftsprogramme entschieden.

    Du behauptest aber der Wähler bestimme in der Wahl über Einzelsachfragen (AKW). Nur dagegen habe ich was.

  178. hinweis
    30. September 2009, 13:13 | #178

    Richtig.

    Indem man den die Wahl zu irgendwelchen Ideen von Materialismus oder „sachlicher Entscheidung“ ins verhältnis setzt erklärt man nichts an ihr, denn dass die Entscheidung wegen meiner unsachlich und nichtmaterialistisch ist, bestimmt doch das Verhältnis von Inhalt, Ermächtigung und der Wirkung dieser Inhalte auf die Interessen des Wählers nicht.

    Das ist was ich die ganze Zeit gesagt habe: der Wähler entscheidet über die Ermächtigung von Herrschaftsinhalten. Also WIRD bei Wahlen inhaltlich etwas entschieden, nämlich welches nationale Politikalternative in der nächsten Legislaturperiode gilt.

    Erstens bestimmt er mit der Ermächtigung einer Partei, dass die sich zu der Sachfrage so verhalten kann, wie sie es angekündigt hat und deshalb auch tun will. Also enstcheidet er, wenn sich die Partei da festgelegt hat und es sich da auch um eine nationale Alternative und keinen Idealismus handelt, welche Politik in dieser Sachfrage gilt.
    Zweitens: Dass in der Wahl über Einzelsachfragen in dem Sinn bestimmt wird, dass man sie ankreuzen könne, habe ich eben nicht behauptet.

  179. star wars
    30. September 2009, 13:37 | #179

    Das ist kein Fehler, weil die grundsätzlichen Argumente gegen die demokratische Wahl notwendigerweise Argumente abgeben, das Wählen lieber bleiben sein zu lassen. Es ist im Gegenteil so, dass du deine Unterstellung gegen mich zu einem Grund für das demokratische Wählen überhaupt ausarbeiten willst. Spricht etwa bereits die Differenzierung von verschiedenen Herrschaftsprogramm für eins dieser Herrschaftsprogramme selbst? Weiß ich deswegen überhaupt, was ein Herrschaftsprogramm ist? Wenn nein, frage ich dich, warum du mich dennoch immer wieder dazu aufforderst, aktiv an einem demokratischen Wahlprozess teilzunehmen. Könnte dir doch wirklich egal sein, was ich als Privatbürger machen werde. Ob du es willst oder nicht, Wählen ist immer ein Politikum, und keine Entscheidung, die im stillen Kämmerlein eines Privatbürgers stattfinden muss.

    Du kannst grundsätzlichen Einwände und Kritik an einer demokratischen Wahl, im Wahlprozess selbst, nicht einfach beiseite schieben lassen. Also liegt es an deiner Stellung zur demokratischen Wahl selbst, dass wir über den Wahlprozess selbst unterschiedliche Auffassungen vertreten. Und untereinander ohne Aussicht auf Einigkeit immer wieder diskutieren müssen. Meine Auffassung ist klar. Der Dissens besteht darüber, dass du politische Herrschaftsprogramme als wirkliche Wahlangebote an Interessen der Bürger bzw. Wähler (sogenannte bürgerliche Interessen) interpretieren willst. Deswegen legst du am Wahlakt selbst eine saumäßig große Wertschätzung an den Tag.

    Herrschaftsprogramme sind ihrer Natur nach keine politischen Angebote an sogenannte „bürgerliche Interessen“ des Wählers. „Bürgerliche Interessen“ sind ein Konstrukt. Ausdruck einer besonderen Umgangsweise einer Schädigung des Bürgers, im Verhältnis zu einer grundsätzlichen Bedürftigkeit, die ihm zum Spielball des Zweck des Kapitals werden lassen. Deswegen steht bei einer Wahl auch immer grundsätzlich gar nichts zur Auswahl, außer die Ermächtigung des zukünftigen Herrschaftspersonals. Dass grundsätzlich Sachentscheidungen getroffen werden, wenn über Ermächtigungsprozesse des Herrschaftspersonals entschieden wird, ist der pure Schein. Dass es Kapitalisten, Marktwirtschaft, einen demokratischen Rechtstaat, Sozialstaat usw. geben muss, steht nämlich überhaupt nicht zur Debatte. Deswegen ist es von dir töricht, überhaupt einen demokratischen Wahlaktprozess zu einer Auswahl zwischen verschiedenen „nationalen Alternativen“ überhaupt hoch zu stilisieren. Wenn überhaupt werden politische Regulationsformen der besonderen Bedürftigkeit der Bürger, im Verhältnis zum Zweck der Kapitalakkumulation, ins Verhältnis gesetzt, und deren passgenaue Instrumentalisierung durch Herrschaftsakte politisch reguliert. Dass die Bedürftigkeit der Bürger nur als Manövriermasse des Kapitals in Betracht kommt steht in einer Wahl dagegen überhaupt nicht zur Debatte.

