Home > (1) MG + GSP > Peter Decker zur Krise am US-Hypothekenmarkt und ihre internationalen Auswirkungen

Peter Decker zur Krise am US-Hypothekenmarkt und ihre internationalen Auswirkungen

26. September 2007

Peter Decker hat am 20. 09.2007 in Nürnberg einen Vortrag über die Krise des Weltfinanzsystems gehalten. Auf den Seiten von ArguDiss kann er jetzt schon runtergeladen oder angehört werden:
Bankenkrise 2007 – Arme amerikanische Hausbesitzer stürzen das Weltfinanzsystem in die Krise – das kann ja wohl nicht wahr sein

Kategorien(1) MG + GSP Tags:
  1. Ware
    27. September 2007, 10:06 | #1

    Ich muß schon sagen, dieser Vortrag war unter aller Kanone. Die Notenbank druckt das Geld, „schafft es“ deswegen, vergibt es an die Finanzinvestoren, wenn sie es nötig haben. Exponentiell ins unendlich anwachsende Vermögenwerte im Finanzsektor. Der indutsrielle Sektor ist Dienstleister für den Finanzsektor (hat Marx nicht was anderes behauptet? Das die Zinsrate im Durchschnitt sich der industriellen Profitrate annähern muß?). Da frag ich mich welche Rolle noch die industrielle Mehrwertproduktion spielen soll. Was die Häuslebauer an Vermögen verloren, und damit auch an zahlungsfähiger Kaufkraft, alles Wurscht, der Staat in Form der Notenbank druckt ja das Geld. Ich muß sagen, ich hab langsam die Faxen Dicke. Staatsfetischismus in Vollendung. Kapitalismuskritik ade.

  2. 27. September 2007, 10:48 | #2

    Ich habe den Vortrag noch genausowenig fertig gehört, wie ich den Artikel im aktuellen GegenStandpunkt zu Ende gelesen habe, soviel vorab. Vielleicht kommen hinten ja noch Ärgernisse, die dich ja sogar zum Verdikt gebracht haben, die hätten der Kapitalismuskritik ade gesagt.
    Aber wenn du schon einen Satz wie „Die Notenbank druckt das Geld, “schafft es” deswegen, vergibt es an die Finanzinvestoren, wenn sie es nötig haben.“ für empörend falsch hältst, dann bezweifele ich das. Willst du ernstlich bezweifeln, daß modernes Geld seine Geltung letztlich und in Krisensituationen offensichtlich, der Staatsmacht verdankt, die es in der Tat einfach dekretiert, als allgemeines Äquivalent setzt? Damit ist doch gar nicht behauptet, auch von Peter Decker nicht, daß der bürgerliche Staat da rücksichtslos, grenzenlos das Geldvolumen expandieren könnte. Das tut jeder „vernünftige“ kapitalistische Staat ja auch gar nicht. Aber wenn es brennt, wenn der Vertrauensschwund in die geldwerten Papiere, die all die schönen zukünftigen Zahlungsversprechen verkörperen, verbriefen, zu einem Stocken des gesamten Kreditwesens und damit letztlich der Zirkulation und schließlich auch der zugrundeliegenden Produktion zu führen drohen, dann kommt eben als Deus ex machina die EZB und haut so mal eben an einem Feitag 90 Mrd. € als Tagesgeld an die Banken raus. „vergibt es an die Finanzinvestoren, wenn sie es nötig haben“, jedenfalls indirekt. Das war doch offensichtlich wirklich „nötig“, sonst hätten die sich das gespart. Denn daß einfach nur das Anstellen der Gelddruckmaschinen keinen belastbaren kapitalistischen Reichtum produziert, soviel wissen die auch, sie habe es ja regelmäßig schon mal auf diese „leichte“ Art versucht.
    „Exponentiell ins unendlich anwachsende Vermögenwerte im Finanzsektor.“ Bis es crasht. Sagt doch auch Peter Decker. Bis dahin sagen alle Interessierten doch immer, was wollt ihr denn mit eurer Unkerei, geht doch alles prima! Und auch Peter hat doch drauf hingewiesen, daß jemand, der bei diesem „Schneeballsystem“ rechtzeitig ausgestiegen ist, der „wirkliches“ Geld bekommen hat für seine letzlich auf CDOs ABCPs oder SIV light beruhenden Fondsanlagen oder Bankeinlagen, doch halbwegs zu Recht sagen kann, nach mir die Sinnflut. Hinterher weiß es jeder Dödel, daß es diesmal nicht gesundes Wachstum sondern eine unverantwortlich ausgeweitete Blase war.
    „Der industrielle Sektor ist Dienstleister für den Finanzsektor“. Ja was denn sonst, wenn Banken händeringend nach Basiskrediten, in den USA z.B. Hypothekenkrediten oder eben Firmenkrediten suchen, damit sie darauf ihr (Karten-)Haus der commercial papers und der asset backed securities bauen können, weil da eben viel mehr Musik drin liegt, als in den langweiligen begrenzten Basiskrediten. Die Banken haben doch als Lebenszweck nicht die ehrenvolle und nützliche Aufgabe, die Industrie und den Konsumenten mit Kredit zu versorgen, sondern sich alle nur möglichen Gedanken zu machen, wie man aus „Geld“ mehr „Geld“ machen kann. Womit das dann zu gehen verspricht, ist denen doch piepegal. Wenn man auf einmal mit Wettprovisionen mehr Geld verdienen kann, dann wird eben jede Trabrennbahn und jedes Casino in den Schatten gestellt. Allein die täglichen Devisentransaktionen weltweit (und das vor allem in London, die die jetzt stolz berichtet haben), also im Kern klassische Wetten, haben mittlerweile betragsmäßig das gesamte Jahresbruttosozialprodukt Deutschlands übertroffen.
    Mit deinem „im Durchschnitt“ sind Tragödien für ganze Nationalwirtschaften, ganze Branchenuntergänge untergebracht. Die „Tendenz“ ergibt sich im Kapitalismus immer nur durch und nach Krisen. Und „wurscht“ ist es keinem der Beteiligten. Weder den Machern und Profiteuren noch den Opfern und Zuschauern. Damit hat doch Peter Decker angefangen, daß es dem Normalo, der nur ein Miniguthaben bei seiner Hausbank oder Sparkasse hat, das mit 2 oder 3 % verzinst wird, der gerade nicht in der Finanz“dienstleistungs“branche arbeitet, eben nicht egal sein kann, was da mit Innerbankenkrediten, Immobilienfinanzierungen, Hedgefonds und anderen Großen passiert.

  3. Ware
    27. September 2007, 12:50 | #3

    Willst du ernstlich bezweifeln, daß modernes Geld seine Geltung letztlich und in Krisensituationen offensichtlich, der Staatsmacht verdankt, die es in der Tat einfach dekretiert, als allgemeines Äquivalent setzt? Damit ist doch gar nicht behauptet, auch von Peter Decker nicht, daß der bürgerliche Staat da rücksichtslos, grenzenlos das Geldvolumen expandieren könnte

    Gelddruckerei schafft keinen Wert. Werte entstehen nur durch Zirkulation von Geldpapieren an den Geld- und Warenmärkten mit dem Zweck, aus Geld mehr Geld zu realisieren. Wenn also die Notenbank Geld druckt und verleiht (wenn mich mein Gedächtnis nicht im Stich läßt, hat Peter Decker im Vortrag behautptet, dass die Notenbank durch ihre Druckerei Geld an Finanzinvestoren verschenkt) ist damit noch lange nichts darüber gesagt, was aus der überbordenden Liquidität an Geschäften realisiert werden kann. Hat du irgendwas darüber im Vortrag gehört? Stattdessen hat Decker während des Vortrags gesagt, dass Vermögenstitel Wert vergegenständlichen, der ausschließlich durch Vertrauen und der „Meinungsbildung“ von Finanzinvestoren ihre zahlungsfähige Schlagkraft erhalten. Wenn es nur am Vertrauen und der Meinungsbildung der Finanzinvestoren hängt wieviel Kreditfähigeit eine Nation besitzt, dann wäre die Kreditfähigkeit der USA in der gegenwärtigen Finanzkrise tatsächlich bloß davon abhängig gemacht, ob Finanzinvestoren schlaflose Nächte verbringen oder nicht, und wie ihr Selbstbewußtsein im Moment so vorkommen könnte. So habe ich Peter Decker verstanden. Anschließend hat Decker noch einen drauf gelegt, denn er hat behauptet dass letztlich die Macht der Staatsbank, seine Fähigkeit Geld zu drücken, darüber entscheidet welche Verlaufsform eine Finanzkrise annehmen wird. Druckt die Notenbank das benötigte Geld, um kurzfristige Liquidiätsengpässe zu vermeiden, ist über die Verlaufsform einer Finanzkrise damit immer schon entschieden. Hat Decker dann noch witzigerweise bemerkt, über eine aufkommende Inflation kann sich die Notenbank noch später kümmern. Da sieht man doch wie es Peter Decker gemeint hat. Geld drucken, heiß Wert drucken. Zumindest kommt es im Vortrag so rüber. Deswegen muß ich deinen Einwand zurückweisen, „Damit ist doch gar nicht behauptet, auch von Peter Decker nicht, daß der bürgerliche Staat da rücksichtslos, grenzenlos das Geldvolumen expandieren könnte“.
    Noch einen Kommentar zur aktuellen Finanzkrise. Das Kernproblem der Finanzkrise 2007 ist keine Liqiditätsknappheit im engeren Sinn, sondern überschüssige Liquidität, die in den letzten Jahren und Monaten zunehmend nicht mehr rentabel reinvestiert werden konnte. Noch im Mai 2007 gab es doch Rekordvolumina an Kredittransaktionen, niemand hatte auch nur einen Gedanken daran verschwendet über Kreditknappheit zu reden. Nicht wegen Kreditknappheit, sondern wegen überbordender Liquidität mußte die Notenbank seit 2004 in 14 aufeinanderfolgenden Schritten die Zinsen erhöhen, um eine inflationsgesteuerte Wirtschaftskrise in den USA abzuwenden. Als der Wohnungsmarkt in den USA zu kippen drohte, die Preise sanken, Zahlungsausfälle sich häuften, das Verkaufsvolumen von Eigenheime zurückging, fiel nur der erste Dominostein, die das aufgeblähte Finanzsystem destabilisierte. Im Unterschied z.B. zu 1998 und 2001 geriet das Finanzsystem außer Kontrolle, weil zunehmend zahlungsunfähige Schuldner ihr Häusle nicht mehr bedienen oder überhaupt ein Häusle gar nicht mehr mit Kredit anschaffen konnten oder durften. Deswegen ist diesmal m.E. auch die Frage verkehrt, ob die Finanzkrise auf die Realwirtschaft übergreifen könnte oder nicht. Nein, diesmal war es die Realwirtschaft selbst die das Finanzsystem in den USA destabilisiert hat. Ich glaube nicht das durch Finanzspritzen der Notenbank eine Wirtschftskrise langfristig vermeiden kann. Höchstens noch aufschieben, das war´s dann aber auch.

