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„Antifa in der Krise?!“ Kongreß in Berlin 11.-13.04.2014

10. März 2014

Vom 11. – 13. April 2014 an der TU Berlin: Antifa in der Krise?!
Internationaler Kongress zum Thema Europäische Krise und Antifa
Veranstalter: IL Berlin
Unterstützer:
Rosa Luxemburg Stiftung
Ver.di-Jugend
VVN-BdA
Linksjugend [’solid]
Antifaschistische Initiative Reinickendor (AIR)
Emanzipativen Antifaschistischen Gruppe (EAG-Berlin)
Jusos Berlin
Linksjugend [’solid] Berlin
Antifaschistische Jugendaktion Kreuzberg (AJAK)
TOP B3rlin
Der Kongreß wird wie folgt angekündigt:
„Die Antifa“ ist in den letzten dreißig Jahren zu einer der zentralen linken sozialen Bewegungen geworden. Die Erfahrung der Pogrome und Brandanschläge von Hoyerswerda, Lichtenhagen, Mölln und Solingen und die staatliche und mediale Kampagne zur Abschaffung des Asylrechts, prägten eine Generation. Zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde der Kampf gegen den „Rechtsextremismus“ zur Regierungspolitik und viele AktivistInnen suchten sich in den Programmen ein berufliches Tätigkeitsfeld. Auch wenn die ökonomische Krise in der Bundesrepublik weniger gravierende Konsequenzen hat, als im Süden Europas, steht die antifaschistische Bewegung vor großen Herausforderungen. Neben der NPD versuchen sich rechtspopulistische Parteien zu etablieren. Von der „Sarrazin-Debatte“ bis zu den Diskussionen um „Pleite-Griechen“ hat eine rassistische Krisenerzählungen Konjunktur gewonnen, auf der Parteien wie die Alternative für Deutschland in die Parlamente drängen. Rechte Kampagnen gegen Flüchtlingsunterkünfte nehmen an Bedrohlichkeit zu. Wir wollen gemeinsam vor diesem Hintergrund eine Debatte über Zustand, Kontroversen und Perspektiven der antifaschistischen Bewegung führen.

Kategorien(3) Fundstellen Tags:
  1. 11. März 2014, 18:18 | #1

    Das hört sich gut an. Werde versuchen zu kommen.

  2. 11. März 2014, 19:37 | #2

    Hm, was hört sich denn nun „gut“ an? Daß die Antifa in einer Krise sein soll, oder daß sie sich daraus wieder zu berappeln versucht?
    Ich habe das jedenfalls in erster Linie für die gepostet, die es nicht so gut finden, wenn es Antifas ideologisch gut zu gehen scheint.

  3. Leser
    12. März 2014, 09:12 | #3

    @Neoprene
    Deinen letzten Satz versteh ich nicht ganz!? Könntest du das bitte nochmal erklären?
    Schade finde ich bei der ganzen Kongressankündigung das diese erst relativ knapp erfolgt. Für Menschen mit begrenzter Zeit ist ein Monat Vorlauf sehr, sehr wenig.

  4. TutNichtszurSache
    13. März 2014, 11:02 | #4

    Wenn Antifas diese Republik gegen ihre radikalen Fans verteidigen, dann schützen sie jene Verhältnisse, die die Faschos erst hervorbringen

  5. Leser
    14. März 2014, 11:22 | #5

    Ah, jetzt weiss ich bescheid. Faschismus und dessen AnhängerInnen gibt es erst im Kommunismus nicht mehr, weil ja der Kapitalismus dann überwunden ist.
    Diese „Erklärung“ bzw „Kritik“ ist mir doch ein bisschen zu einfach gestrickt.

  6. 14. März 2014, 11:54 | #6

    Nein, Leser, ganz offensichtlich weißt du nicht Bescheid: Da wir hier im Kapitalismus nach weitgehend durch und durch demokratischer Machart leben, läuft jegliche Orientierung auf „Antifaschismus“ als aller-allererste Priorität (meistens ja sogar als einzige politische Aktivität) darauf hinaus, das aktuelle demokratische Desaster rein zu waschen. An der EU-Außengrenze sind z.B. ganz demokratisch schon erheblich mehr Flüchtlinge umgekommen bis umgebracht worden als in Europa in den letzten Jahrzehnten Faschisten „selber“ umgebracht haben.

  7. Leser
    14. März 2014, 13:40 | #7

    Ok. Aber wenn ich mich als Linker gegen Faschisten zur Wehr setze um meine körperliche Unversehrheit zu bewahren, oder linke Räume vor deren Angriffen schütze, soll ich das lieber sein lassen weil ich damit die Demokratie und Kapitalismus aufrecht erhalte?
    Schon mal überlegt das manche Leute Antifa ganz egoistisch aus Eigeninteresse betreiben?
    Und ist es nicht so, das wenn AfD und Konsorten weiter an Boden gewinnen, noch viel mehr Flüchtlinge bei ihrer versuchten Einreise verrecken? Ganz einfach weil die Mauern noch höher gezogen oder gar mit Selbstschussanlagen versehen wurden?
    Ist der Austausch mit von Faschisten bedrohten GenossInnen aus Griechenland so schlimm? Ist es verwerflich wenn wir gemeinsam nach Wegen praktischer Solidarität und Unterstützung suchen?
    Und legen die veranstaltenden Gruppen „jegliche Orientierung“ auf Antifaschismus? Oder sehen sie diesen vielleicht als einen notwendigen Bereich in einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz?

  8. 14. März 2014, 13:52 | #8

    Nenne mir einen x-beliebigen deutschen Konzern und es wird sich herausstellen, daß der in den letzten 20 bis 30 Jahren mehr Menschen durch seine Arbeitsplätze in die körperliche „Versehrtheit“ entlassen hat als alle Nazibanden in der BRD zusammengenommen. Welche „linken“ Räume läßt dir eigentlich das kapitalistische Mietrecht, das bürgerliche Vereins- und Demonstrationsrecht usw.? Wenn Antifas wirklich „egoistisch“ wären, würden sie sich umschauen, mit wem sie es in der Schule, im Betrieb im normalen Leben zu tun haben. Und da kommen zumeist Faschos ganz selten als der Nr.-Eins-Feind raus.
    Nachdem die demokratische Allparteienkoalition vor 20 Jahren praktisch das Asylrecht in Deutschland abgeschafft hat, weil es seine antikommunistische Schuldigkeit getan hatte, nachdem die Festung Europa seitdem Zigtausende an ihren Außengrenzen hat verrecken lassen, kommst du als Gefahr für Immigranten jetzt ausgerechnet mit der AfD? Reicht dir da Frontex nicht, oder die Prämien die in Großbritaniien Mitarbeiter der Asylbehörden kriegen für jeden Bewerber, bei dem sie es schaffen, daß sein Antrag gerichtlich abgelehnt wird, ganz rechtstaatlich und demokratisch?
    Ich habe wahrlich nichts dagegen mit griechischen oder ukrainischen Linken zu reden, aber es kommt schon darauf an, worüber man sich „austauscht“ und streitet.

  9. Leser
    14. März 2014, 14:11 | #9

    Natürlich reicht mir Frontext und all der andere Scheiss. Da aber direkt zwei Fragen:
    Ist für dich eine rasante Verschärfung dieser Verhältnisse,angeschoben durch eine starke rechte Partei, nicht denkbar?
    Und nachdem du die Faschogefahr ja scheinbar nicht ganz so hoch einstufst, wann wäre das Niveau für dich erreicht bei dem du sagen würdest – Jetzt braucht es konkrete antifaschistische Arbeit – ?
    Wenn die Anzahl der Toten und Verletzten durch Faschos die Zahl der gestorbenen Flüchtlinge überschritten hätte? Oder wenn es in der BRD eine faschistische Massenbewegung gäbe?

  10. 14. März 2014, 14:30 | #10

    Nochmal etwas zurück:
    Die von dir als nur zu befürchtende „rasante Verschärfung dieser Verhältnisse“ liegt doch eher hinter uns als vor uns. Von der rechtlichen Verschärfung gegen Menschen, die nach Deutschland einwandern wollen (oder auch nur eine Weile Asyl bräuchten) habe ich doch schon geschrieben. Die drastischen Angriffe auf den Lebensstandard der Menschen in Deutschland mit der Agenda 2010 liegen nun auch schon lange Jahre vor. Die nochmal um Längen schlimmere Entwicklung in den schwachen Randstaaten der EU und natürlich erst recht in Osteuropa und Rußland sind auch demokratisch vonstatten gegangen.
    Oder anders, wenn du gar nicht willens oder in der Lage bist, das immer wieder zu beobachtende Herauswachsen der faschistischen Rechten aus dem demokratischen Mainstream insbesonderer aus dem demokratischen Nationalismus und Rassismus zu erklären, und deshalb auch gegen diesen Schoß, der wie immer fruchtbar ist für die ganz Rechten, nichts richtig anzuführen weißt, dann wirst du auch gegen Faschisten wenig machen können.

  11. Leser
    14. März 2014, 16:45 | #11

    Du lässt mich mit einer Menge Fragezeichen zurück. Was soll ich aus deinem Geschrieben schlussfolgern?
    Damit Antifaarbeit überflüssig oder gar systemstabilisierend ist?

  12. 14. März 2014, 18:00 | #12

    So ungesagt ist das ja nun auch nicht mehr, was aus meinen bisherigen Kurzthesen folgert.
    Der Linksradikale, der sich seit Jahr und Tag mit der Antifa am intensivsten kabbelt, ist sicherlich Freerk Huisken vom GegenStandpunkt. Ich biete dazu an:
    „Antifaschismus: Gespräch mit dem Kommunisten Freerk Huisken“
    http://ef-magazin.de/2013/03/14/4089-antifaschismus-gespraech-mit-dem-kommunisten-freerk-huisken
    Sein Buch bei vsa verlegt, möchte ich dir auch ansHerz legen: „Das Elend der Kritik am (Neo-)Faschismus.
    Ein Veranstaltungsmitschnitt „Wie man die Neonazis kritisieren sollte und wie besser nicht!“
    https://archive.org/details/FreerkHuiskenNazikritikBraunschweig24.05.11
    Noch ein Interview (auf Englisch)“Antifa, nationalism and democracy“:
    http://neoprene.blogsport.de/2012/10/27/antifa-nationalism-and-democracy-interview-with-f-huisken-in-weekly-worker-cpgb/

  13. TutNichtszurSache
    14. März 2014, 19:03 | #13

    „Diese „Erklärung“ bzw „Kritik“ ist mir doch ein bisschen zu einfach gestrickt.“
    Die Fertigstellung einer Erklärung tut ihrem Wahrheitsgehalt nun wirklich keinen abbruch.
    „Aber wenn ich mich als Linker gegen Faschisten zur Wehr setze um meine körperliche Unversehrheit zu bewahren (…) soll ich das lieber sein lassen…?“ Wenn du an Schmerzen Gefallen findest, nur zu, andernfalls ja beantwortet diese Frage sich von selbst, nur: Sind denn die Antifas linksradikale, Kommunisten meinetwegen, die rumagitieren und dabei für Schutz derart sorgen, dass ihnen Faschos dabei nicht in die Quere kommen? Ist es denn außerdem überhaupt vernünftig, vom Antifaschismus, so wie er betrieben wird – als Selbstschutz zu sprechen oder laufen nicht die Antifaaktivisten durch ihr Treiben gar vermehrt in Gefahr Faschisten in die Hände zu fallen?
    Von meiner, aber auch Neoprene´s Seite wurde angesprochen was man sich als Antifaaktivist zum Anliegen macht, dass und warum das verkehrt ist. Der demokratische Staat sorgt schon selbst vor und seine Parteigänger sich darum, dass Faschisten sich als Konkurrenten um die Herrschaft nicht durchsetzen. Dumm ist es in dieser Konkurrenz, angesichts des „größeren Übels“ Partei zu ergreifen.

  14. TutNichtszurSache
    14. März 2014, 19:05 | #14

    Der letzte Part bezog sich auf die Frage, on die Antifa denn Systemstabilisierend ist

  15. Walliküre
    14. März 2014, 21:46 | #15

    „Wenn die Anzahl der Toten und Verletzten durch Faschos die Zahl der gestorbenen Flüchtlinge überschritten hätte?“
    Einen derart absurden Vergleich muss man erst einmal verstehen: Man soll sich die Zahlen rechter Gewalt als Sachzwang für „antifaschistische Notwehr“ o.Ä. zurechtlegen. Das ist mindestens ein Lob der realen Bedrohung durch die demokratische Gewalt, wenn ausgerechnet der „Schutz“ vor einer gesellschaftlichen Randgruppe wie den Faschos die entscheidende Gewaltkritik sein soll. Alle gesellschaftlichen Beziehungen beruhen doch in der Demokratie auf Gewalt, aber von der verbotenen Faschisten-Gewalt soll die eigentlich wichtige Gefahr ausgehen? Das rituelle Zählen von Faschisten und deren Taten ist schon fast ein demokratischer Säuberungsgedanke: Das Boot sei zu voll … mit Faschos …

  16. Mattis
    14. März 2014, 23:46 | #16

    Ich habs grade beim Thema Ukraine geschrieben, leider passt es auch hier: diese ständige Antifa-Ausrichtung ist im Grunde Opportunismus, man glaubt, damit irgendwie mobilisieren zu können … also diese Masche, Forderungen aufzustellen, die angeblich möglichst breit unterstützt werden könnten und die moralisch so unanfechtbar zu sein scheinen – für die sich aber merkwürdigerweise trotzdem niemand interessiert. So aber lässt man sich das eigene Hauptthema von der Gegenseite diktieren. Und übrigens die Rede von der persönlichen Betroffenheit kann ich so als Grund nicht akzeptieren: ich bin auch schon mehrfach bestohlen worden und mach trotzdem nicht einen Kampf „gegen Kriminalität“ auf.

  17. 21. März 2014, 14:01 | #17

    Die Antifa ist doch allergrößtenteils nur ein knapp postpubertärer Kampfsportclub mit Räuber-und-Gendarm-Ambitionen, der vom Kapitalismus so viel versteht wie er davon verstehen will, nichts nämlich, und der sich aus sozialen und Spaßgründen irgendwo regelmäßig trifft wie das Leute in deren Alter eben so tun. Die einen trinken dann nur ein Bier, die anderen – die Antifas – werden dabei auch noch gleich zur parapolizeilichen Vorhut derselben bürgerlichen Gesellschaft, gegen die sie so abenteuerlich rebellieren möchten. Diskussionen mit diesen Leuten sind Zeitverschwendung, fürchte ich, man könnte ebenso gut die FDP agitieren.

  18. Max
    22. März 2014, 11:47 | #18

    „Diskussionen mit diesen Leuten sind Zeitverschwendung, fürchte ich, man könnte ebenso gut die FDP agitieren.“

    Ganz so überflüssig und sinnlos ist eine solche Diskussion vielleicht doch nicht. Immerhin gibt es mittlerweile eine „Post-Antifaszene“ (UG und IL), die ja aus dieser Antifa entstanden ist – was vermutlich auch nicht ganz ohne Diskussionen abgegangen ist. Was diese Gruppen bisher allerdings an Urteilen über den Kapitalismus und seine imperialistischen Zuspitzungen zustande gebracht haben, das taugt nichts bzw. findet gar nicht statt.

  19. Max
    22. März 2014, 11:55 | #19

    M.a.W.: Ums Ganze hat es bisher nicht geschafft bzw. nicht für nötig gehalten, auf eine Fundamental-Kritik an ihrer wichtigsten theoretischen Veröffentlichung zu antworten (die ja wohl so etwas sein sollte, wie die Fundierung ihres Anspruchs, die praktische Umsetzung der „neuen Marx-Lektüre“ zu sein) und sich zu der brisantesten imperialistischen Zuspitzung der letzten Jahrzehnte zu äussern.

  20. TutNichtszurSache
    22. März 2014, 23:30 | #20

    @Max Ob nun derjenige, den zu agitieren man sich anschickt ein Antifant ist oder nicht, ist einem bei diesem Anliegen, so wahr es sein mag, dass Diskussionen mit solchen Leuten an sich nicht überflüssig sind – auch leider nicht von Vorteil.

  21. TutNichtszurSache
    23. März 2014, 00:06 | #21

    @DWR
    Ja… Derartiges bekommt man häufig zu hören. Politische Gegner werden einem wahlweise als Naiv, eher mehr als weniger irre und nicht selten Sektierer vorstellig gemacht. Ebensowenig aber wie „knapp postpubertärer“ Haufen eine korrekte Kritik an Faschos darstellt, so ist es das bei Antifas oder sonstjemandem, diffamiert man ja anstatt zu kritisieren.

  22. SalvadorArachnor
    23. März 2014, 02:49 | #22

    Ich frage mich, wann die sich hier gegenseitig ihres Durchblicks versichernden GSP- Checker das letzte mal länger als 5 Minuten mit einem/einer Antifa- Aktivist_in gesprochen haben.
    Eure in Teilen (!!) nicht unberechtigte Kritik wird durch unzulässige Generalisierungen und arrogantes Gehabe sicher nicht besser ankommen und damit ihr Ziel einmal mehr verfehlen. Wer glaubt es nötig zu haben politisch aktive junge Menschen als „knapp postpubertärer Kampfsportclub mit Räuber-und-Gendarm-Ambitionen“ zu verhöhnen, der soll ruhig weiter im Internet rumpolemisieren, zu einer strömungsübergreifenden Organisierung oder auch nur einer effektiven Aufklärungsarbeit ist er/sie garantiert nicht zu gebrauchen.

  23. arroganter Checker
    23. März 2014, 13:00 | #23

    @SalvadorArachnor
    Ob diese Kritik auf die Antifa zutrifft entscheidet sich doch weder daran, ob der Kritiker dazu „berechtigt“ ist, noch ob er letztendlich mit seiner Theorie gut ankommt. Das tut er tatsächlich selten, weshalb die Gelegenheiten zu denen ich „länger als 5 Minuten“ mit Antifas geplaudert habe sich ziemlich rar halten.
    Wer hat denn andere daran, ob sie Gsp-checker sind gemessen?! Oben wurde ja meinerseits bestritten, dass es mit DWR´s Durchblick allzuweit her ist, wenn er sich mit der Antifa auf eine solche Tour befasst.
    Stichwort: „unzulässige Generalisierungen“-> Bullshit! Wenn man über die Antifa spricht, dann macht man sich doch gerade zum Thema, was jenen gemein ist, nämlich die, wie Neoprene es treffend formuliert hat „Orientierung auf „Antifaschismus“ als aller-allererste Priorität (meistens ja sogar als einzige politische Aktivität)“ und nicht worin sie sich meinetwegen unterscheiden.
    Vielleicht sind hier Leute unterwegs, die von deiner „strömungsübergreifenden Organisierung“ nicht allzuviel halten? Die aber ist ein völlig anderes Thema, weshalb ich darauf auch nicht weiter eingehen werde.

  24. 24. März 2014, 22:44 | #24

    @Tutnichts: Das war ja auch keine Kritik, sondern eine simple Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit von Agitation, und damit übrigens auch keine Diffamierung einzelner Personen. Dass antifaschistische Praxis näher am Räuber-und-Gendarme-Spielen und Kampfsport ist als an ernsthaften Versuchen, den Kapitalismus zu begreifen, liegt trotz meiner polemischen Formulierung auf der Hand.
    @Salvador: Mit deinen „politisch aktive junge Menschen“ soll wohl etwas besonders Positives eingefangen sein, das man lieber nicht verhöhnen sollte. Verstehe ich das richtig? Sind Neonazis dann auch nicht verhöhnenswert?
    Und ob ich zu einer „effektiven Aufklärungsarbeit“, die ich mir übrigens von dir lieber nicht erklären lasse, „zu gebrauchen“ bin, und gar noch zu einer „strömungsübergreifenden“ (was ist denn dann noch der Inhalt dieser „Aufklärung“, wenn nicht die „Strömungen“?), das ist wohl keine Frage der Etikette.

  25. S.B
    26. März 2014, 01:07 | #25

    Da wird mir schlecht bei der Frage ist es notwendig sich gegen Fasch…und deren folgenden Rassi.. zu stellen.
    Es ist egal vieviel Opfer es gefordert hat einer ist einer zu viel und wenn der Nationalstolz und Heimat Quatsch sich erstmal in den Köpfen hängt ….dann haben wir noch viele Opfer zu beklagen
    Antifa heißt Widerstand auf allen Ebenen eine Verantwortung allen Opfern die Deutschland das so gute Land ..kotz zu beklagen hat .
    Leute wacht auf in Polen in Ungarn in Frankreich über all spiegeln sich Nationale Faschisten wieder .. Es ist die Saat nicht erst seit 2013 geboren es wird Zeit den Keim zu bekämpfen wo er gedeiht… rottet euch zusammen beginnt vor eurer Haustür…bildet Bündnisse und kommt zum Kongress.

  26. S.B
    26. März 2014, 01:27 | #26

    Abschließend …Antifa und der Kampf ist das Erbe einer Gesellschaft in der das Recht auf Freiheit egal woher jemand kommt zu bewahren zu schützen und zu verteidigen gilt …gegen all diese welcher fasch.. Idolgien anschließen gebrauch oder dazu still schweigen.
    Nationale Faschisten schaffen Grenzen und Ihre Folgen diese gilt es Einhalt zu gebieten.

  27. Kannst du dich nicht verständlich ausdrücken?
    26. März 2014, 17:11 | #27

    Dass du dich als Antifa für Deutschland verantwortlich siehst kann man noch rauslesen, darüber hinaus wirds schwierig…
    „Nationale Faschisten schaffen Grenzen“ Achso, verstehe… Dann sag mal den Negern, dass sie sich wohl täuschen und darum mal aufhören sollten im Mittelmeer abzusaufen, Grenzen kann´s ja nicht geben – Europa ist nämlich demokratisch.
    Dem wär doch mal auf dem Grund zu gehen, wieso es hier, sowie in Polen, Frankreich etc. haufenweise Faschisten gibt, was das eigentlich ist „Faschismus“, das machen aber weder du noch deine depperten Antifafreundchen

  28. Kim B.
    26. März 2014, 19:09 | #28

    S.B.: „in Frankreich über all spiegeln sich Nationale Faschisten wieder ..“
    Na ja, die etwa 20% Franzosen, die gegenwärtig hinter dem FN stehen sind wohl eher brave Nationalisten, die sich einbilden, mit mehr Nationalismus ging’s ihnen besser. D a s wäre zu kritisieren als einen angeblichen Keim bekämpfen zu wollen. Den gibt es nämlich nicht, der ist schon lange aufgegangen.
    Siehe dazu auch meinen Kommentar im Karl-Marx-Forum: Kommunalwahlen in Frankreich- National ist in.

  29. Ihr widert mich an
    27. März 2014, 10:31 | #29

    linksdeutsche Querfrontidiotin_nen

  30. Wurstmullah
    27. März 2014, 11:02 | #30

    Wenn du jetzt noch „antisemitisch“ einbauen könntest, wär’s perfekt. Versuch’s doch noch mal.

  31. 27. März 2014, 11:19 | #31

    „linksdeutsche Querfrontidiotin_nen“ ist zwar einerseits eine billige Beleidigung und hätte deshalb auch gleich in den Papierkorb gehen können, ich war aber großzügig, weil mit dem Hinweis auf „Querfront“-Politik ja gerade jetzt, was die Ukraine angeht, ein wichtiges Thema angesprochen wird. Es fehlen zwar jegliche Argumente gegen die zahlreichen Querfrontler in der Linken, aber immerhin ist das ja eine politische und zudem nicht mal falsche Position. Daß das dann leider mit dem Standardvorwurf, „ihr seid ja alle nur Idioten!“ aufhört, hat es auch nicht besser gemacht.

  32. Kowalski
    27. März 2014, 14:05 | #32

    Rechtsradikale, Antifas und die Ukraine
    „Wenn die Linken in Europa etwas verdattert sind und sich nicht auskennen, was da eigentlich los ist und wie sie sich positionieren sollen, so ist das eine Sache. Es kann jedoch dem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen, daß es am anderen Ende des politischen Spektrums ähnlich aussieht.“

  33. 27. März 2014, 14:50 | #33

    Was meinst du mit Querfront?!
    Zusammenarbeit mit Nazis – dein ernst?
    „Keine falsche Position“…

  34. 27. März 2014, 14:58 | #34

    Ich meine gar nichts zur Querfront. Ich habe nur dem Angewiderten zugute gehalten, daß er Leute, die wie die ganzen Maidan-Bejubler offensichtlich keine Probleme damit haben, wenn Demokraten und Linke Seite an Seite mit Faschisten stehen, also ein „Front“ im recht militärischen Sinn gebildet haben, als Idioten beschimpft. Das ist dieser Tage ja auch auf der Linken keine Selbstverständlichkeit. Und bei den Demokraten sowieso nicht.

  35. Notrollingpls
    27. März 2014, 15:03 | #35

    aber sonst geht’s dir noch gut H.?!
    Neoprene meint, sofern ich das richtig verstanden habe – wohl, dass die Gegnerschaft zur Querfront „keine falsche Position“ ist, aber nicht auf Argumenten, sondern einer linken Moral begründet ist

  36. arroganter Checker
    27. März 2014, 16:26 | #36

    Mensch Neoprene,
    derjenige hat sich doch darüber empört, dass hier Leute unterwegs sind, die von der Antifa wenig halten, wirft „Querfrontidioten“ in den Raum und du meinst loben zu müssen, dass er gegen Querfrontideen etwas hat? Das geht doch meilenweit an dem vorbei, was nun der/die Empörte meinte

  37. 27. März 2014, 16:36 | #37

    Ja, der Typ ist irgendwie empört. Worüber nun genau, das habe ich ehrlich seinem Stakkato nicht so recht entnommen. Und darum ging es ihm oder ihr ja auch wohl kaum, denn außer diesem Kurzpost habe ich weder hier noch anderswo was ausführlicheres gelesen. Ich hab mir also interesiert/ignorant wenn du willst, den einen Punkt rausgeschält, der mir überhaupt der Rede wert schien. Aber das scheint anderen ja auch nicht nahe zu gehen. Wie überhaupt die Ukraine ja eigentlich überhaupt kein Thema geworden ist, wenn ich mich so umschaue. Jedenfalls „hier“.

  38. arroganter Checker
    27. März 2014, 16:57 | #38

    Querfront, Ukraine,Rumgetrolle…Gehts in diesem Thread nicht länger um die Antifa und ihren Selbstbeweihräucherungskongress???
    Mich wundert ein bisschen, wie sehr von seiten mancher Blogger, dir und Lanier beispielsweise, an linke appelliert wird, man müsse sich Ukraine zum Thema Nr.1 schlechthin machen. Wieso denn eigentlich?
    Man verfolgt was da passiert, du könntest immerhin, wenn dich an der Auseinandersetzung, die – auch wenn du sie misst, stattfindet – etwas nich passt, z.b dem Gs Artikel inhaltlich deinen Senf zu abgeben. Aber sich darüber empören, dass Kommunisten zu wenig Betroffenheit heucheln ist schon etwas schräg.

  39. arroganter Checker
    27. März 2014, 16:59 | #39

    *dir etwas nicht passt*

  40. 27. März 2014, 19:12 | #40

    Ach Checker, wenn du wenigstens was checken würdest und nicht nur arrogant wärest:
    An einer ernsthaften Auseinandersetzung mit politischen Positionen, die dir nicht passen, hast du schon mal kein Interesse. Sonst könnte dir z.B schon aufgefallen sein, daß es, wenn es um Antifa-Strategien geht natürlich auch um die Themen geht, die dir nicht passen: „Querfront, Ukraine“.
    Und an korrekter Zurkenntnisnahme, dessen, was ander Linke schreiben, geht es dir leider auch nicht: Wer hat denn irgendwo geschrieben, „man müsse sich Ukraine zum Thema Nr.1 schlechthin machen?“ Und selbst, wenn man das als polemische „Zuspitzung“ abtun wollte, was fällt dir denn dazu ein, ausgerechnet die zugespitzeste imperialistische Kampagne „deines“ Hausimperialismus der letzten Jahre als geradezu nachrangig einzutüten? Oder gibt es für dich Imperialismus nur zu erkennen wenn die 82nd Airborne irgendwo landet?
    Natürlich darf dann auch nicht der eigentlich bei solch einer Position verlogene Hinweis fehlen, daß das von mir et al. angeblich beklagte Defizit doch gar nicht exisiere, nur wir seien zu doof, das überhaupt zu erkennen. Die linke Scheuklappenpolitik damit zu verteidigen, daß da eh nur ein moralisches Argument der „Betroffenheit“ unterwegs sei, ist dann das unredliche I-Tüpfelchen.
    Dann eben nicht.

  41. arroganter Checker
    27. März 2014, 20:34 | #41

    Die themen passen nicht mir, sondern in eine Diskussion in der es um die Antifa geht nicht. In eine (Strategie)Debatte nämlich, wie man Antifa am erfolgreichsten betreibt möchte ich mich nicht einmischen, das sei den Antifas selbst überlassen.
    Du schreibst „die Ukraine ist ja eigentlich überhaupt kein Thema geworden“ – ist sie nicht? Dann schau dich doch mal um auf deinem Blog oder wirf einen Blick in den neuen GS.Wenn du meinst, man hätte sich an der einen oder anderen Stelle Vorgänge in der Ukraine falsch erklärt, dann – so meine Aufforderung oben “ gib deinen Senf dazu ab“, machst du aber nicht, du heulst, wie man es von dir kennt – rum von wegen „linker Scheuklappenpolitik“, unterstellst mir irgendeinen Scheiß und hast an inhaltlicher Kritik selbst nichts vorzubringen, was du – damit konfrontiert witzigerweise MIR vorwirfst (Selber, Selber…) außer wie schon gesagt, dass es nicht zum Thema wurde. Nicht so zumindest, wie du es dir wünscht – nur wie hätte es dem werten Neoprene nach von statten gehen sollen?

  42. arroganter Checker
    27. März 2014, 20:41 | #42

    Es ging in obiger Diskussion doch erstmal gar nicht darum, ob die Antifa sich in dieser – jener Frage als vernünftig erweist, ob bestimmte Gruppen zur Ukraine etwa richtiges zu sagen haben, sondern um das Anliegen der Antifa selbst. Querfront und so Zeugs ist also schon und definitiv eine andere Sache…

  43. 27. März 2014, 21:11 | #43

    Werter Checker, wir sind hier nicht in einer Stadtbücherei, wo man die Krimis nicht zu den Kochbüchern stellen darf. Auf sortenreines Diskutieren zu beharren, halte ich selbst hier nicht für sonderlich notwendig. Auf jeden Fall ist das doch regelmäßig, ich nehme an, du verfolgst den Blog ja auch schon eine Weile, nicht eng am jeweiligen Anfangsthema geblieben. Manchmal, wenn es wirklich weit weg gegangen ist, habe ich den „Realitäten“ gehorchend, einen Thread dann auch schon mal umettiketiert.
    Deshalb hier noch ein Einschub sozusagen zur Ukraine-Frage. Da hat es mich in der Tat erstaunt, daß es seit der Maidan-Mobilisierung und vor allem nach dem Putsch dafür, daß das die bisherige fragile Weltordnung und insbesondere die wackelige widersprüchliche Beziehung der EU und der USA zu Rußland massiv durcheinandergeschüttelt hat und vor Ort den wirklich allerletzten Dreck noch bis in die Regierungsspitzen gespült hat, so wenig Auseinandersetzungen um das daraufhin wieder mal nötige „Programm“ gegeben hat.
    Besonders krass fiel mir das bei der NaO-Veranstaltung auf, wo ich nostalgischer Altlinker doch tatsächlich den Clash der Empires der linken Szene erwartet habe und fürbass erstaunt wurde, daß in diese Richtung buchstäblich nichts kam. Nicht mal hinterher, jedenfalls schon mal nicht auf den Blog der beiden Veranstalter NaO und ARAB. ARAB hat ja eh seinen Blog total abgeschottet, da kann es ja schon wegen der Blogeinstellungen keine Kommentare geben, krass!
    Ja, ich finde das, was z.B. die GAM (im NaO-Gewand) zur Ukraine zu sagen hat wie schon die letzten, sagen wir mal drei Jahrzehnte ätzend, aber Martin Suchanek ist mir dann doch keine Polemik mehr wert gewesen. Was es sonst noch an linken Statements gegeben haben mag, ich habe es jedenfalls nicht bemerkt, auch von weiteren Veranstaltunge oder Mitschnitten habe ich nichts mitgekriegt, das kannst du gerne nachtragen.
    Was es in der Tat gegeben hat, sind überraschend viele Hinweise auf Artikel bei mir hier auf dem Blog und auch bei Nestormachno. Da wurde aber eigentlich keine wirkliche Auseinandersetzung draus, so wenig deckungsgleich das ja gewesen ist.
    Wenn du den neuesten GegenStandpunkt-Artikel ansprichst, dann rennst du damit bei mir offene Türen ein, ich hab das nicht nur als Szenereporter bei mir auch gebracht, sondern weil das für das bisher fundierteste antiimperialistische Statement ist, was ich bisher gelesen habe, also nicht nur kurz behauptet, das kann man schon bei vielen Linken lesen, sondern ausführlich belegt und begründet. Auch die Jour fix-Diskussion zum Thema möchte ich den Lesern hier deshalb ans Herz legen. Was ich darüber hinaus zur GSP-Agitation zum Thema zu sagen habe, kannst du ja ansatzweise auch schon an meiner Kritik am Referat von Wolfgang Möhl ablesen. Das ist dann aber schon Jammern auf relativ hohem Niveau.

  44. 27. März 2014, 21:21 | #44

    @ Checker
    „Es ging in obiger Diskussion doch … um das Anliegen der Antifa selbst.“
    Anfänglich ja, da hast du Recht. Und dazu habe ich dann doch auch gleich einige naheliegende didaktische Hinweise gegeben, womit sich ein Antifaler erstmal auseinandersetzen sollte, ehe man dann wieder ins Gespräch kommt. Mehr wollte ich erstmal gar nicht sagen, denn ich befürchte, daß schon diese paar Tips nicht bei sonderlich vielen Antifa-Lesern auf fruchtbaren Boden fallen also Verständnis finden werden.

  45. arroganter Checker
    27. März 2014, 21:30 | #45

    Nochmal zurrück zu deinem Letzten Beitrag, da behauptest du, dass bei dinicht r nur ein moralisches Argument der „Betroffenheit“ unterwegs wäre, begründe das doch mal

  46. 27. März 2014, 21:38 | #46

    Nochmal zum Verständnis, wo habe ich was zur Betroffenheit geschrieben oder genauer bei welchem Thema, ich weiß echt nicht, was bei dir mein „letzter Beitrag“ war?

  47. arroganter Checker
    27. März 2014, 21:50 | #47

    Anders gefragt: Du sagst es ist keine Moral oder willst du in dem Beitrag, der damit, dass ich wohl arrogant bin aber nichts checke nicht raus – dass du soviel Aufhebens machst um die Ukraine – okay, aber was dann? Sicher ist das ein wichtiges Thema, aber ich trage doch wirklich keine Verantwortung für deutschen, Verzeihung – meinen Hausimperialismus

  48. Max
    27. März 2014, 23:27 | #48

    Wolfgang Möhl spricht in seiner Zusammenfassung zum Ende des Vortrags in Bremen davon, dass und wie durch das Eingreifen der USA in den Ukraine-Konflikt, durch die schon vollzogenen und die angedachten Eskalationsschritte auf einen Schlag eine „neue Weltlage“ (!) etabliert wurde. Was u.a. zur Konsequenz hat, dass die Ambitionen und Ziele Deutschlands in und mit der EU und damit seine Erfolgsgeschichte der letzten Jahrzehnte prinzipiell infrage gestellt ist.
    Angesichts dessen erscheint mir deine Bemerkung „Sicher ist das ein wichtiges Thema“, ebenso wie die Reaktionen der hiesigen Linken (und da teile ich Neos Ansicht), … na sagen wir mal doch reichlich „unangemessen“. Das ist dann auch keine Moral, sondern eine Kritik an der Urteils- und Handlungsfähigkeit von z.B. „kommunistischen Bündnissen“
    P.S. Überleg dir doch mal, was es z.B. bedeutet, wenn jetzt auf einmal davon die Rede ist, dass möglicherweise die Abschaffung der Wehrpflicht ein Fehler gewesen sei, weil man die Notwendigkeiten der „Landesverteidigung“ aus den Augen verloren habe. Womit wird da offenkunig wieder gerechnet?

  49. Max
    6. April 2014, 17:08 | #49

    SPON: Große Koalition streitet über militärpolitische Konsequenzen (06.04.2014)
    Zwischen SPD und Union gibt es offenen Streit, ob sich die deutsche Verteidigungspolitik wegen der Krim-Krise grundsätzlich ändern sollte. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold plädiert im SPIEGEL für eine strategische Neuausrichtung, die Union will sich widersetzen.
    „Der zuständige Sprecher der SPD, Rainer Arnold, sagte dem SPIEGEL: „Wir müssen darüber nachdenken, ob das unkontrollierte Absenken der Panzerflotte innerhalb der Nato richtig war.“
    Hintergrund ist die Nato-interne Debatte um eine strategische Neuausrichtung des Bündnisses, die sich an einer anhaltenden, auch militärischen Konfrontation der Nato mit Russland orientieren soll. Sie wird, so verlautet es aus diplomatischen Kreisen, anders als bislang geplant im Zentrum des Nato-Gipfels der Staats- und Regierungschefs im September stehen.“

  50. Max
    19. April 2014, 15:26 | #50

    Dieser GKN-Text wurde als Flugblatt auf der Konferenz „Antifa in der Krise?“ an der TU Berlin im April 2014 verteilt:
    Thesen zum Rechtsruck in Europa
    In jeder bürgerlichen Nation gibt es faschistische Parteien. Manchmal sind sie über lange Perioden bedeutungslos, aber es gibt sie immer. Politisch organisierte Leute, die die eigene Nation durch die Regierung ausverkauft sehen, weil diese das Volk in ihren Augen falsch bewirtschafte, also die „Falschen“ zulässt, die „Eigenen“ zu lasch regiert und so Leistungswille und Anstand untergräbt. Und wo Regierungen sich mit Wirtschaftsverträgen und Bündnissen vom Ausland abhängig machen, weil sie genau darin eine Stärkung der eigenen Nation sehen, entdecken Faschisten einen Ausverkauf des Vaterlandes. (…)

  51. Moritz
    19. April 2014, 15:29 | #51

    Gibt’s Berichte zu dieser Konferenz?

  52. Moritz
    19. April 2014, 17:25 | #52

    Hinweise auf einige Presseberichte finden sich hier.

  53. Mr. Spock
    20. April 2014, 08:44 | #53

    Ganz okay.Fehlt aber, was die Radikalisierung ist und warum die keinen Erfolg haben und womit sie immer gedisst werden, wo sie doch so viele Gemeinsamkeiten mit den Demokraten haben. Hätte aufkommende Fragen jedenfalls erledigt. Aber als kurzes Flugi okay.

