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Mitschnitt zur Brecht-Veranstaltung in Wien verfügbar

4. Dezember 2008

Amelie Lanier hat im Rahmen ihrer Sendereihe VEKKS beim Wiener Radiosender Orange94.0 den Mitschnitt der Diskussionsveranstaltung von Gegenstandpunkt / Gegenargumente Wien zum Thema:
Bert Brecht: Vom geschmähten Kommunisten zum Dichter „deutscher Spitzenklasse”
Buchpräsentation mit Wendula Dahle und Wolfgang Leyerer (Universität Bremen)

online gestellt. Contradictio hat hier darauf hingewiesen.
Ich hatte ja zum Buch schon vor einer Weile hier die Frage gestellt: „Von Brecht und Wendula Dahle lernen?“ Vielleicht gibt der Mitschnitt dazu weitere Antworten.

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  1. 4. Dezember 2008, 15:30 | #1

    Ich habe mir den Mitschnitt noch nicht durchgängig angehört, aber selbst der erste kursorische Schnelldurchlauf meines MP3-Players hat leider wieder mal überhaupt keine Diskussion hören lassen (ehrlicherweise wird der Mitschnitt bei Vekks auch nur noch als „Doppelvortrag bzw. Conférence“ angekündigt).
    Was hat denn den Genossen in Wien so sehr die Sprache verschlagen, daß die zu buchstäblich keinem der zahlreichen von den beiden Buchpräsentanten angeschnittenen Themen und Fragen auch nur eine kleine Rückfrage oder gar einen Widerspruch für angebracht gehalten haben. Schließlich werden die doch vorher Gründe gewußt haben, warum man entweder mit W.Dahle und W.Leyerer oder über Brecht diskutieren wollte, schließlich sind die beiden und deren lockerer Umkreis wohl keine „Parteigenossen“ und nicht nur weil es im Augenblick keine Partei gibt.
    So ist z.B. der Aufruf um drei Ecken sich der kommunistischen Bewegung anzuschließen überhaupt nur als Verweis auf eine Stelle bei Brecht vorgekommen (Ende der Flüchtlingsgespräche). Brecht war sowas noch wichtig, wie Ernst es W.Dahle und W.Leyerer damit war oder ist, erschloß sich mir aus diesem Literatenabend nicht, von den sonstigen Anwesenden kann man erst Recht nichts dazu sagen.

  2. 4. Dezember 2008, 15:30 | #2

    Ich habe mir den Mitschnitt noch nicht durchgängig angehört, aber selbst der erste kursorische Schnelldurchlauf meines MP3-Players hat leider wieder mal überhaupt keine Diskussion hören lassen (ehrlicherweise wird der Mitschnitt bei Vekks auch nur noch als „Doppelvortrag bzw. Conférence“ angekündigt).
    Was hat denn den Genossen in Wien so sehr die Sprache verschlagen, daß die zu buchstäblich keinem der zahlreichen von den beiden Buchpräsentanten angeschnittenen Themen und Fragen auch nur eine kleine Rückfrage oder gar einen Widerspruch für angebracht gehalten haben. Schließlich werden die doch vorher Gründe gewußt haben, warum man entweder mit W.Dahle und W.Leyerer oder über Brecht diskutieren wollte, schließlich sind die beiden und deren lockerer Umkreis wohl keine „Parteigenossen“ und nicht nur weil es im Augenblick keine Partei gibt.
    So ist z.B. der Aufruf um drei Ecken sich der kommunistischen Bewegung anzuschließen überhaupt nur als Verweis auf eine Stelle bei Brecht vorgekommen (Ende der Flüchtlingsgespräche). Brecht war sowas noch wichtig, wie Ernst es W.Dahle und W.Leyerer damit war oder ist, erschloß sich mir aus diesem Literatenabend nicht, von den sonstigen Anwesenden kann man erst Recht nichts dazu sagen.

  3. 4. Dezember 2008, 17:15 | #3

    So ist z.B. der Aufruf um drei Ecken sich der kommunistischen Bewegung anzuschließen überhaupt nur als Verweis auf eine Stelle bei Brecht vorgekommen (Ende der Flüchtlingsgespräche). Brecht war sowas noch wichtig, wie Ernst es W.Dahle und W.Leyerer damit war oder ist, erschloß sich mir aus diesem Literatenabend nicht, von den sonstigen Anwesenden kann man erst Recht nichts dazu sagen.

    Wenn man an Brecht kein theoretisches Interesse hat, dann kann man die Literatenabende, die andere darüber veranstalten doch auch ignorieren (mache ich z.B. so). Ich mache den Literaten aber nicht mein Desinteresse über 5 Ecken zum Vorwurf, indem ich sage, die hätten vergessen eine Lanze für den Kommunismus zu brechen, oder was zur japanischen Geschichte zu sagen, was zu kochen, oder was auch immer.
    Wer einen Abend über Brecht macht, der redet, wenn aus dem Abend etwas werden soll auch über Brecht. Vernünftig macht er es dann, wenn er es schafft den Anspruch einzulösen Erklärungen zum jeweiligen Sachverhalt zu liefern. Und darin tut er auch was „Kommunistisches“ – er wendet seinen Verstand mit dem Anspruch der Erklärung und nachfolgender begründeter Stellung dazu auf ein gesellschaftliches Phänomen.

  4. 4. Dezember 2008, 17:15 | #4

    So ist z.B. der Aufruf um drei Ecken sich der kommunistischen Bewegung anzuschließen überhaupt nur als Verweis auf eine Stelle bei Brecht vorgekommen (Ende der Flüchtlingsgespräche). Brecht war sowas noch wichtig, wie Ernst es W.Dahle und W.Leyerer damit war oder ist, erschloß sich mir aus diesem Literatenabend nicht, von den sonstigen Anwesenden kann man erst Recht nichts dazu sagen.

    Wenn man an Brecht kein theoretisches Interesse hat, dann kann man die Literatenabende, die andere darüber veranstalten doch auch ignorieren (mache ich z.B. so). Ich mache den Literaten aber nicht mein Desinteresse über 5 Ecken zum Vorwurf, indem ich sage, die hätten vergessen eine Lanze für den Kommunismus zu brechen, oder was zur japanischen Geschichte zu sagen, was zu kochen, oder was auch immer.
    Wer einen Abend über Brecht macht, der redet, wenn aus dem Abend etwas werden soll auch über Brecht. Vernünftig macht er es dann, wenn er es schafft den Anspruch einzulösen Erklärungen zum jeweiligen Sachverhalt zu liefern. Und darin tut er auch was „Kommunistisches“ – er wendet seinen Verstand mit dem Anspruch der Erklärung und nachfolgender begründeter Stellung dazu auf ein gesellschaftliches Phänomen.

  5. 4. Dezember 2008, 17:31 | #5

    libelle, da schüttest du das Kind Brecht aber mit dem meiner Ansicht nach doch nur sehr lauwarmen Bade von Dahle Co. aus. Denn Brecht ist doch schon von seinem Selbstverständnis und auch von der Interpretation der Bremer Brecht-Projektler nicht ein ein x-beliebiger Schreiberling, denn man sich eben aussuchen muß, wenn man an der Uni einen Schein braucht. Der wollte doch Kommunist sein und – wie verquer auch immer, siehe sein Manifest-Projekt – mit seinen Sachen argumentativ für den Kommunismus werben/überzeugen. So hat W. Dahle deshalb auch erst mal zu Recht ihren Monolog über Brecht angefangen. Und wie du weißt, kann man darüber, welche Sorte von Kommunist Bert Brecht war, sich sehr wohl streiten. Ich habe selber deshalb ja schon zur Brecht/Dahle-Version am Aufhänger spanischer Bürgerkrieg was geschrieben.
    Wenn du sagst „Vernünftig macht er es dann, wenn er es schafft den Anspruch einzulösen Erklärungen zum jeweiligen Sachverhalt zu liefern. Und darin tut er auch was “Kommunistisches” – er wendet seinen Verstand mit dem Anspruch der Erklärung und nachfolgender begründeter Stellung dazu auf ein gesellschaftliches Phänomen“, dann geht Brecht ja noch weiter: In seinem Galilei vertritt er die These, das schon die pure Naturwissenschaft der Weg zur Gesellschaftskritik sein könnte: Wer erst einmal durch die frisch erfundenen Teleskope die Gestirne erkannt habe, der könne/solle/ werde doch wohl auch mit gleichem scharfem Blick auf den Feudalismus (oder heute eben Kapitalismus) schauen. Das jedenfalls zitierte W. Dahle zu Beginn, ich glaube aber sich inhaltlich dann doch davon absetzend. (Ich habe den Mitschnitt, wie gesagt, bisher noch nicht angehört, sondern nur überflogen.)

  6. 4. Dezember 2008, 17:31 | #6

    libelle, da schüttest du das Kind Brecht aber mit dem meiner Ansicht nach doch nur sehr lauwarmen Bade von Dahle Co. aus. Denn Brecht ist doch schon von seinem Selbstverständnis und auch von der Interpretation der Bremer Brecht-Projektler nicht ein ein x-beliebiger Schreiberling, denn man sich eben aussuchen muß, wenn man an der Uni einen Schein braucht. Der wollte doch Kommunist sein und – wie verquer auch immer, siehe sein Manifest-Projekt – mit seinen Sachen argumentativ für den Kommunismus werben/überzeugen. So hat W. Dahle deshalb auch erst mal zu Recht ihren Monolog über Brecht angefangen. Und wie du weißt, kann man darüber, welche Sorte von Kommunist Bert Brecht war, sich sehr wohl streiten. Ich habe selber deshalb ja schon zur Brecht/Dahle-Version am Aufhänger spanischer Bürgerkrieg was geschrieben.
    Wenn du sagst „Vernünftig macht er es dann, wenn er es schafft den Anspruch einzulösen Erklärungen zum jeweiligen Sachverhalt zu liefern. Und darin tut er auch was “Kommunistisches” – er wendet seinen Verstand mit dem Anspruch der Erklärung und nachfolgender begründeter Stellung dazu auf ein gesellschaftliches Phänomen“, dann geht Brecht ja noch weiter: In seinem Galilei vertritt er die These, das schon die pure Naturwissenschaft der Weg zur Gesellschaftskritik sein könnte: Wer erst einmal durch die frisch erfundenen Teleskope die Gestirne erkannt habe, der könne/solle/ werde doch wohl auch mit gleichem scharfem Blick auf den Feudalismus (oder heute eben Kapitalismus) schauen. Das jedenfalls zitierte W. Dahle zu Beginn, ich glaube aber sich inhaltlich dann doch davon absetzend. (Ich habe den Mitschnitt, wie gesagt, bisher noch nicht angehört, sondern nur überflogen.)

  7. 4. Dezember 2008, 17:38 | #7

    Ja, dann erklärt man eben, was Brecht gedacht hat und weiß darin um die Notwendigkeit seiner Werke. Von mir aus kennt Dahle auch ein paar Gründe, warum es ein Interesse an Brecht gibt (Literaturstudenten brauchen Scheine).
    Und bzgl Gallilei bin ich mir vielleicht mit Brecht einig (nicht in seiner Bedingungslogik – aus Himmelserklärung folgt nicht mit Notwendigkeit Gesellschaftskritik – aber in dem grundsätzlichen Anspruch einer wissenschaftlichen Stellung zur Welt) – keine Ahnung – aber ich brauche kein Theaterstück, um mir das zu erklären, weshalb ich Brecht mit dem heißen Bad in den Lokus der Ignoranz befördere.

  8. 4. Dezember 2008, 17:38 | #8

    Ja, dann erklärt man eben, was Brecht gedacht hat und weiß darin um die Notwendigkeit seiner Werke. Von mir aus kennt Dahle auch ein paar Gründe, warum es ein Interesse an Brecht gibt (Literaturstudenten brauchen Scheine).
    Und bzgl Gallilei bin ich mir vielleicht mit Brecht einig (nicht in seiner Bedingungslogik – aus Himmelserklärung folgt nicht mit Notwendigkeit Gesellschaftskritik – aber in dem grundsätzlichen Anspruch einer wissenschaftlichen Stellung zur Welt) – keine Ahnung – aber ich brauche kein Theaterstück, um mir das zu erklären, weshalb ich Brecht mit dem heißen Bad in den Lokus der Ignoranz befördere.

  9. 4. Dezember 2008, 17:46 | #9

    Na libelle, selbst Dahle kennt schon noch einen anderen Grund, warum sich Leute für Brecht interessieren und ihrer vagen Ansicht nach auch für ihn interessieren bzw. genauer noch von ihm überzeugen lassen sollten. Weil der eben kein Thomas Mann oder Franz Kafka war, der mit irgendeiner inneren „Notwendigkeit“ Kunst produziert hat, sondern weil der ganz offensichtlich Kommunist sein wollte/war, das ist doch nichts in sein Zeugs Reinprojeziertes, sondern eindeutig von dem so geschrieben worden (Leyerer geht auf dieses typische Problem des Kunstverständnisses kurz ein). Und in vielem doch eindeutig politische und manchmal sogar zutreffende Argumente vorgetragen hat. Der Verweis von Dahle auf die Kritik am Nationalismus, wie sie Brecht in den Flüchtlingsgesprächen vorträgt (die kann man übrigens wirklich noch als suhrkamp taschenbuch einzeln kaufen, wessen W. Dahle als Fachfrau sich eigenartigerweise nicht sicher war), der ist doch vernünftig.

  10. 4. Dezember 2008, 17:46 | #10

    Na libelle, selbst Dahle kennt schon noch einen anderen Grund, warum sich Leute für Brecht interessieren und ihrer vagen Ansicht nach auch für ihn interessieren bzw. genauer noch von ihm überzeugen lassen sollten. Weil der eben kein Thomas Mann oder Franz Kafka war, der mit irgendeiner inneren „Notwendigkeit“ Kunst produziert hat, sondern weil der ganz offensichtlich Kommunist sein wollte/war, das ist doch nichts in sein Zeugs Reinprojeziertes, sondern eindeutig von dem so geschrieben worden (Leyerer geht auf dieses typische Problem des Kunstverständnisses kurz ein). Und in vielem doch eindeutig politische und manchmal sogar zutreffende Argumente vorgetragen hat. Der Verweis von Dahle auf die Kritik am Nationalismus, wie sie Brecht in den Flüchtlingsgesprächen vorträgt (die kann man übrigens wirklich noch als suhrkamp taschenbuch einzeln kaufen, wessen W. Dahle als Fachfrau sich eigenartigerweise nicht sicher war), der ist doch vernünftig.

  11. 4. Dezember 2008, 18:38 | #11

    Ja, also ich gehe nicht ins Theater (und ich gehe da wirklich ab & an gern hin), um mich von irgendwas überzeugen zu lassen, sondern da gehts wie im Kino um eine stimmige Geschichte, die man im günstigen Fall mit Genuss verfolgt, um ein gutes Bühnenbild, um ein paar Witze der Schauspieler, um Kostüme, darum, diesen Rufsprech der Schauspieler zu hören, wie sie versuchen Gefühl zu gestikulieren, um die Akustik des Raumes etc.. Dabei kann, ja muss ich sogar von geradezu widerlichen Einsichten abstrahieren, die in den Geschichten vorkommen (manchmal wenigstens).
    Ich habe auch schon ein paar Brecht Stücke gesehen, aber sein Verhältnis zu den Stücken ist eben nicht mehr als das des Drehbuchautors zum Film. Den entscheidenden Genuss am Theater macht der Regisseur und die Schauspieler.
    Es ist einfach lächerlich sich hinzustellen und zu versuchen von einem Theaterstück (z.B. Gallilei) zu lernen. Der Standpunkt ist ein Fehler, auch wenn das Resultat nicht ausgeschlossen ist. Genauso könnte man versuchen rückwärts verstehendes Lesen zu lernen.

  12. 4. Dezember 2008, 18:38 | #12

    Ja, also ich gehe nicht ins Theater (und ich gehe da wirklich ab & an gern hin), um mich von irgendwas überzeugen zu lassen, sondern da gehts wie im Kino um eine stimmige Geschichte, die man im günstigen Fall mit Genuss verfolgt, um ein gutes Bühnenbild, um ein paar Witze der Schauspieler, um Kostüme, darum, diesen Rufsprech der Schauspieler zu hören, wie sie versuchen Gefühl zu gestikulieren, um die Akustik des Raumes etc.. Dabei kann, ja muss ich sogar von geradezu widerlichen Einsichten abstrahieren, die in den Geschichten vorkommen (manchmal wenigstens).
    Ich habe auch schon ein paar Brecht Stücke gesehen, aber sein Verhältnis zu den Stücken ist eben nicht mehr als das des Drehbuchautors zum Film. Den entscheidenden Genuss am Theater macht der Regisseur und die Schauspieler.
    Es ist einfach lächerlich sich hinzustellen und zu versuchen von einem Theaterstück (z.B. Gallilei) zu lernen. Der Standpunkt ist ein Fehler, auch wenn das Resultat nicht ausgeschlossen ist. Genauso könnte man versuchen rückwärts verstehendes Lesen zu lernen.

  13. W.
    4. Dezember 2008, 18:55 | #13

    „der erste kursorische Schnelldurchlauf meines MP3-Players hat leider wieder mal überhaupt keine Diskussion hören lassen“
    Teil 2 runtergeladen?

  14. W.
    4. Dezember 2008, 18:55 | #14

    „der erste kursorische Schnelldurchlauf meines MP3-Players hat leider wieder mal überhaupt keine Diskussion hören lassen“
    Teil 2 runtergeladen?

  15. 4. Dezember 2008, 19:19 | #15

    Ja, natürlich, wenn du es besser weißt, wäre es übrigens nett gewesen, die Stelle anzugeben, wo es endlich losgeht.

  16. 4. Dezember 2008, 19:19 | #16

    Ja, natürlich, wenn du es besser weißt, wäre es übrigens nett gewesen, die Stelle anzugeben, wo es endlich losgeht.

  17. W.
    4. Dezember 2008, 20:26 | #17

    Im 2. Teil melden sich in der ersten 1/2 Std. auch andere zu Wort und ab da gibt’s ein paar Entgegnungen über Brechts Stellung zur Moral (30:38) – ausladende Politdebatten anlässlich eines literarischen Duetts habe ich allerdings auch nicht erwartet. Dass der Brecht sich als Kommunist verstanden hat, mag für die Referenten eine Gelegenheit sein ein paar Argumente loszuwerden, aber dass die via Literaturbesprechung kommunistische Kritik streuen wollen, deckt sich bei solchen Literaturveranstaltungen selten mit dem Erkenntnisinteresse des Auditoriums.

  18. W.
    4. Dezember 2008, 20:26 | #18

    Im 2. Teil melden sich in der ersten 1/2 Std. auch andere zu Wort und ab da gibt’s ein paar Entgegnungen über Brechts Stellung zur Moral (30:38) – ausladende Politdebatten anlässlich eines literarischen Duetts habe ich allerdings auch nicht erwartet. Dass der Brecht sich als Kommunist verstanden hat, mag für die Referenten eine Gelegenheit sein ein paar Argumente loszuwerden, aber dass die via Literaturbesprechung kommunistische Kritik streuen wollen, deckt sich bei solchen Literaturveranstaltungen selten mit dem Erkenntnisinteresse des Auditoriums.

  19. 4. Dezember 2008, 22:23 | #19

    zu W’s „ausladende Politdebatten anlässlich eines literarischen Duetts habe ich allerdings auch nicht erwartet“

    Ich schon: Da hat doch nicht ein Literaten-Zirkel „zu solchen Literaturveranstaltungen“, sondern eine kommunistische Gruppe explizit zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen. Und nicht irgendeinen „Brecht-Kenner“, sondern zwei vergleichsweise linke Buchmacher mit gerüttelt MG-Kenntnissen, denen viel daran liegt, Bert Brecht als Kommunisten gegen die bekannten Schmähungen zu verteidigen. So handeln einzelne Kapitel des Buches immerhin vom Antinationalismus von Brecht, von Brechts Kriegsfibel und einem seiner kontroversesten politischen Stücke, dem Lehrstück „Die Maßnahme“. Sie wenden sich explizit gegen z.B. Reich-Ranicki, „der in Brecht nur einen lustig-listigen Spaßvogel sehen möchte. Es sei ihm nie „ganz ernst gewesen“ mit seiner Kritik am Kapitalismus … Würde man Reich-Ranickis Auffassung folgen, könnte man Brechts politische Aussagen ruhig außer Acht lassen. Angebliche oder tatsächliche Widersprüche des (politischen) Dichers B. Brecht wären so gelöst“. Es wäre also beileibe nicht abwegig gewesen, über Brecht den „Krypto-Stalinisten“ ein paar Worte zu verlieren. Jedenfalls von denen, denen es um den Kommunisten Brecht und nicht um den zu ehrenden Dichter geht. Ins Theater mag dann immer noch gehen, wer mag.

  20. 4. Dezember 2008, 22:23 | #20

    zu W’s „ausladende Politdebatten anlässlich eines literarischen Duetts habe ich allerdings auch nicht erwartet“

    Ich schon: Da hat doch nicht ein Literaten-Zirkel „zu solchen Literaturveranstaltungen“, sondern eine kommunistische Gruppe explizit zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen. Und nicht irgendeinen „Brecht-Kenner“, sondern zwei vergleichsweise linke Buchmacher mit gerüttelt MG-Kenntnissen, denen viel daran liegt, Bert Brecht als Kommunisten gegen die bekannten Schmähungen zu verteidigen. So handeln einzelne Kapitel des Buches immerhin vom Antinationalismus von Brecht, von Brechts Kriegsfibel und einem seiner kontroversesten politischen Stücke, dem Lehrstück „Die Maßnahme“. Sie wenden sich explizit gegen z.B. Reich-Ranicki, „der in Brecht nur einen lustig-listigen Spaßvogel sehen möchte. Es sei ihm nie „ganz ernst gewesen“ mit seiner Kritik am Kapitalismus … Würde man Reich-Ranickis Auffassung folgen, könnte man Brechts politische Aussagen ruhig außer Acht lassen. Angebliche oder tatsächliche Widersprüche des (politischen) Dichers B. Brecht wären so gelöst“. Es wäre also beileibe nicht abwegig gewesen, über Brecht den „Krypto-Stalinisten“ ein paar Worte zu verlieren. Jedenfalls von denen, denen es um den Kommunisten Brecht und nicht um den zu ehrenden Dichter geht. Ins Theater mag dann immer noch gehen, wer mag.

  21. W.
    5. Dezember 2008, 14:46 | #21

    In der Besprechung der „Maßnahme” wird auch der Stalinismusvorwurf auseinander genommen, aber ich habe jetzt erstmalig Gelegenheit, mich auf eine richtige Bemerkung von libelle berufen zu können – das lass ich mir nicht entgehen:
    „Genauso könnte man versuchen rückwärts verstehendes Lesen zu lernen.“
    Für einige mag es ein Genuss sein, für andere lehrreich oder gar beides. Eine Veranstaltung über Stalinismus, Nationalismus oder Moral lässt sich klüger planen als ausgerechnet mit einem Dichter auf der Fahne, dessen Dichtertum man erst lang und breit dementieren muss.

  22. W.
    5. Dezember 2008, 14:46 | #22

    In der Besprechung der „Maßnahme” wird auch der Stalinismusvorwurf auseinander genommen, aber ich habe jetzt erstmalig Gelegenheit, mich auf eine richtige Bemerkung von libelle berufen zu können – das lass ich mir nicht entgehen:
    „Genauso könnte man versuchen rückwärts verstehendes Lesen zu lernen.“
    Für einige mag es ein Genuss sein, für andere lehrreich oder gar beides. Eine Veranstaltung über Stalinismus, Nationalismus oder Moral lässt sich klüger planen als ausgerechnet mit einem Dichter auf der Fahne, dessen Dichtertum man erst lang und breit dementieren muss.

  23. Krim
    5. Dezember 2008, 18:02 | #23

    Das ist doch ein dummer Massstab, der Verstaltung vorzuwerfen, sie sein keine über „Stalinismus, Nationalismus oder Moral“. Es ging da schon um Brecht und wen das nicht interessiert, der soll die Klappe halten, aber sie nicht als ungeschickte Methode kritisieren was richtiges über Moral loszuwerden. Im übrigen ist Brecht natürlich ein Dichter, bloß halt kein bürgerlicher.

  24. Krim
    5. Dezember 2008, 18:02 | #24

    Das ist doch ein dummer Massstab, der Verstaltung vorzuwerfen, sie sein keine über „Stalinismus, Nationalismus oder Moral“. Es ging da schon um Brecht und wen das nicht interessiert, der soll die Klappe halten, aber sie nicht als ungeschickte Methode kritisieren was richtiges über Moral loszuwerden. Im übrigen ist Brecht natürlich ein Dichter, bloß halt kein bürgerlicher.

  25. 5. Dezember 2008, 18:18 | #25

    Ich hoffe mal Dahle hat einfach über Brecht geredet – was hat er gemacht, warum hat er was geschrieben, an welchen Konflikten hat er sich wie falsch oder richtig abgearbeitet. Wenn sie das gemacht hat, dann war der Vortrag doch in Ordnung (auch wenn er mich dann immer noch nicht interessiert – ich lese ja auch keinen Lebenslauf von Steven Spielberg, nur weil er ein paar gute Filme gemacht hat)
    Dass man ständig über Stalinismus und Nationalismus reden muss, selbst wenn man über Brecht redet leuchtet mir auch nicht ein.
    p.s. Da ich natürlich vor ganz langer Zeit doch mal einen Lebenslauf von Brecht gelesen habe, kann ich auch was wirklich lustiges aus seinem Leben zum besten geben: Er hat in der Latein (oder war es Griechisch) Prüfung darüber beschissen, dass er nach Rückgabe der Prüfung zusätzliche Fehler in seiner Arbeit angestrichen hat und dann zum Lehrer gegangen ist und sich darüber beschwert hat, dass die Sachen, die er angestrichen hat doch unmöglich falsch sein können. Da der Lehrer die (anscheinend zahlreichen) Fehler nach Rücknahme seiner Fehlkorrektur nicht mehr nachgezählt hat, hat Brecht eine bessere Note bekommen.

  26. 5. Dezember 2008, 18:18 | #26

    Ich hoffe mal Dahle hat einfach über Brecht geredet – was hat er gemacht, warum hat er was geschrieben, an welchen Konflikten hat er sich wie falsch oder richtig abgearbeitet. Wenn sie das gemacht hat, dann war der Vortrag doch in Ordnung (auch wenn er mich dann immer noch nicht interessiert – ich lese ja auch keinen Lebenslauf von Steven Spielberg, nur weil er ein paar gute Filme gemacht hat)
    Dass man ständig über Stalinismus und Nationalismus reden muss, selbst wenn man über Brecht redet leuchtet mir auch nicht ein.
    p.s. Da ich natürlich vor ganz langer Zeit doch mal einen Lebenslauf von Brecht gelesen habe, kann ich auch was wirklich lustiges aus seinem Leben zum besten geben: Er hat in der Latein (oder war es Griechisch) Prüfung darüber beschissen, dass er nach Rückgabe der Prüfung zusätzliche Fehler in seiner Arbeit angestrichen hat und dann zum Lehrer gegangen ist und sich darüber beschwert hat, dass die Sachen, die er angestrichen hat doch unmöglich falsch sein können. Da der Lehrer die (anscheinend zahlreichen) Fehler nach Rücknahme seiner Fehlkorrektur nicht mehr nachgezählt hat, hat Brecht eine bessere Note bekommen.

  27. W.
    5. Dezember 2008, 18:37 | #27

    @Krim
    Du hast meine Entgegnung gegenüber Neos Eingangsbeitrag missverstanden. Die von Neo vermisste Debatte über besagte Themen ist von den Initiatoren durchaus beabsichtigt, aber wenn wegen des Dichters gestritten wird, muss man sich über die Themengliederung und darauf sich beziehende „Gespräche“ nicht so sehr wundern.

  28. W.
    5. Dezember 2008, 18:37 | #28

    @Krim
    Du hast meine Entgegnung gegenüber Neos Eingangsbeitrag missverstanden. Die von Neo vermisste Debatte über besagte Themen ist von den Initiatoren durchaus beabsichtigt, aber wenn wegen des Dichters gestritten wird, muss man sich über die Themengliederung und darauf sich beziehende „Gespräche“ nicht so sehr wundern.

  29. 5. Dezember 2008, 18:41 | #29

    Ihr habt mich überzeugt. Jetzt bin ich darob geneigt, den „Salonbolschewisten“ vom GSP Wien vorzuschlagen, doch auch noch eine Ausstellungsreihe über „revolutionäre Malerei“ nachzuschieben oder wenigstens noch eine „Diskussionsveranstaltung“ über Elfriede Jelinek zu machen. Man muß wirklich nicht „ständig über Stalinismus und Nationalismus“ reden, das beweist jedes bessere Feuilleton jede Woche aus Neue.

  30. 5. Dezember 2008, 18:41 | #30

    Ihr habt mich überzeugt. Jetzt bin ich darob geneigt, den „Salonbolschewisten“ vom GSP Wien vorzuschlagen, doch auch noch eine Ausstellungsreihe über „revolutionäre Malerei“ nachzuschieben oder wenigstens noch eine „Diskussionsveranstaltung“ über Elfriede Jelinek zu machen. Man muß wirklich nicht „ständig über Stalinismus und Nationalismus“ reden, das beweist jedes bessere Feuilleton jede Woche aus Neue.

  31. Krim
    5. Dezember 2008, 19:30 | #31

    „…aber wenn wegen des Dichters gestritten wird, muss man sich über die Themengliederung und darauf sich beziehende “Gespräche” nicht so sehr wundern.“
    Versteh ich nicht!

  32. Krim
    5. Dezember 2008, 19:30 | #32

    „…aber wenn wegen des Dichters gestritten wird, muss man sich über die Themengliederung und darauf sich beziehende “Gespräche” nicht so sehr wundern.“
    Versteh ich nicht!

  33. 5. Dezember 2008, 20:56 | #33

    Also ich habe mir den Vortrag jetzt doch mal angetan. Er hat 3 Themen:
    – Die Kunstauffassung von Brecht
    – Der Gebrauchswert von Brecht für die heutige Gesellschaft (wie vereinnahmen sie ihn als kapitalismuskritischen Künstler)
    – Der Inhalt seiner Stücke (kaukas. Kreidekreis, seine Auffassung über Moral, sein fehlendes Klärungsinteresse)
    Der Vortrag ist also keiner über Nationalismus und Moral o.ä., sondern einer über Brecht, der freilich an den Stellen, wo Brecht diese Sachen thematisiert auf die entsprechenden Inhalte eingeht.
    Ob die einzelnen Feststellungen zutreffen ist eine andere Frage – die beiden Referenten missbrauchen Brecht aber nicht (wie z.B. die Leute, die ihn heute vereinnahmen).

