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Zitat des Tages: „Es war einmal ein Linksrückchen“

1. April 2008

Man hätte auf die Wirtschaftswissenschaftler hören können, die detailgenau diagnostizieren, dass der vermeintliche Wohlstandseinbruch in der unteren Hälfte der Gesellschaft gar nicht stattfindet. Vielmehr sind die Hunderttausenden neuer Arbeitsplätze just dort entstanden. Vom Reiseverhalten der Massen über die Ausstattung mit Handys, Internetanschlüssen und Flachbildschirmen bis zur Verlängerung der Lebenserwartung (also einem medizinischen Wohlstandssprung) bildet sich in Wahrheit kein Abstieg, sondern ein Aufstieg der unteren Bevölkerungsschichten ab. Ein Blick in die massenhaft entstehenden Reihenhaussiedlungen verrät mehr von Deutschlands wohliger Kleinbürgerwirklichkeit als Lafontaines Gespenstererzählung über die Armut.

aus dem Kommentar „Es war einmal ein Linksrückchen“ von Wolfram Weimer im Handelsblatt vom 1.4.08. Wolfram Weimer ist Herausgeber und Chefredakteur von Cicero. Seine Wochenkommentare lesen Sie unter » www.cicero.de

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  1. nobbi
    1. April 2008, 17:17 | #1

    Ein schönes Zeugnis für die Propagandatricks prokapitalistischer VWL-„Wissenschaftler“. Hier ein paar Gedanken, die Anlass geben sollen, die Aussagen von VWLern in Zweifel zu ziehen, zu kritisieren, indem ihre Statistiktricks enttarnt werden:
    „Hunderttausende neuer Arbeitsplätze“ werden zum Indiz für Wohlstand zurechtgelogen, als sei das selbstverständlich und bedürfe keiner Erkärung. Mit solchen Aussagen über den Durchschnitt werden die Extreme geleugnet. Nicht gesagt wird, was alles als „Arbeitsplatz“ zählt, dass mehrere davon bei weniger Leuten konzentriert sind, wer zu den „Erwerbsfähigen“ zählt, wieviele aus der Statistik fallen, da sie schon eine „Beschäftigung“ haben, also Schüler, Student, Rentner oder Zwangsarbeiter sind. Auch wird verschwiegen, ob man über die Gesamtheit redet oder über Einzelne. Steigt der „Wohlstand“ vom Gesamtvolumen her, individuell, pro Haushalt (was die Nicht-Haushalte schon mal nicht erfasst), relativ, absolut, … ?
    Der scheinbar steigende Konsum wird zum Wohlstandsindikator erklärt. Verschwiegen wird, dass die Reallöhne seit Jahrzehnten im freien Fall sind und die Kaufkraft sinkt. Mehr Konsum heißt lediglich, dass vielleicht mehr Geld gegen Gebrauchswerte getauscht wird und weniger gespart wird, was vielleicht daran liegt, dass der Staat die Konten ausspioniert und die Vermögen einstreicht. Oder vielleicht liegt der scheinbar gestiegene Konsum auch an den fallenden Preisen bei Elektronikartikeln. Für mehr Wohlstand spricht beides nicht, solange immer noch gilt, dass die Produzenten kein Eigentum an den Produktionsmitteln haben und genötigt sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, solange den Arbeitern immer noch mehr Arbeit abgepresst wird als zur Erzeugung der Lebensmittel nötig ist, die sie von ihrem Lohn kaufen können.
    VWLer aber messen mit zweierlei Maß: Für die Ausgebeuteten ist alles Wohlstandszuwachs, was sie an Gebrauchswert mehr erhalten, sei es gemessen in Lebenserwartung, Internetanschlüssen, Handys oder Flachbildschirmen. Dass diese Gebrauchswerte im Tauschwert sinken, also mit immer weniger Arbeit produziert werden können, ist egal. Bei den Kapitalisten wird ein anderes Maß angelegt: Hier zählt Arbeit gerade nicht als Wohlstandsindikator (schließlich sind Kapitalisten arbeitslos). Auch gilt Kapitalisten ein Gebrauchswertzuwachs nicht als Wohlstand. Der Reichtum bemisst sich im Profit. Er erfordert, dass die Arbeiter immer stärker verarmen, dass sie einen immer geringeren Anteil des von ihnen produzierten Reichtums erhalten.

  2. nobbi
    1. April 2008, 17:17 | #2

    Ein schönes Zeugnis für die Propagandatricks prokapitalistischer VWL-„Wissenschaftler“. Hier ein paar Gedanken, die Anlass geben sollen, die Aussagen von VWLern in Zweifel zu ziehen, zu kritisieren, indem ihre Statistiktricks enttarnt werden:
    „Hunderttausende neuer Arbeitsplätze“ werden zum Indiz für Wohlstand zurechtgelogen, als sei das selbstverständlich und bedürfe keiner Erkärung. Mit solchen Aussagen über den Durchschnitt werden die Extreme geleugnet. Nicht gesagt wird, was alles als „Arbeitsplatz“ zählt, dass mehrere davon bei weniger Leuten konzentriert sind, wer zu den „Erwerbsfähigen“ zählt, wieviele aus der Statistik fallen, da sie schon eine „Beschäftigung“ haben, also Schüler, Student, Rentner oder Zwangsarbeiter sind. Auch wird verschwiegen, ob man über die Gesamtheit redet oder über Einzelne. Steigt der „Wohlstand“ vom Gesamtvolumen her, individuell, pro Haushalt (was die Nicht-Haushalte schon mal nicht erfasst), relativ, absolut, … ?
    Der scheinbar steigende Konsum wird zum Wohlstandsindikator erklärt. Verschwiegen wird, dass die Reallöhne seit Jahrzehnten im freien Fall sind und die Kaufkraft sinkt. Mehr Konsum heißt lediglich, dass vielleicht mehr Geld gegen Gebrauchswerte getauscht wird und weniger gespart wird, was vielleicht daran liegt, dass der Staat die Konten ausspioniert und die Vermögen einstreicht. Oder vielleicht liegt der scheinbar gestiegene Konsum auch an den fallenden Preisen bei Elektronikartikeln. Für mehr Wohlstand spricht beides nicht, solange immer noch gilt, dass die Produzenten kein Eigentum an den Produktionsmitteln haben und genötigt sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, solange den Arbeitern immer noch mehr Arbeit abgepresst wird als zur Erzeugung der Lebensmittel nötig ist, die sie von ihrem Lohn kaufen können.
    VWLer aber messen mit zweierlei Maß: Für die Ausgebeuteten ist alles Wohlstandszuwachs, was sie an Gebrauchswert mehr erhalten, sei es gemessen in Lebenserwartung, Internetanschlüssen, Handys oder Flachbildschirmen. Dass diese Gebrauchswerte im Tauschwert sinken, also mit immer weniger Arbeit produziert werden können, ist egal. Bei den Kapitalisten wird ein anderes Maß angelegt: Hier zählt Arbeit gerade nicht als Wohlstandsindikator (schließlich sind Kapitalisten arbeitslos). Auch gilt Kapitalisten ein Gebrauchswertzuwachs nicht als Wohlstand. Der Reichtum bemisst sich im Profit. Er erfordert, dass die Arbeiter immer stärker verarmen, dass sie einen immer geringeren Anteil des von ihnen produzierten Reichtums erhalten.

  3. 2. April 2008, 14:38 | #3

    das kann man unter absoluten vs. relativen reichtum fassen, oder?

  4. 2. April 2008, 14:38 | #4

    das kann man unter absoluten vs. relativen reichtum fassen, oder?