  54. Moritz
    9. September 2014, 00:29 | #54

    Alles geht weiter?!
    Zur Auflösung der Antifaschistischen Linken Berlin [ALB]
    Hiermit geben wir bekannt, dass sich im August 2014 die Antifaschistische Linke Berlin [ALB] aufgelöst hat. Zu unserer Geschichte, den Gründen und der politischen Perspektive wollen wir in diesem kurzen Papier ein paar Worte verlieren.

  55. Moritz
    11. September 2014, 09:58 | #55

    2. – 4. Oktober 2014 in Hannover: Gegen die Einheitsfeier
    Vom 2.-3. Oktober finden in Hannover die zentralen Feiern zum Tag der Deutschen Einheit statt. Wir haben uns zusammengefunden, um den dort zelebrierten nationalen Burgfrieden zu stören. Denn was da gefeiert wird ist: Armut, Ausgrenzung und Leistungszwang! Wieso das so ist könnt ihr in den Aufrufen nachlesen.
    Im Oktober selbst organisieren wir am zweiten zur Einstimmung eine Kundgebung mit musikalischer Unterstützung. Am dritten rufen wir zu einer antinationalen Demonstration gegen das Spektakel auf. Am vierten organisieren die Gruppen gegen Kapital und Nation einen Kongress zur Kritik der Nation.

  56. Mattis
    13. September 2014, 14:40 | #56

    „These wird sein, dass das Konzept vom autoritären Charakter nicht haltbar ist.“ (aus dem Kongress-Aufruf)
    Wer mit rechtsradikalen Jugendlichen zu tun hatte, wird nicht mehr so leicht dahin sagen, dass diese einfach nur einen „Fehler“ machen und dem Staat etwas unterstellen, was dieser nicht sei.
    Damit ist die emotionale Wucht des faschistischen Alltagsbewusstseins m.E. nicht ausreichend erklärbar. Denn: Solche Emotionen kann man nicht einfach erfinden oder per Fehlschluss in die Welt setzen.
    Genauso wenig wie das normale Staatsbürgerbewusstsein einfach ein „Fehler“ ist. Ohne die Neigung, sich anzupassen, statt über die eigene Lage objektiv nachzudenken, würden solche Fehler NICHT GEMACHT.
    Es sind schließlich keine Irrtümer. Es handelt sich auch nicht um optische Täuschungen. Solche nämlich sieht jeder sofort ein, sobald man sie ihm aufzeigt.

  57. und_nu
    13. September 2014, 16:46 | #57

    … Und wer von beinharten DKPlern verdroschen worden ist, wird dieser Richtung höchstpersönlich auch nichts Gutes mehr zugutehalten…
    Mattis, was sollen deine Zurückweisungen von Negativ-Bestimmungen uns aber über rechtsradikale Jugendliche sagen?

  58. und_nu
    13. September 2014, 18:20 | #58

    @ Mattis,
    willst du nun Adorno gegen seine Verfechter retten,
    oder etwas über rechtsradikale Jugendliche mitteilen?
    (Dass man es sich nicht zu einfach machen möge,
    wolltest du hoffentlich nicht gesagt haben.)

  59. Mattis
    14. September 2014, 18:42 | #59

    Wie wärs mit einem kleinen Argument?

  60. Apple
    14. September 2014, 22:53 | #60

    und_nu, was sollen deine Anspielungen auf Negativ-Bestimmungen uns über rechtsradikale Jugendliche sagen?

  61. Mattis
    15. September 2014, 17:45 | #61

    „These wird sein, dass das Konzept vom autoritären Charakter nicht haltbar ist.“ (aus dem Kongress-Aufruf)
    Ich kann nicht recht nachvollziehen, warum hier das „Konzept vom autoritären Charakter“ so hoch gehängt wird – welche relevanten Kräfte vertreten das denn? Was ich aus Kollegenkreisen kenne, fallen „gegen rechts“ andere Argumente: „ewiggestrig“, „aus der Geschichte nicht gelernt“, „Spinner“ (= offiziell genehmigter Ausdruck, siehe BP Gauck), „unterbelichtet“ – keiner erzählt was von triebgesteuert oder so. Also warum gerade dieser Fokus? Gibts da Abgrenzungsprobleme? Ist das eine Veranstaltung bei Pädo-/Sozio-/Psychologen?
    Der Aufruf argumentiert indessen selber mit Psychologie, mit Kompensationstheorie: also der Prolet lässt sich vieles an Zumutungen gefallen und zum Ausgleich freut ihn dann der Sieg der „eigenen“ Nationalmannschaft. Solche ideelle Teilhabe an Macht und Erfolg – im Text auch mal „Deutschland-Rausch“ genannt – ist natürlich psychologisch – und trotzdem bzw. gerade deshalb zu kritisieren. Dazu muss man aber keine Theorien sezieren und keine willkürliche Grenze zwischen Politik und Psychologie ziehen, wo diese so nicht existiert.
    Dass die ganze Unterwerferei und die Begeisterung für staatliche Gewalt nur auf kühler, bewusst angestellter Berechnung beruhen würde, ist jedenfalls wenig plausibel. Von Berechnung zu reden, ist eine nachträgliche Uminterpretation der stillschweigend ohne viel Reflexion praktizierten Unterordnung. Dass Milliarden Menschen sich derart verrechnen, wäre schon seltsam.

  62. Apple
  63. dazu
    16. September 2014, 07:52 | #63

    Weitere Links…
    Die Kritische Theorie des „Subjektiven Faktors“
    Der „autoritäre Charakter“ – Aufklärung über die Gründe des „Mitmachens“?
    Mit ihren Untersuchungen zum „autoritären Charakter“ wollten kritische Theoretiker wie Adorno, Horkheimer erklären, wie es möglich war, dass die politischen Machthaber (insbesondere Hitler) bei all ihren Aktivitäten zum Wohl deutscher Wirtschaft und nationaler Größe über ein gefügiges Volk verfüg(t)en. Heutzutage ist „autoritärer Charakter“ ein Schlagwort, das als Antwort auf, die bei kritischen Soziologen und Psychologen immer wieder aufgeworfene Frage, warum, die Leute‘ ‚mitmachen‘, für ebenso hinreichend wie angemessen erachtet wird…
    http://www.wissenschaftskritik.de/der-autoritaere-charakter/
    http://www.wissenschaftskritik.de/name/theodor-w-adorno/
    Ein Vortrag 2005 von Peter Decker
    https://archive.org/details/DeckerKritTheorieBerlin2005
    Peter Decker (GegenStandpunkt): Die „Kritische Theorie“ der Frankfurter Schule. Sehnsucht nach Versöhnung als Gesellschaftskritik (Berlin) (2005)
    (Doktorarbeit)
    PETER DECKER DIE METHODOLOGIE KRITISCHER SINNSUCHE Systembildende Konzeptionen Adornos im Lichte der philosophischen Tradition
    INHALTSÜBERSICHT Einleitung: Zu einer Kritik der ‚Kritischen Theorie‘
    I. Kapitel, Erkenntnistheorie: Adornos Verhältnis zu Kant 1. Kants Vernunftkritik und Hegels Metakritik an Kant 2. Adornos Kritik des Instrumentalismus Exkurs: Instrumentalismus in der Geisteswissenschaft
    3. Der „emphatische“ Wahrheitsbegriff 4. Metakritik der Erkenntnistheorie 5. Zusammenfassung
    II. Kapitel, Negative Dialektik: Adornos Verhältnis zu Hegel 1. Das „Rationelle“ an Hegels Dialektik a) Das Verhältnis von Kraft und Äußerung b) Das Urteil
    c) Die dialektische Methode 2. Der Fehler Hegels Exkurs: Probleme der Hegel-Rezeption 3. Begriff und Kategorien der Negativen Dialektik Exkurs: Realität und Ideal des Tausches
    III. Kapitel, Kritischer Materialismus: Adornos Verhältnis zu Marx 1. Materialismus bei Marx 2. Die Dialektik von Subjekt und Objekt 3. Parteinahme für das Objekt
    IV. Kapitel, Negative Ontologie: Adornos Stellung zu Heidegger 1. Heideggers Ontologie – Konsequenz der Metaphysik 2. Adornos Kritik der ontologischen Differenz 3. Negative Ontologie
    V. Schluß
    https://www.farberot.de/texte/wiss/phil/PETER_DECKER_Adornos_Methodologie_krit_Sinnsuche.pdf
    Eine Debatte gab es schon mal bei rhizom:
    http://rhizom.blogsport.eu/2013/03/26/adornos-methodologie-kritischer-sinnsuche-zur-marxistischen-kritik-der-kritischen-theorie/#comment-30364

  64. Apple
    17. September 2014, 17:06 | #64

    @ Mattis

    Dass die ganze Unterwerferei und die Begeisterung für staatliche Gewalt nur auf kühler, bewusst angestellter Berechnung beruhen würde, ist jedenfalls wenig plausibel. Von Berechnung zu reden, ist eine nachträgliche Uminterpretation der stillschweigend ohne viel Reflexion praktizierten Unterordnung.

    Eine stillschweigend ohne Reflexion praktizierte Unterordnung ist ja nochmal etwas anderes, als das, was mit dem autoritären Charakter angepeilt wird – theoretisch und auch was den praktischen Umgang damit anbetrifft. Der Reflexion könnte man mit etwas Aufklärung nachhelfen; wenn aber Menschen tatsächlich Autorität libidinös besetzen oder einfach gesagt: Lust an der eigenen und anderer Unterordnung haben – dann sieht es mit dem praktischen Umgang mit ihnen schon etwas anders aus.

  65. Mattis
    17. September 2014, 20:54 | #65

    „Eine stillschweigend ohne Reflexion praktizierte Unterordnung ist ja nochmal etwas anderes, als das, was mit dem autoritären Charakter angepeilt wird – theoretisch und auch was den praktischen Umgang damit anbetrifft.“ (Apple)

    Der Normalfall scheint mir eben die schlichte Einfügung in die vorfindlichen gesellschaftlichen Strukturen und Anforderungen zu sein, und das kommt in der Regel, wenn überhaupt explizit darüber reflektiert wird, als „Realismus“ daher, oder, die positiver akzentuierte Variante, als „Selbstverständlichkeit, sich in die Gemeinschaft zu fügen“.
    Was aus meiner Sicht nebenbei gesagt ebenso eine nachträgliche Plausibilisierung der Unterordnung ist wie die Redeweise von der „berechnenden“ Stellung. Denn keiner fragt sich vorher, ob es Alternativen gibt, keiner fragt, ob die bestehende „Gemeinschaft“ auch wirklich eine ist.
    Von „Lust“ ist da erstmal nicht so viel zu sehen. Vielmehr begegnen einem da Argumente wie „Einsicht in die Notwendigkeiten“. Soweit die Normalfälle, über die es sich auf so einem Kongress lohnt zu debattieren.
    Wenn einer schon beim Schwärmen für einen gnadenlos zuschlagenden Staat angelangt ist oder bei einer Dschihad-artigen Märtyrerbereitschaft, dann haben Argumente eh keine Chance mehr.
    Die Erkenntnis, dass die menschliche Psyche für die Bejahung von Macht und für den Dienst an Macht ansprechbar ist, ist nicht verkehrt, auch, dass dieses Potential durch entsprechende Erziehung und Propaganda gezielt gefördert wird – diese Erkenntnis hilft einiges zu verstehen, zweifellos, aber hilft nicht viel weiter bei dem Unterfangen, Menschen von so einem Trip runterzuholen.
    Da hilft nicht zu sagen: ich kann dir deinen Jubel über die Nation psychodynamisch erklären, sondern das Aufzeigen, was für einen Preis Otto Normalo für das gute nationale Gefühl bezahlt. Wenn er das Strammstehen dann immer noch geil findet, hilft auch eine Aufklärung über seinen „autoritären Charakter“ nicht weiter.

  66. maleben
    19. September 2014, 14:30 | #66

    Apple
    „wenn aber Menschen tatsächlich Autorität libidinös besetzen oder einfach gesagt: Lust an der eigenen und anderer Unterordnung haben – dann sieht es mit dem praktischen Umgang mit ihnen schon etwas anders aus.“
    Wie besetzt man denn Autorität libidinös? Und welcher Genuss bezieht sich auf inhaltsleeres „Unterordnen“? Nicht einmal im SM-Studio ist das „Unterordnen“ ein beliebiger Zweck.
    Die Theorie vom Menschen als Opfer seiner Psycho-Instanzen ist schon grundverkehrt: Wer mit seiner Libido Schindluder betreibt, kann das auch wieder lassen. Die Behauptung der Psychoanalyse, Menschen seien Produkte ihrer Trieb- oder Gewissensanforderungen, verwandelt menschliche Überlegungen, Entscheidungen, Ziele usw. prinzipiell in Resultate des Gefühlslebens – ganz unabhängig davon, aus welcher Beurteilung der Welt welche Vorhaben folgen, soll die Gefühlsduselei der Beteiligten dafür verantwortlich gemacht werden.
    Dafür haben die Frankfurter den Freud gebraucht: Die haben das Marx-Argument von der Notwendigkeit falschen Bewusstseins in bürgerlichen Gesellschaften falsch verstanden und nach Hinderungsgründen für revolutionäre Bewegungen gesucht. So sind sie beim Gefühlsapparat der Psychoanalyse gelandet und auf ihre Holzwege nationaler Charaktertypen usw. gekommen.

  67. Apple
    19. September 2014, 22:14 | #67

    Wie besetzt man denn Autorität libidinös?

    Das steht allem Anschein nach bei Fromm und Adorno/Horkheimer. Du kannst das da nachlesen. So weit ich das bisher verstanden habe, hat es etwas mit dem frühkindlichen Ausgeliefert-sein an die Eltern zu tun, die einem gegenüber die gesellschaftlichen Regeln durchsetzen müssen.

    Und welcher Genuss bezieht sich auf inhaltsleeres „Unterordnen“?

    Was soll am Unterordnen inhaltsleer sein? Unterordnen ist halt Unterordnen; darauf richtet sich der Genuss, also ist das sein Inhalt.

    Nicht einmal im SM-Studio ist das „Unterordnen“ ein beliebiger Zweck.

    Ich weiß nicht so genau, was du mit „beliebig“ meinst (wegen „beliebigen“ Zwecken wird man wohl nicht in irgendein Studio gehen, sondern wegen ganz bestimmten), aber: Doch, Unterordnung an und für sich kann bei BDSM durchaus ein Zweck sein. Ich würde sogar sagen, dass Unterordnung als Zweck das einzige ist, was ganz alltägliche Praktiken zu BDSM-Praktiken macht.

    Die Behauptung der Psychoanalyse, Menschen seien Produkte ihrer Trieb- oder Gewissensanforderungen, verwandelt menschliche Überlegungen, Entscheidungen, Ziele usw. prinzipiell in Resultate des Gefühlslebens – ganz unabhängig davon, aus welcher Beurteilung der Welt welche Vorhaben folgen, soll die Gefühlsduselei der Beteiligten dafür verantwortlich gemacht werden.

    1) Wenn Überlegungen, Entscheidungen und Beurteilungen der Welt als Resultat des Trieblebens bestimmt werden, dann sind auch die Vorhaben der Menschen nicht „unabhängig“ von diesen Überlegungen etc. bestimmt. Der Trieb verwirklicht sich in dieser Sicht eben gerade durch diese.
    2) Ich weiß nicht, wie es „die“ Psychoanalyse damit hält, aber beim autoritären Charakter von Fromm etc. geht es nicht um alle möglichen Überlegungen und Vorhaben, sondern um ganz bestimmte.
    3) Ich bin mir nicht sicher, ob das, was mit dem autoritären Charakter gefasst werden soll, sich überhaupt als „Vorhaben“ charakterisieren ließe. Lust an etwas zu verpüren, ist ja eigentlich kein Vorhaben. Es geht eher darum, wie bestimmte Bedürfnisse / Begehren entstehen, nicht wie Vorhaben, die danach streben, diese zu erfüllen, umgesetzt werden.

    Die haben das Marx-Argument von der Notwendigkeit falschen Bewusstseins in bürgerlichen Gesellschaften falsch verstanden und nach Hinderungsgründen für revolutionäre Bewegungen gesucht.

    So weit ich das bisher mitbekommen habe, ist das „notwendig falsche Bewußtsein“ kein großes Ding von Marx, sondern kommt von Georg Lukács. Ein Marx-Mißverständnis als Grund der Kritischen Theorie? – Ich weiß ja nicht. Da gab es damals schon ein paar handfestere und augefälligere Gründe, sich zu fragen, warum die Arbeiterklasse faschistisch ist.

  68. Mattis
    19. September 2014, 22:22 | #68

    @Apple:
    Nicht überall ist Faschismus. Warum eigentlich nicht, wenn doch die humangenetische Triebstruktur angeblich zum Kern hat, dass sie im Grunde in diese Richtung tendiert?
    Oder handelt es sich eben doch eher um erzeugte oder getriggerte Charaktereigenschaften, womit dann nicht die Persönlichkeitsstruktur etwas beweist, sondern die Bildung solcher Strukturen vielmehr das zu Erklärende ist. Insofern beschreibt der „autoritäre Charakter“ bestenfalls einige Erscheinungsmerkmale, aber worin bestünde da der Erklärungswert?
    Es ist doch zu bedenken, dass nicht in allen Staaten eine gleichermaßen rigide Erziehungs- und Lebenskultur vorzufinden ist, offenbar gibt es trotz derselben Spezies Mensch diesbezüglich Unterschiede. Man kann daran erkennen, dass die, ich sage mal, „genetische Belastung“ hin zu Macht bzw. Unterordnung viele Facetten und Heftigkeitsgrade annehmen kann, sodass sie zur Erklärung einer jeweils bestimmten Gesellschaftskonstitution eben gerade nicht taugt.
    Die Erklärung der vorfindlichen ökonomischen und politischen Systeme ist also mit einem speziellen „autoritären“ Charakterbild nicht leistbar, es gibt offenbar andere, entscheidendere Bestimmungsfaktoren, die gezielt solche Charaktere heranbilden, die für sie funktional sind. Das sieht in Norwegen anders aus als in China, und wieder anders in Russland oder den USA.
    Die Protagonisten der „antiautoritären“ Bewegung übrigens hatten zumeist eine sehr rigide bis brutale Erziehung hinter sich, insofern scheinen die 68er eine Art Naturwunder zu sein, irgendwie artfremd. Oder? Womit beileibe nicht gesagt sein soll, dass die herrschende Ordnung mit ihnen ein Problem hätte. Aber das ist ein anderes Thema.

  69. Apple
    19. September 2014, 22:40 | #69

    @ Mattis

    Die Erklärung der vorfindlichen ökonomischen und politischen Systeme ist also mit einem speziellen „autoritären“ Charakterbild nicht leistbar, es gibt offenbar andere, entscheidendere Bestimmungsfaktoren, die gezielt solche Charaktere heranbilden, die für sie funktional sind. Das sieht in Norwegen anders aus als in China, und wieder anders in Russland oder den USA.

    Das interessante ist ja, dass die Kritischen Theoretiker genau dasselbe sagen – nur wird ihnen das dann „Holzwege nationaler Charaktertypen“ angekreidet.
    Ansonsten: Wenn du den schrecklichen Text auf wissenschaftskritik.de liest, den dazu verlinkt hat, dann wirst du sehen, dass Fromm dort so zitiert wird:

    Die äußere, in den jeweils für eine Gesellschaft maßgebenden Autoritäten verkörperte Gewalt und Macht ist ein unerlässlicher Bestandteil für das Zustandekommen der Fügsamkeit und Unterwerfung der Masse unter diese Autorität. Andererseits aber ist es klar, dass dieser äußere Zwang nicht nur als solcher direkt wirkt, sondern dass, wenn sich die Masse den Anforderungen und Verboten der Autoritäten fügt, dies nicht nur aus Angst vor der physischen Gewalt und den physischen Zwangsmitteln geschieht. […] Es ergibt sich, dass, wenn die äußere Gewalt die Gefügigkeit der Masse bedingt, sie doch in der Seele des Einzelnen ihre Qualität verändern muss. Die hierbei entstehende Schwierigkeit wird teilweise durch die Über-Ich-Bildung gelöst.

    Also: „Teilweise“ erklärt die Über-Ich-Bildung für Fromm, warum Menschen sich der Herrschaft unterordnen. Der bestreitet gar nicht, dass es da noch andere Faktoren geben könnte, sondern sagt, wenn ich richtig verstehe: Die Unterordnung hat ein Moment, das mit rein ökonomischen Phänomenen oder auch irgendwelchen Berechnungen nicht erklärbar ist, da müsste man sich stattdessen fragen, wie sowas wie die Bedürfnisstruktur von Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft aussieht, und wie diese durch die Sozialisation in der Familie entsteht.

  70. Apple
    19. September 2014, 22:44 | #70

    Nicht überall ist Faschismus. Warum eigentlich nicht, wenn doch die humangenetische Triebstruktur angeblich zum Kern hat, dass sie im Grunde in diese Richtung tendiert?

    Wenn man das Argument aus der Studie richtig wiedergeben möchte, müsste man eigentlich sagen, dass die Verhältnisse in der bürgerlichen Familie (die von Land zu Land und von Zeit zu Zeit unterschiedlich sein können) die Menschen in diese Richtung „tendieren“ und weniger die „humangenetische Triebstruktur“.

    Man kann daran erkennen, dass die, ich sage mal, „genetische Belastung“ hin zu Macht bzw. Unterordnung viele Facetten und Heftigkeitsgrade annehmen kann, sodass sie zur Erklärung einer jeweils bestimmten Gesellschaftskonstitution eben gerade nicht taugt.

    Die Erklärung einer Gesellschaftskonstitution wird ja auch gar nicht beansprucht. So traditionelle Marxisten waren die Kritischen Theoretiker ja auch, dass sie wussten, dass die Entwicklung der Produktivkräfte die Produktionsverhältnisse und damit die Gesellschaftskonstitution bestimmt. Es geht eher darum zu erklären, wie sich Menschen zu einer bestimmten Gesellschaftskonstitution stellen.

  71. maleben
    20. September 2014, 08:27 | #71

    Apple
    „hat es etwas mit dem frühkindlichen Ausgeliefert-sein an die Eltern zu tun, die einem gegenüber die gesellschaftlichen Regeln durchsetzen müssen.“
    Und? Wehrst du dich gerade gegen Autorität, wenn du so etwas erklärst, oder ist es deine Lust am Autoritären, die dich treibt? Die Begründung menschlichen Verhaltens mit früheren Erlebnissen, erklärt ja nicht, warum Vergangenes so oder anders bewusstseinsbildend sein soll, sondern geht davon aus – ob „Entwicklung“ oder „Prägung“, die Beurteilungen des Prägematerials werden so um die Ecke gebracht mittels psychologistischer Glaubenssätze.
    „Was soll am Unterordnen inhaltsleer sein? Unterordnen ist halt Unterordnen; darauf richtet sich der Genuss, also ist das sein Inhalt.“
    Es ist tautologisch, einen Gegenstand mit sich selbst erklären zu wollen. Aber der Witz an der Diskussion über den Inhalt von „Unterordnen“ ist, dass mit dieser Abstraktion und irgendwelchen Lustgedanken zu ihr z.B. der bürgerliche Nationalismus erklärt werden soll – ohne die Einsicht in nationale Notwendigkeiten auch nur zu streifen.
    „dass Unterordnung als Zweck das einzige ist, was ganz alltägliche Praktiken zu BDSM-Praktiken macht“
    Na siehst du: Wenn eh alles eins ist, taugt die Kategorie „Spaß am Unterordnen“ wohl nix, sondern man muss am Ende doch erklären, wer sich von welcher Ordnung, mit welchem Oben & Unten, welchen Lustgewinn verspricht. Und „Lust“ zum Entscheidungskriterium zu machen, ist eine weitere Überlegung, die bei Psychologen stillschweigend vorausgesetzt wird – die behandeln das, als sei das bürgerliche Gefühlsmanagement wie ein Stück Biologie.
    „Der Trieb verwirklicht sich in dieser Sicht eben gerade durch diese.“
    So sehen das Triebtheoretiker – und unterschlagen damit gezielt die Beurteilungskriterien – also das Bewusstsein – der Triebtäter.
    „beim autoritären Charakter von Fromm etc. geht es nicht um alle möglichen Überlegungen und Vorhaben, sondern um ganz bestimmte.“
    Nein, auch Fromm und Adorno müssen für ihre Verbeugung vor der Psychologie den Fehler übernehmen, Menschen seien in aller Allgemeinheit Resultate ihres Gefühlslebens. Anders würde die Ideologie vom erfundenen Subjekt „autoritärer Charakter“ keinen Sinn machen. Auch der abstrahiert gezielt von allen Überlegungen, die das bürgerliche „Mitmachen“ und „Unterordnen“ auszeichnen, zugunsten einer ebenso abstrakt konstruierten Instanz.
    „Ein Marx-Mißverständnis als Grund der Kritischen Theorie? „
    Nein, da hat man mit AntiFa schon mehr erwischt, aber
    „warum die Arbeiterklasse faschistisch ist.“
    fragen sich schon Leute, die einer Klassengesellschaft kritisch gegenüber stehen. Und dass die Frankfurter das Fetischkapitel aus dem K1 falsch verstanden haben und deswegen auch überstrapazieren, lässt sich bei allen nachweisen. Wer das erste Mal „notwendig falsch“ gesagt hat, ist mir wurscht, auch bei Marx gehören Ideologien und Befangenheit zur Bestimmung der Ware dazu, hier z.B.:
    ‚Wenn ich sage, Rock, Stiefel usw. beziehen sich auf Leinwand als die allgemeine Verkörperung abstrakter menschlicher Arbeit, so springt die Verrücktheit dieses Ausdrucks ins Auge. Aber wenn die Produzenten von Rock, Stiefel usw. diese Waren auf Leinwand – oder auf Gold und Silber, was nichts an der Sache ändert – als allgemeines Äquivalent beziehn, erscheint ihnen die Beziehung ihrer Privatarbeiten zu der gesellschaftlichen Gesamtarbeit genau in dieser verrückten Form.‘ (MEW23,89)

  72. Apple
    20. September 2014, 13:13 | #72

    Und? Wehrst du dich gerade gegen Autorität, wenn du so etwas erklärst, oder ist es deine Lust am Autoritären, die dich treibt?

    Ich habe doch schon geschrieben, dass die Theorie von autoritären Charakter gar nicht in Anspruch nimmt, alles auf der Welt zu erklären. Die will nicht erklären, warum und ob du dir die Zähne putzt, ob du viel Salz magst oder eher wenig, oder jeden einzelnen Kommentar, den du im Internet schreibst. Deshalb ist deine provokante Frage an der Stelle überhaupt nicht angebracht. Du redest gegen einen Pappkameraden an.

    Die Begründung menschlichen Verhaltens mit früheren Erlebnissen, erklärt ja nicht, warum Vergangenes so oder anders bewusstseinsbildend sein soll

    Doch, wenn die Begründung stimmt, dann erklärt sie genau das.

    Ich: „Was soll am Unterordnen inhaltsleer sein? Unterordnen ist halt Unterordnen; darauf richtet sich der Genuss, also ist das sein Inhalt.“
    Du: „Es ist tautologisch, einen Gegenstand mit sich selbst erklären zu wollen.“

    Ich wollte da gar nichts erklären, weil es nichts zu erklären gibt. Jeder – auch du – weiß, was Unterordnung ist, das muss man nicht erklären. „Der Witz“ ist: Unterordnung ist nicht „inhaltsleer“, sondern ist – so die Behauptung – selbst ein Inhalt der Lust.

    Aber der Witz an der Diskussion über den Inhalt von „Unterordnen“ ist, dass mit dieser Abstraktion und irgendwelchen Lustgedanken zu ihr z.B. der bürgerliche Nationalismus erklärt werden soll – ohne die Einsicht in nationale Notwendigkeiten auch nur zu streifen.

    Erstens geht es nicht um Nationalismus, sondern eher um staatsbürgerliches Bewußtsein, aber sei’s drum … Zweitens: Es stimmt, das ist ein Mangel dieser Theorie, aber das bedeutet nicht, dass sie gar nichts an der praktizierten Unterordnung unter staatliche Vorgaben oder an Faschismus erklärt. Wie Mattis es schon erwähnt hat: Stiefelnazis, die Ausländer verprügeln oder Obdachlose quälen, machen nicht den Eindruck, als würden sie das bloß aus Einsicht in nationale Notwendigkeiten machen.

    Na siehst du: Wenn eh alles eins ist, taugt die Kategorie „Spaß am Unterordnen“ wohl nix, sondern man muss am Ende doch erklären, wer sich von welcher Ordnung, mit welchem Oben & Unten, welchen Lustgewinn verspricht.

    Ich sehe es nicht, sorry. Ich verstehe nicht, worüber du redest. Wann soll „alles eins sein“? Wenn du schon BDSM ins Gespräch bringst, dann bleib halt beim Thema: Da ist die „unernste“, spielerische Praktizierung von Unterordnung der allgemeine Begriff der Sache. Wenn es überhaupt etwas gibt, was die vielen verschieden Praktiken als BDSM-Praktiken bestimmt, dann das. Es gibt BDSM-Beziehungen, in denen Menschen für andere Menschen einfach den Haushalt machen. Die machen das nicht, weil sie so drauf stehen, Fenster zu putzen oder Tee zu kochen oder unbezahlte Mehrarbeit zu leisten. Da muss man nicht untersuchen „welche Ordnung“, „welches Oben & Unten“ das ist, weil die Haushaltstätigkeiten ein eher zufälliges Betätigungsfeld einer Unterordnungspraxis sind. Wenn Menschen sich freiwillig als Haussklaven betätigen, dann ist es scheißegal, was das für ein Haus ist und wer da wohnt, weil es zentral darum geht, Unterordnung zu praktizieren, also seine Autonomie und Handlungsmacht aufzugeben bzw. sie ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten anderer auszuleben. Da ist Unterordnung keine „inhaltsleere“ Abstraktion, sondern der ganze Zweck des Tuns. Ähnliches ließe sich – mit einigen Modifikationen – über andere BDSM-Praktiken sagen.

    Und „Lust“ zum Entscheidungskriterium zu machen, ist eine weitere Überlegung, die bei Psychologen stillschweigend vorausgesetzt wird – die behandeln das, als sei das bürgerliche Gefühlsmanagement wie ein Stück Biologie.

    „Die“ Psychologen sagen alles mögliche. Da gibt es auch welche, die mit Biologie nichts am Hut haben. Willst du jetzt über eine konkrete Theorie reden oder deine Vorurteile über die Psychologie zum Besten geben? Und warum soll Lust kein Entscheidungskriterium sein?

    So sehen das Triebtheoretiker – und unterschlagen damit gezielt die Beurteilungskriterien – also das Bewusstsein – der Triebtäter.

    Das Bewußtsein wird nicht unterschlagen. Wenn, dann wird das Bewußtsein als eine der Arten und Weisen, wie Triebe sich betätigen gesehen. Das Bewußtsein ist durch den Trieb bestimmt. – Du musst erstmal eine Position richtig zu Kenntnis nehmen, bevor du dich an die Kritik ranwagst.

    Nein, auch Fromm und Adorno müssen für ihre Verbeugung vor der Psychologie den Fehler übernehmen, Menschen seien in aller Allgemeinheit Resultate ihres Gefühlslebens. Anders würde die Ideologie vom erfundenen Subjekt „autoritärer Charakter“ keinen Sinn machen. Auch der abstrahiert gezielt von allen Überlegungen, die das bürgerliche „Mitmachen“ und „Unterordnen“ auszeichnen, zugunsten einer ebenso abstrakt konstruierten Instanz.

    Achso, jetzt machen Fromm und Adorno auch schon „Verbeugungen“? Da scheint die These vom autoritären Charakter ja doch Wurzeln geschlagen zu haben^^. Und du weißt schon, dass „abstrakt“ und „konstruiert“ für sich gar keine Kritikpunkte sind? Das Gravitationsgesetz ist auch abstrakt und wurde mal von Newton „konstruiert“.

    Und dass die Frankfurter das Fetischkapitel aus dem K1 falsch verstanden haben und deswegen auch überstrapazieren, lässt sich bei allen nachweisen.

    Den Nachweis hätte ich gern. Ich bin mir nichtmal sicher, ob es sich nachweisen lässt, dass sie das alle gelesen haben.

  73. Apple
    20. September 2014, 13:38 | #73

    ‚Wenn ich sage, Rock, Stiefel usw. beziehen sich auf Leinwand als die allgemeine Verkörperung abstrakter menschlicher Arbeit, so springt die Verrücktheit dieses Ausdrucks ins Auge. Aber wenn die Produzenten von Rock, Stiefel usw. diese Waren auf Leinwand – oder auf Gold und Silber, was nichts an der Sache ändert – als allgemeines Äquivalent beziehn, erscheint ihnen die Beziehung ihrer Privatarbeiten zu der gesellschaftlichen Gesamtarbeit genau in dieser verrückten Form.‘ (MEW23,89)

    Dass die Beziehung der Privatarbeiten zu der gesellschaftlichen Gesamtarbeit den Produzenten genau in der Form erscheint, in der sie auch für Marx vorliegt, wird wohl kaum eine Ideologie sein … Abgesehen davon: Was hat das mit dem autoritären Charakter zu tun und wie kann man diese Stelle so mißverstehen, dass darin irgendeine Aussage über Faschismus, Unterordnung etc. rauszukommen scheint?

  74. maleben
    20. September 2014, 14:44 | #74

    „wenn die Begründung stimmt, dann erklärt sie genau das.“
    Ach so, dir geht es nicht um den Inhalt von Argumenten, wenn du deine Konditionalsätze anstimmst. Na dann, wenn dir für diese Dummheit ein „wenn“ reicht, erklärst du halt genau das: alles stimmt, was du für richtig hältst, auch wenn du kein Argument weißt. Eine äußerst subjektivistische Weltanschauung.
    „Ich wollte da gar nichts erklären, weil es nichts zu erklären gibt.“
    Verstehe, ein Apple kann auch ohne Erklärung zu Urteilen kommen (s.o.). Dann kommt aber leider immer nur eine Verdopplung deines Unwissens raus: „Unterordnen ist halt Unterordnen“. Dass du damit nichts erklären wolltest, ist ohnehin gelogen, dann hättest du nichts wiederholt – und das auch noch schriftlich, zum Nachlesen … tz
    „Stiefelnazis, die Ausländer verprügeln oder Obdachlose quälen, machen nicht den Eindruck, als würden sie das bloß aus Einsicht in nationale Notwendigkeiten machen.“
    Und schon wieder bemühst du deine falsche Theorie als Argument, ohne dazu Stellung nehmen zu wollen. Kein Wunder also, dass du deine Empörung gegenüber Stiefelnazis für den Beleg eines Libido-Problems politischer Aktionisten hältst – auf diese Weise entpolitisiert ihr die Nazis.
    „Und warum soll Lust kein Entscheidungskriterium sein?“
    Mein Argument sagt das Gegenteil: „Lust“ zum Entscheidungskriterium zu machen, ist eine weitere Überlegung“ (maleben, 20. September 2014 um 8:27 Uhr).
    Die Betonung liegt darauf, dass eine Entscheidung für Lust nicht der psychologistische Mechanismus ist, der Kindheitskonstrukte als ideologische Stütze benötigt. Tut man wirklich etwas, um Lustgewinn zu erreichen, dann ist das eine Entscheidung und kein Automatismus, wie ihn die Psychologie behauptet.
    „ob es sich nachweisen lässt, dass sie das alle gelesen haben.“
    ist unwichtig. Die hantieren doch alle mit ihrer falschen Vorstellung von „Verblendungszusammenhängen“ o.Ä., die sie aus Marx‘ Entfremdungsargument ableiten wollen. Ob sie das Original wirklich dafür gelesen haben, kann und will ich gar nicht nachweisen.
    „dass darin irgendeine Aussage über Faschismus, Unterordnung etc. rauszukommen scheint“
    Wenn man Faschismus für böse und deswegen Unterordnungsgefühle für eine psychologische Gefahr erklärt, sagt man aus, es liege an den Gefühlslagen der Faschismusanhänger, dass sie ein politisches Programm für gut erachten. Es wird also eine Erklärung angestrengt, die die faschistische Überzeugung aus dem Mitmachen und Unterordnen herauskürzt, indem die Welt als Vorrat von Lustanlässen interpretiert wird. Als sei die Zustimmung zu politischen Gewaltprogrammen vergleichbar mit der Auswahl einer Schokoladensorte für den Lustgewinn!

  75. Mattis
    20. September 2014, 16:45 | #75

    @Apple:
    Du hast auf das Fromm-Zitat verwiesen:

    „Es ergibt sich, dass, wenn die äußere Gewalt die Gefügigkeit der Masse bedingt, sie doch in der Seele des Einzelnen ihre Qualität verändern muss. Die hierbei entstehende Schwierigkeit wird teilweise durch die Über-Ich-Bildung gelöst.“

    Demnach ist die Gefügigkeit nicht zuerst da (was ich bezweifle), sondern wird erstens per Gewalt hergestellt und zweitens dann irgendwie noch verfestigt am Subjekt selbst (ob man das dann als „Über-Ich“ oder anders interpretiert, soll im Moment mal egal sein).
    Dass die Herrschaft die Bereitschaft zur Unterordnung noch einmal spezifisch funktional formt, wäre ja dann nur ein zusätzlicher Punkt. Natürlich erziehen solchermaßen geformte Charaktere auch ihre Kinder dann entsprechend und plötzlich erscheint die Erziehung fälschlicherweise als ursprünglicher Grund für solche Mentalitäten und Bedürfnisdeformierungen. Aber wie sind die politischen Akteure selber zu Faschisten geworden?
    Was soll also bewiesen werden? Wenn es darum geht zu zeigen, dass der Faschismus, wenn er erstmal existiert, faschistische Charaktere formt, geschenkt. Spannend ist doch, wie eine bürgerliche Gesellschaft mit bürgerlicher Familie und Erziehung zig-mal zur Reproduktion der bürgerlichen Gesellschaft beiträgt und dann plötzlich in einem Staat auf einmal zum Faschismus führen soll? Und wieso z.B. grad in der Weimarer Republik, wo die Erziehung der Jugend doch nicht mehr und nicht weniger repressiv war als zuvor?