  34. 5. Dezember 2008, 20:56 | #34

    Also ich habe mir den Vortrag jetzt doch mal angetan. Er hat 3 Themen:
    – Die Kunstauffassung von Brecht
    – Der Gebrauchswert von Brecht für die heutige Gesellschaft (wie vereinnahmen sie ihn als kapitalismuskritischen Künstler)
    – Der Inhalt seiner Stücke (kaukas. Kreidekreis, seine Auffassung über Moral, sein fehlendes Klärungsinteresse)
    Der Vortrag ist also keiner über Nationalismus und Moral o.ä., sondern einer über Brecht, der freilich an den Stellen, wo Brecht diese Sachen thematisiert auf die entsprechenden Inhalte eingeht.
    Ob die einzelnen Feststellungen zutreffen ist eine andere Frage – die beiden Referenten missbrauchen Brecht aber nicht (wie z.B. die Leute, die ihn heute vereinnahmen).

  35. W.
    5. Dezember 2008, 21:08 | #35

    „Was hat denn den Genossen in Wien so sehr die Sprache verschlagen, daß die zu buchstäblich keinem der zahlreichen von den beiden Buchpräsentanten angeschnittenen Themen und Fragen auch nur eine kleine Rückfrage oder gar einen Widerspruch für angebracht gehalten haben.“
    Wenn man mal weglässt, dass Neo das, worüber er redet, sich nicht angehört hat (es gab nämlich Rückfragen und sogar ein wenig Auseinandersetzung), bleibt das Erstaunen über ausbleibende Debatten, die sich Neo gewünscht hätte (über Stalinismus usw.). Nun war das zwar keine Dichterlesung, aber dass von anderer Stelle Widerspruch hätte kommen sollen, macht Neo an einer Stadt fest, in der „Genossen“ vermutet werden.
    Wofür
    „wohl keine “Parteigenossen”“
    steht, will ich erst gar nicht mutmaßen.

  36. W.
    5. Dezember 2008, 21:08 | #36

    „Was hat denn den Genossen in Wien so sehr die Sprache verschlagen, daß die zu buchstäblich keinem der zahlreichen von den beiden Buchpräsentanten angeschnittenen Themen und Fragen auch nur eine kleine Rückfrage oder gar einen Widerspruch für angebracht gehalten haben.“
    Wenn man mal weglässt, dass Neo das, worüber er redet, sich nicht angehört hat (es gab nämlich Rückfragen und sogar ein wenig Auseinandersetzung), bleibt das Erstaunen über ausbleibende Debatten, die sich Neo gewünscht hätte (über Stalinismus usw.). Nun war das zwar keine Dichterlesung, aber dass von anderer Stelle Widerspruch hätte kommen sollen, macht Neo an einer Stadt fest, in der „Genossen“ vermutet werden.
    Wofür
    „wohl keine “Parteigenossen”“
    steht, will ich erst gar nicht mutmaßen.

  37. 5. Dezember 2008, 21:26 | #37

    Es stimmt, ich habe bisher noch nicht die Zeit gefunden, mir den Mitschnitt genauer als nur im buchstäblichen Schnelldurchgang anzuhören. Libelle, die es offensichtlich schon getan hat, hat dankenswerterweise wenigstens so eine Art Gliederung geliefert. Von daher ist von Anfang an offensichtlich, daß meine erst enttäuschte Reaktion nichts endgültig Fundiertes war.
    Inhaltlich möchte ich schon betonen, daß es da um zweierlei hätte gehen können: einerseits um Brecht (und da muß man sich gerade bei ihm schon mühen, den Künstler vom Kommunisten abzutrennen) und andererseits um die Dahle-Truppe, die ja immerhin schon ein Buch vorgelegt haben mit ihren Mitteilungen zu Brecht und seiner Rezeption.
    Zur Beziehung dieser Bremer Medien-Projekt-Leute zur früheren Marxistischen Gruppe bzw. dem heutigen GegenStandpunkt kann ich nur berichten, was ich von GegenStandpunktlern zu diesem Punkt gehört habe: Wendula Dahle hat ungefähr solange in Bremen einen Unijob gehabt wie Freerk Huisken. Wie man dem Buch entnehmen kann, sind Dahle et. al. die grundlegenden Aufassungen des GegenStandpunkts soweit bekannt und stoßen nicht auf Widerspruch, daß sie es für wichtig gehalten haben, in ihrem Buch darauf zu verweisen. So sonderlich viel politisch näher gekommen zu sein scheinen die Projekt-Leute den Leuten, die den GegenStandpunkt unterstützen oder für ihn schreiben wie Freerk, aber wohl nicht.

  38. 5. Dezember 2008, 21:26 | #38

    Es stimmt, ich habe bisher noch nicht die Zeit gefunden, mir den Mitschnitt genauer als nur im buchstäblichen Schnelldurchgang anzuhören. Libelle, die es offensichtlich schon getan hat, hat dankenswerterweise wenigstens so eine Art Gliederung geliefert. Von daher ist von Anfang an offensichtlich, daß meine erst enttäuschte Reaktion nichts endgültig Fundiertes war.
    Inhaltlich möchte ich schon betonen, daß es da um zweierlei hätte gehen können: einerseits um Brecht (und da muß man sich gerade bei ihm schon mühen, den Künstler vom Kommunisten abzutrennen) und andererseits um die Dahle-Truppe, die ja immerhin schon ein Buch vorgelegt haben mit ihren Mitteilungen zu Brecht und seiner Rezeption.
    Zur Beziehung dieser Bremer Medien-Projekt-Leute zur früheren Marxistischen Gruppe bzw. dem heutigen GegenStandpunkt kann ich nur berichten, was ich von GegenStandpunktlern zu diesem Punkt gehört habe: Wendula Dahle hat ungefähr solange in Bremen einen Unijob gehabt wie Freerk Huisken. Wie man dem Buch entnehmen kann, sind Dahle et. al. die grundlegenden Aufassungen des GegenStandpunkts soweit bekannt und stoßen nicht auf Widerspruch, daß sie es für wichtig gehalten haben, in ihrem Buch darauf zu verweisen. So sonderlich viel politisch näher gekommen zu sein scheinen die Projekt-Leute den Leuten, die den GegenStandpunkt unterstützen oder für ihn schreiben wie Freerk, aber wohl nicht.

  39. 5. Dezember 2008, 21:39 | #39

    @Neoprene – Es ist doch egal wer mit wem und wer wo wie lange gearbeitet hat. Die entsprechenden Passagen würde ich zensieren, auch wenn sie von mir wären.
    Die haben ein Buch geschrieben, über das man reden kann (aber nicht muss). Ich halte W.’s Idee für verkehrt, dass es den Referenten um Brecht als Mittel der Initialisierung einer Diskussion über Nationalismus o.ä. gegangen ist – die haben wirklich eine Theorie über Brecht gemacht und die oben angesprochenen Punkte versucht zu klären. Da findet wirklich Interpretation von Brechts Stücken statt (die würdige Großmutter etc..), die aber da Brecht nun mal nicht aufgeschrieben hat, was er will den Nachteil hat Interpretation bleiben zu müssen. Und an solchen Stellen gerät das Bedürfnis sich mit Brecht wissenschaftlich zu befassen mit sich selbst in Widerspruch. Interpretieren ist eben was anderes als zu wissen, was Brecht mit den Texten wollte. Letzteres spricht ein bßchen gegen wissenschaftliche Befassung mit Brecht, Schiller oder wem auch immer.

  40. 5. Dezember 2008, 21:39 | #40

    @Neoprene – Es ist doch egal wer mit wem und wer wo wie lange gearbeitet hat. Die entsprechenden Passagen würde ich zensieren, auch wenn sie von mir wären.
    Die haben ein Buch geschrieben, über das man reden kann (aber nicht muss). Ich halte W.’s Idee für verkehrt, dass es den Referenten um Brecht als Mittel der Initialisierung einer Diskussion über Nationalismus o.ä. gegangen ist – die haben wirklich eine Theorie über Brecht gemacht und die oben angesprochenen Punkte versucht zu klären. Da findet wirklich Interpretation von Brechts Stücken statt (die würdige Großmutter etc..), die aber da Brecht nun mal nicht aufgeschrieben hat, was er will den Nachteil hat Interpretation bleiben zu müssen. Und an solchen Stellen gerät das Bedürfnis sich mit Brecht wissenschaftlich zu befassen mit sich selbst in Widerspruch. Interpretieren ist eben was anderes als zu wissen, was Brecht mit den Texten wollte. Letzteres spricht ein bßchen gegen wissenschaftliche Befassung mit Brecht, Schiller oder wem auch immer.

  41. 5. Dezember 2008, 21:52 | #41

    Soweit ich mir W. Leyerers einführende Worte angehört habe, ist der explizit dagegen aufgetreten, daß man Brechts Stücken, Gedichten etc. nicht mit Bestimmtheit entnehmen könne, was der gewollt hat. Er wandte sich explizit gegen eine Interpretation, die nur die eigenen Vorstellungen aus den Kunstwerke „rausliest“, weil sie sie passenderweise reingesteckt hatte. Ich bin nun wahrlich kein Brecht-Kenner, aber ich dachte bisher immer, daß gerade er relativ viel darüber gesagt und geschrieben hätte, was er mit seiner Kunst wollte. Es stimmt ja „Interpretieren ist eben was anderes als zu wissen, was Brecht mit den Texten wollte“. Nur muß auch das jeweils konkret herausgearbeitet werden, sonst ist es nur ein blödes Vorurteil. Jedenfalls, wenn man sich wissenschaftlich mit ihm beschäftigen will. Für den Kunstgenuß ist es in der Tat weitgehend wurscht, was er gewollt hat, da kann ihn schon jeder Regisseur hin- und herbiegen, wie es ihm paßt. Das ist ja gerade ein Thema des Buches zur Eingemeindung von Brecht in den Gesamtdeutschen Kunstolymp.

  42. 5. Dezember 2008, 21:52 | #42

    Soweit ich mir W. Leyerers einführende Worte angehört habe, ist der explizit dagegen aufgetreten, daß man Brechts Stücken, Gedichten etc. nicht mit Bestimmtheit entnehmen könne, was der gewollt hat. Er wandte sich explizit gegen eine Interpretation, die nur die eigenen Vorstellungen aus den Kunstwerke „rausliest“, weil sie sie passenderweise reingesteckt hatte. Ich bin nun wahrlich kein Brecht-Kenner, aber ich dachte bisher immer, daß gerade er relativ viel darüber gesagt und geschrieben hätte, was er mit seiner Kunst wollte. Es stimmt ja „Interpretieren ist eben was anderes als zu wissen, was Brecht mit den Texten wollte“. Nur muß auch das jeweils konkret herausgearbeitet werden, sonst ist es nur ein blödes Vorurteil. Jedenfalls, wenn man sich wissenschaftlich mit ihm beschäftigen will. Für den Kunstgenuß ist es in der Tat weitgehend wurscht, was er gewollt hat, da kann ihn schon jeder Regisseur hin- und herbiegen, wie es ihm paßt. Das ist ja gerade ein Thema des Buches zur Eingemeindung von Brecht in den Gesamtdeutschen Kunstolymp.

  43. Krim
    5. Dezember 2008, 22:46 | #43

    Libelle , das halte ich für falsch, dass man sich mit Kunst nicht wissenschaftlich auseinandersetzen könnte. Dass man also nicht bestimmen könnte, was ein Dichter gemeint hat, weil er es getrennt vom Text nicht noch extra gesagt hat. Gerade Brecht hat’s übrigens sogar extra gesagt. Da bin ich mit den Vortragenden einer Meinung, dass so eine definitive Aussage die nicht Interpretation ist, sehr wohl möglich ist. Nur die bürgerlich Kunstauffassung sagt, dass man Kunst gar nicht anders als vereinnahmen könnte. Stimmen tut das für nix in der Kunst. Ich hab das auch schon sehr, sehr oft begründet, warum das so ist. Das Werk ist Ausdruck einer Idee und als solchen kann man ihn auch erkennen. Ich versteh das gar nicht, dass du die Kunst von allen anderen Gegenständen, die es sonst so gibt ausnimmst und ihre prinzipielle Unerkennbarkeit behauptest. Das heißt es nämlich, wenn man sagt eine Befassung damit könne nur Interpretation sein. Einiges davon steht übrigens schon im Künsterlerartikel, der vor deren Buch schon onlline war und auch schon auf dem Mf diskutiert wurde. Ich finde übrigens nicht, dass der Vortrag den Unterschied von bürgerlichem und epischem Theater besonders gut herausgearbeitet hat. Auch sonst wurde einiges verschenkt.

  44. Krim
    5. Dezember 2008, 22:46 | #44

    Libelle , das halte ich für falsch, dass man sich mit Kunst nicht wissenschaftlich auseinandersetzen könnte. Dass man also nicht bestimmen könnte, was ein Dichter gemeint hat, weil er es getrennt vom Text nicht noch extra gesagt hat. Gerade Brecht hat’s übrigens sogar extra gesagt. Da bin ich mit den Vortragenden einer Meinung, dass so eine definitive Aussage die nicht Interpretation ist, sehr wohl möglich ist. Nur die bürgerlich Kunstauffassung sagt, dass man Kunst gar nicht anders als vereinnahmen könnte. Stimmen tut das für nix in der Kunst. Ich hab das auch schon sehr, sehr oft begründet, warum das so ist. Das Werk ist Ausdruck einer Idee und als solchen kann man ihn auch erkennen. Ich versteh das gar nicht, dass du die Kunst von allen anderen Gegenständen, die es sonst so gibt ausnimmst und ihre prinzipielle Unerkennbarkeit behauptest. Das heißt es nämlich, wenn man sagt eine Befassung damit könne nur Interpretation sein. Einiges davon steht übrigens schon im Künsterlerartikel, der vor deren Buch schon onlline war und auch schon auf dem Mf diskutiert wurde. Ich finde übrigens nicht, dass der Vortrag den Unterschied von bürgerlichem und epischem Theater besonders gut herausgearbeitet hat. Auch sonst wurde einiges verschenkt.

  45. 5. Dezember 2008, 23:39 | #45

    Es ist nun mal eine Interpretation, wenn man die Geschichte von der würdigen Großmutter für Brechts Versuch hält einen Gegensatz darzustellen. D.h. für welche Idee Brechts die Großmutter steht ist Sache des Interpreten. Du kennst doch auch kein anderes Argument als „da folge ich dem Referenten“. Ja, mag sein, deshalb ist es dennoch eine Interpretation.
    Was gibt dir denn die Gewissheit, dass man die Idee, die der Künstler beim Werk hatte immer erkennen kann? Dagegen spricht schon der Umstand, dass Kunst ein verfremdeter Ausdruck von irgendwas ist. Dann kommt es eben darauf an, ob man den Künstler wirklich dechiffrieren kann. Eine letzte Unsicherheit bleibt da immer. Man kommt solchen Sachen genau mit der Methode, die die beiden Anwenden auf die Schliche: Man muss eben die Schriften und Momente untersuchen, in denen der Autor nicht literarisch oder künstlerisch unterwegs war und dann kann man einen Schluss auf sein Werk machen. Anders gehts mit historischen Kunstwerken auch nicht. Man sucht Ereignisse, Quellen, Schriften von Philosophen etc… und dann findet man heraus, wofür irgendein Mosaik steht

  46. 5. Dezember 2008, 23:39 | #46

    Es ist nun mal eine Interpretation, wenn man die Geschichte von der würdigen Großmutter für Brechts Versuch hält einen Gegensatz darzustellen. D.h. für welche Idee Brechts die Großmutter steht ist Sache des Interpreten. Du kennst doch auch kein anderes Argument als „da folge ich dem Referenten“. Ja, mag sein, deshalb ist es dennoch eine Interpretation.
    Was gibt dir denn die Gewissheit, dass man die Idee, die der Künstler beim Werk hatte immer erkennen kann? Dagegen spricht schon der Umstand, dass Kunst ein verfremdeter Ausdruck von irgendwas ist. Dann kommt es eben darauf an, ob man den Künstler wirklich dechiffrieren kann. Eine letzte Unsicherheit bleibt da immer. Man kommt solchen Sachen genau mit der Methode, die die beiden Anwenden auf die Schliche: Man muss eben die Schriften und Momente untersuchen, in denen der Autor nicht literarisch oder künstlerisch unterwegs war und dann kann man einen Schluss auf sein Werk machen. Anders gehts mit historischen Kunstwerken auch nicht. Man sucht Ereignisse, Quellen, Schriften von Philosophen etc… und dann findet man heraus, wofür irgendein Mosaik steht

  47. 5. Dezember 2008, 23:53 | #47

    @neoprene:
    Ich meinte nicht W. Leyerers , sondern unseren W. hier.

  48. 5. Dezember 2008, 23:53 | #48

    @neoprene:
    Ich meinte nicht W. Leyerers , sondern unseren W. hier.

  49. Krim
    6. Dezember 2008, 00:52 | #49

    Das Stück heißt die unwürdige Greisin. „D.h. für welche Idee Brechts die Großmutter steht ist Sache des Interpreten.“ Nein. Das ist die Sache des Stücks. Das kann man aus ihm eindeutig entnehmen, wenn man nicht mit einem Vorurteil ans Interpretieren geht. Das ist genauso, wie bei normaler Wissenschaft auch. Man kann natürlich seinen Gegenstand immer so verbiegen, dass man aus ihm sein Vorurteil reproduziert. Wenn man aber wie bei Wissenschaft, die wissen willwas der Gegestand ist, dann kann man das dem Gegenstand Theaterstück auch entnehmen. Das Argument sagte ich schon. Der Gegenstand Theaterstück ist ein bestimmter, und zwar bestimmt durch die idee des Autors. Was du sagst hieße, dass das Theaterstück ein Platzhalter ist und das stimmt nunmal nicht. Da wird estwas bestimmtes dargestellt mit bestimmten Dialogen in einer bestimmten Szene an deinem bestimmten Ort zwischen bestimmten Leuten. Das steht kein Platzhalter auf der Bühne, sondern mit Mühe bis in die kleinste Kleinigkeit ausgefeiltes ästhetische Werk von einem Meister der Sprache erdacht.
    „Was gibt dir denn die Gewissheit, dass man die Idee, die der Künstler beim Werk hatte immer erkennen kann?“ Wenn man die Idee nicht erkennen kann ist es schlechte Kunst. Das gibt es auch. Das ist aber normalerweise bei Werken die schon in die Kunstgeschichte eingegangen sind nicht der Fall. Normalerweise verstehen Künstler ihr Handwerk. Das Gegenteil anzunehmen, wäre dumm. Weil man die Kunst dann, als Resultat von von Typen bestimmt die das was sie tun sollen nicht können. Als Haufen von Berufsversagern. Als jemand der etwas nicht kann(also negativ), statt die Fähigkeit zu bestimmen, sagt man die könnten, das was man noch nicht bestimmt hat, nicht.
    „Eine letzte Unsicherheit bleibt da immer.“ Das ist doch ne Ausrede.
    Klar kommt keine mathemathische Formel raus. Kunst ist ja auch sehr komplex. Das heißt, dass eine Kunstform viele verschiedene Eigenschaften in eine Form bringt und darstellt, die obwohl sehr kalkuliert in sehr vielen Beziehungen stehen. Das heißt aber nicht, dass man keine gültigen allgemeinen Aussagen treffen kann und alles nur relativ wäre.
    „Man muss eben die Schriften und Momente untersuchen, in denen der Autor nicht literarisch oder künstlerisch unterwegs war und dann kann man einen Schluss auf sein Werk machen.“ Das ist grottenfalsch. Alles was man als Kunstwissenschaftler sagt, muss dem Werk direkt zu entnehmen sein, sonst taugt es nichts. Der Witz an Brecht war, dass er als Dramatiker kommunistisch unterwegs war und nicht zusätzlich noch zu seinem Dramatiekrjob auch noch irgendwelche Demos besucht hat oder so. Und das ist bei jedem Künstler so. Aber ließ doch noch mal den Künstlerartikel. Du argumentierst grad wie der Oberdepp multiple id. Kommt mir ziemlich inszeniert vor, was grad abgeht. Jetzt pedige ich seit gut 6 Jahren das Zeug an euch hin und ihr habt bis jetzt null gecheckt oder wollt es nicht. Langsam frag ich mich, was ich hier mache, gilt bei euch ein Argument nur, wenns bei Prof. xy in einem Buch steht? Leyerer und Dahle haben sich sicher die Werke selbst vorgenommen und sind nicht durch Brechts Kunsttheorie auf die Ideen seine Dramen gestoßen. Das merkt man dem Vortrag im übrigen auch an.
    „Anders gehts mit historischen Kunstwerken auch nicht.“ doch da ist es etwas anders, weil zum Beispiel das Zeichen- Bedeutungssystem kein Allgemeingut mehr ist. Da muss man sich eine Mythologie erst mal aneigenen, damit man erkennt, dass da Paris vor Aphrodithe, Athene und Hera, das Urteil sprechen soll, wer die Schönste ist. Da muss aber beispielsweise auch kein Tagebuch mit Notizen des Künstlers vergraben sein, dass man versteht, worum’s in ner Szene geht. Man denke an die Laokoon-Gruppe, bei der hat man auch ziemlich schnell geschnallt, was da gemeißelt worden ist und worum es dem Künstler geht. Man lese die Beschreibungen der Lokoon-Gruppe von Johann Joachim Winckelmann. Es ist mir unerfindlich warum gestandene Kommunisten und Wissenschaftler, wenn’s um Kunst geht den letzten bürgerlichen wissenschaftheoretischen Schwachsinn von sich geben.

  50. Krim
    6. Dezember 2008, 00:52 | #50

    Das Stück heißt die unwürdige Greisin. „D.h. für welche Idee Brechts die Großmutter steht ist Sache des Interpreten.“ Nein. Das ist die Sache des Stücks. Das kann man aus ihm eindeutig entnehmen, wenn man nicht mit einem Vorurteil ans Interpretieren geht. Das ist genauso, wie bei normaler Wissenschaft auch. Man kann natürlich seinen Gegenstand immer so verbiegen, dass man aus ihm sein Vorurteil reproduziert. Wenn man aber wie bei Wissenschaft, die wissen willwas der Gegestand ist, dann kann man das dem Gegenstand Theaterstück auch entnehmen. Das Argument sagte ich schon. Der Gegenstand Theaterstück ist ein bestimmter, und zwar bestimmt durch die idee des Autors. Was du sagst hieße, dass das Theaterstück ein Platzhalter ist und das stimmt nunmal nicht. Da wird estwas bestimmtes dargestellt mit bestimmten Dialogen in einer bestimmten Szene an deinem bestimmten Ort zwischen bestimmten Leuten. Das steht kein Platzhalter auf der Bühne, sondern mit Mühe bis in die kleinste Kleinigkeit ausgefeiltes ästhetische Werk von einem Meister der Sprache erdacht.
    „Was gibt dir denn die Gewissheit, dass man die Idee, die der Künstler beim Werk hatte immer erkennen kann?“ Wenn man die Idee nicht erkennen kann ist es schlechte Kunst. Das gibt es auch. Das ist aber normalerweise bei Werken die schon in die Kunstgeschichte eingegangen sind nicht der Fall. Normalerweise verstehen Künstler ihr Handwerk. Das Gegenteil anzunehmen, wäre dumm. Weil man die Kunst dann, als Resultat von von Typen bestimmt die das was sie tun sollen nicht können. Als Haufen von Berufsversagern. Als jemand der etwas nicht kann(also negativ), statt die Fähigkeit zu bestimmen, sagt man die könnten, das was man noch nicht bestimmt hat, nicht.
    „Eine letzte Unsicherheit bleibt da immer.“ Das ist doch ne Ausrede.
    Klar kommt keine mathemathische Formel raus. Kunst ist ja auch sehr komplex. Das heißt, dass eine Kunstform viele verschiedene Eigenschaften in eine Form bringt und darstellt, die obwohl sehr kalkuliert in sehr vielen Beziehungen stehen. Das heißt aber nicht, dass man keine gültigen allgemeinen Aussagen treffen kann und alles nur relativ wäre.
    „Man muss eben die Schriften und Momente untersuchen, in denen der Autor nicht literarisch oder künstlerisch unterwegs war und dann kann man einen Schluss auf sein Werk machen.“ Das ist grottenfalsch. Alles was man als Kunstwissenschaftler sagt, muss dem Werk direkt zu entnehmen sein, sonst taugt es nichts. Der Witz an Brecht war, dass er als Dramatiker kommunistisch unterwegs war und nicht zusätzlich noch zu seinem Dramatiekrjob auch noch irgendwelche Demos besucht hat oder so. Und das ist bei jedem Künstler so. Aber ließ doch noch mal den Künstlerartikel. Du argumentierst grad wie der Oberdepp multiple id. Kommt mir ziemlich inszeniert vor, was grad abgeht. Jetzt pedige ich seit gut 6 Jahren das Zeug an euch hin und ihr habt bis jetzt null gecheckt oder wollt es nicht. Langsam frag ich mich, was ich hier mache, gilt bei euch ein Argument nur, wenns bei Prof. xy in einem Buch steht? Leyerer und Dahle haben sich sicher die Werke selbst vorgenommen und sind nicht durch Brechts Kunsttheorie auf die Ideen seine Dramen gestoßen. Das merkt man dem Vortrag im übrigen auch an.
    „Anders gehts mit historischen Kunstwerken auch nicht.“ doch da ist es etwas anders, weil zum Beispiel das Zeichen- Bedeutungssystem kein Allgemeingut mehr ist. Da muss man sich eine Mythologie erst mal aneigenen, damit man erkennt, dass da Paris vor Aphrodithe, Athene und Hera, das Urteil sprechen soll, wer die Schönste ist. Da muss aber beispielsweise auch kein Tagebuch mit Notizen des Künstlers vergraben sein, dass man versteht, worum’s in ner Szene geht. Man denke an die Laokoon-Gruppe, bei der hat man auch ziemlich schnell geschnallt, was da gemeißelt worden ist und worum es dem Künstler geht. Man lese die Beschreibungen der Lokoon-Gruppe von Johann Joachim Winckelmann. Es ist mir unerfindlich warum gestandene Kommunisten und Wissenschaftler, wenn’s um Kunst geht den letzten bürgerlichen wissenschaftheoretischen Schwachsinn von sich geben.

  51. Otto
    6. Dezember 2008, 10:25 | #51

    „Man kommt solchen Sachen genau mit der Methode, die die beiden Anwenden auf die Schliche: Man muss eben die Schriften und Momente untersuchen, in denen der Autor nicht literarisch oder künstlerisch unterwegs war und dann kann man einen Schluss auf sein Werk machen.“
    Man braucht nicht einmal 6 Jahre Krim zu lesen, die beiden Referenten erklären auch, warum es Unfug ist, an eine literarische Analyse das Vorurteil heranzutragen, welches man aus nicht-literarischen Stellungnahmen gewonnen haben will. Wenn man z.B. Brechts Biografie oder politische Kommentare mit den Inhalten seiner Werke vergleicht, unterstellt man bereits eine erkannte Aussageabsicht, die mit nicht-literarischen Äußerungen in Zusammenhang gebracht werden soll. Das Werk eines Dichters kann man zwar auch daraufhin abklopfen, ob es zu sonstigen Erkenntnissen, die der Schreiberling von sich gegeben hat, passt oder womöglich dazu in Widerspruch steht. Für einen solchen Vergleich muss man vorher aber (mindestens) eine Intention herausgefunden haben.

  52. Otto
    6. Dezember 2008, 10:25 | #52

    „Man kommt solchen Sachen genau mit der Methode, die die beiden Anwenden auf die Schliche: Man muss eben die Schriften und Momente untersuchen, in denen der Autor nicht literarisch oder künstlerisch unterwegs war und dann kann man einen Schluss auf sein Werk machen.“
    Man braucht nicht einmal 6 Jahre Krim zu lesen, die beiden Referenten erklären auch, warum es Unfug ist, an eine literarische Analyse das Vorurteil heranzutragen, welches man aus nicht-literarischen Stellungnahmen gewonnen haben will. Wenn man z.B. Brechts Biografie oder politische Kommentare mit den Inhalten seiner Werke vergleicht, unterstellt man bereits eine erkannte Aussageabsicht, die mit nicht-literarischen Äußerungen in Zusammenhang gebracht werden soll. Das Werk eines Dichters kann man zwar auch daraufhin abklopfen, ob es zu sonstigen Erkenntnissen, die der Schreiberling von sich gegeben hat, passt oder womöglich dazu in Widerspruch steht. Für einen solchen Vergleich muss man vorher aber (mindestens) eine Intention herausgefunden haben.

  53. 6. Dezember 2008, 10:28 | #53

    Das Argument sagte ich schon. Der Gegenstand Theaterstück ist ein bestimmter, und zwar bestimmt durch die idee des Autors.

    Ja, und das ist eben nicht richtig. Was daran stimmt ist, dass der Autor die Sache mit einer bestimmten Idee gemacht hat. Dass der Gegenstand dann in dem Sinn durch die Idee bestimmt wäre, dass man sie auch erraten kann stimmt nicht.
    Da ich heute unterwegs bin mal ein paar Gedanken, wie das geht, ohne den Rest gelesen zu haben (vielleicht stehen sie ja auch bei dir): Der Autor schreibt was mit einer Idee, soweit ist man sich ja einig. Aber: Er schreibt nicht einfach die Idee auf sondern verwurstet sie in einem Kunstwerk. Was ist da der Unterschied? Schreibt er die Idee auf, dann fasst er sie in einem System der Verständigung, das genau zu diesem Zweck gemacht und gepflegt wird (der Sprache). Da ist sehr wahrscheinlich, so er der jeweiligen Sprache mächtig ist, dass er sie ausdrücken kann. Dann ist sogar noch nach Jahrhunderten z.B. bei Tacitus größtenteils ohne weiteres zu entnehmen, was er über die Germanen sagen wollte.
    Anders der Künstler: Der sucht einen subjektiven Ausdruck d.h. er denkt sich irgendwelche Sachen aus, die nach seiner Auffassung für irgendwas stehen. Ob man dann errät, was er gemeint hat kommt darauf an, ob die gleichen Sachen auch bei einem selbst für die selbe Sache stehen oder für was anderes. Das ist auch überhaupt kein böser Wille (z.T. nicht einmal böser Wille der heutigen Brecht Interpretation, sondern die Leute ticken anders als Brecht).
    Man kann über Brecht oder Schiller schon was wissenschaftliches sagen, aber: Die Wissenschaft kann nicht in der Werkinterpretation bestehen, sondern man kann, wenn man sie (Brecht & Schiller) erforscht hat einen Schluss auf das Werk machen und deshalb vielleicht auch erklären, was Brecht mit der Großmutter und den Kinderreimen gemeint hat, wofür Wallenstein für Schiller steht. Dass man den Wallenstein sich dennoch anschauen kann, es eben eine Geschichte ist, die man sich anschauen kann und anhand der man irgendwas assoziieren kann ist damit nicht geleugnet – ob’s allerdings die gleichen Sachen sind, die Schiller mit seinen Figuren verbunden hat ist fraglich. Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass die Gedanken des Künstlers weder am Kunstwerk dran sind, noch das Kunstwerk im Sinn der Reproduzierbarkeit der Gedanken von der Idee des Künstlers bestimmt ist. Er will das vielleicht, versucht das aber auf einem widersprüchlichen Weg: Er wählt ein System des subjektiven Ausdrucks.
    Es kennst doch jeder die Spielchen in den Himmel zu schauen und sich die Wolken als irgendwas vorzustellen – und es gibt da des öfteren so viel Interpretationen, wie es Betrachter gibt (manchmal auch gleiche Interpretationen, soll nicht verschwiegen werden)

  54. 6. Dezember 2008, 10:28 | #54

    Das Argument sagte ich schon. Der Gegenstand Theaterstück ist ein bestimmter, und zwar bestimmt durch die idee des Autors.