  4. 27. September 2007, 15:10 | #4

    „Gelddruckerei schafft keinen Wert. Werte entstehen nur durch Zirkulation von Geldpapieren an den Geld- und Warenmärkten mit dem Zweck, aus Geld mehr Geld zu realisieren.“
    Ein echtes Problem ist, daß du, wie auch der Rest der Welt, hier recht lax mit dem Begriff Wert umgehst. Vernünftigerweise besteht der Reichtum einer Gesellschaft aus den vielen nützlichen Dingen, die sie bisher angehäuft hat bzw. pro Zeiteinheit produzieren kann. Oder noch vernünftiger, im Maß der disposable time, die die Gesellschaft hat, *nachdem* sie all das Zeugs hergestellt hat. Im Kapitalismus zählen aber die nützlichen Dinge per se gar nichts, wenn sie nicht Tauschwerte verkörpern. Und schon bist du beim Übergang zum abstrakten Äquivalent für alle beliebigen Tauschwerte, dem Geld. Und schon gilt dein erster Satz gar nicht mehr: Wenn es jemandem gelingt, die Kontrolle über mehr Geld an sich zu ziehen, kann er mehr „echten“ Reichtum kommandieren und vor allem mehr Reichtumsproduktion kommandieren. Es stimmt schon, daß die Basis“Werte“ den „echten“ Reichtum ausmachen, aber die Verselbstständigung der Geldsphäre bringt eben die verwunderlichen Ergebnisse mit sich, daß über und relativ unabhängig von dieser realen Güterproduktion, abstrakte Reichtumstitel in aller Art „produziert“ werden und in Zirkulation gebracht werden. Wegen der erpresserischen Kommandogewalt, die die Geldinhaber den Kapitalisten gegenüber haben, die wissen, daß sie mit eigenem Geld kein größeres Rad drehen können, kann das Finanzwesen an der Realwirtschaft schmarotzen. (Die einzelnen Firmen sehen das natürlich teils auch so, teil in Positive gedreht: Nur durch den netten Firmenkundenberater meiner Hausbank habe ich den Kredit für mein Modernisierungsprojekt bekommen, was wäre nur, wenn es die nicht gäbe!). Das aus Geld mehr Geld werden *muß*, daß man als Geldbesitzer geradezu einen Anspruch darauf hat, ist die Basis dieser ganzen immer komplizierter werdenden Finanzwelt. Alle versprochenen, oder wenigstens erwarteten aber auch nur erhofften zukünftigen Einnahmen werden, kaum das das Basisgeschäft in der Welt ist, auch schon zu einem neuen Vermögenswert. Das gilt doch für alle Bereiche der Kapitalverwertung: In jeden Aktienkurs gehen jetzt schon die erwarteten zukünftigen Gewinne ein. Der Wert einer Büroimmobilie bestimmt sich den den erwarteten zukünftigen Mieteinnahmen.
    Sowohl die Internet-Blase als auch jede Immobilienkrise ist Beleg dafür, daß da Werte ne ganze Weile herrlich anwachsen können, um dann um so ärgerlicherweise wieder zu verschwinden. Das führt dann zu den bitteren TV-Kommentaren, daß irgendeine x-beliebige Nachricht „an einem Tag Werte von XX Millarden vernichtet hat“.
    dir hat nicht gefallen, daß Peter Decker das Vertrauen in den Eintritt dieser zukünftigen Geldströme als die Basis des Wertes von all den Zetteln bezeichnet hat, die in dieser riesigen Finanzsphäre gehandelt und dadurch bewertet werden. Du hast als geradezu absurd hingestellt „Wenn es nur am Vertrauen und der Meinungsbildung der Finanzinvestoren hängt wieviel Kreditfähigeit eine Nation besitzt, dann wäre die Kreditfähigekit der USA in der gegenwärtigen Finanzkrise tatsächlich bloß davon abhängig gemacht, ob Finanzinvestoren schlaflose Nächte verbringen oder nicht, und wie ihr Selbstbewußtsein im Moment so vorkommen könnte.“ Ja, was denn sonst? Wenn auch nur die Staatsbanken der VR Chinas, von Taiwan und Japan ihr Vertrauen in den Dollar, in Dollar-Papiere dadurch aufkündigen würden, daß sie auch nur einen Bruchteil davon verkaufen wollten (und sie haben aberhunderte von Milliarden in ihren Porofolios), dann wäre es um die US-Finanzen, und damit um die Weltfinanzen geschehen. Deshalb passiert das ja auch nicht. Bisher.
    Daß deshalb gerade die Staatsmächte besonders nervös werden, wenn es im Gebälk kracht, ist offensichtlich. Du wirfst P.D. vor, einen Witz gemacht zu haben, als er flapsig auf die Inflationsgefahren hingewiesen hat, die durch „zu große“ Geldspritzen jetzt entstehen könnten. Du mißverstehst ihn völlig, wenn du da empört entgegenhältst „Da sieht man doch wie es Peter Decker gemeint hat. Geld drucken, heiß Wert drucken.“ Nein, heißt es weder bei Peter Decker, noch bei der EZB. Die wissen schon beide auch, daß deine „überbordende Liquidität“ ihren Tribut fordert. Daß letztlich doch rauskommen wird, daß ein Großteil dieser Anspruchszettel auf richtigen Reichtum „zuviel“ da sind und entwertet werden werden. Daß die berühmte „Luft“ raus muß aus den Märkten. Nur darf/soll dabei nicht alles ruiniert werden. In diesem Dilemma wurschteln die sich doch durch, einerseits dem bunten Treiben alle Möglichkeiten zu eröffnen, denn Geldmacht ist die Macht Reichtum an sich zu ziehen, andererseits versuchen sie das Finanzwesen „irgendwie“ auf dem Boden der Tatsachen zu halten. Mal gelingt es, wie jetzt der BoE, durch die Rettung einer Bank den Kollaps der Märkte zu verhindern, mal gelingt das nicht (Japan ist ein gutes Beispiel dafür).
    Zum Charakter der Krise:
    Du sagst, „Das Kernproblem der Finankrise 2007 ist keine Liqiditätsknappheit im engeren Sinn, sondern überschüssige Liqudität, die in den letzten Jahren und Monaten zunehmend nicht mehr rentabel reinvestiert werden konnte.“ Das ist doch gar kein Gegensatz. In der Tat versuchen in den letzten Jahren immer mehr Millarden immer verzweifelter und riskanter, irgendeine Anlageform zu finden, die ihnen den ihnen gebührenden also hohen Profit verspricht. Sonst wären sie ja selber entwertet. Diese Überakkumulation steht aber gar nicht im Gegensatz zu einer Kreditkrise. wie ja auch Peter Decker gesagt hat, reicht ja ein letztlich beliebiger Anlaß, um das Vertrauen dieser Gelddreher, daß alles immer so weiter gehen wird, um den ganzen Laden ins Stocken zu bringen. Und dann ist nicht nur das Vertrauen weg, dann zerreißen auch all die kunstvoll gesponnene Kreditnetze. Dann will auf einmal jeder „echtes“ Geld sehen und sich nicht mehr mit Zukunftsversprechen vertrösten lassen. Und schon hatte man doch tatsächlich die Situation, daß in Europa buchstäblich keine Bank mehr der anderen auch nur soweit über den Weg getraut hat, denen auch nur für ein paar Tage wie sonst auch mit ein paar Millionen oder Milliarden auszuhelfen. Sonst wäre doch die EZB-Linie nicht mit 90 Mrd. € gezogen worden.
    Es ist deshalb so einseitig formuliert „Deswegen ist diesmal m.E. auch die Frage verkehrt, ob die Finanzkrise auf die Realwirtschaft übergreifen könnte oder nicht. Nein, diesmal war es die Realwirtschaft selbst die das Finanzsystem in den USA destabilisiert hat.“ falsch. So fürchterlich viel ist doch in der Realwirtschaft, weder in den USA oder Britannien noch hier bisher passiert, daß damit diese massiven Kontraktionstendenzen in der Finanzwelt zu erklären gewesen wären. Wenn eh jeder im Wald pfeift, weil er angst um sein Geld hat, dann reicht eben so ein bißchen schlechtere Nachrichten von der Sub-Prime-Front, um alle in Panik zum Ausgang rennen zu lassen, damit man ja nicht der Letzte ist.

  5. Ware
    27. September 2007, 17:29 | #5

    Vernünftigerweise besteht der Reichtum einer Gesellschaft aus den vielen nützlichen Dingen, die sie bisher angehäuft hat bzw. pro Zeiteinheit produzieren kann.

    Vernünftigerweise. In dieser Gesellschaft ist aber der konkrete (Waren-)Reichtum der Gesellschaft nur der stoffliche Träger des kapitalistischen Reichtums in Form von Tausch- bzw. Geldwert.

    Oder noch vernünftiger, im Maß der disposable time, die die Gesellschaft hat, *nachdem* sie all das Zeugs hergestellt hat.

    Die freie Zeit hat in dieser Gesellschaft überhaupt nichts mit dem kapitalistischen, abstrakten Wertreichtum zu schaffen. Den Wert, den du im Beispiel meinst, ist eine subjektive Meinungsbildung darüber was Wert sein sollte, der subjektive Wert der Markt- und Meinungsforschung. Dann könnte ich ja auch sagen Familienglück, das hat einen ganz großen subjektiven Wert für mich. Dann gehen wir rüber zur Kultur und verlassen den Rahmen kapitalistischer Reichtumsproduktion.

    Im Kapitalismus zählen aber die nützlichen Dinge per se gar nichts, wenn sie nicht Tauschwerte verkörpern

    Der Tauschwert ist die Vergegenständlichung des kapitalistischen Reichtums, die Gebrauchswerte der Waren ist das Mittel ihrer Realisation. Deswegen ist auch die Rede von „Gebrauchswerte zählen nichts, wenn…“ verkehrt, weil dass sowieso der Ausgangspunkt kapitalistische Reichtumsproduktion sein muß. Dem Produktionsmittelbesitzer interessiert der konkrete Gebrauchswert seiner verkaufsfähigen Produkte nicht. Deswegen, weil der konkrete Gebrauchswertreichtum nur das Mittel dafür ist, um an möglichst viel Profit zu kommen. Profit zu produzieren, oder Gebrauchswerte zu produzieren als Zweck, sind wiederum ganz verschiedene Qualitäten, die im System kapitalistischer (Wert-)Reichtumsproduktion in einem instrumentellen Verhältnis zueinander stehen. Profit ist der Zweck, die konkrete Produktion von Gebrauchswerten das Mittel dafür.

    Wenn es jemandem gelingt, die Kontrolle über mehr Geld an sich zu ziehen, kann er mehr “echten” Reichtum kommandieren und vor allem mehr Reichtumsproduktion kommandieren.

    Aber das ist doch schon längst der Ausgangspunkt. Die Akkumulation beginnt doch nicht erst damit, weil Geldkapitalisten Zinsen einkassieren. Vielmehr umgekehrt, da die Akkumulation in der Welt der Tausch- und Gebrauchswerte ohne Vorlauf an Akkumulation stets krisehaft verlaufen muß, entwickelt sich historisch das Bank- und Finanzwesen. Und damit auch das finanzielle Machtgeflecht gegenüber dem industriellen Sektor. In Abgrenzung zum seinem historischen Vorläufer des Wucherkapitals. Diese Machtgrundlage installiert aber nicht schon wieder ein neues Knechtsverhältnis zwischen Wucher- und industriellen Kapital, sondern genau das Machtsystem, das für eine funktionierende Akkumulation nötig ist. Die „Verselbständigung“ des Finanzwesens, wie du es nennst, entwickelt sich spiegelbildlich zu der Verselbständigung der Wachstumsambitionen der kapitalistischen Geldwirtschaft insgesamt. Ich hab nicht behauptet das Wachtum ein vernünftiger Zweck ist, egal wo das gerade stattfindet.