  5. Samson
    5. April 2008, 23:52 | #5

    Aus der Perspektive des Bürgers betrachtet, der sich eine Regierung auswählen zu können meint, hat der Weimer so unrecht nicht. Die Frage ist halt, was hat Wohlstand mit Konsum zu tun. Dabei geht es noch nicht Mal darum, ob die Leute das ganze Zeug wirklich gebrauchen können.
    Dass Gebrauchswerte gegen Geld getauscht werden, ist mir allerdings neu. Wenn ich das bei Marx richtig verstanden habe, dann ist Geld die allgemeinste Ware und deswegen das Äquivalent aller Waren. Die Ware selber ist nun aber keine bestimmte Sache, sondern der gesellschaftliche Schein derselben, beruht also auf dem Umstand, dass die Menschen gegeneinander konkurrieren ums Eigentum an den Sachen. Die mehr oder weniger „offene“ Konkurrenz firmiert je nach Gelegenheit als Raub, Diebstahl, Krieg etc., die „gemäßigte“ dagegen eher als Erpessung. Scheinbar äquivalenter Tausch von Waren ist halt auch nur eine Variante von Erpressung.
    Anders gesagt, kein Gebrauchswert hat wirklich einen Tauschwert, denn da wo die Sache als Ware getauscht wird, spielt dieser Gebrauchswert nicht die geringste Rolle. Gleichermaßen verhält es sich mit den Arbeitern und ihrer Arbeitskraft, resp den „Arbeitsplätzen“. Marx sagt nicht umsonst, dass da wo die Arbeit solche für den Wert ist, sie eben keine Lohnarbeit ist. Der Grund ist der, dass die (verkaufte) Arbeitskraft als Eigentum des Kapitalisten, und da dieser quasi Funktionär seines Kapitals ist, als Kapital fungiert. Praktisch produziert zwar der Arbeiter, aber dem gesellschaftlichen Verhältnis nach produziert er als Eigentum des Kapitals.
    Freilich, die Kapitalisten werden dabei reich in Geld, für dass sie sich mehr kaufen können als die Arbeiter. Man kann das für moralisch verwerflich halten. Was würde sich am vorausgesetzten Verhältnis nun ändern, wenn die Arbeiter Eigentümer der Produktionsmittel wären, die Sachen aber weiterhin als Waren produzierten?
    Btw, wie Erklärungen des bürgerliche Wissenschaftsbetriebs gehen, hat Marx schon beschrieben, als die Vorgänger der heutigen VWLer sich noch Nationalökonomen nannten:
    „Wie die Vermehrung der Bedürfnisse und ihrer Mittel die Bedürfnislosigkeit und die Mittellosigkeit erzeugt, beweist der Nationalökonom (…) 1. indem er das Bedürfnis des Arbeiters auf den notwendigsten und jämmerlichsten Unterhalt des physischen Lebens und seine Tätigkeit auf die abstrakteste mechanische Bewegung reduziert, also, sagt er: Der Mensch hat kein andres Bedürfnis weder der Tätigkeit noch des Genusses; denn auch dies Leben erklärt er [als] menschliches Leben und Dasein; indem 2. er das möglichst dürftige Leben (Existenz) als Maßstab, und zwar als allgemeinen Maßstab ausrechnet (…) und alles, was über das allerabstrakteste Bedürfnis hinausgeht (…) erscheint ihm als Luxus. Die Nationalökonomie, diese Wissenschaft des Reichtums, ist daher zugleich die Wissenschaft des Entsagens, des Darbens, der Ersparung, und sie kömmt wirklich dazu, dem Menschen sogar das Bedürfnis einer reinen Luft oder der physischen Bewegung zu ersparen. Diese Wissenschaft der wunderbaren Industrie ist zugleich die Wissenschaft der Askese, und ihr wahres Ideal ist der asketische, aber wuchernde Geizhals und der asketische, aber produzierende Sklave. (…) Die Selbstentsagung, die Entsagung des Lebens und alter menschlichen Bedürfnisse, ist ihr Hauptlehrsatz. Je weniger du ißt, trinkst, Bücher kaufst, in das Theater, auf den Ball, zum Wirtshaus gehst, denkst, liebst, theoretisierst, singst, malst, fichtst etc., um so [mehr] sparst du, um so größer wird dein Schatz, den weder Motten noch Raub fressen, dein Kapital. Je weniger du bist, je weniger du dein Leben äußerst, um so mehr hast du, um so größer ist dein entäußertes Leben, um so mehr speicherst du auf von deinem entfremdeten Wesen. Alles, was dir der Nationalökonom an Leben nimmt und an Menschheit, das alles ersetzt er dir in Geld und Reichtum, und alles das, was du nicht kannst, das kann dein Geld (…) Aber es, was all dies ist, es mag nichts als sich selbst schaffen, sich selbst kaufen, denn alles andre ist ja sein Knecht, und wenn ich den Herrn habe, habe ich den Knecht und brauche ich seinen Knecht nicht. Alle Leidenschaften und alle Tätigkeit muß also untergehn in der Habsucht. Der Arbeiter darf nur soviel haben, daß [er] leben will, und darf nur leben wollen, um zu haben.“ (Ökonomisch-philosophische Manuskripte; MEW Ergänzungsband, 1. Teil S. 548)

  6. Samson
    5. April 2008, 23:52 | #6

    Aus der Perspektive des Bürgers betrachtet, der sich eine Regierung auswählen zu können meint, hat der Weimer so unrecht nicht. Die Frage ist halt, was hat Wohlstand mit Konsum zu tun. Dabei geht es noch nicht Mal darum, ob die Leute das ganze Zeug wirklich gebrauchen können.
    Dass Gebrauchswerte gegen Geld getauscht werden, ist mir allerdings neu. Wenn ich das bei Marx richtig verstanden habe, dann ist Geld die allgemeinste Ware und deswegen das Äquivalent aller Waren. Die Ware selber ist nun aber keine bestimmte Sache, sondern der gesellschaftliche Schein derselben, beruht also auf dem Umstand, dass die Menschen gegeneinander konkurrieren ums Eigentum an den Sachen. Die mehr oder weniger „offene“ Konkurrenz firmiert je nach Gelegenheit als Raub, Diebstahl, Krieg etc., die „gemäßigte“ dagegen eher als Erpessung. Scheinbar äquivalenter Tausch von Waren ist halt auch nur eine Variante von Erpressung.
    Anders gesagt, kein Gebrauchswert hat wirklich einen Tauschwert, denn da wo die Sache als Ware getauscht wird, spielt dieser Gebrauchswert nicht die geringste Rolle. Gleichermaßen verhält es sich mit den Arbeitern und ihrer Arbeitskraft, resp den „Arbeitsplätzen“. Marx sagt nicht umsonst, dass da wo die Arbeit solche für den Wert ist, sie eben keine Lohnarbeit ist. Der Grund ist der, dass die (verkaufte) Arbeitskraft als Eigentum des Kapitalisten, und da dieser quasi Funktionär seines Kapitals ist, als Kapital fungiert. Praktisch produziert zwar der Arbeiter, aber dem gesellschaftlichen Verhältnis nach produziert er als Eigentum des Kapitals.
    Freilich, die Kapitalisten werden dabei reich in Geld, für dass sie sich mehr kaufen können als die Arbeiter. Man kann das für moralisch verwerflich halten. Was würde sich am vorausgesetzten Verhältnis nun ändern, wenn die Arbeiter Eigentümer der Produktionsmittel wären, die Sachen aber weiterhin als Waren produzierten?
    Btw, wie Erklärungen des bürgerliche Wissenschaftsbetriebs gehen, hat Marx schon beschrieben, als die Vorgänger der heutigen VWLer sich noch Nationalökonomen nannten:
    „Wie die Vermehrung der Bedürfnisse und ihrer Mittel die Bedürfnislosigkeit und die Mittellosigkeit erzeugt, beweist der Nationalökonom (…) 1. indem er das Bedürfnis des Arbeiters auf den notwendigsten und jämmerlichsten Unterhalt des physischen Lebens und seine Tätigkeit auf die abstrakteste mechanische Bewegung reduziert, also, sagt er: Der Mensch hat kein andres Bedürfnis weder der Tätigkeit noch des Genusses; denn auch dies Leben erklärt er [als] menschliches Leben und Dasein; indem 2. er das möglichst dürftige Leben (Existenz) als Maßstab, und zwar als allgemeinen Maßstab ausrechnet (…) und alles, was über das allerabstrakteste Bedürfnis hinausgeht (…) erscheint ihm als Luxus. Die Nationalökonomie, diese Wissenschaft des Reichtums, ist daher zugleich die Wissenschaft des Entsagens, des Darbens, der Ersparung, und sie kömmt wirklich dazu, dem Menschen sogar das Bedürfnis einer reinen Luft oder der physischen Bewegung zu ersparen. Diese Wissenschaft der wunderbaren Industrie ist zugleich die Wissenschaft der Askese, und ihr wahres Ideal ist der asketische, aber wuchernde Geizhals und der asketische, aber produzierende Sklave. (…) Die Selbstentsagung, die Entsagung des Lebens und alter menschlichen Bedürfnisse, ist ihr Hauptlehrsatz. Je weniger du ißt, trinkst, Bücher kaufst, in das Theater, auf den Ball, zum Wirtshaus gehst, denkst, liebst, theoretisierst, singst, malst, fichtst etc., um so [mehr] sparst du, um so größer wird dein Schatz, den weder Motten noch Raub fressen, dein Kapital. Je weniger du bist, je weniger du dein Leben äußerst, um so mehr hast du, um so größer ist dein entäußertes Leben, um so mehr speicherst du auf von deinem entfremdeten Wesen. Alles, was dir der Nationalökonom an Leben nimmt und an Menschheit, das alles ersetzt er dir in Geld und Reichtum, und alles das, was du nicht kannst, das kann dein Geld (…) Aber es, was all dies ist, es mag nichts als sich selbst schaffen, sich selbst kaufen, denn alles andre ist ja sein Knecht, und wenn ich den Herrn habe, habe ich den Knecht und brauche ich seinen Knecht nicht. Alle Leidenschaften und alle Tätigkeit muß also untergehn in der Habsucht. Der Arbeiter darf nur soviel haben, daß [er] leben will, und darf nur leben wollen, um zu haben.“ (Ökonomisch-philosophische Manuskripte; MEW Ergänzungsband, 1. Teil S. 548)