    Ja, und das ist eben nicht richtig. Was daran stimmt ist, dass der Autor die Sache mit einer bestimmten Idee gemacht hat. Dass der Gegenstand dann in dem Sinn durch die Idee bestimmt wäre, dass man sie auch erraten kann stimmt nicht.
    Da ich heute unterwegs bin mal ein paar Gedanken, wie das geht, ohne den Rest gelesen zu haben (vielleicht stehen sie ja auch bei dir): Der Autor schreibt was mit einer Idee, soweit ist man sich ja einig. Aber: Er schreibt nicht einfach die Idee auf sondern verwurstet sie in einem Kunstwerk. Was ist da der Unterschied? Schreibt er die Idee auf, dann fasst er sie in einem System der Verständigung, das genau zu diesem Zweck gemacht und gepflegt wird (der Sprache). Da ist sehr wahrscheinlich, so er der jeweiligen Sprache mächtig ist, dass er sie ausdrücken kann. Dann ist sogar noch nach Jahrhunderten z.B. bei Tacitus größtenteils ohne weiteres zu entnehmen, was er über die Germanen sagen wollte.
    Anders der Künstler: Der sucht einen subjektiven Ausdruck d.h. er denkt sich irgendwelche Sachen aus, die nach seiner Auffassung für irgendwas stehen. Ob man dann errät, was er gemeint hat kommt darauf an, ob die gleichen Sachen auch bei einem selbst für die selbe Sache stehen oder für was anderes. Das ist auch überhaupt kein böser Wille (z.T. nicht einmal böser Wille der heutigen Brecht Interpretation, sondern die Leute ticken anders als Brecht).
    Man kann über Brecht oder Schiller schon was wissenschaftliches sagen, aber: Die Wissenschaft kann nicht in der Werkinterpretation bestehen, sondern man kann, wenn man sie (Brecht & Schiller) erforscht hat einen Schluss auf das Werk machen und deshalb vielleicht auch erklären, was Brecht mit der Großmutter und den Kinderreimen gemeint hat, wofür Wallenstein für Schiller steht. Dass man den Wallenstein sich dennoch anschauen kann, es eben eine Geschichte ist, die man sich anschauen kann und anhand der man irgendwas assoziieren kann ist damit nicht geleugnet – ob’s allerdings die gleichen Sachen sind, die Schiller mit seinen Figuren verbunden hat ist fraglich. Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass die Gedanken des Künstlers weder am Kunstwerk dran sind, noch das Kunstwerk im Sinn der Reproduzierbarkeit der Gedanken von der Idee des Künstlers bestimmt ist. Er will das vielleicht, versucht das aber auf einem widersprüchlichen Weg: Er wählt ein System des subjektiven Ausdrucks.
    Es kennst doch jeder die Spielchen in den Himmel zu schauen und sich die Wolken als irgendwas vorzustellen – und es gibt da des öfteren so viel Interpretationen, wie es Betrachter gibt (manchmal auch gleiche Interpretationen, soll nicht verschwiegen werden)

  55. 6. Dezember 2008, 10:34 | #55

    Man braucht nicht einmal 6 Jahre Krim zu lesen, die beiden Referenten erklären auch, warum es Unfug ist, an eine literarische Analyse das Vorurteil heranzutragen, welches man aus nicht-literarischen Stellungnahmen gewonnen haben will. Wenn man z.B. Brechts Biografie oder politische Kommentare mit den Inhalten seiner Werke vergleicht, unterstellt man bereits eine erkannte Aussageabsicht, die mit nicht-literarischen Äußerungen in Zusammenhang gebracht werden soll. Das Werk eines Dichters kann man zwar auch daraufhin abklopfen, ob es zu sonstigen Erkenntnissen, die der Schreiberling von sich gegeben hat, passt oder womöglich dazu in Widerspruch steht. Für einen solchen Vergleich muss man vorher aber (mindestens) eine Intention herausgefunden haben.

    Das ist eben falsch. Die Autoren sind sich ihrer eigenen Vorgehensweise nicht bewusst.
    Man braucht Brechts Aussagen zur Kunst, um seine Kunstwerke so zu verstehen wie er. Für sich sagen sie nicht aus, was nach Auffassung der Autoren Brechts Idee dabei war. Nimm mal die Kinderreime.

  56. 6. Dezember 2008, 10:34 | #56

    Man braucht nicht einmal 6 Jahre Krim zu lesen, die beiden Referenten erklären auch, warum es Unfug ist, an eine literarische Analyse das Vorurteil heranzutragen, welches man aus nicht-literarischen Stellungnahmen gewonnen haben will. Wenn man z.B. Brechts Biografie oder politische Kommentare mit den Inhalten seiner Werke vergleicht, unterstellt man bereits eine erkannte Aussageabsicht, die mit nicht-literarischen Äußerungen in Zusammenhang gebracht werden soll. Das Werk eines Dichters kann man zwar auch daraufhin abklopfen, ob es zu sonstigen Erkenntnissen, die der Schreiberling von sich gegeben hat, passt oder womöglich dazu in Widerspruch steht. Für einen solchen Vergleich muss man vorher aber (mindestens) eine Intention herausgefunden haben.

    Das ist eben falsch. Die Autoren sind sich ihrer eigenen Vorgehensweise nicht bewusst.
    Man braucht Brechts Aussagen zur Kunst, um seine Kunstwerke so zu verstehen wie er. Für sich sagen sie nicht aus, was nach Auffassung der Autoren Brechts Idee dabei war. Nimm mal die Kinderreime.

  57. 6. Dezember 2008, 11:27 | #57

    Wenn wir jetzt schon wieder bei der allgemeinsten Kunsttheorie gelandet sind (was wir, wie jeder von uns eigentlich noch wissen sollte, ja schon ein paar mal getan haben in den letzten Jahren), dann möchte ich auch noch wieder grundsätzlich libelle beipflichten:

    „Man braucht Brechts Aussagen zur Kunst, um seine Kunstwerke so zu verstehen wie er. Für sich sagen sie nichts aus.“

    Gerade weil das so ist, können Kunstgenießer sich reihenweise Kunstwerke anhören oder ansehen, ohne auch nur eine Zeile davon gelesen zu haben, was die Intentionen des jeweiligen Künstlers waren. Der Kunstgenuß geht sogar problemlos auch gegen den Strich. Jede „gewagte“ Inszenierung eines Standard-Bühnentitels belegt das, jeder moderne Mensch, der sich in einem Museum Kunst längst vergangener historischer Epochen anschaut, zum Teil sogar von anonymen Künstlern. Ich z.B. höre mir gerne Bach an und werde nach all den Jahren dadurch trotzdem kein bißchen gottesfürchtiger. Mit Bellinis Madonnen geht es mir genauso. Oder allgemein gesprochen:

    „Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass die Gedanken des Künstlers weder am Kunstwerk dran sind, noch das Kunstwerk im Sinn der Reproduzierbarkeit der Gedanken von der Idee des Künstlers bestimmt ist. Er will das vielleicht, versucht das aber auf einem widersprüchlichen Weg: Er wählt ein System des subjektiven Ausdrucks.“

  58. 6. Dezember 2008, 11:27 | #58

    Wenn wir jetzt schon wieder bei der allgemeinsten Kunsttheorie gelandet sind (was wir, wie jeder von uns eigentlich noch wissen sollte, ja schon ein paar mal getan haben in den letzten Jahren), dann möchte ich auch noch wieder grundsätzlich libelle beipflichten:

    „Man braucht Brechts Aussagen zur Kunst, um seine Kunstwerke so zu verstehen wie er. Für sich sagen sie nichts aus.“

    Gerade weil das so ist, können Kunstgenießer sich reihenweise Kunstwerke anhören oder ansehen, ohne auch nur eine Zeile davon gelesen zu haben, was die Intentionen des jeweiligen Künstlers waren. Der Kunstgenuß geht sogar problemlos auch gegen den Strich. Jede „gewagte“ Inszenierung eines Standard-Bühnentitels belegt das, jeder moderne Mensch, der sich in einem Museum Kunst längst vergangener historischer Epochen anschaut, zum Teil sogar von anonymen Künstlern. Ich z.B. höre mir gerne Bach an und werde nach all den Jahren dadurch trotzdem kein bißchen gottesfürchtiger. Mit Bellinis Madonnen geht es mir genauso. Oder allgemein gesprochen:

    „Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass die Gedanken des Künstlers weder am Kunstwerk dran sind, noch das Kunstwerk im Sinn der Reproduzierbarkeit der Gedanken von der Idee des Künstlers bestimmt ist. Er will das vielleicht, versucht das aber auf einem widersprüchlichen Weg: Er wählt ein System des subjektiven Ausdrucks.“

  59. Otto
    6. Dezember 2008, 11:46 | #59

    „Die Autoren sind sich ihrer eigenen Vorgehensweise nicht bewusst.“
    Wie soll das gehen? Die kritisieren deinen Irrtum gleich am Anfang als „pluralistischen Ansatz“ (ein lustiger Einfall) – methodisch und inhaltlich.
    „Man braucht Brechts Aussagen zur Kunst, um seine Kunstwerke so zu verstehen wie er.“
    Du hast das Argument dafür vergessen zu sagen.
    „Nimm mal die Kinderreime.“
    Du meinst das hier? Was ist daran uneindeutig?
    Was ein Kind gesagt bekommt (B.B.)
    Der liebe Gott sieht alles.
    Man spart für den Fall des Falles.
    Die werden nichts, die nichts taugen.
    Schmökern ist schlecht für die Augen.
    Kohlentragen stärkt die Glieder.
    Die schöne Kinderzeit, die kommt nicht wieder.
    Man lacht nicht über ein Gebrechen.
    Du sollst Erwachsenen nicht widersprechen.
    Man greift nicht zuerst in die Schüssel bei Tisch.
    Sonntagsspaziergang macht frisch.
    Zum Alter ist man ehrerbötig.
    Süßigkeiten sind für den Körper nicht nötig.
    Kartoffeln sind gesund.
    Ein Kind hält den Mund.
    Dass einem Kind jede Menge Moral um die Ohren gehauen wird, scheint Brecht unangenehm aufgefallen zu sein. Ganz ohne Wissen über den Autor lässt sich am Text eindeutig nachweisen, dass Brecht von keinem dieser Sprüche etwas hält. Welche Kritik Brecht an der Moralerziehung hat, erfährt man zwar nicht im Text, aber die Überschrift erklärt, wofür die weit verbreiteten Verplausibilisierungen von Ge- und Verboten stehen: Es geht um eine Karikatur der Kindeserziehung, von der Brecht meint, wenn man deren verbale Mittel geballt untereinander schreibt, könnte dem Leser der Angriff auf das kindliche Bewusstsein auffallen (sehr deutlich in der letzten Zeile).
    Alles ohne weitere Brecht-Kenntnisse oder doppelten Boden!

  60. Otto
    6. Dezember 2008, 11:46 | #60

    „Die Autoren sind sich ihrer eigenen Vorgehensweise nicht bewusst.“
    Wie soll das gehen? Die kritisieren deinen Irrtum gleich am Anfang als „pluralistischen Ansatz“ (ein lustiger Einfall) – methodisch und inhaltlich.
    „Man braucht Brechts Aussagen zur Kunst, um seine Kunstwerke so zu verstehen wie er.“
    Du hast das Argument dafür vergessen zu sagen.
    „Nimm mal die Kinderreime.“
    Du meinst das hier? Was ist daran uneindeutig?
    Was ein Kind gesagt bekommt (B.B.)
    Der liebe Gott sieht alles.
    Man spart für den Fall des Falles.
    Die werden nichts, die nichts taugen.
    Schmökern ist schlecht für die Augen.
    Kohlentragen stärkt die Glieder.
    Die schöne Kinderzeit, die kommt nicht wieder.
    Man lacht nicht über ein Gebrechen.
    Du sollst Erwachsenen nicht widersprechen.
    Man greift nicht zuerst in die Schüssel bei Tisch.
    Sonntagsspaziergang macht frisch.
    Zum Alter ist man ehrerbötig.
    Süßigkeiten sind für den Körper nicht nötig.
    Kartoffeln sind gesund.
    Ein Kind hält den Mund.
    Dass einem Kind jede Menge Moral um die Ohren gehauen wird, scheint Brecht unangenehm aufgefallen zu sein. Ganz ohne Wissen über den Autor lässt sich am Text eindeutig nachweisen, dass Brecht von keinem dieser Sprüche etwas hält. Welche Kritik Brecht an der Moralerziehung hat, erfährt man zwar nicht im Text, aber die Überschrift erklärt, wofür die weit verbreiteten Verplausibilisierungen von Ge- und Verboten stehen: Es geht um eine Karikatur der Kindeserziehung, von der Brecht meint, wenn man deren verbale Mittel geballt untereinander schreibt, könnte dem Leser der Angriff auf das kindliche Bewusstsein auffallen (sehr deutlich in der letzten Zeile).
    Alles ohne weitere Brecht-Kenntnisse oder doppelten Boden!

  61. star wars
    6. Dezember 2008, 12:29 | #61

    @Neoprene
    Dass mit der Greisin Großmutter, was im Vortrag ausführlich diskutiert worden ist, vesteht jeder, der nicht in interessierter Absicht die Geschichte missverstehen will. Klar muss Brecht auf die Einsichtsfähigkeit seines Publikums vertrauen. Aber die ist wiederum grundsätzlich selbstverständlich.

  62. star wars
    6. Dezember 2008, 12:29 | #62

    @Neoprene
    Dass mit der Greisin Großmutter, was im Vortrag ausführlich diskutiert worden ist, vesteht jeder, der nicht in interessierter Absicht die Geschichte missverstehen will. Klar muss Brecht auf die Einsichtsfähigkeit seines Publikums vertrauen. Aber die ist wiederum grundsätzlich selbstverständlich.

  63. Krim
    6. Dezember 2008, 13:16 | #63

    „Der sucht einen subjektiven Ausdruck d.h. er denkt sich irgendwelche Sachen aus, die nach seiner Auffassung für irgendwas stehen. „ Nein, es ist nicht der Unterschied der Kunst zur Geschichtsschreibung, dass der Künstler Sprache nicht gescheit benutzen kann bzw. dass er sich subjektiv zur Sprache verhält überhaupt zu den bildnerischen Mitteln verhält (das hat er gelernt, das ist sein Handwerk). Der Künstler weiß in der Regel sehr genau, was was bedeutet und er weiß auch wie was verstanden wird. Es ist verkehrt, dass das Geschäft von Künstlern darin bestehen würde, etwas subjektiv zu verrätseln. Das was Wissenschaft klar Ausdrück nochmal in chiffrierter Form zu verbraten. Das ist nicht der Zweck der Kunst. Steht aber alles schon im fk.
    „Ob man dann errät, was er gemeint hat kommt darauf an, ob die gleichen Sachen auch bei einem selbst für die selbe Sache stehen oder für was anderes.“ Du verwechselst ständig das Bedürfniss des Publikiums nach Unterhaltung, das freilich einen Abgleich mit den eigenen Ansichten vornimmt, mit einer wissenschaftlichen Stellung zu einem Werk.
    „Man kann über Brecht oder Schiller schon was wissenschaftliches sagen, aber: Die Wissenschaft kann nicht in der Werkinterpretation bestehen, sondern man kann, wenn man sie (Brecht & Schiller) erforscht hat einen Schluss auf das Werk machen und deshalb vielleicht auch erklären, was Brecht mit der Großmutter und den Kinderreimen gemeint hat, wofür Wallenstein für Schiller steht.“ Herrgott. Du hast doch behauptet alles was jemand über einen Autor sagt, könne nur Interpretation sein. Du hast doch D./L. vorgeworfen, das sei eben auch nur eine Interpretation und als solche sei sie eben in deren Belieben gestellt und nicht der Prüfung wert. Man macht auch nicht einen Schluß von außen auf das Werk, sondern man schaut sich unvoreingenommen an was da steht (und eben nicht gleich mit dem Vorurteil, da müsste jetzt was erbauliches kommen). Das geht schon und man wird sich wundern, was den Werken alles zu entnehmen ist. Natürlich kann eine wissenschaftliche Aussage auch falsch sein. Das ist nunmal bei Wissenschaft so, dass man sich auch irren kann, aber gegen Wissenschaft spricht das genausowenig, wie gegen Kunstwissenschaft.
    „Dass man den Wallenstein sich dennoch anschauen kann, es eben eine Geschichte ist, die man sich anschauen kann und anhand der man irgendwas assoziieren kann ist damit nicht geleugnet – ob’s allerdings die gleichen Sachen sind, die Schiller mit seinen Figuren verbunden hat ist fraglich.“ Mann Gottes, begreif das mal. „Anschauen“ ist nicht Wissenschaft. Was ist das ausserdem für eine super-saudumme Argumentation.
    Weil man etwas gegen den Strich lesen und anschauen kann, wie die Bank zum 50. Todestag von Brecht, soll das Stück gar keine Aussage haben. Ist das auch in der übrigen Wissenschaft so? Weil Geisteswissenschaftler ihre Gegenstande immer als Ausfluß ihrer Vorurteile ansehen, kann man sie nicht erkennen?
    „Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass die Gedanken des Künstlers weder am Kunstwerk dran sind, noch das Kunstwerk im Sinn der Reproduzierbarkeit der Gedanken von der Idee des Künstlers bestimmt ist.“ „Deshalb“ Also weil man Brecht als Kulturgut mißbrauchen kann.
    „Er wählt ein System des subjektiven Ausdrucks.“ So wie du es hinschreibst stimmt es nicht. Ist Sprache eigentlich auch subjektiver Ausdruck? Zumindest besitzt sie ja keine Notwendigkeit, wie eine Mathematische Formel das Gesetz eines natürlichen Phänomens ist. Aber immerhin verstehen doch ne Menge Leute eine Sprache. Ist da nun subjektiv oder nicht? Es trifft doch gar nicht zu, dass der Künstler sich Mittel bedient, die er und nur er verstehen könnte. Dafür lernt er sein Handwerk, dass das, was der Inhalt seiner bildnerischen Idee ist auch verstanden wird. Die Vorstellung ein Künstler würde irgendeinen subjektiven Seelenquark von sich geben, der nur in seinem Wahn, das bedeutet, was er meint, ist völlig hirnrissig und kontrafaktisch.
    „Es kennst doch jeder die Spielchen in den Himmel zu schauen und sich die Wolken als irgendwas vorzustellen“ Du Hirn, reiss dich mal ein bißchen zusammen. Du denkst im Ernst Künstler seien sowas ähnliches, wie ein Zufallsgenerator. Und du denkst im Ernst Kunstwissenschaftler würden Kinderspiele spielen oder Kleksbilder asoziieren, wie beim Psychiater.
    Und du hast immer noch nicht kapiert, dass das Phantasiespiel des Zuordnens von konkreten zu abstrakten Formen etwas anderes ist als die Analyse eines Werks. Oder versuchst du nur einen Streit vom Zaun zu brechen, weil du das Volks/Staatsbuch selbst schreiben willst? Jedenfalls scheint dir an der weiteren öffentlichen Diskussion (außer mit den GSP-Heinis) nicht gelegen zu sein.
    „Für sich sagen sie nicht aus, was nach Auffassung der Autoren Brechts Idee dabei war. Nimm mal die Kinderreime.“ Doch das tun sie. Du nusst dich aber erstmal um die spezielle Idee eines Stückes bemühen und die steckt halt nicht in der allgemeinen Dramentheorie und die hat er auch nicht getrennt vom Werk nochmal aufgeschrieben, sondern die steckt im Werk und anders als im Werk gibt es sie nicht. Es kann ja sein, dass das was an Idee im Werk steckt, nicht das ist, was du glaubst, was Brechts Idee war. Das liegt aber an deinem Missverständnis von seiner Idee, die du nicht seinem Werk, sondern irgendwelchen Interpreten entnommen hast. Genau darum geht es auch DundL. Die Stellung, die jeder meint zu Brecht haben zu dürfen, ist was anderes als das, was in den Stücken steht.

  64. Krim
    6. Dezember 2008, 13:16 | #64

    „Der sucht einen subjektiven Ausdruck d.h. er denkt sich irgendwelche Sachen aus, die nach seiner Auffassung für irgendwas stehen. „ Nein, es ist nicht der Unterschied der Kunst zur Geschichtsschreibung, dass der Künstler Sprache nicht gescheit benutzen kann bzw. dass er sich subjektiv zur Sprache verhält überhaupt zu den bildnerischen Mitteln verhält (das hat er gelernt, das ist sein Handwerk). Der Künstler weiß in der Regel sehr genau, was was bedeutet und er weiß auch wie was verstanden wird. Es ist verkehrt, dass das Geschäft von Künstlern darin bestehen würde, etwas subjektiv zu verrätseln. Das was Wissenschaft klar Ausdrück nochmal in chiffrierter Form zu verbraten. Das ist nicht der Zweck der Kunst. Steht aber alles schon im fk.
    „Ob man dann errät, was er gemeint hat kommt darauf an, ob die gleichen Sachen auch bei einem selbst für die selbe Sache stehen oder für was anderes.“ Du verwechselst ständig das Bedürfniss des Publikiums nach Unterhaltung, das freilich einen Abgleich mit den eigenen Ansichten vornimmt, mit einer wissenschaftlichen Stellung zu einem Werk.
    „Man kann über Brecht oder Schiller schon was wissenschaftliches sagen, aber: Die Wissenschaft kann nicht in der Werkinterpretation bestehen, sondern man kann, wenn man sie (Brecht & Schiller) erforscht hat einen Schluss auf das Werk machen und deshalb vielleicht auch erklären, was Brecht mit der Großmutter und den Kinderreimen gemeint hat, wofür Wallenstein für Schiller steht.“ Herrgott. Du hast doch behauptet alles was jemand über einen Autor sagt, könne nur Interpretation sein. Du hast doch D./L. vorgeworfen, das sei eben auch nur eine Interpretation und als solche sei sie eben in deren Belieben gestellt und nicht der Prüfung wert. Man macht auch nicht einen Schluß von außen auf das Werk, sondern man schaut sich unvoreingenommen an was da steht (und eben nicht gleich mit dem Vorurteil, da müsste jetzt was erbauliches kommen). Das geht schon und man wird sich wundern, was den Werken alles zu entnehmen ist. Natürlich kann eine wissenschaftliche Aussage auch falsch sein. Das ist nunmal bei Wissenschaft so, dass man sich auch irren kann, aber gegen Wissenschaft spricht das genausowenig, wie gegen Kunstwissenschaft.
    „Dass man den Wallenstein sich dennoch anschauen kann, es eben eine Geschichte ist, die man sich anschauen kann und anhand der man irgendwas assoziieren kann ist damit nicht geleugnet – ob’s allerdings die gleichen Sachen sind, die Schiller mit seinen Figuren verbunden hat ist fraglich.“ Mann Gottes, begreif das mal. „Anschauen“ ist nicht Wissenschaft. Was ist das ausserdem für eine super-saudumme Argumentation.
    Weil man etwas gegen den Strich lesen und anschauen kann, wie die Bank zum 50. Todestag von Brecht, soll das Stück gar keine Aussage haben. Ist das auch in der übrigen Wissenschaft so? Weil Geisteswissenschaftler ihre Gegenstande immer als Ausfluß ihrer Vorurteile ansehen, kann man sie nicht erkennen?
    „Deshalb komme ich zu dem Schluss, dass die Gedanken des Künstlers weder am Kunstwerk dran sind, noch das Kunstwerk im Sinn der Reproduzierbarkeit der Gedanken von der Idee des Künstlers bestimmt ist.“ „Deshalb“ Also weil man Brecht als Kulturgut mißbrauchen kann.
    „Er wählt ein System des subjektiven Ausdrucks.“ So wie du es hinschreibst stimmt es nicht. Ist Sprache eigentlich auch subjektiver Ausdruck? Zumindest besitzt sie ja keine Notwendigkeit, wie eine Mathematische Formel das Gesetz eines natürlichen Phänomens ist. Aber immerhin verstehen doch ne Menge Leute eine Sprache. Ist da nun subjektiv oder nicht? Es trifft doch gar nicht zu, dass der Künstler sich Mittel bedient, die er und nur er verstehen könnte. Dafür lernt er sein Handwerk, dass das, was der Inhalt seiner bildnerischen Idee ist auch verstanden wird. Die Vorstellung ein Künstler würde irgendeinen subjektiven Seelenquark von sich geben, der nur in seinem Wahn, das bedeutet, was er meint, ist völlig hirnrissig und kontrafaktisch.
    „Es kennst doch jeder die Spielchen in den Himmel zu schauen und sich die Wolken als irgendwas vorzustellen“ Du Hirn, reiss dich mal ein bißchen zusammen. Du denkst im Ernst Künstler seien sowas ähnliches, wie ein Zufallsgenerator. Und du denkst im Ernst Kunstwissenschaftler würden Kinderspiele spielen oder Kleksbilder asoziieren, wie beim Psychiater.
    Und du hast immer noch nicht kapiert, dass das Phantasiespiel des Zuordnens von konkreten zu abstrakten Formen etwas anderes ist als die Analyse eines Werks. Oder versuchst du nur einen Streit vom Zaun zu brechen, weil du das Volks/Staatsbuch selbst schreiben willst? Jedenfalls scheint dir an der weiteren öffentlichen Diskussion (außer mit den GSP-Heinis) nicht gelegen zu sein.
    „Für sich sagen sie nicht aus, was nach Auffassung der Autoren Brechts Idee dabei war. Nimm mal die Kinderreime.“ Doch das tun sie. Du nusst dich aber erstmal um die spezielle Idee eines Stückes bemühen und die steckt halt nicht in der allgemeinen Dramentheorie und die hat er auch nicht getrennt vom Werk nochmal aufgeschrieben, sondern die steckt im Werk und anders als im Werk gibt es sie nicht. Es kann ja sein, dass das was an Idee im Werk steckt, nicht das ist, was du glaubst, was Brechts Idee war. Das liegt aber an deinem Missverständnis von seiner Idee, die du nicht seinem Werk, sondern irgendwelchen Interpreten entnommen hast. Genau darum geht es auch DundL. Die Stellung, die jeder meint zu Brecht haben zu dürfen, ist was anderes als das, was in den Stücken steht.

  65. HK
    6. Dezember 2008, 15:57 | #65

    „Du denkst im Ernst Künstler seien sowas ähnliches, wie ein Zufallsgenerator.“
    Selbstverständlich glaubt er das. Stammt nicht (hab jetzt das Zitat nicht gefunden, müsste bei farberot gewesen sein) die Aussage von demselbigem, dass bestimmte Frequenzen der Musik in Übereinstimmung mit den Hirnfrequenzen dazu führen dass Menschen eine Musik „gut“ bewerten? Oder wie bei der letzten Diskussion, dass wenn man den Lautsprecher nah am Ohr hält, dann Schmerz entsteht und das Gehirn anfängt „gedanklich was auszugeben“, hier angeblich Gefühl. Dass die Schmerzen übrigens nicht von den Frequenzen kommen sondern vom Druck/der Lautstärke, und deshalb mit Musik nix zu tun haben, ist noch das am wenigsten Falsche an solchen Aussagen.

  66. HK
    6. Dezember 2008, 15:57 | #66

    „Du denkst im Ernst Künstler seien sowas ähnliches, wie ein Zufallsgenerator.“
    Selbstverständlich glaubt er das. Stammt nicht (hab jetzt das Zitat nicht gefunden, müsste bei farberot gewesen sein) die Aussage von demselbigem, dass bestimmte Frequenzen der Musik in Übereinstimmung mit den Hirnfrequenzen dazu führen dass Menschen eine Musik „gut“ bewerten? Oder wie bei der letzten Diskussion, dass wenn man den Lautsprecher nah am Ohr hält, dann Schmerz entsteht und das Gehirn anfängt „gedanklich was auszugeben“, hier angeblich Gefühl. Dass die Schmerzen übrigens nicht von den Frequenzen kommen sondern vom Druck/der Lautstärke, und deshalb mit Musik nix zu tun haben, ist noch das am wenigsten Falsche an solchen Aussagen.

  67. 6. Dezember 2008, 16:34 | #67

    zu „“Du denkst im Ernst Künstler seien sowas ähnliches, wie ein Zufallsgenerator.”
    Selbstverständlich glaubt er das.“

    Bei manchen Künstlern war ironischerweise der Zufall sogar deren künstlerisches Programm. Jedenfalls sehe ich Jackson Pollocks Action Painting so. Andere wieder haben sich wie J. M. W. Turner ernsthafte Gedanken darüber gemacht, wie man dem Zufall des Wolkenbildes am Himmel künstlerisch „gerecht“ werden kann. Der berühmte „Rorschach-Test“ beruht übrigens auch auf bewußt zufälliger Kunst, der „Klecksographien“ eines deutschen Künstlers. Man sollte also schon mal „Zufall“ und „Kunst“ nicht als was Gegensätzliches abhandeln.

  68. 6. Dezember 2008, 16:34 | #68

    zu „“Du denkst im Ernst Künstler seien sowas ähnliches, wie ein Zufallsgenerator.”
    Selbstverständlich glaubt er das.“

    Bei manchen Künstlern war ironischerweise der Zufall sogar deren künstlerisches Programm. Jedenfalls sehe ich Jackson Pollocks Action Painting so. Andere wieder haben sich wie J. M. W. Turner ernsthafte Gedanken darüber gemacht, wie man dem Zufall des Wolkenbildes am Himmel künstlerisch „gerecht“ werden kann. Der berühmte „Rorschach-Test“ beruht übrigens auch auf bewußt zufälliger Kunst, der „Klecksographien“ eines deutschen Künstlers. Man sollte also schon mal „Zufall“ und „Kunst“ nicht als was Gegensätzliches abhandeln.