    Wegen der erpresserischen Kommandogewalt, die die Geldinhaber den Kapitalisten gegenüber haben, die wissen, daß sie mit eigenem Geld kein größeres Rad drehen können, kann das Finanzwesen an der Realwirtschaft schmarotzen.

    Die Geldkapitalisten schmarotzen, im engeren Sinn, gar nicht. Sie stellen das Geldkapital zur Verfügung, damit überrhaupt eine vernünftige, industrielle Akkumulation stattfinden kann. Das was du als „erpresserische Kommandogewalt“ des Geldkapitals brandmarkst, sind die realen Machtverhältnisse in ökonomischer Arbeitsteilung zwischen diesen Ökonomie-Abteilungen der Marktwirtschaft. Geldkapitaklisten erpressen nur soweit, wie es ökonomisch geboten ist. Andererseits wäre es Wucher. Was verlangst du denn, dass die Banken ihr Geld wie Spenden den industriellen Kapitalisten zur Verfügung stellen?

    Ja, was denn sonst? Wenn auch nur die Staatsbanken der VR Chinas, von Taiwan und Japan ihr Vertrauen in den Dollar, in Dollar-Papiere dadurch aufkündigen würden, daß sie auch nur einen Bruchteil davon verkaufen wollten (und sie haben aberhunderte von Milliarden in ihren Porofolios), dann wäre es um die US-Finanzen, und damit um die Weltfinanzen geschehen. Deshalb passiert das ja auch nicht. Bisher.

    Ich hab´nicht gesagt daß nichts am Vertrauen hängt. Ich habe bloß besttritten, daß Akkumulation bloß eine Vertrauensfrage der Finanzinvestoren sein könnte. Und wenn tatsächlich einmal die Chinesen bzw. die Japaner ihre Dollars auf dem Weltmarkt werfen, dann werden sie es deswegen tun, um den Wert des chinesischen Staatsschatzes möglichst unversehrt vor größerem finaziellen Schaden zu bewahren, angesichts einer möglichen, rapiden Dollarabwertung in naher Zukunft. Dann werden sie nicht sagen, wir behalten unsere Dollars damit wir zeigen, daß wir den Dollar noch vertrauen. Der Hintergrund wird also auch dann ein ökonomischer, und kein psychologischer, im engeren Sinn, sein. Psychologie schafft keine Werte, auch wenn das die Chinensen, und was weiss ich wer alles, ganz doll hoffen. Bis vor kurzem haben auch alle der Wirtschaftskraft der USA vertraut. Das hat aber nicht verhindern können dass der Wert des Dollars langsam, aber dann doch kontinuierlich, immer mehr an Wert verloren hat.
    Und da war Peter Decker im Vortrag unmißverstädlich, alles eine Frage des Vertrauens. Damit bin ich nicht einverstanden.

    So fürchterlich viel ist doch in der Realwirtschaft, weder in den USA oder Britannien noch hier bisher passiert, daß damit diese massiven Kontraktionstendenzen in der Finanzwelt zu erklären gewesen wären. Wenn eh jeder im Wald pfeift, weil er angst um sein Geld hat, dann reicht eben so ein bißchen schlechtere Nachrichten von der Sub-Prime-Front, um alle in Panik zum Ausgang rennen zu lassen, damit man ja nicht der Letzte ist.

    Offensichtlich schon. Da haben ein Ausfall von, knapp über 3% nach Angaben von Decker, 1,8% nach meinen Informationen, an Kreditausfällen aus Kreditverbriefungen, gekoppelt an Finanzgeschäften am US-Immobilienmarkt, ausgereicht um eine Lawine an den weltweiten Finanzmärkten loszutreten.

  6. 27. September 2007, 20:57 | #6

    Also gut, den Vorwurf an dich, zu lax mit den Begriffen umgegangen zu sein, muß ich mir offensichtlich selber vorhalten lassen: Wenn ich von Vernunft oder richtiger noch einer vernünftig organisierten Gesellschaft rede, dann rede ich nun wirklich nicht vom Kapitalismus. Sondern von der Gesellschaft nach dessen Abschaffung. Als Wunsch sozusagen.
    In dieser Gesellschaft wäre es dann auch blöd, mit der Meßlatte „Wert“ der kapitalistischen Gesellschaft an die Produktion heranzugehen. Die Marxsche Bestimmung des Tauschwertes von Waren als Verkörperung der abstrakten gesellschaftlich durchschnitlich notwendigen Arbeitszeit war und ist ja gerade eine vernichtende Kritik dieser Gesellschaftsweise und kein ehernes Gesetz der Geschichte, das es nach der Revolution nur endlich wirklich vernünftig anzuwenden gelte.
    Du schreibst „Der Tauschwert ist die Vergegenständlichung des kapitalistischen Reichtums, die Gebrauchswerte der Waren ist das Mittel ihrer Realisation.“. Das sehe ich anders: Das eine Ware einen Gebrauchswert hat, und wenn das Ding auch nur für die Befriedigung des blödesten Spleens taugt, ist Voraussetzung für den Tauschwert. Mehr aber auch nicht. Welcher Tauschwert von der Nachfrage als ex post in diesem Ding verkörpert angesehen und honoriert wird, das zeigt sich doch immer erst im Verkauf bzw. durch den Verkauf. Wenn dann „hinterher“ reihenweise Zeugs übrig geblieben ist, dann ist es bekanntlich aus mit dem Tauschwert, da können die Sachen so nützlich sein wie sie wollen. Die sind dann mehr oder weniger entwertet.
    Insofern gebe ich dir auch recht, wenn du sagst, „Profit zu produzieren, oder Gebrauchswerte zu produzieren als Zweck, sind wiederum ganz verschiedene Qualitäten, die im System kapitalistischer (Wert-)Reichtumsproduktion in einem instrumentellen Verhältnis zueinander stehen. Profit ist der Zweck, die konkrete Produktion von Gebrauchswerten das Mittel dafür.“ Wenn es profitlicher ist, am Gebrauchswert was einzusparen, dann ist das im Kapitalismus vernünftig.
    Zum Verhältnis zwischen Industriekapital und Finanzwesen schreibst du: „Diese Machtgrundlage installiert aber nicht schon wieder ein neues Knechtsverhältnis zwischen Wucher- und industriellen Kapital, sondern genau das Machtsystem, das für eine funktionierende Akkumulation nötig ist.“ Das klingt so, als ob die Arm in Arm ins kapitalistische Wunderland der Zukunft akkumulieren. So ist das doch nicht. Gerade moderne „Kapitalsammelstellen“, Pivate Equity Funds allen voran, zeigen doch, dass die ihre Macht der schieren Größe als gewaltigen Hebel einsetzen, sich am Industriekapital in möglichst großen Maße zu bereichern. Bei dir klingt das nach bewundernswürdigem Dienst am nationalen Fortschritt, wenn du schreibst, „Die Geldkapitalisten schmarotzen, im engeren Sinn, gar nicht. Sie stellen das Geldkapital zur Verfügung, damit überhaupt eine vernünftige, industrielle Akkumulation stattfinden kann.“ Mal abgesehen davon, dass es im Kapitalismus überhaupt keine „vernünftige“ Akkumulation gibt, es gibt nur Akkumulation oder eben keine, geht es den Banken, den Finanzern, doch nicht die Bohne um deren Ausdehnung. Die wollen doch nur *ihr* eigenes Geldvermögen, das sie ohne groß nachzudenken als Mehrgeld beanspruchen dürfendes Kapital ansehen, vermehren. Das können sie natürlich letztlich nur, wenn die finanzierten Projekte, Firmen, Fusionen, wirklich Profit abwerfen. Denn daraus kommt ja letztlich ihre Rendite. Der dumme Spruch, „ich lasse mein Geld arbeiten“ verweist ja schon immer darauf, dass aus Geld nur mehr Geld werden kann, wenn irgendjemand in einem durch dieses Geld finanziertem kapitalistischen Projekt sich von dem kreditierten Eigentümer und Kommandeur von Produktionsmitteln erfolgreich ausbeuten lässt.
    Und mit Moral (Stichwort „Wucher“) hat das nun wirklich nichts zu tun. Wer da wem wie viel der mühsam erkämpften Profite abdrücken muß, hängt im wesentlichen von den Komkurrenzverhältnissen der jeweiligen Kapitalisten ab. Dann muß eben ein Flagship-Store für eine „Premium“-Kette an den Hausbesitzer ihres Toplagenladens mal eben 150 € pro m² im Monat abdrücken, während zwei Straßen weiter in der „Nebenlage“ ein anderer Hausbesitzer froh sein kann, wenn er seinen Ladennutzern 20 € abpressen kann.
    Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, ich bin nicht für eine bessere Bankenkontrolle oder Mietpreisgrenzen in Ballungsgebieten oder was einem da noch so alles einfallen könnte, sondern für die Abschaffung dieses Profitsystems.
    Zum Vertrauen als Basis des Vermögenswerte, die da täglich bilanziert werden, behauptest du, „Ich habe bloß bestritten, daß Akkumulation bloß eine Vertrauensfrage der Finanzinvestoren sein könnte.“ Im Fall der richtigen Krise reduziert es sich in der Tat auf ein „Bloß“: Wenn erstmal hinreichend viele der aktuellen Zettelbesitzer ihren Konto- und Depotauszügen nicht mehr trauen, wenn z.B. Banken und Fonds auf einmal es für notwendig erachten, ihre erworbenen Geld(kapital)beträge als vielleicht doch nicht in dem Maße für werthaltig anzusehen wie bisher, dann kann es im Ernstfall richtig weit runter gehen. Dann brechen Aktienkurse um zig Prozent ein, dann verfallen Immobilienwerte (Betongold!!) über Nacht, dann ist der „Wert“-Preis von manchem Papiere noch nicht mal mehr einzuschäzen, weil die Märkte „ausgetrocknet“ sind und Finanzläden, die verzweifelt nach Liquidität suchen, sie nicht mal mehr mit saftigen Abschlägen loswerden.
    Daß die VR China dem Dollar so nibelungentreu die Stange hält, hat nun wirklich nichts mit Proamerikanismus zu tun. Die wollen nur nicht wahrhaben und versuchen es deshalb partout zu vermeiden, das eintreten zu lassen, dass sich erweist, dass sie gar kein Weltgeld mehr in der Hand haben, den ultimativen grünen Zettel, mit dem man rund um den Globus was kaufen kann. Das wollen sie schon deshalb tunlichst vermeiden, weil dummerweise die USA, die ihnen solche aberwitzig riesigen Beträge schulden, auch seit fast sechzig Jahren versuchen, sie letztlich doch wegzuräumen und dafür verdammt viel militärische Macht einsetzen könnten.
    „Psychologie schafft keine Werte“. Das stimmt. Aber Depotwerte, Performance, „Wert“steigerungen, etc. Das war übrigens schon immer so in der bürgerlichen Warenwelt. Ich empfehle da gerne, sich mal in die Beschreibungen der ersten größeren „Investitionsblase“ der Neuzeit einzulesen:
    Die Tulpenmanie in Holland 1630 bis 1637:
    „Zunächst wurden die Zwiebeln nur während der Pflanzzeit gehandelt. Da sich die Nachfrage jedoch ganzjährig ausdehnte, wurden später auch solche Zwiebeln verkauft, die noch in der Erde waren. Als Konsequenz wurde der Tulpenhandel zum Spekulationsgeschäft, da niemand wusste, wie die Tulpe wirklich aussehen würde. Zu dem Zweck der Veranschaulichung, wie sie später aussehen sollten, wurden Bilder in Auftrag gegeben. Kostbare Gemälde entstanden während dieser Zeit vor allem in Utrecht, das damals für etwa 400 Maler Europas Anziehungspunkt war.
    In den 1630er Jahren überschlug sich die Entwicklung. Es konnten jetzt auch Optionsscheine auf Tulpenzwiebelanteile gekauft werden. Die Preise explodierten und stiegen von 1634 bis 1637 auf das über 50-fache an. In Amsterdam wurde ein komplettes Haus für drei Tulpenzwiebeln verkauft. Viele Zwiebeln kosteten mehrere tausend Gulden, der höchste Preis für die wertvollste Tulpensorte, Semper Augustus, lag Anfang 1637 bei 10.000 Gulden für eine einzige Zwiebel, zu einer Zeit, als ein Zimmermann rund 250 Gulden im Jahr verdiente. Die Spekulation war zur Spekulationsblase gediehen.
    Im Januar hatten sich die Preise bereits mehr als verdoppelt. Ihren Höhepunkt erreichte die Tulpenspekulation bei einer Versteigerung am 5. Februar 1637 in Alkmaar. Dort wurden für 99 Posten Tulpenzwiebeln rund 90.000 Gulden erzielt, das entspricht heute ca. 900.000 Euro. Doch bereits zwei Tage zuvor hatte der Crash in Haarlem seinen Anfang genommen, als bei einer der regelmäßigen Wirtshausversteigerungen sich keiner der Händler mehr traute zu kaufen. In den nächsten Tagen brach dann in den gesamten Niederlanden der Tulpenmarkt zusammen. Alle wollten verkaufen, kaum einer kaufen. Allein ganz kostbare Zwiebeln konnten noch gehandelt werden, da es genügend betuchte Liebhaber gab, die sich ihr Hobby weiterhin leisteten. Doch die Masse der zuvor gehandelten Zwiebeln gehörte zu den billigen Sorten, die auf einmal wertlos waren. Am 7. Februar 1637 stoppte der Handel schließlich. Die Preise fielen um über 95 Prozent.“
    (zitiert nach wikipedia)