  7. 9. April 2008, 21:21 | #7

    Ein paar Anmerkungen:
    Doch, die Staatbürger können sich in einer Demokratie wie der hiesigen „eine Regierung auswählen“. Man sollte, statt das Offensichtliche zu verneinen, lieber fragen, was die Wähler den so Grundlegendes davon haben, wenn sie zwar über das Personal ihrer Herrschaft, aber nicht über das Programm und den Zweck dieser Herrschaft zu wählen haben/wählen können.
    Doch, Wohlstand hat auch mit Konsum zu tun. Nicht nur, aber eben auch. Den Leuten fehlt nicht nur eine Hegel-Schulung sondern zumeist ein hineichend großes Kinderzimmer und ein ausreichend langer Sommerurlaub.
    „Dass Gebrauchswerte gegen Geld getauscht werden, ist mir allerdings neu“. Wundert mich jetzt. Denn buchstäblich alles Nützliche, was man hierzulande so rumliegen sieht in den diversen Läden, ist doch jedes Mal eine Ware, denen ein gewissenhafter Verkäufer aufgeklebt hat, „Gegen Geld bin ich zu haben!“ Und bis auf Kirmes- oder Urlaubsnepp wirst auch du von all dem Zeugs nichts nochmal kaufen, wenn die jeweiligen Sachen nicht den Gebrauchwert haben, wegen dem du deine Kröten nolens volens auf den Tisch legst.
    Deshalb ist es auch erstmal faktisch falsch, wenn du recht vollmundig behauptest, „Die Ware selber ist nun aber keine bestimmte Sache“. Alle Waren sind bestimmte Sachen. Für irgendein bestimmtes Bedürfnis. Wenn ich Hunger habe, nützt mir ein Handy im Sonderangebot nichts. Wenn ich in Ski-Uralub will, dann interessieren mich die Volleybälle nicht die Bohne. Die tollsten Schuhe lassen mich kalt, wenn es sie nicht in meiner Größe gibt.
    Du mußt dich schon entscheiden: „Scheinbar äquivalenter Tausch von Waren ist halt auch nur eine Variante von Erpressung“ Gibt es da nun als Gesetz hinter dem Rücken der Tauschenden Warenanbieter und Käufer einen Tausch gleicher Werte gegeneinander, den Äquivalententausch, oder gibt es den nicht und alles ist letzlich in seinen ja doch erstaunlich festen Austauschrelationen ein wildes Hauen und Stechen, reine Willkür der Erpressung. Dabei will ich gar nicht abstreiten, daß die Basis des Warenverkaufens gegen Geld natürlich schon was Erpresserisches hat: Der Verkäufer nutzt die Schwäche des Käufers aus, daß der sein Zeugs leider dringend braucht oder einfach nur unbedingt jetzt haben will (aus was für spinnerten Beweggründen auch immer) und das seine Verfügungsmacht qua Eigentum der Ausschluß aller anderen ist, die sein Zeugs als was konkret Nützliches brauchen könnten, der Käufer nützt den Fakt, daß er nunmal Geld in der Tasche hat, um das es dem Verkäufer ja überhaupt nur geht. Daß da buchstäblich immer der Verkäufer am liebsten praktisch gar nichts aus der Hand geben will um dem Käufer möglichst all dessen Geld aus der Tache zu ziehen und umgekehrt, daß weiß jeder. Warum aber ein typisches Brötchen immer wieder nur ein paar Cent und eine Bratpfanne immer wieder einige Dutzend Euro kosten, das sollte dir eigentlich zu denken geben.
    An sich eine gute Frage: „Was würde sich am vorausgesetzten Verhältnis nun ändern, wenn die Arbeiter Eigentümer der Produktionsmittel wären, die Sachen aber weiterhin als Waren produzierten?“ Meine Antwort darauf ist, daß sie das tunlichst sein lassen sollten. Sie sollten dann einfach nur organisiert und geplant die Sachen herstellen und die Dienstleistungen erbringen, die die Leute brauchen.

  8. 9. April 2008, 21:21 | #8

    Ein paar Anmerkungen:
    Doch, die Staatbürger können sich in einer Demokratie wie der hiesigen „eine Regierung auswählen“. Man sollte, statt das Offensichtliche zu verneinen, lieber fragen, was die Wähler den so Grundlegendes davon haben, wenn sie zwar über das Personal ihrer Herrschaft, aber nicht über das Programm und den Zweck dieser Herrschaft zu wählen haben/wählen können.
    Doch, Wohlstand hat auch mit Konsum zu tun. Nicht nur, aber eben auch. Den Leuten fehlt nicht nur eine Hegel-Schulung sondern zumeist ein hineichend großes Kinderzimmer und ein ausreichend langer Sommerurlaub.
    „Dass Gebrauchswerte gegen Geld getauscht werden, ist mir allerdings neu“. Wundert mich jetzt. Denn buchstäblich alles Nützliche, was man hierzulande so rumliegen sieht in den diversen Läden, ist doch jedes Mal eine Ware, denen ein gewissenhafter Verkäufer aufgeklebt hat, „Gegen Geld bin ich zu haben!“ Und bis auf Kirmes- oder Urlaubsnepp wirst auch du von all dem Zeugs nichts nochmal kaufen, wenn die jeweiligen Sachen nicht den Gebrauchwert haben, wegen dem du deine Kröten nolens volens auf den Tisch legst.
    Deshalb ist es auch erstmal faktisch falsch, wenn du recht vollmundig behauptest, „Die Ware selber ist nun aber keine bestimmte Sache“. Alle Waren sind bestimmte Sachen. Für irgendein bestimmtes Bedürfnis. Wenn ich Hunger habe, nützt mir ein Handy im Sonderangebot nichts. Wenn ich in Ski-Uralub will, dann interessieren mich die Volleybälle nicht die Bohne. Die tollsten Schuhe lassen mich kalt, wenn es sie nicht in meiner Größe gibt.
    Du mußt dich schon entscheiden: „Scheinbar äquivalenter Tausch von Waren ist halt auch nur eine Variante von Erpressung“ Gibt es da nun als Gesetz hinter dem Rücken der Tauschenden Warenanbieter und Käufer einen Tausch gleicher Werte gegeneinander, den Äquivalententausch, oder gibt es den nicht und alles ist letzlich in seinen ja doch erstaunlich festen Austauschrelationen ein wildes Hauen und Stechen, reine Willkür der Erpressung. Dabei will ich gar nicht abstreiten, daß die Basis des Warenverkaufens gegen Geld natürlich schon was Erpresserisches hat: Der Verkäufer nutzt die Schwäche des Käufers aus, daß der sein Zeugs leider dringend braucht oder einfach nur unbedingt jetzt haben will (aus was für spinnerten Beweggründen auch immer) und das seine Verfügungsmacht qua Eigentum der Ausschluß aller anderen ist, die sein Zeugs als was konkret Nützliches brauchen könnten, der Käufer nützt den Fakt, daß er nunmal Geld in der Tasche hat, um das es dem Verkäufer ja überhaupt nur geht. Daß da buchstäblich immer der Verkäufer am liebsten praktisch gar nichts aus der Hand geben will um dem Käufer möglichst all dessen Geld aus der Tache zu ziehen und umgekehrt, daß weiß jeder. Warum aber ein typisches Brötchen immer wieder nur ein paar Cent und eine Bratpfanne immer wieder einige Dutzend Euro kosten, das sollte dir eigentlich zu denken geben.
    An sich eine gute Frage: „Was würde sich am vorausgesetzten Verhältnis nun ändern, wenn die Arbeiter Eigentümer der Produktionsmittel wären, die Sachen aber weiterhin als Waren produzierten?“ Meine Antwort darauf ist, daß sie das tunlichst sein lassen sollten. Sie sollten dann einfach nur organisiert und geplant die Sachen herstellen und die Dienstleistungen erbringen, die die Leute brauchen.