    „Die Unterordnung hat ein Moment, das mit rein ökonomischen Phänomenen oder auch irgendwelchen Berechnungen nicht erklärbar ist, da müsste man sich stattdessen fragen, wie sowas wie die Bedürfnisstruktur von Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft aussieht, und wie diese durch die Sozialisation in der Familie entsteht.“

    Die bürgerliche Familie und Erziehung ist da genauso viel und genauso wenig verantwortlich wie all die anderen Familienformen und Erziehungsregeln. Sie erzieht zur Unterordnung und zur Anerkennung von Herrschaft, ok. Aber auch bei den Urvölkern findet Erziehung zum Gehorsam statt, sogar ganz ohne Staat, es gibt repressive Normen; die Unterwerfung geschieht im Alltag meist ohne direkte Zwangsmaßnahmen, weil die Regeln im Kopf sind, teils aus schlichter Anpassung, teils aus Angst vor ansonsten drohender Bestrafung. Hier sind dann bereits ohne komplizierte psychologische Konstrukte alle wesentlichen „Persönlichkeitsmerkmale“ vorhanden, die es für eine willentliche Unterordnung unter Herrschaft braucht.
    Die Abhängigkeit des Einzelnen von der „Gemeinschaft“ ist die Basis für die Anpassung an selbige; die Entwicklung der Menschheit aus der Tierwelt hat die Anpassung als primäres Verhalten hervorgebracht, und erst nachrangig das Denken, und dass das Denken sogar die Realität infrage stellen kann, ist eine besondere Zusatzleistung, die erstmal nicht im primären Fokus eines menschlichen Erdenwesens liegt.
    (Meine Position grenzt sich insofern von den Idealismen eines „bewussten und freien Willens“ ab. Klar sind die Menschen bewusst, und einen Willen haben sie auch, aber zu der „Freiheit“, zu wissen, was sie da eigentlich so unbegriffen tun, müssen sie sich schon noch durcharbeiten. Die Leute sind weit weniger berechnend, als euphorische Vertreter des freien Willens ständig unterstellen.)
    #
    Die allgemeine Neigung zum Gehorsam ist m.E. also nicht das Rätsel, das noch zu lösen wäre. Ob aber speziell bürgerliche Herrschaft oder Faschismus oder was anderes geschieht, ist damit nicht erklärt. Insbesondere ist Faschismus nicht durch bürgerliche Erziehung zu erklären – erstens führt diese in der Regel NICHT zu faschistisch orientierten Jugendlichen und zweitens: Faschismus oder analoge faschistoide Ideologie geht auch ganz ohne bürgerliche Vorstufe, wie sich z.B. bei all denen zeigt, die sich im Nahen und Mittleren Osten für einen totalitären Religionsstaat begeistern lassen.
    Daher ist die Frage, Apple, welches Moment kommt bei einem bürgerlich sozialisierten Menschen hinzu, wenn dieser den Übergang zum Faschisten macht. – Dass dieser, wenn er diesen Übergang GEMACHT hat, in der Folge auch seine Kinder entsprechend erziehen wird, ist dann zu erwarten. Aber er selber ist nunmal weder als Faschist geboren worden noch dazu erzogen worden. Fromm und andere können diesen „Quantensprung“ nicht erklären.

  76. Apple
    23. September 2014, 15:57 | #76

    Ach so, dir geht es nicht um den Inhalt von Argumenten, wenn du deine Konditionalsätze anstimmst. Na dann, wenn dir für diese Dummheit ein „wenn“ reicht, erklärst du halt genau das: alles stimmt, was du für richtig hältst, auch wenn du kein Argument weißt.

    Um welchen Inhalt von welchen Argumenten hätte es mir denn gehen sollen? Du hast geschrieben: „Die Begründung menschlichen Verhaltens mit früheren Erlebnissen, erklärt ja nicht, warum Vergangenes so oder anders bewusstseinsbildend sein soll“ – Warum das so sein soll, ist aus dem Text leider nicht zu erschließen. Ist das Füllwort „ja“ in dem Satz schon das ganze Argument? Wenn du irgendwelchen Inhalt schreiben würdest, dann könnte ich darauf eingehen. Rein prinzipiell weiß ich nicht, warum das nicht gehen soll, dass die Begründung des Verhaltens mit früheren Erlebnissen erklärt, wie Vergangenes bewusstseinbildend ist. Ich würde umgekehrt sagen, dass genau das der Anspruch so einer Erklärung ist. Wenn sie also stimmig durchgeführt wird, dann erklärt sie auch alles.

    Verstehe, ein Apple kann auch ohne Erklärung zu Urteilen kommen

    Es passiert manchmal, dass der Weltgeist weint ob des schlechten Laufs der Welt. Dann fallen seine Tränen auf die Erde. Und wenn sie dabei Menschen treffen, dann kann es passieren, dass diesen Menschen, diesen ganzen Apples und malebens usw. aufgeht, was Unterordnung ist, ohne dass dafür lange Erklärungen abgegeben werden müssen. Darauf habe ich gehofft, aber wie man sieht …

    Dass du damit nichts erklären wolltest, ist ohnehin gelogen

    Äähmm … ja. Kleine Nachfrage, damit ich weiß, womit ich es zu tun habe: Interessiert dich überhaupt, was ich sagen will – oder interessiert dich, wie man das, was ich sage, so aussehen lassen kann, dass du das kritisieren kannst?

    Und schon wieder bemühst du deine falsche Theorie als Argument, ohne dazu Stellung nehmen zu wollen. Kein Wunder also, dass du deine Empörung gegenüber Stiefelnazis für den Beleg eines Libido-Problems politischer Aktionisten hältst – auf diese Weise entpolitisiert ihr die Nazis.

    Hä, was labersch du? (Sorry, da sind, glaube ich, zu viele Spitzfindigkeiten in zu wenig Sätzen, als dass ich es wirklich gut verstehen könnte.) Ich bemühe keine Theorie als Argument, sondern sage, dass das Verhalten der Stiefelnazis, sich mir nicht durch bloße Einsicht in die nationalen Notwendigkeiten zu erklären scheint. Vielleich geht das ja doch und du kannst was dazu schreiben …? Außerdem: Welche Empörung? Und wer sind „wir“?

    Die Betonung liegt darauf, dass eine Entscheidung für Lust nicht der psychologistische Mechanismus ist, der Kindheitskonstrukte als ideologische Stütze benötigt. Tut man wirklich etwas, um Lustgewinn zu erreichen, dann ist das eine Entscheidung und kein Automatismus, wie ihn die Psychologie behauptet.

    Abgesehen von der Sache mit dem psychologischen Mechanismus – wo von dir bisher nichts widerlegt wurde, sondern nur Gegenbehauptungen aufgestellt werden – um sich für oder gegen die Lust zu entscheiden, muss die Lust schon da sein. Also wäre immerhin noch zu erklären, woher diese besondere Lust kommt.

    Die hantieren doch alle mit ihrer falschen Vorstellung von „Verblendungszusammenhängen“ o.Ä., die sie aus Marx‘ Entfremdungsargument ableiten wollen. Ob sie das Original wirklich dafür gelesen haben, kann und will ich gar nicht nachweisen.

    Keine Ahnung. Wie kommmst du überhaupt drauf, dass es was mit Marx zu tun hat? Um Verblendung o.ä. geht es bei der autoritärer-Charakter-Theorie doch gar nicht.

    Es wird also eine Erklärung angestrengt, die die faschistische Überzeugung aus dem Mitmachen und Unterordnen herauskürzt, indem die Welt als Vorrat von Lustanlässen interpretiert wird.

    Nochmal: da wird nichts rausgekürzt! Die sagen: Leute kommen zu faschistischen Überzeugungen, (unter anderem) weil es ihnen Lust bereitet. Das (psychologische) Sein bestimmt das Bewusstsein (nicht: Es gibt kein Bewusstsein / Bewusstsein spielt keine Rolle).

  77. Apple
    23. September 2014, 16:39 | #77

    @ Mattis
    Ich kann deine Einwände nachvollziehen und finde sie auch stimmig. Das Problem ist, dass ich auch nur ein Halbwissen über die Theorie habe, über die wir reden, das aus irgendwelchen Sekundärquellen stammt. Ich werde mir also die „Studien über Autorität und Familie“ und „The Authoritarian Personality“ durchlesen und dann können wir weiter reden.

  78. maleben
    23. September 2014, 18:37 | #78

    „Ich bemühe keine Theorie als Argument, sondern sage, dass das Verhalten der Stiefelnazis, sich mir nicht durch bloße Einsicht in die nationalen Notwendigkeiten zu erklären scheint.“
    Welches Verhalten willst du denn wie erklären? Zeig doch mal ein bestimmtes Verhalten als Nazi-typisches Libido-Problem – welches politische „Verhalten“ ist denn wo mit Lust oder gar Triebsublimierung zu erklären?
    „um sich für oder gegen die Lust zu entscheiden, muss die Lust schon da sein. Also wäre immerhin noch zu erklären, woher diese besondere Lust kommt.“
    Mag sein, dass dafür auch die Sonne scheinen muss, aber du drückst dich halt darum, die von dir behauptete Lust als Grund politischer Entscheidungen auch nur zu belegen. Ein Argument scheinst du ohnehin nicht für nötig zu halten, obwohl Libido als Grund einer politischen Einsicht widerlegt ist. Mein Beweis ist simpel: auch Nazis entscheiden sich ganz oft gegen ihre Lustbefriedigung – also ist Lust auf etwas nie der Grund für Nazi-Verhalten. Dass Lust „schon da ist“, mag ja sein, die hat aber immer einen Inhalt – die Lust auf Erdbeereis lässt Nazis nicht auf Ausländer einprügeln.
    „Leute kommen zu faschistischen Überzeugungen, (unter anderem) weil es ihnen Lust bereitet.“
    Das Relativieren mit „unter anderem“ nützt nichts: wenn die Lust-Theorie fehlerhaft ist, machen andere Joker-Argumente die Fehler nicht rückgängig. Also noch einmal das einfache Argument: Was ist denn so lustvoll an faschistischen Überzeugungen? Welcher Spaß ist es denn, sich und andere völkisch zu sortieren?
    Freude am rassischen Nationalismus belegt das Gegenteil der behaupteten Gefühlsduselei von Faschisten: dafür müssen sich Nazis geistig mindestens dahin vorgearbeitet haben, dass sie ihre und anderer Leute Identität nach Herrschaftsgebieten sortieren. Sich an dieser Einsicht aufzugeilen, verweist auf lauter Gedankengebäude, deren Grund nicht Lust, sondern falsche Urteile über die Nation sind.
    Die Interpretation der Welt als Lustanlass ist also eine Ideologie: Zu keinem einzigen Inhalt kommt jemand aus Lust, weil der inhaltliche Gedanke in der Lust bereits unterstellt ist, den die Lust-Theorie zu erklären behauptet.

  79. Krim
    24. September 2014, 11:48 | #79

    „Rein prinzipiell weiß ich nicht, warum das nicht gehen soll, dass die Begründung des Verhaltens mit früheren Erlebnissen erklärt, wie Vergangenes bewusstseinsbildend ist.“ Weil man halt, entgegen der Volksweisheit nicht aus Erfahrungen lernt, sondern aus den Schlüssen, die man aus den Erfahrungen zieht. Es sind nicht die äußeren Umstände, die das Bewusstsein quasi programmieren, sondern das Bewusstsein bildet sich immer selbst. Es denkt sich was zu seinen Erfahrungen und diese Gedanken können falsch sein.
    “ Leute kommen zu faschistischen Überzeugungen, (unter anderem) weil es ihnen Lust bereitet.“ Es ist tatsächlich ein bisschen schwierig zu entscheiden was gemeint ist. Sexuelle Lust, Spaß, Genuss
    Geistiger Genuss kommt aus dem Vergleich der äußeren Bestimmtheit mit der inneren Bestimmtheit. Übereinstimmung wird genossen, Nichtübereinstimmung ist ein Ärgernis. Das Bewusstsein wird geschmeichelt, empfindet es als angenehm, wenn die äußere Welt seine inneren Ansichten und Überzeugungen widerspiegelt bzw. wenn es seine Überzeugungen in der Welt wiederfindet. Also wäre Lust im Sinne von Genuss praktisch bloß die Verlängerung faschistischen Denkens.

  80. libelle
    24. September 2014, 13:20 | #80

    Weil man halt, entgegen der Volksweisheit nicht aus Erfahrungen lernt, sondern aus den Schlüssen, die man aus den Erfahrungen zieht.

    Das ist verkehrt, weil EINE Art des Lernens zum Lernen überhaupt verklärt wird (nämlich Lernen durch Schließen). Zunächst einmal sollte sich jemand, der solche Aussagen trifft Rechenschaft darüber ablegen, was Lernen überhaupt ist. Abstrakt ist es, soweit es Lernen auf der Grundlage von Erfahrungen ist (Erfahrung: etwas, das der Einzelne von dem wahrnimmt, was ihm durch ein Äußeres passiert) das bloße FESTHALTEN des Erfahrenen. Das Äußere wird als das Erfahrene GELERNT und insofern ist die Erfahrung auch schon etwas Gelerntes. (‚Aha, man kann in der Marktwirtschaft arbeitslos werden.‘, ‚Wenn man auf die Herdplatte fasst, tut es weh, wenn sie heiß ist‘ usw…)
    Menschen können dann aus gelernten Erfahrungen auch auf Dinge SCHLIESSEN, die sie nicht erst druch Erfahrung lernen müssen (z.B. dass auch die Berührung anderer heißer Gegenstände genauso weh tut wie das Berühren der heißen Herdplatte etc..) Dann lernen sie durch SCHLIESSEN.
    ….u…..s…..w….
    Oben sieht man, dass das Erfahrene schon etwas Gelerntes ist und dass Gefühlslagen freilich die Art, wie etwas erfahren wird strukturieren. Es ist eine besondere Leistung, das Gefühl beim Lernen von der Erfahrung wegzusortieren, das ist keineswegs selbstverständlich und insofern hat auch der Faschismus seine emotionale Seite. Das erklärt z.B. einen Teil der Entwicklung des Sadismus in solchen Gewaltbewegungen. Der steigert sich, die Methoden treffen genauer das Bedürfnis das Ende des Feindes zu genießen etc…
    Lust kann allerdings den Faschismus nicht erklären, sondern höchstens kann das, was Untertanen emotional genießen vom Faschismus in besonderer Weise angesprochen werden. Und da kann es schon den einen oder anderen geben, der sich einer faschistischen Bewegung anschließt weil er in ihr sadistische Bedürfnisse ausleben kann.

  81. Krim
    24. September 2014, 14:27 | #81

    „EINE Art des Lernens“ Man kann natürlich auch aus Büchern lernen. Aber es ging um den Stellenwert von Erfahrungen beim Lernen.
    „Das Äußere wird als das Erfahrene GELERNT und insofern ist die Erfahrung auch schon etwas Gelerntes.“ Absoluter Quatsch, der mal wieder dekonstruktive Verwirrspielchen treiben will. Erfahrung ist also nicht Erfahrung, sondern gelerntes, wodurch also angeblich gelerntes nochmal gelernt wird, wenn gelernt wird.
    Was soll das „Festhalten“ von Erfahrungen denn sein? So eine Art Loopingtaste für den Geist oder was? Einerseits soll es eine geistige Operation sein, aber gleichzeitig eine ganz ohne Inhalt, also eine die gar nicht inhaltlich über das Erlebte nachdenkt, Schlüsse zieht und Urteile fällt, sondern sie begriffslos, unbegriffen irgendwie „festhält“.
    „dass Gefühlslagen freilich die Art, wie etwas erfahren wird strukturieren. „ Dem hat auch keiner widersprochen. Die Gefühlslage selber ist allerdings das Resultat unserer Schlüsse und Urteile über die Welt.

  82. libelle
    24. September 2014, 17:31 | #82

    Erstens scheiterst Du an der Antwort auf die simple Frage: WAS IST LERNEN? Und nur wenn Du diese Frage beantworten kannst, kannst Du geistige Operationen wie Erfahrungen zu machen davon ausschließen. Hier müsstest Du also mal eine Antwort liefern. Dann kann man auch entscheiden, wie ernst man Deinen nachgeplapperten GSP Quatsch nehemn muss.
    Zweitens: Wenn ein Mensch eine Erfahrung mit einer Sache (und sei es er selbst) macht, dann erzeugt der im Zuge dieser Erfahrung eine GEISTIGE REPRÄSENTATION der Sache in seinem Kopf und erweitert damit sein Bewusstsein. Das ist ohne jeden Zweifel LERNEN, was da stattfindet. Dass da etwas „Richtiges“, „Vernünftiges“ usw… gelernt wird, ist damit nicht gesagt, was man der einfachen Tatsache entnehmen kann, dass man eben auch etwas „Falsches“ lernen kann.
    Drittens: Diese geistige Repräsentation der erfahrenen Sache (z.B. Arbeitslosigkeit) stellt immer der Mensch (und kein reiner Verstand) her d.h. WAS repräsentiert wird, ist auch immer vom Gefühl abhängig. D.h. man nimmt z.B. die Nation als menschliche Gemeinschaft (gut!) wahr und EMPFINDET auch so (d.h. der steht im Wohnzimmer auf und fasst sich an die Brust, wenn die Nationalhymne vor einem Fußballspiel gesungen wird). Und Erfahrungen macht der Mensch, der auf diese Regung in sich nicht aufmerkt und sie so erst zur Sache des Verstandes MACHT auf DIESER (emotionalen) Grundlage. Der DENKT also nicht (nur), dass die Nation ihm gut tut, sondern der empfindet das auch und trägt es in sich als Imperativ, dass das Gefühl doch recht bekommen muss.
    Viertens: empfiehlt es sich zwar das Gefühl zum Gegenstand geistiger Reflexion zu machen, man kann aber bei der Erklärung des Faschismus nicht davon ausgehen, dass Faschisten (oder Bürger) das täten.

  83. 24. September 2014, 18:28 | #83

    Wenn libelle behauptet:

    „Wenn ein Mensch eine Erfahrung mit einer Sache (und sei es er selbst) macht, dann erzeugt der im Zuge dieser Erfahrung eine GEISTIGE REPRÄSENTATION der Sache in seinem Kopf und erweitert damit sein Bewusstsein. Das ist ohne jeden Zweifel LERNEN, was da stattfindet. Dass da etwas „Richtiges“, „Vernünftiges“ usw… gelernt wird, ist damit nicht gesagt, was man der einfachen Tatsache entnehmen kann, dass man eben auch etwas „Falsches“ lernen kann.“

    dann ist das ein recht billiger Versuch, wirkliches Lernen, nämlich die Nachvollziehung eines wirklichen Begründungszusammenhangs in seinem individuellen Denken, gleichzusetzen mit all der Scheiße, die sich Menschen so zusammendenken. Jeder Krimi ist voll von Zeugen, die es ganz genau „wissen“, weil sie es ja gesehen haben. Die sich also nur irgendwas zusammengereimt haben, was irgendwie mit ihrer buchstäblichen Sichtweise zusammenpaßt.

  84. Krim
    24. September 2014, 18:34 | #84

    Deine Frage was Lernen ist, könnte ich zwar beantworten, aber sie führt vom Thema weg. Es geht um die Frage, ob und wie Erlebnisse oder Erfahrungen Verhalten begründen können. Und meine Antwort war, dass das immer über’s Bewusstsein geht, also über das, was man sich zu den Erlebnissen gedacht hat. Erfahrungen programmieren kein Verhalten.
    „Dass da etwas „Richtiges“, „Vernünftiges“ usw… gelernt wird, ist damit nicht gesagt,“ Die Volksweisheit behauptet aber, dass man aus Erfahrung was Vernünftiges lernt und dass man aus Schaden klug wird. Stimmt nicht. Dass Erfahrungen und Erlebnisse vom Bewusstsein irgendwie verarbeitet werden stimmt. Aber das ist eine Tat des Bewusstseins und keine Folge einer äußeren Gegebenheit, die dann ein bestimmtes Bewusstsein notwendig produzieren würde.
    „Drittens: Diese geistige Repräsentation der erfahrenen Sache (z.B. Arbeitslosigkeit) stellt immer der Mensch (und kein reiner Verstand) her d.h. WAS repräsentiert wird, ist auch immer vom Gefühl abhängig.“ Das Gefühl ist aber vom Verstand keine völlig getrennte Instanz, weil wie oben erklärt der innere Maßstab an dem die Welt im Gefühl gemessen wird, vom Bewusstsein und vom Verstand erzeugt worden ist. Das Gefühl ist sozusagen ein gewohnheitsmäßges Vor- oder Schnellurteil.
    „Der DENKT also nicht (nur), dass die Nation ihm gut tut, sondern der empfindet das auch“ Das ändert aber nichts, weil das Gefühl eben letzten Endes auch auf’s Denken zurückgeht.
    „Viertens: empfiehlt es sich zwar das Gefühl zum Gegenstand geistiger Reflexion zu machen, man kann aber bei der Erklärung des Faschismus nicht davon ausgehen, dass Faschisten (oder Bürger) das täten.“ Doch das kann man, weil auch sie zu ihrem inhaltlich bestimmten Gefühl irgendwie gekommen sein müssen und das geht nur über bewusstes Nachdenken.

  85. libelle
    24. September 2014, 19:35 | #85

    Es geht um die Frage, ob und wie Erlebnisse oder Erfahrungen Verhalten begründen können. Und meine Antwort war, dass das immer über’s Bewusstsein geht, also über das, was man sich zu den Erlebnissen zurechtgedacht hat. Erfahrungen programmieren kein Verhalten.

    Wer so denkt weiß eben nicht, was eine Erfahrung ist. Eine Erfahrung erschöpft sich eben nicht darin, dass irgend eine objektiv feststellbare Sache mit einem sie erfahrenden Menschen stattfindet, sondern eine Erfahrung ist die Verinnerlichung dessen, was objektiv mit dem jeweiligen Menschen stattfindet d.h. die Herstellung einer geistigen Repräsentation der Sache. Und das heißt zunächsteinmal, dass auf der Ebene der Erfahrung überhaupt nicht davon ausgegangen werden kann, dass Menschen, obwohl ihnen objektiv die gleichen Dinge widerfahren die gleichen Erfahrungen machen. Dem wird über die Ermittlung des Begriffes der jeweils erfahrenen Sache abgeholfen. DER vereinheitlicht dann die Repräsentation der Sache im Bewusstsein. Nur müssen diesen Schritt die Menschen auch mitgehen wollen!
    Das obige Zitat weiß schlicht und ergreifend nichts davon, dass eine Erfahrung auch „Bewusstsein“ ist. Wäre das bekannt, hielte man nicht Aussagen wie „über’s Bewusstsein geht“ für einen Einwand. Es „geht “ nämlich auch „über’s Bewusstsein“, wenn der Mensch bei seiner Erfahrung bleibt und sich nicht auf die Ermittlung des Begriffes einlässt. Und dann begründet die Erfahrung und nicht der Begriff zusammen mit dem Interesse (oder dem nach Kritik neu geschöpften Interesse) das Verhalten!
    Programmiert im Sinn eines naturgesetzlichen Zusammenhangs ist daran freilich nichts. Das ist nur eine verkehrte Kritik, die als Resultat der verkehrten Auffassung dessen, was eine Erfahrung ist, (kritischen) GSP-Adepten einkommt.

    Die Volksweisheit behauptet aber, dass man aus Erfahrung was Vernünftiges lernt und dass man aus Schaden klug wird.

    Frag‘ doch mal das Volk, was es damit meint! Sonst:Natürlich wird man aus Schaden klug. Und zwar in der Hinsicht, dass es eben darauf ankommt, was als „Schaden“ und was als „klug“ (geläutert) gilt d.h.: Wenn(!!!) man etwas als Schaden registriert (erfährt!), dann ist man nach Maßgabe dessen wie man es als Schaden erfährt ein Kritiker dieser vorher vielleicht unkritisch hingenommenen Sache. Nur erfahren die Leute den KAPITALISMUS (das, was Dir da als Begriff im Kopf herumgeistert) eben nicht als Schaden, sondern was anderes, weshalb sie Dich auch nicht für klug halten.

    Das Gefühl ist aber vom Verstand keine völlig getrennte Instanz, weil wie oben erklärt der innere Maßstab an dem die Welt im Gefühl gemessen wird, vom Bewusstsein und vom Verstand erzeugt worden ist. Das Gefühl ist sozusagen ein gewohnheitsmäßges Vor- oder Schnellurteil.

    Das sind nur hohle Sprüche! Wenn ich die Erde an einem inneren Maßstab z.B. dem, ob sie kubisch ist, messe, dann habe ich kein Gefühl. Also fällt ein Gefühl zu haben und die Welt an einem inneren Maßstab zu messen nicht zusammen und das Gefühl ist gerade kein Schnellurteil (das ist ein falscher Schein, wenn man das Gefühl als Urteil missverstehen will).
    In einem Gefühl bestimmt sich ein Lebewesen ab einer gewissen Entwicklungsstufe gegenüber einer Sache, aber gerade als unabhängig vom Verstand d.h. dieses Verhältnis ist gerade kein verstandesbestimmtes, sondern die Ausschüttung von ein paar Hormonen und sonstigen Botenstoffen sorgt für einen anderen Betriebszustand des Organismus, der sich dann zu irgend einer Betätigung gedrängt fühlt um das ja…Defizit, das durch die Botenstoffe erzeugt wird abzubauen (z.B. Adrenalinausschüttung -> Flucht oder Jagd). Solche Zustände können durch wahrgenommene Bilder, Erfahrungen oder auch durch Gedanken ausgelöst werden, das stimmt. Und insofern sind Gefühle auch bewusstseinsvermittelt, aber sie sind alles andere als Schnellurteile. Letzteres ist ein Fehlschluss aus dem Umstand, dass dem aus dem Gefühl resultierenden Handeln oder der Stellung ein Urteil zugeordnet werden kann d.h. ich kann das, was der Mensch dann tut mit einem Urteil erfassen. Das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass er dieses Urteil auch denkt. So wenig, wie flüchtende Antilopen irgendwas über die Löwen denken, die sie jagen – > von wegen Schnellurteil. (Hier könnte man mal ein Buch über die Evolution der Kognition zu Rate ziehen, wenn man das wissen will, würde ich euch empfehlen)

    Das ändert aber nichts, weil das Gefühl eben letzten Endes auch auf’s Denken zurückgeht.

    Ja, wie denn? „Zurückgeht“ ist ja eine großartige Erklärung!

    Doch das kann man, weil auch sie zu ihrem inhaltlich bestimmten Gefühl irgendwie gekommen sein müssen und das geht nur über bewusstes Nachdenken.

    Ja, ja, die denkenden Antilopen.

  86. maleben
    24. September 2014, 20:52 | #86

    „da kann es schon den einen oder anderen geben, der sich einer faschistischen Bewegung anschließt weil er in ihr sadistische Bedürfnisse ausleben kann“
    Es wurde auch nicht das Fühlen bestritten oder kritisiert, sondern die SCHLUSSFOLGERUNG widerlegt, Gefühle könnten eine politische Einsicht ersetzen oder gar herbeiführen. Auch Sadisten, die ihr Hobby in Wehrsportgruppen ausleben, begreifen das nicht als Alternative zum SM-Studio, sondern wissen von der politischen Dimension ihres Tuns – keine Ausländerjagd ist erklärt mit „Spaß am Quälen“!
    Man kann es auch umgekehrt sagen: bereits erworbene Gedanken sind notwendigerweise Gegenstand aufkommender Gefühlsregungen. Dass auch Babys oder Antilopen ohne viel zu urteilen fühlen, belegt aber doch, dass das Fühlen nicht die politischen Gedanken hervorbringt, sondern deren Begleiterscheinung ist.
    Für die ganz einfach Gestrickten auch nochmal:
    Den Faschismus liebhaben geht nur, wenn man jede Menge (falsche) Gedanken über die Nation im Kopf hat, die man auf Faschistisch gern haben will.

  87. libelle
    24. September 2014, 21:57 | #87

    …SCHLUSSFOLGERUNG widerlegt, Gefühle könnten eine politische Einsicht ersetzen oder gar herbeiführen

    Argumente können aber auch keine emotionale Stellung zur Welt korrigieren, die auf der Grundlage der Bestätigung oder Bejahung eines Gefühls sich Argumente einleuchten lässt oder nicht!
    Im Beispiel des Sadisten führt das Gefühl sehr wohl Einsichten herbei, nämlich darüber, dass sich der Sadist den Urteilen über die Nation als Heimat seines sadistischen Genusses öffnet. Es ist DEIN Irrtum (oder Idealismus), dass da nur ein sich irrender Geist mit falschen Urteilen im Kopf unterwegs wäre. Eine Faschismuskritik oder eine Nationalismuskritik, die Menschen anspricht, die die Gedanken als richtige oder falsche Theorie beurteilen, spricht weder Nationalisten, noch Faschisten an.

    Dass auch Babys oder Antilopen ohne viel zu urteilen fühlen, belegt aber doch, dass das Fühlen nicht die politischen Gedanken hervorbringt, sondern deren Begleiterscheinung ist.

    Mag ja sein, nur wenn sich ein Gefühl auf der Grundlage politischer Urteile manifestiert, dann ist dem mit Argumenten nicht mehr beizukommen, solange der Mensch nicht bereit ist eine andere Stellung zu seinem Gefühl einzunehmen (nicht zu dem Urteil, was dazu gehört).
    Für einfach gestrickte Argumenteschleudern: Ein Gefühl hat ein EIGENLEBEN. Es ist ein physischer Zustand, der als dieser Zustand anlässlich des Gedankens, des Bildes usw… Entsprechung verlangt. Das ist vom Urteil, was vielleicht dazu gehört emanzipiert. Nazis hassen Ausländer und handeln um diesem Hass und ihren Vorstellungen, wie die Nation zu führen wäre zu entsprechen. Und der Hass erklärt den Umgang mit Pogromopfern. Als kühl kalkulierender Stratege würde man sich dazu vielleicht überhaupt nicht durchringen können.

  88. Krim
    25. September 2014, 00:27 | #88

    „Es „geht “ nämlich auch „über’s Bewusstsein“, wenn der Mensch bei seiner Erfahrung bleibt und sich nicht auf die Ermittlung des Begriffes einlässt.“ Hab ich doch auch gar nicht behauptet, dass Erfahrung immer darin endet, dass ein Begriff der Sache aufgestellt wird. Den Leuten passiert irgendwas und das verarbeiten sie dann bewusstseinsmäßig irgendwie – mit falschen oder richtigen einzelnen Urteilen, vagen Vorstellungen, Ängsten, dem Versuch theoretisch zu begreifen was passiert ist – da kann alles mögliche rauskommen.
    „Das obige Zitat weiß schlicht und ergreifend nichts davon, dass eine Erfahrung auch „Bewusstsein“ ist. „ Weil mit Erfahrung normalerweise eben das Äußere Geschehen gemeint ist.
    „Und dann begründet die Erfahrung und nicht der Begriff zusammen mit dem Interesse (oder dem nach Kritik neu geschöpften Interesse) das Verhalten!“ Dann ist es aber bloß ein Benennungsunterschied. Jedenfalls ist es so, dass nicht ein äußeres Ereignis Verhalten programmiert, sondern die Art und Weise wie es bewusstseinsmäßig verarbeitet wird, als nicht nur das Denken oder das begriffliche Denken, sondern inklusive aller Gefühlsregungen und sonstigen Verrichtungen des Geistes.
    „Nur erfahren die Leute den KAPITALISMUS (das, was Dir da als Begriff im Kopf herumgeistert) eben nicht als Schaden, sondern was anderes, weshalb sie Dich auch nicht für klug halten.“ Ja für die mag das Profitgier sein, was sie als schädlich ansehen. Objektiv ist es trotzdem der Kapitalismus, weswegen es ja so wichtig ist, für die korrekte Erklärung des Schadens zu sorgen, sonst bleibt man blöd und ohne Aussicht den Schaden abzustellen. Und das ist ganz sicher nicht klug, egal für was mich irgendwer halten mag.
    „Wenn ich die Erde an einem inneren Maßstab z.B. dem, ob sie kubisch ist, messe, dann habe ich kein Gefühl.“ Doch hast du. Wenn einer davon ausgeht, die Erde sei eine Scheibe, dann ärgert es ihn, wenn einer behauptet sie sei rund. Wenn die Erde als Scheibe als Gottesordnung gilt, dann wäre eine runde Erde sogar Gotteslästerung, was unweigerlich seinen heiligen Zorn entfacht.
    „Also fällt ein Gefühl zu haben und die Welt an einem inneren Maßstab zu messen nicht zusammen“ Das es zusammenfällt habe ich nicht gesagt. Das Gefühl ist schon eine eigene Geistesform. Es ist auch nicht das Vergleichen selbst, sondern das Ergebnis des Vergleichs, das Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung ergibt. Das äußert sich dann als positives oder negatives Gefühl. Welches Gefühl es genau ist hängt vom Inhalt des Vergleichs ab.
    „wenn man das Gefühl als Urteil missverstehen will.“ Das Gefühl ist das Ergebnis eines vergleichenden Urteils. Ich sagte es sei q u a s i ein Schnellurteil. Ein Vor-urteil, das v o r das Urteilen geschaltet ist, indem des die Welt mit der inneren Bestimmtheit des Individuum vergleicht.
    “ aber gerade als unabhängig vom Verstand „ Das ist ein negatives Urteil, was bloß heißt, Gefühl ist nicht Verstand. Na klar, ist ja Gefühl. Wäre es Verstand würde es Verstand heißen.
    “ sondern die Ausschüttung von ein paar Hormonen und sonstigen Botenstoffen sorgt für einen anderen Betriebszustand des Organismus, der sich dann zu irgend einer Betätigung gedrängt fühlt um das ja…Defizit, das durch die Botenstoffe erzeugt wird abzubauen“ LOL! Du verwechselst die physische Daseinsform von Gefühlen mit ihrem Begriff, aus dem du jeden Inhalt tilgst. So bleibt ganz unerfindlich, wieso ein angreifendes Flusspferd eine panische Fluchtreaktion und nicht Trauer oder Scham auslöst.
    „Letzteres ist ein Fehlschluss aus dem Umstand, dass dem aus dem Gefühl resultierenden Handeln oder der Stellung ein Urteil zugeordnet werden kann“ Nein, der Schluss es sei ein Schnellurteil, kommt aus dem Umstand, dass die Folge eines Urteils ist, aber eben nur eines vergleichendes.
    „„Zurückgeht“ ist ja eine großartige Erklärung!“ Steht schon mehrmals da.
    „Argumente können aber auch keine emotionale Stellung zur Welt korrigieren,“ Doch das geht, bloß nicht sofort. Das heißt, dass mit dem Einleuchten eines Arguments nicht sofort Änderung des Gefühl einhergeht. Das Argument muss nämlich erst zum gewohnheitsmäßigen Urteil werden. Es muss zur inneren Bestimmtheit der Person werden und das dauert eine Weile. Dann ändert sich das Gefühl.
    „dass sich der Sadist den Urteilen über die Nation als Heimat seines sadistischen Genusses öffnet.“ LOL. Als sei mein Kampf die Bibel der SM-Szene. Sadistischer Genuss als Zweck wäre wahrscheinlich ein Grund für einen KZ-Aufenthalt gewesen.
    „Mag ja sein, nur wenn sich ein Gefühl auf der Grundlage politischer Urteile manifestiert, dann ist dem mit Argumenten nicht mehr beizukommen, „ Doch, wenn ihm sein Urteil als falsch einleuchtet, dann ändert sich über kurz oder lang auch sein Gefühl.
    „Das ist vom Urteil, was vielleicht dazu gehört emanzipiert.“ Dass das Fühlen eine eigene Geistesform ist, heißt halt nicht, dass es durch das Bewusstsein nicht erreicht werden kann. Man hat herausgefunden in der Hirnforschung, dass das Hirn den überwiegenden Teil der Dinge, die wir machen ganz automatisch erledigt, ohne dass man noch darüber nachdenken muss. z.B. Autofahren, Zähneputzen, Instrument spielen, malen, Kampfkunst, tanzen. Im Prinzip funktioniert jede Fähigkeit, jedes Können funktioniert so. Wenn der KungFu Champion erst bewusst überlegen müsste, welchen Schlag er bei welchem Angriff des Gegners ausführt, hätte er schon verloren. Er reagiert bloß noch. „Der Letzte Samurai“ – „zu viel Bedenken“ Obwohl im Kampf eingeübte Reaktionen und Schlagkombinationen ablaufen, greift der Meister ein und sagt mit Belehrungen also übers Bewusstsein, was er falsch gemacht hat. Das Gefühl ist die Entsprechung auf dem Gebiet des Denkens und Urteilens. Die Urteile, die man normalerweise trifft, werden als Automatismus abgespeichert. Der Mensch muss mit einer Sache dann bloß konfrontiert werden, schon hat das Hirn im Gefühl eine Reaktion parat, die ihm sagt, was zu tun ist. Und das ohne zu denken, ohne Bewusstsein.
    Das ist deswegen so, weil Bewusstsein, also der Umstand, dass ein Ich seine Aufmerksamkeit auf eine Sache lenkt, für das Gehirn eine Schweinearbeit darstellt. Deshalb denkt das Gehirn nicht jedes mal neu über immer den selben Scheiß nach (weswegen ich mich wahrscheinlich auch immer so ärgere, wenn ich den selben Gedanken hundertmal hinschreiben soll und aus dem selben Grund, weil nämlich das Gegenüber die gegenteilige Sicht eingeübt hat, muss ich ihn auch hundert mal hinschreiben), sondern „programmiert“ sich einen Automatismus. Wenn das und das passiert, dann ist mir das angenehm, da brauche ich nicht mehr drüber nachdenken. So schaufelt das Hirn Kapazitäten frei für Dinge, die wirklich seiner Aufmerksamkeit bedürfen, weil sie noch neu sind und Automatismen noch nicht existieren. Das heißt aber nicht, dass diese Automatismen jetzt und für alle Zeit vom Zugriff des Bewusstseins abgekoppelt sind. Wenn das Bewusstsein nämlich entdeckt, „Moment da läuft was falsch“, kann es zu einem anderen Urteil kommen, das den bisherigen Automatismus einige Mal bewusst aushebelt, bis das neue Urteil abgespeichert ist.

  89. maleben
    25. September 2014, 06:17 | #89

    „dann ist dem mit Argumenten nicht mehr beizukommen, solange der Mensch nicht bereit ist eine andere Stellung zu seinem Gefühl einzunehmen“ (libelle)
    Damit das keine Kreisbewegung wird: die von dir benannte „Stellung“ zum Fühlen ist ein geistiges Produkt. Sich gut oder schlecht zu fühlen, gibt also NICHT das Entscheidungskriterium für den Umgang mit eigenen Gefühlen her. Wer sich im Kugelhagel mies fühlt, wird wegen des Unwohlseins weder zum Kritiker noch zum Befürworter der Schießenden – ob er das Heldentum verehrt oder sich dem Mitleid für die Opfer widmet, entscheiden dessen Interpretationen von „mies fühlen“, sein Hormonspiegel kann keine Parteinahme oder Feindschaft beurteilen oder entscheiden, weil der eben bloß körperliche Begleiterscheinung ist.