  7. Ware
    27. September 2007, 22:03 | #7

    Das eine Ware einen Gebrauchswert hat, und wenn das Ding auch nur für die Befriedigung des blödesten Spleens taugt, ist Voraussetzung für den Tauschwert. Mehr aber auch nicht.

    Ja. Aber weil das so ist, ist es die marxsche, vernichtende Kritik am Kapitalismus. Sehe ich auch so. Dieses „mehr aber auch nicht“ ist ja der Scheiß, um was sich alles dreht. Das ist das produktive Verhältnis zwischen Armut und Produktionsmittelbesitzern.

    Mal abgesehen davon, dass es im Kapitalismus überhaupt keine „vernünftige“ Akkumulation gibt, es gibt nur Akkumulation oder eben keine, geht es den Banken, den Finanzern, doch nicht die Bohne um deren Ausdehnung. Die wollen doch nur *ihr* eigenes Geldvermögen, das sie ohne groß nachzudenken als Mehrgeld beanspruchen dürfendes Kapital ansehen, vermehren.

    Das sehe ich in diesem Verhältnis nicht so. Auch Banken, wie jedes größere Industrieunternehmen, ist bestrebt möglichst zu wachsen. Da warten aber Finanzkapitalisten nicht darauf und drücken die Daumen, dass das Wachstum im industriellen Sektor klappt, damit sie auch was davon abkriegen. Sie forcieren aktiv und eigenhändig ihr eigenes finanzkapitalistisches Wachtum, durch solche Privat-Equity Geschichten. Es ist gerade das Erfordernis des Marktes zu wachsen, das als individuelles Erfordernis gegenüber der einzelnen Bank oder dem einzelnen Finanzinvestor, als eine Marktanforderung, ihm gegenübertritt, und damit als individuelles Bedürfnis des jeweiliges Unternehmens seinen Zweck einfordert.
    Deswegen bieten Banken und andere Finanzinvestoren proaktiv alle Möglichen Finanz- und Wertpapiertitel am Markt an, und entwickeln damit immerzu die neuesten, inovativen Wachtumsstrategien ihrer Branche, bzw. ihres jeweiligen Unternehmens. Und wenn das Wachtum nicht klappt, dann ist es über früh oder lang sowieso aus mit den Profiten. Das ist noch ein weiterer Irrsinn. Das die Profitmassen im Kapitalismus ständig wachsen müssen, damit auf lange Sicht überhaupt profitabel gewirtschaftet werden kann. Das ist ein weiteres Spezifikum der kapitalistischen Produktionsweise.

  8. 28. September 2007, 08:32 | #8

    Nochmal zurück zu deiner zentralen Kritikthese

    „Der industrielle Sektor ist Dienstleister für den Finanzsektor (hat Marx nicht was anderes behauptet? Das die Zinsrate im Durchschnitt sich der industriellen Profitrate annähern muß?). Da frag ich mich welche Rolle noch die industrielle Mehrwertproduktion spielen soll.“

    Auch wenn du das mittlerweile etwas zurückgenommen haben scheinst, glaube ich doch, daß du immer noch von einem zu kruden Primat der industriellen Kapitalakkumulation in Form der Steigerung der Güterproduktion ausgehst. Diese Krise, die noch aber zunehmend weniger, eine Krise des Finanzwesens ist, hat ihre Ursache letztlich in der relativen (und letzlich fiktiven) Verselbständigung des Finanz- und Bankwesens von der industriellen Warenproduktion. Die Antwort auf deine Frage ist, daß früher oder später, und jetzt ist eben später, der Überbau der Profithoffnungen sich bricht an den Befürchtungen, daß davon gar nicht alle wahr werden können. Letztlich ist die Produktion „echten“ kapitalistischen Reichtums die Schranke für die Spirale der sich immer weiter ausdehnenden reinen (Buch)Geldkapitalien.
    Du mußt den Vortrag schon sehr selektiv gehört oder gegen den Strich verstanden haben, wenn du zum Urteil kommst, der GegenStandpunkt hätte nun als Parole „Kapitalismuskritik ade“. Peter Decker betont doch gerade, was für eine ungeheurliche Verrücktheit es ist, daß der Banken- und Finanzsektor, das „große Geld“, die ganze Gesellschaft in Haftung dafür nehmen kann, daß seine irren Geldvermehrungshoffungen auch tatsächlich aufgehen. Mehr Kritik wüßte ich auch nicht.
    Vielleicht hast du in deiner unnötigen Verärgerung aber auch gar nicht bis zum Ende mitgehört. Da kommt Peter Decker, der deiner Meinung doch der Kritik dieses Systems gerade erst abgeschworen hat, zur Aufforderung, man möge doch die Leute dafür agitieren, mit einer Revolution dieses System wegzufegen. Ein paar Millionen bräuchte man dafür allerdings, um wenigstens erstmal in einem Land mit diesem Irrsinn Schluß zu machen. Das ist doch schon mal ein Wort. Mehr hat er ja (wie ich und du ja auch) erstmal nicht zu bieten als Argumente dafür, sich diesen Scheiß nicht mehr einleuchten zu lassen.
    P.S.. Auf die „Alternativen“ des sich in der Armut Einrichtens bzw. mit der Armut irgendwie Zurechtzukommen, jemand aus dem Publikum verwies da zum Schluß auf Mikrokredite und Tauschringe als Auswegsideen, brauche ich hoffentlich gar nicht erst einzugehen.

  9. Ware
    28. September 2007, 17:01 | #9

    Auch wenn du das mittlerweile etwas zurückgenommen haben scheinst, glaube ich doch, daß du immer noch von einem zu kruden Primat der industriellen Kapitalakkumulation in Form der Steigerung der Güterproduktion ausgehst.

    Ich gehe von überhaupt keinen Primat aus. Genau das ist es, was ich kritisiere.

    Diese Krise, die noch aber zunehmend weniger, eine Krise des Finanzwesens ist, hat ihre Ursache letztlich in der relativen (und letzlich fiktiven) Verselbstständigung des Finanz- und Bankwesens von der industriellen Warenproduktion.

    Die ganze VWL lebt davon, also die bürgerlichen Experten auf wirtschaftlichem Gebiet, Entscheidungen der Marktbeteiligten von ihrer Menschennatur als Marktaukteure ableiten zu wollen, statt die Institutionen des bürgerlichen Zirkus, die diesen Laden ökonomisch vergegenständlichen, zu erklären. Was hat sich den im Finanzsektor verselbstständigt, so dass die Entwicklung auf dem Finazsektor, aus der psychologischen Situation der Marktzbeteilgten abgeleitet werden könnte. Ökonomische Transaktionen bestehen demnach aus lauter „Vertrauen“, „Unsicherheit“, „Kalkulationen“, oder auch „Gier“, wenn´s mal eine Zeil lang schlecht läuft, wie jetzt. Das ist immer der Schein, wenn die Spirale des spekulativen Wahnsinns aufgemacht wird: Kritiker des spekulativen Wahnsinns verlagern den wirklichen Grund, Überakkumulation und Wachstumserfordernisse, von der Ökonomie, auf die persönliche Menschennatur des Spekulanten, und konstruieren deswegen einen ideellen Grund, wenn tatsächliche Überakkumulation zur Marktkrise führt. Da wird nicht erklärt was Zins, Profit usw.. ist, sondern da findet ein Gegenstandwechsel von den ökonomischen Institutionen, auf die Menschannatur und jeweiligen Marotten der Marktbeteiligten selbst, statt. Die dann im Umgang mit diesen ökonomischen Institutionen, wie Zins, Aktienkursen, Wertpapierkursentwicklungen usw.. notwendig kalkulieren. Daher ist der so konstruierte, psychologische Begriff der Gier, oder des Vertrauens, wie du anführst, bloß eine scheinökonomische Basisketegorie der bürgerlichen Ökonomie. Die schon auf einen Fehler hinweist, wie du dir die Sache ausdenken willst.
    Jetzt kommen wir wieder auf den Ausgangspunkt deines Einwands zurück. Du hast behauptet, mir geht es um ein Primat der industriellen Akkumulation, im Verhältnis zur finanzkapitalistischen Akkumulation. Mir kommt es aber so vor, als ob Peter Decker es im Vortrag darauf angelegt hat, ein Primat der spekulativen Finanzsphäre hinaufzubeschwören, statt sich die Sache selbst anzuschauen. Er guckt nicht darauf was Akkumulation ist, und wie die funktionale Rolle des Finanzwesens darin vorkommt. Er geht schon im Ausgangspunkt davon aus, dass der Finanzsektor sowas wie den Staatsschatz, und damit die Staatsmacht der Staatsmaschinerie vergegenständlicht. Und fragt sich auf der Grundlage wie die Akkumulation darin vorkommt. Auf jeden Fall nicht mehr selbständig, denn sie verkörpert idell schon die Staatsmacht selbst. Er beschwört als Vorurteil ein Primat der Politik vor der Ökonomie herauf. (darin kommt auch der zirkuläre Verweis, wie groß doch die finanzökonomische Sphäre mittleweile ist, als religiöse Bebilderung der Staatsmacht durch die quantitative Ausdehnung des Finanzsektors selbst). Da kommt noch mehr…

  10. 28. September 2007, 20:04 | #10

    Du fragst

    Was hat sich den im Finanzsektor verselbstständigt, so dass die Entwicklung auf dem Finazsektor, aus der psychologischen Situation der Marktzbeteilgten abgeleitet werden könnte?