  69. HK
    6. Dezember 2008, 18:07 | #69

    Und was genau soll zufällige Kunst sein? Was ist das künstlerische am Zufall…

  70. HK
    6. Dezember 2008, 18:07 | #70

    Und was genau soll zufällige Kunst sein? Was ist das künstlerische am Zufall…

  71. 6. Dezember 2008, 18:15 | #71

    zu HK „Und was genau soll zufällige Kunst sein?“
    Na eben der Pollock, oder Duchamp, der der Auffassung gewesen sein soll, dass ein ästhetisches Werk durch die Konservierung des Zufalls enstünde. Das halte ich übrigens für falsch

  72. 6. Dezember 2008, 18:15 | #72

    zu HK „Und was genau soll zufällige Kunst sein?“
    Na eben der Pollock, oder Duchamp, der der Auffassung gewesen sein soll, dass ein ästhetisches Werk durch die Konservierung des Zufalls enstünde. Das halte ich übrigens für falsch

  73. 6. Dezember 2008, 19:49 | #73

    Nein, es ist nicht der Unterschied der Kunst zur Geschichtsschreibung, dass der Künstler Sprache nicht gescheit benutzen kann bzw. dass er sich subjektiv zur Sprache verhält überhaupt zu den bildnerischen Mitteln verhält (das hat er gelernt, das ist sein Handwerk). Der Künstler weiß in der Regel sehr genau, was was bedeutet und er weiß auch wie was verstanden wird. Es ist verkehrt, dass das Geschäft von Künstlern darin bestehen würde, etwas subjektiv zu verrätseln. Das was Wissenschaft klar Ausdrück nochmal in chiffrierter Form zu verbraten. Das ist nicht der Zweck der Kunst. Steht aber alles schon im fk.

    Ich habe nicht behauptet, dass ein Künstler die Sprache nicht gescheit benutzt. Brecht schreibt eben eine Geschichte auf und darin benutzt er einwandfrei die Sprache – allerdings lässt er die Geschichte für etwas stehen, das nicht in ihr steht, das man aus ihr herausinterpretieren muss. Darin benutzt er ein Bedeutungssystem, das er eben für eines hält. Das hängt von Zeit, Szene und eben seiner Subjektivität ab. Was soll also heißen, der Künstler wüsste, was was bedeutet? In den Ausdrucksmitteln, die der Künstler verwendet gibt es im Unterschied zur Sprache gerade keine objektiven, verallgemeinerten Bedeutungen, da bedeutet eben für jeden ganz prinzipiell jede Sache das, was sie eben bedeuten soll. Das schließt identische Interpretationen nicht aus, da solche Zuschreibungen ja auch am Zeitgeist hängen.

    Du verwechselst ständig das Bedürfniss des Publikiums nach Unterhaltung, das freilich einen Abgleich mit den eigenen Ansichten vornimmt, mit einer wissenschaftlichen Stellung zu einem Werk.

    Ich verwechsle überhaupt nichts und schon gleich nicht in dem Zitat, das dich zu der Aussage bringt: Oben steht noch mal, warum einiges dagegen spricht, dass man auf die Idee kommt, die der Künstler hatte, wenn man sein Werk konsumiert. Das heißt nicht, dass es ausgeschlossen ist, notwendig ist es aber genauso wenig, weil eben alles daran hängt, dass man das gleiche Bedeutungsalphabet wie der Künstler hat: Es soll Moral kritisiert werden, weil die Großmutter sich nichtmoralisch auf den Sohn bezieht (?!), der Ausdruck, dass der Mann sich für zu viele Kinder entschieden hätte wäre darauf zurückzuführen, dass Brecht die Eigenverantwortlichkeit der Leute betont (?!) etc… Auf solche Interpretationen seiner Stücke kommt man nur, wenn man sich mit Brecht, dem Auftrag, den er sich verpasst hat beschäftigt. Aus der Geschichte selbst folgt das nicht zwingend. Ich würde übrigens den Referenten nicht einmal bestreiten, dass sie Brechts Gedanken treffen – aber nicht, weil sie die Geschichte von der würdigen Großmutter gelesen und „verstanden“ haben, sondern weil sie eine Weile der Idee hinterhergelebt haben Brecht zu erklären und schlichtweg alles von ihm gelesen haben, was zu bekommen war. Dann kann man die Geschichte mit der würdigen Großmutter aus Brechts Perspektive, aus seinem Geist heraus, mit seinem Bedeutungsalphabet, erklären.

    Herrgott. Du hast doch behauptet alles was jemand über einen Autor sagt, könne nur Interpretation sein. Du hast doch D./L. vorgeworfen, das sei eben auch nur eine Interpretation und als solche sei sie eben in deren Belieben gestellt und nicht der Prüfung wert.
    Man macht auch nicht einen Schluß von außen auf das Werk, sondern man schaut sich unvoreingenommen an was da steht (und eben nicht gleich mit dem Vorurteil, da müsste jetzt was erbauliches kommen). Das geht schon und man wird sich wundern, was den Werken alles zu entnehmen ist. Natürlich kann eine wissenschaftliche Aussage auch falsch sein. Das ist nunmal bei Wissenschaft so, dass man sich auch irren kann, aber gegen Wissenschaft spricht das genausowenig, wie gegen Kunstwissenschaft.

    Das habe ich nicht gesagt. Hier mal der Ausgangspunkt:

    Und an solchen Stellen gerät das Bedürfnis sich mit Brecht wissenschaftlich zu befassen mit sich selbst in Widerspruch. Interpretieren ist eben was anderes als zu wissen, was Brecht mit den Texten wollte. Letzteres spricht ein bßchen gegen wissenschaftliche Befassung mit Brecht, Schiller oder wem auch immer.

    Der ganze Einwand erledigt sich mit der Antwort auf die Frage, ob man die Geschichte mit der Großmutter interpretieren muss oder nicht. Wenn man es muss, dann ist auch klar, dass die Geschichte nicht für sich selbst spricht. Auch wenn klein Otto brav die Interpretationen der Autoren nachplappert – es bleiben eben Interpretationen, die man auf der Grundlage einer bestimmten Geisteshaltung, eines bestimmten Zeitgeistes, eines bestimmten Symbolalphabets macht. Die Autoren haben Brechts Geisteshaltung nachvollzogen und konnten deshalb die Geschichte (vielleicht) erklären, wie er sie gemeint hat. So ist auch der Einwand mit dem Unverständnis der Autoren bzgl. ihrer eigenen Vorgehensweise gemeint.
    Ja und, was steht denn in der Geschichte mit der Großmutter? Etwas über eine Mutter, ihren Umgang mit Geld, Haus und den Ansprüchen ihrer Kinder. Daneben steht der Anspruch des Autors „etwas“ damit sagen zu wollen, was nicht dasteht (Moral ist ein Fehler o.ä.).Warum soll eigentlich die Interpretation der Geschichte, dass die Mutter unwürdig ist, weil sie die Ansprüche ihres Sohnes abweist falsch sein? Warum sollte die Amoralität der Mutter nicht ein Einwand gegen sie sein? Weil Brecht ganz anders drauf war und was anderes gewollt hat. Also kann man den Geist aus der Geschichte für sich überhaupt nicht herausholen.

    Mann Gottes, begreif das mal. “Anschauen” ist nicht Wissenschaft. Was ist das ausserdem für eine super-saudumme Argumentation.
    Weil man etwas gegen den Strich lesen und anschauen kann, wie die Bank zum 50. Todestag von Brecht, soll das Stück gar keine Aussage haben. Ist das auch in der übrigen Wissenschaft so? Weil Geisteswissenschaftler ihre Gegenstande immer als Ausfluß ihrer Vorurteile ansehen, kann man sie nicht erkennen?

    Wo habe ich denn gesagt, dass Anschauen Wissenschaft sei? Wo habe ich gesagt, dass das Brechtstück keine Aussage hat? Wirres Zeug.
    Wenn übrigens die Gedanken am Kunstwerk dran wären, dann bräuchte man es auch nicht zu interpretieren. Kunst besteht aber darin Sachen für etwas stehen zu lassen, das sie ersteinmal nicht sind. Deshalb sind die Gedanken zum Kunstwerk auch nicht an ihm dran, wie sie in einem Pamphlet zu welchem Thema auch immer drin sind.
    Dein Fehler ist, dass du einen „Strich“ des Kunstwerkes annimmst, gegen den man es bürsten kann und der ohne weiteres nachvollziehbar wäre – vom Standpunkt des Künstlers sicher, sonst er aber nicht, siehe oben. Fest steht nur, dass man am Kunstwerk mit der Frage „Was bedeutet es?“ auf irgendwas kommt, die Aneignung des Bedeutungsstandpunktes des Künstlers aber eine Auseinandersetzung mit dem erfordert, über das Kunstwerk also hinausgeht.

    So wie du es hinschreibst stimmt es nicht. Ist Sprache eigentlich auch subjektiver Ausdruck? Zumindest besitzt sie ja keine Notwendigkeit, wie eine Mathematische Formel das Gesetz eines natürlichen Phänomens ist. Aber immerhin verstehen doch ne Menge Leute eine Sprache. Ist da nun subjektiv oder nicht? Es trifft doch gar nicht zu, dass der Künstler sich Mittel bedient, die er und nur er verstehen könnte. Dafür lernt er sein Handwerk, dass das, was der Inhalt seiner bildnerischen Idee ist auch verstanden wird. Die Vorstellung ein Künstler würde irgendeinen subjektiven Seelenquark von sich geben, der nur in seinem Wahn, das bedeutet, was er meint, ist völlig hirnrissig und kontrafaktisch.

    Und im Künstlerhandwerk lernt der Künstler ein anderes, bildnerisches Alphabet, mit dem er Gedanken ausdrücken kann? So ein Quatsch. Künstler denken eben, dass die Symbolik, die sie verwenden verstanden wird (das gestehe ich ihnen wenigstens teilweise zu). Dabei gehen sie von ihrem Zeitgeist, ihrer Sozialisation, ihrer Subjektivität aus. Und genau deshalb muss man den Künstler erklären, wenn man sein Werk erklären will (die Notwendigkeit der Entstehung des Werkes, was wollte er damit sagen). Bei den Sachen, wo sie wirklich durchgesetzte Symboliken verwenden gibt es dann noch einen historischen Verfall. Die sind irgendwann nicht mehr zu verstehen.
    Die Sprache ist das, was entwickelt wird, wenn Leute versuchen sich Gedanken zu vermitteln. Das sind die Symbolalphabete der Künstler nicht – welchen Sinn sollten sie auch haben, wenn sie nur eine alternative Sprache wären.

    Du Hirn, reiss dich mal ein bißchen zusammen. Du denkst im Ernst Künstler seien sowas ähnliches, wie ein Zufallsgenerator. Und du denkst im Ernst Kunstwissenschaftler würden Kinderspiele spielen oder Kleksbilder asoziieren, wie beim Psychiater.
    Und du hast immer noch nicht kapiert, dass das Phantasiespiel des Zuordnens von konkreten zu abstrakten Formen etwas anderes ist als die Analyse eines Werks. Oder versuchst du nur einen Streit vom Zaun zu brechen, weil du das Volks/Staatsbuch selbst schreiben willst? Jedenfalls scheint dir an der weiteren öffentlichen Diskussion (außer mit den GSP-Heinis) nicht gelegen zu sein.

    Falsch, denke ich nicht. Wenn du wissen willst, was ich denke lies einfach meine Beiträge noch mal. Bei der Sache mit den Wolken ging es darum, dass A die Wolke zweifelsfrei für ein transparentesSchaf halten kann und B für einen kosmischen Nebel. Wenn dann der Künstler in einem Bild die Wolke als Symbol des kosmischen Nebels verwendet kann sich der Betrachter fragen, was das transparente Schaf im Universum soll, ob es auf die Sternbilder anspielt oder was auch immer.
    Will man dann wissen wies gemeint ist bleibt nur der (ideelle) Weg zum Künstler.

  74. 6. Dezember 2008, 19:49 | #74

    Nein, es ist nicht der Unterschied der Kunst zur Geschichtsschreibung, dass der Künstler Sprache nicht gescheit benutzen kann bzw. dass er sich subjektiv zur Sprache verhält überhaupt zu den bildnerischen Mitteln verhält (das hat er gelernt, das ist sein Handwerk). Der Künstler weiß in der Regel sehr genau, was was bedeutet und er weiß auch wie was verstanden wird. Es ist verkehrt, dass das Geschäft von Künstlern darin bestehen würde, etwas subjektiv zu verrätseln. Das was Wissenschaft klar Ausdrück nochmal in chiffrierter Form zu verbraten. Das ist nicht der Zweck der Kunst. Steht aber alles schon im fk.

    Ich habe nicht behauptet, dass ein Künstler die Sprache nicht gescheit benutzt. Brecht schreibt eben eine Geschichte auf und darin benutzt er einwandfrei die Sprache – allerdings lässt er die Geschichte für etwas stehen, das nicht in ihr steht, das man aus ihr herausinterpretieren muss. Darin benutzt er ein Bedeutungssystem, das er eben für eines hält. Das hängt von Zeit, Szene und eben seiner Subjektivität ab. Was soll also heißen, der Künstler wüsste, was was bedeutet? In den Ausdrucksmitteln, die der Künstler verwendet gibt es im Unterschied zur Sprache gerade keine objektiven, verallgemeinerten Bedeutungen, da bedeutet eben für jeden ganz prinzipiell jede Sache das, was sie eben bedeuten soll. Das schließt identische Interpretationen nicht aus, da solche Zuschreibungen ja auch am Zeitgeist hängen.

    Du verwechselst ständig das Bedürfniss des Publikiums nach Unterhaltung, das freilich einen Abgleich mit den eigenen Ansichten vornimmt, mit einer wissenschaftlichen Stellung zu einem Werk.

    Ich verwechsle überhaupt nichts und schon gleich nicht in dem Zitat, das dich zu der Aussage bringt: Oben steht noch mal, warum einiges dagegen spricht, dass man auf die Idee kommt, die der Künstler hatte, wenn man sein Werk konsumiert. Das heißt nicht, dass es ausgeschlossen ist, notwendig ist es aber genauso wenig, weil eben alles daran hängt, dass man das gleiche Bedeutungsalphabet wie der Künstler hat: Es soll Moral kritisiert werden, weil die Großmutter sich nichtmoralisch auf den Sohn bezieht (?!), der Ausdruck, dass der Mann sich für zu viele Kinder entschieden hätte wäre darauf zurückzuführen, dass Brecht die Eigenverantwortlichkeit der Leute betont (?!) etc… Auf solche Interpretationen seiner Stücke kommt man nur, wenn man sich mit Brecht, dem Auftrag, den er sich verpasst hat beschäftigt. Aus der Geschichte selbst folgt das nicht zwingend. Ich würde übrigens den Referenten nicht einmal bestreiten, dass sie Brechts Gedanken treffen – aber nicht, weil sie die Geschichte von der würdigen Großmutter gelesen und „verstanden“ haben, sondern weil sie eine Weile der Idee hinterhergelebt haben Brecht zu erklären und schlichtweg alles von ihm gelesen haben, was zu bekommen war. Dann kann man die Geschichte mit der würdigen Großmutter aus Brechts Perspektive, aus seinem Geist heraus, mit seinem Bedeutungsalphabet, erklären.

    Herrgott. Du hast doch behauptet alles was jemand über einen Autor sagt, könne nur Interpretation sein. Du hast doch D./L. vorgeworfen, das sei eben auch nur eine Interpretation und als solche sei sie eben in deren Belieben gestellt und nicht der Prüfung wert.
    Man macht auch nicht einen Schluß von außen auf das Werk, sondern man schaut sich unvoreingenommen an was da steht (und eben nicht gleich mit dem Vorurteil, da müsste jetzt was erbauliches kommen). Das geht schon und man wird sich wundern, was den Werken alles zu entnehmen ist. Natürlich kann eine wissenschaftliche Aussage auch falsch sein. Das ist nunmal bei Wissenschaft so, dass man sich auch irren kann, aber gegen Wissenschaft spricht das genausowenig, wie gegen Kunstwissenschaft.

    Das habe ich nicht gesagt. Hier mal der Ausgangspunkt:

    Und an solchen Stellen gerät das Bedürfnis sich mit Brecht wissenschaftlich zu befassen mit sich selbst in Widerspruch. Interpretieren ist eben was anderes als zu wissen, was Brecht mit den Texten wollte. Letzteres spricht ein bßchen gegen wissenschaftliche Befassung mit Brecht, Schiller oder wem auch immer.

    Der ganze Einwand erledigt sich mit der Antwort auf die Frage, ob man die Geschichte mit der Großmutter interpretieren muss oder nicht. Wenn man es muss, dann ist auch klar, dass die Geschichte nicht für sich selbst spricht. Auch wenn klein Otto brav die Interpretationen der Autoren nachplappert – es bleiben eben Interpretationen, die man auf der Grundlage einer bestimmten Geisteshaltung, eines bestimmten Zeitgeistes, eines bestimmten Symbolalphabets macht. Die Autoren haben Brechts Geisteshaltung nachvollzogen und konnten deshalb die Geschichte (vielleicht) erklären, wie er sie gemeint hat. So ist auch der Einwand mit dem Unverständnis der Autoren bzgl. ihrer eigenen Vorgehensweise gemeint.
    Ja und, was steht denn in der Geschichte mit der Großmutter? Etwas über eine Mutter, ihren Umgang mit Geld, Haus und den Ansprüchen ihrer Kinder. Daneben steht der Anspruch des Autors „etwas“ damit sagen zu wollen, was nicht dasteht (Moral ist ein Fehler o.ä.).Warum soll eigentlich die Interpretation der Geschichte, dass die Mutter unwürdig ist, weil sie die Ansprüche ihres Sohnes abweist falsch sein? Warum sollte die Amoralität der Mutter nicht ein Einwand gegen sie sein? Weil Brecht ganz anders drauf war und was anderes gewollt hat. Also kann man den Geist aus der Geschichte für sich überhaupt nicht herausholen.

    Mann Gottes, begreif das mal. “Anschauen” ist nicht Wissenschaft. Was ist das ausserdem für eine super-saudumme Argumentation.
    Weil man etwas gegen den Strich lesen und anschauen kann, wie die Bank zum 50. Todestag von Brecht, soll das Stück gar keine Aussage haben. Ist das auch in der übrigen Wissenschaft so? Weil Geisteswissenschaftler ihre Gegenstande immer als Ausfluß ihrer Vorurteile ansehen, kann man sie nicht erkennen?

    Wo habe ich denn gesagt, dass Anschauen Wissenschaft sei? Wo habe ich gesagt, dass das Brechtstück keine Aussage hat? Wirres Zeug.
    Wenn übrigens die Gedanken am Kunstwerk dran wären, dann bräuchte man es auch nicht zu interpretieren. Kunst besteht aber darin Sachen für etwas stehen zu lassen, das sie ersteinmal nicht sind. Deshalb sind die Gedanken zum Kunstwerk auch nicht an ihm dran, wie sie in einem Pamphlet zu welchem Thema auch immer drin sind.
    Dein Fehler ist, dass du einen „Strich“ des Kunstwerkes annimmst, gegen den man es bürsten kann und der ohne weiteres nachvollziehbar wäre – vom Standpunkt des Künstlers sicher, sonst er aber nicht, siehe oben. Fest steht nur, dass man am Kunstwerk mit der Frage „Was bedeutet es?“ auf irgendwas kommt, die Aneignung des Bedeutungsstandpunktes des Künstlers aber eine Auseinandersetzung mit dem erfordert, über das Kunstwerk also hinausgeht.

    So wie du es hinschreibst stimmt es nicht. Ist Sprache eigentlich auch subjektiver Ausdruck? Zumindest besitzt sie ja keine Notwendigkeit, wie eine Mathematische Formel das Gesetz eines natürlichen Phänomens ist. Aber immerhin verstehen doch ne Menge Leute eine Sprache. Ist da nun subjektiv oder nicht? Es trifft doch gar nicht zu, dass der Künstler sich Mittel bedient, die er und nur er verstehen könnte. Dafür lernt er sein Handwerk, dass das, was der Inhalt seiner bildnerischen Idee ist auch verstanden wird. Die Vorstellung ein Künstler würde irgendeinen subjektiven Seelenquark von sich geben, der nur in seinem Wahn, das bedeutet, was er meint, ist völlig hirnrissig und kontrafaktisch.

    Und im Künstlerhandwerk lernt der Künstler ein anderes, bildnerisches Alphabet, mit dem er Gedanken ausdrücken kann? So ein Quatsch. Künstler denken eben, dass die Symbolik, die sie verwenden verstanden wird (das gestehe ich ihnen wenigstens teilweise zu). Dabei gehen sie von ihrem Zeitgeist, ihrer Sozialisation, ihrer Subjektivität aus. Und genau deshalb muss man den Künstler erklären, wenn man sein Werk erklären will (die Notwendigkeit der Entstehung des Werkes, was wollte er damit sagen). Bei den Sachen, wo sie wirklich durchgesetzte Symboliken verwenden gibt es dann noch einen historischen Verfall. Die sind irgendwann nicht mehr zu verstehen.
    Die Sprache ist das, was entwickelt wird, wenn Leute versuchen sich Gedanken zu vermitteln. Das sind die Symbolalphabete der Künstler nicht – welchen Sinn sollten sie auch haben, wenn sie nur eine alternative Sprache wären.

    Du Hirn, reiss dich mal ein bißchen zusammen. Du denkst im Ernst Künstler seien sowas ähnliches, wie ein Zufallsgenerator. Und du denkst im Ernst Kunstwissenschaftler würden Kinderspiele spielen oder Kleksbilder asoziieren, wie beim Psychiater.
    Und du hast immer noch nicht kapiert, dass das Phantasiespiel des Zuordnens von konkreten zu abstrakten Formen etwas anderes ist als die Analyse eines Werks. Oder versuchst du nur einen Streit vom Zaun zu brechen, weil du das Volks/Staatsbuch selbst schreiben willst? Jedenfalls scheint dir an der weiteren öffentlichen Diskussion (außer mit den GSP-Heinis) nicht gelegen zu sein.

    Falsch, denke ich nicht. Wenn du wissen willst, was ich denke lies einfach meine Beiträge noch mal. Bei der Sache mit den Wolken ging es darum, dass A die Wolke zweifelsfrei für ein transparentesSchaf halten kann und B für einen kosmischen Nebel. Wenn dann der Künstler in einem Bild die Wolke als Symbol des kosmischen Nebels verwendet kann sich der Betrachter fragen, was das transparente Schaf im Universum soll, ob es auf die Sternbilder anspielt oder was auch immer.
    Will man dann wissen wies gemeint ist bleibt nur der (ideelle) Weg zum Künstler.

  75. Krim
    6. Dezember 2008, 20:09 | #75

    „Bei manchen Künstlern war ironischerweise der Zufall sogar deren künstlerisches Programm. Jedenfalls sehe ich Jackson Pollocks Action Painting so.“ Ja eben – Teil des künstlerischen Programms (also Teil der Idee), also absichtlich zufällig, aber nicht zufällig zufällig. Das Prozesshafte des Malvorgangs wurde zum Inhalt der Kunst. Diese Kleksbilder waren nicht dafür da, dass man hinterher Enten und Schafe darin wiedererkennt. Wenn der Zufall eine Rolle spielt, dann wird er eben ganz bewusst zugelassen z.B. wird er als Anlass für eine Reaktion genommen, oder Inspirationsquelle. Max Ernst hat beispielsweise Strukturen mit Bleistift durchgerieben und daraus surreale Gestalten oder Kollagen entwickelt. So eine Vorgehensweise ist der Wolkeninterpretiererei noch am ähnlichsten. Das ist aber alles Idee. Und die besteht z.B. darin Texturen und Strukturen durch Veränderung des Zusammenhangs im Bild eine andere Bedeutung zu geben als sie in Wirklichkeit haben. Gleichzeitig sollen sie aber als unartifizielle Strukturen sichtbar bleiben. Das Phantastische lauert hinter dem Realen.
    „wie man dem Zufall des Wolkenbildes am Himmel künstlerisch “gerecht” werden kann.“ Genau, es ist nämlich gar nicht so einfach absichtlich etwas zu machen, das zufällig aussehen soll. So wie es nicht leicht ist, absichtlich völlig sinnfreie Sätze zu formulieren. Es ist kein Zufall, dass der Zufall in der Kunst durch eine Zufallsmethode entsteht. z.B. Kleksbilder, Farbdosen mit Loch, Abdrücke von Strukturen, Durchreibetechniken, Collagen, der Zufallsfund usw. Der Zufall wird gesucht oder akzeptiert und dadurch zumindest Teil der bildnerischen Idee.

  76. Krim
    6. Dezember 2008, 20:09 | #76

    „Bei manchen Künstlern war ironischerweise der Zufall sogar deren künstlerisches Programm. Jedenfalls sehe ich Jackson Pollocks Action Painting so.“ Ja eben – Teil des künstlerischen Programms (also Teil der Idee), also absichtlich zufällig, aber nicht zufällig zufällig. Das Prozesshafte des Malvorgangs wurde zum Inhalt der Kunst. Diese Kleksbilder waren nicht dafür da, dass man hinterher Enten und Schafe darin wiedererkennt. Wenn der Zufall eine Rolle spielt, dann wird er eben ganz bewusst zugelassen z.B. wird er als Anlass für eine Reaktion genommen, oder Inspirationsquelle. Max Ernst hat beispielsweise Strukturen mit Bleistift durchgerieben und daraus surreale Gestalten oder Kollagen entwickelt. So eine Vorgehensweise ist der Wolkeninterpretiererei noch am ähnlichsten. Das ist aber alles Idee. Und die besteht z.B. darin Texturen und Strukturen durch Veränderung des Zusammenhangs im Bild eine andere Bedeutung zu geben als sie in Wirklichkeit haben. Gleichzeitig sollen sie aber als unartifizielle Strukturen sichtbar bleiben. Das Phantastische lauert hinter dem Realen.
    „wie man dem Zufall des Wolkenbildes am Himmel künstlerisch “gerecht” werden kann.“ Genau, es ist nämlich gar nicht so einfach absichtlich etwas zu machen, das zufällig aussehen soll. So wie es nicht leicht ist, absichtlich völlig sinnfreie Sätze zu formulieren. Es ist kein Zufall, dass der Zufall in der Kunst durch eine Zufallsmethode entsteht. z.B. Kleksbilder, Farbdosen mit Loch, Abdrücke von Strukturen, Durchreibetechniken, Collagen, der Zufallsfund usw. Der Zufall wird gesucht oder akzeptiert und dadurch zumindest Teil der bildnerischen Idee.

  77. 6. Dezember 2008, 20:18 | #77

    Ja eben – Teil des künstlerischen Programms (also Teil der Idee), also absichtlich zufällig, aber nicht zufällig zufällig. Das Prozesshafte des Malvorgangs wurde zum Inhalt der Kunst. Diese Kleksbilder waren nicht dafür da, dass man hinterher Enten und Schafe darin wiedererkennt.

    Na das nenne ich Selbstkritik! Oder malt der Künstler auch das künstlerische Programm zweifelsfrei identifizierbar auf sein Bild?
    Sag doch mal ein BILDIMMANENTES Argument, warum die Kleckse keine Enten oder Schafe sein sollen! Von wegen die Kunst wäre ohne Kenntnisnahme des Programms (was steht wofür?) verständlich.

    Wenn der Zufall eine Rolle spielt, dann wird er eben ganz bewusst zugelassen z.B. wird er als Anlass für eine Reaktion genommen, oder Inspirationsquelle.

    Und das steht auch auf dem Bild?

  78. 6. Dezember 2008, 20:18 | #78

    Ja eben – Teil des künstlerischen Programms (also Teil der Idee), also absichtlich zufällig, aber nicht zufällig zufällig. Das Prozesshafte des Malvorgangs wurde zum Inhalt der Kunst. Diese Kleksbilder waren nicht dafür da, dass man hinterher Enten und Schafe darin wiedererkennt.

    Na das nenne ich Selbstkritik! Oder malt der Künstler auch das künstlerische Programm zweifelsfrei identifizierbar auf sein Bild?
    Sag doch mal ein BILDIMMANENTES Argument, warum die Kleckse keine Enten oder Schafe sein sollen! Von wegen die Kunst wäre ohne Kenntnisnahme des Programms (was steht wofür?) verständlich.

    Wenn der Zufall eine Rolle spielt, dann wird er eben ganz bewusst zugelassen z.B. wird er als Anlass für eine Reaktion genommen, oder Inspirationsquelle.

    Und das steht auch auf dem Bild?

  79. star wars
    6. Dezember 2008, 20:58 | #79

    @libelle

    Aus der Geschichte selbst folgt das nicht zwingend … Dann kann man die Geschichte mit der würdigen Großmutter aus Brechts Perspektive, aus seinem Geist heraus, mit seinem Bedeutungsalphabet, erklären..

    Brechts Geschichte ist ja nicht aus eigenen Wolken erfunden worden. Wichtig ist nicht die Geschichte als einzeln zufälliges (und möglicherweise bloß erfundenes) Ereignis, sondern die (im Werk von Brecht inszenierte) Stellung der Großmuter & co. zur bürgerlichen Welt und ihrer bürgerlichen Moral. Die Geschichte hat einen realen Alltagshintergrund und ist grundsätzlich verständlich. Ebenso das Gedicht.

    Künstler denken eben, dass die Symbolik, die sie verwenden verstanden wird (das gestehe ich ihnen wenigstens teilweise zu). Dabei gehen sie von ihrem Zeitgeist, ihrer Sozialisation, ihrer Subjektivität aus.

    Welche Sozialisation wird wohl Berthold Brecht genossen haben? Eben eine Bürgerliche. Deswegen ist sein Beispiel mit der Greisin Großmutter paradigmatisch für die in seiner Zeit vorherrschende Moral. Wirr wäre es erst wenn ich davon ausgehe, dass sein Publikum seine moralkritischen Hinweise im Stück nicht verstehen könnte.

  80. star wars
    6. Dezember 2008, 20:58 | #80

    @libelle

    Aus der Geschichte selbst folgt das nicht zwingend … Dann kann man die Geschichte mit der würdigen Großmutter aus Brechts Perspektive, aus seinem Geist heraus, mit seinem Bedeutungsalphabet, erklären..

    Brechts Geschichte ist ja nicht aus eigenen Wolken erfunden worden. Wichtig ist nicht die Geschichte als einzeln zufälliges (und möglicherweise bloß erfundenes) Ereignis, sondern die (im Werk von Brecht inszenierte) Stellung der Großmuter & co. zur bürgerlichen Welt und ihrer bürgerlichen Moral. Die Geschichte hat einen realen Alltagshintergrund und ist grundsätzlich verständlich. Ebenso das Gedicht.

    Künstler denken eben, dass die Symbolik, die sie verwenden verstanden wird (das gestehe ich ihnen wenigstens teilweise zu). Dabei gehen sie von ihrem Zeitgeist, ihrer Sozialisation, ihrer Subjektivität aus.

    Welche Sozialisation wird wohl Berthold Brecht genossen haben? Eben eine Bürgerliche. Deswegen ist sein Beispiel mit der Greisin Großmutter paradigmatisch für die in seiner Zeit vorherrschende Moral. Wirr wäre es erst wenn ich davon ausgehe, dass sein Publikum seine moralkritischen Hinweise im Stück nicht verstehen könnte.