  90. Mattis
    27. September 2014, 22:11 | #90

    „Die Interpretation der Welt als Lustanlass ist also eine Ideologie: Zu keinem einzigen Inhalt kommt jemand aus Lust, weil der inhaltliche Gedanke in der Lust bereits unterstellt ist, den die Lust-Theorie zu erklären behauptet.“
    „Für die ganz einfach Gestrickten auch nochmal:
    Den Faschismus liebhaben geht nur, wenn man jede Menge (falsche) Gedanken über die Nation im Kopf hat, die man auf Faschistisch gern haben will.“
    (maleben)

    Gewiss hat keiner einfach so „Lust“ auf Faschismus; aber wenn man die Sache genauer betrachtet, findet man viele Analogien zwischen dem kompensatorischen „Bedürfnis“ nach Identifikation mit einer unwidersprechlichen Macht und dem, was Faschismus ist. Ein solcher Extremist absoluter Gewalt kann insofern durch den Faschismus stark angezogen werden, er könnte jedoch ebenso ein Dschihadist werden – früher vielleicht ein Kreuzritter oder Inquisitor – oder einer autoritären Sekte beitreten oder, wie etliche Russen, Stalin als Vorbild wiederentdecken etc.
    Die momentan von Deutschland aus in den Dschihad ziehenden Typen z.B. sind jedenfalls nicht deshalb von ihrer „Mission“ überzeugt, weil sie sich das gut überlegt und sich dann dafür entschieden haben, sondern sie haben sich dafür entschieden, weil diese Art von Gewaltprogramm zu dem passt, wie die so drauf sind, und auf dieser Basis „leuchten“ ihnen dann alle möglichen Dogmen ein, das ist ihnen selbst im Nachhinein ein kaum nachvollziehbares Bekehrungserlebnis. Die Aussteiger berichten später, dass sie sich von alldem fast unwiderstehlich „angezogen“ fühlten und jegliche Bedenken, die da noch auftauchten, schon gleich als Ausdruck einer endlich mal zu überwindenen Feigheit und Zögerlichkeit weggedrückt haben.
    Es sei hier daran erinnert, dass heutzutage doch fast alle „Einsichten“ und zugehörige Entscheidungen auf einem bereits gefassten Standpunkt basieren, und das ist eben in manchen Fällen ein ziemlich psychologischer, der sich halt auch aus dem „politischen Angebot“ das passende raussuchen kann und dann plötzlich von all dem „überzeugt“ ist, was dieses Angebot sonst so an Inhalten verbrät.
    Analogien aber – und mehr bietet die These vom „autoritären Charakter“ nicht – sind keine Erklärung des Spezifikums der jeweiligen Ideologie selbst, in der so eine Mentalität ihr Lebenselexier entdeckt. Mit den Analogien ist es wie mit statistischen Korrelationen: sie beweisen keinen Zusammenhang, belegen nicht, was Ursache oder Wirkung ist.

  91. maleben
    28. September 2014, 08:45 | #91

    „Analogien zwischen dem kompensatorischen „Bedürfnis“ nach Identifikation mit einer unwidersprechlichen Macht und dem, was Faschismus ist. Ein solcher Extremist absoluter Gewalt kann insofern durch den Faschismus stark angezogen werden, er könnte jedoch ebenso ein Dschihadist werden – früher vielleicht ein Kreuzritter oder Inquisitor – oder einer autoritären Sekte beitreten oder, wie etliche Russen, Stalin als Vorbild wiederentdecken etc.“
    Es lassen sich für jede Dummheit auch Gefühle finden, die ihr entsprechen. Aber du selbst hast beim Formulieren schon einige Mühe, den Begriff von Faschismus als Analogie von Gefühlswallungen zu zeichnen. Das liegt daran, dass z.B. das Glücksgefühl beim „Identifizieren mit Macht“ mal bloße Hülse für seinen Inhalt sein soll, mal einen notwendigen Zusammenhang behauptet. Nochmal: Fehlgeleitete Dschihadisten, die versehentlich ihr Gewaltbedürfnis als religiöses ausleben oder SM-Liebhaber, die sich zu den Faschisten gesellen, sind nicht nur die Ausnahme, die erklären gar nicht die bestimmte Stoßrichtung des Anspruchs, der mit Gewalt durchgesetzt werden soll.
    „nicht deshalb von ihrer „Mission“ überzeugt, weil sie sich das gut überlegt und sich dann dafür entschieden haben, sondern sie haben sich dafür entschieden, weil diese Art von Gewaltprogramm zu dem passt, wie die so drauf sind“
    Das ist eine Tautologie: Warum macht jemand etwas? Weil er so einer ist, der so etwas macht. Du verdoppelst die Person in einen Charakter, der für ihre Motive zuständig sei. Wo hat der denn seinen Charakter her? Welchen Inhalt hat das „drauf sein“? Landet man da nicht doch bei kleineren oder größeren Gedankengebäuden? (Dass beim Nachdenken über die Welt auch Gefühle aufkommen, soll nicht bestritten sein.)
    „dass heutzutage doch fast alle „Einsichten“ und zugehörige Entscheidungen auf einem bereits gefassten Standpunkt basieren, und das ist eben in manchen Fällen ein ziemlich psychologischer“
    Hier machst du übrigens mal NICHT den Charakter für einen bestimmten Gedanken verantwortlich, sondern Gedanken aus der Vergangenheit stellst du als psychologische Determinante vor. Das ist genauso verkehrt: wann jemand warum welchen Standpunkt beibehält oder verlässt, sind lauter Überlegungen, die nicht mit einer Laune zu tun haben. Umgekehrt: Entspringt eine bestimmte Überzeugung den Launen, heute Ausländer zu jagen und morgen Faschisten, wäre die nicht fähig, „politisches Angebot“ zu sein.
    „Analogien sind keine Erklärung“
    Jaja, und wofür stehen sie bei dir?

  92. libelle
    29. September 2014, 08:41 | #92

    1. Zur Erfahrung:

    Weil mit Erfahrung normalerweise eben das Äußere Geschehen gemeint ist.

    Weil man eben in Deiner Normalität („normalerweise“) keine Ahnung davon hat, was eine Erfahrung ist! Wie soll man denn eine Erfahrung ohne Beteiligung des Bewussteins machen können? Auf die Frage brauchst Du überhaupt keine Deiner Ausflüchte als Antwort zu schreiben. Es ist augenfällig, dass du nicht weißt, was eine Erfahrung ist, was Dich aber nicht daran hindert darüber Ideologien zu verbreiten.
    Erfahren wird eine Sache, soweit sie z.B. visuell wahrnehmbar ist durch das Bild im Bewusstsein oder, soweit nicht visuell wahrnehmbar irgend eine andere Form ihrer Wahrnehmung (Schmerz bei Berührung heißer Herdplatte). Findet das nicht statt, hat man schlicht und ergreifend nichts von der Sache gemerkt und sie demzufolge auch nicht erfahren.
    Dass Du das in Deine kommunistische Normalität hineinbekommst, ohne, dass gleich wieder eine Ideologie herauskommt, glaube ich nicht, deshalb empfehle ich wie immer einen Wechsel der Normalität.
    Zu dieser Erfahrung kann ein Mensch (oder ein anderes Lebenwesen) ein Gefühl entwickeln d.h. er kann z.B. den Schmerz und die folgende Adrenalinausschüttung beim Berühren der Herdplatte mit dem Anblick der Herdplatte oder der Wahrnehmung von Wärme verbinden. Und dann stellt sich auf der Grundlage dieser Erfahrung (Schmerz bei Berührung der Herdplatte) eine emotionale Stellung zu den in der Situation der Verbrennung als sie kennzeichnend wahrgenommenen Momenten der Situation ein und der Mensch ist z.B. aufgeregt, wenn er Wärme empfindet und will sich der Situation entziehen, also flüchten, oder er hat Angst wenn er Herdplatten sieht etc.. Das hat etwas Willkürliches d.h. das, was als bestimmend für die Situation die zur Verbrennung geführt hat, wahrgenommen wird ( d.h. wie sie erfahren wird) ist hinterher der Anlass, der dazu führt, dass sich das Gefühl einstellt. Und schon auf dieser Grundlage – und das machen sowohl Menschen, als auch Tiere – kann man sich zu einer Sache verhalten (sich Situationen entziehen, sie herbeiführen etc..). Und nochmal bezugnehmend auf meine vorherigen Beiträge: Menschen, die sich so zur Welt verhalten, die sind mit Argumenten nicht erreichbar bzw. bestimmt sich der Umfang in dem sie Argumenten zugänglich sind aus der Fähigkeit und der Gewohnheit vom Gefühl und der Erfahrung zu abstrahieren und zu sich selbst darin Abstand einzunehmen. Rein logisch muss ja die einsichtsbasierte, verständige Art sich zur Situation ins Benehmen zu setzen die schon vorhandene emotionale Art ersetzen d.h. da muss ein Verdrängungsprozess stattfinden.
    Der Mensch kann aber auch seine emotionale Stellung beibehalten und dennoch über die Situation nachdenken und dann wird das Gefühl leitend für seinen Verstand! D.h. er denkt über die Situation so nach, dass das Verhalten, das dem Gefühl entspricht legitimiert wird. Und Letzteres ist eher die Regel, als die Ausnahme. So ein Mensch erscheint dann freilich als jemand, der vieleicht eine falsche oder unvollständige Theorie hat und man kann auch auf dieser Grundlage mit diesem Menschen in argumentative Auseinandersetzung treten. Aber: solange er auf der Bestätigung seines Gefühls beharrt, wird die Kritik seiner Theorie nicht dazu führen, dass der Mensch seine Stellung ändert, sondern Kritik führt im Fall, dass man auf argumentativer Bestätigung des Gefühls beharrt zu vermehrter Ideologieproduktion (siehe z.B. die Kommunisten hier) oder aber es wird der Übergang zur Beendigung der argumentativen Auseinandersetzung gemacht (Abbruch der Diskussion, Gewalt um die Quelle der Störung der Legitimation des Gefühls zu beseitigen usw…). Das Gefühl – und deshalb passt auch Gewalt wunderbar dazu – will nur, dass ihm entsprochen wird.
    Und im letzten Abschnitt steht die Kritik des Gegenstandpunkt und der Diskussion hier. Kurz gefasst nimmt der Gegenstandpunkt seine Adressaten als etwas wahr, das sie überhaupt nicht sind, nämlich als Theoretiker, die falsche Theorien vertreten. Und dann erscheint es ihm so, als wäre z.B. die Erklärung des Faschismus oder Nationalismus eine Frage der Ermittlung des Begriffes dieser Theorien. Sicher ist das ein Moment ihrer Erklärung, aber diese dann geleistete Erklärung wird zur Ideologie, wenn man behauptet, das sei schon die ganze Erklärung (ich will hier nichts darüber sagen, wie brauchbar das ist, was der GSP behauptet). Deshalb (auch wenn ich die kritische Theorie nicht mag und mich nicht wirklich gut darin auskenne) ergänzt die Fragestellung der KT einen zur Erklärung der Gesellschaft notwendigen Gesichtspunkt (und nur dann, wenn man den berücksichtigt, leistet man wirklich eine Erklärung). Soweit mir bekannt ging es Adorno & co. nicht primär um die Frage: Was ist Faschismus?, sondern darum, wie es dazu kommen konnte und da sind sie auf den subjektiven Faktor als Bedingung davon gestoßen.
    Die Frage Adornos kann man beantworten. Beantwortet man sie mit der Theorie des GSP, dann handelt es sich bei Faschismus und Nationalismus um theoretische Fehlleistungen, letztendlich um Fehler beim Nachdenken der Menschen, die die faschistischen Bewegungen gestellt haben. Und darin bedient der GSP eben ein Menschenbild, das er zur Legitimation seines Projektes – (Änderung der Gesellschaft indem man mittels „richtigen Argumenten“ den Willen von Menschen beeinflusst und so eine Gegenmacht schafft) – konstruiert.
    Adorno, Hegel und jede vernünftige und vielleicht dennoch mangelhafte Theorie über den subjektiven Faktor behaupten aber nun zurecht und im Gegensatz zum GSP, dass der subjektive Faktor sich eben gerade nicht darin erschöpft, dass da Leute falsche Gedanken haben, dass die Gesellschaft keine Ansammlung von Menschen ist, die nur falsch nachdenken und ihre Gefühle vielleicht bloßer Reflex auf ihre falschen Gedanken sind. Der Verstand ist (leider) nur ein Moment, nach dem Menschen ihre Stellung zu einer Sache bestimmen er wird ergänzt (und häufig bestimmt, siehe oben) durch das Gefühl.
    Hier mache ich heute Abend vielleicht nochmal weiter.
    2. Gefühl.
    Du hast keinen blassen Schimmer davon, was ein Gefühl ist. Nimm doch mal ernst, was Du selbst schreibst! In einem Gefühl bestimmt sich ein Mensch. Und wenn er bestimmt ist, kann er nicht gleichzeitig anders bestimmt sein. Deshalb sind die Automatisierungen des Hirns keine Gefühle. Mach Dir den Unterschied z.B. mal daran klar, dass jemand, der ein Instrument spielt bei unterschiedlichen Musikstücken unterschiedlich fühlt, aber immer die gleichen automatisierten Handlungen zur Bedienung des Instruments ausführt und so die Griffe für die Töne ohne nachzudenken findet. Oder: man tritt automatisch die Pedale des Fahrrades, fühlt sich aber mal entspannt, mal geschafft usw… Mit Deinem Postulat solche Routinen des Gehirns wären Gefühle, widersprichst Du der Erklärung des Gefüls als etwas , durch das sich Menschen bestimmen.
    So weit.

  93. Kim B.
    29. September 2014, 13:51 | #93

    „Das Gefühl – und deshalb passt auch Gewalt wunderbar dazu – will nur, dass ihm entsprochen wird.“
    Aber diese Art Gefühl kannst du nicht mit Fühlen, Tasten und Schmecken vergleichen, Libelle. Dieser Art Gefühl geht erst mal der Verstand voraus. Denn hier wird ja ein Standpunkt eingenommen oder verteidigt zu dem die Einzelperson durch Nachdenken über ihre Stellung in der Welt gelangt ist. Die Allermeisten bleiben dabei halt irgendwann irgendwo stecken. Und weil sie zurecht kommen müssen, aber auch nichts offen stehen lassen wollen, entscheiden sie sich ab einem bestimmten Grad ihres (beschränkten) Wissens dann für die eine oder andere Richtung, werden Christen oder Islamisten, Demokraten oder Faschisten, ja, meinetwegen auch Kommunisten und fühlen sich da weitestgehend wohl sicher und aufgehoben. Damit ist das Wissen für sie abgehakt und Wissen nur noch als Expertenwissen akzeptiert. In diesem Zusammenhang ist Gefühl ein von (politischer) Autorität freies, subjektives (unreflektiertes) Reagieren der Einzelperson, das aber gleichwohl nie von der (politischen) Stellung, die sie in der Welt in diesem Augenblick einnimmt, losgelöst ist (entspringt also, wenn überhaupt, nur sekundär der persönlichen Beschaffenheit).

  94. Krim
    29. September 2014, 14:17 | #94

    „Weil man eben in Deiner Normalität („normalerweise“) keine Ahnung davon hat, was eine Erfahrung ist!“ Du bist ein Idiot! Ist dir eigentlich bekannt, dass die Umgangsprache sich nicht immer in begrifflichen Bahnen bewegt. I c h sage doch gar nicht, dass man Erfahrungen ohne Bewusstsein macht. Ich sage nur, dass die Alltagssprache das äußere Ereignis meint bzw. zwischen innerem Erleben und äußerem Ereignis hin und her pendelt. Jetzt ist das geklärt. Da brauchst du nicht gleich pampig zu werden.

  95. Krim
    29. September 2014, 15:18 | #95

    „Erfahren wird eine Sache, soweit sie z.B. visuell wahrnehmbar ist durch das Bild im Bewusstsein oder“ Wenn du mir so kommst, gebe ich jetzt auch mal den Besserwisser. Auch Dinge die nicht im Bewusstsein ankommen gehören zu der Erfahrung dazu. Die Aufmerksamkeit des Bewusstseins richtet sich auf eine Sache, aber im Hintergrund werden unbewusst noch ein Wust anderer Eindrücke wahrgenommen, die bloß nicht ins Bewusstsein dringen.
    “ Findet das nicht statt, hat man schlicht und ergreifend nichts von der Sache gemerkt und sie demzufolge auch nicht erfahren.“ Falsch. Das Hirn verarbeitet auch Informationen, die man nicht bewusst wahrnimmt. Im Hirn ist also sehr wohl was angekommen, bloß werden die meisten Eindrücke nicht als so ungewöhnlich bewertet, dass sie bewusst verarbeitet werden müssten.
    „Zu dieser Erfahrung kann ein Mensch (oder ein anderes Lebenwesen) ein Gefühl entwickeln“ Nein nicht kann. Ein Gefühl zu haben, kann sich niemand aussuchen. Man hat es oder man hat es nicht und wenn man es hat, kann man verschieden damit umgehen, z.B. versuchen es zu kontrollieren, es sich nicht anmerken zu lassen oder man kann ihm nachgeben.
    “ Und dann stellt sich auf der Grundlage dieser Erfahrung (…) eine emotionale Stellung“ Wie maleben schon sagte schließen sich Emotion und Stellung aus. Eine Stellung ist eine Verhältnis, dass das Bewusstsein zu einer Sache einnimmt. Ein Gefühl ist unmittelbare Affektion und geht nicht übers Bewusstsein.
    „Und nochmal bezugnehmend auf meine vorherigen Beiträge: Menschen, die sich so zur Welt verhalten, die sind mit Argumenten nicht erreichbar“ Klar sind die erreichbar, wenn sie wollen, nur wenn sie nicht wollen nicht. Dann liegt es aber nicht am Gefühl, sondern an dem Willen sich der Ursache des Gefühls nicht stellen zun wollen und es bewusst rational zu verarbeiten. (z.B. hat die Angst eine rationale Grundlage? Angst vor Schlangen ist ja ganz irrational auch nicht. Vor Giftschlangen sollt man wirklich einen gewissen Abstand einhalten) Deine großartige Aufklärung löst sich also auf in die Erkenntnis, dass wer nicht will eben nicht will.
    „Rein logisch muss ja die einsichtsbasierte, verständige Art sich zur Situation ins Benehmen zu setzen die schon vorhandene emotionale Art ersetzen d.h. da muss ein Verdrängungsprozess stattfinden.“ Nein. Der Verstand verdrängt das Gefühl nicht. Das ist ein altes Misverständnis, dass als rational angesehene Menschen keine Gefühle hätten. Das Gefühl ist trotzdem da, bloß regiert das Bewusstsein und entscheidet dem Gefühl nicht nachzugeben.
    „Der Mensch kann aber auch seine emotionale Stellung beibehalten und dennoch über die Situation nachdenken und dann wird das Gefühl leitend für seinen Verstand! „ Es wird dann leitend, wenn der Verstand entscheidet, dass es leitend wird.
    “ Aber: solange er auf der Bestätigung seines Gefühls beharrt, wird die Kritik seiner Theorie nicht dazu führen, dass der Mensch seine Stellung ändert,“ Aber so entschieden ist doch niemand in dieser Angelegenheit. Es stellt sich ja niemand hin und entscheidet, „Scheiß Verstand, das Gefühl regiert bei mir“ Es kommt doch immer drauf an worum es geht. Wenn der Verstand ihm sagt diesmal nicht auf sein Gefühl zu hören, weil ihm das schadet, dann wird er das auch nicht tun. Dazu ist der Verstand bzw. das Bewusstsein nämlich gemacht und das ist der große Evolutionäre Vorteil der Menschen, dass sie keine veränderten Gene brauchen, um angepasst zu sein, sondern dass sie eine Situation beurteilen können und ihr Ergebnis teoretisch vorwegnehmen können, um dann entsprechend zu handeln und zwar ohne vorher existierende körperliche Eigenschaft und geistige Automatismen.
    Die Ermittlung des Begriffs einer Sache ist ihre Erklärung und nicht nur ein Moment davon. Beides sind Synonyme.
    „sondern darum, wie es dazu kommen konnte und da sind sie auf den subjektiven Faktor als Bedingung davon gestoßen.“ „Wie es dazu kommen konnte“ ist eben ne falsche Fragestellung, weil es moralische Urteile impliziert. Man muss nämlich voraussetzen, dass Nationalsozialismus eine völlig unerhörte Ausnahme darstellt, wenn man den Vertoß gegen die Normalität überhaupt erst als Gegenstand der Untersuchung entdeckt.
    „Beantwortet man sie mit der Theorie des GSP, dann handelt es sich bei Faschismus und Nationalismus um theoretische Fehlleistungen, letztendlich um Fehler beim Nachdenken der Menschen, „ Nein. Du hast leider keine Ahnung von der Theorie des GSP, wenn du diese Behauptung aufstellst. Nationalist zu sein, ist keine theoretischer Irrtum, sondern ein Interesse, das dann wiederum auch die theoretischen Fehlleistungen erklärbar macht.
    „Der Verstand ist (leider) nur ein Moment, nach dem Menschen ihre Stellung zu einer Sache bestimmen er wird ergänzt (und häufig bestimmt, siehe oben) durch das Gefühl.“ Wie oft noch? – Einem Gefühl, das nichts anderes ist als die eingeübten Urteile des Verstandes in der Form unmittelbarer Affektion.
    „In einem Gefühl bestimmt sich ein Mensch.“ Wo steht das?
    „Mach Dir den Unterschied z.B. mal daran klar, dass jemand, der ein Instrument spielt bei unterschiedlichen Musikstücken unterschiedlich fühlt,“ Du musst auch mal genauer lesen. Eine Fähigkeit ist kein Gefühl. Die Fähigkeit war eine Analogie. Eine Fähigkeit speichert körperliche Automatismen. Z.B. die Griffe, die für ein Instrument erforderlich sind. In Gefühlen sind gewohnheitsmäßige, eingeübte Urteile gespeichert. Weil Fähigkeiten und Gefühle verschiedene Dinge sind, kommen sie sich beim Spielen eines Instruments auch nicht in die Quere. (es sei denn so, dass eines der beiden noch nicht richtig ausgebildet ist)

  96. libelle
    1. Oktober 2014, 14:05 | #96

    1. Vorwort, Fixierung des Themas:

    Krim:
    Wenn du mir so kommst, gebe ich jetzt auch mal den Besserwisser
    libelle:
    “ Findet das nicht statt, hat man schlicht und ergreifend nichts von der Sache gemerkt und sie demzufolge auch nicht erfahren.“
    Krim:
    Falsch. Das Hirn verarbeitet auch Informationen, die man nicht bewusst wahrnimmt. Im Hirn ist also sehr wohl was angekommen, bloß werden die meisten Eindrücke nicht als so ungewöhnlich bewertet, dass sie bewusst verarbeitet werden müssten.

    Man merkt an solchen Einlassungen zweierlei. Einerseits, dass Du unglaublich eitel bist und dass Du zweitens nicht begreifst, warum die Einlassungen über Erfahrung oben dastanden. Es ging mir nicht darum „klugzuscheißen“. Dir erscheinen meine Kritiken an Deinem Zeug aber so. Frage: wie schaut man, wenn man solche Äußerungen wie Du tätigt, auf eine Diskussion? Antwort: als Feld der Bestätigung des Selbstbildes als Durchblicker. Sonst kommt man nicht auf die Kritik „Klugscheißer“. Mir geht’s nicht darum unter Beweis zu stellen, dass ich klug oder was weiß ich was bin, sondern es geht um die Kritik solcher Auffassungen wie Deiner, die in dem Fall nur platte Wiederholungen von GSP-Konstrukten sind.
    Nehmen wir einmal an, dass das Hirn auch Dinge repräsentiert, die dem Menschen in dem Moment, in dem sie ihm passieren nicht bewusst werden und er irgendwann auf diese in seinem Hirn repräsentierten Dinge aufmerkt, dann ändert das nichts an meiner Kritik an Deiner Behauptung, dass eine Erfahrung zu machen kein Lernen sei d.h. dass eine Erfahrung im Gegensatz zu Deiner Behauptung eben die Herstellung einer geistigen Repräsentation einer Sache einschließt, die man geistig bei Bedarf reproduzieren kann d.h. die das Bewusstsein auch kontrolliert.
    Deine Ergänzung ändert also nichts an dem, was ich schreibe.
    Meine Behauptung ist, dass die gesellschaftlichen Beziehungen der Leute auch emotional hergestellt werden. Abstrakt stimme ich da Adorno zu, das ist keine reine Verstandesangelegenheit, sondern auch eine Frage der Entwicklung und Modifikation von emotionalen Dispositionen – wird unten alles genauer erklärt – und man erfasst die Gesellschaft nicht , wenn man meint es handle sich beim Bewusstsein der Insassen der bisherigen Gesellschaften um interessierte theoretische Fehler. Die Gesellschaft hat, wenn man das so ausdrücken will eine anthropologische, vorgesellschaftliche Komponente, von der sie sich erst noch befreien muss. Insofern ist das ein Angriff auf das, was der GSP und sonstige Marxisten für richtig halten.
    2. weiter zum Thema

    KimB:
    Aber diese Art Gefühl kannst du nicht mit Fühlen, Tasten und Schmecken vergleichen, Libelle. Dieser Art Gefühl geht erst mal der Verstand voraus. Denn hier wird ja ein Standpunkt eingenommen oder verteidigt zu dem die Einzelperson durch Nachdenken über ihre Stellung in der Welt gelangt ist.

    Wie wäre es denn, wenn man einfach mal bestimmen würde, was ein Gefühl tatsächlich ist. Dann kann man – mal unterstellt, man weiß was Kognition ist – sich auf die Suche nach einem Verhältnis von Kognition und Emotion machen.
    Weiter oben in der Diskussion ist von mir – und wie wahrscheinlich irrtümlich von mir angenommen auch von Krim – etwas behauptet worden, was ein Gefühl ausmacht:
    Im Gefühl bestimmt sich ein eben zu Gefühlen fähiger Organismus zu einem Sachverhalt. Und dieses Sich-Zu-Bestimmen ist meines Erachtens der Schlüssel zum Verständnis von Gefühlen. D.h. das Gefühl bestimmt eben ohne Abstriche die Stellung des Individuums zur Sache. Jetzt kommt Krim immer und meint eine Stellung zu einer Sache zu haben ginge überhaupt nicht ohne zur urteilen, weil doch Gefühle Urteile seien, nämlich ein Vergleich zwischen innerer und äußerer Bestimmtheit, mit den Ergebnissen „entspricht mir“ bzw. „entspricht mir nicht“. Das ist aber verkehrt! (Nicht nur) Krim wird da ein Opfer seines Verstandes!
    Die oben festgehaltenen Entsprechungsurteile sind nämlich nur die Art, wie der Verstand erfasst, was ein Gefühl ist! You see da difference? So stellt man das eben als über Gefühle urteilender Mensch dar, was aber nicht im Umkehrschluss bedeutet, dass ein Mensch oder eine Antilope auch urteilt: ‚diese oder jene Sache entspricht mir oder nicht‘ , wenn sie ein Gefühl hat! Die obigen Urteile beschreiben (erfassen) also nur in den Kategorien des Verstandes, was ein Lebewesen tut, wenn es auf der Grundlage eines Gefühls seine Stellung zu etwas bestimmt.
    Schon der Umstand, dass man darüber nachdenken muss, was eigentlich der Inhalt dieses oder jenes Gefühls ist bzw. was man da eigentlich tut, belegt, dass beim Gefühl nicht automatisch gedacht (geurteilt, geschlossen usw…) wird, sondern das Bewusstsein muss sich das Gefühl extra zum Gegenstand machen und darauf reflektieren. Wer denkt schon, wenn er Höhenangst hat, dass die Höhe ihm jetzt nicht entspricht? Schmarrn! Man hat bei Höhenangst (hatte ich mal und solche Sachen kann man nur an sich selbst erfahren, also muss jeder an ein eigenes Gefühl denken, wenn er was drüber lernen will) ein Bild (oder Bilder) im Kopf, nämlich vom Abstürzen und dann produziert der Verstand weitere Bilder, identifiziert potentielle Gefahren (Wind, baufällige Plattformen) usw…. Bei mir hat sich die Angst dann auf meine Tochter projiziert. D.h. da ging es überhaupt nicht mehr um mich, sondern ich habe daran gedacht, dass sie fallen könnte und dass ich das ziemlich unverzeihlich finden würde.
    Und genauso ist ein Nazi z.B. eben nicht nur Ausländer“gegner“, sondern ein Ausländerfeind d.h. der entwickelt – freilich auf der Grundlage seiner Gedanken – ein Gefühl zu Ausländern und darin übersetzt er sein nationalistisches Urteil, dass Ausländer nicht nach Deutschland gehören eben in Bilder und Gerüche usw…, anhand derer er sich dann zu den Menschen, die diesen Bildern entsprechen (negativ, ablehnend) bestimmt. NUR deshalb gibt es doch Sprüche von denen wie: „Du siehst ja aus wie ein Türke“. Das macht eine gesellschaftliche Kategorie (Nationsangehörigkeit) doch überhaupt erst dem Gefühl zugänglich! Und nur dazu um diese Kategorien dem Gefühl zugänglich zu machen, gibt es ihre Übersetzung z.B. in Äußerlichkeiten. (merkst Du, dass hie DAS GEFÜHL ein Moment der Gesellschaft erklärt!) Und dann konsultiert der Nazi mit diesem Gefühl, wenn es denn anlässlich entsprechender visueller Eindrücke meldet seinen Verstand und der sagt ihm: Vernichten und vertreiben entsprechen dem Gefühl. Und beim Vernichten und Vertreiben befriedigt er dann sein Gefühl d.h. er schlägt, brandschatzt usw… um physisch den schlechten Eindruck, den er durch sein Gefühl vor Augen hat zu beseitigen. Z.B. das ist mit Ideologie nicht zu erklären, sondern das ist Raserei und beides entwickelt er fort und verfeinert es, wenn er sich als Nazi weiterentwickelt. Soweit mal ein Beispiel.
    Was machen die Höhenangst, der Hass des Nazis usw.. mit dem Menschen? Antwort: Sie konstituieren Bedürfnisse. Wenn ich mir auf einem Turm in die Hosen scheiße, dann habe ich das Bedürfnis so schnell wie möglich wieder herunterzukommen, der Nazi hat das Bedürfnis dem Türken die Hose gerade zu ziehen. Bedürfnisse sind Gegenstände, Sachen, Handlungen, auf die ein Individuum sich emotional bezieht d.h. sie bestimmen den Menschen, der sie hat im Verhältnis zur Sache. Dazu fühlt man immer was und nicht zu jedem Gedanken, wie Krim das irrtümlich behauptet.
    So und danach kommen erst die Interessen. Die sind nämlich die in ihre gesellschaftlichen (oder auch kulturellen) Formen gekleideten Bedürfnisse. Der Nazi wird seine Feinde eben im Faustkampf erledigen (und beschädigen, siehe oben, Gefühl) wollen, um die Überlegenheit des deutschen Menschen zu demonstrieren und nicht im Sumo-Ringen.
    Und Obiges setzt sich fort. Es ist ein ständiges entstehen neuer Bedürfnisse und Interessen, indem letztere auf ihre gesellschaftlichen Grundlagen reflektiert werden. Auch die von Krim und anderen Marxisten vertretene Vorstellung, dass die Interessen am Anfang stünden und dann die Ideologie käme ist also verkehrt, sondern das Ganze prozessiert vor sich hin.
    So weit.
    Warum man dieses Gebräu missversteht, wenn man meint es wäre mit Argumenten aufzulösen ist leicht zu folgern.

  97. maleben
    1. Oktober 2014, 18:20 | #97

    „ein Opfer seines Verstandes“
    Ein bemerkenswerter Vorwurf: Das Argument gegen das Argumentieren will nicht als Relativierung der eigenen Verstandestätigkeit verstanden werden, sondern nur das Gegenüber treffen. Wer Opfer und Täter seines Denkens wird, scheint von der richtigen Interpretation (oder Gefühlen?) abzuhängen! Warum also die Theorie von der Gefühlsduselei kein Beleg dafür sein soll, dass libelles Verstand seinem Besitzer einen Streich spielt, ergibt sich aus libelles (gefühlter und gedachter) „Stellung“ …
    „Und beim Vernichten und Vertreiben befriedigt er dann sein Gefühl“
    Das tun Nazis auch, wenn sie Eiscreme essen oder Minigolf spielen, die Erklärung der bestimmten Befriedigung „Vernichten und Vertreiben“ ist eine der politischen Stellung, der positive oder negative Gefühle nichts Inhaltliches hinzufügen. Dass auch alles gut oder schlecht Befundene mit Gefühlen besetzt ist, macht aus den Begleiterscheinungen des Urteilens eben kein Motiv: „Ich will etwas, wobei ich mich gut fühle.“ enthält kein einziges Kriterium, womit die Absicht des guten Gefühls befriedigt wäre. Und derart komplizierte Empfindungen herbeiführen zu wollen, die durch ideologische Beurteilungen ausgelöst werden, kriegen deswegen auch weder Antilopen noch ungelernte Staatsbürger hin – dafür muss man sehr viele Dummheiten gedanklich nachvollzogen und eingesehen haben.

  98. libelle
    1. Oktober 2014, 19:42 | #98

    Ein bemerkenswerter Vorwurf: Das Argument gegen das Argumentieren will nicht als Relativierung der eigenen Verstandestätigkeit verstanden werden, sondern nur das Gegenüber treffen.

    Dir kann man nur Wichsvolagen liefern, weil Du nicht in der Lage bist zu begreifen, worin man Opfer des Verstandes wird, wenn man ein Gefühl mit einem Urteil bzw. einer geistigen Operation wie Vergleichen identifiziert.
    Es ging nicht um die Relativierung des Verstandes, sondern um eine Unterscheidung von Verstand (der auch Deiner Auffassung nach aus solchen Dingen wie Urteilen besteht) und dem Gefühl, das eben gerade kein Urteil ist, sondern z.B. als Bild einen negativen Zustand für ein Lebewesen vorwegnimmt (das Fallen bei der Höhenangst), woraufhin Hormone ausgeschüttet werden usw… An dem Punkt sagt Krim z.B. : „Da siehst Du: ’negativ‘ kommt doch in der Bestimmung der Situation vor, also vergleicht und urteilt man doch!“ Und ich antworte: Ich denke aber in dem Moment nicht, dass der Zustand „negativ“ ist, sondern das ist die begriffliche Beschreibung dieses Zustandes, die ich anfertige, wenn ich auf das Gefühl reflektiere. Kapiert?

    [Gefühl befriedigen]
    Das tun Nazis auch, wenn sie Eiscreme essen oder Minigolf spielen, die Erklärung der bestimmten Befriedigung „Vernichten und Vertreiben“ ist eine der politischen Stellung, der positive oder negative Gefühle nichts Inhaltliches hinzufügen.

    Nein, wie dann vernichtet und vertrieben wird, ist vom Bedürfnis, das durch das Gefühl konstituiert wird bestimmt. Man trägt ihnen eben keine Koffer zum Flughafen, sondern zündet ihnen das Haus über dem Kopf an und genießt ihre Zerstörung.
    Zweitens bestimmt das Gefühl auch (siehe oben, der Sadist) welchen gesellschaftlichen Alternativen man sich öffnet. Das Gefühl konstituiert eben das Bedürfnis und das reflektiert man auf die gesellschaftlichen Grundlagen und macht daraus ein Interesse. Das verträgt sich nur nicht mit Deinem Menschenbild.

  99. maleben
    1. Oktober 2014, 20:07 | #99

    „Das Gefühl konstituiert eben das Bedürfnis und das reflektiert man auf die gesellschaftlichen Grundlagen und macht daraus ein Interesse.“
    Schon recht, aber das Gefühl „Ausländervertreiben“ gibt es nicht, also rekurieren positive Empfindungen beim nationalistischen Sortieren der Menschheit auf den verkehrten Gedanken, die (meist eigene) Nation sei das Überlebensmittel in einer feindlichen Welt voller Ausländer.
    Der Fehler des psychologistischen Menschenbilds: Weil Bedürfnisse und Beurteilungen immer von Gefühlswallungen begleitet sind, werden die zum Inhalt geistiger Operationen erklärt, hier über die Kette „Gefühl-Bedürfnis-Stellung“ – ausgerechnet dafür die Höhenangst anzuführen, soll das politische Beurteilen mit körperlichen Wahrnehmungsreaktionen verwechseln. Als seien Gefühlsduseleien beim Ausländerjagen mit Wahrnehmungsproblemen wie Höhenangst vergleichbar! Wenn man sich allerdings bereits zum Anhängsel des psychologistischen Menschenbilds gemacht hat, kann man wohl nicht anders denken oder fühlen …

  100. libelle
    1. Oktober 2014, 20:15 | #100

    Schon recht, aber das Gefühl „Ausländervertreiben“ gibt es nicht, also rekurieren positive Empfindungen beim nationalistischen Sortieren der Menschheit auf den verkehrten Gedanken, die (meist eigene) Nation sei das Überlebensmittel in einer feindlichen Welt voller Ausländer.

    Ja, oder aber man ist jemand, der Unterordnung anderer genießt und entdeckt eine faschistische Bewegung als Heimat seines Gefühls. Natürlich übernimmt man dann die Urteile der faschistischen Bewegung, dieser Prozess findet dann aber bereits gefühlsbestimmt (entlang des Zwecks dem Bedürfnis eine Sphäre der Befriedigung zu öffnen) statt.
    Die „Einsicht“ der Argumente ist dann nicht der Grund, warum so ein Mensch Faschist wird, sondern die sind nur Bedingung der Befriedigung seines Bedürfnisses und modifizieren letzteres.
    Er entwickelt sich dann eben gefühlsbestimmt zum Faschisten.

  101. maleben
    1. Oktober 2014, 20:34 | #101

    „Er entwickelt sich dann eben gefühlsbestimmt zum Faschisten.“
    Du behauptest einfach – übrigens recht ignorant gegen benannte Widersprüche -, dass Gefühle etwas anderes „bestimmen“ würden als die emotionale Verfasstheit eines Menschen, so kommst du auch darauf, das sei ein unreflektierter „Prozess“ von Befriedigung. Welches Empfinden ist denn faschistisch? Die Euphorie bei der Ausländerjagd unterscheidet sich doch gefühlmäßig gar nicht von anderen Freudentänzen – das spezifisch faschistische ist also gedanklicher Natur.
    Nochmal: der Absicht, befriedigt sein zu wollen, fehlt jeder Inhalt. Wenn sich die erwünschten Gefühle aber nur als reale Interessen verfolgen lassen, ist deren Bezug mindestens ein Urteil über mögliche Gegenstände der Befriedigung. Das inhaltsleere Gefühl, das mal politisch, mal unter der Dusche nach Befriedigung sucht, ist eine falsche Konstruktion.

  102. libelle
    1. Oktober 2014, 21:04 | #102

    Welches Empfinden ist denn faschistisch? Die Euphorie bei der Ausländerjagd unterscheidet sich doch gefühlmäßig gar nicht von anderen Freudentänzen – das spezifisch faschistische ist also gedanklicher Natur.

    Das mag schon sein. Das bedeutet aber nur, dass Freudentänze und Ausländerjagd für den Menschen mit dem Bedürfnis euphorisch zu sein indifferent sind. In diesem von Dir so konstruierten Beispiel müsste der euphoriesuchende Mensch eine Münze werfen, um entscheiden zu können, ob er Ausländer jagen- oder tanzen geht.
    Was macht er, wenn er das tut? Er führt entlang seines Bedürfnisses nach Euphorie ein zusätzliches Kriterium ein, das Tanzdiele und Ausländerjagd unterscheidet. Dass er zwischen diesen beiden Möglichkeiten entscheidet, das bestimmt sein Bedürfnis.
    Merkst Du, dass so ein Mensch etwas ganz anderes tut, als Urteile zu prüfen bzw. dass er Urteile prüft (und sich aneignet) damit er seinem Bedürfnis entsprechen kann und nicht weil er eine Welterklärung sucht, bei der Kommunisten mit ihm konkurrieren könnten?