  180. hinweis
    30. September 2009, 13:57 | #180

    @star wars: Ich glaube, du führst schon wieder Selbstgespräche. Warum die theoretische Aussage „man solle das Wählen lieber lassen“ (praktisch) verkehrt ist, ist in dem thread mehrfach erklärt. Wir sind beide der Auffassung, dass wir uns da nicht einig werden, also lassen wir das doch einfach, es hat doch keinen Sinn so eine Debatte fortszusetzen.

    Du spinnst dir was zusammen, mehr kann man dazu nicht sagen.

  181. star wars
    30. September 2009, 14:17 | #181

    Was du erklärst ist eine moralische Handlungsanweisung. Aber weder verstehe ich mein Argument gegen demokratisches Wählen selbst als Handlungsanweisung noch habe ich dich je dazu aufgefordert nicht wählen gehen zu müssen. Also können wir diese Debatte gleich fallen lassen. Ich hab nämlich grundsätzlich keine Lust dazu eine Handlungsanweisung mit einem Argument gegen das wählen zu verwechseln.

  182. 9. November 2009, 08:50 | #182

    Nachtrag 1 zur Ursprungsfrage – Bemerkungen von Peter Decker:

    Volksabstimmungen lässt eine Staatsführung in dem Maß zu, in dem sie sich der korrekten Politisierung ihres Volkes sicher ist. (Da steht die Schweiz gefestigter da, als z.B. Deutschland, und dieses sicher gefestigter als Russland.) Außerdem sind die Themen , über die man abstimmen lässt, danach: Fragen der Sitte – da kann sich die Obrigkeit einerseits leicht zur Strenge verpflichten lassen; andererseits, siehe Homo-Ehe etc. sind die rein das Privatleben betreffenden Imperative der Moral auch wandelbar, ohne dass an Staat und Kapitalismus sich etwas ändern muss. Warum soll sich der Staat in Fragen des außer- und vorehelichen Geschlechtsverkehrs, der sexuellen Präferenzen, der Familie mit und ohne Trauschein mit der praktizierten Moralität des Volkes anlegen? Etwas ganz anderes ist es schon, wenn man das Volk z.B. über Steuern, die es zu zahlen hat, abstimmen lässt. Der kalifornische Staat laboriert daran gerade sehr. Und darüber, ob man Arbeitgebern das Entlassen erlauben oder verbieten soll, wird sowieso nirgendwo abgestimmt. Dass du da überhaupt eine echte Frage siehst, scheint mir von einem Missverständnis unserer Demokratiekritik zu kommen oder vielleicht von deiner, sagen wir, demokratie-affinen Vergangenheit: Man muss sich das Problem nicht machen, ob Volksabstimmungen nicht vielleicht an sich schon etwas Gutes wären. O.K., unsere Kritik der Demokratie legt Wert auf das Argument der Abtrennung dessen, was der Staat entscheidet, von dem, worüber die Bürger in der Wahl entscheiden dürfen, und betont, dass die Bürger in der Wahl mit ihrem prinzipiellen Ja zum Regiert-Werden ihre Inkompetenz in politischen Sachfragen mit unterschreiben, dennoch hat diese Kritik ihren Kern nicht darin, dass es in der „formalen“ bürgerlichen Demokratie keine echten Abstimmungen über Sachfragen gibt. Es ist anders: Die Staatsordnung stellt die Menschen unter die Herrschaft des Privateigentums; und erzwingt daher die Aneignung und Entwicklung von bürgerlichen Privatinteressen an Geld und Gelderwerb – auch bei denen, die kein wirkliches Eigentum besitzen. Sie sind gezwungen die ihnen präsentierten Existenzbedingungen als Chance, etwas für sich zu tun, zu ergreifen, und sehen sich mit ihren erzwungenen Privatinteressen auf den Staat als den großen Gewährer und Schutzherrn dieser Interessen verwiesen. Sie haben ein Interesse daran, in ihrem Sinn und zu ihrem Privatvorteil gut regiert zu werden. Darauf kann der Staat in fertigen bürgerlichen Verhältnissen bauen – auch wenn die Meinung darüber, was im eigenen Interesse gut regiert zu werden heißt, garantiert nie mit dem übereinstimmt, was die Obrigkeit im Sinne des nationalen kapitalistischen Gesamterfolgs für erforderlich hält. Diese Trennung der Regierten von der Ausübung der Macht über sie organisiert die freie Wahl immer wieder von neuem: Deren Abhängigkeit von und Interessiertheit an staatlichen Entscheidungen wird zu Mittel dafür gemacht, dass sie durch die Wahl von Repräsentanten ihrer Trennung von politischen Entscheidungen zustimmen. Auf dieselbe Politisierung, die der Staat in Wahlen abruft, setzt er auch in Volksabstimmungen.