    Ganz simpel verselbstständigt sich im Bankenwesen und besonders im modernen Derivatemarkt mit all seinen auch mir bis vor ein paar Monaten völlig unbekannten Konstrukten und Abkürzungswüsten (z.B. SIV light, erst ganz vor kurzem von Barclays erfunden, hat die IKB an den Rand des Zusamenbruchs gebracht) ganz grob gesprochen das Geldwesen von der Realwirtschaft. Vom klassischen Geldschöpfungsmultiplikator, den noch jeder VWLer im Grundstudium bestaunen kann, bis zur heutigen aberwitzigen renditeoptimierten conduit-Konstruktion und Derivatepapieren, bei denen ich noch nicht mal wüsste, wie ich mathematisch da rangehen müsste, um den Witz und da Risiko zu berechnen, war zwar zeitlich aber inhaltlich gar kein so weiter Weg.

    Ökonomische Transaktionen bestehen demnach aus lauter “Vertrauen”, “Unsicherheit”, “Kalkulationen”, oder auch “Gier”, wenn´s mal eine Zeil lang schlecht läuft, wie jetzt.

    Nein, nicht nur, wenn es schlecht läuft, wie jetzt. Das ist ja das Schlimme, selbst wenn es gut läuft! Du meinst, festen Boden unter den Füßen zu haben, wenn du mit dem Finger drauf zeigst und zum Urteil kommst, „tatsächliche Überakkumulation“! Und woran erkennst du diese Tatsache? Natürlich wie jeder Finanzer auch daran, dass es jetzt nicht mehr so toll läuft wie vorher. Solange war es nämlich noch eine gesunde „nachhaltige“ Akkumulation. Zwischen gesundem Wachstum und Überhitzung liegen doch nur immer nur ein zwei Börsenschlusskurse. Es ist doch kein Zufall, dass all diese auf Kursteigerungen setzenden Chartisten, die zugegebenerweise keine Ahnung haben, warum die Kurse sich so entwickeln, wie sie sich eben entwickeln, in ihrer Not, trotzdem auf richtige Pferd setzen zu müssen, gerade in der letzten Zeit auf die Theoretisierung und Automatisierung des erklärten Nichwissens gesetzt haben und mit ihren mit hunderttausend Korrelationen uns Ableitungen gefütterten „quantitativen“ Modellen, am besten von irgendeinem Mathegenie optimiert und in einen schönen Großrechner als black box reingestopft, sich und ihren Kisten die Daumen gedrückt haben, das die schon wissen was sie tun, wenn sie automatisch Ankaufen und Verkaufen. Das war natürlich auch nichts, wie man jetzt Lesen kann (schon der verlogene Laden „Long Term Capital Management“ hat ja vor einem Jahrzehnt buchstäblich auf die gleiche Art und Weise schon mal ganz clever Milliarden in den Sand gesetzt und die „Stabilität“ gefährdet)

    Mir kommt es aber so vor, als ob Peter Decker es im Vortrag darauf angelegt hat, ein Primat der spekulativen Finanzsphäre hinaufzubeschwören,

    Hinaufzubeschwören? Das kann doch heute jeder besorgt nicht nur im Wirtschaftsteil seiner Tageszeitung nachlesen, da reden die sogar bei Weltwirtschaftsgipfeln drüber.

    Er geht schon im Ausgangspunkt davon aus, dass der Finanzsektor sowas wie den Staatsschatz, und damit die Staatsmacht der Staatsmaschinerie vergegenständlicht.

    Wen im Kommando über ein florierende Volkswirtschaft die Macht eines Staates begründet ist, dann liegt der Regierung am Florieren „ihres“ Finanzwesens doch zurecht viel am Herzen. Deshalb wollen doch London und Washington sich nicht „ihre“ Hedgefonds und Co. von der Merkel wegregulieren lassen. Zugriffsmöglichkeiten auf Geldreichtum als abstrakte Möglichkeit jeden konkreten Reichtum damit in seinen Besitz zu bringen, ist doch das A und O imperialistischer Finanz- und Wirtschaftspolitik. Nur muß dafür die Summe all dieser Geldtitel natürlich „real“ sein und keine inflationäre Schimäre. Peter Decker beschwört gerade nicht als „Vorurteil ein Primat der Politik vor der Ökonomie herauf“. Nicht einmal ein Steinbrück oder Greenspan bilden sich das doch ein.

  11. Ware
    28. September 2007, 23:51 | #11

    Ganz simpel verselbstständigt sich im Bankenwesen und besonders im modernen Derivatemarkt mit all seinen auch mir bis vor ein paar Monaten völlig unbekannten Konstrukten und Abkürzungswüsten (z.B. SIV light, erst ganz vor kurzem von Barclays erfunden, hat die IKB an den Rand des Zusamenbruchs gebracht) ganz grob gesprochen das Geldwesen von der Realwirtschaft.

    Wenn du sagst das Finanzwesen läuft der Realwirtschaft im Renditevergleich davon, kann ich dir zustimmen. Ich glaube jedoch nicht daß sich das Finanzwesen von der Realwirtschaft hat verselbständigen können. Das sieht nur so aus, dass diese Finanzgeschäfte grenzenlos Abnehmer finden werden, solange eine kunjunkturelle Aufschwungperiode ihren Höhepunkt ansteuert. Und dementsprechend immer wieder falsche Erwartunsgshaltungen und Konkunkturprognosen notwendig aus sich heraus hervorbringt. Dann gibt es spekulative Übertreibungen, die als zu verwertende Erwartungshaltung mit der guten Konkunktur zusammengehen, und diese dadurch auch noch beschleunigen. Sie vergegenständlicht sich ökonomisch zu Vermögenstitel. Diese Entwicklung kann, in solchen Konjunkturphasen, z.B. auch an der Börse beobachtet werden. Sie verläuft, in der Erwartungshaltung der Marktteilnehmer, spiegelbildlich mit der Wachtumsdynamik der kapitalistischen Wirtschaft. Sowie das Wachstum nur nach oben zeigen kann, wenn schon was wächst, zeigen deswegen ebenfalls die Erwartunghaltungen der Marktteilnehmer an den Finanzmärkten, diesbezüglich auch nur nach oben. Es entsteht der Schein, und die Marktteilnehmer lassen sich immer wieder von diesem Schein blenden, dass es mit der Konjunktur grundsätzlich immer weiter nach oben gehen wird. Das dem Wachtum keine Grenzen entgegengesetzt werden können. Erst in dieser Phase ist das dann die Übertreibung, die Überspekulation, die zu den spiegelbildlich sich entwickelnden Wachtumserwartungen noch dazu kommt. Ich finde diese Entwicklung ist konsequent und keinesfalls ein Symptom der Verselbständigung, oder Überhitzung der Märkte, wie es immer wieder Komentatoren im tadelnden Ton umschreiben, wenn es wieder mal was zu rechtfertigen gibt, angesichts einer sich entwickelnden wirtschaftlichen Abschwungphase. Zeigt das Konjunkturbarometer, meist wider den Erwartungen der Marktteilnehmer ,wieder nach unten, vor allem wenn die letzte Aufschwungphase sich dem Höhepunkt annähert, sucht die wilde Horde selbstverständlich danach ihre angesammelten, faulen Papiere schnellstens wieder los zu werden. Same procedure as everywhere.

  12. 29. September 2007, 00:07 | #12

    Das ist jetzt eine recht lahme Entgegnung/Bestätigung von dir:

    Wenn du sagst das Finanzwesen läuft der Realwirtschaft im Renditevergleich davon, kann ich dir zustimmen. Ich glaube jedoch nicht daß sich das Finanzwesen von der Realwirtschaft hat verselbständigen können.

    Denn du redest weitgehend an mir vorbei: Ich habe nicht vom Renditevergleich gesprochen. Sondern in erster Linie von der ungeheuren Ausweitung der Geldtitel, -Papiere, -Konten, die im Finanzbereich zu verzeichnen waren. Natürlich letztlich deshalb, weil mit popeliger Warenproduktion direkt keine so schönen Geschäfte zu machen waren und sind. Ich habe aber vor allem überhaupt nicht behauptet, Peter Decker übrigens auch nicht, das war ja mal dein Ausgangspunkt, daß diese Verselbstständigung dauerhaft und krisenfrei in immer lichtere Höhen gehen könnte, das hast du mir nur unterstellt. Das sehen wir doch gerade. Einerseits den Anspruch aller Finanzweltler, daß ihre Dollar- und Eurozettel gefälligst werthaltig zu sein haben, wie sie es sich untereinander ja hoch und heilig versprochen hatten (AAA-Rating!!!) und andererseits das hier und da geradezu panikartig aufkommende Gefühl, daß man auf den Boden der „Realitäten“ zurückgeworfen werden könnte.

  13. Ware
    29. September 2007, 11:40 | #13

    Denn du redest weitgehend an mir vorbei: Ich habe nicht vom Renditevergleich gesprochen. Sondern in erster Linie von der ungeheuren Ausweitung der Geldtitel, -Papiere, -Konten, die im Finanzbereich zu verzeichnen waren.

    Vielleicht sind wir uns in der Bewertung der Qualität der Auswirkungen neuer und alter Vermögentitel im Finanzsektor nicht einig. Ansonsten weiss ich nicht wo der Gegensatz unserer Betrachtungsweisen liegen soll. Es sind m.E. dem Kredit, ob neue oder alte Vermögentitel, sei jetzt dahingestellt, ihm verschiedene Leistungszuschreibungen zuzuschreiben. Bezüglich der Vergleichbarkeit in Qualität sowieso, in Quantität und zeitlicher Hinsicht (Beschleunigungstendenz der allgemeinen Akkumulation), und in Punkto räumlicher Konzentration (Bereich imperialistischer Macht- und Finanzstrukturen). Alle drei Bereiche hängen selbstverständlich eng miteinander zusammen. In Punkto räumlicher Konzentration ist die (noch) imperialistische Vormachtstellung der USA und der europäischen Staaten nicht mit einer Verselbständigung des finanziellen Sektors vom industriellen Sektor zu verwechseln. Gerade die USA erben derzeit dass diese Rechnung nicht aufgeht.
    Wenn noch was unklar ist können wir das ja noch ausdiskutieren.

  14. 29. September 2007, 18:27 | #14

    Vielleicht sind wir uns in der Bewertung der Qualität der Auswirkungen neuer und alter Vermögentitel im Finanzsektor nicht einig. Ansonsten weiss ich nicht wo der Gegensatz unserer Betrachtungsweisen liegen soll.

    Hm, ist das jetzt ein grundlegendes Zurückrudern, willst du nur höflich sein, oder was? Du hast schließlich angefangen mit einer äußerst empörten Zurückweisung von Peter Deckers Vortrag und als Zusammnfassung geendet mit

    Ich hab langsam die Faxen Dicke. Staatsfetischismus in Vollendung. Kapitalismuskritik ade.

    Jetzt weißt du auf einmal nicht mehr „wo der Gegensatz unserer Betrachtungsweisen liegen soll“?

  15. Ware
    29. September 2007, 20:37 | #15

    Das ist kein grundlegendes zurückrudern, sondern eine Aporie. Ich verstehe nicht welche Gemeinsamkeiten du zwischen meiner theopretischen Position im Vergleich mit der GSP-Position im Vortrag vermutest, wenn ich doch an gleicher Stelle gerade einige theoretische Gegensätze festhalten will. Das macht es gerade schwierig deine persönliche Position von der in deiner Bewerbung des Vortrags auseinanderzuhalten.