  103. maleben
    2. Oktober 2014, 06:06 | #103

    „Er führt entlang seines Bedürfnisses nach Euphorie ein zusätzliches Kriterium ein, das Tanzdiele und Ausländerjagd unterscheidet. Dass er zwischen diesen beiden Möglichkeiten entscheidet, das bestimmt sein Bedürfnis.“
    Jaja, wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt: Erst werden Gefühle in ein Bedürfnis nach ihnen überführt und dann „Kriterien“ eingeführt, die die beabsichtigte Freude herbeiführen sollen. Jemand, der sich einfach bloß freuen will (egal über was!), soll in diesem Konstrukt nach etwas beliebig Freudebringendem suchen – wieder der Fehler: inhaltsbereinigte Freude sucht nach Anlässen für ihr Ausbrechen, das ist absurd.

  104. libelle
    2. Oktober 2014, 07:30 | #104

    wieder der Fehler: inhaltsbereinigte Freude sucht nach Anlässen für ihr Ausbrechen, das ist absurd.

    Die inhaltsbereinigte Freude ist ja Deine Konstruktion, die Du aus der Feststellung der Tatsache, dass sich Menschen emotional auf andere einlassen und deren Urteile emotional prüfen mit Deinem interessierten Blick erschlossen hast. Aber selbst diesen abstrakten Fall gibt es !. Das sieht man z.B. bei Kindern hin & wieder, die einfach eine Stimmung (dass sie herumkaspern und sich dabei wohl fühlen) reproduzieren wollen. Die Stimmung selbst ist dabei das Bedürfnis und die Situation, das, worauf sie sich einlassen wird danach geschaffen.
    Und genauso kann sich ein Mensch (und das ist häufig) auf andere einlassen, wenn er z.B. Gemeinschaft erleben will. Die Bedingung dabei ist nur, dass die Einsichten der Gemeinschaft ihn nicht abstoßen (er muss sie noch nicht teilen, es reicht, sich nicht übermäßig daran zu stören). Und dann prüft er den Inhalt der Gemeinschaft mit seinem Bedürfnis dazuzugehören und man hat auch den obigen Fall vorliegen.

  105. Krim
    2. Oktober 2014, 14:39 | #105

    Natürlich geht des dir drum mich zu blamieren und als der Durchblicker dazustehen und du schreibst auch noch hin warum: „die in dem Fall nur platte Wiederholungen von GSP-Konstrukten sind.“ Dein Hetzinteresse gegen den GSP leitet wie immer deine Erkenntnis. Das merkt man 1. daran, dass dich, wie oben gezeigt, gar nicht mehr kümmert was der GSP tatsächlich meint. 2. Stammt was ich oben geschrieben habe nicht vom GSP, sondern von Hegel. Dein Verfahren ist das selbe wie immer. Du nimmst einfach eine Aussage als eine des GSP, und drischt dann drauf ein. Deshalb auch deine unerträgliche Aufgeblasenheit, die jede Zurückweisung mit Charaktermängeln erklärt, denn eine Relativierung deiner Auffassung macht natürlich deine Diffamierungsabsicht zunichte.
    „dass eine Erfahrung zu machen kein Lernen sei d.h. dass eine Erfahrung im Gegensatz zu Deiner Behauptung eben die Herstellung einer geistigen Repräsentation einer Sache einschließt, die man geistig bei Bedarf reproduzieren kann d.h. die das Bewusstsein auch kontrolliert.“ Erfahrungen machen ist kein Lernen. Lernen erfordert Bewusstsein. Deine geistige Repräsentation ist aber nicht anderes als das Abspeichern einer Gegebenheit als Erinnerung. Erst das Erinnern, also das Hervorholen der Erinnerung erfordert Bewusstsein und damit kann dann der Zweck des Lernens verbunden sein. Muss aber nicht. Die Erinnerung kann auch zu Genusszwecken hervorgeholt werden.
    „Die Gesellschaft hat, wenn man das so ausdrücken will eine anthropologische, vorgesellschaftliche Komponente, von der sie sich erst noch befreien muss.“ So so – jetzt sollen Gefühle also für den „vorgesellschaftlichen“ Menschen stehen. Da sag ich einfach mal so argumentlos wie du: So ein Schwachsinn!
    “ D.h. das Gefühl bestimmt eben ohne Abstriche die Stellung des Individuums zur Sache.“ Nein. Ein Gefühl bestimmt keine Stellung, weil eine Stellung ein bewusstes geistiges ins Verhältnis setzen ist.
    „Jetzt kommt Krim immer und meint eine Stellung zu einer Sache zu haben ginge überhaupt nicht ohne zur urteilen, weil doch Gefühle Urteile seien,“ Du verdrehst wieder alles. 1. Gefühle sind keine Stellung, weil eine Stellung einen bewussten rationalen Bezug zu einer Sache einschließt. 2. Gefühle sind keine Urteile, wären sie Urteile, würden sie auch so heißen. Sie erklären sich aber aus Urteilen, nämlich aus den Urteilen, die jemand in der Vergangenheit gefällt hat, insofern die Urteile bestimmen, wer jemand ist. Die Urteile werden zur inneren Bestimmtheit einer Person. Das Gefühl ist aber kein bewusstes Urteil. Es ist die Form, wie das Verhältnis des Individuums zur Außenwelt unmittelbar im Geist erscheint.
    „Dazu fühlt man immer was und nicht zu jedem Gedanken, wie Krim das irrtümlich behauptet.“ Ich habe nicht behauptet, dass man zu jedem Gedanken was fühlt. Das denkst du dir aus.
    „dass die Interessen am Anfang stünden und dann die Ideologie käme“Machen wir aus einer logischen Reihenfolge einfach eine zeitliche, dann klingt es gleich ganz verkehrt.
    „sondern das Ganze prozessiert vor sich hin.“ Ja genau. Schenken wir uns das Erklären einfach. Das Ganze prozessiert eben vor sich hin. Aber ab und zu Umrühren nicht vergessen, damit das Ganze beim Prozessieren nicht anbrennt.
    “ die einfach eine Stimmung (dass sie herumkaspern und sich dabei wohl fühlen) reproduzieren wollen.“ Nazis kaspern aber nicht herum, sondern zünden Häuser an.

  106. maleben
    2. Oktober 2014, 17:45 | #106

    „z.B. bei Kindern hin & wieder, die einfach eine Stimmung (dass sie herumkaspern und sich dabei wohl fühlen) reproduzieren wollen“
    Ja, sowas gibt es, aber dir fallen deswegen Kinder ein, weil die sich mit den Gründen für ihre Stimmung noch nicht auskennen und rumprobieren mit dem Gefühle-Abrufen. Erwachsene kennen dann Vieles, was ihnen Freude bereitet und räumen sich in der bürgerlichen Gesellschaft Zeit fürs Kümmern um positive Gefühle ein, weil die bei der Arbeit oder beim Einkauf gar nicht so selbstverständlich sind.
    Zur Ideologie:
    „Gemeinschaft erleben“
    mag ein Motiv sein, mit Nazis in Urlaub zu fahren. Das Übernehmen faschistischer Argumente ist eine geistige Operation, die nicht beliebig gegen Pfadfinder-Sprüche oder Kaplan-Gebete ausgetauscht werden können. Du scheinst (womöglich gefühlsbedingt) das logische Argument nicht verstehen zu wollen: Jemand, der sich mit seinem Gemeinschaftsbedürfnis zu Faschisten verirrt, kommt auch nicht um die Auseinandersetzung mit dem Gedankengut herum. Wer sich aus falschen Gründen Zielen anschließt, die er eigentlich gar nicht hat, wird schnell bemerken, dass ein faschistisches „Gemeinschaftserlebnis“ sich von dem in Kirchen oder auf Anti-AKW-Demos unterscheidet – kurz: vorm Nachdenken kann sich nicht einmal ein Faschist drücken, wenn er einer sein will und nicht bewusstlos gefühlsduseliges Anhängsel.

  107. libelle
    2. Oktober 2014, 21:59 | #107

    Jemand, der sich mit seinem Gemeinschaftsbedürfnis zu Faschisten verirrt, kommt auch nicht um die Auseinandersetzung mit dem Gedankengut herum.

    Guter Mann – liest Du auch manchmal, was man Dir schreibt, bevor Du Deine Textbausteine hier reinkopierst?
    Es ist überhaupt nicht geleugnet, dass der sich aus emotionalen Gründen einer Gruppe anschließende Mensch sich mit deren Gedanken auseinandersetzen muss, um sie zu übernehmen. Behauptet ist aber, dass diese „Auseinandersetzung“ dann u.U. ein bisschen anders stattfindet, nämlich mit dem Interesse die Zugehörigkeit damit zu bestätigen.
    Also, such‘ mal nach einem Textbaustein, der ein paar Gedanken dazu enthält.
    Auf die eine (implizite) Anfrage von Krim antworte ich, wenn ich demnächst mal ein bisschen Zeit habe.

  108. maleben
    2. Oktober 2014, 22:18 | #108

    „nämlich mit dem Interesse die Zugehörigkeit damit zu bestätigen“
    Auch das Interesse an Zugehörigkeit ist keine körperlich bedingte Gefühlsregung, sondern hat einen gedanklichen Inhalt: bei Nazis ist das ein explizit politisches Ziel, was die Zugehörigkeit ausmacht. Menschen, die bloß zu irgendwas dazugehören wollen, sind da falsch, weil sie zu den Moscheebesuchern auch dazugehören wollen …

  109. Kim B.
    3. Oktober 2014, 09:49 | #109

    @Libelle
    „Wie wäre es denn, wenn man einfach mal bestimmen würde, was ein Gefühl tatsächlich ist.“
    …. was ein Gefühl ausmacht:
    Im Gefühl bestimmt sich ein eben zu Gefühlen fähiger Organismus zu einem Sachverhalt. Und dieses Sich-Zu-Bestimmen ist meines Erachtens der Schlüssel zum Verständnis von Gefühlen. D.h. das Gefühl bestimmt eben ohne Abstriche die Stellung des Individuums zur Sache.“
    „Bedürfnisse sind Gegenstände, Sachen, Handlungen, auf die ein Individuum sich emotional bezieht d.h. sie bestimmen den Menschen, der sie hat im Verhältnis zur Sache.“
    „Auch die von Krim und anderen Marxisten vertretene Vorstellung, dass die Interessen am Anfangstünden und dann die Ideologie käme…“
    Nun, was Gefühl i s t, hast du damit ja auch nicht beschrieben. Und die, die physiologischen und emotionalen Gefühle, die du ständig anführst, um die geht es in einer Diskussion über Faschisten ja auch gar nicht, sondern um den allgemeinen Begriff im Sinne von Antipol des Verstandes. Dann kann man sagen, Gefühl ist die Wahrnehmung von Dingen, Erscheinungen, Vorgängen, die vom Verstand, zumindest unmittelbar, nicht wahrgenommen oder erfasst werden. Und dabei kann man es auch belassen. Dann macht man eben mal was mit Gefühl und ein ander mal mit Verstand. Und soweit ich es noch überblicke, hat hier niemand behauptet, dass grundsätzlich der Verstand oder die Interessen am Anfang stünden. Manchmal ist es so und manchmal eben nicht.
    Aber du, nein, du willst mehr, du willst unbedingt daran festhalten, dass letztlich Gefühle (vermittelt über Bedürfnisse) den Menschen bestimmen und, schlimmer noch, leitest daraus auch noch (verstandes- oder gefühlsgemäß?) eine biologistische Logik ab – von den Gefühlen über Bedürfnis und Interessen zur Gesellschaft Hobbesscher Natur -, gegen die Rassentheoretiker sicher nichts einzuwenden hätten.

  110. Krim
    3. Oktober 2014, 12:13 | #110

    „Dann kann man sagen, Gefühl ist die Wahrnehmung von Dingen, Erscheinungen, Vorgängen, die vom Verstand, zumindest unmittelbar, nicht wahrgenommen oder erfasst werden.“ Nein, das ist unbewusste Wahrnehmung.

  111. Mattis
    3. Oktober 2014, 21:36 | #111

    „Das ist eine Tautologie: Warum macht jemand etwas? Weil er so einer ist, der so etwas macht. Du verdoppelst die Person in einen Charakter, der für ihre Motive zuständig sei. Wo hat der denn seinen Charakter her? Welchen Inhalt hat das „drauf sein“? Landet man da nicht doch bei kleineren oder größeren Gedankengebäuden? (Dass beim Nachdenken über die Welt auch Gefühle aufkommen, soll nicht bestritten sein.)“ (maleben)

    Die „Gedankengebäude“ dabei können ziemlich minimal sein und das bemühte Reinquetschen einer politischen Interpretation ist da manchmal eben nicht angebracht.
    Dass den Gefühlen eine Logik innewohnt, stimmt wohl, aber das muss keineswegs Resultat einer Überlegung sein. Auch in einer Affenhorde gibt es Gefühle, z.B. gedemütigt worden zu sein, Gefühle der Rachsucht, Gefühle der Aggression gegen Schwächere, wenn man gegen die Mächtigeren verloren hat und so fort. Entsprechend wird dann gehandelt. Ständig kann man da kompensatorische Gewalt beobachten. Darin liegt eine Psycho-Logik und nicht das Resultat einer bewussten gedanklichen Auseinandersetzung mit der Situation plus bewusste Entscheidung. Aber natürlich verniedlicht und rationalisiert man das alles mit der Rede vom Nachdenken, Schlussfolgern und Entscheiden, wenn man ein Idealist des freien Willens ist.
    „Dass beim Nachdenken über die Welt auch Gefühle aufkommen…“ Die Psychologie ist oft schneller als das „Nachdenken“; es ist ja kein Beleg für ein Nachgedacht-haben, dass darin eine Logik liegt, die man aufdecken kann. Bitte schließe nicht von dir auf andere, was dieses Nachdenken angeht. Ein Jugendlicher, der auf dem Aggress-Trip ist und sich gerne groß macht, indem er Schwächere demütigt – z.B. Behinderte – hat deshalb noch lange nicht über die Welt „nachgedacht.“ Das ist allenfalls eine soziale, aber keine bestimmte politische Position.

    „Es lassen sich für jede Dummheit auch Gefühle finden, die ihr entsprechen. Aber du selbst hast beim Formulieren schon einige Mühe, den Begriff von Faschismus als Analogie von Gefühlswallungen zu zeichnen.“

    Der o.g. Typus ist ja kein Faschist, de Analogie bezieht sich auf bestimmte, sehr nahe beieinander liegende Prinzipien. Der Faschismus ist daher eines der „Angebote“, von denen sich so ein Standpunkt, Stärke zu glorifizieren und Schwäche zu verachten, angezogen fühlen kann, weil die Identifikation mit einer absolut rücksichtslos agierenden Gewalt einen psychologischen Aufstieg für so jemanden darstellt. Es ist eben kein Zufall, dass solche Typen, wenn sie politisch werden, eher Faschisten werden und nicht MultiKulti-Verfechter.
    Das ist aber gerade keine Faschismus-Theorie! Worauf es mir gerade ankam war, in Richtung Apple, zu betonen, dass aus der aggressiven Mentalität eben nicht der politische Standpunkt „Faschismus“ folgt; dazu bedarf es schon der einschlägig faschistischen Gedanken zu Staat, Volk, Politik etc.
    Solches Gedankengut, so sei an die Historie erinnert, wurde andererseits eben auch massenhaft von Bildungsbürgern, Ingenieuren, Intellektuellen, auch von Künstlern gehegt und gefördert, die sich dann teilweise zu den aggressiven Aktionen, die von den politischen Führern als Konsequenzen der faschistischen Programmatik angeordnet wurden, erst noch „durchringen“ mussten, was fast allen dann aber auch brav gelang, weil es ja anscheinend „notwendig“ war und deshalb ein „moralischer Eigennutz“, irgendwie „sauber“ zu bleiben, als Verrat an der Sache identifiziert wurde.

    „Jemand, der sich mit seinem Gemeinschaftsbedürfnis zu Faschisten verirrt, kommt auch nicht um die Auseinandersetzung mit dem Gedankengut herum. Wer sich aus falschen Gründen Zielen anschließt, die er eigentlich gar nicht hat, wird schnell bemerken, dass ein faschistisches „Gemeinschaftserlebnis“ sich von dem in Kirchen oder auf Anti-AKW-Demos unterscheidet – kurz: vorm Nachdenken kann sich nicht einmal ein Faschist drücken, wenn er einer sein will und nicht bewusstlos gefühlsduseliges Anhängsel.“

    Ob das immer eine „Auseinandersetzung“ ist, naja, deine Meinung vom menschlichen Nachdenken in Ehren. Bewusstlos ist es zwar auch nicht, aber meistens werden die diversen Inhalte dann einfach übernommen, auf Basis eines gewissen Anfangskredits. Menschen, die so gerne in Gemeinschaft sind und Kameradschaft hochhalten, werden sich schließlich nicht irren, da lässt man sich schon mal auch von dem „politischen Kram“ überzeugen. Das ist ja nicht gelogen, wenn viele Aussteiger im Nachhinein berichten, dass sie nach und nach in die Szene „reingerutscht“ sind. Das ist weniger ein Nachdenken als ein Anpassungsdenken. Man fühlt sich eben sicherer aufgenommen, wenn man „intensiver“ dabei ist, und bekommt viel Bestätigung für die neugelernten politischen Weisheiten.

  112. Krim
    4. Oktober 2014, 02:32 | #112

    „Auch in einer Affenhorde gibt es Gefühle,“ Affen haben aber sich keinen Genuß beim Ausländer verprügeln. Das deutet darauf hin, dass Gefühle von Affen und Gefühle von Nazis einen ganz anderen Inhalt haben. Und das kommt daher, dass die innere Bestimmtheit eines Affen einfacher gestrickt ist. Nationen kommen beim Affen nicht vor, beim Menschen schon. Die innere Bestimmtheit des Menschen hat also sehr wohl was damit zu tun, wie er sich die Welt zurechtdenkt.
    „es ist ja kein Beleg für ein Nachgedacht-haben, dass darin eine Logik liegt,“ Eine innewohnende Logik war auch gar nicht das Argument dafür, dass Gefühle auf der Weltsicht des Bürgers gründen. Der Beleg ist, dass die Gefühle inhaltlich bestimmt sind, und sich gemäß der gefällten Urteile über die Welt einstellen.
    „hat deshalb noch lange nicht über die Welt „nachgedacht.“ Zumindest hat er soviel mitgekriegt, dass er weiß, dass es aufs Gemeinnen ankommt und darauf sich als Gewinner aufzuführen.

  113. maleben
    4. Oktober 2014, 09:09 | #113

    „Ein Jugendlicher, der auf dem Aggress-Trip ist und sich gerne groß macht, indem er Schwächere demütigt – z.B. Behinderte – hat deshalb noch lange nicht über die Welt „nachgedacht.“ Das ist allenfalls eine soziale, aber keine bestimmte politische Position.“
    Das nenne ich mal Verniedlichung: Schwächere demütigen soll als bewusstloses Adoleszenz-Problem gedeutet werden. Auch dir dürfte aber klar sein, was ein Jugendlicher bereits alles gelernt haben muss, um seinem Konkurrenzideal (sich als Siegertypen feiern) frönen zu können. Mit den Aggressionen von Affen ist die Opferung von Behinderten für einen nationalistischen Selbstbewusstseinskult nicht erklärbar.
    Zum Fehler sog. „Aggression“:
    Das Phänomen, dass sich Menschen oder Tiere irgendwie erregen, gibt es. Im grundsätzlichen Zurückführen von menschlichen Taten oder Gedanken auf „Aggression“ wird allerdings das Urteilen über die Gegenstände eines Wutanfalls getilgt. Es wird so getan, als sei das Gefühl (hier die Wut auf Behinderte) frei von den gedanklich notwendigen Schritten, die sie auslösen. So fällt die Wahl der Beispiele dann auch regelmäßig auf Kinder und Jugendliche, deren unfertige Urteilskraft Affektivität als Ersatz für Denken nahelegen soll.

  114. maleben
    4. Oktober 2014, 09:31 | #114
  115. Apple
    5. Oktober 2014, 00:52 | #115

    Wow, die Diskussion hat sich schon um einiges weiter gedreht. Ich versuche ein paar Punkte aufzuschreiben, die ich aus dem Hin-und-Her für mich festgehalten habe:
    1. Dass abstrakte Bedürfnisse, wie nach Gemeinschaftlichkeit oder Autorität, inhaltsleer seien oder höchstens nur bei Kindern vorlägen, stimmt nicht. So etwas gibt es wohl bei allen Menschen, ich vermute mal, dass die meisten Bedürfnisse, die Leute einem auf Nachfrage hinsagen, von der Art sind. Das kommt daher, wie Bedürfnisse entstehen. Aus einem konkreten Erlebnis, das eine Mannigfaltigkeit von allgemeinen Bestimmungen aufweist, greift das Bewusstsein einen oder wenige Momente heraus und macht sie zum Inhalt des Bedürfnisses, das dadurch notwendigerweise abstrakt wird. An einem Essen, das man erlebt, kann man z.B. verschiedenste Sachen festhalten: den Geschmack (der sich ja selbst in Abstraktionen wie „süß“, „sauer“ usw. aufgliedert), die Konsistenz, die Temperatur, wie man sich danach fühlt („leicht“ vs. „schwer“), wieviel Mühe es macht, es zuzubereiten und zu essen, äußere Umstände (gibt es eine nettes Gespräch währendessen, Geselligkeit u.ä.) usw. usf.. – Diese verschiedenen Momente kann man einzeln als Bedürfnisse sich zulegen und dann geht man auf die Suche und schaut, was in der Welt diese abstrakten Bedürfnisse zu befriedigen vermag. So kommt es dazu, dass Leute sagen: Ich will was Leckeres (Achtung: abstrakt) essen und gehe mal in den Supermarkt, zu schauen, was mich „anlacht“. Oder: Ich will Spaß haben und laufe von Party zu Party, um zu gucken, wie die Stimmung ist. Oder: Ich will eine nette Zeit mit netten Leuten verbringen und überlege mir, ob ich mit Freunden Fußballspielen oder Bootfahren gehe. – In jedem Falle soll einer Abstraktion Befriedigung verschafft werden. (Es gibt bei Hegel in der Rechtsphilosophie, § 190, einen Hinweis darauf, dass es die Abstraktheit des Bedürfnisses ist, die Mensch von Tier und Aff‘ unterscheidet.) Die Frage wäre also nicht, ob ein Bedürfnis nach Gemeinschaftlichkeit oder Autorität pur möglich ist, sondern, falls vorhanden, wie so etwas entsteht.
    Bedürfnisse können sich verfeinern und „konkretisieren“, indem man sich im Laufe des Lebens verschiedenste abstrakte Maßstäbe zulegt und die konkreten Sachen danach beurteilt, ob sie diesen Maßstäben entsprechen. Je mehr Maßstäbe man hat, desto stärken und feiner scheiden sich die Sachen in gute und schlechte. Solche Maßstäbe können zwar auch Ergebnis einer Beurteilung der Sachen sein, das müssen sie aber nicht. Wenn man sich z.B. überlegt, wie sowas wie Zigarettenwerbung funktioniert, dann wird dort durch ein Konglomerat aus verschieden Bildern, Eindrücken … eine Vorstellung evoziert – z.B. eine von Freiheit oder von Coolness. Das Bewusstsein hält im Bedürfnis dann genau diese Vorstellung als eine praktisch herzustellende fest – und zwar ziemlich unvermittelt. Diese Vorstellungen sind dabei nicht in der Form eines Urteils oder gar eines Schlusses gegeben (also z.B. dass Bestimmungen als Besonderheiten einer Sache bestimmt werden). Dass soll nicht heißen, dass es dort ohne Bewusstsein zugeht oder dass man nicht – wenn es einen Anlass dazu gibt – auch mal überlegen könnte, was Tabak mit Freiheit zu tun haben soll, oder wie man sich das Bedürfnis nach Rauchen angeeignet hat. Aber es ist kein Denken, ich sag mal, im „emphatischen Sinne“ – heißt: da wird nicht wirklich geurteilt, die „innere Bestimmtheit“ von Krim stellt sich ohne Urteil und Schluss ein.
    (Bevor jetzt schon wieder der Einwand kommt, dass Rauchen ja wohl ein anderes Bedürfnis sei, als das, was faschistische Schläger haben: Ja, das stimmt. Aber da, so weit ich sehen kann, bisher immer noch keiner hier diese Studien von Horkheimer und Fromm gelesen hat und die Einwände gegen die These von autoritären Charakter demensprechend „grundsätzlicher“ Art sind – von wegen wie funktiert Lernen, Bedürfnis, Gefühl überhaupt – taugt auch das Rauchen – wie so ziemlich alles andere an Bedürfnissen – als Beispiel.)
    2. Zu den äußeren Umständen: Die äußeren Umstände „programmieren“ das Bewusstsein vielleicht nicht – was auch immer „programmieren“ bedeuten soll – aber sie bestimmen den willentlichen Bezug des Bewusstseins auf die Sachen, und zwar darüber, dass die Sachen von Menschen in unterschiedlichen äußeren Umständen unterschiedlich erlebt werden. Das hat was mit den Zufälligkeiten des Alltags zu tun und vielmehr noch mit den Notwendigkeiten der Klassengesellschaft. Ein Arbeitsloser, dem die Grundversorgung gestrichen wird, erlebt den Staat einfach anders als ein Politiker oder ein Politologiestudent, für den sein besonderer Blick auf den Staat eine praktische Notwendigkeit ist, die aus seiner gesellschaftlichen Aufgabe erwächst, was er spätestens im Einführungsseminar auch so gesagt bekommt. Aus solchen unterschiedlichen Erlebnissen bilden sich aber (siehe Punkt 1) Bedürfnisse und Interessen und es braucht schon ein besonderes Interesse, um auf die Welt so loszugehen, dass man sich um die Kenntnis aller – und nicht nur von einem selber zufällig erlebter – Erscheinungen der Sache bemüht und sie im Begriff der Sache in einen notwendigen Zusammenhang bringt. Auf diese Weise bestimmen die äußeren Umstände das Bewusstsein. (Es gibt natürlich auch sowas wie posthypnotische Suggestionen und so ein Kram, aber das ist ja kein Normalfall des Lebens.) Das erkennt auch der GSP praktisch und ein Stück weit auch theoretisch an; die sagen den Leuten ja nicht nur Argumente über den Staat hin, sondern legen ihnen auch ständig nahe, sich auf eine bestimmte, „wissenschaftliche“, Weise zur Welt zu stellen, versuchen bei den Leuten also ein Interesse zu bewirken: „Jetzt lass uns doch erstmal die Sache für sich anschauen“ usw.
    3. Zum Gefühl: Ich denke, was bei allen hier ziemlich außer Frage steht, ist, dass Gefühle einen geistigen Gehalt haben, den man bestimmen kann, und nicht bloß Ausschüttung von Hormonen o.ä. sind. Das ist ja zunächst nicht viel. Offensichtlich haben auch andere Sachen einen geistigen Gehalt, z.B. Urteile oder auch Kunstwerke. Es wäre also zu erklären, warum der geistige Gehalt in der Form des Gefühls auftaucht. Und dazu habe ich keine überzeugende Erklärung gelesen. (Vllt. überlesen oder nicht verstanden.) Wenn man das Gefühl als einen quasi mechanisch ausgeführten Abgleich der inneren mit der äußeren Bestimmtheit fasst, dann stellt sich mir immer noch die Frage, warum dann ein Gefühl da ist und nicht einfach mechanisch ein Urteil in meinem Kopf aufploppt. Genauso mit dem „Sich-Bestimmen“: Man kann sich auch in einem Urteil selbst bestimmen, wieso Gefühl?
    Ansonsten wie Matthis schreibt: Dass Gefühle inhaltlich bestimmt sind, ist kein Beleg dafür, dass ihnen Urteile vorausgegangen sein müssen. Es ist einfach ein Beleg dafür, dass man den geistigen Gehalt eine Gefühls eben auch in einem Urteil fassen kann.
    (Ich habe in der kommenden Woche keinen Internetzugang, also bitte nicht ärgern, wenn erstmal keine Antworten kommen.)

  116. maleben
    5. Oktober 2014, 08:33 | #116

    „Oder: Ich will eine nette Zeit mit netten Leuten verbringen und überlege mir, ob ich mit Freunden Fußballspielen oder Bootfahren gehe. – In jedem Falle soll einer Abstraktion Befriedigung verschafft werden.“
    Das würde schwierig werden, weil sich Abstraktionen nicht befriedigen lassen: „Eine nette Zeit“ füllt ja jeder mit anderen Befriedigungen. Die Abstraktion ist also eine Zusammenfassung von individuellen Bedürfnissen, deren Befriedigung man bereits kennt – ohne Wissen über eigene Vorlieben kann einen auch nichts „anlachen“ im Supermarkt.
    „Bedürfnisse können sich verfeinern und „konkretisieren“, indem man sich im Laufe des Lebens verschiedenste abstrakte Maßstäbe zulegt“
    Was Bedürfnisse alles können! In Wahrheit ist die „konkrete“ Befriedigung der Ausgangspunkt aller abstrakten Vorstellungen eigener Präferenzen. DAS geht tatsächlich ohne viel Gedankliches. Das gedankliche Vorwegnehmen oder Zusammenfassen von Bedürfnissen unterstellt nicht nur ein Bewusstsein über die eigene Bedürfnislage, sondern v.a. Erfahrung mit den Gegenständen der Befriedigung.
    „dann wird dort durch ein Konglomerat aus verschieden Bildern, Eindrücken … eine Vorstellung evoziert – z.B. eine von Freiheit oder von Coolness. Das Bewusstsein hält im Bedürfnis dann genau diese Vorstellung als eine praktisch herzustellende fest – und zwar ziemlich unvermittelt“
    Das Bewusstsein kann also Vorstellungen unvermittelt festhalten? Du unterschlägst, woher das Bewusst seine unvermittelte Kenntnis von „Freiheit“ hat und auf welchen freiheitlichen Gedanken die Zigarettenwerbung (gefühlsbetont) setzt – ist die Illusion von „Freiheit durch Nikotin“ o.Ä. angeboren?
    „heißt: da wird nicht wirklich geurteilt, die „innere Bestimmtheit“ von Krim stellt sich ohne Urteil und Schluss ein.“
    Die innere Bestimmtheit scheint ein Vorurteil von Apple und anderen zu bezeichnen: es gebe eine Kraft, die „sich ohne Urteil und Schluss“ ins Bewusstsein mogeln würde. Das stimmt nicht: ohne Urteil und Schluss gelingt nicht einmal die Wahl des Supermarktes, der wegen seiner Reklameabsicht für die Umgehung eigener Urteilskraft stehen soll.

  117. maleben
    5. Oktober 2014, 09:55 | #117

    Die passende Stelle bei Hegel:
    „Der fühlende Wille ist daher das Vergleichen seines von außen kommenden, unmittelbaren Bestimmtseins mit seinem durch seine eigene Natur gesetzten Bestimmtsein. Da das letztere die Bedeutung dessen hat, was sein soll, so macht der Wille an die Affektion die Forderung, mit jenem übereinzustimmen. Diese Übereinstimmung ist das Angenehme, die Nichtübereinstimmung das Unangenehme.
    Weil aber jene innere Bestimmtheit, auf welche die Affektion bezogen wird, eine selbst noch unmittelbare, meiner natürlichen Einzelheit angehörige, noch subjektive, nur gefühlte ist, so kann das durch jene Beziehung zustandekommende Urteil nur ein ganz oberflächliches und zufälliges sein. Bei wichtigen Dingen erscheint daher der Umstand, daß mir etwas angenehm oder unangenehm ist, als höchst gleichgültig.“ Enz.3 § 472
    http://www.hegel.de/werke_frei/hw108146.htm

  118. Krim
    5. Oktober 2014, 12:19 | #118

    Dass Gefühle inhaltlich bestimmt sind, verweist auf die eine inhaltliche innere Bestimmtheit des Subjekts und diese wiederum legt sich der Mensch mit seinem Bewusstsein zu. Die Art wie er sich mit seinem Bewusstsein gewohnheitsmäßig auf die Welt bezieht, wird zu seiner inneren Bestimmung. Das ist beim Menschen so, dass sein Bewusstsein regiert und seine Handlungen bestimmt. Sein Bewusstsein ist sein evolutionärer Vorteil, der es ihm erlaubt nicht nur zu reagieren, sondern sich auch auf neue Dinge, die er nicht kennt einzustellen, weil er sie gedanklich antizipieren kann.
    „und nicht einfach mechanisch ein Urteil in meinem Kopf aufploppt.“ Weil Urteile nicht aufploppen. Urteile fällt das Bewusstsein. Ein mechanisches Urteil wäre ein bewusstloses Bewusstsein, also ein Widerspruch in sich.
    „Wenn man das Gefühl als einen quasi mechanisch ausgeführten Abgleich der inneren mit der äußeren Bestimmtheit fasst, dann stellt sich mir immer noch die Frage, warum dann ein Gefühl da ist“ Mechanischer Abgleich trifft es nicht. Der Abgleich ist nämlich nicht interesselos. Siehe das obige Hegelzitat: „Da das letztere die Bedeutung dessen hat, was sein soll, so macht der Wille an die Affektion die Forderung, mit jenem übereinzustimmen.“ Das heißt das Individuum geht immer mit dem interessierten Blick auf die Welt los, dass diese doch gefälligst seiner inneren Bestimmtheit zu entsprechen hätte. Die Befriedigung oder Nichtbefriedigung seines Interesses nach Übereinstimmung von Individuum und Welt äußert sich dann als Gefühl der Sache gegenüber. Ein Urteil das das selbe leisten sollte, müsste ja bis ins kleinste auseinanderklamüsern worin genau welche Eigenschaft der Sache, welcher inneren Bestimmtheit ent- oder widerspricht. Das geht aber nicht als praktische Stellung zur Welt, in der ein Individuum seinen Interessen nachgeht. Damit wäre das Bewusstsein ständig belegt, denn das Bewusstsein ist nicht multitaskingfähig. Es kann seine Aufmerksamkeit zur gleichen Zeit immer nur auf eine Sache richten. Also gibt es dafür eine besondere geistige Form, in der Mensch seine interessierte Stellung zur Welt betätigt und zusammenfasst.

  119. libelle
    6. Oktober 2014, 12:52 | #119

    Dass Gefühle inhaltlich bestimmt sind, verweist auf die eine inhaltliche innere Bestimmtheit des Subjekts und diese wiederum legt sich der Mensch mit seinem Bewusstsein zu. Die Art wie er sich mit seinem Bewusstsein gewohnheitsmäßig auf die Welt bezieht, wird zu seiner inneren Bestimmung. Das ist beim Menschen so, dass sein Bewusstsein regiert und seine Handlungen bestimmt. Sein Bewusstsein ist sein evolutionärer Vorteil, der es ihm erlaubt nicht nur zu reagieren, sondern sich auch auf neue Dinge, die er nicht kennt einzustellen, weil er sie gedanklich antizipieren kann.

    So verhält sich das mit „den Gefühlen“ mit Sicherheit nicht. Einfaches Gegenbeispiel: Hunger. Man legt sich dabei eben gerade nicht in „seinem Bewusstsein“ die „Bestimmung“ zu, dass es mal wieder Zeit wäre etwas zu essen, sondern der Hunger wird einem bewusst durch die körperlichen Regungen (der Bauch grummelt, man ist wegen Unterzuckerung schlapp usw…).
    Da Kim B mich des Rassismus zeiht, ist hier die Gelegenheit für mich, den Vorwurf zurückzugeben. Also: Krim, GSP und Kim B sind die Rassisten d.h. sie konstruieren sich einen Adressaten zurecht, der qua Natur darüber einen Kanal zu ihnen offen haben soll, dass er „bewusstseinsgesteuert“ sei, bei dem Gefühle nur „Gewohnheitsurteile“ sind usw.. Ich schließe den GSP ausdrücklich ein, weil ihr ohne ihn überhaupt nichts zu vertreten oder zu erzählen wüsstet d.h. daher habt ihrs und nicht daher, dass ihr euch mal was überlegt habt.
    Jeder kennt doch den eigenen Zustand, wenn man ein Gefühl hat, auf das man kritisch aufmerkt. Dieser Zustand hat etwas Schizophrenes, weil das eigene Bewusstsein eine andere Bestimmtheit gegenüber einer Sache für angebracht hält, als die, die das Gefühl vorgibt. Man stelle sich ein Computerspiel vor, in das man eingestiegen ist und bei dem man einfach nicht mehr aufhören kann, obwohl lauter Verpflichtungen anliegen. Zur Kenntnis nehmen sollte man daran, dass das Gefühl, wenn man es einmal erworben hat, ein Eigenleben besitzt. Es ist eben gerade kein bloßer Reflex auf einen Gedanken, sondern – einmal erworben – eine Bestimmtheit gegenüber einer Sache, die nicht so ohne weiteres vom Bewusstsein kontrolliert wird, sondern letzteres ist für sich eine Fähigkeit, die ein Mensch eben entwickelt oder nicht. D.h. es ist eine Anstrengung anlässlich einer Emotion mit dem Bewusstsein Kontrolle darüber zu übernehmen und sich das Streben nach ihrer Befriedigung zu untersagen! Um es näher am obigen Zitat auszudrücken: das Bewusstsein erlaubt es eben nur der Möglichkeit nach Kontrolle über ein Gefühl herzustellen, das ist nicht in der Natur des Menschen verankert (euer Rassismus)!
    Und ganz viele Menschen nehmen diese Möglichkeit nicht wahr. Und wenn ein Mensch das nicht tut, dann bildet er sein Bewusstsein auf der Grundlage weiter, dass er der Befriedigung der durch die Gefühle induzierten Bedürfnisse hinterherlebt und -denkt. D.h. der fühlt sich z.B. mit anderen in Gemeinschaft wohl, kommt in eine Stadt, trifft auf den örtlichen Naziverein bei seiner Gemeinschaftssuche und eignet sich die faschistischen Urteile über die Welt an, weil er sein Bedürfnis nach Gemeinschaft befriedigen will und der Naziverein ihm das bietet. Ich weiß, er könnte auch zur Antifa gehen – aber da entscheidet eben manchmal der Zufall, wen man zuerst trifft. Gemeinschaft bieten ihm beide.
    Und das ist mit meinem obigen Spruch vom Prozessieren gemeint : emotional bestimmte Menschen treiben 1. entlang des Bedürfnisses dem Gefühl zu entsprechen durch die Welt und sie verarbeiten 2. auch alles, was sie sich dabei an Bewusstsein zulegen emotional. Dann sind – was weiß ich – FDPler halt schlipstragende Milchreisbubis, Türken stinken nach Knoblauch und Juden haben Läuse usw… Und mit solchen Darreichungen an das eigene Gefühl entwickelt sich so jemand weiter.