  9. Samson
    11. April 2008, 10:08 | #9

    Warum um alles in der Welt sollen sich die Leute denn Gedanken um den Zweck dieser oder irgendeiner anderen Herrschaft machen bzw. was würde es denn ändern, wenn sie den verstünden? Würden sie bspw. ‚rausfinden‘, dass der wirkliche Zweck noch jeder Herrschaft in der gewaltgesetzten Garantie von Privateigentum nebst deren ideologischer ‚Legitimation‘ besteht, dann wäre immer noch fraglich, ob sie das Privateigentum wirklich loswerden oder sich im ‚Eigeninteresse‘ nicht doch lieber um so viel wie möglich davon bemühen wollen, mithin danach streben, sich den herrschenden ‚Gesetzen‘ nicht bloß zu unterwerfen sondern sie für sich ‚anzuwenden‘.
    Ganz ohne Hegel: Peter Decker erklärte Mal gegenüber ‚Antinationalen‘, die von ihm quasi verlangt hatten, für den Irak-Krieg zu sein, weil als dessen Folge dort erst die „Bedingungen kommunistischer Kritik am Kapital“ o.s.ä. geschaffen würden, man würde sich stets von dem Joch befreien wollen, unter dem man gerade leidet. Das bedeutet aber längst nicht, dass in der Kritik am Joch schon dessen Ursache geklärt ist. Allerdings ist der subjektive Wille, das Joch loszuwerden, quasi die Voraussetzung zur wirklichen Klärung von dessen Ursachen. Wenn nun aber die Menschen sich, aus welchen Gründen auch immer, primär als ‚Anpassungstierchen‘ verstehen, dann haben sie ggf. gar keine Kritik am Joch sondern interpretieren es als ‚Herausforderung‘, sich mehr ‚anzustrengen‘ o.s.ä. Mit primär moralischen Imperativen, wie dem, sich mit keinen Verhältnissen abfinden zu wollen, worin Menschen unterdrückte Wesen sind (was ja schon aus Hegels ‚Weltgeist‘ nicht zu folgern ist), können sie dann womöglich wenig anfangen.
    Dann ist es sogar wahrscheinlich, dass sie sich selber einbilden, das zu sein, was ihnen das ‚gesellschaftliche Rollenklischee‘ vorzuschreiben scheint. Und dann sind eben alle bestimmten Sachen zunächst Waren, für die man Geld hinlegen muss. Aber dass die Sachen Waren sind, ist nun gerade keine Eigenschaft der Sachen. Du kommst ja selber auf den Gedanken, dass es ein Verkäufer, also jemand in einer ‚gesellschaftlichen Rolle‘ ist, der ein Preisschild auf die Sache pappt. Dass der Verkäufer damit die Schwäche des Käufers ausnutzt, lässt sich so absolut überhaupt nicht sagen. Auf dem Markt konkurrieren i.d.R. mehrere Verkäufer um die ‚Gunst‘ des Käufers, tun aber aus ganz praktischen Gründen (‚Rollenklischee‘) permanent so, als wären sie die einzigen ‚Anbieter‘. Die Frage ist halt, warum verhalten sich die Leute zueinander als Verkäufer und Käufer, wieso musst du Hunger haben, während woanders Brot vergammelt oder weshalb kommst du auf den Einfall, Ski-Urlaub ausgerechnet dort haben zu wollen, wo es nur Volleybälle gibt? Umgekehrt ließe sich aus der Perspektive von Verkäufern fragen, weshalb die ihren Krempel nicht Mal im ‚Sonderangebot‘ (analytisch = unter Kostpreis) loswerden, obwohl du doch so viele schöne Eigentumstitel in der Tasche hast.
    Und dabei spielt sich rein gar nichts hinter jemandes Rücken quasi naturgesetzlich ab. Mit den Metaphern ist das eh so eine krude Angelegenheit. Vor etlichen Jahren schrieb jemand, die Menschen seien einerseits das die Logik des Wertgesetzes konstiuierende Subjekt, andererseits gerade dadurch die der Logik unterworfene Sache. Übersetzt man die Metapher vom Wert, dann ist es nichts anderes als Eigentum in allgemeinster Form, d.h. quasi inhaltslos.
    Formal betrachtet ist Eigentum bloße gewaltgesetzte Exklusivität am Gebrauch. Was freilich Menschen als immer schon vergesellschafte Individuen, quasi als ‚Gattungswesen‘ vorausgesetzt sind, sonst wäre der Anspruch sinnlos. Ebenso wird im Anspruch die Sache selber als schon existent unterstellt. Ski-Urlaub ist nur möglich, wo Schnee liegt und deinen Hunger kannst du bloß mit Nahrungsmitteln stillen, die tatsächlich vorhanden sind. Erhebt auf diese aber jemand einen Eigentumsanspruch, bleibst du hungrig, selbst wenn der Andere längst satt ist (im Unterschied bspw zu im Rudel lebenden Raubtieren, die ihre Beute nach Rangordnung ‚verteilen‘), mit dem Gebrauchswert der Sachen gar nichts mehr anfangen kann. Um nicht zu verhungern bleiben dir eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder du bestreitest den Eigentumsanspruch, oder du bietest fürs Eigentum ein ‚Äquivalent‘ an. Was immer letzteres sei, es ist nie das ‚Äquivalent‘ für den Gebrauch der Sache sondern stets für das vom Andern hergegebene Eigentum daran.
    Wenn nun die immer schon vergesellschafteten Individuen sich zueinander so verhalten, dass ‚legitimer‘ Gebrauch von Sachen das Eigentum an denselben voraussetzt, dann muss man das halt irgendwie ‚erwerben‘.
    Geht man nun noch von der ‚Endlichkeit‘ der Sachen aus, dann kommt man ums Kriterium der (Re)Produktion nicht herum. Produktion resp. Arbeit ist zwar im Marxschen Sinn „Stoffwechsel“, also qualitative Veränderung von Natur und i.d.S. ‚Aneignung‘ von deren Gebrauchswert, allerdings konstituiert sie kein Eigentum als exklusiven Anspruch darauf, sonst gäbe es bspw. nicht das juristische Verdikt Diebstahl. Der Witz ist dabei, dass streng genommen, also analytisch, schon der Gebrauch von bspw. Produktionsmittel ebenso wie der von ‚äußerer Natur‘ selber deren ‚produktiven Konsum‘ darstellt.
    Das Kapital als Verhältnis, d.h. eben jene Logik des Werts vorausgesetzt, ist die Produktion selber nur möglich, wenn auf deren ’sachliche Elemente‘ ein institutionell garantierter Eigentumsanspruch besteht. Umgekehrt heißt das, wo kein Eigentum an diesen ’sachlichen Elementen‘ besteht, gibts auch keine Produktion von brauchbaren Sachen. Die Bedingung unter der diese Art von Produktion überhaupt stattfindet ist nämlich, dass der Eigentumsanspruch wenigstens als ‚Potenz‘, quasi als Form erhalten werden soll, deren Spezifikum gerade darin besteht, dass keinen besonderen Inhalt hat und daher auf jeden konkreten Inhalt ‚übertragbar‘ ist. Um nichts anderes handelt es sich, wenn (vergängliche) Sachen um eines ‚Äquivalents‘ willen getauscht werden.
    Genau deswegen ist Geld als ‚Wertzeichen‘ maßlos und gleichzeitig als Eigentumtitel notwendig, wenn exklusiver Anspruch auf Gebrauch den wirklichen Gebrauch von Sachen gesellschaftlich erst akzeptabel macht. Das ist auch der Grund, weshalb die bürgerliche Gesellschaft so an sich aberwitzige Konstrukte hervorbringt wie ‚juristische Personen‘, als deren wirkliche Funktionäre dann ’natürliche Personen‘ auftreten. Und nicht umsonst verfiel schon die Politische Ökonomie auf den ‚Kunstgriff‘ der „ursprünglichen Akkumulation“, um zu erklären weshalb die Produktionsmittel privates Eigentum sind.
    Zudem heißt ‚Äquivalent‘ streng genommen, dass es als solches schon existiert, also von seiner Herkunft resp seiner (Re)Produktion ganz abgesehen wird. Wenn du Mittag auf den Markt gehst und y Tomaten haben willst, verlangt der Verkäufer x Geld. Kommst du dagegen kurz vor Marktschluss bekommst du y Tomaten u.U. für x – n Geld, und beide Male handelt es sich ums ‚Äquivalent‘ und zwar deswegen, weil es eben nicht ‚Äquivalent‘ für den produktiven Aufwand für die Tomaten darstellt, sondern solches fürs Eigentum daran. Der Eigentumsanspruch auf einen quantifizierbaren Durchschnittswert, weil der Tomatenverkäufer erstens nicht allein auf dem Markt ist und zweitens seine Ware gar nicht für sich behalten will. Täte er das, wäre er nicht auf dem Markt und die Tomaten hätten bloßen Gebrauchs- aber keinerlei Tauschwert. Dann wären sie aber so wenig Waren wie die Lebensmittel, mit denen du deinen Hunger stillst.
    Die einzige wirklich ‚konsumierbare‘ Ware ist streng genommen Geld. D.h., der ‚Gebrauchswert‘ der Ware Geld besteht darin, ‚Äquivalent‘ jeder Sache zu sein, die weggegeben, obgleich Eigentum erhalten resp. vermehrt werden soll. Wenn sich, was die VWL stets aufs neue in komplizierten Berechnungen nachzuweisen versucht, x ‚Bruttosozialprodukt‘ in y Geld darstellen lässt, dann gilt das auch für x -n und y + n und umgekehrt.
    Das eigentlich obszöne an der ganzen Angelegenheit ist, dass das quasi ‚funktionale Moment‘, also der ursprüngliche Grund von Eigentum, nämlich exklusiver Gebrauch von Sachen, qualitativ umschlägt und sich ins Gegenteil verkehrt. Eigentum ist, weil es als zu ‚erwerbendes‘ stets als fremdes daherkommt, quasi die Verhinderung des Gebrauchs und wird in der Forderung nach dem ‚Äquivalent‘ zum Erpressungsmittel. Wenn die Verhältnisse so sind, dass alle so miteinander verkehren, ob gezwungenermaßen oder nicht, dann ergibt sich analytisch auf der Basis, dass jeder soviel Eigentumstitel nimmt, wie er bekommen kann und im Gegenzug so wenig wie möglich davon hergibt, eben ein durchschnittliches ‚Äquivalent‘. Nur dass es selber nichts ist als quasi unvergänglicher Anspruch auf exklusiven Gebrauch, gleich welcher, in sich selber noch jedes Mal begrenzten, Sache auch immer.
    Btw, so wunderbar wie du denkst funktioniert der Laden ja gar nicht, sonst gäbe es die inzwischen permanente Parallelität zwischen unverkäuflichen Waren (‚Sonderangebote‘) und gleichzeitig ‚Anlage suchendem‘ Geld (= leere Eigentumstitel) nicht. Selbst dass Institutionen sich mittlerweile ihre Schulden in Geld wechselseitig als potenzielle ‚Guthaben‘ aufrechnen, ändert am Sachverhalt prinzipiell nichts. Praktisch vergrößert sich dadurch bloß die regelmäßige Vernichtung von beidem. Die ‚materielle Substanz‘ der Waren wird unbrauchbar (gemacht) während gleichzeitig es auf der Seite der Eigentumstitel zur ‚Wertberichtigung‘ kommt, diese also ‚abgeschrieben‘ werden.
    Wenn du den Leuten klarmachen willst, dass es vernünftiger wäre, geplant zu produzieren, um wirkliche Bedürfnisse zu bedienen, dann musst du ihnen einen grundsätzlichen Widerspruch quasi erst bewusst machen. Der besteht darin, dass die ‚gesellschaftliche Teilung‘ der Arbeit praktisch einhergeht mit immer größerer Kooperation. Die Frage ist dann, warum die (Teil)Resultate dermaßen apriori inkorperierter Produktion wechselseitig als privates Eigentum aufeinander bezogen werden, welches erhalten bleiben soll, obgleich man die Sachen selber gar nicht gebrauchen kann. Gelingt dir das nicht, dann hast du streng genommen auch kein Argument gegen wechselseitige Forderungen nach Lohnsenkung resp. -erhöhung.
    Anders gesagt, wenn bspw. Brecht recht hat und das (individuelle) „Fressen vor der Moral“ kommt, dann gilt das immer. Dann kann man aber auch die Idee vom „Gattungswesen“ in die Tonne kloppen und bspw. ‚Menschenrechte‘ sind nicht mehr als die gegenwärtige Propaganda daraus macht.

