Bsi dato scheint der GegenStandpunkt seinen Leserbrief zum Artikel in der NN aus Anlaß seiner Veranstaltung zum letzten Krieg Israels im Gazastreifen nicht veröffentlicht zu haben. Weil ich den Hinweis erhalten habe „Den … kannst du selbstverständlich veröffentlichen“, bringe ich den nun wenigstens hier. Anders als der GegenStandpunkt offensichtlich meint, denke ich nämlich nicht, daß es was nützt, sich angesichts der besorgniserregenden Hetze im wesentlichen wegzuducken. Mag sein, daß auch so OB Maly sein Recht bekommt. Aber wenigstens dagegenhalten und richtig stellen, da wo es nötig ist, sollte man schon. Das wird ja nicht der einzige Angriff bleiben, so wie es ja auch nicht der erste war.
Leserbrief zum Artikel von Alexander Brock im Nürnbergteil der NN, S. 9 vom Samstag 14.2.09. mit der Überschrift: „Stadt bot Verfassungsfeinden ein Podium“, sowie dem Kommentar auf der folgenden Seite.
Wir, die Organisatoren der Diskussionsveranstaltung im Künstlerhaus am Donnerstag den 12.2. zum Krieg in Gaza, sehen uns durch Artikel und Kommentar von Alexander Brock in einer Weise verzeichnet und in die Nähe von Rechtsradikalen und Antisemiten gerückt, dass wir das doch zurechtrücken möchten.
Wir haben uns in keiner Weise gegen Juden als Menschen und als Religionsgemeinschaft geäußert. Die Kritik galt dem politischen Programm des Staates Israel – und zwar nicht etwa, weil wir diesen Staat besonders widerwärtig finden würden, sondern weil er ein Beispiel dafür abgibt, wie feindselig und gewalttätig die Aufteilung der Menschen in Nationen und Nationalstaaten ausfällt. Wir haben daran erinnert, dass die europäischen Juden in der furchtbarsten Weise Opfer des Nationalismus anderer Nationen, vor allem der deutschen, geworden sind. Wir haben die schlimme Lehre thematisiert, die die zionistische Bewegung aus der Ermordung der europäischen Juden gezogen hat: Als Opfer eines fremden Nationalismus fanden sie es richtig, eine machtvolle eigene Nation zu schaffen, die sich ihrerseits rücksichtslos und gewalttätig gegen fremde Ansprüche durchsetzen kann. Mit diesem Programm haben bewaffnete Verbände einen jüdischen Staat in einen längst besiedelten Raum hinein gepflanzt, die ansässige Bevölkerung verdrängt und die dort vorgefundenen Staaten amputiert. Als Reaktion auf seine Gründung und Expansion erlebt Israel, dass die palästinensische Bevölkerung – vertrieben, in Flüchtlingslager verbannt oder unter ausländischer Besatzung lebend – nun ebenfalls die zionistische Lektion lernt: Auch Palästinenser „brauchen“ einen machtvollen Nationalstaat, dessen Gründung natürlich ganz oder teilweise auf Kosten des israelischen Territoriums und Machtanspruchs gehen würde. So zeugt sich das Gift des Nationalismus fort und mündet in eine endlose Kette von Kriegen. Solange jedenfalls, wie die Menschheit nicht auf eine bessere Idee kommt, als sich in Form von sich abgrenzenden Völkern und Nationen zu organisieren.
In einer Welt der Nationen – so unser Flugblatt – sind Menschen „rechtlose Objekte fremder Macht, wenn sie nicht berechtigte Objekte einer einheimischen Staatsmacht sind“. Für dieses Privileg werden sie von ihrem Staat als seine lebendige Machtbasis in Anspruch genommen und, wo nötig, in den Kampf gegen konkurrierende Hoheitsansprüche geschickt. Für die Existenz des Staates wird die Existenz so mancher seiner Bürger geopfert. Israelis und Palästinenser töten und sterben, nicht etwa weil sie nicht miteinander leben könnten, sondern wegen der unverträglichen Staatsziele der nationalen Führungen, denen sie dienen.
Wir haben ferner die These vertreten, dass die heutige Fähigkeit Israels, mit enormer militärischer Überlegenheit seine Umgebung abzuschrecken und auf palästinensische Forderungen keine Rücksicht nehmen zu müssen, ihre Quelle nicht in den zionistischen Gründungsideen, sondern in der Funktion hat, die dieser Staat für die amerikanisch-westliche Kontrolle des Nahen Ostens erfüllt. Die imperialen Interessen der großen westlichen Mächte erlauben Israel seine Kompromisslosigkeit und liefern die dafür erforderliche militärische und finanzielle Ausstattung, – und die gewährt auch die Bundesrepublik nicht aus Scham über den Holocaust, sondern aus weltpolitischem Kalkül.
Solche Auffassungen passen nicht in die „Stadt der Menscherechte“, meint Alexander Brock in seinem Artikel und fordert von der Stadt, Veranstaltern wie uns Räume zu verweigern. Unliebsame Meinungen mundtot zu machen, findet er, passt nicht schlecht zur Stadt der Menschrechte.
Für die Redaktion der Zeitschrift Gegenstandpunkt
Dr. Peter Decker