  120. Krim
    6. Oktober 2014, 15:01 | #120

    Hunger ist ein körperliches Bedürfnis – kein Gefühl, obwohl man vom „leichten Hungergefühl“ spricht.
    „daher habt ihrs und nicht daher, dass ihr euch mal was überlegt habt.“ Klar, wir sind Automaten und du bist der Denker, der denkt, dass Menschen gefühlsgesteuert sind und nicht von ihrem bewussten Denken.
    „Zur Kenntnis nehmen sollte man daran, dass das Gefühl, wenn man es einmal erworben hat, ein Eigenleben besitzt.“ Du erzählst hier nichts neues. In jedem Beitrag schreibe ich, dass das Gefühl eine eigenständige geistige Form ist, was um einiges genauer ist als dein „Eigenleben“. Da fragt sich nämlich sofort, was das eigenlich heißen soll. Völlig unbeeinflussbar und losgelöst sind die Gefühle auch nicht.
    Wer sagt denn Gefühle seien ein bloßer Reflex auf einen Gedanken? Die Fähigkeit seine Gefühle zu kontrollieren hat jeder (erwachsene) Mensch, die muß man nicht entwickeln. Du schließt aus dem Umstand, dass nicht jeder seine Gefühle kontrollieren w i l l, sondern ihnen manchmal bewusst freien Lauf lässt, dass das Bewusstsein eine erworbene Fähigkeit sei, die man auch nicht entwickeln könnte. Das ist falsch. Denn ein Bewusstsein, dass nicht kontrolliert ist keines. Ein gefühlsgesteuertes Bewusstsein wäre keines, wieder ein Widerspruch in sich. Es ist ganz allgemein eine Anstrengung seinen Kopf zu benutzen. Gefühle muss man auch nicht befriedigen, Bedürfnisse muss man befriedigen. Gefühle hat man. Sie sind das geistige Verhältnis des Einzelnen zu einer Sache.
    Wenn das Bewusstsein die Möglichkeit hat, das Gefühl zu kontrollieren, dann hat es die Kontrolle auch dann, wenn es sich entscheidet, dass Kontrolle überflüssig ist. Gefühle muss man doch meistens gar nicht kontrollieren, weil sie sowieso das sind, wie man üblicherweise die Welt beurteilt. Meistens gibt es diese Differenz von Gefühl und Urteil gar nicht, weswegen das Urteil dann auch nichts korrigieren braucht. In diesen Fällen, wenn Gefühl und Bewusstsein einig sind, sagst du: Aha- Bewusstsein greift nicht korrigierend ein, also ist der Mensch wohl meistens also im Großen und Ganzen gefühlsgesteuert. Außer den wenigen Malen, wo der Verstand eingreift und seine Kontrollmöglichkeit nutzt. Was soll das für ein Urteil sein: Mensch zu 99% ein gefühlsgesteuerter Automat mit 1% Bewusstsein.
    „aber da entscheidet eben manchmal der Zufall, wen man zuerst trifft.“ Und an den Osterhasen glaubst du auch noch?
    „Türken stinken nach Knoblauch und Juden haben Läuse usw…“ Ah ja. Alles halb so schlimm. Das sind gar keine Rassisten, sondern bloß Gefühlsgetriebene. Dein analytischer Verstand ist mittlerweile ja ganz schön auf den Hund gekommen.

  121. maleben
    7. Oktober 2014, 14:27 | #121

    „Hunger ist ein körperliches Bedürfnis“
    Ich weiß, was gemeint ist, aber der Klugscheißerei wegen:
    Hunger ist genaugenommen die gefühlte Mangelerscheinung. Das Bedürfnis hat man doch nach Essen und nicht nach der unangenehmen Empfindung, sondern oft wegen ihr.
    @all
    Und jeder Hungerstreikende belegt, dass bei Menschen das Beurteilen des körperlich „Unangenehmen“ über den Umgang mit entsprechenden Gefühlen entscheidet. Selbst über diese existenziellen Empfindungen und Bedürfnisse kann man sich also (bedingt) hinwegsetzen. Das körperliche Symptom „Hunger“ weiß ja nicht einmal, in welchem Verhältnis es zum Individuum steht. Da gehören dann die Antilopen hin, die mit Sicherheit auch irgendetwas fühlen!

  122. Krim
    7. Oktober 2014, 18:48 | #122

    Ja, Hunger ist der körperliche Ausdruck des Bedürfnisses nach Essen. Der Körper braucht Kalorien, dann zwickt es im Magen und das nennt man Hunger. Gesättigt zu sein ist ja kein Maßstab den man sich per Urteil zulegen muss, als Sollzustand, sondern das ist eine körperliche Notwendigkeit über die sich das Bewusstsein nur auf Kosten des Lebens längere Zeit hinwegsetzen kann. Es geht aber.

  123. nurzu
    7. Oktober 2014, 21:56 | #123

    Eine Debatte, also eine theoretische (!) Auseinandersetzung darüber, was der Gehalt von einem körperlichen Bedürfnis oder generell einem Gefühl ist, erklärt sich dieses, redet also in Kategorien des Verstandes darüber. (Wie sonst?) Auch die Beschwörung, dass das Eigentliche des Gefühls aber was ganz anderes sei als dies theoretisch Begreifbare, muss, um dieses Eigentliche des Gefühls beschwören zu können, diese Beschwörung (z.B. als ‚Andeutung‘ von was ganz Tiefem) mit den Kategorien des Verstandes machen.
    Zu seinem eigenen Bauchgrummeln mag man sich ja ein sonstig anderes Verhältnis zulegen; wenn man es aber jemandem erläutern will oder mit ihm sich darüber beraten will, dann geht dies nur, indem sich mit den Kategorien des Verstandes damit befasst.
    „Dass das Gefühl, wenn man es einmal erworben hat, ein Eigenleben besitzt“ (Libelle), mag sein, ist aber selber wieder eine theoretische Behauptung
    ü b e r das Gefühl, nicht „Ausdruck“ des „Gefühls selbst“.
    „Eigenleben“ ist auch wiederum eine theoretische Konstruktion.

  124. Krim
    8. Oktober 2014, 11:22 | #124

    @nurzu: Libelle will m.E. auf was anderes raus. Er sagt die meisten Menschen sind emotional bestimmt „emotional bestimmte Menschen treiben 1. entlang des Bedürfnisses dem Gefühl zu entsprechen durch die Welt und sie verarbeiten 2. auch alles, was sie sich dabei an Bewusstsein zulegen emotional.“ Er selbst ist natürlich ganz anders. Aber diesen Gefühlsgetriebenen, meint er, kann man nicht mit Argumenten kommen, weil sie alles aus dem Bauch heraus entscheiden. Libelle macht eben Gegenagitation. Er will beweisen, dass Agitation nichts bringt, weil die meisten Menschen sich im Gefühls- und nicht im Verstandesmodus befinden. Die erreicht man mit Argumenten nicht, sagt er.

  125. libelle
    8. Oktober 2014, 11:31 | #125

    Klar, wir sind Automaten und du bist der Denker, der denkt, dass Menschen gefühlsgesteuert sind und nicht von ihrem bewussten Denken.

    Ich sage weder, dass Menschen von Natur aus gefühlsbestimmt sind, noch dass sie bewusstseinsbestimmt sind (ich pflege also keinen alternativen Rassismus zu eurem), sondern zunächst einmal ist (weiter oben schon) behauptet, dass der Mensch fühlt, wenn er sich bestimmt d.h. in diesem Akt der unmittelbaren praktischen Bestimmung tritt man in ein emotionales Verhältnis zur Welt. Das Gefühl ist also die – ja – Instanz, die aktiviert wird, wenn sich Menschen praktisch im Verhältnis zu etwas definieren (dem Hegel – Spruch oben kann man insofern zustimmen).
    Falsch wird es an der Stelle, an der man Gefühle mit Gewohnheitsurteilen oder „Schnellurteilen“ (Krim) identifiziert – das hat bei der Bestimmung des Gefühls nichts zu suchen. Es sind eben erstens keine Urteile, sondern (habe ich auch schon weiter oben geschrieben) mit Sinneseindrücken verbundene paktische Bestimmungen eines zu Gefühlen fähigen Organismus zu einer Sache. Auch wenn man Dinge, die man Staat oder Kapitalismus nennt z.B. hasst, verbindet man diese Dinge, um sie überhaupt hassen zu können mit Sinneseindrücken, Bildern, der Vorstellung (dem Bild) davon, was man alles machen könnte, wenn man nicht ständig arbeiten müsste usw…
    Gewohnheit ist eine unreflektierte Handlung (wenn ich z.B. einen Menschen sehe, mit dem ich zu tun habe, gebe ich ihm die Hand und wenn ich das nicht mache, habe ich das Gefühl, das etwas fehlt und mein Bewusstsein merkt darauf auf). Und insofern ist eine Gewohnheit etwas, bei dem sich ein Organismus praktisch, unmittelbar bestimmt und dabei fühlt er auch, siehe oben (bzw. fühlt er oft nur das Ungewohnte, Abweichende). Mit Urteilen haben Gewohnheiten aber nichts zu tun, also die Kombination von Gewohnheit und Urteil, die gibt es nicht. Wie man den Handschlag begründet, oder was ein Handschlag ist, spielt bei der Dürchführung der Gewohnheit keine Rolle. Man kommt in einen Termin, jemand sitzt da, man gibt ihm die Hand. Interpretieren mag man das vielleicht so, dass man eine kulturelle Erwartung des Anderen damit erfüllt und damit vermeidet, dass der Andere (Achtung!) verstimmt und damit weniger zugänglich ist. Aber diese Gedanken sind nachgeschoben, die hat man nicht, wenn man sich wie gewohnt die Hand reicht bzw. lösen sie den Handschlag nicht aus. Eher ist der Handschlag die Herstellung eines zur Situation passenden Bildes, das man im Kopf hat.
    Gefühle kommen aber auch jenseits der Befolgung oder Nichtbefolgung irgendwelcher Gewohnheiten auf, nämlich immer dann, wenn ein Gedanke oder eine körperliche Regung eine praktische, unmittelbare Bestimmung des Menschen in einer Situation zur Folge hat.
    [[[Exkurs: Z.B. bestimmt mich die ideologische Dummheit, mit der Krim oben den Hunger einfach, weil es nicht zu seinem Rassismus passt, aus dem Phänomen Gefühl ausgliedert ganz ohne eine Gewohnheit unmittelbar emotional, ablehnend. Warum? Weil er damit eben gegen mein praktisches Gefühl verstößt. Dieses Gefühl kommt in dem Fall aus einem Urteil, nämlich dem, dass man sich selbst und anderen schadet, wenn man ein praktisches Interesse ( in dem Fall Krims Agitationsprojekt) zum Leitfaden der Identifikation der anlässlich eines Phänomens herauszuarbeitenden Erklärungsgegenstände macht. Und obiges ist das Verfahren (nicht nur) kommunistischer Ideologie. Natürlich erklären Krim, der GSP und Marx manche Gegenstände richtig, nur ist ihre Wahrnehmung eben selektiv d.h. sie erklären, was ihnen für ihr Aufwiegelungsinteresse und dessen Legitimation tauglich erscheint und treten gleichzeitig an und meinen, was sie da erklären würde die Gesellschaft … oder eben den jeweiligen Gegenstand erklären. Und so werden der Hunger, der Schmerz usw… dann eben keine Gefühle mehr, weil es so einer Ideologieschleuder wie Krim gefällt Gefühle zu geistigen Formen zu verklären (wie’s Bewusstsein, gelle?), auf die er (nur in seiner Vorstellung!) mit seinen Flugblättern Einfluss nehmen kann. Dass der praktische Versuch seit Jahrzenten mit negativen Ergebnissen läuft, ficht so einen dummen Menschen nicht an. Jeder Physiker, der seine Erkenntnisse einer experimentellen Überprüfung unterzieht, nimmt ihre Ergebnisse ernst und kritisiert seine Gleichungen, wenn die Ergebnisse, die sie praktisch vorhersagen nicht eintreten. Kommunisten sind da eher wie Pfaffen. Sie machen sich gegen die Wirklichkeit resistent, indem sie sie z.B. da, wo sie nicht passt (Hunger, Schmerz) ausgliedern. Das ändert natürlich nur im Bewusstsein der Kommunisten etwas, nicht an der Wirklichkeit.]]]
    Und körperliche Regungen, wie Hunger und Schmerz oder der Sexualtrieb haben freilich eine Bestimmtheit des Menschen zur Folge, sorgen dafür, dass das Bewusstsein nach etwas sucht, das ihnen entspricht d.h. sie veranlassen das Bewusstsein zunächst einmal zu Bildern (z.B. von einem Hühnerbein) und dann vergleicht es vielleicht mit der Erinnerung, ob das Hühnerbein der Art des Hungers entspricht. Bzw. lernt z.B. beim Sexualtrieb der Mensch über die Anschauung, was ihm entspricht d.h. er erwirbt irgend eine Sexualtität (aus Filmen, Berührungen, Situationen, die ihm passieren usw…) . Voraussetzung ist aber, dass der Mensch einen Sexualtrieb hat. Ohne den, würde er Sexszenen z.B. im Fernsehen auch nicht als Entsprechung zu ihm d.h. als seine Sexualität , in Erwägung ziehen können! Alles laut Krim keine Gefühle, da die Reihenfolge nicht stimmt, weil zuerst die physiologische Manifestation des Gefühls auftritt und danach das Bewusstsein ihm zu entsprechen sucht.
    Obiges sollte jetzt (freilich nicht für Kommunisten, die ich, wie für jeden nachvollziehbar sein sollte für ausgesprochen dumme, verblendete, aber nicht uniteressante Menschen halte) geklärt haben, dass Gefühle – ich begreife ein Gefühl als eine Einheit von physiologischem Zustand (z.B. Hormonausschüttung) und Bewusstseinsentsprechung (Bild, Geruch), die eine praktische Stellung, Bestimmung eines Organismus zu Folge hat – eben sowohl Ergebnis eines Gedankens sein können, der eine praktische Bestimmung des Menschen zur Konsequenz hat. Letzteren Begleiten sie z.B. in Form eines Bildes (vom pöbelnden MGler z.B.), worauf der Mensch sich fühlend pratisch unmittelbar bestimmt. Alsauch können Gefühle durch Wiederholung der Sinneseindrücke auftreten, die das Bewusstsein dann entsprechend mit Gedanken unterfüttert oder sie können sogar nur als die physiologische Reaktion initiiert werden (ich werde geil, weil ich lange keinen Sex hatte), worauf das Bewusstsein Bilder und Gedanken produziert (ich stelle mir eine Frau vor, mit der ich gern Sex hätte…. ich gehe tanzen, quatsche Frauen an, führe Gespräche, die ich nie führen würde, wenn ich keinen Sexualtrieb hätte usw…).
    Und damit sollte auch für „nurzu“ klar sein, dass Gefühle eben keine Urteile sind, dass man nicht tatsächlich urteilt, wenn man ein Gefühl hat, auch wenn man die praktische Bestimmung eines Menschen in Urteile fassen kann, die er fühlend herstellt.

  126. libelle
    8. Oktober 2014, 12:16 | #126

    Er selbst ist natürlich ganz anders.

    Selbstverständlich! Und was bitte soll so grundsätzlich gegen die Feststellung sprechen, dass man sich anders zu den eigenen Gefühlen ins Benehmen setzt als andere? Anders gefragt: Welche Gemeinsamkeit mit den anderen soll das denn verhindern? (Rassist!)

  127. nurzu
    8. Oktober 2014, 12:56 | #127

    „Und damit sollte auch für „nurzu“ klar sein, dass Gefühle eben keine Urteile sind“ (Libelle)
    Danke. Genau das habe ich ja gesagt.
    Lesen musst du es aber schon selbst.
    Dein Reden über Gefühle
    – ist aber, da du es weder als poetisches Reden des Dichters noch als Lallen des Kleinkindes verzapft hast,
    ein vernünftiges Reden ü b e r das Gefühl.
    Und nicht gefühliger Ausdruck des Gefühls selbst.

  128. libelle
    8. Oktober 2014, 13:03 | #128

    Dein Reden über Gefühle
    – ist aber, da du es weder als poetisches Reden des Dichters noch als Lallen des Kleinkindes verzapft hast,
    ein vernünftiges Reden ü b e r das Gefühl.
    Und nicht gefühliger Ausdruck des Gefühls selbst.

    Ja mag sein. Darf man den Zusammenhang erfahren, in dem Du die Bemerkung für angebracht hälst?

  129. Krim
    8. Oktober 2014, 14:18 | #129

    „dass der Mensch fühlt, wenn er sich bestimmt“ Nein. Der Mensch fühlt, wenn er sich unmittelbar ins Verhältnis zur Welt setzt. Da ist der Mensch und seine innere Bestimmtheit als fertig existierende unterstellt. Der Mensch bestimmt eben nicht sich, sondern sein Verhältnis zu Welt im Gefühl. Das ist ein entscheidender Unterschied.
    „Es sind eben erstens keine Urteile,“ Es sind keine Urteile, weil Urteile bewusstes Denken unterstellen. Das sagte ich aber von Anfang an. Inhaltlich ist es ein Vergleich der Welt mit der inneren Bestimmtheit, die durch bewusstes Urteilen entsteht. Insofern ist das Gefühl ein Schnellabgleich mit dem, wie wir normalerweise die Welt betrachten.
    „verbindet man diese Dinge, um sie überhaupt hassen zu können mit Sinneseindrücken“ Das ist natürlich Unsinn. Man braucht überhaupt kein verhungerndes Kind gesehen zu haben oder sich vorzustellen, um zu wissen, dass Kapitalismus den Menschen nicht bekommt und ein entsprechendes Gefühl zu entwickeln. Das geht auf der Grundlage eines richtigen Urteil ohne weiteres.
    „Mit Urteilen haben Gewohnheiten aber nichts zu tun,“ Natürlich gründen Gewohnheiten auf Urteilen. Wenn sich jemand die Gewohnheit zu eigen macht im Herbst immer einen Schirm mitzunehmen, dann wird das ja wohl daran liegen, dass er in dieser Jahreszeit häufiger nass geworden ist und er sich gedacht hat, dass ein Schirm, das verhindert hätte. Also macht er sich etwas zur Gewohnheit, weil er um den Nutzen weiß. Im Gegensatz zur schlechten Angewohnheit, in der das Bewusstsein dazu benutzt wird, die theoretisch als schädlich erkannte Angewohnheit wieder loszuwerden.
    „Man kommt in einen Termin, jemand sitzt da, man gibt ihm die Hand.“ Erstmal ist das eine Begrüßung und kein inhaltleeres Ritual. Die Begrüßung kann unterschiedlich aussehen, von „hallo“ bis „Salve“ geht da vieles. Das mag dann auch zur Gewohnheit werden, aber trotzdem ist der Zweck jederzeit klar. Schließlich grüßt man ja auch nicht jeden Unbekannten auf der Straße aus Gewohnheit, bloß weil er zufällig den Weg kreuzt.
    „mit der Krim oben den Hunger einfach, weil es nicht zu seinem Rassismus passt, aus dem Phänomen Gefühl ausgliedert ganz ohne eine Gewohnheit unmittelbar emotional, ablehnend.“ Ein Glück, dass auf deine verkorksten Gefühle beim Debattieren geschissen ist. In einer Diskussion muss man nämlich immer noch argumentieren. Und weder für meinen angeblichen Rassismus, noch für den Unterschied, dass beim Hunger kein theoretischer Maßstab unterstellt ist, fiel ein Argument bzw. ein Gegenargument.
    „Und obiges ist das Verfahren (nicht nur) kommunistischer Ideologie.“ Ach jetzt gibst du dich schon damit zufrieden mit dem Finger draufzudeuten und zu sagen „Hä-hä! kommunistische Ideologie“
    „(wie’s Bewusstsein, gelle?)“ Nein. Nicht wie’s Bewusstsein, sondern wie’s Gefühl. Der Maßstab, der zum Vergleich herangezogen wird, ist eben die innere geistige Bestimmtheit. Hunger ist höchstens eine innere körperliche Bestimmtheit. Den Unterschied muss du mal zur Kenntnis nehmen und ob du dann den Hunger als Gefühl benennst oder anders, ist mir ehrlich gesagt schnurz. Zum Hunger habe ich auch kein geistiges Verhältnis, der äußert sich einfach als Bauchzwacken.
    „. Dass der praktische Versuch seit Jahrzehnten mit negativen Ergebnissen läuft,“ Dagegen lassen sich die gescheiten Menschen natürlich vom Erfolg belehren. Wer Erfolg hat, hat natürlich recht, weiß Libelles mit seiner echt wissenschaftlichen Siegermoral. Es fragt sich natürlich warum sein jahrelanger Misserfolg bei der Gegenagitation von Kommunisten, ihn nicht belehrt es zu lassen. Das lässt laut Libelle nur einen Schluss zu: er ist ein dummer Mensch und verblendeter Pfaffe, den das nicht anficht.
    „dass der Mensch einen Sexualtrieb hat.“ Eben deswegen besteht da ein Unterschied zu Gefühlen. Das Bedürfnis nach Sex oder Nahrung oder Schlaf, das hat ein Mensch als tierisches Wesen. Das sind Lebensfunktionen, die man sich gerade n i c h t theoretisch aneigenen muss.
    “ ich begreife ein Gefühl als eine Einheit von physiologischem Zustand (z.B. Hormonausschüttung) und Bewusstseinsentsprechung (Bild, Geruch), die eine praktische Stellung, Bestimmung eines Organismus zu Folge hat –“ Das war ja wohl nichts. 1. Dass der physiologische Zustand gleichzeitig mit dem Gefühl auftritt, heißt eben nicht, dass es sich um eine Einheit handelt. Körperliche Begleiterscheinung und Gefühl sind sehr wohl zu trennen, sie treten zwar gemeinsam auf sind aber keine begriffliche Einheit. 2. Reitest du bei mir drauf rum das Gefühle keine Urteile seien und kommst dann selbst mit einer „Bewusstseinsentsprechung“ an, also irgendwie doch bewusst, die dazu noch in einer Wahrnehmung bestehen soll, also gerade nicht in einem Gefühl, das du so theoretisch um die Ecke bringst. 3. Soll die praktische Stellung bei dir die Folge des Gefühls sein. Wobei auch niemand weiß, was eine „praktische Stellung“ sein soll. Du willst einfach sagen: Gefühl programmiert Handlung und das verpackst du in verquere Formulierungen, damit es sich nicht so absurd anhört, wie es ist.
    „Und was bitte soll so grundsätzlich gegen die Feststellung sprechen, dass man sich anders zu den eigenen Gefühlen ins Benehmen setzt als andere?“ Grundsätzlich spricht da nichts gegen, dass du anders bist als andere. Bloß sind eben die anderen, nicht das was du von ihnen behauptest, keine gefühlsgetriebenen Automaten. Weil du dich von der übrigen Menschheit ausnimmst bist du vielleicht kein Rassist, sondern bloß ein unerträglich überheblicher Pinsel. Glückwunsch.

  130. Siggi
    9. Oktober 2014, 19:58 | #130

    Ebenfalls zur Psychologie-Kritik des GegenStandpunkt …
    Eine Veranstaltung des AK Kritische Intervention des Alternativen Vorlesungsverzeichnis des Stura der Uni Halle
    am Mi. 22. Oktober 2014 I 19.30 I Radio Corax, Unterberg 11, Halle:
    Kritik des GegenStandpunkts anhand seiner psychologischen Theorien
    „In Halle, Leipzig und anderen Orten erfährt derzeit eine politische Gruppe Zulauf, die vierteljährlich eine Zeitschrift heraus gibt, Vorträge, Schulungen und Diskussionsrunden zu gefühlt allen Themen – ob Demokratie, Lohnarbeit, Dummheit, Psychoanalyse, Heidegger oder Kafka – veranstaltet und dabei die kapitalistische Gesellschaft und das bürgerliche Denken kritisiert: Der GegenStandpunkt.
    Zu den besprochenen Themen zählt auch die ‘bürgerliche’ Psychologie. Ein Kritikpunkt lautet, dass sie das Denken und Handeln der Menschen zirkulär mit dahinter liegenden Kräften oder Faktoren begründet. Der Grund für das, was Menschen tun und wollen, liege laut GegenStandpunkt aber einzig in den Gedanken, denen sie dabei anhängen, und den Zwecken, die sie sich in Bezug auf eine kapitalistische Realität setzen und nicht irgendwo dahinter im Verborgenen. Folglich widmen sie sich dem Inhalt von Gedanken und kritisieren ihn, wenn sie Fehler entdecken. Das wird von psychologischen Erklärungen wirklich ausgeblendet, wo sie Urteile und Intentionen – gleichgültig gegen den Inhalt – nur als Ausdruck von etwas anderem deuten. Trotzdem ist das, was Menschen denken, auch Ausdruck von vorbewussten und unbewussten Wünschen und Ängsten und bleibt immer auf Wünsche bezogen. Wille und Denken sind in ihrem Verhältnis zu Wünschen weder völlig frei, noch unfrei.
    Statt diesen Widerspruch zur Kenntnis zu nehmen wird auf der Freiheit beharrt und die andere Seite ausgeblendet. Das hat zur Folge, dass die Theorie nicht mehr fassen kann, dass Wünsche und auch Gesellschaft jenseits der bewussten Verarbeitung in die Form und den Inhalt von Denken und Willen hineinwirken. Der GSP nimmt dadurch die Rationalität der kapitalistischen Gesellschaft als natürlich hin und reproduziert sie dadurch in seiner Theorie. Das ist ein Widerspruch zur Intention des GegenStandpunkts: die Gesellschaft so zu organisieren, dass es um Bedürfnisbefriedigung geht.“
    Die Antifaschistische Gruppe Braunschweig zur Veranstaltung „Nationalismus und die Sozialpsychologie vom autoritären Charakter“ der Gruppen gegen Kapital und Nation im Rahmen des Antinationalen Kongresses am 4. Oktober 2014 in Hannover:
    6 Kritikpunkte an der Veranstaltung „Nationalismus und die Sozialpsychologie vom autoritären Charakter“
    „Eine Kritik dieser Veranstaltung der Gruppen gegen Kapital und Nation impliziert eine Kritik des GegenStandpunktes (GSP). Deswegen wird hier beides gemeinsam erledigt, ohne jedoch auf Belege aus dem Veranstaltungstext verzichten zu müssen. (…)
    Fazit
    Eine Kritik einzelner psychologischer Disziplinen oder etwa der gesamten Psychologie als Wissenschaft ist ein nobles Unterfangen. Die Marx-Lektüre des GegenStandpunktes ist hier jedoch keine gute Ratgeberin. Nicht nur wird sich einem ganzen Erkenntnisfeld verschlossen, sondern auch die Ökonomiekritik selber leidet unter der Borniertheit.
    Eine Hinwendung des Marxismus zur psychologischen Erklärung bedeutet keine Abkehr von einer Ökonomiekritik. Marxsche Begriffe wie die der zweiten Natur, des Fetischs oder der Charaktermaske können durch eine psychologische Vermittlung sogar an Substanz gewinnen. Wir glauben dementsprechend, dass gerade die Psychoanalyse in manchen Fragen nicht nur notwendiges Medium von Erkenntnis, sondern auch von Kritik ist.“

  131. jaja
    10. Oktober 2014, 19:53 | #131

    „Trotzdem ist das, was Menschen denken, auch Ausdruck von vorbewussten und unbewussten Wünschen und Ängsten und bleibt immer auf Wünsche bezogen. Wille und Denken sind in ihrem Verhältnis zu Wünschen weder völlig frei, noch unfrei.“

    Amen. Ein Widerspruch der Theorie vom Vor- und Unbewussten: Es wird eine Ebene, eine Instanz oder ein Faktor postuliert, die sich dem Bewusstsein entziehen würden – gleichzeitig soll aber mit bewussten Kategorien das erkannt worden sein, was diese Welt der verborgenen Zwänge mit den Gedanken (auch mit denen über die eigene Befindlichkeit) alles anstellt, die zu solchen Thesen führen.
    Das inhaltlich Widersprüchliche am Zitat: Erst denkt sich der Autor ein von Wünschen und Ängsten befreiten Willen, um sich so die Determinanten der Gefühlswelt zu bestätigen. Das Verhältnis des Verstandes zu seinen körperlichen und gefühlsmäßigen Voraussetzungen ist aber keines von Freiheit und Unfreiheit, sondern der geistige Bezug auf die eigene Befindlichkeit. (Es ist übrigens auch ganz schön kindisch, sich über die Anwesenheit des Körpers zu freuen, bloß weil man sich den auch wegfantasieren kann!)

    „Statt diesen Widerspruch zur Kenntnis zu nehmen wird auf der Freiheit beharrt und die andere Seite ausgeblendet. Das hat zur Folge, dass die Theorie nicht mehr fassen kann, dass Wünsche und auch Gesellschaft jenseits der bewussten Verarbeitung in die Form und den Inhalt von Denken und Willen hineinwirken.“

    Dass „Wünsche und Gesellschaft“ etwas bewirken, lässt sich schon wegen der Allgemeinheit der Aussage nicht bestreiten. Die Zurückweisung eines konstruierten Nicht-Zusammenhangs „xy wirkt nicht“, soll aber untermauern, dass das von Psychologen gewusste „Unbewusste“ wirkt.

  132. Kim B.
    11. Oktober 2014, 11:42 | #132

    Libelle: „Da Kim B mich des Rassismus zeiht,…
    Und wenn ein Mensch das nicht tut, dann bildet er sein Bewusstsein auf der Grundlage weiter, dass er der Befriedigung der durch die Gefühle induzierten Bedürfnisse hinterherlebt und -denkt. D.h. der fühlt sich z.B. mit anderen in Gemeinschaft wohl, kommt in eine Stadt, trifft auf den örtlichen Naziverein bei seiner Gemeinschaftssuche und eignet sich die faschistischen Urteile über die Welt an, weil er sein Bedürfnis nach Gemeinschaft befriedigen will und der Naziverein ihm das bietet.“
    Wenn du, Libelle, nun das Zufallsprinzip in deine Kette (politischer) menschlicher Entwicklung einführst, ist die biologistische Verlaufsform natürlich unterbrochen und der rassistische Inhalt entfällt. Allerdings wird deine Theorie damit nicht besser, sondern blödsinnig. Blödsinnig nicht deshalb, weil ich dich als Blödmann beleidigen möchte, sondern deshalb, weil du den Blödmann in deine Theorie einführst. Den nämlich setzt das Zufallsprinzip voraus, Einen also der, um sein Bedürfnis zu befriedigen, ohne Wissen und Verstand, ohne zu vergleichen, abzuwägen und zu urteilen, also völlig blöde, auf eines von mehreren Ereignissen (Faschismus, Antifa, Kirche usw.) trifft, die der Bedürfnisbefriedigung entsprechen und dann nach Eintreten des zufälligen Ergebnisses (Eintreffen eines der Ereignisse), erst anfängt zu denken und seine Interessen zu vertreten.

  133. Krim
    11. Oktober 2014, 11:50 | #133

    Eigentlich schreibt er seinen Widerspruch explizit hin. Das Denken also das bewusste sich Gedanken machen, soll Ausdruck des Unbewussten sein. Das widerspricht dem Denken unmittelbar. Denn was bleibt vom bewussten Denken übrig, wenn sein Inhalt gar nicht Resultat der Gedanken, sondern Resultat eines Vorgangs sein soll, der unbewusst außerhalb des Denkens vor sich geht? Das leugnet sowohl das Denken als auch das Bewusstsein, das man mit dieser Argumentation ja gerade betätigt. Soll denn auch für diesen Gedanken gelten, dass er bloßer Ausdruck unbewusster Ängste ist? Dann braucht man ihn ja nicht ernst zu nehmen.
    Zum 2. Zitat: Die Psychologen sparen sich den Beweis eines Zusammenhangs zwischen unbewussten Ängsten und Denken, indem sie eine ausgedachte Kritik an ihm zurückweisen. Als Analogie: Wenn der GSP behauptet, der Mond sei ein großer runder Käse, so wird ausgeblendet, dass er leuchtet. Was ganz klar beweist, dass es sich um eine fliegende Taschenlampe handelt.

  134. stankovic
    12. Oktober 2014, 11:00 | #134

    @Kim B.
    Mir ist an deiner Kritik an libelle nicht klar, wo er gegen die von dir angeführten Bestimmungen des Denkens und Urteilens verstößt. Soweit ich ihn richtig verstehe, haben die Urteile einen eigenen Inhalt, wenn jemand seine bestimmten Gründe dafür hat, sich einer faschistischen Gruppe anzuschließen. Ob er jedoch diese Gründe hat oder aber auch andere, ist doch nie und nimmer eine Frage der Theorie, sondern der Empirie: Wenn’s so ist, dass jemand das kuschelige Gefühl unter Nazis zum Anlass nimmt, sich ihnen anzuschließen, dann ist es nun mal so und nicht anders, gehört also erklärt und nicht verleugnet – dass wiederum Andere handfeste politische Urteile über Deutschland zum Ausgangspunkt ihrer Zugehörigkeit machen, bleibt davon gänzlich unberührt.
    Ist es jetzt so, dass ein Stück Wirklichkeit geleugnet werden muss, weil sie zur Theorie eines anderen Stückes Realität nicht mehr passt?
    Ich werde die Diskussion mir erst einmal gründlich durchlesen müssen, aber eines kann ich festhalten: ohne libelle rechtgeben zu müssen, muss man sagen, dass in der Kritik an ihm, sich das von ihm Gesagte nicht wiederfindet.

  135. Krim
    12. Oktober 2014, 12:44 | #135

    „Wenn’s so ist, dass jemand das kuschelige Gefühl unter Nazis zum Anlass nimmt, sich ihnen anzuschließen, dann ist es nun mal so und nicht anders,“ Doch es ist anders, weil verschwiegen wird, dass auch das kuschelige Gefühl einen Inhalt hat. Es wird aber so getan als sei das Gefühl in der Kirche, den Nazis, im Sportverein und bei Kommunisten, dasselbe Gefühl. Wieso würde ich mich unter Nazis eigentlich nicht gemütlich kuschelig fühlen. Weil sich das heimelige Gefühl nur einstellt, wenn man sich unter Leuten befindet, die die eigenen Urteile teilen. Es muss ja etwas geben, das dem Gefühl entgegenkommt, sonst ist Unbehagen angesagt.
    Ergo: Stellt sich ein kuscheliges Gefühl unter Nazis ein, dann ist schon eine ganze Weltanschaung inklusive aller dazu nötigen Urteile v o r a u s g e s e t z t. Anders ist dieses Gefühl nicht zu haben. Es ist eben eine gemeine Lüge, wenn man behauptet, die Menschen würde mit einem leeren, abstrakten Bedürfnis nach Gemeinschaft durch die Welt laufen und dann per Zufall (Originalton Libelle) bei den Philatelisten, in der Kirche, bei der CDU oder den Nazis landen. Eine ganz böse verharmlosende Ideologie ist das, die man sich tunlichst nicht zu eigen machen sollte.

  136. stankovic
    12. Oktober 2014, 13:19 | #136

    Das Argument sei dir geschenkt: natürlich kuscheln Antifas anders miteinander als Esoteriker oder Nazis. Niemand sagt, ein abstraktes Bedürfnis ließe sich beliebig konkrestisieren – bei der Konkrestisierung darf das Abstrakte nämlich nicht zukurzkommen, was wunder es muss zu ihm passen! Wieso glaubst Du das Abstraktionen keinen Inhalt hätten? Wer sich bei den Nazis nach einem umherscheifenden Lotterleben umschaut, wird nicht fündig, bei Esoterikern werden wissenschaftliche Typen eher enttäuscht, vor der Antifa werden letztendlch diejenigen fliehen, die keine Lust auf schlechte Laune haben.
    Wer in einer rechten Gemeinschaft eine bestimmte Sorte Geborgenheit findet, nach der er auch gesucht hat, wird sicherlich einiges an Urteilen in seiner Schatzkiste angehäuft haben. Der Fehler eines Kim B liegt darin, nichts anderes als eine fertige politische Weltanschauung zu benennen. Diese kommt natürlich später dazu, ohne dass sie in Widerspruch zum Menschlichen unter den Nazis geraten müssen. Lass der NPD doch auch ihre Psychos, mit denen sie klar kommen muss.
    Es sind gewollte Missverständnisse: Sagt wer, es gibt auch andere Gründe als ein Sammelsurium politischer Urteile, die sich bei einer Minderheit von rechten Typen geltend machen, kommt der andere daher und tönt rum, da wolle jemand alles aus Instanzen ableiten, die hinter dem Verstand sitzend und wütend ihr Unwesen treiben und den Kopf kapern.

  137. Krim
    12. Oktober 2014, 17:15 | #137

    „Wieso glaubst Du das Abstraktionen keinen Inhalt hätten?“ Wo steht das? Das Argument war, dass ein abstraktes Gemeinschaftsbedürfnis nicht existiert, sondern dass das Gemeinschaftsbedürfnis immer schon einen konkreten Inhalt hat und sich deswegen die Leute sich gar nicht zufällig auf die verschiedenen Gemeinschaften sortieren.
    Und für dieses konkrete Gemeinschaftsbedürfnis ist schon ein ganzer Sack voll weltanschaulicher Urteile vorausgesetzt. Das ist vielleicht nicht immer fertig und bis ins letzte ausformuliert und geschult, aber kritisierbar ist so ein Weltbild allemal. Das sind halt keine unschuldigen, leeren Gemeinschaftstiere, die sich da zufällig zu den Nazis verirren, sondern auch die Klientel, die sich davon angezogen fühlt, hat schon eine ganze Reihe weltanschaulicher Schlüsse gezogen, damit eine Naziorganisation überhaupt anziehend auf sie wirken kann.
    „Es sind gewollte Missverständnisse:“ Nein. Missverständnisse sind es ganz sicher nicht. 1. Bei Libelle nicht, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, gezielte Gegenagitation zu betreiben und alle Argumente von Kommunisten als Dogma hinzustellen. 2. Müsste man ausführen welche Gründe das sein sollen, die sich außer Urteilen noch wie geltend machen. So wie es da steht, ist es bloß eine argumentlose Relativierung. 3. Es ist nicht nur falsch wenn a l l e s aus vor- und unbewussten Kategorien abgeleitet wird, sondern auch wenn weniges aus unbewussten Kategorien abgeleitet wird. Das Gefühl bestimmt nur dann, wenn das Bewusstsein es zulässt, also nur dann wenn sowieso keine inhaltliche Differenz zwischen Gefühl und Bewusstsein existiert.

  138. jaja
    12. Oktober 2014, 18:38 | #138

    „es gibt auch andere Gründe als ein Sammelsurium politischer Urteile, die sich bei einer Minderheit von rechten Typen geltend machen“
    Gründe wofür? Klar, auch bei Nazis macht sich Harndrang und Liebeskummer bemerkbar, aber das macht sie eben nicht zu Faschisten – der Grund für ihre politische Stellung sind faschistische Urteile. Man kann sich auch den Fall vorstellen, dass da jemand ohne faschistische Ideologie bloß kuscheln will oder als V-Mann jobbedingt Nazis infiltriert, dann liegt aber auch gar keine Nazi-Überzeugung vor, die mit Gefühlen erklärt werden könnte.