  10. Samson
    11. April 2008, 10:08 | #10

    Warum um alles in der Welt sollen sich die Leute denn Gedanken um den Zweck dieser oder irgendeiner anderen Herrschaft machen bzw. was würde es denn ändern, wenn sie den verstünden? Würden sie bspw. ‚rausfinden‘, dass der wirkliche Zweck noch jeder Herrschaft in der gewaltgesetzten Garantie von Privateigentum nebst deren ideologischer ‚Legitimation‘ besteht, dann wäre immer noch fraglich, ob sie das Privateigentum wirklich loswerden oder sich im ‚Eigeninteresse‘ nicht doch lieber um so viel wie möglich davon bemühen wollen, mithin danach streben, sich den herrschenden ‚Gesetzen‘ nicht bloß zu unterwerfen sondern sie für sich ‚anzuwenden‘.
    Ganz ohne Hegel: Peter Decker erklärte Mal gegenüber ‚Antinationalen‘, die von ihm quasi verlangt hatten, für den Irak-Krieg zu sein, weil als dessen Folge dort erst die „Bedingungen kommunistischer Kritik am Kapital“ o.s.ä. geschaffen würden, man würde sich stets von dem Joch befreien wollen, unter dem man gerade leidet. Das bedeutet aber längst nicht, dass in der Kritik am Joch schon dessen Ursache geklärt ist. Allerdings ist der subjektive Wille, das Joch loszuwerden, quasi die Voraussetzung zur wirklichen Klärung von dessen Ursachen. Wenn nun aber die Menschen sich, aus welchen Gründen auch immer, primär als ‚Anpassungstierchen‘ verstehen, dann haben sie ggf. gar keine Kritik am Joch sondern interpretieren es als ‚Herausforderung‘, sich mehr ‚anzustrengen‘ o.s.ä. Mit primär moralischen Imperativen, wie dem, sich mit keinen Verhältnissen abfinden zu wollen, worin Menschen unterdrückte Wesen sind (was ja schon aus Hegels ‚Weltgeist‘ nicht zu folgern ist), können sie dann womöglich wenig anfangen.
    Dann ist es sogar wahrscheinlich, dass sie sich selber einbilden, das zu sein, was ihnen das ‚gesellschaftliche Rollenklischee‘ vorzuschreiben scheint. Und dann sind eben alle bestimmten Sachen zunächst Waren, für die man Geld hinlegen muss. Aber dass die Sachen Waren sind, ist nun gerade keine Eigenschaft der Sachen. Du kommst ja selber auf den Gedanken, dass es ein Verkäufer, also jemand in einer ‚gesellschaftlichen Rolle‘ ist, der ein Preisschild auf die Sache pappt. Dass der Verkäufer damit die Schwäche des Käufers ausnutzt, lässt sich so absolut überhaupt nicht sagen. Auf dem Markt konkurrieren i.d.R. mehrere Verkäufer um die ‚Gunst‘ des Käufers, tun aber aus ganz praktischen Gründen (‚Rollenklischee‘) permanent so, als wären sie die einzigen ‚Anbieter‘. Die Frage ist halt, warum verhalten sich die Leute zueinander als Verkäufer und Käufer, wieso musst du Hunger haben, während woanders Brot vergammelt oder weshalb kommst du auf den Einfall, Ski-Urlaub ausgerechnet dort haben zu wollen, wo es nur Volleybälle gibt? Umgekehrt ließe sich aus der Perspektive von Verkäufern fragen, weshalb die ihren Krempel nicht Mal im ‚Sonderangebot‘ (analytisch = unter Kostpreis) loswerden, obwohl du doch so viele schöne Eigentumstitel in der Tasche hast.
    Und dabei spielt sich rein gar nichts hinter jemandes Rücken quasi naturgesetzlich ab. Mit den Metaphern ist das eh so eine krude Angelegenheit. Vor etlichen Jahren schrieb jemand, die Menschen seien einerseits das die Logik des Wertgesetzes konstiuierende Subjekt, andererseits gerade dadurch die der Logik unterworfene Sache. Übersetzt man die Metapher vom Wert, dann ist es nichts anderes als Eigentum in allgemeinster Form, d.h. quasi inhaltslos.
    Formal betrachtet ist Eigentum bloße gewaltgesetzte Exklusivität am Gebrauch. Was freilich Menschen als immer schon vergesellschafte Individuen, quasi als ‚Gattungswesen‘ vorausgesetzt sind, sonst wäre der Anspruch sinnlos. Ebenso wird im Anspruch die Sache selber als schon existent unterstellt. Ski-Urlaub ist nur möglich, wo Schnee liegt und deinen Hunger kannst du bloß mit Nahrungsmitteln stillen, die tatsächlich vorhanden sind. Erhebt auf diese aber jemand einen Eigentumsanspruch, bleibst du hungrig, selbst wenn der Andere längst satt ist (im Unterschied bspw zu im Rudel lebenden Raubtieren, die ihre Beute nach Rangordnung ‚verteilen‘), mit dem Gebrauchswert der Sachen gar nichts mehr anfangen kann. Um nicht zu verhungern bleiben dir eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder du bestreitest den Eigentumsanspruch, oder du bietest fürs Eigentum ein ‚Äquivalent‘ an. Was immer letzteres sei, es ist nie das ‚Äquivalent‘ für den Gebrauch der Sache sondern stets für das vom Andern hergegebene Eigentum daran.
    Wenn nun die immer schon vergesellschafteten Individuen sich zueinander so verhalten, dass ‚legitimer‘ Gebrauch von Sachen das Eigentum an denselben voraussetzt, dann muss man das halt irgendwie ‚erwerben‘.
    Geht man nun noch von der ‚Endlichkeit‘ der Sachen aus, dann kommt man ums Kriterium der (Re)Produktion nicht herum. Produktion resp. Arbeit ist zwar im Marxschen Sinn „Stoffwechsel“, also qualitative Veränderung von Natur und i.d.S. ‚Aneignung‘ von deren Gebrauchswert, allerdings konstituiert sie kein Eigentum als exklusiven Anspruch darauf, sonst gäbe es bspw. nicht das juristische Verdikt Diebstahl. Der Witz ist dabei, dass streng genommen, also analytisch, schon der Gebrauch von bspw. Produktionsmittel ebenso wie der von ‚äußerer Natur‘ selber deren ‚produktiven Konsum‘ darstellt.
    Das Kapital als Verhältnis, d.h. eben jene Logik des Werts vorausgesetzt, ist die Produktion selber nur möglich, wenn auf deren ’sachliche Elemente‘ ein institutionell garantierter Eigentumsanspruch besteht. Umgekehrt heißt das, wo kein Eigentum an diesen ’sachlichen Elementen‘ besteht, gibts auch keine Produktion von brauchbaren Sachen. Die Bedingung unter der diese Art von Produktion überhaupt stattfindet ist nämlich, dass der Eigentumsanspruch wenigstens als ‚Potenz‘, quasi als Form erhalten werden soll, deren Spezifikum gerade darin besteht, dass keinen besonderen Inhalt hat und daher auf jeden konkreten Inhalt ‚übertragbar‘ ist. Um nichts anderes handelt es sich, wenn (vergängliche) Sachen um eines ‚Äquivalents‘ willen getauscht werden.