  81. 6. Dezember 2008, 21:06 | #81

    @star wars: Dann stimmst du mir aber darin zu, dass es entweder zufällig ist, ob man eine Kunst so versteht wie der Künstler, oder das es dafür eben die Befassung damit braucht, was der Künstler wollte. Dann kann die „wissenschaftliche Erklärung“ einer Kunst aber auch nicht über die Interpretation des Werkes gehen, sondern muss über den Künstler stattfinden.
    Ich denke das, was die Referenten da geliefert haben ist schon das Beste, was ich über Brecht gehört habe. Ich wüsste auch nicht, warum ihre Interpretation nicht die Idee Brechts treffen sollte. Nur dass das aus der Geschichte mit der Großmutter zu schließen ist, halte ich für zweifelhaft.

  82. 6. Dezember 2008, 21:06 | #82

    @star wars: Dann stimmst du mir aber darin zu, dass es entweder zufällig ist, ob man eine Kunst so versteht wie der Künstler, oder das es dafür eben die Befassung damit braucht, was der Künstler wollte. Dann kann die „wissenschaftliche Erklärung“ einer Kunst aber auch nicht über die Interpretation des Werkes gehen, sondern muss über den Künstler stattfinden.
    Ich denke das, was die Referenten da geliefert haben ist schon das Beste, was ich über Brecht gehört habe. Ich wüsste auch nicht, warum ihre Interpretation nicht die Idee Brechts treffen sollte. Nur dass das aus der Geschichte mit der Großmutter zu schließen ist, halte ich für zweifelhaft.

  83. star wars
    6. Dezember 2008, 21:55 | #83

    @libelle

    Dann stimmst du mir aber darin zu, dass es entweder zufällig ist, ob man eine Kunst so versteht wie der Künstler, oder das es dafür eben die Befassung damit braucht, was der Künstler wollte.

    Die Befassung findet doch schon notwendig über die Konsumtion des Kunstwerkes durch den Kunst-Konsumenten statt. Dann befasse ich mich anhand dem Gegenstand Kunstwerk damit, was der Künstler mit diesem Kunstwerk ausdrücken/konnotieren will. Zufällig ist das richtige Verständnis des Kunstwerkes deswegen noch lange nicht. Die Hinweise geben die bestimmten Eigenschaften und Formbestimmungen des Kunstwerkes wider, derer sich der Konsument anhand des Kunstwerkes bedienen kann, ja sogar muss. Wille und Bewußtsein des Konsumenten braucht es also schon. Der Konsument bemüht sich die Intention des Künstlers anhand einer richtigen Anordnung der inhaltlichen Bestimmungen und Eigenschaften des Kunstwerks zu verstehen.

  84. star wars
    6. Dezember 2008, 21:55 | #84

    @libelle

    Dann stimmst du mir aber darin zu, dass es entweder zufällig ist, ob man eine Kunst so versteht wie der Künstler, oder das es dafür eben die Befassung damit braucht, was der Künstler wollte.

    Die Befassung findet doch schon notwendig über die Konsumtion des Kunstwerkes durch den Kunst-Konsumenten statt. Dann befasse ich mich anhand dem Gegenstand Kunstwerk damit, was der Künstler mit diesem Kunstwerk ausdrücken/konnotieren will. Zufällig ist das richtige Verständnis des Kunstwerkes deswegen noch lange nicht. Die Hinweise geben die bestimmten Eigenschaften und Formbestimmungen des Kunstwerkes wider, derer sich der Konsument anhand des Kunstwerkes bedienen kann, ja sogar muss. Wille und Bewußtsein des Konsumenten braucht es also schon. Der Konsument bemüht sich die Intention des Künstlers anhand einer richtigen Anordnung der inhaltlichen Bestimmungen und Eigenschaften des Kunstwerks zu verstehen.

  85. 6. Dezember 2008, 22:34 | #85

    Na ja – man befasst sich eben mit einer Sache, die für etwas steht. Dann kommt es darauf an, ob man an der Sache die gleichen Dinge wichtig findet wie der Künstler (selbst in der Absicht seine Werke als das zu verstehen, was er meint), ob man seine Symbolsprache erkennt und übersetzen kann etc.. Geschichten, Bilder un dwas weiß ich sind in dieser Hinsicht doch eher Rätsel. Ich würde dir schon zustimmen, dass man in einem bestimmten Kontext schon auf ein paar Sachen kommen kann – aber nicht mit der Trefferquote wie in einer Unterhaltung.

  86. 6. Dezember 2008, 22:34 | #86

    Na ja – man befasst sich eben mit einer Sache, die für etwas steht. Dann kommt es darauf an, ob man an der Sache die gleichen Dinge wichtig findet wie der Künstler (selbst in der Absicht seine Werke als das zu verstehen, was er meint), ob man seine Symbolsprache erkennt und übersetzen kann etc.. Geschichten, Bilder un dwas weiß ich sind in dieser Hinsicht doch eher Rätsel. Ich würde dir schon zustimmen, dass man in einem bestimmten Kontext schon auf ein paar Sachen kommen kann – aber nicht mit der Trefferquote wie in einer Unterhaltung.

  87. 6. Dezember 2008, 22:57 | #87

    Was libelle gesagt hat,

    „[es] kommt darauf an, ob man an der Sache die gleichen Dinge wichtig findet wie der Künstler (selbst in der Absicht seine Werke als das zu verstehen, was er meint), ob man seine Symbolsprache erkennt und übersetzen kann etc.. Geschichten, Bilder und dwas weiß ich sind in dieser Hinsicht doch eher Rätsel“,

    gilt doch offensichtlich umso mehr, umso weniger man als Kunstkonsument der gleichen Zeit, dem gleichen Background, der gleichen Gedankenwelt entstammt. Je älter ein Kunstwerk ist, umso schwieriger ist es doch regelmäßig, das Zeugs zu dechiffrieren. Und wenn die Künstler nun wirklich ganz lange tot sind, wie z.B bei den frühsteinzeitlichen Höhlenmalereien, ist es selbst heute die purste phantasievolle Spekulation, was die Experten alles, zum Teil kraß widersprüchlich, da herauslesen. Aber schon bei sowas vergleichsweise Nahem wie Dürers Gräserbild muß man schon christlich bewandert sein, um dessen Symbolik zu „sehen“.

  88. 6. Dezember 2008, 22:57 | #88

    Was libelle gesagt hat,

    „[es] kommt darauf an, ob man an der Sache die gleichen Dinge wichtig findet wie der Künstler (selbst in der Absicht seine Werke als das zu verstehen, was er meint), ob man seine Symbolsprache erkennt und übersetzen kann etc.. Geschichten, Bilder und dwas weiß ich sind in dieser Hinsicht doch eher Rätsel“,

    gilt doch offensichtlich umso mehr, umso weniger man als Kunstkonsument der gleichen Zeit, dem gleichen Background, der gleichen Gedankenwelt entstammt. Je älter ein Kunstwerk ist, umso schwieriger ist es doch regelmäßig, das Zeugs zu dechiffrieren. Und wenn die Künstler nun wirklich ganz lange tot sind, wie z.B bei den frühsteinzeitlichen Höhlenmalereien, ist es selbst heute die purste phantasievolle Spekulation, was die Experten alles, zum Teil kraß widersprüchlich, da herauslesen. Aber schon bei sowas vergleichsweise Nahem wie Dürers Gräserbild muß man schon christlich bewandert sein, um dessen Symbolik zu „sehen“.

  89. star wars
    6. Dezember 2008, 23:24 | #89

    @libelle

    Na ja – man befasst sich eben mit einer Sache, die für etwas steht. Dann kommt es darauf an, ob man an der Sache die gleichen Dinge wichtig findet wie der Künstler (selbst in der Absicht seine Werke als das zu verstehen, was er meint),..

    Das ist halt der subjektive Zugang zum Kunstwerk, der Reichtum an Erkenntnissen, die ich über die eigene Vorstellungs- und Erfahrungswelt, für das Verständnis des Kunstwerks, mit einbringe. Der Künstler kennt dich doch auch nicht, der müht sich damit ab dir das Kunstwerk nahe zu bringen. Ein notwendiges Scheitern bzw. eine prinzipielle Unzugänglichkeit im Verständnis des Kunstwerks ist damit nicht eingeschlossen.

  90. star wars
    6. Dezember 2008, 23:24 | #90

    @libelle

    Na ja – man befasst sich eben mit einer Sache, die für etwas steht. Dann kommt es darauf an, ob man an der Sache die gleichen Dinge wichtig findet wie der Künstler (selbst in der Absicht seine Werke als das zu verstehen, was er meint),..

    Das ist halt der subjektive Zugang zum Kunstwerk, der Reichtum an Erkenntnissen, die ich über die eigene Vorstellungs- und Erfahrungswelt, für das Verständnis des Kunstwerks, mit einbringe. Der Künstler kennt dich doch auch nicht, der müht sich damit ab dir das Kunstwerk nahe zu bringen. Ein notwendiges Scheitern bzw. eine prinzipielle Unzugänglichkeit im Verständnis des Kunstwerks ist damit nicht eingeschlossen.

  91. star wars
    6. Dezember 2008, 23:29 | #91

    Und wenn die Künstler nun wirklich ganz lange tot sind, wie z.B bei den frühsteinzeitlichen Höhlenmalereien, ist es selbst heute die purste phantasievolle Spekulation, was die Experten alles, zum Teil kraß widersprüchlich, da herauslesen.

    Ja, das ist ja auch kein Wunder. Die Höhlenmalereien haben die ja auch nicht für dich und mich hingekritzelt, Neoprene.

  92. star wars
    6. Dezember 2008, 23:29 | #92

    Und wenn die Künstler nun wirklich ganz lange tot sind, wie z.B bei den frühsteinzeitlichen Höhlenmalereien, ist es selbst heute die purste phantasievolle Spekulation, was die Experten alles, zum Teil kraß widersprüchlich, da herauslesen.

    Ja, das ist ja auch kein Wunder. Die Höhlenmalereien haben die ja auch nicht für dich und mich hingekritzelt, Neoprene.

  93. 6. Dezember 2008, 23:31 | #93

    Es stimmt doch einfach nicht, daß man z.B. Caspar David Friedrichs Programm aus seinen Bildern rauslesen kann. Man kann es wiederfinden, wenn man gesagt bekommen hat, oder gelesen hat, was der wollte, aber „sehen“ kann man das eben nicht immer. Dann wäre der auch nicht Künstler gewesen sondern Propagandist, Agitator, Leitartikler oder sonstwas in dieser anderen Richtung. Und der ist immerhin noch Maler gewesen, bei Musikern ist es doch noch schlimmer um die Eindeutigkeit der künstlerischen Aussage bestellt.

  94. 6. Dezember 2008, 23:31 | #94

    Es stimmt doch einfach nicht, daß man z.B. Caspar David Friedrichs Programm aus seinen Bildern rauslesen kann. Man kann es wiederfinden, wenn man gesagt bekommen hat, oder gelesen hat, was der wollte, aber „sehen“ kann man das eben nicht immer. Dann wäre der auch nicht Künstler gewesen sondern Propagandist, Agitator, Leitartikler oder sonstwas in dieser anderen Richtung. Und der ist immerhin noch Maler gewesen, bei Musikern ist es doch noch schlimmer um die Eindeutigkeit der künstlerischen Aussage bestellt.

  95. 6. Dezember 2008, 23:32 | #95

    Und die DDR Kunst – ist die noch Kunst, weil doch für die DDR Bürger gemalt?
    Und Rembrandt, Vergil, Homer – Kunst oder nicht?

  96. 6. Dezember 2008, 23:32 | #96

    Und die DDR Kunst – ist die noch Kunst, weil doch für die DDR Bürger gemalt?
    Und Rembrandt, Vergil, Homer – Kunst oder nicht?

  97. 6. Dezember 2008, 23:37 | #97

    Vergeht die Kunst mit ihrer Epoche? Wenn man nach den Museen geht, nie und nimmer. Die sind doch voll mit Kunstwerken, deren Publikum genauso lange tot ist wie die Künstler, die sie geschaffen haben. Und trotzdem ergötzen sich die Besucher an den schönen Sachen. Und umgekehrt: Wer von den Heutigen kann denn aus Damien Hirsts oder Jeff Koons Sachen treffend ablesen, was denen beim Kunst machen durch den Kopf gegangen ist. Mir z.B. sagt irgendein riesiges Formaldehyd-Dingens buchstäblich gar nichts. Ich weiß nur, daß das saumäßig teuer ist, mehr nicht.

  98. 6. Dezember 2008, 23:37 | #98

    Vergeht die Kunst mit ihrer Epoche? Wenn man nach den Museen geht, nie und nimmer. Die sind doch voll mit Kunstwerken, deren Publikum genauso lange tot ist wie die Künstler, die sie geschaffen haben. Und trotzdem ergötzen sich die Besucher an den schönen Sachen. Und umgekehrt: Wer von den Heutigen kann denn aus Damien Hirsts oder Jeff Koons Sachen treffend ablesen, was denen beim Kunst machen durch den Kopf gegangen ist. Mir z.B. sagt irgendein riesiges Formaldehyd-Dingens buchstäblich gar nichts. Ich weiß nur, daß das saumäßig teuer ist, mehr nicht.

  99. 6. Dezember 2008, 23:42 | #99

    Ein besonders trauriges Kapitel für Kunst, die „ihr“ Publikum nicht gefunden hat/nicht finden durfte, sind die vielen DEFA-Filme, die in der DDR nach dem 11. Plenum des ZK der SED 1965 verboten wurden und im Giftschrank verschwanden. Als die ab 1990 wieder zu sehen waren, waren die prosozialistischen Menschen der DDR, für die die von den damaligen Filmemachern erdacht worden waren, genauso weg wie bald die DDR selber. Was 1965 vielleicht noch interessante Diskussionen hätte auslösen können, verhallte nun ungehört.

  100. 6. Dezember 2008, 23:42 | #100

    Ein besonders trauriges Kapitel für Kunst, die „ihr“ Publikum nicht gefunden hat/nicht finden durfte, sind die vielen DEFA-Filme, die in der DDR nach dem 11. Plenum des ZK der SED 1965 verboten wurden und im Giftschrank verschwanden. Als die ab 1990 wieder zu sehen waren, waren die prosozialistischen Menschen der DDR, für die die von den damaligen Filmemachern erdacht worden waren, genauso weg wie bald die DDR selber. Was 1965 vielleicht noch interessante Diskussionen hätte auslösen können, verhallte nun ungehört.

  101. 6. Dezember 2008, 23:44 | #101

    Nein, aber das wäre die Konsequenz von Star Wars Idee. Wenn Kunst nur das ist, was für die jeweilige Epoche gemacht ist, dann wären Vergil und co. ausgeschlossen. Was dann ganz offensichtlich nichts mit den Sachen zu tun hat, die als Kunst gelten.
    Zweitens ist es doch auch und gerade nicht so, dass man zeigenössischen Kunstwerken wenn man sie ohne Künstler betrachtet ihre Symbolsprachen überhaupt entlocken kann. Siehe z.B. Beuys. Wenn man nichts über seinen Fettfimmel und seinen Fliegerunfall weiß, kann man sich seine Fettkunst nicht erklären.
    Fett steht für den glaube ich für Wärme.

  102. 6. Dezember 2008, 23:44 | #102

    Nein, aber das wäre die Konsequenz von Star Wars Idee. Wenn Kunst nur das ist, was für die jeweilige Epoche gemacht ist, dann wären Vergil und co. ausgeschlossen. Was dann ganz offensichtlich nichts mit den Sachen zu tun hat, die als Kunst gelten.
    Zweitens ist es doch auch und gerade nicht so, dass man zeigenössischen Kunstwerken wenn man sie ohne Künstler betrachtet ihre Symbolsprachen überhaupt entlocken kann. Siehe z.B. Beuys. Wenn man nichts über seinen Fettfimmel und seinen Fliegerunfall weiß, kann man sich seine Fettkunst nicht erklären.
    Fett steht für den glaube ich für Wärme.

  103. Krim
    7. Dezember 2008, 01:55 | #103

    „allerdings lässt er die Geschichte für etwas stehen, das nicht in ihr steht, das man aus ihr herausinterpretieren muss.“ Nehmen wir mal den Kinderreim. Was steht denn da nicht? Da steht doch ziemlich eindeutig da, dass Erziehuhg zu einem großen Teil in moralischen Geboten und moralischer Belehrung besteht. Als Apologie der Moral ist das wohl kaum mißzuverstehen.
    Da interpretiert man doch noch nicht. Erst wenn man sagen müßte, wie Brechts Moralkritk genau lautet, dann müßte man interpretieren. Aber das ist eben nicht Teil der Idee des Gedichts. Aus dem Gedicht kann man ohne Interpretation entnehmen, dass Brecht kritisiert die Kinder würden von den Erwachsenen bürgerliche Moralmaßstäbe beigebogen bekommen. Da kannst du doch nicht sagen, das könnte man so oder so sehen. Das kann man nur so sehen und wer das anders sieht, hat das Gedicht nicht verstanden.
    Du behauptest ja man könne gar keine objektiven Aussagen über ein Stück Kunst treffen. Also jede Aussage sei zwangsläufig eine subjektive Interpretation. Das ist falsch. Dein „das Gedichte steht für eine Bedeutung“ kriegst du nur über einen Vergleich zu stande. Du unterstellst dem Gedicht eine Botschaft, die sie deiner Interpretation nach haben müßte und sagst dann „Das steht aber gar nicht im Gedicht.“ Dass das nicht im Gedicht steht, ist aber nicht die Schuld des Gedichts, sondern deine, weil du es mit einem äußerlichen Maßstab blamierst, der nicht seiner ist. Und der lautet, dem Stück müsse zu entnehmen sein, was du ihm als seine Botschaft zubilligst. Das ist aber ein falsches Verfahren deinerseits, das du nur zum dem Zweck erfunden hast die Kunstwerke als inhaltslos zu blamieren. Inhaltslos wird das doch nur über den Vergleich, dass das Stück z.B. keine Dramentheorie und keine Moralkritik ist. Das muss ein Gedicht aber auch nicht sein, dafür gibt es ja die Dramentheorie und Moralkritik.
    „In den Ausdrucksmitteln, die der Künstler verwendet gibt es im Unterschied zur Sprache gerade keine objektiven, verallgemeinerten Bedeutungen, da bedeutet eben für jeden ganz prinzipiell jede Sache das, was sie eben bedeuten soll.“ Genau das Gegenteil ist richtig. Sprache ist eine bloße gesellschaftliche Übereinkunft, die sich mit der Zeit ändern kann, wie man an den Bedeutungsverschiebungen erkennen kann und den Diskussionen, ob man bestimmte Wörter sagen darf ohne das man meint, was sie im allgemeinen Sprachgebrauch bedeuten. In der Kunst ist das in der Regel nicht so. Da bedeutet das zweidimensionale Abbild einer Rose eben Rose und ob da eine zusätzliche symbolische Bedeutung noch mit verbunden ist, hängt vom Zusammenhang ab. Wenn das Licht das Thema des Bildes ist, ist von einer symbolischen Bedeutung eher nicht auszugehen. Ein symbolisches Verhältnis gibt es auch, aber eben nur auf der Grundlage, dass es direkt dem Kunstwerk zu entnehmen ist, dass das Bild einer Rose eine wirkliche Rose darstellt. Das ist überhaupt das kunstmäßige an der Kunst (hegel nennt das klassische Kunst), dass Eigenschaften des dargestellten direkt in der Darstellung zu finden sind. Die bildnerischeIdee hat sich im Werk verkörpert. Bildnerische Abstraktion könnte man das nennen. Und die hängt vom Bildnerischen Medium ab. Das ist wichtig. Die künstlerische Idee, die dem Kunstwerk zu entnehmen ist, ist keine beliebige, sondern eine die gedanklich das Medium antizipiert hat. Es ist eine bildnerische idee, ein im jeweiligen Medium gedachte Idee. Daher kann sie sich im Idealfall auch vollständig im Medium ausdrücken. In der Plastik sind beispielsweise Körper, Raum, Licht, Material die abstrakten Eigenschaften, derer diese Kunst fähig ist. Bei anderen sind es andere. Und diese abstrakten Eigenschaften sind dem Kunstwerk auch direkt ohne Wissen zu entnehmen und machen seinen Inhalt aus. Darüber hinaus gibt es dann noch manchmal Bedeutungen, die z.B. vom Kulturkreis abhängen. Die gehen verloren, wenn sie vergessen werden und nicht aufgeschrieben sind. Die anderen nicht. Die Rinder und Antilopen auf der Flucht vor den Jägern sind in den Höhlen auch heute noch erkennbar.
    Jedenfalls spricht nichts dafür ein subjektives Zeichensystem. Beim bildnerischen abstrahieren ist nichts subjektiv. Da trifft der Künstler entweder eine Eigenschaft oder nicht. Und auch bei den kulturellen Zeichensystemen ist nichts subjektiv (im Sinne, dass es nur vom Künstler erfunden und von ihm verstanden wird). Diese Zeichensysteme sind gesellschaftlich gültig und werden dann benutzt. Darüberhinaus gibt es bei manchen modernen Künsler auch subjektive Zeichensysteme, aber nie auschließlich. Du machst also fälschlich die Ausnahme, die manche zeitgenössischen Künstler darstellen, zur grundsätzlichen Bestimmung der Kunst. (Nicht umsonst fällt dir wieder Beuys ein. Typisch – Beuys und die Musik müssen bei dir am Ende immer dafür herhalten, dass Kunst einfach bloß subjektive Spinnerei ohne Inhalt sein kann.
    „Ich verwechsle überhaupt nichts und schon gleich nicht in dem Zitat, das dich zu der Aussage bringt: Oben steht noch mal, warum einiges dagegen spricht, dass man auf die Idee kommt, die der Künstler hatte, wenn man sein Werk konsumiert.“ Freilich verwechselst du die Konsumption von Kunst mit wissenschaftlicher Beschäftigung damit, und zwar genau in diesem Zitat, wo du es eigentlich bestreiten wolltest. Wenn man ein Werk konsumiert, dann beschäftigt man sich nicht wissenschaftlich damit. Beides sind verschiedene Dinge nicht zusammen zu haben sind und die du nicht auseinanderhalten kannst. Wenn man ein Werk konsumiert, kann man einiges an es herantragen und es für einige Sachen „mißbrauchen“, wofür es nicht gedacht war, die aber trotzdem Vergnügen bereiten. Und ich halte das noch nicht mal für sachfremd.
    Wer aber wissen will was ein Werk ist, der darf nichts an es herantragen, sondern muss sich fragen was er dem Werk entnehmen kann. Das ist nicht Interpretation, da gibt’s nichts zu deuteln. Entweder etwas ist da oder nicht und regelmäßig ist einiges an Idee objektiv da und nicht nichts.
    „, der Ausdruck, dass der Mann sich für zu viele Kinder entschieden hätte wäre darauf zurückzuführen, dass Brecht die Eigenverantwortlichkeit der Leute betont (?!) etc…“ Halte ich nicht für Brechts Idee der Erzählung von „Der unwürdigen Greisin“. Und D.undL. auch nicht. Das hast du in der Tat reininterpretiert. Dieses Beweisverfahren ist wohlfeil. Du denkst dir ne Botschaft aus und stellst dann fest, dass die nicht im Stück steht. Womit dann bewiesen sein soll, dass da eigentlich nichts drin steht. Vielleicht kriegt man die eine oder andere zusätzliche Erkenntnis über ein Brechtstück heraus, wenn man weiß, was er denkt. Dass aber die Bestimmung des Stück von außen, von seiner nichtkünstlerischen Gedankenwelt, auf das Stück erfolgen müsste, weil das Stück für sich nichts ist, die subjektive Bedeutungszuordnung des Künstlers jedoch alles, ist vollkommener Kokolores.
    „Der ganze Einwand erledigt sich mit der Antwort auf die Frage, ob man die Geschichte mit der Großmutter interpretieren muss oder nicht.“ Klare Antwort: Man muss sie nicht interpretieren, um sie richtig verstehen zu können. Wer sorgfältig analysiert kriegt auch ohne Biographiestudium, die Idee des Stücks mit. Das Biographiestudium schadet dem Verständnis aber auch nicht. Natürlich gibt es keine Notwendigkeit, wie überall in der Wissenschaft, dass die Analyse stimmt. Die Unmöglichkeit des Irrtum ist nicht behauptet. „Also kann man den Geist aus der Geschichte für sich überhaupt nicht herausholen.“ Da täuscht du dich. So ein schlechter Dichter war der Brecht nicht. In den Stücken zumindest macht er die moralischen Probleme/Konflikte, immer in Liedern, Gedichten, Prologen klar.
    „Dabei gehen sie von ihrem Zeitgeist, ihrer Sozialisation, ihrer Subjektivität aus.“ Genau! Und der Zeitgeist usw. trifft auch nur auf den Künstler ganz persönlich zu. Wahrscheinlich heißt er deshalb so (rolleyes). „Und genau deshalb muss man den Künstler erklären, wenn man sein Werk erklären will“ Erstmal gibt es den Standpunkt, ein Kunstwerk zu erklären, weit und breit nicht in der Republik, noch nicht mal unter Linken. Die verwechseln nämlich ständig, das Konsumieren, Herantragen von Bedürfnissen, das Interpretieren mit Erklärung. Erklärung liest aber zuallererst Analyse, die sich von der kunstwissenschaftlichen und populären Verwurstung freigemacht hat und sich redlich fragt „Was ist die Idee, die dem Werk zu entnehmen ist.“
    „Oder malt der Künstler auch das künstlerische Programm zweifelsfrei identifizierbar auf sein Bild?“ Das Bild ist Resultat des künstlerischen Programms (gemeint ist kein Programmheft, sondern die bestimmte Vorgehensweise) und insofern ist es am produkt durchaus ablesbar z.B. an den wechslseitig sich überdeckenden Farbspuren, dass das Bild Produkt sozusagen einer Bildschöpfungsperformance ist.
    „Sag doch mal ein BILDIMMANENTES Argument, warum die Kleckse keine Enten oder Schafe sein sollen!“ Zunächst mal, weil man da einfach keine Schafe und Enten erkennt. Das sind eben Farbspuren, dünne bis dicke Linien, die sich willkürlich knüllen und entwirren, übereinanderlaufen ohne jede gegenständliche Andeutung. Ja, ja. Reininterpretieren kann man natürlich alles. Bloß? Hast du dafür ein vernünftiges bildimmanentes Argument?