  139. Kim B.
    13. Oktober 2014, 09:07 | #139

    stankovic: „Mir ist an deiner Kritik an libelle nicht klar, wo er gegen die von dir angeführten Bestimmungen des Denkens und Urteilens verstößt.“
    Ich bin weder Philolog noch Psycholog und wüsste nicht, wo ich das Denken und Urteilen bestimmt haben sollte. Denken. Lernen, Verstehen hingegen sind Bestimmungen mit denen ich Libelles Theorie kritisiere. Sie sind nämlich Voraussetzung und einzige Möglichkeit gewaltfreier menschlicher und gesellschaftlicher Entwicklung und geistiges Mittel für die Schaffung der ökonomischen und kulturellen Bedingungen, damit diese möglich wird. Diese Bestimmungen fallen bei Libelle weg und werden durch das Kriterium des Zufalls ersetzt. Und das ist zum einen ziemlich zynisch, denn gemäß dem Zufallsprinzip sind ja die Ergebnisse, also Faschist, Kopfabschneider oder Friedensengel zu werden, durch die Wahrscheinlichkeit festgeschrieben und damit die Gewalt (und natürlich auch das Elend für die Menschenmehrheit) auf alle Zeiten festgeschrieben. Und zum andern ist es ideologisch, denn Vieles (s. Diskussion weiter oben) spricht dagegen, dass Individuen mit tumbem und leerem Kopf solange durch die Welt stiefeln, bis der Zufall sie in die eine oder andere Richtung verschlägt.

  140. Mattis
    15. Oktober 2014, 21:39 | #140

    „Weil sich das heimelige Gefühl nur einstellt, wenn man sich unter Leuten befindet, die die eigenen Urteile teilen. Es muss ja etwas geben, das dem Gefühl entgegenkommt, sonst ist Unbehagen angesagt. (Krim)“

    Der Standpunkt kann anfangs sehr abstrakt sein, und wird erst nach und nach spezifiziert. Hier machst du den gleichen Fehler wie maleben, nämlich anzunehmen, dass jemand, der z.B. zu den Faschisten geht, schon gleich einen faschistischen Standpunkt haben muss. Nein, in der Regel ist es eine kleine Teilmenge, um es mal mathematisch auszudrücken, oder eine ungefähre Richtung; dieser vergleichsweise abstrakte Anteil ist der Anfang, und dann erst beginnt die spezifische Politisierung mit dem Ergebnis der Zustimmung oder auch der Ablehnung.

    „Nationen kommen beim Affen nicht vor, beim Menschen schon. Die innere Bestimmtheit des Menschen hat also sehr wohl was damit zu tun, wie er sich die Welt zurechtdenkt.“ (Krim)

    Wieso aber, Krim, denkt der Mensch sich die Welt auch nicht viel anders zurecht als ein Affe? (Die denken übrigens auch, nur haben sie kein Bewusstsein über ihr Denken). Meine Nation, meine Horde, meine Religion, meine Sekte, mein Erfolg in der Gruppe, mein Rivale, meine Feinde, meine Untertanen … Was meinst du, wieso der Mensch sich die Welt immer genau SO „zurechtdenkt“, bloss nicht irgendwie vernünftig? Weil er sich beim Nachdenken vertut? Weil eine Gewalt ihn zwingt? Weder noch. Weil er seinen psychologischen Mustern folgt, und erst wenn er diese sich mal kritisch anschaut, fängt die eigentliche Leistung des Denkens an.

    „Das Gefühl bestimmt nur dann, wenn das Bewusstsein es zulässt, also nur dann wenn sowieso keine inhaltliche Differenz zwischen Gefühl und Bewusstsein existiert. (Krim)“

    Das Bewusstsein ist aber in aller Regel eben nicht kritisch gegen das Gefühl ,sondern macht sich zu dessen Sprecher. SO HERUM kommt es, dass dann keine „inhaltliche Differenz“ mehr feststellbar ist.
    Die Evolution hat das Denken nicht als freien Zweck hervorgebracht, sondern um das zu optimieren, was die höheren Tiere mit ihrem gefühlsmäßigen, nicht bewussten Denken eh schon machten.

  141. Mattis
    15. Oktober 2014, 21:44 | #141

    „Das nenne ich mal Verniedlichung: Schwächere demütigen soll als bewusstloses Adoleszenz-Problem gedeutet werden. Auch dir dürfte aber klar sein, was ein Jugendlicher bereits alles gelernt haben muss, um seinem Konkurrenzideal (sich als Siegertypen feiern) frönen zu können. Mit den Aggressionen von Affen ist die Opferung von Behinderten für einen nationalistischen Selbstbewusstseinskult nicht erklärbar.“ (maleben)

    Nein, kein „Adoleszenz-Problem“, sondern kompensatorische Aggression. Klar steigert das herrschende „Konkurrenzideal“ sowas, aber solche Psychologie gibts nicht nur in der bürgerlichen Gesellschaft, die gabs immer schon in jeglicher Gesellschaftsform, selbst bei den primitivsten Stämmen (auch wenn viele Linke dort eine Kultur des Friedens hineinprojizieren).
    Das ist keine schöne Erkenntnis, sondern da deutet sich an, wieso es vernünftige Argumente so verdammt schwer haben, und nicht immer nur wegen der bürgerlichen Gesellschaft … wieso haben diese nachdenkenden und bewusst entscheidenden Individuen es denn überhaupt zu dieser kommen lassen, wenn sie ohne bürgerliche Strukturen so toll beieinander wären mit ihrem Willen und Bewusstsein.
    Und natürlich ist solche Psychologie gar nicht fern von den höheren Affenarten, was denn sonst! Hör auf mit dem idealistischen Höhenflug. Der Mensch ist ein etwas weiter entwickelter Affe, streich das doch nicht weg. Nur weil er seinen Mist mit Bewusstsein tut! Psychologie ist kein Resultat von Nachdenken, sondern oft genug sogar durch viel Einsicht und Willenskraft nur schwer zu verändern.
    Wenn du schreibst, was so ein aggressiver Jugendlicher „alles gelernt haben muss“, dann frage ich zurück, warum lernt er sowas mit solcher Leichtigkeit, warum rebelliert sein ach so toller bewusster Wille nicht dagegen (keiner zwingt ihn, gerade solchen Mist zu lernen)? Warum macht er gerade genau diese „gedanklichen Schritte“ (wie du es genannt hast) und keine vernünftigen. Das IST nichts anderes als Psychologie der Anpassung, der Kompensation bei Mißerfolg und der Identifikation mit einer eindrucksvollen Gewalt.
    In diesem Verhalten sind Urteile IMPLIZIERT, ja schon, zugegeben – beim frustrierten Affen, der sich an Schwächeren vergreift, übrigens AUCH! – aber das Verhalten ist nicht Resultat falscher Urteile. Statt zu sehen, wie derjenige seine Psychologie durch Urteile rechtfertigt, wird ein Urteilen unterstellt, das merkwürdigerweise das fernstliegende Resultat ergibt im Vergleich dazu, wenn man wirkliches Nachdenken und Beurteilen annehmen würde. Die Leute denken doch nicht irgendwie falsch und schwupps ist eine Psychologie draus geworden! Nein, weil sie ein psychologisches Repertoire exerzieren wie jedes höhere Tierchen, urteilen sie auch in der Regel DEM ENTSPRECHEND.

  142. jaja
    16. Oktober 2014, 08:21 | #142

    „kompensatorische Aggression“
    Das erklär mal. Was will da wer wie kompensieren und warum? Der logische Fehler der Aggressionstheorie: das Resultat (da gehen welche aufeinander los) wird als Grund präsentiert. So kommen deine reichlich apodiktischen Allgemeinplätze zustande:
    „die gabs immer schon in jeglicher Gesellschaftsform, selbst bei den primitivsten Stämmen“
    Dass es etwas immer schon gegeben hat, soll dafür stehen, dass „Aggression“ die richtige Erklärung ist. Es scheint also mit deiner Brille ein Naturphänomen zu sein, sein Siegerideal an Schwächeren zu demonstrieren – da kann man dann halt nichts machen, weil‘s Natur ist …
    „Der Mensch ist ein etwas weiter entwickelter Affe“
    Das ist auch lustig: hier geht es eigentlich um ganz bestimmte menschliche Absichten und Gefühle wie z.B. „Zusammengehörigkeit“ und dir fällt als erstes eine ganze Menschheitsbestimmung ein. Wieso muss man eigentlich erst den Vergleich mit Antilopen oder Affen machen, bevor man sich die Wut auf Ausländer erklärt? Soll die Nazi-Ideologie als rudimentäres Affenorgan verklärt werden, damit AntiFas als Schöpfungskrönung erscheinen? Mittelalterlich!
    „warum rebelliert sein ach so toller bewusster Wille nicht dagegen (keiner zwingt ihn, gerade solchen Mist zu lernen)?“
    Das ist der Fehler: Du machst diesen Willen zu einem Abziehbild deiner Rebellen-Wünsche und brauchst deswegen den Rassismus, die Natur würde für Nazi-Ideologie sorgen, die wegen ihrer Unvernunft nicht dem menschlichen Geist zuzurechnen sei. Das Absurde daran: Die Natur weiß gar nichts von der nationalistischen Ausrichtung eines Individuums, soll aber dafür gesorgt haben, obwohl keinem einzigen Gefühl nationalistische Sortierungen zuzuschreiben ist!

  143. Krim
    16. Oktober 2014, 12:35 | #143

    „Nein, in der Regel ist es eine kleine Teilmenge, um es mal mathematisch auszudrücken, „ Diese Teilmenge halte ich nicht für klein. Zumindest so groß, dass sie aus weltanschaulichen Urteilen entstanden ist, und nicht aus einem abstrakten Bedürfnis nach Gemeinschaft. Weil auch bei der kleinen Teilmenge weltanschaulich Urteile zugrunde liegen, sind diese auch kritisierbar und zu kritisieren und nicht damit zu entschuldigen, dass seine
    „Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe,
    Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit.
    Du hast nie gelernt dich zu artikulieren
    Und deine Eltern hatten niemals für dich Zeit.“
    Das Lied von den Ärzten war immer eines der ärgerlich dümmsten, wo gibt. Du behauptest jedoch es sei die Wahrheit.
    „(Die denken übrigens auch, nur haben sie kein Bewusstsein über ihr Denken)“ 1. Denken unterstellt Bewusstsein, sonst ist es kein Denken. 2. Haben Menschenaffen sehr wohl ein Bewusstsein.
    „Weil er seinen psychologischen Mustern folgt,“ Oh je. Der Mensch ein Psychotier. Alles kannst du dir eher vorstellen, als einen Menschen, der sich denkend auf die Welt bezieht und sein Interesse zum Leitfaden seines Denkens macht. Statt dir dieses Interesse zu erklären, hältst du ihn lieber für psychologisch programmiert.
    „Das Bewusstsein ist aber in aller Regel eben nicht kritisch gegen das Gefühl“ Das kommt daher, weil das Gefühl d.h. die innere Bestimmtheit als Maßstab des Gefühls durch die bewussten Urteile über die Welt geformt wird.
    „sondern macht sich zu dessen Sprecher.“ Blödsinn! Nochmal: Das widerspricht unmittelbar dem Bewusstsein. Wenn das Bewusstsein bloß ein Sprachrohr ist, dann ist es ein Instrument und Instrumente haben kein Bewusstsein. Bewusstsein unterstellt Freiheit des inhaltlichen Denkens und nicht Exekution von psychologischen Programmen.
    „Die Evolution hat das Denken nicht als freien Zweck hervorgebracht, sondern um das zu optimieren, was die höheren Tiere mit ihrem gefühlsmäßigen, nicht bewussten Denken eh schon machten.“ Und was ist das, was die Tiere eh schon machten. Überleben. Und warum hilft Bewusstsein beim Überleben? Weil es gerade k e i n e n Programmen folgt, sondern eine neue Situation abschätzen also gedanklich vorwegnehmen kann, und daraus eine Bewältigungsstrategie eine Problemlösung entwickeln kann. Das geht nicht, wenn das Bewusstsein z.B. einem Fluchtinstinkt unterworfen ist.

  144. Mattis
    17. Oktober 2014, 21:40 | #144

    „Das erklär mal. Was will da wer wie kompensieren und warum? Der logische Fehler der Aggressionstheorie: das Resultat (da gehen welche aufeinander los) wird als Grund präsentiert.“ (naja)

    Nein, falsch verstanden. Der Grund der von uns hier diskutierten Aggression liegt im Anliegen, eigene Erfolglosigkeit zu kompensieren (statt ihrer Ursache nachzugehen und diese abzuschaffen). Das ist ein psychisches Muster, absolut nichts Rationales. Dem liegt auch kein Einschätzungsfehler zugrunde. Hier macht sich der Verstand zum Diener der Psychologie, das ist leider so. Und diese Psychologie ist evolutionär entwickelt (die kann man nicht erfinden), da kann ich doch nichts für.

    „Es scheint also mit deiner Brille ein Naturphänomen zu sein, sein Siegerideal an Schwächeren zu demonstrieren – da kann man dann halt nichts machen, weil‘s Natur ist …“ (naja)

    Ob und wie man das ändern kann, ist ein ganz anderes Thema, leg mir das nicht in den Mund. Hier geht es erstmal um den Sachverhalt selber.
    Du meinst anscheinend, so ein aggressiver Typ denkt, vielleicht sollte er das „Siegerideal an Schwächeren demonstrieren“ – und angesichts dieses intellektuellen Entschlusses freut es ihn dann ungemein, Schwächere zu demütigen. – So läuft das doch nicht. So ein Hochgefühl der Überlegenheit entsteht doch nicht durch einen Entschluss, man kann doch Gefühle nicht per Wille einschalten, wenn das Verlangen danach nicht schon irgendwie da wäre. Dieses Verlangen ist überhaupt der Grund dafür, dass so ein Entschluss gefasst wird, der Entschluss setzt die bestehende Tendenz in die Tat um und baut sie dadurch weiter aus.
    Aus der bloßen Feststellung, dass man als Schwacher und Verlierer blöd dran ist, folgt ja nun wirklich nicht, dies erstens ganz ok zu finden und zweitens sich selber in die Siegerrolle hinein zu fantasieren. Auch nicht als „Fehler“ – wieso sollte der Verstand so einen blöden Fehler machen – weder zwingt ihn jemand noch unterliegt er einer Sinnestäuschung oder einem Rechenfehler. Das ist eine ganz pure Psycho-Logik, keinerlei sachliche Logik. Und solche Psychologie gibts eben schon bei den höheren Tieren, auch wenn das nun dein Menschenbild ankratzt, weil du immer wieder dein Ideal gegen die Realität hältst. – Auch das ist übrigens Kompensation: an Idealen zu kleben, die nicht begründbar sind.

    „Die Natur weiß gar nichts von der nationalistischen Ausrichtung eines Individuums, soll aber dafür gesorgt haben, obwohl keinem einzigen Gefühl nationalistische Sortierungen zuzuschreiben ist!“(naja)

    So direkt funktioniert das natürlich nicht. Ob Stamm oder Fürstentum oder Nationalstaat – die Psyche ist da variabel, da gehts ums Prinzip. Aber dass die Nation gefühlsmäßig als die „eigene Horde“ gefühlt wird, erklärt diese große Gefühlsduselei dabei; natürlich muss dabei die Nation als Lebenswelt beurteilt worden sein, der man in abhängiger Weise zugehört, das ist freilich ein Urteil, aber meine Rede ist, solche Urteile werden nur dann gefällt, wenn man sich a) anpasst statt nachzudenken und b) dann die Nation als eigene Horde, Stamm oder Großfamilie imaginiert. Das der Psychologie entsprechende Denkmuster ist abstrakt längst vorhanden, bevor dieses dann in die vorfindlichen Begriffe gefasst wird.
    Bei der Religion ist es genauso. Warum können sich Katholiken beim Papstbesuch begeistern? Nicht weil es in einer direkten Form genetisch so verankert wäre; nein, in der Psychologie geht es um Muster und Neigungen, die nach Erfüllung suchen, und dabei gibt es eine breite Variabilität. – Also der Papstverehrer ist begeistert, weil dieser Chef für die Religion steht, auf die man große Stücke hält. Wie aber ist man dazu gekommen? Hat man die Bibel studiert und dann gesagt, ok, Jungfrauengeburt ist einleuchtend, Wiederauferstehung ist auch logisch, und die Dogmen des Katholizismus sind nachvollziehbar, daher mein Entschluss, dem zuzustimmen? Beim Kauf eines Gebrauchtwagens würde keiner sagen: ok, die Bremsen funktionieren nicht, ob das Getriebe ok ist kann ich nicht beweisen, aber ich will jetzt einfach glauben und vertrauen, dass das ein ganz toller Schlitten ist?
    Der religiöse Mensch nutzt und übergeht zugleich den Verstand, einzig um seinem Trost- und Hoffnungsbedürfnis zu entsprechen. Angesichts vieler Ungewißheiten, Niederlagen und Leiden geht er in die Regression, sucht in einer ideellen Form danach, eine Art behütetes Kind sein zu können: geliebt, geschützt etc.: Vater unser, Mutter Gottes. Ob das nun am Ende des Tages katholisch, evangelisch oder muslimisch ausgeht, wissen die Gene nicht, woher denn auch, aber bei einem der bestehenden Dogmensysteme schnackelt es halt, meistens eh das, wo man schon Zwangsmitglied ist. Das gibt dann einen zusätzlichen Geborgenheitsfaktor ab. Die Anpassung ans Bestehende ist eh die Haupttendenz.
    Also meine Frage ist: aus welchem rein intellektuellen „Fehlschluss“ würde sich eine Hinwendung zur Religion erklären können, wenn diesem „Fehlschluss“ nicht schon die regressive Tendenz innewohnen würde? Wie könnte sich ein freier Geist derart vertun beim Urteilen über die Welt? Muss nicht das Muster, Trost zu suchen statt die Ursachen des Leidens aufzulösen, schon da sein? Wieso sollte sich der Verstand für so ein Muster entscheiden?

    „…-„Das Bewusstsein ist aber in aller Regel eben nicht kritisch gegen das Gefühl“– Das kommt daher, weil das Gefühl d.h. die innere Bestimmtheit als Maßstab des Gefühls durch die bewussten Urteile über die Welt geformt wird.“(Krim)

    Nein Krim, der wirklich relevante Schritt geht umgekehrt, genauer gesagt ist ein stufenweiser Prozeß. Wer glauben will, beginnt sich für Religion zu interessieren, und was ihm dann gefühlsmäßig und mentalitätsmäßig am besten passt, da bleibt er dann hängen. Vorher weiß er z.B. noch nicht, dass er katholisch werden wird, aber irgendwie erscheint ihm dies als das beste der bestehenden Angebote, es „passt“ für ihn. Aber dass er sich da gut „aufgehoben“ fühlt, ist nicht seinen Urteilen zu verdanken, sondern er sagt dann Ja, wenn es für seine Gemütslage und sonstige erworbene Einstellungen passend erscheint.

    „Bewusstsein unterstellt Freiheit des inhaltlichen Denkens und nicht Exekution von psychologischen Programmen.“ (Krim)

    Das ist eben ein falscher Gegensatz – jedenfalls, wenn der Verstand zum Diener der unbegriffenen psychischen Muster gemacht wird. Und nochmal: diese Muster sind in erster Linie Anpassung, Kompensation etc. Wo sind denn deine vielen „inhaltlich“ denkenden Individuen, jedenfalls weit unterhalb der 1-Prozent-Hürde. Warum „entscheiden“ sich fast alle so bescheuert? Wenn du schreibst, das Bewusstsein folgt keinem festen Programm, dann sage ich dazu: der Verstand konstruiert in den meisten Fällen solche Programme, die nur Varianten der üblichen Muster von Anpassung sind. Das Bewusstsein kommt sich dabei klar und ganz frei vor.

  145. Krim
    18. Oktober 2014, 00:53 | #145

    „und was ihm dann gefühlsmäßig und mentalitätsmäßig am besten passt, da bleibt er dann hängen.“ Merkst du nicht, dass du hier eine „Gefühlslage“ schon unterstellst? Wo soll die denn herkommen? Ist die angeboren? Du ergänzt ja selbst, dass es an „sonstigen erworbenen Einstellungen“ irgendwie auch liegen soll.
    „Das ist eben ein falscher Gegensatz“ Warum? Das Bewusstsein kann kein Diener einer anderen inneren Instanz sein und gleichzeitig Bewusstsein. Das Bewusstsein kann sich nur selbst zum Diener seiner Affekte machen w o l l e n.
    „diese Muster sind in erster Linie Anpassung, Kompensation“
    Anpassung und Kompensation sind keine psychologischen Muster. Woher soll das Muster den wissen, an was es sich Anpassen soll. Kompensation von Erfolglosigkeit unterstellt ein Konkurrenzideal des Siegers, das weder in der Natur noch in der Psyche verankert ist.
    „Wo sind denn deine vielen „inhaltlich“ denkenden Individuen, jedenfalls weit unterhalb der 1-Prozent-Hürde.“ Bloß weil sie nicht denken wie du es gern hättest, sind sie noch lange keine Gefühlstiere.
    „der Verstand konstruiert in den meisten Fällen solche Programme, die nur Varianten der üblichen Muster von Anpassung sind.“ Wenn das Bewusstsein Programme von Anpassung konstruiert, dann deshalb weil es sich anpassen w i l l und nicht weil es einem eingeschriebenen Muster folgt.

  146. Krim
    18. Oktober 2014, 01:30 | #146

    „Aus der bloßen Feststellung, dass man als Schwacher und Verlierer blöd dran ist, folgt ja nun wirklich nicht, dies erstens ganz ok zu finden und zweitens sich selber in die Siegerrolle hinein zu fantasieren.“ Nein, der Mensch fantasiert nicht, der fasst ein I n t e r e s s e!!! Das Interesse Gewinner und kein Verlierer sein zu wollen, weil man als Verlierer eben der Geschädigte ist. Schaden ist aber Scheiße, also will jeder gewinnen und pflegt von sich das Selbstbild des Gewinners. Das ist jetzt von mir aus Psychologie, aber Psycologie des Bürgers d.h. die Seelenverenkungen, die er sich als bürgerlicher Erfolgsmensch s e l b s t antut. Wenn er also sein Gewinnerimage pflegen will, dann muss er einen Verlierer produzieren, der ihn selbst zum Gewinner macht. Das ist aber keine natürlich eingeschriebene Seelenmechanik, sondern die rationell nachvollziehbare Verrenkung eines bürgerlichen Geistes, der das Gewinnen in der Konkurrenz zu seiner Identität gemacht hat.
    „Der religiöse Mensch nutzt und übergeht zugleich den Verstand, einzig um seinem Trost- und Hoffnungsbedürfnis zu entsprechen.“ Eben. Der w i l l bewusst seinem Interesse an Sinn entsprechen und scheisst deshalb auf Widersprüche. Der wird nicht von einem Psychomuster getrieben.
    „Wie könnte sich ein freier Geist derart vertun beim Urteilen über die Welt?“ Weil hier gar nicht der freie Geist der Ausgangspunkt ist, sondern das I n t e r e s s e in der Welt aufgehoben zu sein und sich mit ihr versöhnen zu wollen. Der Trost soll ja das Leiden e r t r a g e n helfen. Der Verstand folgt also keinen Psychomustern, sondern den Interessen, die er sich selbst gesetzt hat.

  147. jaja
    18. Oktober 2014, 08:46 | #147

    „Der Grund der von uns hier diskutierten Aggression liegt im Anliegen, eigene Erfolglosigkeit zu kompensieren (statt ihrer Ursache nachzugehen und diese abzuschaffen). Das ist ein psychisches Muster, absolut nichts Rationales.“
    Das Anliegen einen Misserfolg ausgleichen zu wollen, um das unangenehme Gefühl des Versagens zu relativieren, ist keine Folge von Drüsenfunktionen sondern ein Entschluss. Wäre dein behauptetes „psychisches Muster“ für diese Strategie verantwortlich, könntest du nicht selbst die Alternative aufzeigen z.B. Ursachenforschung zu betreiben. Was wie warum kompensiert gehört, beurteilt nämlich jeder anders – je nach dessen Einschätzung von Gefühlslage, zur Verfügung stehenden Mitteln usw. Ein „Muster“ erklärt diesen geistigen Vorgang nicht, sondern ersetzt die Erklärung durch das Dogma quasinatürlicher Automatismen, die mal für einen Kompensationszwang, ein andermal für die Suche nach Gründen sorge …
    „So ein Hochgefühl der Überlegenheit entsteht doch nicht durch einen Entschluss“
    Dass bei Siegesfeiern Hochgefühle aufkommen, ist weder der Grund für eine bestimmte Konkurrenzstrategie noch für das angestrebte Ideal des Konkurrenzgewinners. Du unterstellst einfach immer wieder, dass die Gefühlslagen etwas bewirken würden – bloß weil es sie gibt. Dabei beweist du das Gegenteil: wobei welche Menschen warum Überlegenheitsgefühle genießen wollen, hängt an deren Verstandesoperationen und nicht an der Tatsache, dass sie Empfindungen haben.
    „Aus der bloßen Feststellung, dass man als Schwacher und Verlierer blöd dran ist, folgt ja nun wirklich nicht, dies erstens ganz ok zu finden und zweitens sich selber in die Siegerrolle hinein zu fantasieren“
    Aha! Also muss man sich erst sehr viele (verkehrte) Gedanken machen, wenn man sich derart komplizierten Gefühlswallungen aussetzen möchte!
    „die Psyche ist da variabel, da gehts ums Prinzip.“
    Nee, ist klar, die Psyche ist so variabel, dass sie alles erklärt – und wenn nicht, wirken „Prinzipien“ …
    „Also der Papstverehrer ist begeistert, weil dieser Chef für die Religion steht, auf die man große Stücke hält. Wie aber ist man dazu gekommen? Hat man die Bibel studiert …“
    Das Verfahren wurde schon kritisiert, die von die vermisste Kritik als Köder für den Gefühlsübergang zu benutzen. Die Gedanken werden bei dir zu Begleiterscheinungen der Fernbedienung „Psyche“, gilt das auch für deine Gedanken?

    Der Psychologie-Verehrer ist angesichts seiner Ausführungen begeistert, weil er auf diese Weltanschauung große Stücke hält. Wie ist er dazu gekommen? Hat er Freud studiert? … usw.

    „Die Anpassung ans Bestehende ist eh die Haupttendenz.“
    Auf deine Theorie trifft das auch zu? Ist das womöglich die „Tendenz“ deine psychologistischen Denkens? Bist du am Ende selbst ein Gefangener deiner Instanzen, wenn du so einen Unsinn erzählst? Zusammenfassend: Ist die Psychologie deine Religion – oder bloß tendenzmäßig?

  148. Mattis
    21. Oktober 2014, 21:27 | #148

    @Krim

    „Anpassung und Kompensation sind keine psychologischen Muster. Woher soll das Muster den wissen, an was es sich Anpassen soll.“

    Na an was wohl? An die vorgegebene Weise, sich am Leben zu erhalten. Es ist eben ein Muster und kein spezielles Gen, das nur auf die Anpassung an Lohnarbeit spezifiziert ist. (Wenn sich übrigens in der Natur nur diejenigen Tiere an neue Umstände anpassen könnten, die diese Umstände bereits vorher kennen, dann – merkst du was?).

    „Wenn das Bewusstsein Programme von Anpassung konstruiert, dann deshalb weil es sich anpassen w i l l und nicht weil es einem eingeschriebenen Muster folgt.“

    Dann erklär mal, wieso dieses Bewusstsein immer wieder einen so bescheuerten Willen erzeugt. Bei dir (und bei der naja-Fraktion auch) bleibt das nämlich ein komplettes Rätsel. Wenn fast alle sieben Milliarden Menschen den Fehler machen, sich an ungemütliche Umstände nicht nur anzupassen, sondern diese Umstände auch noch bis zur Begeisterung gutheißen, dann muss es einen Grund geben, der in ihnen selbst liegt. Damit ist übrigens nicht zugleich behauptet, es könne keine „entgegenwirkenden Ursachen“ geben. Man muss aber erkennen, womit man es primär zu tun hat bei dem Thema.

    „Nein, der Mensch fantasiert nicht, der fasst ein I n t e r e s s e!!! Das Interesse Gewinner und kein Verlierer sein zu wollen, weil man als Verlierer eben der Geschädigte ist.“

    Vom Interesse, möglichst gut zu leben, kommt man logischerweise nicht auf den Trip, Gewinner sein zu wollen. Es sei denn, die Anpassung an das vorherrschende System, das eben nur Gewinner und Verlierer kennt, ist das bestimmende Motiv. Was du Interesse nennst, da ist doch schon alles gelaufen, da ist die Anpassung längst passiert.

    „Wenn er also sein Gewinnerimage pflegen will, dann muss er einen Verlierer produzieren …“

    Dein Credo heißt „wenn … dann“. Aber wie kommt er zu seinem „wenn“? Warum gilt fast ausnahmslos für jedermann dieses „wenn“? Du drehst dich im Kreis. Du gibts keine Erklärung an, sondern unterstellst immer schon die Entscheidung, die du zu begründen suchst.

    „Weil hier gar nicht der freie Geist der Ausgangspunkt ist, sondern das I n t e r e s s e in der Welt aufgehoben zu sein und sich mit ihr versöhnen zu wollen. Der Trost soll ja das Leiden e r t r a g e n helfen. Der Verstand folgt also keinen Psychomustern, sondern den Interessen, die er sich selbst gesetzt hat.“

    Der Verstand als solcher hat überhaupt keine Interessen. Er dient den bewussten ebenso wie den unbegriffenen Motiven und Verhaltensmustern und bestimmt dementsprechend die Art und Weise, wie Interessen formuliert und verfochten werden, das ist der Punkt. Ab da stimmen dann deine Formulierungen. Aber den Anfang, den Grund, den kriegst du nicht hin. Wieso sich der Verstand, Wille oder Geist für solche selbstschädigenden Interessen entscheidet. Keine Gewalt zwingt ihn zu seinen Überzeugungen, und reiner Zufall oder schlichter Irrtum sind diese auch nicht, oder willst du das behaupten?
    @naja

    „Wäre dein behauptetes „psychisches Muster“ für diese Strategie verantwortlich, könntest du nicht selbst die Alternative aufzeigen z.B. Ursachenforschung zu betreiben. Was wie warum kompensiert gehört, beurteilt nämlich jeder anders …“

    „Ein „Muster“ erklärt diesen geistigen Vorgang nicht, sondern ersetzt die Erklärung durch das Dogma quasinatürlicher Automatismen …“

    Da ist etwas nicht verstanden worden. So ein Muster ist doch keine detaillierte Vorschrift, und ist auch nicht das einzige Schema im psychologischen Spektrum des Menschen. Nur indem du das unterstellst, kannst du einen Widerspruch bei mir konstruieren. Das wäre genauso verbohrt, als würde man jedem Menschen genau dasselbe Maß an Neugier, Ängstlichkeit etc. zuschreiben und ein absolut identisches Programm für das Reagieren in bestimmten Situationen. Selbst Tiere, z.B. Hunde aus dem gleichen Wurf, zeigen innerhalb eines gewissen Spektrums von Geburt an deutliche Unterschiede in der Mentalität, ohne natürlich über diese jemals nachgedacht oder bewusst entschieden zu haben, und es gibt manchmal überraschende Besonderheiten. Nichts daran ist widersprüchlich. Das pure Klonen von Programmen war in der natürlichen Evolution nicht so erfolgreich wie Variantenreichtum und das Entwickeln relativ (!) offener Strategien, und in diesen Kontext gehört auch die Entwicklung des bewussten Verstandes. Der Verstand hebelt aber die alten Verhaltensmuster nicht einfach aus, sondern dient im allgemeinen deren besserer Erfüllung.
    Was den Menschen betrifft, gibt es eben etliche Varianten von Anpassung; fast jeder Verstand hält ja auf sich, irgendwie kritisch zu sein, noch die letzte Ordensschwester ist selbstverständlich „nicht unkritisch“ gläubig! … aber: es ist es eben eine besondere Leistung, den Geist nicht für Varianten der Unterwerfung zu verwenden, sondern Umstände grundsätzlich in Frage zu stellen. Das ist eine Hürde. Dass diese Hürde genommen werden kann, widerlegt nicht, dass es sie gibt. Aber das hat nicht die Selbstverständlichkeit, mit der die übliche Anpassung praktiziert wird.

  149. jaja
    21. Oktober 2014, 23:07 | #149

    @M
    „So ein Muster ist doch keine detaillierte Vorschrift, und ist auch nicht das einzige Schema im psychologischen Spektrum des Menschen.“
    Du windest dich, das alte Lied: ich bestreite die von dir als Grund angegebenen „Muster“ und dein Konter ist, dass das Muster doch nicht jeder Entscheidung etwas vorschreibe und dass es davon noch mehr gebe. Die Behauptung ist aber, dass das, was du für psychologische „Muster“ hältst, z.B. sozial anerkannter Gewinner sein wollen, in Wahrheit erlernte Stellungen zur (bürgerlichen) Konkurrenz sind. Dass die dafür notwendigen Gedanken nicht nur von Gefühlen begleitet sind, sondern dieses Seelenleben auch noch als Instanz für eine Berechtigung der eigenen Überzeugung genutzt wird, ist nicht bestritten, aber dass irgendein Gefühl (samt Muster) für die Idee verantwortlich sei, Siegerposen zu kultivieren.
    „Das ist eine Hürde. Dass diese Hürde genommen werden kann, widerlegt nicht, dass es sie gibt. Aber das hat nicht die Selbstverständlichkeit, mit der die übliche Anpassung praktiziert wird.“
    Ok, (fundamentale) Gesellschaftskritik ist eine Hürde, da muss man ein wenig über die gesellschaftlich üblichen Erklärungen hinausdenken. Dass das so ist, belegt aber nicht, dass das Unterlassen von Kritik mit „Anpassung“ erklärt wäre, sondern dass Kritik einiges an Aufwand kostet, v.a. wenn sie grundsätzlich ist.
    Deine Anpassungstheorie subsumiert das Ausbleiben von (erwünschter) Kritik unter einen quasinatürlichen Vorgang (daher die obligatorischen Tiervergleiche!). Es sind aber die vielen falschen Gedanken, die bei Menschen zum Opportunismus führen – mit Evolution kannst du die nützliche Idiotie von Untertanen nicht erklären, da musst du schon das Weltbild ernst nehmen, was die sich angeeignet haben! Dass deine verkehrten Gedanken keinem geistigen Evolutionssprung entwachsen sind, dürfte jetzt auch klar sein.

  150. Krim
    22. Oktober 2014, 01:35 | #150

    „An die vorgegebene Weise, sich am Leben zu erhalten.“ Wenn etwas vorgegeben ist, muss es auch Leute geben, die Vorgaben machen. Bei denen ist dann passenderweise dieses Handlungsmuster nicht vorhanden, sonst müssten sie sich ja anpassen, statt vorzugeben. Seltsamerweise wirkt sich das Handlungsmuster der Anpassung nur bei denen aus, denen sowieso nicht in der Lage sind, etwas vorgeben zu können. Sehr passend wie hier, die von dir postulierte innere Beschaffenheit des Menschen auf die gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnisse passt.
    „(Wenn sich übrigens in der Natur nur diejenigen Tiere an neue Umstände anpassen könnten, die diese Umstände bereits vorher kennen, dann – merkst du was?)“ Du musst mir schon sagen, was du sagen willst, sonst verstehe ich das nicht. Tiere können sich nur sehr eingeschränkt anpassen. Tiere passen sich nicht an, sondern sterben aus. Nur die Mutanten, deren Anlage zufällig besser auf die neue Umweltbedingung passt, leben weiter.
    „Dann erklär mal, wieso dieses Bewusstsein immer wieder einen so bescheuerten Willen erzeugt.“ Das liegt an ihrem Interesse als Eigentümer in der Welt sein Glück und Fortkommen suchen zu wollen. Das haben wir ja schon des öfteren diskutiert. Das liegt am notwendig falschen Bewusstsein – kurz gesprochen. Sie nehmen die gesellschaftlichen Gegebenheiten, wie eine Naturvoraussetzung, die zu hinterfragen nichts bringt, weil es nichts ändert. Wie sich die Naturgesetzen nicht ändern, weil man sie kennt. (Das stimmt zwar nicht, ist aber ihr Bewusstsein von der Welt.) Auf diese gesellschaftliche „Natur“voraussetzungen kann man sich „vernünftigerweise“ nur einstellen. Also betätigen sie ihr Interesse in den Formen, die die Eigentumsverhältnisse ihnen vorgeben.
    „Es sei denn, die Anpassung an das vorherrschende System, das eben nur Gewinner und Verlierer kennt, ist das bestimmende Motiv.“ Ich sag ja auch nicht, dass in ihr Interesse kein Moment der Anpassung enthält. Aber ich bestreite, dass es sich bei der Anpassung um ein psychologisches oder sonstiges Muster handelt. Die Anpassung geht eben nicht über Muster am Willen vorbei, sondern ist ein mit Bewusstsein verfolgtes Interesse.
    „Aber wie kommt er zu seinem „wenn“?“ Das ist aber ein Gegenstandswechsel bzw. eine neue Fragestellung. Erstmal ging es doch darum zu widerlegen, dass es sich um kein Handlungsmuster handelt. Wenn das klar ist, kann man sich auch fragen, wie jemand darauf kommt die Identität eines Konkurrenzgewinners pflegen zu wollen.
    “ Wieso sich der Verstand, Wille oder Geist für solche selbstschädigenden Interessen entscheidet. Keine Gewalt zwingt ihn zu seinen Überzeugungen, und reiner Zufall oder schlichter Irrtum sind diese auch nicht, oder willst du das behaupten?“ Dein Gedanke ist immer derselbe. Du sagst: So blöd sich selbst zu schädigen, k a n n doch gar keiner sein. Das ist bei dir kein Aufreger, oder Verzweiflungsseufzer, sondern du meinst das ernst und denkst daran weiter. Weil so blöd keiner sein kann, soll es auch schon gar nicht mehr am Denken liegen, dass die Leute so blöd sind, sondern an was anderem, nämlich an deinen psychologischen Handlungsmustern. Dabei schenkst d u dir doch die Antwort auf die Frage, wieso sich der Wille für selbstschädigende Interessen entscheidet.
    Die Antwort ist zunächst nämlich denkbar einfach: Weil er seine Interessen gar nicht für selbstschädigend hält. Die Schädigung kommt doch immer von anderen, die ihnen Prügel in den Weg legen, die gierig und inkompetent sind, die ihre Macht missbrauchen oder an sonstigen Unfällen, Katastrophen und Fehlern. Mit anderen Worten, die Leute leugnen erstmal die Systematik der Schädigung ihrer Interessen. Nicht dass man auf die Wahrheit nicht kommen könnte, aber sie denken eben immer schon an ihrem Konkurrenzinteresse um Eigentum entlang. Auf dieses Interesse kommen sie zunächst, weil es gesellschaftlich vorgegeben ist. Es ist überhaupt die einzige Weise und Möglichkeit sich zu reproduzieren. Weil es die einzige Möglichkeit ist sich zu reproduzieren, nehmen sie den Zwang zum Verkauf der Arbeitskraft aber irgendwann als Chance d.h. Sie pflegen ein Bewusstsein der Freiheit zu den Diensten, die sie verrichten müssen. Weil es die einzige Möglichkeit zur Reproduktion ist, die bleibt, beziehen sie sich darauf, wie auf ein Mittel. Und so beziehen sie sich positiv bzw. interessiert auf die Einkommensquelle Lohnarbeit, die gar nicht ihr Mittel ist, sondern sie schädigt.

