GSP zum GDL-Streik
26. Oktober 2007
Der GegenStandpunkt sich ausführlich mit dem GDL-Streik auseinandergesetzt. Hörenswert ist z.B. der Mitschnitt einer Veranstaltung mit Peter Decker vom 18.10.07 zum Lokführerstreik in Nürnberg:
Die Lokführer kämpfen um Lohn und Arbeitszeit – Die Republik steht Kopf: “Dürfen die das?
Dazu paßt das Manuskript einer Sendung bei Radio Unerhört Marburg vom GegenStandpunkt Marburg (bei mir funktioniert der link leider schon nicht mehr, der Artikel ist aber auch bei mir im Downloadbereich zu haben)
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zum Vortrag:
Der berechnende Umgang mit Schäden ist doch überhaupt das Freiheitsbewußtsein während eines Streiks. Zugegebenermaßen bloß zugespitzt auf dem Begriff gebracht. Peter Decker dagegen will darin einsteigen wie schädlich dieses Freiheitsbewußtsein als Rechtsform ist. Als ob die Rechtsform keinen Inhalt hätte. Nämlich genau den Inhalt, in Unterordnung unter das Kapital, und unter Beaufsichtigung und Kontrolle des Staates, dass die Geschädigten mit diesen Schäden berechnend umgehen müssen, und dies auch freiwillig so wollen (Dialektik zwischen Freiheit und Zwang, konkret in staatlicher Gewährung des Streikrechts). Er, Peter Decker, müßte eigentlich dagegen agitieren dass dieser berechnende Umgang mit Schäden überhaupt ein Fehler ist. Er geht wohl mal wieder davon aus, dass das Proletariat, hier die GDL Streikenden im Konkreten, aus lauter potentiellen Revoluzzern besteht.
Ansonsten ein wirklich guter Vortrag.
Vom Ende her: Wenn du Peter Decker unterstellst, daß der da lauter potenzielle Revoluzzer sieht, dann kann ich daran nichts Falsches finden. Denn daß die das *jetzt*, als eigentlich stramm sozialpartnerschaftliche Gewerkschafter nicht sind, das betont er ja auch. Eine Agitation z.B. bei denen, setzt doch aber grundlegend voraus, daß der Adressat (jetzt kommt das berühmte “eigentlich”) gute Gründe hätte, sich was anders vorzunehmen als sich als Lohnarbeiter ein schöneres Leben zu erkämpfen.
Er hat ja auch wieder auf den eigentlich ironischen Punkt hingewiesen, daß man erst die Rücksicht auf die Verträglichkeit der eigenen Streikziele mit den Gewinninteressen “seines” Arbeitgebers aufgeben muß, um auch “nur” eine ordentliche Verbesserung der Relation von Lohn und Arbeit zu erkämpfen. Erst wenn man “Nieder mit dem Lohnsystem!” auf seine Fahnen geschrieben hat (und nicht “Lohnarbeit Ja!” wie z.B. die PDS) kann man in diesen Tagen überhaupt was erreichen, eventuell erst mal “nur” für ein paar Leute ein bißchen mehr Lohn oder wenigstens für eine Weile die Zurückeroberung von Positionen, die die Arbeitgeber wie üblich in den letzten Jahren systematisch einkassiert hatten, da können ja gerade die GDLer (die das als Gewerkschaft ja wie Transnet ewig mitgemacht hatten) ein Lied von singen.
Nein, ich meine das Allgemein. Peter Decker agitiert nicht für die GDL und ihrer Mitgliederschaft. Er agitiert doch dafür insgesamt geeignete Lehren aus diesem Streik zu ziehen. Und da kommt halt, auch gegen Ende des Vortrags, der wiedergegebene Satz von ihm: “Wo käme man denn hin, wenn Alle so streiken würden wie die GDLer”, sinngemäß. Das setzt doch schon voraus, dass es bloß am Entschluß fehlen würde, wo doch die Bereitschaft längst vorhanden ist. DAS ist doch offensichtlich ein Fehler der Argumentation.
Es hängt doch gewaltig am Inhalt sich des Widerstands gegen Kapital und Staat zu verweigern, wenn dieser Widerstand schon fehlt. Peter Decker umgekehrt, er agitiert vom Willen zur Unterwerfung, hin zur Deduktion auf dessen Inhalt. Klingt m.E. fast wie eine Verschwörungstheorie.
Also, er agitiert nicht mit „Für den Sieg der GDL“ oder wie andere Linke „Solidarität mit dem GDL-Streik!“. Aber seine Argumente richten sich schon auch an Lokführer und andere Transportarbeiter. Vielleicht nicht allzu häufig faktisch, das war vor Jahren schon mal anders, aber als grundsätzlicher Adressat. „Insgesamt“ könnten sich die Argumente zu *diesem* Streik natürlich auch andere angedeihen lassen, Studenten meinetwegen hier und da.
Wenn du ihm vorwirfst gesagt zu haben, “Wo käme man denn hin, wenn Alle so streiken würden wie die GDLer”“ kann ich nur sagen, daß er damit wohl meint, daß es schon recht Viele bräuchte, die wenigstens eine „Bereitschaft“ für solchen Klassenkampf an den Tag legen. Ich will damit nicht zurück zum guten alten Tradeunionismus, aber solange sich Arbeiter buchstäblich jede Verschlechterung ihrer Lebensverhältnisse einleuchten lassen, solange tut sich eben nichts. Da erkenne ich nun wahrlich keine Verschwörungstheorie beim GegenStandpunkt.