  104. Krim
    7. Dezember 2008, 01:55 | #104

    „allerdings lässt er die Geschichte für etwas stehen, das nicht in ihr steht, das man aus ihr herausinterpretieren muss.“ Nehmen wir mal den Kinderreim. Was steht denn da nicht? Da steht doch ziemlich eindeutig da, dass Erziehuhg zu einem großen Teil in moralischen Geboten und moralischer Belehrung besteht. Als Apologie der Moral ist das wohl kaum mißzuverstehen.
    Da interpretiert man doch noch nicht. Erst wenn man sagen müßte, wie Brechts Moralkritk genau lautet, dann müßte man interpretieren. Aber das ist eben nicht Teil der Idee des Gedichts. Aus dem Gedicht kann man ohne Interpretation entnehmen, dass Brecht kritisiert die Kinder würden von den Erwachsenen bürgerliche Moralmaßstäbe beigebogen bekommen. Da kannst du doch nicht sagen, das könnte man so oder so sehen. Das kann man nur so sehen und wer das anders sieht, hat das Gedicht nicht verstanden.
    Du behauptest ja man könne gar keine objektiven Aussagen über ein Stück Kunst treffen. Also jede Aussage sei zwangsläufig eine subjektive Interpretation. Das ist falsch. Dein „das Gedichte steht für eine Bedeutung“ kriegst du nur über einen Vergleich zu stande. Du unterstellst dem Gedicht eine Botschaft, die sie deiner Interpretation nach haben müßte und sagst dann „Das steht aber gar nicht im Gedicht.“ Dass das nicht im Gedicht steht, ist aber nicht die Schuld des Gedichts, sondern deine, weil du es mit einem äußerlichen Maßstab blamierst, der nicht seiner ist. Und der lautet, dem Stück müsse zu entnehmen sein, was du ihm als seine Botschaft zubilligst. Das ist aber ein falsches Verfahren deinerseits, das du nur zum dem Zweck erfunden hast die Kunstwerke als inhaltslos zu blamieren. Inhaltslos wird das doch nur über den Vergleich, dass das Stück z.B. keine Dramentheorie und keine Moralkritik ist. Das muss ein Gedicht aber auch nicht sein, dafür gibt es ja die Dramentheorie und Moralkritik.
    „In den Ausdrucksmitteln, die der Künstler verwendet gibt es im Unterschied zur Sprache gerade keine objektiven, verallgemeinerten Bedeutungen, da bedeutet eben für jeden ganz prinzipiell jede Sache das, was sie eben bedeuten soll.“ Genau das Gegenteil ist richtig. Sprache ist eine bloße gesellschaftliche Übereinkunft, die sich mit der Zeit ändern kann, wie man an den Bedeutungsverschiebungen erkennen kann und den Diskussionen, ob man bestimmte Wörter sagen darf ohne das man meint, was sie im allgemeinen Sprachgebrauch bedeuten. In der Kunst ist das in der Regel nicht so. Da bedeutet das zweidimensionale Abbild einer Rose eben Rose und ob da eine zusätzliche symbolische Bedeutung noch mit verbunden ist, hängt vom Zusammenhang ab. Wenn das Licht das Thema des Bildes ist, ist von einer symbolischen Bedeutung eher nicht auszugehen. Ein symbolisches Verhältnis gibt es auch, aber eben nur auf der Grundlage, dass es direkt dem Kunstwerk zu entnehmen ist, dass das Bild einer Rose eine wirkliche Rose darstellt. Das ist überhaupt das kunstmäßige an der Kunst (hegel nennt das klassische Kunst), dass Eigenschaften des dargestellten direkt in der Darstellung zu finden sind. Die bildnerischeIdee hat sich im Werk verkörpert. Bildnerische Abstraktion könnte man das nennen. Und die hängt vom Bildnerischen Medium ab. Das ist wichtig. Die künstlerische Idee, die dem Kunstwerk zu entnehmen ist, ist keine beliebige, sondern eine die gedanklich das Medium antizipiert hat. Es ist eine bildnerische idee, ein im jeweiligen Medium gedachte Idee. Daher kann sie sich im Idealfall auch vollständig im Medium ausdrücken. In der Plastik sind beispielsweise Körper, Raum, Licht, Material die abstrakten Eigenschaften, derer diese Kunst fähig ist. Bei anderen sind es andere. Und diese abstrakten Eigenschaften sind dem Kunstwerk auch direkt ohne Wissen zu entnehmen und machen seinen Inhalt aus. Darüber hinaus gibt es dann noch manchmal Bedeutungen, die z.B. vom Kulturkreis abhängen. Die gehen verloren, wenn sie vergessen werden und nicht aufgeschrieben sind. Die anderen nicht. Die Rinder und Antilopen auf der Flucht vor den Jägern sind in den Höhlen auch heute noch erkennbar.
    Jedenfalls spricht nichts dafür ein subjektives Zeichensystem. Beim bildnerischen abstrahieren ist nichts subjektiv. Da trifft der Künstler entweder eine Eigenschaft oder nicht. Und auch bei den kulturellen Zeichensystemen ist nichts subjektiv (im Sinne, dass es nur vom Künstler erfunden und von ihm verstanden wird). Diese Zeichensysteme sind gesellschaftlich gültig und werden dann benutzt. Darüberhinaus gibt es bei manchen modernen Künsler auch subjektive Zeichensysteme, aber nie auschließlich. Du machst also fälschlich die Ausnahme, die manche zeitgenössischen Künstler darstellen, zur grundsätzlichen Bestimmung der Kunst. (Nicht umsonst fällt dir wieder Beuys ein. Typisch – Beuys und die Musik müssen bei dir am Ende immer dafür herhalten, dass Kunst einfach bloß subjektive Spinnerei ohne Inhalt sein kann.
    „Ich verwechsle überhaupt nichts und schon gleich nicht in dem Zitat, das dich zu der Aussage bringt: Oben steht noch mal, warum einiges dagegen spricht, dass man auf die Idee kommt, die der Künstler hatte, wenn man sein Werk konsumiert.“ Freilich verwechselst du die Konsumption von Kunst mit wissenschaftlicher Beschäftigung damit, und zwar genau in diesem Zitat, wo du es eigentlich bestreiten wolltest. Wenn man ein Werk konsumiert, dann beschäftigt man sich nicht wissenschaftlich damit. Beides sind verschiedene Dinge nicht zusammen zu haben sind und die du nicht auseinanderhalten kannst. Wenn man ein Werk konsumiert, kann man einiges an es herantragen und es für einige Sachen „mißbrauchen“, wofür es nicht gedacht war, die aber trotzdem Vergnügen bereiten. Und ich halte das noch nicht mal für sachfremd.
    Wer aber wissen will was ein Werk ist, der darf nichts an es herantragen, sondern muss sich fragen was er dem Werk entnehmen kann. Das ist nicht Interpretation, da gibt’s nichts zu deuteln. Entweder etwas ist da oder nicht und regelmäßig ist einiges an Idee objektiv da und nicht nichts.
    „, der Ausdruck, dass der Mann sich für zu viele Kinder entschieden hätte wäre darauf zurückzuführen, dass Brecht die Eigenverantwortlichkeit der Leute betont (?!) etc…“ Halte ich nicht für Brechts Idee der Erzählung von „Der unwürdigen Greisin“. Und D.undL. auch nicht. Das hast du in der Tat reininterpretiert. Dieses Beweisverfahren ist wohlfeil. Du denkst dir ne Botschaft aus und stellst dann fest, dass die nicht im Stück steht. Womit dann bewiesen sein soll, dass da eigentlich nichts drin steht. Vielleicht kriegt man die eine oder andere zusätzliche Erkenntnis über ein Brechtstück heraus, wenn man weiß, was er denkt. Dass aber die Bestimmung des Stück von außen, von seiner nichtkünstlerischen Gedankenwelt, auf das Stück erfolgen müsste, weil das Stück für sich nichts ist, die subjektive Bedeutungszuordnung des Künstlers jedoch alles, ist vollkommener Kokolores.
    „Der ganze Einwand erledigt sich mit der Antwort auf die Frage, ob man die Geschichte mit der Großmutter interpretieren muss oder nicht.“ Klare Antwort: Man muss sie nicht interpretieren, um sie richtig verstehen zu können. Wer sorgfältig analysiert kriegt auch ohne Biographiestudium, die Idee des Stücks mit. Das Biographiestudium schadet dem Verständnis aber auch nicht. Natürlich gibt es keine Notwendigkeit, wie überall in der Wissenschaft, dass die Analyse stimmt. Die Unmöglichkeit des Irrtum ist nicht behauptet. „Also kann man den Geist aus der Geschichte für sich überhaupt nicht herausholen.“ Da täuscht du dich. So ein schlechter Dichter war der Brecht nicht. In den Stücken zumindest macht er die moralischen Probleme/Konflikte, immer in Liedern, Gedichten, Prologen klar.
    „Dabei gehen sie von ihrem Zeitgeist, ihrer Sozialisation, ihrer Subjektivität aus.“ Genau! Und der Zeitgeist usw. trifft auch nur auf den Künstler ganz persönlich zu. Wahrscheinlich heißt er deshalb so (rolleyes). „Und genau deshalb muss man den Künstler erklären, wenn man sein Werk erklären will“ Erstmal gibt es den Standpunkt, ein Kunstwerk zu erklären, weit und breit nicht in der Republik, noch nicht mal unter Linken. Die verwechseln nämlich ständig, das Konsumieren, Herantragen von Bedürfnissen, das Interpretieren mit Erklärung. Erklärung liest aber zuallererst Analyse, die sich von der kunstwissenschaftlichen und populären Verwurstung freigemacht hat und sich redlich fragt „Was ist die Idee, die dem Werk zu entnehmen ist.“
    „Oder malt der Künstler auch das künstlerische Programm zweifelsfrei identifizierbar auf sein Bild?“ Das Bild ist Resultat des künstlerischen Programms (gemeint ist kein Programmheft, sondern die bestimmte Vorgehensweise) und insofern ist es am produkt durchaus ablesbar z.B. an den wechslseitig sich überdeckenden Farbspuren, dass das Bild Produkt sozusagen einer Bildschöpfungsperformance ist.
    „Sag doch mal ein BILDIMMANENTES Argument, warum die Kleckse keine Enten oder Schafe sein sollen!“ Zunächst mal, weil man da einfach keine Schafe und Enten erkennt. Das sind eben Farbspuren, dünne bis dicke Linien, die sich willkürlich knüllen und entwirren, übereinanderlaufen ohne jede gegenständliche Andeutung. Ja, ja. Reininterpretieren kann man natürlich alles. Bloß? Hast du dafür ein vernünftiges bildimmanentes Argument?

  105. Otto
    7. Dezember 2008, 10:17 | #105

    Als Ergänzung: Das Ausweichen von Literatur auf Malerei, Musik und Künste im Allgemeinen hat denselben Grund wie die Einführung linguistischer Zeichensysteme, die ihr an anderer Stelle zu kritisieren imstande seid. Es macht zwar einen Unterschied, ob ein Politiker sich bei Metaphern bedient oder ein Schreiberling fiktionale Texte verfasst, aber der Bedeutungsskeptizismus müsste auf beides zutreffen. Man muss auch nichts über Kindheitstraumata von Faschisten wissen, um die bildhafte Beschimpfung „Zecken“ für Ausländer richtig zuordnen zu können.
    Brecht ist lustigerweise sogar sehr sorgfältig in Sachen Missverständnisse und erklärt z.B. in der „unwürdigen Greisin“, dass ein Kinobesuch für den damaligen Zeitgeist anrüchig war usw. Wer das auf Brechts Kindheit oder auf „poetischen Realismus“ schiebt, nimmt die Geschichte ohnehin nur als „Ausdruck von“ zur Kenntnis – das haben die Referenten einigermaßen gründlich kritisiert – als Pluralismus(-gebot) der Literaturwissenschaften.

  106. Otto
    7. Dezember 2008, 10:17 | #106

    Als Ergänzung: Das Ausweichen von Literatur auf Malerei, Musik und Künste im Allgemeinen hat denselben Grund wie die Einführung linguistischer Zeichensysteme, die ihr an anderer Stelle zu kritisieren imstande seid. Es macht zwar einen Unterschied, ob ein Politiker sich bei Metaphern bedient oder ein Schreiberling fiktionale Texte verfasst, aber der Bedeutungsskeptizismus müsste auf beides zutreffen. Man muss auch nichts über Kindheitstraumata von Faschisten wissen, um die bildhafte Beschimpfung „Zecken“ für Ausländer richtig zuordnen zu können.
    Brecht ist lustigerweise sogar sehr sorgfältig in Sachen Missverständnisse und erklärt z.B. in der „unwürdigen Greisin“, dass ein Kinobesuch für den damaligen Zeitgeist anrüchig war usw. Wer das auf Brechts Kindheit oder auf „poetischen Realismus“ schiebt, nimmt die Geschichte ohnehin nur als „Ausdruck von“ zur Kenntnis – das haben die Referenten einigermaßen gründlich kritisiert – als Pluralismus(-gebot) der Literaturwissenschaften.

  107. 7. Dezember 2008, 13:53 | #107

    Du hast ja recht Otto, hier wurde bisher der arme Brecht nur allerseits, auch von mir, als Aufhänger benutzt, um ganz allgemein was über Kunst zu sagen. Auf jeden Fall müßte man sich bei einem so dezidiert politischen Schriftsteller und Stückeschreiber schon konkreter mit dem auseinandersetzen, was der konkret veröffentlicht hat.
    Ein Punkt, den man dann diskutieren könnte, haben die Dahle-Leute ja schon im Titel ihres Buches thematisiertt Was war eigentlich dran an Brechts Kunst, was es der Deutschen Bank, Frau Merkel und Herrn Stoiber so offensichtlich leicht macht, selbst diesen Autor, der ja, von fast jedermann zugestanden, weder ein Freund der Deutschen Bank noch von Banken überhaupt und parteipolitisch nun alles andere als ein Parteigänger der Politik und Politiker der BRD war, gönnerhaft einzugemeinden? Das war ja offenhörlich auch einigen Zuhörern bei der Wiener eine Frage wert.

  108. 7. Dezember 2008, 13:53 | #108

    Du hast ja recht Otto, hier wurde bisher der arme Brecht nur allerseits, auch von mir, als Aufhänger benutzt, um ganz allgemein was über Kunst zu sagen. Auf jeden Fall müßte man sich bei einem so dezidiert politischen Schriftsteller und Stückeschreiber schon konkreter mit dem auseinandersetzen, was der konkret veröffentlicht hat.
    Ein Punkt, den man dann diskutieren könnte, haben die Dahle-Leute ja schon im Titel ihres Buches thematisiertt Was war eigentlich dran an Brechts Kunst, was es der Deutschen Bank, Frau Merkel und Herrn Stoiber so offensichtlich leicht macht, selbst diesen Autor, der ja, von fast jedermann zugestanden, weder ein Freund der Deutschen Bank noch von Banken überhaupt und parteipolitisch nun alles andere als ein Parteigänger der Politik und Politiker der BRD war, gönnerhaft einzugemeinden? Das war ja offenhörlich auch einigen Zuhörern bei der Wiener eine Frage wert.

  109. 7. Dezember 2008, 13:59 | #109

    zu Ottos Brecht ist lustigerweise sogar sehr sorgfältig in Sachen Missverständnisse.
    Nein, ist er eben nicht. Das Dahle-Team arbeitet das doch überzeugend an dem Gedicht „Was ein Kind gesagt bekommt“ heraus: Das pure Reimen macht buchstäblich nichts einsichtiger als eh schon an echten Erklärungen, Argumenten und Schlußfolgerungen vorgetragen wird.
    Das macht doch auch sein Manifest-Projekt so irre: Statt sich mit dem Text inhaltlich auseinander zu setzen und neben dem Richtigen, daß da immer noch drin zu finden ist, auch das Falsche, auf das sich leider fürchterlich viele Linke historisch gerne berufen haben, als solches herauszuarbeiten, machte Brecht sich die blöde Illusion, schon durch die für heutige Ohren schräge Hexameter-Verfremdung würden den Lesern Argumente eher oder endlich einleuchten, die vorher bei denen nicht verfangen hatten (ich unterstelle dabei, daß Brecht eh an den Ausführungen nichts inhaltlich zu kritisieren gewußt hätte).

  110. 7. Dezember 2008, 13:59 | #110

    zu Ottos Brecht ist lustigerweise sogar sehr sorgfältig in Sachen Missverständnisse.
    Nein, ist er eben nicht. Das Dahle-Team arbeitet das doch überzeugend an dem Gedicht „Was ein Kind gesagt bekommt“ heraus: Das pure Reimen macht buchstäblich nichts einsichtiger als eh schon an echten Erklärungen, Argumenten und Schlußfolgerungen vorgetragen wird.
    Das macht doch auch sein Manifest-Projekt so irre: Statt sich mit dem Text inhaltlich auseinander zu setzen und neben dem Richtigen, daß da immer noch drin zu finden ist, auch das Falsche, auf das sich leider fürchterlich viele Linke historisch gerne berufen haben, als solches herauszuarbeiten, machte Brecht sich die blöde Illusion, schon durch die für heutige Ohren schräge Hexameter-Verfremdung würden den Lesern Argumente eher oder endlich einleuchten, die vorher bei denen nicht verfangen hatten (ich unterstelle dabei, daß Brecht eh an den Ausführungen nichts inhaltlich zu kritisieren gewußt hätte).

  111. Krim
    7. Dezember 2008, 15:37 | #111

    „zu Ottos Brecht ist lustigerweise sogar sehr sorgfältig in Sachen Missverständnisse.” – Nein, ist er eben nicht.“ Doch das ist er. Du redest schon wieder über was ganz anderes wie otto. Du willst jetzt wieder ein Gedicht mit einem Argument verwechseln. Legst den Maßstab an, dass es einsichtig sein soll. Nein Kunst oder Literatur von Btrecht ist nicht dadurch bestimmt, dass sie eine schlechte Kritik ist. Das Gedicht stellt die Moral der Kindererziehung nur dar. Kindererziehung besteht zum Teil darin, dass den Kleinen Moral beigebogen wird. Für Brecht ist das zu kritisieren und auch das kann man dem Gedicht entnehmen. Er sagt aber nicht warum Moral verkehrt ist.
    Brecht denkt eben, wenn man den Leuten ihre moralischen Sprüche in geballter Form vor die Nase hält, dann würden sie auch von sich aus auf die richtige Kritik kommen. Und das geht auch, bloß notwendig ist es nicht. Aber notwendig ist auch nicht, dass einer ein Argument einsieht, wenn man es ihm brettlbreit zum Beispiel auf einem Blog lang und breit über Monate und Jahre hinweg ausführt. Brecht wählt die Moralismen auch nicht zufällig aus. „Kohletragen stärkt die Glieder“ – da kann man schon draufkommen, das da die Dienstbarkeit für einen fremden Zweck das ist, was hier als moralischer Wert für sich als Erziehungsziel verkauft wird. Da kann man in der Tat selbst drauf kommen, wenn man es will.
    Brecht ging davon aus, dass die Leute allen Grund haben, auf ein paar kristische Wahrheiten des Kapitalismus selbst kommen zu wollen. Das sie es nicht wollen, ist nicht seine Schuld und dass die deutsche Bank das nicht will erst recht nicht. Dass die Leute die richtigen Schlüsse ziehen hielt Brecht aber nicht für die Aufgabe seiner Kunst. Dementsprechend stehen da auch keine ausgeführten Kritiken drin. Das ziehen der richtigen Schlüsse kann Brecht sowieso nicht für sein Publikum übernehmen. Das müssen sie schon selbst machen. Dementsprechen stellt er die Welt als eine dar, die voll ist von kapitalistischen barbarischen Widersprüchen, voll von schädlicher Moral, die die Welt nicht besser macht. Aber er löst das nicht auf. Er sagt: Die Kunst ist gar nicht in der Lage die Widersprüche aufzulösen. Im Unterschied zu euch, kennt der Brecht die Grenzen seiner Kunst ganz genau. „Der einzige Ausweg wär aus diesem Ungemach: Sie selber dächten auf der Stelle nach – Auf welche Weis’ dem guten Menschen man – Zu einem guten Ende helfen kann. – Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluß! – Es muß ein guter da sein, muß, muß, muß!“

  112. Krim
    7. Dezember 2008, 15:37 | #112

    „zu Ottos Brecht ist lustigerweise sogar sehr sorgfältig in Sachen Missverständnisse.” – Nein, ist er eben nicht.“ Doch das ist er. Du redest schon wieder über was ganz anderes wie otto. Du willst jetzt wieder ein Gedicht mit einem Argument verwechseln. Legst den Maßstab an, dass es einsichtig sein soll. Nein Kunst oder Literatur von Btrecht ist nicht dadurch bestimmt, dass sie eine schlechte Kritik ist. Das Gedicht stellt die Moral der Kindererziehung nur dar. Kindererziehung besteht zum Teil darin, dass den Kleinen Moral beigebogen wird. Für Brecht ist das zu kritisieren und auch das kann man dem Gedicht entnehmen. Er sagt aber nicht warum Moral verkehrt ist.
    Brecht denkt eben, wenn man den Leuten ihre moralischen Sprüche in geballter Form vor die Nase hält, dann würden sie auch von sich aus auf die richtige Kritik kommen. Und das geht auch, bloß notwendig ist es nicht. Aber notwendig ist auch nicht, dass einer ein Argument einsieht, wenn man es ihm brettlbreit zum Beispiel auf einem Blog lang und breit über Monate und Jahre hinweg ausführt. Brecht wählt die Moralismen auch nicht zufällig aus. „Kohletragen stärkt die Glieder“ – da kann man schon draufkommen, das da die Dienstbarkeit für einen fremden Zweck das ist, was hier als moralischer Wert für sich als Erziehungsziel verkauft wird. Da kann man in der Tat selbst drauf kommen, wenn man es will.
    Brecht ging davon aus, dass die Leute allen Grund haben, auf ein paar kristische Wahrheiten des Kapitalismus selbst kommen zu wollen. Das sie es nicht wollen, ist nicht seine Schuld und dass die deutsche Bank das nicht will erst recht nicht. Dass die Leute die richtigen Schlüsse ziehen hielt Brecht aber nicht für die Aufgabe seiner Kunst. Dementsprechend stehen da auch keine ausgeführten Kritiken drin. Das ziehen der richtigen Schlüsse kann Brecht sowieso nicht für sein Publikum übernehmen. Das müssen sie schon selbst machen. Dementsprechen stellt er die Welt als eine dar, die voll ist von kapitalistischen barbarischen Widersprüchen, voll von schädlicher Moral, die die Welt nicht besser macht. Aber er löst das nicht auf. Er sagt: Die Kunst ist gar nicht in der Lage die Widersprüche aufzulösen. Im Unterschied zu euch, kennt der Brecht die Grenzen seiner Kunst ganz genau. „Der einzige Ausweg wär aus diesem Ungemach: Sie selber dächten auf der Stelle nach – Auf welche Weis’ dem guten Menschen man – Zu einem guten Ende helfen kann. – Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluß! – Es muß ein guter da sein, muß, muß, muß!“

  113. 7. Dezember 2008, 15:58 | #113

    Krim, du klingst ja fast schon wie Reich-Ranicki: „Dass die Leute die richtigen Schlüsse ziehen hielt Brecht aber nicht für die Aufgabe seiner Kunst.“ Aber hallo, der war doch nicht Lohnschreiber für Gottschalk oder die FAZ. Der war, und das könnte noch jeder Dödel auch seiner Kunst entnehmen, Kommunist. Bei einem Maler wäre es blöd, dem vorzuwerfen, daß er z.B einen Berg „nur“ dargestellt habe. Aber Brecht zugute zu halten, daß der doch „nur Moral darstellen“ wollte, schneidet den Kritiker aus der Rippe des Künstlers Brecht. Brecht hatte nur, das meine ich auch, ein falsches Verständnis der Wirkung seiner Kunst: „Brecht denkt eben, wenn man den Leuten ihre moralischen Sprüche in geballter Form vor die Nase hält, dann würden sie auch von sich aus auf die richtige Kritik kommen. Und das geht auch, bloß notwendig ist es nicht.“
    Deshalb bin ich mir auch nicht sicher, ob deine Behauptung stimmt: „Dass die Leute die richtigen Schlüsse ziehen hielt Brecht aber nicht für die Aufgabe seiner Kunst.“ Was denn deiner Meinung sonst, der hat doch keine Country-Songs für Langstrecken-Fahren geschrieben!

  114. 7. Dezember 2008, 15:58 | #114

    Krim, du klingst ja fast schon wie Reich-Ranicki: „Dass die Leute die richtigen Schlüsse ziehen hielt Brecht aber nicht für die Aufgabe seiner Kunst.“ Aber hallo, der war doch nicht Lohnschreiber für Gottschalk oder die FAZ. Der war, und das könnte noch jeder Dödel auch seiner Kunst entnehmen, Kommunist. Bei einem Maler wäre es blöd, dem vorzuwerfen, daß er z.B einen Berg „nur“ dargestellt habe. Aber Brecht zugute zu halten, daß der doch „nur Moral darstellen“ wollte, schneidet den Kritiker aus der Rippe des Künstlers Brecht. Brecht hatte nur, das meine ich auch, ein falsches Verständnis der Wirkung seiner Kunst: „Brecht denkt eben, wenn man den Leuten ihre moralischen Sprüche in geballter Form vor die Nase hält, dann würden sie auch von sich aus auf die richtige Kritik kommen. Und das geht auch, bloß notwendig ist es nicht.“
    Deshalb bin ich mir auch nicht sicher, ob deine Behauptung stimmt: „Dass die Leute die richtigen Schlüsse ziehen hielt Brecht aber nicht für die Aufgabe seiner Kunst.“ Was denn deiner Meinung sonst, der hat doch keine Country-Songs für Langstrecken-Fahren geschrieben!

  115. Krim
    7. Dezember 2008, 19:01 | #115

    „Der war, und das könnte noch jeder Dödel auch seiner Kunst entnehmen, Kommunist.“ Ja, er war Kommunist, aber als Dramatiker war er kein Agitator oder ein Theoretiker. Diesen ständigen Vergleich sollte man lassen. Seine Stücke und Geschichten sind weder Flugblätter noch linke Theorien und das wusste er auch.
    „Deshalb bin ich mir auch nicht sicher, ob deine Behauptung stimmt: “Dass die Leute die richtigen Schlüsse ziehen hielt Brecht aber nicht für die Aufgabe seiner Kunst.” „ Damit wollte ich sagen, dass Brecht wusste, dass er das nicht leisten kann und da hatte er recht. Es ist ein Unterschied (um mal Matrix zu zitieren), ob man einen Weg kennt oder ob man ihn beschreitet, ob man ein Argument kennt oder ob man daraus für sich was folgen lässt. Natürlich hat Brecht gehofft, dass die Leute die Barbarei des Kapitalismus erkennen und ihn zum Teufel schicken. Dafür hat er die Stücke geschrieben, bloß wusste er auch, dass es nicht in seiner Hand liegt, was daraus wird. Der Brecht hat gedacht, dass wenn man Widersprüchlichkeit und das daraus erwachsende Elend wahrheitsgemäß darstellt, dann dann ist das ein Beitrag dazu den Willen zu entwickeln, dass man die Eigentumsverhältnisse nicht mehr will, dafür aber was besseres. Es muss seiner Meinung nach, einen Ausweg geben, der zu einem guten Ende führt.
    Folgendes ist keine Dichtung, sondern eine programmatische Agitationschrift für Schriftsteller von Bertolt Brecht:„Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit (1938) – Diese Schrift verfasste BERTOLT BRECHT zur Verbreitung in Hitler-Deutschland. Sie wird als Sonderdruck der antifaschistischen Zeitschrift „Unsere Zeit“ herausgegeben vom „Schutzverband Deutscher Schriftsteller.““
    „Zusammenfassung
    Die grosse Wahrheit unseres Zeitalters (mit deren Erkenntnis noch nicht gedient ist, ohne deren Erkenntnis aber keine andere Wahrheit von Belang gefunden werden kann) ist es, dass unser Erdteil in Barbarei versinkt, weil die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln mit Gewalt festgehalten werden. Was nützt es da, etwas Mutiges zu schreiben, aus dem hervorgeht, dass der Zustand, in den wir versinken, ein barbarischer ist (was wahr ist), wenn nicht klar ist, warum wir in diesen Zustand geraten? Wir müssen sagen, dass gefoltert wird, weil die Eigentumsverhältnisse bleiben sollen. Freilich, wenn wir dies sagen, verlieren wir viele Freunde, die gegen das Foltern sind, weil sie glauben, die Eigentumsverhältnisse könnten auch ohne Foltern aufrechterhalten bleiben (was unwahr ist).
    Wir müssen die Wahrheit über die barbarischen Zustände in unserem Land sagen, daß das getan werden kann, was sie zum Verschwinden bringt, nämlich das, wodurch die Eigentumsverhältnisse geändert werden. Wir müssen es ferner denen sagen, die unter den Eigentumsverhältnissen am meisten leiden, an ihrer Abänderung das meiste Interesse haben, den Arbeitern und denen, die wir ihnen als Bundesgenossen zuführen können, weil sie eigentlich auch kein Eigentum an Produktionsmitteln besitzen, wenn sie auch an den Gewinnen beteiligt sind. Und wir müssen, fünftens, mit List vorgehen.
    Und alle diese fünf Schwierigkeiten müssen wir zu ein- und derselben Zeit lösen, denn wir können die Wahrheit über barbarische Zustände nicht erforschen, ohne an die zu denken, welche darunter leiden und während wir, immerfort jede Anwandlung von Feigheit abschüttelnd, die wahren Zusammenhänge im Hinblick auf die suchen, die bereit sind, ihre
    Kenntnis zu benützen, müssen wir auch noch daran denken, ihnen die Wahrheit so zu reichen, dass sie eine Waffe in ihren Händen sein kann und zugleich so listig, dass diese Ueberreichung nicht vom Feind entdeckt und verhindert werden kann. Soviel wird verlangt, wenn verlangt wird, der Schriftsteller soll die Wahrheit schreiben.“

  116. Krim
    7. Dezember 2008, 19:01 | #116

    „Der war, und das könnte noch jeder Dödel auch seiner Kunst entnehmen, Kommunist.“ Ja, er war Kommunist, aber als Dramatiker war er kein Agitator oder ein Theoretiker. Diesen ständigen Vergleich sollte man lassen. Seine Stücke und Geschichten sind weder Flugblätter noch linke Theorien und das wusste er auch.
    „Deshalb bin ich mir auch nicht sicher, ob deine Behauptung stimmt: “Dass die Leute die richtigen Schlüsse ziehen hielt Brecht aber nicht für die Aufgabe seiner Kunst.” „ Damit wollte ich sagen, dass Brecht wusste, dass er das nicht leisten kann und da hatte er recht. Es ist ein Unterschied (um mal Matrix zu zitieren), ob man einen Weg kennt oder ob man ihn beschreitet, ob man ein Argument kennt oder ob man daraus für sich was folgen lässt. Natürlich hat Brecht gehofft, dass die Leute die Barbarei des Kapitalismus erkennen und ihn zum Teufel schicken. Dafür hat er die Stücke geschrieben, bloß wusste er auch, dass es nicht in seiner Hand liegt, was daraus wird. Der Brecht hat gedacht, dass wenn man Widersprüchlichkeit und das daraus erwachsende Elend wahrheitsgemäß darstellt, dann dann ist das ein Beitrag dazu den Willen zu entwickeln, dass man die Eigentumsverhältnisse nicht mehr will, dafür aber was besseres. Es muss seiner Meinung nach, einen Ausweg geben, der zu einem guten Ende führt.
    Folgendes ist keine Dichtung, sondern eine programmatische Agitationschrift für Schriftsteller von Bertolt Brecht:„Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit (1938) – Diese Schrift verfasste BERTOLT BRECHT zur Verbreitung in Hitler-Deutschland. Sie wird als Sonderdruck der antifaschistischen Zeitschrift „Unsere Zeit“ herausgegeben vom „Schutzverband Deutscher Schriftsteller.““
    „Zusammenfassung
    Die grosse Wahrheit unseres Zeitalters (mit deren Erkenntnis noch nicht gedient ist, ohne deren Erkenntnis aber keine andere Wahrheit von Belang gefunden werden kann) ist es, dass unser Erdteil in Barbarei versinkt, weil die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln mit Gewalt festgehalten werden. Was nützt es da, etwas Mutiges zu schreiben, aus dem hervorgeht, dass der Zustand, in den wir versinken, ein barbarischer ist (was wahr ist), wenn nicht klar ist, warum wir in diesen Zustand geraten? Wir müssen sagen, dass gefoltert wird, weil die Eigentumsverhältnisse bleiben sollen. Freilich, wenn wir dies sagen, verlieren wir viele Freunde, die gegen das Foltern sind, weil sie glauben, die Eigentumsverhältnisse könnten auch ohne Foltern aufrechterhalten bleiben (was unwahr ist).
    Wir müssen die Wahrheit über die barbarischen Zustände in unserem Land sagen, daß das getan werden kann, was sie zum Verschwinden bringt, nämlich das, wodurch die Eigentumsverhältnisse geändert werden. Wir müssen es ferner denen sagen, die unter den Eigentumsverhältnissen am meisten leiden, an ihrer Abänderung das meiste Interesse haben, den Arbeitern und denen, die wir ihnen als Bundesgenossen zuführen können, weil sie eigentlich auch kein Eigentum an Produktionsmitteln besitzen, wenn sie auch an den Gewinnen beteiligt sind. Und wir müssen, fünftens, mit List vorgehen.
    Und alle diese fünf Schwierigkeiten müssen wir zu ein- und derselben Zeit lösen, denn wir können die Wahrheit über barbarische Zustände nicht erforschen, ohne an die zu denken, welche darunter leiden und während wir, immerfort jede Anwandlung von Feigheit abschüttelnd, die wahren Zusammenhänge im Hinblick auf die suchen, die bereit sind, ihre
    Kenntnis zu benützen, müssen wir auch noch daran denken, ihnen die Wahrheit so zu reichen, dass sie eine Waffe in ihren Händen sein kann und zugleich so listig, dass diese Ueberreichung nicht vom Feind entdeckt und verhindert werden kann. Soviel wird verlangt, wenn verlangt wird, der Schriftsteller soll die Wahrheit schreiben.“

  117. 7. Dezember 2008, 19:42 | #117

    Nehmen wir mal den Kinderreim. Was steht denn da nicht? Da steht doch ziemlich eindeutig da, dass Erziehuhg zu einem großen Teil in moralischen Geboten und moralischer Belehrung besteht. Als Apologie der Moral ist das wohl kaum mißzuverstehen.
    Da interpretiert man doch noch nicht. Erst wenn man sagen müßte, wie Brechts Moralkritk genau lautet, dann müßte man interpretieren. Aber das ist eben nicht Teil der Idee des Gedichts. Aus dem Gedicht kann man ohne Interpretation entnehmen, dass Brecht kritisiert die Kinder würden von den Erwachsenen bürgerliche Moralmaßstäbe beigebogen bekommen. Da kannst du doch nicht sagen, das könnte man so oder so sehen. Das kann man nur so sehen und wer das anders sieht, hat das Gedicht nicht verstanden.