    Genau deswegen ist Geld als ‚Wertzeichen‘ maßlos und gleichzeitig als Eigentumtitel notwendig, wenn exklusiver Anspruch auf Gebrauch den wirklichen Gebrauch von Sachen gesellschaftlich erst akzeptabel macht. Das ist auch der Grund, weshalb die bürgerliche Gesellschaft so an sich aberwitzige Konstrukte hervorbringt wie ‚juristische Personen‘, als deren wirkliche Funktionäre dann ’natürliche Personen‘ auftreten. Und nicht umsonst verfiel schon die Politische Ökonomie auf den ‚Kunstgriff‘ der „ursprünglichen Akkumulation“, um zu erklären weshalb die Produktionsmittel privates Eigentum sind.
    Zudem heißt ‚Äquivalent‘ streng genommen, dass es als solches schon existiert, also von seiner Herkunft resp seiner (Re)Produktion ganz abgesehen wird. Wenn du Mittag auf den Markt gehst und y Tomaten haben willst, verlangt der Verkäufer x Geld. Kommst du dagegen kurz vor Marktschluss bekommst du y Tomaten u.U. für x – n Geld, und beide Male handelt es sich ums ‚Äquivalent‘ und zwar deswegen, weil es eben nicht ‚Äquivalent‘ für den produktiven Aufwand für die Tomaten darstellt, sondern solches fürs Eigentum daran. Der Eigentumsanspruch auf einen quantifizierbaren Durchschnittswert, weil der Tomatenverkäufer erstens nicht allein auf dem Markt ist und zweitens seine Ware gar nicht für sich behalten will. Täte er das, wäre er nicht auf dem Markt und die Tomaten hätten bloßen Gebrauchs- aber keinerlei Tauschwert. Dann wären sie aber so wenig Waren wie die Lebensmittel, mit denen du deinen Hunger stillst.
    Die einzige wirklich ‚konsumierbare‘ Ware ist streng genommen Geld. D.h., der ‚Gebrauchswert‘ der Ware Geld besteht darin, ‚Äquivalent‘ jeder Sache zu sein, die weggegeben, obgleich Eigentum erhalten resp. vermehrt werden soll. Wenn sich, was die VWL stets aufs neue in komplizierten Berechnungen nachzuweisen versucht, x ‚Bruttosozialprodukt‘ in y Geld darstellen lässt, dann gilt das auch für x -n und y + n und umgekehrt.
    Das eigentlich obszöne an der ganzen Angelegenheit ist, dass das quasi ‚funktionale Moment‘, also der ursprüngliche Grund von Eigentum, nämlich exklusiver Gebrauch von Sachen, qualitativ umschlägt und sich ins Gegenteil verkehrt. Eigentum ist, weil es als zu ‚erwerbendes‘ stets als fremdes daherkommt, quasi die Verhinderung des Gebrauchs und wird in der Forderung nach dem ‚Äquivalent‘ zum Erpressungsmittel. Wenn die Verhältnisse so sind, dass alle so miteinander verkehren, ob gezwungenermaßen oder nicht, dann ergibt sich analytisch auf der Basis, dass jeder soviel Eigentumstitel nimmt, wie er bekommen kann und im Gegenzug so wenig wie möglich davon hergibt, eben ein durchschnittliches ‚Äquivalent‘. Nur dass es selber nichts ist als quasi unvergänglicher Anspruch auf exklusiven Gebrauch, gleich welcher, in sich selber noch jedes Mal begrenzten, Sache auch immer.
    Btw, so wunderbar wie du denkst funktioniert der Laden ja gar nicht, sonst gäbe es die inzwischen permanente Parallelität zwischen unverkäuflichen Waren (‚Sonderangebote‘) und gleichzeitig ‚Anlage suchendem‘ Geld (= leere Eigentumstitel) nicht. Selbst dass Institutionen sich mittlerweile ihre Schulden in Geld wechselseitig als potenzielle ‚Guthaben‘ aufrechnen, ändert am Sachverhalt prinzipiell nichts. Praktisch vergrößert sich dadurch bloß die regelmäßige Vernichtung von beidem. Die ‚materielle Substanz‘ der Waren wird unbrauchbar (gemacht) während gleichzeitig es auf der Seite der Eigentumstitel zur ‚Wertberichtigung‘ kommt, diese also ‚abgeschrieben‘ werden.
    Wenn du den Leuten klarmachen willst, dass es vernünftiger wäre, geplant zu produzieren, um wirkliche Bedürfnisse zu bedienen, dann musst du ihnen einen grundsätzlichen Widerspruch quasi erst bewusst machen. Der besteht darin, dass die ‚gesellschaftliche Teilung‘ der Arbeit praktisch einhergeht mit immer größerer Kooperation. Die Frage ist dann, warum die (Teil)Resultate dermaßen apriori inkorperierter Produktion wechselseitig als privates Eigentum aufeinander bezogen werden, welches erhalten bleiben soll, obgleich man die Sachen selber gar nicht gebrauchen kann. Gelingt dir das nicht, dann hast du streng genommen auch kein Argument gegen wechselseitige Forderungen nach Lohnsenkung resp. -erhöhung.
    Anders gesagt, wenn bspw. Brecht recht hat und das (individuelle) „Fressen vor der Moral“ kommt, dann gilt das immer. Dann kann man aber auch die Idee vom „Gattungswesen“ in die Tonne kloppen und bspw. ‚Menschenrechte‘ sind nicht mehr als die gegenwärtige Propaganda daraus macht.

  11. 11. April 2008, 22:24 | #11

    Warum um alles in der Welt sollen sich die Leute denn Gedanken um den Zweck dieser oder irgendeiner anderen Herrschaft machen bzw. was würde es denn ändern, wenn sie den verstünden? Würden sie bspw. ‘rausfinden’, dass der wirkliche Zweck noch jeder Herrschaft in der gewaltgesetzten Garantie von Privateigentum nebst deren ideologischer ‘Legitimation’ besteht, dann wäre immer noch fraglich, ob sie das Privateigentum wirklich loswerden oder sich im ‘Eigeninteresse’ nicht doch lieber um so viel wie möglich davon bemühen wollen, mithin danach streben, sich den herrschenden ‘Gesetzen’ nicht bloß zu unterwerfen sondern sie für sich ‘anzuwenden’.

    Ja und? Der alte Kalauer stimmt ja, daß Wissen eben nicht Macht ist, Per se ändert also die Aufklärung darüber, was der Sinn und Zweck dieser Gewaltherrschaft ist, nicht daran, daß die allermeisten, die dieser Herrschaft unterworfen sind, nicht so fürchterlich viel davon haben. Es bleibt wirklich deine Frage, ob die sich dann auch entschließen, „das Privateigentum wirklich loswerden“ zu wollen. Garantieren will ich dir oder irgendjemand sonst da auch nichts.

    Ganz ohne Hegel: Peter Decker erklärte Mal gegenüber ‘Antinationalen’, die von ihm quasi verlangt hatten, für den Irak-Krieg zu sein, weil als dessen Folge dort erst die “Bedingungen kommunistischer Kritik am Kapital” o.s.ä. geschaffen würden, man würde sich stets von dem Joch befreien wollen, unter dem man gerade leidet. Das bedeutet aber längst nicht, dass in der Kritik am Joch schon dessen Ursache geklärt ist.

    Nein, nicht jede Kritik an dem jeweils erfahrenen realen Joch ist richtig. Die politische Welt ist voll von falscher Kritik, die leider die Ursachen nicht richtig benennt.

    Allerdings ist der subjektive Wille, das Joch loszuwerden, quasi die Voraussetzung zur wirklichen Klärung von dessen Ursachen.

    Ich weiß nicht, vielleicht ist es auch andersrum: Daß erst eine korrekte Klärung der Ursachen einen überhaupt dazu bringt, das Joch nicht länger tragen zu wollen.