  16. Ware
    29. September 2007, 21:03 | #16

    Übrigens ist eine mögliche Differenz in unserer Bewertung der Qualität der Auswirkungen neuer und alter Vermögentitel im Finanzsektor (Verselbständigung vs. Akkumulation), die ich vermute, keineswegs nur eine unbedeutende Lapalie, wie dein Kommentar dazu vermuten läßt . Ich hab nicht umsonst im vorletzten Beitrag den thepretischen Zusammenhang zwischen Finanzkapital, Akkumulation und Imperialismus ins Spiel gebracht.

  17. 29. September 2007, 22:11 | #17

    Ich weiß nicht was eine Aporie ist, ich bin kein Philosoph oder Rhetoriker und will auch weder das eine noch das andere werden. Mag sein, daß es da einige Mißverständnisse gegeben hat, vielleicht habe ich Peter Decker mißverstanden, vielleicht du, vielleicht habe ich dich mißverstanden. Aber es fing deinerseits, ich wiederhole mich da, mit einem Totalverriß des Deckerschen Vortrags an, den du mit meiner Meinung nach jeweils sachlich daneben gehenden Thesen zu dem, was da vorgetragen worden sei, begründet hast. Ich stimme dir zu, daß diese Differenzen, auch wohl zwischen dir und mir, keine „unbedeutende Lapalien“ sind. Nur haben wir sie leider nicht einmal klar herausgearbeitet. Geholfen dabei hat ja, wie sonst leider auch, eh keiner sonst. Erstaunlicherweise ist dieses Thema eines, das zwar die bürgerlichen Medien bis zum Erbrechen füllt und als schaler Abklatsch davon sich auch bei linken Medien wiederfinden läßt, aber sonst habe ich dazu nicht so viel Ernsthaftes gefunden. Und ich suche zu sowas nicht nur bei blogsport.

  18. Anonymous
    1. Oktober 2007, 16:07 | #18

    Ich möchte dann doch noch einige Anmerkungen bezüglich der zurückliegenden Debatte über die Finanzkrise 2007, die sich ja mittlerweile immer mehr zu einer Konjunkturkrise auszuweiten beginnt, zur Sprache bringen. Fangen wir mal mit Neoprenes ersten Zitat an:
    „Willst du ernstlich bezweifeln, daß modernes Geld seine Geltung letztlich und in Krisensituationen offensichtlich, der Staatsmacht verdankt, die es in der Tat einfach dekretiert, als allgemeines Äquivalent setzt?“
    Die Notenbank schöpft das Geld, in dem sie das Geld druckt, und damit als allgemeines Äquivalent, kraft ihrer Gewalt setzt ,und adamit uch rechtlich anerkennt. Aber was ist deswgen, durch einen Gewaltakt, über das Geld, bzw. die Geldform des Kapitals ausgesagt? Nichts. Das ist schon wieder ein Moment des schon ausführlich diskutierten Gewaltfetisches, die die Staatsgewalt immer schon voraussetzt.
    „Damit ist doch gar nicht behauptet, auch von Peter Decker nicht, daß der bürgerliche Staat da rücksichtslos, grenzenlos das Geldvolumen expandieren könnte.“
    Doch, genau das will Peter Decker damit sagen. Er hat selbst darauf hingewiesen, dass die Geldexpansion auf Vertrauen beruht und damit grundsätzlich grenzlos expandieren könnte. Mit dem Widerspruch der Argumentation im Vortrag, dass Finanzmarktturbulenzen, z.B. in dieser Krisensituationdurch 2007, durch Gelddruckerei der Notenbank nicht beseitigt, sondern nur hinsaugeschoben werden können, und mal schaon was wird, muß er selbst leben und theoretisch beseitigen. Ich bin nicht dafür zuständig die theoretiscvhen Fehlkonstrukte von Anderen zu beseitigen.
    „Aber wenn es brennt, wenn der Vertrauensschwund in die geldwerten Papiere, die all die schönen zukünftigen Zahlungsversprechen verkörperen, verbriefen, zu einem Stocken des gesamten Kreditwesens und damit letztlich der Zirkulation und schließlich auch der zugrundeliegenden Produktion zu führen drohen, dann kommt eben als Deus ex machina die EZB und haut so mal eben an einem Feitag 90 Mrd. € als Tagesgeld an die Banken raus.“
    Das mit der Deus ex machina ist auch so´n Ding. Die Rede von übergeschichtlichen Wesen (bürgerlicher) Staat, wurde bis zum Erbrechen diskutiert. Von libelle und bilbo wude sie eindrucksvoll wiederlegt. Interessanter ist es zu erläutern, welche monetäre Auswirkungen die Verleihung von Tagesgeldern durch die Notenbank hervorbringt, statt in tautologischer Manier die Gewalthoheit der Druckmaschinen des Staates zu bewundern.
    „“Exponentiell ins unendlich anwachsende Vermögenwerte im Finanzsektor.” Bis es crasht. Sagt doch auch Peter Decker. Bis dahin sagen alle Interessierten doch immer, was wollt ihr denn mit eurer Unkerei, geht doch alles prima! Und auch Peter hat doch drauf hingewiesen, daß jemand, der bei diesem “Schneeballsystem” rechtzeitig ausgestiegen ist, der “wirkliches” Geld bekommen hat für seine letzlich auf CDOs ABCPs oder SIV light beruhenden Fondsanlagen oder Bankeinlagen, doch halbwegs zu Recht sagen kann, nach mir die Sinnflut. Hinterher weiß es jeder Dödel, daß es diesmal nicht gesundes Wachstum sondern eine unverantwortlich ausgeweitete Blase war.“
    Wie jetzt. Entweder die Rede von einem exponentiell unendlich ansteigenden Wert von Vermögenstitel ist falsch oder sie ist richtig. „Bis es crasht“ ist doch ein abweichender Kommentar eindeutuig Stellung zu beziehen. Entweder es gibt einen ökonomischen Grund für exponentielles Wachstum oder nicht. Entweder es gibt einen ökonomischen Grund für einen crash oder nicht. Wie die Finanzmarktaukteure mit einem Crash umgehen ist der berechende Umgang mit einer Finanzmarktkrise, aber nicht deren ökonmischer Grund. Mit dem Begriff des Vertrauens werden jedenfalls keine Werte produziert, die in einem crash in sich zusammenfallen können. Übrigens merkt diesen Umstand jeder institutionelle und kleine Anleger, der das Gegenteil behauptet und bis zum Zeitpunkt einer Krise vom Gegenteil überzugt wird.
    „Hinterher weiß es jeder Dödel, daß es diesmal nicht gesundes Wachstum sondern eine unverantwortlich ausgeweitete Blase war.“
    Eben. Er weiss es erst hinterher und reagiert darauf, dann, als Marktakteur, in handelner Instanz. Hinterher war sein Vertrauen bezüglich seinem platzenden Vermögentitel einen Sack wertwenn der Wert des Vermögenstitels seine monetäre Substanz verliert. Sein Vertauen verwandelt sich wieder in Unsicherheit, Panik und wieder zurück in Vertrauen, wenn es nötig ist. Jedenfalls ist sein Vertrauen, bzw. seine Unsicherheit, nicht der ökonomische Grund dafür, dass sein Vermögentitel geplatzt ist. Auch in Amerika bedurfte es einer platzenden Immobilienblase um das Vertauen an gekoppelte Kreditderivate zu erschüttern.
    „Ein echtes Problem ist, daß du, wie auch der Rest der Welt, hier recht lax mit dem Begriff Wert umgehst.“
    Ein echtes Problem ist es, wenn du den Wert aus dem berechenden Umgang der Marktaukteure mit Warenwerten begrifflich ableiten willst. Das wird deswegen zum Problem, weil am Markt sowieso nur das berechnet wird, was zahlungsfähige Abnehmer findet. Die Berechnung von Produkten und Produzenten als Kostenfaktoren, wirst du jedenfalls deswegen nicht auf dem Grund. Wert ist in seiner qualittativen Substanz nicht das, was du an Werten am Markt sowieso zusammenzählen wirst.

  19. 1. Oktober 2007, 19:13 | #19

    Die Notenbank schöpft das Geld, in dem sie das Geld druckt, und damit als allgemeines Äquivalent, kraft ihrer Gewalt setzt , und damit auch rechtlich anerkennt. Aber was ist deswegen, durch einen Gewaltakt, über das Geld, bzw. die Geldform des Kapitals ausgesagt? Nichts. Das ist schon wieder ein Moment des schon ausführlich diskutierten Gewaltfetisches, die die Staatsgewalt immer schon voraussetzt.

    Dazu möchte ich aus dem aktuellen Artikel im GegenStandpunkt 3-07 zitieren:

    Ein Notruf der finanzkapitalistischen ,Masters of the Universe‘ -und der glanzvolle Auftritt des zuständigen ,Deus ex Machina‘
    Alle Welt seufzt im Chor nach einem Höheren Wesen, das ..den Märkten“ aus ihrem unentrinnbaren Misstrauenszirkel heraushilft und sie wieder flott macht.
    Und siehe da: Das Wesen gibt es tatsächlich; und es tritt auch glatt in Aktion. Die öffentliche Gewalt an den großen Kapitalstandorten, der kein Globalisierungstheoretiker noch politische Großtaten zutrauen mochte, wird in Gestalt ihrer Zentralbanken aktiv und gibt der Finanzwelt den Kredit, den die sich selbst nicht mehr geben mag. … Und [sie] brauchen dafür, wie die zuständigen Experten ihrem auf staatliche Sparsamkeit und knappe öffentliche Kassen eingeschworenen Publikum fachkundig erklären, weder Steuern zu erhöhen noch Geldvorräte zu beschlagnahmen – und noch nicht einmal die Gelddruckmaschinen anzuwerfen:… [Dafür] reicht den autonomen Zentralbanken ihre gesetzliche Befugnis. Mit der Gewalt, die dieStaaten ihnen verleihen, ersetzen sie das Geld stiftende Vertrauen, das den hyperaktiven Finanzkapitalisten abhanden gekommen ist. Aus dem Teil staatlicher Souveränität, der ihnen übertragen ist, verfertigen sie schlagkräftige Kreditmittel. Und das tun sie so lange, bis ihr Gewaltakt dem allgemeinen Misstrauen ein Ende macht und neues Vertrauen stiftet. So retten die in ihrer Sorge um einen funktionierenden Weltkapitalismus vereinigten Großmächte zwar nicht die kaputt gegangenen Vermögenstitel und Kredite – und schon gar nicht die mit ein paar Tausendern bereits überschuldeten Häuslebauer in Amerika -. dafür aber das System, das solche Vermögenstitel schafft und kaputt macht und das materielle Überleben der Menschheit mittelbar und äußerst effektiv von den Konjunkturen seiner Finanzindustrie abhängig macht. … Eine andere Lösung für so eine Kreditkrise gibt es schlechterdings nicht als die, alles wieder von vorn losgehen zu lassen.