    Da steht z.B. nicht, dass der Reim als Moralkritik gemeint ist. Also alles, was du aus ihm herausliest seht nicht drin. Man kann sich genauso gut hinstellen und sagen: Ja, so ist es uns gegangen und so gehts den Kindern heute, das ist die Welt der Kinder.
    Es ist schon eigenartig: Alles, was du über das Gedicht behauptest steht nicht drin, was dich nicht daran hindert felsenfest davon überzeugt zu sein, dass es drin stünde. Wo denn? Meinst du die Behauptung einer anderen Interpretation als Mißverständnis macht den Inhalt des Gedichtes unmissverständlich? Was Brecht macht ist Moral zitieren, wofür aber das Zitat von Moral steht, liegt ganz beim Leser.
    Ich zitiere mal nach Otto:

    Was ein Kind gesagt bekommt (B.B.)
    Der liebe Gott sieht alles.
    Man spart für den Fall des Falles.
    Die werden nichts, die nichts taugen.
    Schmökern ist schlecht für die Augen.
    Kohlentragen stärkt die Glieder.
    Die schöne Kinderzeit, die kommt nicht wieder.
    Man lacht nicht über ein Gebrechen.
    Du sollst Erwachsenen nicht widersprechen.
    Man greift nicht zuerst in die Schüssel bei Tisch.
    Sonntagsspaziergang macht frisch.
    Zum Alter ist man ehrerbötig.
    Süßigkeiten sind für den Körper nicht nötig.
    Kartoffeln sind gesund.
    Ein Kind hält den Mund.

    ‚Genau so ist es!‘, hätte meine Oma gesagt und wäre nicht im Entferntesten darauf gekommen, dass damit eine Kritik an ihr gemeint sein könnte. Dabei versteht sie auch nichts falsch, weil eben keine Kritik an ihr drinsteht. Von wegen du würdest nicht interpretieren.

    Du behauptest ja man könne gar keine objektiven Aussagen über ein Stück Kunst treffen. Also jede Aussage sei zwangsläufig eine subjektive Interpretation. Das ist falsch.
    Dein “das Gedichte steht für eine Bedeutung” kriegst du nur über einen Vergleich zu stande. Du unterstellst dem Gedicht eine Botschaft, die sie deiner Interpretation nach haben müßte und sagst dann “Das steht aber gar nicht im Gedicht.” Dass das nicht im Gedicht steht, ist aber nicht die Schuld des Gedichts, sondern deine, weil du es mit einem äußerlichen Maßstab blamierst, der nicht seiner ist. Und der lautet, dem Stück müsse zu entnehmen sein, was du ihm als seine Botschaft zubilligst. Das ist aber ein falsches Verfahren deinerseits, das du nur zum dem Zweck erfunden hast die Kunstwerke als inhaltslos zu blamieren. Inhaltslos wird das doch nur über den Vergleich, dass das Stück z.B. keine Dramentheorie und keine Moralkritik ist. Das muss ein Gedicht aber auch nicht sein, dafür gibt es ja die Dramentheorie und Moralkritik.

    Erstens habe ich nicht behauptet, dass man keine objektiven Aussagen über ein Stück Kunst treffen kann – in Brechts Gedicht oben lese ich Kinderreime, Erziehungssprüche. Die stehen objektiv da, deine Interpretation nicht.
    Zweitens komme ich nicht über einen Vergleich auf die Idee, dass das Gedicht für etwas anderes steht, als seinen unmittelbaren Inhalt, sondern darüber, dass sich das Gedicht als Botschaft behauptet – also mein Wissen um Brecht als Künstler bringt mich auf die Idee. Der will doch nicht einfach Kinderreime aufschreiben, sondern das Zitat der Moral steht für etwas.
    Weiterhin kannst du doch nicht deine Interpretation des Gedichtes als seinen Inhalt behaupten, obwohl dein Zeug überhaupt nicht dasteht und dann sagen: Eine andere Interpretation ist nicht möglich, weil ich, der Kunstkrim beschlossen habe, dass das, was ich aus dem Gedicht heraushole, meine Interpretation, in ihm steht und alles andere böswillig herangetragen ist. Völlig absurd! Warum sollte meine Oma denn unrecht haben?
    Übrigens sage ich nicht, dass Kunstwerke inhaltslos sind, sondern sie haben einen Inhalt, den sich der Künstler denkt, wenn er sie macht – das ist der Punkt der Referenten gewesen – was wollte Brecht mit dem Gedicht, was wollte er sagen (und nicht: Was sagt das Gedicht (Krim/Otto)). Und dann haben Kunstwerke auch jeden anderen Inhalt, den man aus ihnen herausliest. Wie oben schon erwähnt hätte meine Oma gesagt: Genau so ist es, da steht Wahrheit.
    Im Beispiel ist eben die Frage, was man aus dem Zitat von Moral macht, wobei noch zu überlegen wäre, ob die Auffassung des Gedichtes als Zitat von Moral nicht auch schon eine Interpretation ist.
    Um nochmal darauf zurückzukommen: Sind neuerdings Formulierungen wie „ist wohl kaum misszuverstehen“ der Ersatz für Argumente?

    “In den Ausdrucksmitteln, die der Künstler verwendet gibt es im Unterschied zur Sprache gerade keine objektiven, verallgemeinerten Bedeutungen, da bedeutet eben für jeden ganz prinzipiell jede Sache das, was sie eben bedeuten soll.”
    Genau das Gegenteil ist richtig. Sprache ist eine bloße gesellschaftliche Übereinkunft, die sich mit der Zeit ändern kann, wie man an den Bedeutungsverschiebungen erkennen kann und den Diskussionen, ob man bestimmte Wörter sagen darf ohne das man meint, was sie im allgemeinen Sprachgebrauch bedeuten. In der Kunst ist das in der Regel nicht so. Da bedeutet das zweidimensionale Abbild einer Rose eben Rose und ob da eine zusätzliche symbolische Bedeutung noch mit verbunden ist, hängt vom Zusammenhang ab.

    Ja, auch die Sprache ändert sich mit der Zeit. Dass du nicht verstanden hast was ich geschrieben habe, dafür kann ich nichts. Das ändert aber nichts daran, dass in der Sprache eben darauf wert gelegt wird, dass eine Rose eben eine Rose ist und nicht etwas anderes, dass ihre Bedeutung verallgemeinert ist. Woher weißt du eigentlich, wann eine Rose ein Symbol für etwas ist und wann nicht. Du bringst zwei sich ausschließende Bestimmungen der Rose in der Kunst an: Sie ist eine Rose oder etwas anderes, für das sie steht und du behauptest felsenfest, das ließe sich der zweidimensionalen Rose entnehmen. Der Punkt den du nicht begriffen hast ist: Sprache ist (von mir aus) eine Konvention um sich verständigen zu können. Bei Kunst gibt es diese Konvention nicht. Bzw. wenn es sie gibt, dann als das Kunstprogramm des Künstlers. Da kann man nachlesen und dann weiß man, ob die Kleckse Schafe sind oder der Zufall als künstlerisches Mittel dienst und die Kleckse eben nur wie Schafe aussehen.

    Wenn das Licht das Thema des Bildes ist, ist von einer symbolischen Bedeutung eher nicht auszugehen. Ein symbolisches Verhältnis gibt es auch, aber eben nur auf der Grundlage, dass es direkt dem Kunstwerk zu entnehmen ist, dass das Bild einer Rose eine wirkliche Rose darstellt.

    Quatsch, siehe oben. Wenn jemand eine Rose malt, dann hat er eben eine Rose gemalt, wie soll ohne den Geist des Betrachters der Rose etwas anderes zuwachsen als das, was sie ist. Vielleicht denkt der Betrachter über die Rose das gleiche wie der Künstler, dann denken sie das gleiche über das Bild – wenn nicht, nicht. Auch hier ist dein Widerspruch, dass du auf der Grundlage, dass der Künstler an irgendein Symbolgebäude glaubt, das freilich auch subjektiv ist (siehe Beuys, Fett & Filz), vom Zeitgeist abhängt, vom Milieu, in dem der Künstler sich herumtreibt (was gilt da so als Zeichen wofür, bei Rappern usw..) meinst damit ginge sowas wie Verständigung. Die ist dann eben mehr oder weniger zufällig (wenn man die Idee mal ernst nimmt). Man kann sie verbessern, indem man sich mit dem Künstler befasst und versucht herauszubekommen, worum es ihm ging, was er als Symbol wofür genommen hat, was die Geschichte des Kunstwerkes ist. Dann kann man dechiffrieren, was er Künstler meint, aber grundsätzlich ersteinmal nicht unbedingt aus dem Werk.

    Das ist überhaupt das kunstmäßige an der Kunst (hegel nennt das klassische Kunst), dass Eigenschaften des dargestellten direkt in der Darstellung zu finden sind. Die bildnerischeIdee hat sich im Werk verkörpert. Bildnerische Abstraktion könnte man das nennen. Und die hängt vom Bildnerischen Medium ab.

    Was für ein Unsinn. Erstens: Der Künstler hat eine Idee gehabt als er das Werk gemacht hat insofern ist für ihn das Werk die Materialisierung seiner Idee. Dann wohnt die aber nicht im Kunstwerk und kann den Betrachter überwältigen, sondern der Betrachter entnimmt dem Kunstwerk seine Ideen; das was ihm einfällt, was er en Symbolen entdeckt, wenn der das Kunstwerk konsumiert. Wie meine Oma. Kein Brecht kommt dann aus dem Buch und erklärt wie’s gemeint ist.

    Das ist wichtig. Die künstlerische Idee, die dem Kunstwerk zu entnehmen ist, ist keine beliebige, sondern eine die gedanklich das Medium antizipiert hat.
    Es ist eine bildnerische idee, ein im jeweiligen Medium gedachte Idee. Daher kann sie sich im Idealfall auch vollständig im Medium ausdrücken. In der Plastik sind beispielsweise Körper, Raum, Licht, Material die abstrakten Eigenschaften, derer diese Kunst fähig ist. Bei anderen sind es andere. Und diese abstrakten Eigenschaften sind dem Kunstwerk auch direkt ohne Wissen zu entnehmen und machen seinen Inhalt aus. Darüber hinaus gibt es dann noch manchmal Bedeutungen, die z.B. vom Kulturkreis abhängen. Die gehen verloren, wenn sie vergessen werden und nicht aufgeschrieben sind. Die anderen nicht. Die Rinder und Antilopen auf der Flucht vor den Jägern sind in den Höhlen auch heute noch erkennbar.

    Ja, die Rinder und Antilopen sind erkennbar, ob da aber der Kampf mit der Nachbarhorde, der Raubzug in ihr Jagdgebiet, die Erinnerung an bessere Zeiten oder die Anbetung des Jagdgottes gemeint ist, kann man dem Kunstwerk eben nicht entnehmen, obwohl jeder durchschnittliche Jäger & Sammler gewusst hätte, dass ein Schakal auf so einem Bild für einen Raubzug steht.
    Du streichst also die bildnerische Idee des vorzeitlichen Künstlers durch. Nach dieser Lesart hatte Brecht die Idee Kinderreime in seinem Gedicht aufzuschreiben. Bzw. war überhaupt nicht bestritten, dass Brechts Gedicht aus Kinderreimen besteht. Dass man das Zitat von Moral zwingend kritisch auffassen muss ist damit nicht bewiesen und das ist ja gerade seine künstlerische Idee bei dem Gedicht gewesen.

    Jedenfalls spricht nichts dafür ein subjektives Zeichensystem. Beim bildnerischen abstrahieren ist nichts subjektiv.

    Aber nur weil du dich dumm stellst. Dass ein Schakal für einen Raubzug steht ist dem Bild von einem Schakal nicht zu entnehmen.

    Diese Zeichensysteme sind gesellschaftlich gültig und werden dann benutzt. Darüberhinaus gibt es bei manchen modernen Künsler auch subjektive Zeichensysteme, aber nie auschließlich. Du machst also fälschlich die Ausnahme, die manche zeitgenössischen Künstler darstellen, zur grundsätzlichen Bestimmung der Kunst. (Nicht umsonst fällt dir wieder Beuys ein. Typisch – Beuys und die Musik müssen bei dir am Ende immer dafür herhalten, dass Kunst einfach bloß subjektive Spinnerei ohne Inhalt sein kann.

    Ja, ein Schakal ist ein Schakal und eine Rose ist eine Rose und er gemalte Schakal ist ein Zeichen für einen Schakal und die gemalte Rose, eben eines für sie Rose. Ganz anders verhält sich das mit den Sachen wofür sie stehen, wofür sie Symbole sind. Dass diese Symboliken eines Künstlers gesellschaftlich gültig seien ist nur eine Behauptung von dir. Wo ist der Beweis? Eines weiß man ganz sicher: So gültig wie die Bedeutung der Spache sind sie nicht und sie werden auch nicht mit der Intention ihre Bedeutung von der Subjektivität der Künstler oder anderen Zufällen abzutrennen gepflegt. Warum eigentlich nicht?
    Der Weg, der beschritten wird ist ein ganz anderer: Man ist aufgefordert sich mit dem Künstler zu befassen, damit man sein mehr oder weniger subjektives Symbolalphabet entziffern kann und weiß, was er gemeint hat. Warum hat Willi Sitte nackte Weiber gemalt – Sitte Kunstauffassung lesen. Warum hat Marc blaue Pferde gemalt – was über Marc lesen usw.. Das ist auch völlig sachgerecht.
    Genießen kann man das Zeug, sofern man sich davon angesprochen fühlt aber auch einfach darüber, dass man selbst betrachtend Bedeutungen vergibt, ein bisschen herumassoziiert etc..
    Kunst ist subjektive Spinnerei, ja (oder Spielerei) – das finde ich aber nicht besonders schlimm, es sei denn man behandelt sie als etwas anderes, dann macht man einen Fehler. Ein teil dessen, wie diese subjektive Spinnerei funktioniert ist hgier wieder abgehandelt worden; es besteht also keine Notwendigkeit mir Gedanken bei deiner unvermeidlichen Replik in den Mund zu legen. Ich habe keine Zeit für die Diskussion.

    Freilich verwechselst du die Konsumption von Kunst mit wissenschaftlicher Beschäftigung damit, und zwar genau in diesem Zitat, wo du es eigentlich bestreiten wolltest. Wenn man ein Werk konsumiert, dann beschäftigt man sich nicht wissenschaftlich damit. Beides sind verschiedene Dinge nicht zusammen zu haben sind und die du nicht auseinanderhalten kannst. Wenn man ein Werk konsumiert, kann man einiges an es herantragen und es für einige Sachen “mißbrauchen”, wofür es nicht gedacht war, die aber trotzdem Vergnügen bereiten. Und ich halte das noch nicht mal für sachfremd.

    Falsch. Ich habe mit dem Satz –

    Libelle:
    “Ich verwechsle überhaupt nichts und schon gleich nicht in dem Zitat, das dich zu der Aussage bringt: Oben steht noch mal, warum einiges dagegen spricht, dass man auf die Idee kommt, die der Künstler hatte, wenn man sein Werk konsumiert.”

    – und dem Verweis auf weiter oben etwas dazu sagen wollen, wie sich Bedeutung für Künstler und Konsument (wissenschaftlicher Betrachter eingeschlossen) zueinander verhalten. Du machst daraus, dass ich gesagt hätte, alle würden bewusst am Kunstwerk herumassoziieren – das trifft nicht das Gesagte. Zum Missbrauch steht oben schon alles Nötige (Kunstkrim usw..).

    Wer aber wissen will was ein Werk ist, der darf nichts an es herantragen, sondern muss sich fragen was er dem Werk entnehmen kann. Das ist nicht Interpretation, da gibt’s nichts zu deuteln. Entweder etwas ist da oder nicht und regelmäßig ist einiges an Idee objektiv da und nicht nichts.

    Eben und dem Brecht-Gedicht sind unzweifelhaft Kinderreime zu entnehmen, mehr nicht.
    Ich habe jetzt, wie auch zu dieser Debatte keine Lust. Es steht dir ja frei, das Kunstwerk für den Wohnort einer Idee zu halten, warum ich es falsch finde ist dieser und älteren Debatten zu entnehmen.

  118. 7. Dezember 2008, 19:42 | #118

    Nehmen wir mal den Kinderreim. Was steht denn da nicht? Da steht doch ziemlich eindeutig da, dass Erziehuhg zu einem großen Teil in moralischen Geboten und moralischer Belehrung besteht. Als Apologie der Moral ist das wohl kaum mißzuverstehen.
    Da interpretiert man doch noch nicht. Erst wenn man sagen müßte, wie Brechts Moralkritk genau lautet, dann müßte man interpretieren. Aber das ist eben nicht Teil der Idee des Gedichts. Aus dem Gedicht kann man ohne Interpretation entnehmen, dass Brecht kritisiert die Kinder würden von den Erwachsenen bürgerliche Moralmaßstäbe beigebogen bekommen. Da kannst du doch nicht sagen, das könnte man so oder so sehen. Das kann man nur so sehen und wer das anders sieht, hat das Gedicht nicht verstanden.

    Da steht z.B. nicht, dass der Reim als Moralkritik gemeint ist. Also alles, was du aus ihm herausliest seht nicht drin. Man kann sich genauso gut hinstellen und sagen: Ja, so ist es uns gegangen und so gehts den Kindern heute, das ist die Welt der Kinder.
    Es ist schon eigenartig: Alles, was du über das Gedicht behauptest steht nicht drin, was dich nicht daran hindert felsenfest davon überzeugt zu sein, dass es drin stünde. Wo denn? Meinst du die Behauptung einer anderen Interpretation als Mißverständnis macht den Inhalt des Gedichtes unmissverständlich? Was Brecht macht ist Moral zitieren, wofür aber das Zitat von Moral steht, liegt ganz beim Leser.
    Ich zitiere mal nach Otto:

    Was ein Kind gesagt bekommt (B.B.)
    Der liebe Gott sieht alles.
    Man spart für den Fall des Falles.
    Die werden nichts, die nichts taugen.
    Schmökern ist schlecht für die Augen.
    Kohlentragen stärkt die Glieder.
    Die schöne Kinderzeit, die kommt nicht wieder.
    Man lacht nicht über ein Gebrechen.
    Du sollst Erwachsenen nicht widersprechen.
    Man greift nicht zuerst in die Schüssel bei Tisch.
    Sonntagsspaziergang macht frisch.
    Zum Alter ist man ehrerbötig.
    Süßigkeiten sind für den Körper nicht nötig.
    Kartoffeln sind gesund.
    Ein Kind hält den Mund.

    ‚Genau so ist es!‘, hätte meine Oma gesagt und wäre nicht im Entferntesten darauf gekommen, dass damit eine Kritik an ihr gemeint sein könnte. Dabei versteht sie auch nichts falsch, weil eben keine Kritik an ihr drinsteht. Von wegen du würdest nicht interpretieren.

    Du behauptest ja man könne gar keine objektiven Aussagen über ein Stück Kunst treffen. Also jede Aussage sei zwangsläufig eine subjektive Interpretation. Das ist falsch.
    Dein “das Gedichte steht für eine Bedeutung” kriegst du nur über einen Vergleich zu stande. Du unterstellst dem Gedicht eine Botschaft, die sie deiner Interpretation nach haben müßte und sagst dann “Das steht aber gar nicht im Gedicht.” Dass das nicht im Gedicht steht, ist aber nicht die Schuld des Gedichts, sondern deine, weil du es mit einem äußerlichen Maßstab blamierst, der nicht seiner ist. Und der lautet, dem Stück müsse zu entnehmen sein, was du ihm als seine Botschaft zubilligst. Das ist aber ein falsches Verfahren deinerseits, das du nur zum dem Zweck erfunden hast die Kunstwerke als inhaltslos zu blamieren. Inhaltslos wird das doch nur über den Vergleich, dass das Stück z.B. keine Dramentheorie und keine Moralkritik ist. Das muss ein Gedicht aber auch nicht sein, dafür gibt es ja die Dramentheorie und Moralkritik.

    Erstens habe ich nicht behauptet, dass man keine objektiven Aussagen über ein Stück Kunst treffen kann – in Brechts Gedicht oben lese ich Kinderreime, Erziehungssprüche. Die stehen objektiv da, deine Interpretation nicht.
    Zweitens komme ich nicht über einen Vergleich auf die Idee, dass das Gedicht für etwas anderes steht, als seinen unmittelbaren Inhalt, sondern darüber, dass sich das Gedicht als Botschaft behauptet – also mein Wissen um Brecht als Künstler bringt mich auf die Idee. Der will doch nicht einfach Kinderreime aufschreiben, sondern das Zitat der Moral steht für etwas.
    Weiterhin kannst du doch nicht deine Interpretation des Gedichtes als seinen Inhalt behaupten, obwohl dein Zeug überhaupt nicht dasteht und dann sagen: Eine andere Interpretation ist nicht möglich, weil ich, der Kunstkrim beschlossen habe, dass das, was ich aus dem Gedicht heraushole, meine Interpretation, in ihm steht und alles andere böswillig herangetragen ist. Völlig absurd! Warum sollte meine Oma denn unrecht haben?
    Übrigens sage ich nicht, dass Kunstwerke inhaltslos sind, sondern sie haben einen Inhalt, den sich der Künstler denkt, wenn er sie macht – das ist der Punkt der Referenten gewesen – was wollte Brecht mit dem Gedicht, was wollte er sagen (und nicht: Was sagt das Gedicht (Krim/Otto)). Und dann haben Kunstwerke auch jeden anderen Inhalt, den man aus ihnen herausliest. Wie oben schon erwähnt hätte meine Oma gesagt: Genau so ist es, da steht Wahrheit.
    Im Beispiel ist eben die Frage, was man aus dem Zitat von Moral macht, wobei noch zu überlegen wäre, ob die Auffassung des Gedichtes als Zitat von Moral nicht auch schon eine Interpretation ist.
    Um nochmal darauf zurückzukommen: Sind neuerdings Formulierungen wie „ist wohl kaum misszuverstehen“ der Ersatz für Argumente?

    “In den Ausdrucksmitteln, die der Künstler verwendet gibt es im Unterschied zur Sprache gerade keine objektiven, verallgemeinerten Bedeutungen, da bedeutet eben für jeden ganz prinzipiell jede Sache das, was sie eben bedeuten soll.”
    Genau das Gegenteil ist richtig. Sprache ist eine bloße gesellschaftliche Übereinkunft, die sich mit der Zeit ändern kann, wie man an den Bedeutungsverschiebungen erkennen kann und den Diskussionen, ob man bestimmte Wörter sagen darf ohne das man meint, was sie im allgemeinen Sprachgebrauch bedeuten. In der Kunst ist das in der Regel nicht so. Da bedeutet das zweidimensionale Abbild einer Rose eben Rose und ob da eine zusätzliche symbolische Bedeutung noch mit verbunden ist, hängt vom Zusammenhang ab.

    Ja, auch die Sprache ändert sich mit der Zeit. Dass du nicht verstanden hast was ich geschrieben habe, dafür kann ich nichts. Das ändert aber nichts daran, dass in der Sprache eben darauf wert gelegt wird, dass eine Rose eben eine Rose ist und nicht etwas anderes, dass ihre Bedeutung verallgemeinert ist. Woher weißt du eigentlich, wann eine Rose ein Symbol für etwas ist und wann nicht. Du bringst zwei sich ausschließende Bestimmungen der Rose in der Kunst an: Sie ist eine Rose oder etwas anderes, für das sie steht und du behauptest felsenfest, das ließe sich der zweidimensionalen Rose entnehmen. Der Punkt den du nicht begriffen hast ist: Sprache ist (von mir aus) eine Konvention um sich verständigen zu können. Bei Kunst gibt es diese Konvention nicht. Bzw. wenn es sie gibt, dann als das Kunstprogramm des Künstlers. Da kann man nachlesen und dann weiß man, ob die Kleckse Schafe sind oder der Zufall als künstlerisches Mittel dienst und die Kleckse eben nur wie Schafe aussehen.

    Wenn das Licht das Thema des Bildes ist, ist von einer symbolischen Bedeutung eher nicht auszugehen. Ein symbolisches Verhältnis gibt es auch, aber eben nur auf der Grundlage, dass es direkt dem Kunstwerk zu entnehmen ist, dass das Bild einer Rose eine wirkliche Rose darstellt.

    Quatsch, siehe oben. Wenn jemand eine Rose malt, dann hat er eben eine Rose gemalt, wie soll ohne den Geist des Betrachters der Rose etwas anderes zuwachsen als das, was sie ist. Vielleicht denkt der Betrachter über die Rose das gleiche wie der Künstler, dann denken sie das gleiche über das Bild – wenn nicht, nicht. Auch hier ist dein Widerspruch, dass du auf der Grundlage, dass der Künstler an irgendein Symbolgebäude glaubt, das freilich auch subjektiv ist (siehe Beuys, Fett & Filz), vom Zeitgeist abhängt, vom Milieu, in dem der Künstler sich herumtreibt (was gilt da so als Zeichen wofür, bei Rappern usw..) meinst damit ginge sowas wie Verständigung. Die ist dann eben mehr oder weniger zufällig (wenn man die Idee mal ernst nimmt). Man kann sie verbessern, indem man sich mit dem Künstler befasst und versucht herauszubekommen, worum es ihm ging, was er als Symbol wofür genommen hat, was die Geschichte des Kunstwerkes ist. Dann kann man dechiffrieren, was er Künstler meint, aber grundsätzlich ersteinmal nicht unbedingt aus dem Werk.

    Das ist überhaupt das kunstmäßige an der Kunst (hegel nennt das klassische Kunst), dass Eigenschaften des dargestellten direkt in der Darstellung zu finden sind. Die bildnerischeIdee hat sich im Werk verkörpert. Bildnerische Abstraktion könnte man das nennen. Und die hängt vom Bildnerischen Medium ab.

    Was für ein Unsinn. Erstens: Der Künstler hat eine Idee gehabt als er das Werk gemacht hat insofern ist für ihn das Werk die Materialisierung seiner Idee. Dann wohnt die aber nicht im Kunstwerk und kann den Betrachter überwältigen, sondern der Betrachter entnimmt dem Kunstwerk seine Ideen; das was ihm einfällt, was er en Symbolen entdeckt, wenn der das Kunstwerk konsumiert. Wie meine Oma. Kein Brecht kommt dann aus dem Buch und erklärt wie’s gemeint ist.

    Das ist wichtig. Die künstlerische Idee, die dem Kunstwerk zu entnehmen ist, ist keine beliebige, sondern eine die gedanklich das Medium antizipiert hat.
    Es ist eine bildnerische idee, ein im jeweiligen Medium gedachte Idee. Daher kann sie sich im Idealfall auch vollständig im Medium ausdrücken. In der Plastik sind beispielsweise Körper, Raum, Licht, Material die abstrakten Eigenschaften, derer diese Kunst fähig ist. Bei anderen sind es andere. Und diese abstrakten Eigenschaften sind dem Kunstwerk auch direkt ohne Wissen zu entnehmen und machen seinen Inhalt aus. Darüber hinaus gibt es dann noch manchmal Bedeutungen, die z.B. vom Kulturkreis abhängen. Die gehen verloren, wenn sie vergessen werden und nicht aufgeschrieben sind. Die anderen nicht. Die Rinder und Antilopen auf der Flucht vor den Jägern sind in den Höhlen auch heute noch erkennbar.

    Ja, die Rinder und Antilopen sind erkennbar, ob da aber der Kampf mit der Nachbarhorde, der Raubzug in ihr Jagdgebiet, die Erinnerung an bessere Zeiten oder die Anbetung des Jagdgottes gemeint ist, kann man dem Kunstwerk eben nicht entnehmen, obwohl jeder durchschnittliche Jäger & Sammler gewusst hätte, dass ein Schakal auf so einem Bild für einen Raubzug steht.
    Du streichst also die bildnerische Idee des vorzeitlichen Künstlers durch. Nach dieser Lesart hatte Brecht die Idee Kinderreime in seinem Gedicht aufzuschreiben. Bzw. war überhaupt nicht bestritten, dass Brechts Gedicht aus Kinderreimen besteht. Dass man das Zitat von Moral zwingend kritisch auffassen muss ist damit nicht bewiesen und das ist ja gerade seine künstlerische Idee bei dem Gedicht gewesen.

    Jedenfalls spricht nichts dafür ein subjektives Zeichensystem. Beim bildnerischen abstrahieren ist nichts subjektiv.

    Aber nur weil du dich dumm stellst. Dass ein Schakal für einen Raubzug steht ist dem Bild von einem Schakal nicht zu entnehmen.

    Diese Zeichensysteme sind gesellschaftlich gültig und werden dann benutzt. Darüberhinaus gibt es bei manchen modernen Künsler auch subjektive Zeichensysteme, aber nie auschließlich. Du machst also fälschlich die Ausnahme, die manche zeitgenössischen Künstler darstellen, zur grundsätzlichen Bestimmung der Kunst. (Nicht umsonst fällt dir wieder Beuys ein. Typisch – Beuys und die Musik müssen bei dir am Ende immer dafür herhalten, dass Kunst einfach bloß subjektive Spinnerei ohne Inhalt sein kann.

    Ja, ein Schakal ist ein Schakal und eine Rose ist eine Rose und er gemalte Schakal ist ein Zeichen für einen Schakal und die gemalte Rose, eben eines für sie Rose. Ganz anders verhält sich das mit den Sachen wofür sie stehen, wofür sie Symbole sind. Dass diese Symboliken eines Künstlers gesellschaftlich gültig seien ist nur eine Behauptung von dir. Wo ist der Beweis? Eines weiß man ganz sicher: So gültig wie die Bedeutung der Spache sind sie nicht und sie werden auch nicht mit der Intention ihre Bedeutung von der Subjektivität der Künstler oder anderen Zufällen abzutrennen gepflegt. Warum eigentlich nicht?
    Der Weg, der beschritten wird ist ein ganz anderer: Man ist aufgefordert sich mit dem Künstler zu befassen, damit man sein mehr oder weniger subjektives Symbolalphabet entziffern kann und weiß, was er gemeint hat. Warum hat Willi Sitte nackte Weiber gemalt – Sitte Kunstauffassung lesen. Warum hat Marc blaue Pferde gemalt – was über Marc lesen usw.. Das ist auch völlig sachgerecht.
    Genießen kann man das Zeug, sofern man sich davon angesprochen fühlt aber auch einfach darüber, dass man selbst betrachtend Bedeutungen vergibt, ein bisschen herumassoziiert etc..
    Kunst ist subjektive Spinnerei, ja (oder Spielerei) – das finde ich aber nicht besonders schlimm, es sei denn man behandelt sie als etwas anderes, dann macht man einen Fehler. Ein teil dessen, wie diese subjektive Spinnerei funktioniert ist hgier wieder abgehandelt worden; es besteht also keine Notwendigkeit mir Gedanken bei deiner unvermeidlichen Replik in den Mund zu legen. Ich habe keine Zeit für die Diskussion.

    Freilich verwechselst du die Konsumption von Kunst mit wissenschaftlicher Beschäftigung damit, und zwar genau in diesem Zitat, wo du es eigentlich bestreiten wolltest. Wenn man ein Werk konsumiert, dann beschäftigt man sich nicht wissenschaftlich damit. Beides sind verschiedene Dinge nicht zusammen zu haben sind und die du nicht auseinanderhalten kannst. Wenn man ein Werk konsumiert, kann man einiges an es herantragen und es für einige Sachen “mißbrauchen”, wofür es nicht gedacht war, die aber trotzdem Vergnügen bereiten. Und ich halte das noch nicht mal für sachfremd.