    Wenn nun aber die Menschen sich, aus welchen Gründen auch immer, primär als ‘Anpassungstierchen’ verstehen, dann haben sie ggf. gar keine Kritik am Joch sondern interpretieren es als ‘Herausforderung’, sich mehr ‘anzustrengen’ o.s.ä.

    Ja nun, natürlich sind auch Normalos voll von Kritik, der Nörgler ist doch die Kehrseite des demokratischen Staatbürgers. Aber eben von was für einer Sorte von Kritik?

    Dann ist es sogar wahrscheinlich, dass sie sich selber einbilden, das zu sein, was ihnen das ‘gesellschaftliche Rollenklischee’ vorzuschreiben scheint.

    Das will ich gar nicht bestreiten. Das ist ja ein Teil des Inhalts des Begriffs des notwendig falschen Bewußtseins.

    Und dann sind eben alle bestimmten Sachen zunächst Waren, für die man Geld hinlegen muss. Aber dass die Sachen Waren sind, ist nun gerade keine Eigenschaft der Sachen. Du kommst ja selber auf den Gedanken, dass es ein Verkäufer, also jemand in einer ‘gesellschaftlichen Rolle’ ist, der ein Preisschild auf die Sache pappt.

    Nein, Ware zu sein ist nun wirklich keine physikalisch-chemische objektive Eigenschaft der zu Waren geformten Dinge. So wie Schuhe vor der kapitalistischen Warenwirtschaft keine Waren gewesen sind, könnten sie es danach auch wieder nicht sein. Sondern eben einfach nur Schuhe.

    Dass der Verkäufer damit die Schwäche des Käufers ausnutzt, lässt sich so absolut überhaupt nicht sagen. Auf dem Markt konkurrieren i.d.R. mehrere Verkäufer um die ‘Gunst’ des Käufers, tun aber aus ganz praktischen Gründen (’Rollenklischee’) permanent so, als wären sie die einzigen ‘Anbieter’. Die Frage ist halt, warum verhalten sich die Leute zueinander als Verkäufer und Käufer, wieso musst du Hunger haben, während woanders Brot vergammelt oder weshalb kommst du auf den Einfall, Ski-Urlaub ausgerechnet dort haben zu wollen, wo es nur Volleybälle gibt? Umgekehrt ließe sich aus der Perspektive von Verkäufern fragen, weshalb die ihren Krempel nicht Mal im ‘Sonderangebot’ (analytisch = unter Kostpreis) loswerden, obwohl du doch so viele schöne Eigentumstitel in der Tasche hast.

    Deine Frage, warum sich alle Charaktermasken im Kapitalismus so verhalten, wie sie das eben im Durchschnitt auf Dauer tun, liegt eben an den herrschenden Verhältnissen. Es ist doch von der buchstäblichen Verfassung angefangen den Menschen aufgegeben und immer wieder recht hart aufgezwungen, sich die Gelderlangung und Geldvermehrung zu eigen zu machen, wenn sie nicht in der Gosse enden wollen. Das ist doch kein blöder Spleen, den die, kaum das sie vernünftig geworden wären, auch umgehend sein lassen könnten. Auch ein Kommunist muß sich seine Frühstücksbrötchen kaufen, wie die Nicht kommunisten vor oder hinter ihm.

    Und dabei spielt sich rein gar nichts hinter jemandes Rücken quasi naturgesetzlich ab. Mit den Metaphern ist das eh so eine krude Angelegenheit. Vor etlichen Jahren schrieb jemand, die Menschen seien einerseits das die Logik des Wertgesetzes konstiuierende Subjekt, andererseits gerade dadurch die der Logik unterworfene Sache. Übersetzt man die Metapher vom Wert, dann ist es nichts anderes als Eigentum in allgemeinster Form, d.h. quasi inhaltslos.
    Ski-Urlaub ist nur möglich, wo Schnee liegt und deinen Hunger kannst du bloß mit Nahrungsmitteln stillen, die tatsächlich vorhanden sind.

    Einerseits will ich gar nicht bestreiten, daß Bedürfnisse auch historisch gewachsen sind. Vor dem Massentoursimus mit seinen Boeings und Skiliften hatten nur recht wenige Menschen auf sowas Bock. Deine Behauptung, „Hunger kannst du bloß mit Nahrungsmitteln stillen, die tatsächlich vorhanden sind“ ist aber verkürzt. Für jeden Augenblick und Ort gilt das natürlich. Kommunisten sind ja keine Zauberer. Aber offensichtlich geht es doch um die Frage, was es überhaupt „gibt“? Da kann man sich doch zumeist auch was anderes oder mehr vorstellen. Denn was es gibt, hängt in einer auf Profitrealisierung ausgerichteten wirtschaft nicht an den Bedürfnissen, die es zu befriedigen gälte, sondern nur am verfügbaren Geld der Bedürftigen.

    Das Kapital als Verhältnis, d.h. eben jene Logik des Werts vorausgesetzt, ist die Produktion selber nur möglich, wenn auf deren ’sachliche Elemente’ ein institutionell garantierter Eigentumsanspruch besteht. Umgekehrt heißt das, wo kein Eigentum an diesen ’sachlichen Elementen’ besteht, gibts auch keine Produktion von brauchbaren Sachen. Die Bedingung unter der diese Art von Produktion überhaupt stattfindet ist nämlich, dass der Eigentumsanspruch wenigstens als ‘Potenz’, quasi als Form erhalten werden soll, deren Spezifikum gerade darin besteht, dass keinen besonderen Inhalt hat und daher auf jeden konkreten Inhalt ‘übertragbar’ ist. Um nichts anderes handelt es sich, wenn (vergängliche) Sachen um eines ‘Äquivalents’ willen getauscht werden.
    Btw, so wunderbar wie du denkst funktioniert der Laden ja gar nicht, sonst gäbe es die inzwischen permanente Parallelität zwischen unverkäuflichen Waren (’Sonderangebote’) und gleichzeitig ‘Anlage suchendem’ Geld (= leere Eigentumstitel) nicht. Selbst dass Institutionen sich mittlerweile ihre Schulden in Geld wechselseitig als potenzielle ‘Guthaben’ aufrechnen, ändert am Sachverhalt prinzipiell nichts. Praktisch vergrößert sich dadurch bloß die regelmäßige Vernichtung von beidem. Die ‘materielle Substanz’ der Waren wird unbrauchbar (gemacht) während gleichzeitig es auf der Seite der Eigentumstitel zur ‘Wertberichtigung’ kommt, diese also ‘abgeschrieben’ werden.

    Ich weiß wirklich nicht, wie du auf die Vermutung gekommen bist, daß ich ernsthaft behaupten würde, daß dieser Laden „wunderbar“ funktioniert. Es gehört eben zur Unerbittlichekeit des Zwecks der Verwertung der Werte, der Akkumulation von abstraktesten ansprüchen, daß diesem Zweck wenn nötig nützliche Sachen zu Hauf geopfert werden. Es ist doch gerade eine Haupttriebfeder der Anwendung technischen Fortschritts, die Konkurrenz in die technologische Oboletheit zu drängen, obwohl ein Unkundiger sich wundern würde, daß deren Maschine doch immer noch prima laufen.

    Anders gesagt, wenn bspw. Brecht recht hat und das (individuelle) “Fressen vor der Moral” kommt, dann gilt das immer. Dann kann man aber auch die Idee vom “Gattungswesen” in die Tonne kloppen und bspw. ‘Menschenrechte’ sind nicht mehr als die gegenwärtige Propaganda daraus macht.

    Ich möchte auf deine Bezugnahme auch mit Brecht schließen: Über das Fleisch, daß in der Küche fehlt, wird bei ihm bekanntlich nicht in der Küche entschieden. Und da hat er recht.

  12. 11. April 2008, 22:24 | #12

    Warum um alles in der Welt sollen sich die Leute denn Gedanken um den Zweck dieser oder irgendeiner anderen Herrschaft machen bzw. was würde es denn ändern, wenn sie den verstünden? Würden sie bspw. ‘rausfinden’, dass der wirkliche Zweck noch jeder Herrschaft in der gewaltgesetzten Garantie von Privateigentum nebst deren ideologischer ‘Legitimation’ besteht, dann wäre immer noch fraglich, ob sie das Privateigentum wirklich loswerden oder sich im ‘Eigeninteresse’ nicht doch lieber um so viel wie möglich davon bemühen wollen, mithin danach streben, sich den herrschenden ‘Gesetzen’ nicht bloß zu unterwerfen sondern sie für sich ‘anzuwenden’.

    Ja und? Der alte Kalauer stimmt ja, daß Wissen eben nicht Macht ist, Per se ändert also die Aufklärung darüber, was der Sinn und Zweck dieser Gewaltherrschaft ist, nicht daran, daß die allermeisten, die dieser Herrschaft unterworfen sind, nicht so fürchterlich viel davon haben. Es bleibt wirklich deine Frage, ob die sich dann auch entschließen, „das Privateigentum wirklich loswerden“ zu wollen. Garantieren will ich dir oder irgendjemand sonst da auch nichts.