    Geld setzt Staatsgewalt voraus. Das ist keine schräge fetischisierende Behauptung des GegenStandpunkts, das ist meiner Meinung erst mal ein Fakt. Du behauptest, daß der GegenStandpunkt/Peter Decker (die wird man da wohl gleichsetzen dürfen) in der Geldfrage Allmachtsphantasien verbreiten, dass der Staat Geld grenzenlos ausweiten könne. Du verwechselst dabei die Fähigkeit des Staates und seiner Zentralbank, wirklich erst mal nach oben unbegrenzte Kredite vergeben zu können (90 Mrd. an einem Tag sind für mich schon so gut wie grenzenlos) offensichtlich mit seiner Fähigkeit, alle jeweils in der Welt der Finanzen, Banken, Firmen und Personen verbuchten Werttitel über alle Krisen hinweg retten zu können. Die hat er in der Tat nicht und nie gehabt. Jedes Lehrbuch über Inflation wird dir das belegen. Es ist gerade kein „Widerspruch der Argumentation im Vortrag, dass Finanzmarktturbulenzen, z.B. in dieser Krisensituation durch 2007, durch Gelddruckerei der Notenbank nicht beseitigt, sondern nur hinaus geschoben werden können“. Das scheint mir die korrekte Beschreibung dessen zu sein, wie so eine Krise abläuft.

    Das mit der Deus ex machina ist auch so´n Ding. Die Rede von übergeschichtlichen Wesen (bürgerlicher) Staat, wurde bis zum Erbrechen diskutiert. … Interessanter ist es zu erläutern, welche monetäre Auswirkungen die Verleihung von Tagesgeldern durch die Notenbank hervorbringt, statt in tautologischer Manier die Gewalthoheit der Druckmaschinen des Staates zu bewundern.

    Und diese Beschreibung der Auswirkungen vermisst du? Mehr als die obigen grundsätzlichen Ausführungen kann ich mir da ehrlich gar nicht vorstellen.
    Ich verstehe auch nicht, wie du zu deiner Frage kommst:

    Entweder die Rede von einem exponentiell unendlich ansteigenden Wert von Vermögenstitel ist falsch oder sie ist richtig. “Bis es crasht” ist doch ein abweichender Kommentar eindeutig Stellung zu beziehen.

    Wieder dein Fehler: Daß in den letzten Jahren die „für bare Münze“ genommenen Titel/Werte/Gelder exponentiell gewachsen sind, das ist doch nicht zu bezweifeln. Daß haben doch alle Akteuere akribisch bilanziert. Und jetzt sehen wir und die, daß die Werte wohl nichts wert sind. Jedenfalls zu einem erheblichen Teil. Wo ist da ein Erklärungswiderspruch? Es ist doch nun wirklich nichts Neues, dass der Markt erst ex-post hergibt, was werthaltig war und was nicht. Das geht doch selbst „einfachen“ güterproduzierenden Kapitalisten so.
    Wenn du anführst : „Mit dem Begriff des Vertrauens werden jedenfalls keine Werte produziert, die in einem crash in sich zusammenfallen können.“ Muß ich dir entschieden widersprechen: Doch erst schafft dieses allseits verbreitete Vertrauen die „Werte“, und dann „erweist“ das fehlende Vertrauen, dass das nur Luft war.
    Mein schönstes Beispiel für diesen Zyklus ist die älteste Spekulationskrise, die es historisch gab: die Tulpenzwiebelgeschichte. Daran erweist sich auch, daß deine These, „Jedenfalls ist sein Vertrauen, bzw. seine Unsicherheit, nicht der ökonomische Grund dafür, dass sein Vermögenstitel geplatzt ist“, falsch ist: Was war es denn damals sonst? Irgendeinen „objektiven“ Wert hatte die „Semper Augustus“ doch nie. Deshalb brauchte es für das Zusammenklappen der Blase auch nichts anderes als den Zweifel, ob es wirklich Sinn macht, ein buchstäbliches Vermögen für eine blöde Blumenzwiebel auszugeben. Jetzt wissen das alle.

  20. Ware
    1. Oktober 2007, 20:35 | #20

    Alles schön und gut das du auf meinen Beitrag geantwortet hast, Neoprene. Letzlich war der aber doch nur das sehr unvollendete Rohmaterial für einen Beitrag, den ich nicht vollendet, und deswegen nicht absenden wollte. Von mir aus kannst du deinen Kommentar dazu stehen lassen.
    Vielleicht schreibe ich noch was zur Finanzkrise 2007…

  21. 1. Oktober 2007, 21:18 | #21

    Letzlich war der aber doch nur das sehr unvollendete Rohmaterial für einen Beitrag, den ich nicht vollendet, und deswegen nicht absenden wollte.

    Nicht nur, daß ich dich inhaltlich nicht verstehe, jetzt kommt auch noch hinzu, daß ich noch nicht mal deine „Sprache“ verstehe: Wenn dir da was versehentlich entfleucht sein sollte (jeder drückt mal versehentlich auf enter), dann hättest du das doch mit einem Nachfolgepost wenigstens markieren können. Wenn dir daran gelegen hätte, hätte ich das von dir als unfertig und voreilig Deklariertes eben wieder raus genommen. So jetzt irgendwie als unverbindlich gekennzeichnet, ist es noch unbefriedigender als wenn wir in klarem oder wenigstens klarerem Dissens auseinandergegangen wären. Vielleicht schreibst du lieber nichts zur Finanzkrise, wenn es dir nur auf so eine Ankündigung aber nicht auf eine Klärung ankommt. Dann hättest du das nämlich nicht „irgendwie“ angekündigt, sondern einfach nur gemacht.

  22. Ware
    1. Oktober 2007, 21:50 | #22

    Nicht nur, daß ich dich inhaltlich nicht verstehe, jetzt kommt auch noch hinzu, daß ich noch nicht mal deine “Sprache” verstehe: Wenn dir da was versehentlich entfleucht sein sollte (jeder drückt mal versehentlich auf enter), dann hättest du das doch mit einem Nachfolgepost wenigstens markieren können. Wenn dir daran gelegen hätte, hätte ich das von dir als unfertig und voreilig Deklariertes eben wieder raus genommen.

    Neoprene, ich habe gar nichts abgedrückt, sondern lediglich ein paar Notizen aufgekritzelt und anschließend wieder, mangels Brauchbarkeit, gleich wieder gelöscht. Warum diese Notizen trotzdem als Beitrag im blogthread aufgetaucht sind weiss ich auch nicht.

  23. 1. Oktober 2007, 21:54 | #23

    ich bin ja nun kein Computer-Crack und HTML-Code ist mir ein besonders Grauen. Aber auf deine blöde Feststellung „Warum diese Notizen trotzdem als Beitrag im blogthread aufgetaucht sind weiss ich auch nicht“ läßt sich ganz einfach feststellen, daß du wohl mit dem Kursor über der Box „Kommentar abschicken!“ gestanden hast und dann die linke Maustaste gedrückt hast. So geht das jedenfalls bei mir immer!

  24. Ware
    1. Oktober 2007, 22:06 | #24

    Es ist doch nun wirklich nichts Neues, dass der Markt erst ex-post hergibt, was werthaltig war und was nicht. Das geht doch selbst „einfachen“ güterproduzierenden Kapitalisten so.

    Ließ dir doch bitte noch mal (des GSP, meine) Gegenargumente zur Forschungspraxis der modernen VWL durch. Gerade darin wird der Kontrast zur marxschen Wertbestimmung der Warenwerte erkennbar:
    Um aber die Sache umfassender zu betrachten: Ihr wärt sehr auf dem Holzweg, falls ihr glaubtet, daß der Wert der Arbeit oder jeder beliebigen andern Ware in letzter Instanz durch Angebot und Nachfrage festgestellt werde. Angebot und Nachfrage regeln nichts als die vorübergehenden Fluktuationen der Marktpreise. Sie werden euch erklären, warum der Marktpreis einer Ware über ihren Wert steigt oder unter ihn fällt, aber sie können nie über diesen Wert selbst Aufschluß geben. Unterstellt, daß Angebot und Nachfrage sich die Waage halten oder, wie die Ökonomen das nennen, einander decken. Nun, im selben Augenblick, wo diese entgegengesetzten Kräfte gleich werden, heben sie einander auf und wirken nicht mehr in der einen oder der andern Richtung. In dem Augenblick, wo Angebot und Nachfrage einander die Waage halten und daher zu wirken aufhören, fällt der Marktpreis einer Ware mit ihrem wirklichen Wert, mit dem Normalpreis zusammen, um den ihre Marktpreise oszillieren. Bei Untersuchung der Natur dieses Werts haben wir daher mit den vorübergehenden Einwirkungen von Angebot und Nachfrage auf die Marktpreise nichts mehr zu schaffen. Das gleiche gilt vom Arbeitslohn wie von den Preisen aller andern Waren. (Lohn, Preis und Profit, 1865, S.119)

  25. Ware
    1. Oktober 2007, 22:37 | #25

    Aber auf deine blöde Feststellung “Warum diese Notizen trotzdem als Beitrag im blogthread aufgetaucht sind weiss ich auch nicht” läßt sich ganz einfach feststellen, daß du wohl mit dem Kursor über der Box “Kommentar abschicken!” gestanden hast und dann die linke Maustaste gedrückt hast. So geht das jedenfalls bei mir immer!

    Bei mir auch. Nur diesmal habe ich eben nicht die linke Maustaste gedrückt und einen Beitrag abgeschickt. Aber ich weiss nun wirklich nicht ob das so wichtig ist. Konzentrieren wir uns doch bitte lieber auf die inhaltliche Debatte.

  26. 2. Oktober 2007, 10:14 | #26

    Ware, es ist ja nicht falsch, wenn du aus Lohn, Preis und Profit vom Marx etwas zum „wirklichen Wert“ und „Normalpreis“ zitierst. Nur reden wir dann immer noch aneinander vorbei. Den bei den Feststellungen über das Kredit- und Finanzwesen geht es doch gerade um die Konjunkturen, die die gesamte Kapitalakkumulation nimmt und nicht um die Bestimmung des abstrakten Wertes einzelner Güter.
    Mir kommt es so vor, als ob du da ähnlich argumentierst wie vor einer Weile ein Leserbriefschreiber des GSP, der gesagt hat:

    Es mag ja sein, daß sich Marx einiges in Sachen Geldform oder Geldderivate getan hat. Aber deswegen muß man nicht gleich übertreiben und eine bloß abgeleitete Form des Geldes zum alles entscheidenden Motor und Mittel kapitalistischer Reichtumsproduktion erklären:
    „Der Kredit… ist die wirkliche Quelle aller kapitalistischen Geschäftstätigkeit, also jeglichen Gelderwerbs im jeweiligen Land.“
    Daß sich etliche Kapitalisten vom Geldhaben unabhängig machen und sogar überwiegend ihre Geschäfte kreditfinanzieren, dies muß man doch nicht derart überzeichnen, als ob die wert- und mehrwertschaffende Arbeit von Lohnarbeitern überhaupt nicht vorkommt, die nach anderen Aussagen von Euch die Quelle und Grundlage allen kapitalistischen Produzierens, Handelns und Staatsmachens sein soll.

    Die Redaktion hat dazu in Heft 1-01 http://www.gegenstandpunkt.com/gs/01/1/leser-x.htm unter anderem wie folgt Stellung genommen:

    Du befürchtest, wir würden über die Erklärung der modernen Währungen und des internationalen Finanzwesens die Anklage der Ausbeutung vernachlässigen oder vergessen, die du aus unseren sonstigen Aufsätzen kennst und teilst. Mehr noch, du findest das Wertgesetz und die aus dem 1. Bandes des ‚Kapital‘ bekannten Gesetze des Geldes nicht wieder oder gar geleugnet in Auskünften über das „sogenannte Kreditgeld“, die „schon über mehrere Jahre in der Zeitschrift breitgetreten“ werden. Keine Angst, wir haben die Einsichten, die du magst, nicht vergessen, wenn wir uns mit einem ganz anderen Stoff beschäftigen als dem Produktionsprozess von Wert und Mehrwert aus ‚Kapital‘ Band 1.