    Falsch. Ich habe mit dem Satz –

    Libelle:
    “Ich verwechsle überhaupt nichts und schon gleich nicht in dem Zitat, das dich zu der Aussage bringt: Oben steht noch mal, warum einiges dagegen spricht, dass man auf die Idee kommt, die der Künstler hatte, wenn man sein Werk konsumiert.”

    – und dem Verweis auf weiter oben etwas dazu sagen wollen, wie sich Bedeutung für Künstler und Konsument (wissenschaftlicher Betrachter eingeschlossen) zueinander verhalten. Du machst daraus, dass ich gesagt hätte, alle würden bewusst am Kunstwerk herumassoziieren – das trifft nicht das Gesagte. Zum Missbrauch steht oben schon alles Nötige (Kunstkrim usw..).

    Wer aber wissen will was ein Werk ist, der darf nichts an es herantragen, sondern muss sich fragen was er dem Werk entnehmen kann. Das ist nicht Interpretation, da gibt’s nichts zu deuteln. Entweder etwas ist da oder nicht und regelmäßig ist einiges an Idee objektiv da und nicht nichts.

    Eben und dem Brecht-Gedicht sind unzweifelhaft Kinderreime zu entnehmen, mehr nicht.
    Ich habe jetzt, wie auch zu dieser Debatte keine Lust. Es steht dir ja frei, das Kunstwerk für den Wohnort einer Idee zu halten, warum ich es falsch finde ist dieser und älteren Debatten zu entnehmen.

  119. 7. Dezember 2008, 20:34 | #119

    Als Ergänzung: Das Ausweichen von Literatur auf Malerei, Musik und Künste im Allgemeinen hat denselben Grund wie die Einführung linguistischer Zeichensysteme, die ihr an anderer Stelle zu kritisieren imstande seid. Es macht zwar einen Unterschied, ob ein Politiker sich bei Metaphern bedient oder ein Schreiberling fiktionale Texte verfasst, aber der Bedeutungsskeptizismus müsste auf beides zutreffen. Man muss auch nichts über Kindheitstraumata von Faschisten wissen, um die bildhafte Beschimpfung „Zecken“ für Ausländer richtig zuordnen zu können.

    Das Problem ist, dass du nicht verstanden hast, was ich sagen wollte. Es ging nicht darum grundsätzlich festzuhalten, dass man nicht sagen könne, was man meint, oder das alles von der Biografie abhängt, sondern darum festzuhalten, dass ein Künstler Inhalte symbolisiert. Und dann ging es darum, inwiefern diese Symbole der Tauglichkeit von Sprache vergleichbar sind. Mein Ergebnis ist: Das sind sie nicht, weil Kunstwerke erstens zu interpretieren sind (die Symbole müssen in Gedanken übersetzt werden) und sich darüber die Frage ergibt, was überhaupt ein Symbol ist und diese Symbole zweitens eben nicht gesellschaftlich durchgesetzt, sondern hochgradig subjektiv sind.
    Brecht hat übrigens in seinem Gedicht gerade nicht gesagt, was er meint, sonst hätte er kein Gedicht geschrieben. Ihr (du und krim) habt eigentlich keinen Gedanken des Gesagten verstanden.
    Das war mein letzter Beitrag zu dieser Diskussion, weil sie für mich eigentlich nicht wichtig is, die Positionen hier sind längst getauscht.

  120. 7. Dezember 2008, 20:34 | #120

    Als Ergänzung: Das Ausweichen von Literatur auf Malerei, Musik und Künste im Allgemeinen hat denselben Grund wie die Einführung linguistischer Zeichensysteme, die ihr an anderer Stelle zu kritisieren imstande seid. Es macht zwar einen Unterschied, ob ein Politiker sich bei Metaphern bedient oder ein Schreiberling fiktionale Texte verfasst, aber der Bedeutungsskeptizismus müsste auf beides zutreffen. Man muss auch nichts über Kindheitstraumata von Faschisten wissen, um die bildhafte Beschimpfung „Zecken“ für Ausländer richtig zuordnen zu können.

    Das Problem ist, dass du nicht verstanden hast, was ich sagen wollte. Es ging nicht darum grundsätzlich festzuhalten, dass man nicht sagen könne, was man meint, oder das alles von der Biografie abhängt, sondern darum festzuhalten, dass ein Künstler Inhalte symbolisiert. Und dann ging es darum, inwiefern diese Symbole der Tauglichkeit von Sprache vergleichbar sind. Mein Ergebnis ist: Das sind sie nicht, weil Kunstwerke erstens zu interpretieren sind (die Symbole müssen in Gedanken übersetzt werden) und sich darüber die Frage ergibt, was überhaupt ein Symbol ist und diese Symbole zweitens eben nicht gesellschaftlich durchgesetzt, sondern hochgradig subjektiv sind.
    Brecht hat übrigens in seinem Gedicht gerade nicht gesagt, was er meint, sonst hätte er kein Gedicht geschrieben. Ihr (du und krim) habt eigentlich keinen Gedanken des Gesagten verstanden.
    Das war mein letzter Beitrag zu dieser Diskussion, weil sie für mich eigentlich nicht wichtig is, die Positionen hier sind längst getauscht.

  121. Otto
    7. Dezember 2008, 21:14 | #121

    Na wenn’s nur ums Positionieren ging. Ich habe absichtlich eine Metapher von Nationalisten gewählt, die symbolisch keine Fragen offen lässt („Zecken, Wanzen, Parasiten“ etc.), auch wenn sie wahrscheinlich nicht zu deinem aktiven Wortschatz gehört.
    Der Brecht benutzt nicht einmal bildhafte Sprache in den Kinderreimen und dass man sofort weiß, wie Brecht zur Moralerziehung steht, geht auch nicht erst aus dem letzten Reim hervor. Auf diese Ansammlung von Sprüchen in Reimform käme kein Moralfan, weil der an der erbaulichen Darstellung von Moralismen interessiert ist. Auch deine Oma müsste schon ein ziemlicher Depp sein, wenn sie die Sammlung in der Reihenfolge für wertepädagogisch wertvoll hielte.

  122. Otto
    7. Dezember 2008, 21:14 | #122

    Na wenn’s nur ums Positionieren ging. Ich habe absichtlich eine Metapher von Nationalisten gewählt, die symbolisch keine Fragen offen lässt („Zecken, Wanzen, Parasiten“ etc.), auch wenn sie wahrscheinlich nicht zu deinem aktiven Wortschatz gehört.
    Der Brecht benutzt nicht einmal bildhafte Sprache in den Kinderreimen und dass man sofort weiß, wie Brecht zur Moralerziehung steht, geht auch nicht erst aus dem letzten Reim hervor. Auf diese Ansammlung von Sprüchen in Reimform käme kein Moralfan, weil der an der erbaulichen Darstellung von Moralismen interessiert ist. Auch deine Oma müsste schon ein ziemlicher Depp sein, wenn sie die Sammlung in der Reihenfolge für wertepädagogisch wertvoll hielte.

  123. 7. Dezember 2008, 21:36 | #123

    zu Otto
    Ich bin zwar kein Brecht-Gegner, aber wohl doch eher „Depp“ in deiner Diktion: Ich wiederhole, daß das pure Aneinandereihen von mehr oder weniger weitverbreiteten Moralsentenzen buchstäblich nichts an Kritik an denen enthält. Und das schwache Zusatzargument, aber die Reihenfolge, die macht dann diese vorher wohl zugestandernerweise nicht da stehende Kritik zu einer solchen, daß müßtest du auch erst am Text belegen. Natürlich weiß ich auch, wie Brecht zur Moral und Erziehung steht, er hat z.B. in den Flüchtlingsgesprächen die kapitalistische Schule schön auf einen Punkt gebracht mit seiner Geschichte von der ersten Schulstunde und der ersten Ohrfeige, aber das weiß ich nicht aus dem Kindereim-Gedicht.

  124. 7. Dezember 2008, 21:36 | #124

    zu Otto
    Ich bin zwar kein Brecht-Gegner, aber wohl doch eher „Depp“ in deiner Diktion: Ich wiederhole, daß das pure Aneinandereihen von mehr oder weniger weitverbreiteten Moralsentenzen buchstäblich nichts an Kritik an denen enthält. Und das schwache Zusatzargument, aber die Reihenfolge, die macht dann diese vorher wohl zugestandernerweise nicht da stehende Kritik zu einer solchen, daß müßtest du auch erst am Text belegen. Natürlich weiß ich auch, wie Brecht zur Moral und Erziehung steht, er hat z.B. in den Flüchtlingsgesprächen die kapitalistische Schule schön auf einen Punkt gebracht mit seiner Geschichte von der ersten Schulstunde und der ersten Ohrfeige, aber das weiß ich nicht aus dem Kindereim-Gedicht.

  125. 7. Dezember 2008, 22:05 | #125

    Mensch sag mal Otto bist du wirklich so blöd, oder tust du nur so?
    Steht denn da die Interpretation der Autoren in dem Gedicht, oder stehen da Kinderreime?
    Dann spekulierst du darüber, worauf Moralfans kommen (Steht das auch da, oder hat das was mit deiner Erfahrung mit denen zu tun?)
    Und dann kennst du die Küche meiner Oma nicht! Natürlich standen da gereimt lauter solche Gedichte wie die von Brecht. Die meinte aber die Reimform würde die Moralismen veredeln.

  126. 7. Dezember 2008, 22:05 | #126

    Mensch sag mal Otto bist du wirklich so blöd, oder tust du nur so?
    Steht denn da die Interpretation der Autoren in dem Gedicht, oder stehen da Kinderreime?
    Dann spekulierst du darüber, worauf Moralfans kommen (Steht das auch da, oder hat das was mit deiner Erfahrung mit denen zu tun?)
    Und dann kennst du die Küche meiner Oma nicht! Natürlich standen da gereimt lauter solche Gedichte wie die von Brecht. Die meinte aber die Reimform würde die Moralismen veredeln.

  127. Krim
    7. Dezember 2008, 22:20 | #127

    Otto hat was verstanden, neo und libelle was erklären zu wollen, ist leider vertane Zeit. Man kann sich auch auf den Standpunkt stellen, Ironie sei nicht ironisch, weil da das gemeinte einfach nicht da steht, sondern sein Gegenteil. Statt euch kann man genausogut versuchen eine Wand zu überzeugen. Das tu ich mir nicht mehr an. Glaubt was ihr wollt und werdet glücklich damit.

  128. Krim
    7. Dezember 2008, 22:20 | #128

    Otto hat was verstanden, neo und libelle was erklären zu wollen, ist leider vertane Zeit. Man kann sich auch auf den Standpunkt stellen, Ironie sei nicht ironisch, weil da das gemeinte einfach nicht da steht, sondern sein Gegenteil. Statt euch kann man genausogut versuchen eine Wand zu überzeugen. Das tu ich mir nicht mehr an. Glaubt was ihr wollt und werdet glücklich damit.

  129. Otto
    7. Dezember 2008, 22:31 | #129

    „aber die Reihenfolge, die macht dann diese vorher wohl zugestandernerweise nicht da stehende Kritik zu einer solchen, daß müßtest du auch erst am Text belegen“
    Wie ich schon sagte: Die satirische Wirkung ist sehr aufdringlich, wenn sich der angeblich gesundheitsfördernde Verzehr von Kartoffeln auf einen Maulkorb für Kinder reimt unter einer Überschrift, die ein Gedicht mit Sprüchen für Kinder ankündigt.
    Wer will, KANN natürlich etwas anderes dem Text entnehmen. Nehmen wir die Behauptung, irgendein Dichter habe bloß Erziehersprüche gesammelt, die sich gut reimen und hübsch klingen. Für Schreiber von Lautgedichten genauso wie einen dichtenden Wertepädagogen wären erstens die Überschrift unpassend und zweitens lässt sich die Zeile „Schmökern ist schlecht für die Augen“ von einem, der das in sein Gedicht schreibt, nicht ohne ironischen Unterton verstehen.
    Die Referenten entnehmen übrigens auch nicht Brechts Stellung zur Pädagogik die Aussage dieses Gedichts, sondern erklären an den Sprüchen, welche Forderungen da aufgesagt werden. Man braucht Mario Barth nicht zu kennen, um seiner Comedy Sexismus nachweisen zu können, da ist es einfach dämlich zu sagen: „Wieso, ist doch Kunst, versteht jeder, so wie er will.“

  130. Otto
    7. Dezember 2008, 22:31 | #130

    „aber die Reihenfolge, die macht dann diese vorher wohl zugestandernerweise nicht da stehende Kritik zu einer solchen, daß müßtest du auch erst am Text belegen“
    Wie ich schon sagte: Die satirische Wirkung ist sehr aufdringlich, wenn sich der angeblich gesundheitsfördernde Verzehr von Kartoffeln auf einen Maulkorb für Kinder reimt unter einer Überschrift, die ein Gedicht mit Sprüchen für Kinder ankündigt.
    Wer will, KANN natürlich etwas anderes dem Text entnehmen. Nehmen wir die Behauptung, irgendein Dichter habe bloß Erziehersprüche gesammelt, die sich gut reimen und hübsch klingen. Für Schreiber von Lautgedichten genauso wie einen dichtenden Wertepädagogen wären erstens die Überschrift unpassend und zweitens lässt sich die Zeile „Schmökern ist schlecht für die Augen“ von einem, der das in sein Gedicht schreibt, nicht ohne ironischen Unterton verstehen.
    Die Referenten entnehmen übrigens auch nicht Brechts Stellung zur Pädagogik die Aussage dieses Gedichts, sondern erklären an den Sprüchen, welche Forderungen da aufgesagt werden. Man braucht Mario Barth nicht zu kennen, um seiner Comedy Sexismus nachweisen zu können, da ist es einfach dämlich zu sagen: „Wieso, ist doch Kunst, versteht jeder, so wie er will.“

  131. 7. Dezember 2008, 22:40 | #131

    Otto meint kopfschüttelnd, „Man kann sich auch auf den Standpunkt stellen, Ironie sei nicht ironisch.“
    Jedes Kind tut dies bis zu einem gewissen Alter immer und selbst später noch oft, selbst manche Erwachsene kriegen das nicht immer mit.
    Insbesondere bei Literatur, wo man nur den puren Text vor sich hat und z.B. kein Gesicht eines Vortragenden sieht, oder seine Betonung, seine Körpersprache, aus denen Menschen andauernd Indizien ableiten, ob sie gerade verarscht werden oder nicht. Nicht umsonst wurden von Internet-Nutzern die Smilies erfunden, um das etwas klarer werden zu lassen.

  132. 7. Dezember 2008, 22:40 | #132

    Otto meint kopfschüttelnd, „Man kann sich auch auf den Standpunkt stellen, Ironie sei nicht ironisch.“
    Jedes Kind tut dies bis zu einem gewissen Alter immer und selbst später noch oft, selbst manche Erwachsene kriegen das nicht immer mit.
    Insbesondere bei Literatur, wo man nur den puren Text vor sich hat und z.B. kein Gesicht eines Vortragenden sieht, oder seine Betonung, seine Körpersprache, aus denen Menschen andauernd Indizien ableiten, ob sie gerade verarscht werden oder nicht. Nicht umsonst wurden von Internet-Nutzern die Smilies erfunden, um das etwas klarer werden zu lassen.

  133. Otto
    7. Dezember 2008, 22:50 | #133

    Jetzt sind wir wieder bei der saublöden Sprachtheorie, die ihre Kommunikation dafür nutzt unmissverständlich zu sagen: „Kommunikation ist eine Ansammlung von Missverständnissen“. Und als Beleg müssen Kinder herhalten, die Ironie noch nicht VERSTANDEN haben. Ausgangspunkt war aber die Behauptung, bloß die LITERATUR würde solche Uneindeutigkeiten produzieren – mit oder ohne Absicht.

  134. Otto
    7. Dezember 2008, 22:50 | #134

    Jetzt sind wir wieder bei der saublöden Sprachtheorie, die ihre Kommunikation dafür nutzt unmissverständlich zu sagen: „Kommunikation ist eine Ansammlung von Missverständnissen“. Und als Beleg müssen Kinder herhalten, die Ironie noch nicht VERSTANDEN haben. Ausgangspunkt war aber die Behauptung, bloß die LITERATUR würde solche Uneindeutigkeiten produzieren – mit oder ohne Absicht.

  135. Otto
    7. Dezember 2008, 23:42 | #135

    P.S.: Dass es Kinder gibt, die etwas noch nicht verstehen, macht das Unverstandene nicht zu einem Rätsel bzw. zu einer Eigenschaft des Gegenstands, den man begreifen will. Irgendeinen Dummen findet man nämlich immer, der als Kronzeuge für die Unbestimmbarkeit von (literarischen) Aussagen passt.

  136. Otto
    7. Dezember 2008, 23:42 | #136

    P.S.: Dass es Kinder gibt, die etwas noch nicht verstehen, macht das Unverstandene nicht zu einem Rätsel bzw. zu einer Eigenschaft des Gegenstands, den man begreifen will. Irgendeinen Dummen findet man nämlich immer, der als Kronzeuge für die Unbestimmbarkeit von (literarischen) Aussagen passt.

  137. Django
    9. Dezember 2008, 05:15 | #137

    Ja, er war Kommunist, aber als Dramatiker war er kein Agitator oder ein Theoretiker.

    Brecht wollte aber bewusst keine l’art pour l’art schaffen, sondern hat sich (v)erklärt zu einer Art kommunistischer Volkerzieher. Er wollte die Leute durch seine künstlerische Reflexion zur Gesellschaftskritik und Selbstkritik anregen. Das Brecht zugeschriebene „epische Theater“ hatte ganz klar politisch agitatorische Ziele. Entsprechend wird jedes Brecht-Stück nur unter dieser Zweckzuschreibung gelesen und gedeutet. Von daher ist es albern, überhaupt anzunehmen, dass ein Gedicht von Brecht losgelöst von diesen Paradigmen aufgefasst würde. Wie es andererseits kein Kunstwerk gibt, das zeitlos für sich selbst steht, unabhängig davon wie der Zeitgeist, der sogenannte Mainstream, dieses auffasst und vereinnahmt.

  138. Django
    9. Dezember 2008, 05:15 | #138

    Ja, er war Kommunist, aber als Dramatiker war er kein Agitator oder ein Theoretiker.

    Brecht wollte aber bewusst keine l’art pour l’art schaffen, sondern hat sich (v)erklärt zu einer Art kommunistischer Volkerzieher. Er wollte die Leute durch seine künstlerische Reflexion zur Gesellschaftskritik und Selbstkritik anregen. Das Brecht zugeschriebene „epische Theater“ hatte ganz klar politisch agitatorische Ziele. Entsprechend wird jedes Brecht-Stück nur unter dieser Zweckzuschreibung gelesen und gedeutet. Von daher ist es albern, überhaupt anzunehmen, dass ein Gedicht von Brecht losgelöst von diesen Paradigmen aufgefasst würde. Wie es andererseits kein Kunstwerk gibt, das zeitlos für sich selbst steht, unabhängig davon wie der Zeitgeist, der sogenannte Mainstream, dieses auffasst und vereinnahmt.

  139. 9. Dezember 2008, 09:31 | #139

    @ Django

    „Das Brecht zugeschriebene “epische Theater” hatte ganz klar politisch agitatorische Ziele. Entsprechend wird jedes Brecht-Stück nur unter dieser Zweckzuschreibung gelesen und gedeutet. Von daher ist es albern, überhaupt anzunehmen, dass ein Gedicht von Brecht losgelöst von diesen Paradigmen aufgefasst würde.“

    Ich weiß nicht, ob du dir die Vorträge von W. Dahle und W. Leyerer angehört hast, im zweiten Teil geht Leyerer jedenfalls kritisch auf deine These ein, jeder weiß doch auch, daß das typische Brecht-Theater-Publikum alles andere als die Leute sind, die Brecht mit seinen Stücken im Auge hatte, und daß die zwar regelmäßig vergnügt/besinnlich wieder nach Hause gehen, sich auch manches Bonmot merken werden, aber daß die dadurch zu Kommunisten geworden wären, daß gab es doch wohl eher seltener. Defacto ist Brecht heutzutage gerade mit seinem epischen Theater wieder eingemeindet worden in die klassische aristotelische Theatertradition.
    Leider ist diese und die damit zusammenhängende Frage, wieso gerade so ein Stückeschreiber, der einerseits von aller Welt als sperrig angesehen wird, von vielen sicher auch korrekterweise als Kommunist, dennoch in unserer antikommunistischen Welt solche Furore machen konnte, hier bisher noch gar nicht befriedigend beantwortet. Ich vermute, weil es mittlerweile, zumindest offensichtlich hier, auch gar nicht soviel Interesse an inhaltlicher Beschäftigung mit Brecht und mit Brecht-Kritik a la Dahle/Leyerer gibt.

  140. 9. Dezember 2008, 09:31 | #140

    @ Django

    „Das Brecht zugeschriebene “epische Theater” hatte ganz klar politisch agitatorische Ziele. Entsprechend wird jedes Brecht-Stück nur unter dieser Zweckzuschreibung gelesen und gedeutet. Von daher ist es albern, überhaupt anzunehmen, dass ein Gedicht von Brecht losgelöst von diesen Paradigmen aufgefasst würde.“

    Ich weiß nicht, ob du dir die Vorträge von W. Dahle und W. Leyerer angehört hast, im zweiten Teil geht Leyerer jedenfalls kritisch auf deine These ein, jeder weiß doch auch, daß das typische Brecht-Theater-Publikum alles andere als die Leute sind, die Brecht mit seinen Stücken im Auge hatte, und daß die zwar regelmäßig vergnügt/besinnlich wieder nach Hause gehen, sich auch manches Bonmot merken werden, aber daß die dadurch zu Kommunisten geworden wären, daß gab es doch wohl eher seltener. Defacto ist Brecht heutzutage gerade mit seinem epischen Theater wieder eingemeindet worden in die klassische aristotelische Theatertradition.
    Leider ist diese und die damit zusammenhängende Frage, wieso gerade so ein Stückeschreiber, der einerseits von aller Welt als sperrig angesehen wird, von vielen sicher auch korrekterweise als Kommunist, dennoch in unserer antikommunistischen Welt solche Furore machen konnte, hier bisher noch gar nicht befriedigend beantwortet. Ich vermute, weil es mittlerweile, zumindest offensichtlich hier, auch gar nicht soviel Interesse an inhaltlicher Beschäftigung mit Brecht und mit Brecht-Kritik a la Dahle/Leyerer gibt.

  141. Amelie
    9. Dezember 2008, 15:24 | #141

    Hallo Leute!
    Ich hab gerade in euren Blog hineingeschaut und festgestellt, daß die Veranstaltung von Wendula und Wolfgang am Internet ein bedeutend größeres Echo hat als im Hörsaal.
    Fein.
    Sie war viel zu kurzfristig angesetzt und elend schlecht beworben, daher kamen keine Scharen von Germanisten, die hätten diskutieren können, und von der eigenen Mannschaft war auch eher nur ein kleines Häufchen von Unentwegten. Brecht ist in Österreich kein großes Thema, und wir alle sind brechtmäßig ziemlich unbelesen. Wendula hat auf eine Frage von mir sofort festgestellt, daß ich z.B. die 3Groschenoper nicht kenne.
    Daher die matte Diskussion. Es war für uns alle etwas völlig Neues, und wir hatten seit mehr als 20 Jahren keine Germanistik-Veranstaltung hier in Wien.
    Deswegen hab ich eben organisiert, daß die Sache aufgenommen wird und ich sie weiter verbreiten kann, damit die ganze Mühe von den beiden nicht für Arsch und Friederich war!

  142. Amelie
    9. Dezember 2008, 15:24 | #142

    Hallo Leute!
    Ich hab gerade in euren Blog hineingeschaut und festgestellt, daß die Veranstaltung von Wendula und Wolfgang am Internet ein bedeutend größeres Echo hat als im Hörsaal.
    Fein.
    Sie war viel zu kurzfristig angesetzt und elend schlecht beworben, daher kamen keine Scharen von Germanisten, die hätten diskutieren können, und von der eigenen Mannschaft war auch eher nur ein kleines Häufchen von Unentwegten. Brecht ist in Österreich kein großes Thema, und wir alle sind brechtmäßig ziemlich unbelesen. Wendula hat auf eine Frage von mir sofort festgestellt, daß ich z.B. die 3Groschenoper nicht kenne.
    Daher die matte Diskussion. Es war für uns alle etwas völlig Neues, und wir hatten seit mehr als 20 Jahren keine Germanistik-Veranstaltung hier in Wien.
    Deswegen hab ich eben organisiert, daß die Sache aufgenommen wird und ich sie weiter verbreiten kann, damit die ganze Mühe von den beiden nicht für Arsch und Friederich war!

  143. Otto
    9. Dezember 2008, 15:26 | #143

    „wieso gerade so ein Stückeschreiber […] dennoch in unserer antikommunistischen Welt solche Furore machen konnte“
    Das liegt an Brechts Moralismus, der zwar antikapitalistisch war (ein „guter Mensch“ kann man nur in einer anderen Gesellschaft sein), aber (ohne inhaltliche Kenntnisnahme seines Revisionismus) zur Aufgabe der Literatur passt, kritische Sorgen um Werteerziehung zu verbreiten. Ein Blick in ein x-beliebiges Schulbuch mit einem Brechttext belegt diesen Nutzen für das Geschäft mit gut und böse – dass das mal gesellschaftskritisch gemeint war, stört Literaturwissenschaftler und –didaktiker nicht, weil die Beliebigkeit von literarischen Texten sichergestellt ist, bevor irgendwer den Brecht verstanden hat.

  144. Otto
    9. Dezember 2008, 15:26 | #144

    „wieso gerade so ein Stückeschreiber […] dennoch in unserer antikommunistischen Welt solche Furore machen konnte“
    Das liegt an Brechts Moralismus, der zwar antikapitalistisch war (ein „guter Mensch“ kann man nur in einer anderen Gesellschaft sein), aber (ohne inhaltliche Kenntnisnahme seines Revisionismus) zur Aufgabe der Literatur passt, kritische Sorgen um Werteerziehung zu verbreiten. Ein Blick in ein x-beliebiges Schulbuch mit einem Brechttext belegt diesen Nutzen für das Geschäft mit gut und böse – dass das mal gesellschaftskritisch gemeint war, stört Literaturwissenschaftler und –didaktiker nicht, weil die Beliebigkeit von literarischen Texten sichergestellt ist, bevor irgendwer den Brecht verstanden hat.

  145. 9. Dezember 2008, 15:36 | #145

    zu Amelie
    Es war schon in bißchen schade, daß die Wiener Veranstaltung, die immerhin meiner Kenntnis nach die bisher einzige zum Brecht-Buch vom Dahle/Leyerer-Kreis ist, die mitgeschnitten wurde und damit auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich ist (deshalb besonderes Lob an dich, Amelie), zwar von den Projekt-Leuten ordentlich vorbereitet war (immerhin haben die ja sogar ein ganzes Buch zum Thema herausgebracht), daß aber die Anwesenden, wie du ja selber gestehen mußtest, sich mit Brecht oder mit der Literatur über Brecht und noch nicht mal mit den Thesen der Dahle-Leute beschäftigt hatten.
    Zum Teil krankt die Diskussion hier (und auch im Forum Kapitalismuskritik, daß ja von einem bekennenden Kunsttheoretiker betrieben wird) auch daran. Was wiederum schade ist, denn gerade die interessanteren Fehler von Brecht wären schon einiges Nachdenken wert. Otto hat z.B. ja schon mal ganz knapp etwas zu Brechts letztlich doch sehr problematischen und falschen Moralismus geschrieben.

  146. 9. Dezember 2008, 15:36 | #146

    zu Amelie
    Es war schon in bißchen schade, daß die Wiener Veranstaltung, die immerhin meiner Kenntnis nach die bisher einzige zum Brecht-Buch vom Dahle/Leyerer-Kreis ist, die mitgeschnitten wurde und damit auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich ist (deshalb besonderes Lob an dich, Amelie), zwar von den Projekt-Leuten ordentlich vorbereitet war (immerhin haben die ja sogar ein ganzes Buch zum Thema herausgebracht), daß aber die Anwesenden, wie du ja selber gestehen mußtest, sich mit Brecht oder mit der Literatur über Brecht und noch nicht mal mit den Thesen der Dahle-Leute beschäftigt hatten.
    Zum Teil krankt die Diskussion hier (und auch im Forum Kapitalismuskritik, daß ja von einem bekennenden Kunsttheoretiker betrieben wird) auch daran. Was wiederum schade ist, denn gerade die interessanteren Fehler von Brecht wären schon einiges Nachdenken wert. Otto hat z.B. ja schon mal ganz knapp etwas zu Brechts letztlich doch sehr problematischen und falschen Moralismus geschrieben.

  147. Otto
    9. Dezember 2008, 15:50 | #147

    Um nicht falsch verstanden zu werden, Brecht hat sich einen Widerspruch geleistet, weil er an einigen Stellen Moral retten will und auf deren Korumpierbarkeit insistiert, an anderen Stellen Moral angreift:
    „Wie mir das Moralisieren zuwider ist! Den Mächtigen wird der Spiegel vorgehalten! Als ob sie sich nicht durchaus gefielen darin! Und als ob, wie schon ein Physiker des siebzehnten Jahrhunderts gesagt hat, die Mörder, Diebe und Wucherer nur deshalb stehlen und wuchern, weil sie nicht wissen, wie häßlich das ist! Und die Unterdrückten werden gebeten, mit sich selber um Gottes Willen Mitleid zu haben! Dieses säuerliche Getränk aus Tränen und Schweiß! Die Bedürfnisanstalten sind zu klein, die Armenhäuser haben rauchende Öfen, die Minister Rüstungsaktien, die Pfarrer Geschlechtsorgane! Gegen all das soll ich auftreten.“ (Brecht, Messingkauf)

  148. Otto
    9. Dezember 2008, 15:50 | #148

    Um nicht falsch verstanden zu werden, Brecht hat sich einen Widerspruch geleistet, weil er an einigen Stellen Moral retten will und auf deren Korumpierbarkeit insistiert, an anderen Stellen Moral angreift:
    „Wie mir das Moralisieren zuwider ist! Den Mächtigen wird der Spiegel vorgehalten! Als ob sie sich nicht durchaus gefielen darin! Und als ob, wie schon ein Physiker des siebzehnten Jahrhunderts gesagt hat, die Mörder, Diebe und Wucherer nur deshalb stehlen und wuchern, weil sie nicht wissen, wie häßlich das ist! Und die Unterdrückten werden gebeten, mit sich selber um Gottes Willen Mitleid zu haben! Dieses säuerliche Getränk aus Tränen und Schweiß! Die Bedürfnisanstalten sind zu klein, die Armenhäuser haben rauchende Öfen, die Minister Rüstungsaktien, die Pfarrer Geschlechtsorgane! Gegen all das soll ich auftreten.“ (Brecht, Messingkauf)

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