  183. 9. November 2009, 08:51 | #183

    Nachtrag 2 zur Ursprungsfrage – Anwort der Genossen von ruthless criticism:

    1.
    In California, the proposition process is part of the normal functioning of politics. An “initiative” enables citizens to create amendments to the state constitution, thus to decide on specific laws. An initiative is placed on the ballot if it is approved by the Attorney General. According to the state of California website, the content of an initiative must be:

    “any matter that is a proper subject of legislation … no initiative addressing more than one subject area may be submitted to the voters or have any effect” http://www.dof.ca.gov/fisa/bag/Initiatives%20and%20Propositions.htm

    So a proposition comes up for vote because the state has given its permission. Initiatives which do not meet the state’s criteria are not eligible for a popular vote, regardless of how many signatures are collected or any other criteria.

    And when a proposition is approved by enough voters, it is the courts – i.e., the state itself – that then decide whether the law is constitutional. State or federal courts can fully or partially strike down passed initiatives if it is determined that the initiative in question is unconstitutional or violates other laws (this often happens if individuals or groups sue the state, contending that a law violates their rights, etc.). The state grants permission, and takes it away.

    This informs us about what one gets out of a proposition and what not. The duties of the offices and departments of government cannot be changed. The aims of politics, the national interest pursued by state power, and thus also the tasks to which the state dedicates itself, have been determined in advance and are not up for decision. The names of the various government departments betray their purposes: department of corrections (prisons), labor department, office of the budget, etc. In all these policy-making areas, the goals and objectives of the state are implemented in practice in the functions of these institutions. They implement what this society is about, and determine which political and economic interests are valid and which are invalid.

    This demonstrates that initiatives and the like do not give citizens power over the state, but only reconfirms and furnishes further proof of the opposite: they are subjected to the state power. The “rule of law” means that a state is accountable only to the constitution in its use of its power, and therefore does not depend on the consent of private individuals to the laws of the land. The same holds true for laws enacted by popular vote, which, if they are to be upheld, may not contradict the constitution. Constitutionality, i.e. the already established and fixed state purpose, ultimately decides whether or not a law is enacted or enforced. The purpose of the state, which the citizens are subjected to by force and which cannot be contradicted by any law, is never up for vote in a democracy.

    2.
    It is this state purpose which brings about the existence of a world of self-concerned private property owners, compelled to compete with each other in order to survive, and who are therefore always colliding with each other and finding limitations on their own freedom in the freedom of others. It is the state, and the competition it enacts in society by force, which brings about all the various collisions and conflicts of interest which become the subjects of propositions. And it is the state which decrees that the winner of these conflicts be determined by a popular vote amongst the competitors. The content of these propositions offer little reason to praise a government willing to concede so much decision-making power to its citizens, rather they betray the thoroughly antagonistic nature of the interests the state imposes on them.

    When adjustments to the organization of these antagonisms is voted upon, the conflict of interest in question is taken as a given. The purpose of the vote is not to find the reasons for the conflict and to see whether it can be alleviated or gotten rid of. It simply allows citizens to take sides in the conflict. Whichever side is found to be stronger then has its collective will enacted into law (provided the state obliges this). The conflict stills exists; voting on it doesn’t make it go away. But those good democratic citizens who voted and lost can console themselves with the fact that the democratic process has been respected, and their side could have won, after all.

    Of course, with this “yes” or “no,” all the various criteria and purposes which go into creating the conflict are not up for decision, and by taking sides one is objectively consenting to them. Citizens who vote for or against a proposition are not concerned with an explanation of the conflict of interests, the reasons for them and the means to get rid of them if possible. And if this were their concern, a correct explanation of the reasons for the never ending conflicts of competitive subjects in bourgeois society, of the purposes of the state, the law, and the citizens‘ subjection thereto, would certainly not lead them to the voting booth. What does lead them to the voting booth is their conviction that the various reasons for their discontent justify only one course of action – confirming the authority of a state power to manage the conflicts from which their own discontent emerges.

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