    Auf den ersten Blick scheint dein Vorwurf, wir würden den Kredit, „eine bloß abgeleitete Form des Geldes zum alles entscheidenden Motor und Mittel kapitalistischer Reichtumsproduktion erklären“ also auf ein simples Missverständnis zurückzugehen. Die von dir zitierte Stelle äußert sich nicht zur Quelle des Gewinns, also nicht darüber, wo der kapitalistische Reichtum herkommt, sondern über Quelle, Ausgangspunkt und Motor aller kapitalistischen Geschäftstätigkeit. Die beginnt nun einmal mit einem Kapitalvorschuss, mit Geld und das heißt in der Praxis aller großen Unternehmungen: mit Kredit. Die Verfügbarkeit von Kredit entscheidet für Kapitalisten und ganze Nationen darüber, wieviel Geschäftstätigkeit sie – privat oder national – auf die Beine stellen können. Deshalb, so der in Rede stehende Artikel zur WTO, halten Nationen ihr Finanzgewerbe unter nationaler Aufsicht und sichern und fördern es per Refinanzierung der Banken durch die Nationalbank. Arme Leute, die sich gut ausbeuten ließen, gibt es in jedem Land der Welt im Übermaß; die Nationen unterscheiden sich aber daran, ob und in welchem Maß sie über Kapital verfügen – also über den Kredit, mit dem sich die nötigen Vorschüsse für konkurrenzfähige Profitmacherei vorfinanzieren lassen.

    Der Kredit hat nicht den negativen Ausgangspunkt der Not oder eines Nicht-Funktionierens, wie du meinst, sondern einen positiven: Er ist der Hebel der Beschleunigung der Akkumulation. Und die vermehrt das Warenangebot ebenso wie die Nachfrage, d.h. die Kaufkraft in der Gesellschaft, wenn auch beide nicht in gleichem Maß. Insofern schiebt die Vertagung der Prüfung der Verkäuflichkeit der Waren, die der Kredit bewirkt, die Schranken des Marktes tatsächlich hinaus. Er setzt die „Diskrepanz zwischen den Waren und dem gesellschaftlichen Bedürfnis“ also nicht voraus, sondern befreit das Kapital zu einer Akkumulation, die diese Diskrepanz zwischen dem wachsenden Warenkapital und der beschränkten Konsumtionskraft der Massen überhaupt entwickelt. Dann erst kommt die Phase, die dir als einzige vom Kredit bekannt zu sein scheint: die Krise, in der der produzierte Wert gewaltsam auf den realisierbaren Wert zurückgeführt wird.
    Und selbst in dieser Phase des Zyklus entscheidet die Festigkeit des Kreditsystems einer Nation, also die Verfügbarkeit des Kredits noch darüber, wie leicht oder wie langwierig der Weg aus der Krise gerät und die kreditgetriebene Akkumulation wieder von vorne beginnt.

    Damit macht sich die Staatsmacht zum Rückgrat des nationalen Kreditwesens und setzt es für seine Geschäfte erst so recht frei; d.h. befreit die Banken von einer Schranke ihrer Kreditvergabe. Die leihen und verleihen Geld und gehen dabei jede Menge Zahlungsversprechen ein. Wenn sie für ihre Verbindlichkeiten gerade stehen, d.h. zahlen müssen, dann brauchen sie Geld, das sie natürlich längst wem anders geliehen haben. Die notwendige Bargeldreserve der Bank, aus der die Ansprüche der Kunden auf Zahlung im Fall von Geldknappheit oder Mißtrauen zur Not befriedigt werden können, beschränkt entweder deren Fähigkeit, Kredit zu geben, oder gefährdet – bei Mißachtung dieser Pflicht zur Nichtbenutzung vorhandenen Geldes – die Stabilität des ganzen Kreditwesens bei jedem Einbruch des Vertrauens der Kundschaft. Mit seiner „Refinanzierung“ versorgt der Staat die Banken mit der nötigen Zahlungsfähigkeit und befreit ihre Kreditvergabe von den Schranken der Schatzbildung in ihren Kellern. Nicht an dem, was sie an Geld schon akkumuliert haben, sondern daran, was sich an Profitchancen ausnutzen lässt, soll das Kreditvolumen der Nation sein Maß haben: Keine Chance auf ein Plus soll ausgelassen werden, bloß weil Kredit für den nötigen Vorschuss nicht zu haben ist.
    Das hat allerdings Konsequenzen: Wenn die Staatsbank so viel gesetzliche Zahlungsmittel zur Verfügung stellt, wie der Finanzierungsbedarf der Geschäftswelt – über die Banken vermittelt – es verlangt, dann ist das Geld des Staates selbst ein Vorgriff auf den Wert, der vermittelst der vorfinanzierten Investitionen erst noch geschaffen werden muss. Wenn das per staatlicher Kreditierung der Banken initiierte Wachstum des Kapitals mißlingt – immerhin gibt es Konkurrenz -, dann steht es nicht nur schlecht um den erwarteten Profit, dann ist zweitens nicht nur das private Kapital entwertet und der private Kredit geplatzt, der den Vorschuss finanziert hat, dann ist vielmehr auch das nationale Geld mehr oder weniger beschädigt. Das Gegenteil gilt freilich ebenso: Wenn sich das nationale Kapital in der internationalen Konkurrenz bewährt, Profite abwirft und wächst, dann ist die staatliche Geldschöpfung nachträglich bestätigt und die Währung des Landes hart.

    Geld ist halt Kredit, und wie jeder Kredit ein Vorgriff auf den Wert, der durch diesen Vorgriff zustande gebracht werden soll. Stets wird beim Kredit die Erwartung zukünftiger Geldeingänge behandelt wie schon aktuell vorhandenes Geld, mit dem sich zahlen und investieren lässt. Gelingt die damit angeleierte Verwertung nicht, dann fliegt die Vorwegnahme des Erfolgs auf – umgekehrt, umgekehrt. Die Staaten jedenfalls verzweifeln nicht an dem fiktiven Geldersatz, den sie sich gegen die Solidität ihres guten alten Goldschatzes eingehandelt haben; sie stellen sich der Nicht-Identität von Kreditgeld und Wert so, dass sie untereinander um die höchste mögliche Identität beider konkurrieren. In Quantität und Härte des eigenen Kreditgelds haben sie den Zielpunkt ihrer Konkurrenz gegen andere Nationen. Darin resümiert sich ihre Finanz-, d.h. ihre Kapitalmacht. Im Kampf um sie ist die Ausbeutung in den Betrieben das ewige Instrument.

  27. Ware
    2. Oktober 2007, 11:22 | #27

    Den bei den Feststellungen über das Kredit- und Finanzwesen geht es doch gerade um die Konjunkturen, die die gesamte Kapitalakkumulation nimmt und nicht um die Bestimmung des abstrakten Wertes einzelner Güter.

    Da verwandelst du den Bock zum Gärtner. Sag doch warum du zwischen abstrakten und konkreten Wert unterscheiden willst. Was soll das überhaupt sein. Diese Unterscheidung gibt es nicht in der marxschen Terminologie. Ich kenne wiederum nur den begrifflichen Unterschied zwischen Preis und Wert einer Ware.
    Der GSP argumentiert, ohne Rücksicht auf diese begriffliche Differenz, zirkulär:

    Er (der Kredit, Anm.) setzt die „Diskrepanz zwischen den Waren und dem gesellschaftlichen Bedürfnis“ also nicht voraus, sondern befreit das Kapital zu einer Akkumulation, die diese Diskrepanz zwischen dem wachsenden Warenkapital und der beschränkten Konsumtionskraft der Massen überhaupt entwickelt. Dann erst kommt die Phase, die dir als einzige vom Kredit bekannt zu sein scheint: die Krise, in der der produzierte Wert gewaltsam auf den realisierbaren Wert zurückgeführt wird.
    Und selbst in dieser Phase des Zyklus entscheidet die Festigkeit des Kreditsystems einer Nation, also die Verfügbarkeit des Kredits noch darüber, wie leicht oder wie langwierig der Weg aus der Krise gerät und die kreditgetriebene Akkumulation wieder von vorne beginnt.

    Und dann weiter, jenseits aller ökonomischer Begrifflichkeiten, der Rekurs auf die Menschannatur des Spekulanten. So realisiert sich also der zitkulär sich selbst kreditierte Wert :

    Mit seiner „Refinanzierung“ versorgt der Staat die Banken mit der nötigen Zahlungsfähigkeit und befreit ihre Kreditvergabe von den Schranken der Schatzbildung in ihren Kellern. Nicht an dem, was sie an Geld schon akkumuliert haben, sondern daran, was sich an Profit chancen ausnutzen lässt, soll das Kreditvolumen der Nation sein Maß haben: Keine Chance auf ein Plus soll ausgelassen werden, bloß weil Kredit für den nötigen Vorschuss nicht zu haben ist.

    Der Gegenstandswechsel von der begrifflichen Bestimmung des Kredits in die Konkurrenz der Nationen, eine lockere Aufgabe:

    Wenn das per staatlicher Kreditierung der Banken initiierte Wachstum des Kapitals mißlingt – immerhin gibt es Konkurrenz-, dann steht es nicht nur schlecht um den erwarteten Profit, dann ist zweitens nicht nur das private Kapital entwertet (!) und der private Kredit geplatzt, der den Vorschuss finanziert hat, dann ist vielmehr auch das nationale Geld mehr oder weniger beschädigt. Das Gegenteil gilt freilich ebenso: Wenn sich das nationale Kapital in der internationalen Konkurrenz bewährt, Profite abwirft und wächst, dann ist die staatliche Geldschöpfung nachträglich bestätigt und die Währung des Landes hart.

    Wir wissen immer noch nicht Was Wert ist, was und wie durch Kapitalisten akkumuliert wird, und inwiefern das Geld des Werts vergegenständlichte, zahlungsfähige stoffliche Form sein soll. Aber dass die Nationen gegeneinander ums nationale Geld und Kredit konkurrieren, das ist letztendlich das wirkliche vorgebrachte Interesse im Artikel. Deswegen geht es auch nicht darum, den Kredit begrifflich richtig zu bestimmen. Das liegt schlicht nicht im Erkenntnisinteresse der Autoren.

  28. 2. Oktober 2007, 11:34 | #28

    Du kennst nur den Unterschied zwischen „Preis und Wert einer Ware“. Sehe ich auch so. Nur reden wir doch gar nicht über Waren, sondern über „Zettel“: Geld, Geldguthaben , Aktien, Depotwerte, Anleihen, Wettscheine, etc. Die haben überhaupt nur einen Preis. Zwischen „produzierten Werten“ und „realisierten Werten“ liegt gerade im Kredit- und Finanzwesen eben auch mal die Krise. Die dann eben auch „Werte“ vernichtet, ohne eine einzige Ware vernichtet zu haben.

  29. Django
    2. Oktober 2007, 17:07 | #29

    Zu eurem Disput passt sicher diese Meldung über die Einflussnahme der US-Notenbank auf den internationalen Geldmarkt:
    http://www.welt.de/finanzen/article1194458/US-Notenbank_macht_den_Euro_stark_wie_nie.html

Kommentare sind geschlossen