    Ganz ohne Hegel: Peter Decker erklärte Mal gegenüber ‘Antinationalen’, die von ihm quasi verlangt hatten, für den Irak-Krieg zu sein, weil als dessen Folge dort erst die “Bedingungen kommunistischer Kritik am Kapital” o.s.ä. geschaffen würden, man würde sich stets von dem Joch befreien wollen, unter dem man gerade leidet. Das bedeutet aber längst nicht, dass in der Kritik am Joch schon dessen Ursache geklärt ist.

    Nein, nicht jede Kritik an dem jeweils erfahrenen realen Joch ist richtig. Die politische Welt ist voll von falscher Kritik, die leider die Ursachen nicht richtig benennt.

    Allerdings ist der subjektive Wille, das Joch loszuwerden, quasi die Voraussetzung zur wirklichen Klärung von dessen Ursachen.

    Ich weiß nicht, vielleicht ist es auch andersrum: Daß erst eine korrekte Klärung der Ursachen einen überhaupt dazu bringt, das Joch nicht länger tragen zu wollen.

    Wenn nun aber die Menschen sich, aus welchen Gründen auch immer, primär als ‘Anpassungstierchen’ verstehen, dann haben sie ggf. gar keine Kritik am Joch sondern interpretieren es als ‘Herausforderung’, sich mehr ‘anzustrengen’ o.s.ä.

    Ja nun, natürlich sind auch Normalos voll von Kritik, der Nörgler ist doch die Kehrseite des demokratischen Staatbürgers. Aber eben von was für einer Sorte von Kritik?

    Dann ist es sogar wahrscheinlich, dass sie sich selber einbilden, das zu sein, was ihnen das ‘gesellschaftliche Rollenklischee’ vorzuschreiben scheint.

    Das will ich gar nicht bestreiten. Das ist ja ein Teil des Inhalts des Begriffs des notwendig falschen Bewußtseins.

    Und dann sind eben alle bestimmten Sachen zunächst Waren, für die man Geld hinlegen muss. Aber dass die Sachen Waren sind, ist nun gerade keine Eigenschaft der Sachen. Du kommst ja selber auf den Gedanken, dass es ein Verkäufer, also jemand in einer ‘gesellschaftlichen Rolle’ ist, der ein Preisschild auf die Sache pappt.

    Nein, Ware zu sein ist nun wirklich keine physikalisch-chemische objektive Eigenschaft der zu Waren geformten Dinge. So wie Schuhe vor der kapitalistischen Warenwirtschaft keine Waren gewesen sind, könnten sie es danach auch wieder nicht sein. Sondern eben einfach nur Schuhe.

    Dass der Verkäufer damit die Schwäche des Käufers ausnutzt, lässt sich so absolut überhaupt nicht sagen. Auf dem Markt konkurrieren i.d.R. mehrere Verkäufer um die ‘Gunst’ des Käufers, tun aber aus ganz praktischen Gründen (’Rollenklischee’) permanent so, als wären sie die einzigen ‘Anbieter’. Die Frage ist halt, warum verhalten sich die Leute zueinander als Verkäufer und Käufer, wieso musst du Hunger haben, während woanders Brot vergammelt oder weshalb kommst du auf den Einfall, Ski-Urlaub ausgerechnet dort haben zu wollen, wo es nur Volleybälle gibt? Umgekehrt ließe sich aus der Perspektive von Verkäufern fragen, weshalb die ihren Krempel nicht Mal im ‘Sonderangebot’ (analytisch = unter Kostpreis) loswerden, obwohl du doch so viele schöne Eigentumstitel in der Tasche hast.

    Deine Frage, warum sich alle Charaktermasken im Kapitalismus so verhalten, wie sie das eben im Durchschnitt auf Dauer tun, liegt eben an den herrschenden Verhältnissen. Es ist doch von der buchstäblichen Verfassung angefangen den Menschen aufgegeben und immer wieder recht hart aufgezwungen, sich die Gelderlangung und Geldvermehrung zu eigen zu machen, wenn sie nicht in der Gosse enden wollen. Das ist doch kein blöder Spleen, den die, kaum das sie vernünftig geworden wären, auch umgehend sein lassen könnten. Auch ein Kommunist muß sich seine Frühstücksbrötchen kaufen, wie die Nicht kommunisten vor oder hinter ihm.

    Und dabei spielt sich rein gar nichts hinter jemandes Rücken quasi naturgesetzlich ab. Mit den Metaphern ist das eh so eine krude Angelegenheit. Vor etlichen Jahren schrieb jemand, die Menschen seien einerseits das die Logik des Wertgesetzes konstiuierende Subjekt, andererseits gerade dadurch die der Logik unterworfene Sache. Übersetzt man die Metapher vom Wert, dann ist es nichts anderes als Eigentum in allgemeinster Form, d.h. quasi inhaltslos.
    Ski-Urlaub ist nur möglich, wo Schnee liegt und deinen Hunger kannst du bloß mit Nahrungsmitteln stillen, die tatsächlich vorhanden sind.

    Einerseits will ich gar nicht bestreiten, daß Bedürfnisse auch historisch gewachsen sind. Vor dem Massentoursimus mit seinen Boeings und Skiliften hatten nur recht wenige Menschen auf sowas Bock. Deine Behauptung, „Hunger kannst du bloß mit Nahrungsmitteln stillen, die tatsächlich vorhanden sind“ ist aber verkürzt. Für jeden Augenblick und Ort gilt das natürlich. Kommunisten sind ja keine Zauberer. Aber offensichtlich geht es doch um die Frage, was es überhaupt „gibt“? Da kann man sich doch zumeist auch was anderes oder mehr vorstellen. Denn was es gibt, hängt in einer auf Profitrealisierung ausgerichteten wirtschaft nicht an den Bedürfnissen, die es zu befriedigen gälte, sondern nur am verfügbaren Geld der Bedürftigen.

    Das Kapital als Verhältnis, d.h. eben jene Logik des Werts vorausgesetzt, ist die Produktion selber nur möglich, wenn auf deren ’sachliche Elemente’ ein institutionell garantierter Eigentumsanspruch besteht. Umgekehrt heißt das, wo kein Eigentum an diesen ’sachlichen Elementen’ besteht, gibts auch keine Produktion von brauchbaren Sachen. Die Bedingung unter der diese Art von Produktion überhaupt stattfindet ist nämlich, dass der Eigentumsanspruch wenigstens als ‘Potenz’, quasi als Form erhalten werden soll, deren Spezifikum gerade darin besteht, dass keinen besonderen Inhalt hat und daher auf jeden konkreten Inhalt ‘übertragbar’ ist. Um nichts anderes handelt es sich, wenn (vergängliche) Sachen um eines ‘Äquivalents’ willen getauscht werden.
    Btw, so wunderbar wie du denkst funktioniert der Laden ja gar nicht, sonst gäbe es die inzwischen permanente Parallelität zwischen unverkäuflichen Waren (’Sonderangebote’) und gleichzeitig ‘Anlage suchendem’ Geld (= leere Eigentumstitel) nicht. Selbst dass Institutionen sich mittlerweile ihre Schulden in Geld wechselseitig als potenzielle ‘Guthaben’ aufrechnen, ändert am Sachverhalt prinzipiell nichts. Praktisch vergrößert sich dadurch bloß die regelmäßige Vernichtung von beidem. Die ‘materielle Substanz’ der Waren wird unbrauchbar (gemacht) während gleichzeitig es auf der Seite der Eigentumstitel zur ‘Wertberichtigung’ kommt, diese also ‘abgeschrieben’ werden.

    Ich weiß wirklich nicht, wie du auf die Vermutung gekommen bist, daß ich ernsthaft behaupten würde, daß dieser Laden „wunderbar“ funktioniert. Es gehört eben zur Unerbittlichekeit des Zwecks der Verwertung der Werte, der Akkumulation von abstraktesten ansprüchen, daß diesem Zweck wenn nötig nützliche Sachen zu Hauf geopfert werden. Es ist doch gerade eine Haupttriebfeder der Anwendung technischen Fortschritts, die Konkurrenz in die technologische Oboletheit zu drängen, obwohl ein Unkundiger sich wundern würde, daß deren Maschine doch immer noch prima laufen.

    Anders gesagt, wenn bspw. Brecht recht hat und das (individuelle) “Fressen vor der Moral” kommt, dann gilt das immer. Dann kann man aber auch die Idee vom “Gattungswesen” in die Tonne kloppen und bspw. ‘Menschenrechte’ sind nicht mehr als die gegenwärtige Propaganda daraus macht.

    Ich möchte auf deine Bezugnahme auch mit Brecht schließen: Über das Fleisch, daß in der Küche fehlt, wird bei ihm bekanntlich nicht in der Küche entschieden. Und da hat er recht.

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