  151. jaja
    23. Oktober 2014, 13:49 | #151

    „Der Verstand als solcher hat überhaupt keine Interessen. Er dient den bewussten ebenso wie den unbegriffenen Motiven und Verhaltensmustern und bestimmt dementsprechend die Art und Weise, wie Interessen formuliert und verfochten werden, das ist der Punkt.“
    Ich versuch‘s noch mal konstruktiv: Es stimmt schon, dass Präferenzen, Geschmäcker oder Befindlichkeiten nicht das Ergebnis von Denkprozessen sind. Man entscheidet sich nicht für seine Vorlieben, indem man vernünftige Argumente für die Wahl von Schoko- oder Erdbeereis prüft. Aber zu einem INTERESSE wird das Plus/Minus-Gefühl doch erst, wenn ein Mensch den Wunsch nach „Angenehmen“ praktisch umsetzt. Dafür reicht das Gefühl, es möge einem gut gehen, nicht ansatzweise. Andersrum: das Interesse eines Menschen ist immer auch schon die geistige Antizipation von Zwecken und dabei möglichen Gefühlszustände – von der Begutachtung der Mittel, sich inhaltslos gute Gefühle verschaffen zu können, ganz zu schweigen.

  152. Siggi
    23. Oktober 2014, 13:56 | #152

    „Kritik des GegenStandpunkts – Von Fehlern und Härten unreflektierter Rationalität“ (CEEIEH #217 / Oktober 2014)

    „Argumente prüfen und sich einleuchten lassen, sowie das Reden von ›Zwecken‹, ›Interessen‹, ›abstrakter Zugriffsmacht‹ und ›Tautologien‹, das am Ende immer souverän Recht behält, kennt man heute von der Nachfolgeorganisation der Marxistischen Gruppe: dem GegenStandpunkt. Dieser gibt vierteljährlich eine Zeitschrift heraus und veranstaltet Vorträge, Schulungen und Diskussionsrunden zu gefühlt allen Themen, ob Demokratie, Lohnarbeit, Dummheit, Psychoanalyse, Heidegger oder Kafka. An diesen Gegenständen wird die kapitalistische Gesellschaft und bürgerliches Denken kritisiert. Die Kritik zielt dabei immer inhaltlich darauf ab, die falschen Gedanken Anderer über den Kapitalismus zu korrigieren, indem die sich das vorgetragene Argument einleuchten lassen. Wenn man die Argumente verstanden hat, weiß man dann, woran man bei der jeweiligen Sache ist und was davon zu halten ist. Das macht die Anziehungskraft des GegenStandpunkts aus.
    Der vorliegende Text beschäftigt sich nicht primär mit dem Inhalt ihrer Kapitalismus- oder Staatskritik (bei der sich viel Vernünftiges lernen lässt!), sondern mit der Freiheit von Willen und Denken, die ihren Kritiken immer vorausgesetzt ist, über die aber nur selten explizit geredet wird. Hier wird gezeigt, dass sich Psychologie und auch eine kommunistische Kritik, die sich ihrer bedient, nicht konsequent an Widerspruchsfreiheit messen lassen sollte und selbst die Psychologie des GegenStandpunkts nicht ohne (unbemerkte) Widersprüche auskommt. Das Vertreten einer rationalisierten Psychologie, die keine Widersprüche gelten lässt, hat beim GegenStandpunkt Konsequenzen dafür, wie sie die kapitalistische Gesellschaft begreifen und kritisieren. Aus den theoretischen Fehlern ergeben sich Tendenzen, die ihrer Intention, die Schädigung der Individuen im Kapitalismus abzuschaffen, krass entgegenlaufen. (…)“

  153. 23. Oktober 2014, 15:14 | #153

    So ähnlich wie Konrad Ess jetzt in dem obigen Conne Island-Artikel hat vor einigen Jahren schon die linke Philosophin Christine Zunke argumentiert: „Es gibt nur einen vernünftigen Grund, Freiheit gesellschaftlich verwirklichen zu wollen: Moral“
    Den Vortrag, den sie zu diesem Thema 2010 bei der Roten Ruhr Uni gehalten hat, habe ich damals abgeschrieben und in den Thread zur Kritik von Rolf Röhrig am Moralismus untergebracht Mittlerweile gibt es das auch in einem Buch: Die Moral in der Kritik, Ingo Elbe, Sven Ellmers (Hg.), Könighausen Neumann, Würzburg 2011, S. 11-37

  154. libelle
    23. Oktober 2014, 16:53 | #154

    @CEEIEH/Siggi – mit Einschränkung (u.a. Moralität als quasinatürliches Bedürfnis (stimme ich nicht zu) und tw. den wenigstens ergänzungsbedürftigen Einlassungen zu Interessen/Bedürfnissen am Anfang) ein wirklich gelungener Text, bravo!
    Edit: Neoprene verweist dann auf das Fatale an solchen Moralvorstellungen. Dagegen wäre zu sagen, dass man auf die Art vielleicht irgend eine Freiheit, aber kein angenehmes Leben „verwirklicht“ bekommt.

  155. jaja
    23. Oktober 2014, 17:03 | #155

    @Siggi
    Dein Plädoyer fur irrationale Gesetze, die mittels rationaler Argumente vorgetragen werden? Oder soll man darüber lachen, dass in der Psychologie die Gesetzmäßigkeiten der Welt als geistlose und unverstandene postuliert werden?
    „Wie für die Benutzung durchs Kapitals muss die Welt beim GSP auf ihre rational fassbaren Gesetzmäßigkeiten reduziert werden.“
    (Siggi via CEEIEH #217 / Oktober 2014)
    Richtig kindisch: Kapital böse, also GSP böse, weil beide zu rational für Psychologengemüt … Und um das schlechte Gefühl bei Kritik zu vermeiden, zitieren Psychos daher lieber Dummheiten statt eigener Argumentation …

  156. Siggi
    23. Oktober 2014, 17:48 | #156

    Zur Klarstellung:
    Von einem „Plädoyer für irrationale Gesetze“ o.ä. kann überhaupt keine Rede sein. Der Grund für die Links ist ein ganz einfacher: Mir war aufgefallen, dass fast gleichzeitig Braunschweiger Antifas und Antideutsche aus Halle und Leipzig sich an einer Kritik des GS über die Psycho- bzw. Moral-Schiene versucht haben. Darauf sollte hingewiesen werden, das ist alles. Geteilt werden die Kritiken von mir nicht.

  157. Krim
    23. Oktober 2014, 17:50 | #157

    „Wenn Kritik ein Mittel für die eigenen Interessen sein soll, dann wäre gerade der praktische Erfolg ein relevanter Maßstab. Und wenn der immer wieder ausbleibt und die Revolution heute sehr weit entfernt scheint, wäre es nur zweckmäßig, zu versuchen sich einfach nur bestmöglich in den kapitalistischen Verhältnissen zu behaupten.“ Da wird ja ziemlich schnell klar, woher der Wind weht. Tun wir einfach mal so, als seien die „eigenen Interessen“ von Kommunisten was ganz und gar systemimmanentes z.B. mehr Geld und schon taugt Kommunimus gar nicht mehr so richtig zur Verfolgung dieses Interesses. Wenn man aber feststellt, dass kapitalistische Ausbeutung nicht zum eigenen Interesse passt, wie soll denn dann das „bestmögliche behaupten in den kapitalistischen Verhältnissen“ dem Interesse dienen? Für einen Antikommunisten ist das aber saulogisch.
    „Kommunistische Kritik ergibt heute nur noch Sinn, wenn ausgehend von eigenen Interessen und eigenem Leid Ziele hinzukommen, die über eine_n Selbst hinausgehen: der Wunsch Leiden in der Welt zu verringern und sie vernünftig und sinnvoll einzurichten. Ohne diese Motivation würde es auch keinen GSP und seine Sympathisant_innen geben. Gleichzeitig streiten sie diese aber als »gar nicht existente allgemeine Interessen, Werte und Ideale«(3) ab und verweisen auf nur eigene Bedürfnisse.“ Das eigene Leid lässt sich dann wohl auch im Kapitalismus wunderbar abstellen, wenn bloß der Altruismus Grund für Kommunismus sein soll. Logisch ist das allerdings nur für einen bis in die Knochen bürgerlichen Konkurrenzcharakter. Dass es nicht nur mir selbst gut geht, sondern auch der Gesellschaft, in der man lebt, arbeitet, von der man als gesellschaftliches Wesen auch schon im Kapitalismus bis ins kleinste abhängt, das kann sich so ein bürgerlicher Konkurrenzidiot bloß als „Wert und Ideal“ vorstellen.
    „Gefühle seien hingegen Urteile des Verstandes, die »zur Gewohnheit geworden sind und sich in unmittelbarer Form, ohne die neuerliche Anstrengung des Gedankens betätigen«(4) Schaut man im Quellenverzeichnis steht da: (4) Die Psychologie des bürgerlichen Individuums, S. 19
    S.19 in diesem Buch findet sich aber das obengenannte Zitat nicht.
    Die Behauptung „Gefühle seien Urteile des Verstandes“ wird also untergeschoben. Die eigentliche Erklärung wird unterschlagen und so verdreht und runtergebrochen, dass eine falsche Behauptung daraus wird. Ebenso ist Fußnote 6 erfunden, d.h. findet sich nicht auf S.19 des Psychologiebuches.
    „aber es ist verkehrt anzunehmen, dass der Ausgangspunkt von jedem Gefühl ein bewusstes Urteil ist.“ So geht es eben, wenn man nicht kapieren will, w i e das Urteil Ausgangspunkt des Gefühls ist, sondern das Urteil umstandslos als Grund des Gefühls angibt, als würde man sich ein Gefühl jedes mal überlegen, als sei es direkt das Resultat eines bewussten Denkprozesses.
    „genauso wenig könnte man sich als Erwachsener einfach völlig gegen Moral und das Schämen entscheiden.“ Doch das geht durchaus. Es dauert eben nur bis die Kritik von Moral und Scham zur inneren Bestimmtheit geworden ist.
    „Wie der GSP erkennt, gibt es auch die Möglichkeit sich gegen einen Wunsch zu entscheiden, aber solche Entscheidungen setzen voraus, dass man den Wunsch reflektiert, und brauchen außerdem eine bestimmte Kraft, umso größer, je größer der zu unterdrückende Wunsch ist.“ So wie das Kind ein Überraschungsei jetzt gegen zwei später abwägen soll? So ein Schmarrn. Für die Rationalisierung eines Wunsches braucht es keine Kraft, denn wenn erkannt ist, dass der Wunsch nichts taugt, dann ist es auch kein Wunsch mehr und wenn er was taugt, muss man ihn nicht unterdrücken, sondern verfolgen.
    „Somit ist der Wille bedingt durch Wünsche und Stimmungen und als bedingter Wille nicht frei.“ Was mit einer verstellten Vase bebildert wird, deren Platzierung auf einem Tisch wirklich scheißegal ist. Warum wird die Unfreiheit des Willens nicht daran gezeigt, dass man ihm unter Hypnose etwas einreden kann, was er nicht will? Weil das nicht geht.
    “ Den Entschluss Phobiker_in zu werden und die Gründe, die laut dem GSP zu dieser Entscheidung führen, kann hier aber niemand angeben.“ Haha wie witzig, mir schlafen gleich die Füße ein. Wie wäre es denn, statt nach dem Entschluss Phobiker zu werden zu suchen, einfach nach dem Grund der Angst zu suchen. Vermutlich wird man da eher fündig und muss den GSP obendrein nicht als debil darstellen.
    „Selbst die Übernahme der elterlichen Moral durch Kinder erscheint ihnen daher rückblickend schon als freier Entschluss (vgl. oben). „ Nein. Erstmal ist die Übernahme ein Produkt elterlicher Gewalt. „Wenn du das tust, dann kriegst du bzw. kriegst du nicht…“ Fehlt diese elterliche Gewalt dann später und die Moral wird trotzdem noch geteilt, erst dann ist sie ein freier Entschluss. Was auch sonst? Natürlich saufen und Rauchen die Kids was das Zeug hält, wenn sie die Moral, dass sich das nicht gehört, abgelegt haben. Und wenn sie nicht rauchen, hat ihnen wohl eingeleuchtet, das Rauchen schädlich ist.
    “ Gewalt, die sich nicht physisch zeigt und ableiten lässt, kennen sie nicht einmal mehr in ihrer gröbsten Form: »Warum soll man denn einen anderen Menschen nicht anschreien? Da tut man ihm doch nichts.«(18)“ Genau. Vielleicht hängt das Vorhandensein von Gewalt mehr vom Inhalt des Gesagten ab, als von der Lautstärke. Nur so als Idee. Ist es denn auch Gewalt, wenn man einen Passanten lautstark davor warnt in ein Auto zu laufen. Uhh – böse Gewalt.
    “ Alles, was sich am Objekt der rationalen Erkenntnis entzieht, wird von ihr eingeebnet.“ Ich dachte es entzieht sich. Einebnen geht aber merkwürdigerweise.
    „Nichts Fremdes, was sich seinem Denken nicht einfügt, kann mehr von außen an das Subjekt herankommen. Aber in seiner gedanklichen Verfügung über sich und die Welt verarmt es. Es schrumpft zum Punkt der urteilenden Vernunft.“ LOL. Scheiße aber auch, die blöden Kommunisten sind von außen so schlecht steuerbar. Egal – dafür sind es ganz verarmte, eingeschrumpfte Würstchen.
    „Gerade die Erfahrung von Wahrheit, Sinn oder Glück, in der sich das Subjekt aufgibt und ans Objekt verliert, muss dem GSP also besonders verdächtig erscheinen.“ Rofl. Jetzt wird auch klar was dem verarmten GSP-Urteil fehlt – S i n n. Ja, das braucht der Mensch natürlich, sonst hat das Leben ja keinen Sinn.
    „Alles, was ihm fremd ist und sich ihm entzieht, versucht es sich mit Härte einzuordnen: »Mach mal ein Argument draus!«.“ Argumente sind also Härte. Wie verschroben ist das denn?
    „Der Wunsch nach Unmittelbarkeit, Sinn, Glück oder dem Ende des unnötigen Leids (i.S.v. Moral) fallen diesem Denken als bloß gedanklicher Unsinn zum Opfer.“ Wo es doch geliebte Werte sind, die der Autor keinesfalls missen möchte.
    „Von diesen Wünschen geht dabei ihre Kritik aber notwendig aus, denn um weniger zu arbeiten und mehr zu konsumieren wird auch beim GSP niemand Kommunist_in.“ Nein, Kommunisten wollen definitiv keinen Sinn, abstraktes Glück, oder Moral und mehr Konsum bei weniger Arbeit kann es für die Massen definitiv erst im Kommunismus geben.
    „Um dieser Tendenz entgegen zu wirken, müsste sich vernünftiges Denken auf seinen Ursprung: die ihm fremden Wünsche besinnen, ohne sie selbst an seinem eignen Prinzip zu messen. „ Das ist Unsinn bzw. ein Bekenntnis zur Irrationalistät. Wie soll sich denn vernünftiges Denken auf ein ihm fremdes beziehen ohne das zu tun, was vernünftiges Denken nunmal tut, nämlich vernünftig Denken. Das Denken soll vernünftig denken ohne vernünftig zu denken (,was sein eigenes Prinzip ist.)
    „An bloß rationaler Vernunft würde sich noch jeder moralische Impuls und der Wunsch nach mehr, als dem Immergleichen – nach Glück, Sinn oder Versöhnung – als unvernünftig und leer blamieren,“ Genau, deshalb sollte man mal zur Kenntnis nehmen, dass es im Kommunismus nicht um „Glück, Sinn oder Versöhnung“ geht.
    „aber ohne diese Wünsche wird schließlich auch Vernunft unvernünftig und leer, weil sie sich damit ihrer Zwecke entledigt.“ Weil sich der Autor unter den einzig vernünftigen Zwecken eben bloß „Glück, Sinn oder Versöhnung“ vorstellen kann.
    „Beim GSP werden als Wünsche nur noch die isolierten, eigenen Interessen gelten gelassen,“ Ne. Das hättest du bloß gerne, weil du dir unter dem Verfolgen von Interessen bloß einen bürgerlichen Konkurrenzcharakter vorstellen kannst. „die dann im Kapitalismus wirklich erstmal zweckmäßiger untergebracht wären.“ q.e.d. Stimmt! Der bürgerliche Konkurrenzcharakter ist wirklich besser im Kapitalismus untergebracht.
    „Dieser letzten Konsequenz scheint jedoch immerhin beim GSP eine psychologische Schranke gesetzt zu sein. Diese müsste bewusst werden.“ Damit was? Damit er reumütig in den Schoß von Mütterchen Kapitalimus zurückkehrt? Du bist echt ein ulkiger Zeitgenosse. Bloß weil dein Bedürfnis nach Sinn und Glück vom GSP kritisiert wird, soll das so eine Art Vernunftsekte sein, die sich mit harten Argumenten (Achtung Gewalt) gegenseitig den sinnverklärten Blick auf die Welt austreibt, was dann zu einer geistigen Verarmung führt, die lauter Typen produziert, die zum kalten Kapitalismus eigentlich ganz gut passen würden, wenn nicht von irgendwoher her, eine psychologische Schranke kommen würde, (wahrscheinlich ein Relikt, das sich in den Tiefenschichten der Seele der gruppeneigenen Selbstkasteiung widersetzt,) die sie daran hindert, wieder dem Eigentum zu frönen. Ja klar, sehr einleuchtend, deine Analyse, pardon dein Denkgefühl, wollte ich sagen.

  158. Krim
    23. Oktober 2014, 19:10 | #158

    Danke Siggi für den Hinweis auf den Artikel bei Conne Island.
    Es kam mir übrigens so vor, als sei auch der Thread hier in ihre Kritik eingeflossen.

  159. jaja
    24. Oktober 2014, 17:31 | #159

    @Siggi
    Ok, ein kommentarloser Verweis unterstellt keinen Schulterschluss … missverständlich ist sowas aber schon 🙂

  160. Mattis
    26. Oktober 2014, 18:21 | #160

    Es sind aber die vielen falschen Gedanken, die bei Menschen zum Opportunismus führen – mit Evolution kannst du die nützliche Idiotie von Untertanen nicht erklären, da musst du schon das Weltbild ernst nehmen, was die sich angeeignet haben! (jaja)

    Deine Erklärung für 7 Milliarden falsche Gedanken-Weltbilder ist, dass die Menschen sich diese angeeignet haben. Da schau her, sie haben sich diese angeeignet. Und Krim sagt analog, die haben sich dafür entschieden. Warum aber leuchtet den Milliarden regelmäßig das falsche ein? Ist doch merkwürdig, nicht wahr?
    Wie bei Krim wird ein zirkularer Grund genannt: die Menschen vertreten den Standpunkt, den sie sich zugelegt haben. Das ist halt der Unterschied zwischen Idealismus und Wissenschaft.

  161. jaja
    27. Oktober 2014, 11:05 | #161

    „Warum aber leuchtet den Milliarden regelmäßig das falsche ein? Ist doch merkwürdig, nicht wahr?“
    Dein Verfahren ist doch auch merkwürdig: Dass du glaubst, schlauer als Milliarden zu sein, soll als Beleg durchgehen für deinen Biologismus. Weil du die Milliarden nicht überzeugen kannst, attestierst du denen einen Denk-Algorithmus, den die Natur hervorgebracht habe. Aber die machen gedankliche Fehler, die gar keine wären, wenn das stimmt ,was du behauptest. Wenn nämlich Mutter Natur die Idee erfunden hätte, sich mit seinem Lohnstreifen zufrieden zu geben, bräuchte es weder ideologischen Aufwand, noch wäre es ein Fehler (weil natürliche Folge des Menschseins).
    Du zeihst also nur die Theoretiker eines Biologismus‘, die nicht deine Kritik hervorbringen. Deine eigene Theorie hältst du umgekehrt nicht für eine Folge deiner Drüsenfunktionen (zumindest nicht zwingend wie bei den „Dummen“. Das ist ganz schön durchsichtig, dein angeblich „wissenschaftliches“ Konstrukt: wer Mattis‘ Kritik nicht Folge leistet, unterliege einem biologischen Programm, was für „Anpassung“ statt Mattis-Kritik sorgt. DIESER Gedanke ist ein Anpassungsprogramm (also eine sehr unwissenschaftliche Idee), weil du die inhaltliche Wahl von dir unerwünschten Argumenten in einen quasi-natürlichen Ablauf umdeutest.

  162. Krim
    27. Oktober 2014, 13:01 | #162

    „Und Krim sagt analog, die haben sich dafür entschieden. Warum aber leuchtet den Milliarden regelmäßig das falsche ein?“
    Ich sage nicht einfach platt, dass sie sich entschieden hätten, sondern auch warum ihnen die Entscheidung einleuchtet? Den Inhalt willst du aber offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen.

  163. Moritz
    4. November 2014, 18:16 | #163

    Eigentlich nur etwas für Szene-Beauftragte, die sich auch noch für die Zerfallsprodukte der Autonomen Antifa bzw. deren letzte Überreste interessieren …
    Über die Bedeutung der Antifa im postnazistischen Deutschland

    „Spätestens seit dem Kongress „Antifa in der Krise“ scheint die Debatte über die Rolle einer Antifa im postnazistischen Deutschland wieder einmal neu entfacht. Jüngste Beispiele einer vermeintlichen Krise sind die Umbenennung der „Antifa [f]“ in „kritik&praxis – radikale Linke [f]rankfurt“ und die Auflösung der „Antifaschistischen Linken Berlin [ALB]“.

    In der Sendung soll es darum gehen, die Gründe für eine mögliche Krise und die Bedeutung einer Antifa in der gegenwärtigen Gesellschaft zu bestimmen. Für die Diskussion wurden die Gruppen kritik&praxis frankfurt, die Antifa Task Force aus Jena sowie sous la plage aus Hamburg angefragt.“
    Es wird wohl auf die folgenden Texte Bezug genommen:
    Gestern autonome antifa, heute kritik&praxis, Antifa war gestern und Offener Brief an die ATF Jena
    Falls jemand immer noch bezweifelt, dass nicht alle, aber eine Vielzahl von Antifas früher oder später bei einer Verteidigung des kleineren Übels Demokratie landet, soll er/sie sich das anhören. Das Besondere hier: Man wird Ohrenzeuge, wie sich zwei antideutsche Vereine über die Frage, was im „postnazistischen Deutschland“ von Höchstwerten westlicher Zivilisation wie dem demokratischen Rechtsstaat zu halten ist, richtig in die Haare geraten. Die obligatorischen Seitenhiebe gegen TOP Berlin fehlen natürlich auch nicht. 🙂

  164. Mattis
    5. November 2014, 18:54 | #164

    Zu dem von Siggi verlinkten Text:
    Moral bedeutet üblicherweise, dass man um eines höheren Zieles willen Abstriche am eigenen Nutzen akzeptieren solle. Das Anliegen, dass ein politisches Konzept zugleich anderen und einem selbst nützen soll, ebenfalls als „Moral“ zu definieren, halte ich für irreführend. Nur mit diesem Trick gelingt es, den GegenStandpunkt (und nicht nur den) eines vermeintlichen Moralismus zu überführen. Klar: wenn man schon die Meinung, es sei eine schlimme Sache, wenn Menschen verhungern, als Beleg einer besonderen Moral ansieht! Aber was ist jetzt das Moralische daran? Dass man nicht nur an sich selbst denkt? Ist das schon Moral? Die Autoren scheinen über ihre eigene Moralität recht eingebildet zu sein, wenn sie die Sache derart zielgerichtet umdefinieren. Ein solches Moralverständnis stimmt halt nur mit keinem ansonsten existenten Moralbegriff überein.
    Wenn das Ziel, eine Gesellschaft gemeinschaftlich so einzurichten, dass keiner der Beteiligten die Arschkarte ziehen muss, schon als Moral zu gelten hat, dann ist damit umgekehrt der geltenden Moral, die dem Verzichten zugunsten des als „Gemeinschaft“ behaupteten Ganzen eine höhere Weihe beimißt, das Gütesiegel der allervernünftigsten Geisteshaltung verliehen. Zuviel der Ehre, wie ich finde. Oder anders, wie es mal jemand so formulierte: wenn das für dich Moral ist, dann bin ich Moralist, ok, aber wie nennst du dann all die Moralisten da draußen?
    Der Trick geht aber meist noch weiter: es ist nur der erste Schritt, zu sagen, wenn dein Konzept anderen nützlich ist, dann bist du ein Moralist – die Fortsetzung geht dann so, dass im zweiten Schritt plötzlich das Prinzip der herrschenden Moral (Verzicht zugunsten …) untergeschoben wird, so dass es jetzt heißt: und da du also, wie ich festgestellt habe, ein Moralist bist, willst du ganz offenbar, dass Verzicht und Opfer erbracht werden sollen für dein Konzept. Mit dieser eigenwilligen Form von Logik erreicht man locker innerhalb von 10 Sekunden, dass der Angesprochene einer üblen Instrumentalisierung der Mitmenschen für die eigenen Ziele überführt wird.

  165. Krim
    5. November 2014, 20:00 | #165

    „Dass man nicht nur an sich selbst denkt? Ist das schon Moral?“ Ja. Der Bürger kann sich einen Nutzen nur als individuellen Eigennutz vorstellen. Ergo ist alles was nicht direkt als Eigennutz zu erkennen ist ein abgehobenes Ideal, ein moralische Wunschvorstellung. Was unter Linken ja als Kritik gilt. Also soll es ein politisches Interesse diskreditieren.
    „Wenn das Ziel, eine Gesellschaft gemeinschaftlich so einzurichten, dass keiner der Beteiligten die Arschkarte ziehen muss, schon als Moral zu gelten hat,“ Man könnte auch umgekehrt fortfahren. „dann ist ist das was in dieser Gesellschaft als Eigennutz definiert ist, ein total verdrehte Sache. Man soll es nämlich als Selbstverständlichkeit ansehen, dass mein Nutzen der Schaden von anderen ist, das heißt im Widerspruch zum Nutzen anderer steht. Die stillschweigende Unterstellung ist die kapitalistische Konkurrenzgesellschaft. Deshalb denken sie ja, dass wer den Nutzen anderer propagiert, Selbstverleugnung der eigenen Bedürfnisse betreibt, also ein Moralist ist. In einer kommunistischen Gesellschaft steht der Einzelne aber nicht mehr gegen alle anderen Einzelnen, sondern sie sind sich gegenseitig positives Mittel. Also ist die Forderung, dass es allen gut geht eine Notwendigkeit dafür, dass es auch dem Einzelnen gut geht. Dem einzelnen kann es im Kommunismus eben nicht gut gehen, wenn nicht die Gesellschaft ihre Reproduktion bewältigen kann. Daran merkt man eben was das für eingefleischte Bürger sind.

  166. stankovic
    8. November 2014, 10:45 | #166

    „Ja. Der Bürger kann sich einen Nutzen nur als individuellen Eigennutz vorstellen. Ergo ist alles was nicht direkt als Eigennutz zu erkennen ist ein abgehobenes Ideal, ein moralische Wunschvorstellung.“ (krim)
    „Moral bedeutet üblicherweise, dass man um eines höheren Zieles willen Abstriche am eigenen Nutzen akzeptieren solle“ (mattis)
    Das ist wohl das, was Moralisten selbst unter Moral verstehen: Der Verzicht auf das Eigeninteresse zugunsten des Allgemeinen. Somit ist dieses Verständnis der Moral selber moralisch. Wenn ich den Gegenstandpunkt richtig verstanden haben sollte, dann ist der springende Punkt an der Moral, dass der Eigennutz ja eben nicht aufgegeben, sondern in Form der Heuchelei vorgetragen wird, dem Allgemeinen zu dienen oder vom Allgemeinen gefordert wird, womit seine Relativierung einhergeht.
    @krim
    „Das Lied von den Ärzten war immer eines der ärgerlich dümmsten, wo gibt.“
    Autsch, ich und die meisten, die ich kenne, haben das Lied ganz anders verstanden: es ist eine Persiflage, in der mittels Übertreibung sich lächerlich gemacht wird über das Vorgetragene. Du weißt ja selber wie die Strofe oder der Refrain abschließen: „ARSCHLOCH!“

  167. Krim
    8. November 2014, 14:08 | #167

    „Somit ist dieses Verständnis der Moral selber moralisch.“ Ja.
    Diese Ausmalung der psychischen Mängel und Beweggründe
    Hältst du für Ironie?
    Weil du Probleme hast, die keinen interessieren,
    Weil du Schiss vorm Schmusen hast, Bist du ein Faschist.
    Du musst deinen Selbsthass nicht auf andere projizieren,
    Damit keiner merkt, was fьare ein lieber Kerl du bist!
    Ohoho!
    Das meinen die ernst: Der Nazi ist ein Arschloch, weil er blöde Probleme hat, weil er verklemmt ist, seinen Selbsthass projeziert.
    usw. Das Nazisein ist eben bloß ein „Stummer Schrei nach Liebe“ Deine Interpretation wäre übrigens auch nicht viel besser.
    Du meinst ja die angegebenen Begründungen fürs Nazisein würden der Lächerlichkeit preisgegeben, indem man sie einfach aufsagt/singt. Ohne den Anflug eines Gegenarguments wäre das aber äußerst schwach. Denn „Arschloch“ ist keines. Soll das die Erklärung von Nazibewegründen sein, dass sie Arschlöcher sind. Und jetzt sag nicht, man könnte im Song keine komplexe Theorie ausbreiten. Eine falsche psychologische Theorie haben sie ja schließlich auch hingekriegt.

  168. stankovic
    8. November 2014, 15:26 | #168

    „Ohne den Anflug eines Gegenarguments wäre das aber äußerst schwach. Denn „Arschloch“ ist keines. Soll das die Erklärung von Nazibewegründen sein, dass sie Arschlöcher sind. Und jetzt sag nicht, man könnte im Song keine komplexe Theorie ausbreiten.“ (krim)
    Natürlich kann man, wenn man denn unbedingt schlechte Kunst hinlegen will. Aber die Diskussion mit dir wollte ich gar nicht erst anfangen, sondern nur anmerken, dass Du das Lied gründlich missverstanden hast.
    „Du meinst ja die angegebenen Begründungen fürs Nazisein würden der Lächerlichkeit preisgegeben, indem man sie einfach aufsagt/singt.“ (krim)
    Nein, sondern indem man sie so aufsagt, wie sie in dem Song aufegesagt werden: überzogen! Umgekehrt kannst Du ja die Formulierungen aus dem Song genau so in einer vermeintlich ernsten Diskussion vortragen: Du würdest nicht ernstgenommen werden, auch nicht im sozialpsychologischem Seminar an der Uni.
    Genauso wie ein ironischer Unterton eine gute Ironie zunichte macht, würde die von dir verlangte Eindeutigkeit lediglich eine laue Persiflage abgeben. Ein guter Song hat nun mal nix mit Theorie zu tun: wer glaubt, er hätte ernste Theorie mitzuteilen, wird es hoffentlich nicht gereimt vorsingen.

  169. jaja
    8. November 2014, 17:33 | #169

    „Weil du Probleme hast, die keinen interessieren,
    Weil du Angst vor Schmusen hast,
    Bist du ein Faschist.“ (Ärzte)
    Da ist kein ironischer Unterton, das meinen die schon so: Faschisten seien verhinderte Weicheier, deren „Freundin keine Zeit“ habe. Die wollen zwar gar nichts theoretisch begründen, aber in der antifaschistischen Beschimpfung steckt nunmal jede Menge Moralismus:
    „Du bist wirklich saudumm
    Darum geht’s dir gut
    Haß ist deine Attitüde
    Ständig kocht dein Blut“
    Ironie ist das wohl kaum, dann würden die Ärzte Faschos ja für schlau halten. Die bedienen sich des stinknormalen demokratischen Klischees, wonach Faschisten als geistig umnachtete Teppichbeißer abgewunken werden. So erklärt sich auch der Hass von Faschisten auf Undeutsches als „Attitüde“: Die Ärzte halten die nationalistische Hassmaske für Imagepflege und entpolitisieren so die faschistischen Überzeugungen …

  170. stankovic
    8. November 2014, 18:02 | #170

    Natürlich ist da kein irooooooonischer Unterton, der ohnehin jede Ironie versaut. Es ist eine Persiflage. Nicht das Gegenteil dessen, was gemeint ist, wird ausgesprochen, sondern das überzeichnet dargestellt, worüber man sich lächerlich machen will. Aber such Du da weiter!

  171. Euer_Ehren
    8. November 2014, 19:04 | #171

    Ob die Ärzte das nun so der so gemeint haben mögen, das Lied wird bei Neonazis gerne gegrölt. Das konnte man in dem Film „Torfsturm“ sehen, in einer Abendszene beim Lagerfeuer, in der die Neonazis anscheinend ähnlich drauf waren wie anscheinend ihr das irgendwie auch seid, wenn ihr jetzt schon über Dichterintentionen streiten mögt…

  172. jaja
    8. November 2014, 20:20 | #172

    „überzeichnet dargestellt, worüber man sich lächerlich machen will“
    ‚Die Ärzte‘ wollen sich aber nicht über abwegige Faschismustheorien lustig machen, sondern zum Auslachen von Faschisten einladen. Und das tun sie, indem sie Faschisten als geistig Zurückgebliebene verniedlichen
    („Weil du wirklich gar nichts weißt, höchstwahrscheinlich nicht einmal was Attitüde heißt“)
    und Faschisten ein Psycho-Problem (eigentlich Weicheier) unterstellen, was die hinter ihrem Hass auf Ausländer bloß verstecken würden
    „Zwischen Störkraft und den Onkelz steht ne Kuschelrock LP“

  173. stankovic
    8. November 2014, 20:37 | #173

    „‚Die Ärzte‘ wollen sich aber nicht über abwegige Faschismustheorien lustig machen, sondern zum Auslachen von Faschisten einladen. Und das tun sie, indem sie Faschisten als geistig Zurückgebliebene verniedlichen“
    Ich hab schon kapiert, was Du sagen willst! Nur leider irrst Du armer Tropf damit und verhältst dich wie ein ironieresistenter Mensch, der darauf beharrt, dass tatsächlich gesagt wurde, was gesagt wurde, weil ansonsten es nicht gesagt worden wär. Du machst nichts anderes als deine Behauptung immer nur zu wiederholen, ohne zu begründen, warum da keine Persiflage vorliegen kann. Du kannst einem fast schon leid tun, so hilflos wie Du da an einem Stück Musik abschmierst. Du brauchst schon die penetrante Eindeutigkeit von BAP, Niedecken, Grönemeyer und Biermann, um einen Songtext so zu verstehen wie er tatsächlich gemeint ist. Eigentlich geht’s dir doch nur darum, die 1 oder 2 Argumente, die Du mal aufgeschnappt hast (verhinderte Weicheier und so), als aufregende Erkenntnis zu verkloppen. Was soll’s! Ärgerlich nur, dass auch in der ernsteren Diskussion, mit Vorliebe das herausgelesen wird, was zu den Gegenargumenten passt, die man unbedingt mitteilen will. Einfach nur zu kritisieren, was geschrieben wurde, wenn man es denn schon für falsch hält, hieße ja auch, sich zu einem Argument, welches man nicht vorgekaut bekommen hat, selber durchzuboxen. Oh je!

  174. stankovic
    8. November 2014, 21:20 | #174

    Worauf wollen Euer Ehren hinaus? Ich frage doch lieber, bevor ich in einen Streit über Eure Intention trete.

  175. Euer_Ehren
    8. November 2014, 21:33 | #175

    „Indirektes Reden“ ist ja immer, dass das, was gesagt werden soll, gerade nicht explizit formuliert wird. Kann also sein, dass Punks sich mit dem Lied mal über Antifas lustig machen wollten – und später haben sie dann selbst den Song anders interpretiert.
    (Stammt der Song nicht ursprünglich von den ‚Toten Hosen‘?)
    Vielleicht war es auch anders herum.
    Wenn der Dichter einen Topos benutzt, vielleicht will er ihn auch gar nicht befestigen, sondern gerade dadurch lächerlich machen. Manche Scherze bemerkt man ja auch erst, wenn man auf sie hereingefallen ist.
    (Das sind alles furchtbar wichtige Fragen für universitäre Literaturseminare – über Formen der indirekten Rede.) Euer Thema ist mir dabei entschwunden.
    (Rechthaberei darüber, wie man einen Song „korrekt“ zu interpretieren habe, wird es ja wohl nicht gewesen sein…)

  176. stankovic
    8. November 2014, 21:50 | #176

    Ist es bei Euch immer mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, mal auf den Punkt zu kommen?

  177. Euer_Ehren
    8. November 2014, 22:07 | #177

    „Der Punkt“ ist euer euch anscheinend wichtiger Punkt,
    der mir jedenfalls verloren ward.
    http://www.mevis-research.de/~meyer/Gedichte/WasIstKunst.html
    Krim und Mattis hatten oben mal u.a. über einen Text nachgedacht
    http://Neoprene.blogsport.de/2014/03/10/antifa-in-der-krise-kongress-in-berlin-11-13-04-2014/#comment-115041
    Krims Anmerkungen fand ich ziemlich erhellend.
    (Leider geht es jetzt um die Interpretation des Songs der Ärzte.)
    Was die Ärzte oder Hosen selber mit ihrem Text gemeint haben, wird bei den Neonazis, wenn sie das Lied sentimental-spöttisch mitgrölen, vermutlich schon wieder eine andere, nämlich deren, Interpretation bekommen. Und von militanten Antifas gegrölt, vermutlich deren. Im SPD-Ortsverein wieder a bisserl anders.
    (Der bedichtete Moralismus des „Wir“ und der entgegengesetzten „Unmoral“ des „Ihr“ passt halt für allerlei unterschiedliche Moralismen. Auch für die Ironiker und Oberstudienräte. In Kirchenkreisen ist das Lied bestimmt auch gut angesehen und findet sich im Gesangsbuch wieder, ob das nun die ursprüngliche Intention der Ärzte war oder nicht. Nur wenn Nazis öffentlich ihre Lieder grölen, dann bemühen die ‚Ärzte‘ das Urheberrecht und die Polizei.)
    Wieso Krim dieses Lied mal zitiert hatte, ist dabei ganz verloren gegangen. Krim wollte unterstreichen, dass rechtsradikale Jugendliche inhaltlich etliches am Nationalsozialismus korrekt finden werden – und nicht (von Gefühlen nach Gemeinschaft angetrieben) eher zufällig bei den Rechten landen. (Wurschtegal, ob die Ärzte diese Theorie nun teilen und/oder sich darüber lustig machen…)

  178. stankovic
    8. November 2014, 23:36 | #178

    Ihr habt einen Knall! 😀
    Euch ist schon klar, dass das Zitat auch nur soweit als Mittel für krims Anliegen taugt, solange auch seine Interpretation nicht ganz unter aller Sau ist?
    Unter der selben Sau liegt dann auch Euer Verständnis dessen begraben, was libelle gesagt hat. Dass Jugendliche ganz zufällig bei Rechten landen, weil sie nach Gemeinschaft pur sich sehnen, ist Eure schäbige Entstellung des Geschriebenen. Nicht dass libelle zwangsläufig recht zu geben wäre, nur weil Euch Erhellendes nicht hoher Leuchtkraft bedarf, aber was er schreibt, verdient zumindest zur Kenntnis genommen zu werden.

  179. Euer_Ehren
    8. November 2014, 23:57 | #179

    Ja ja, Kim B und nur zu und und andere haben auch was gesagt.
    (Und bestimmt noch mehr.) Und wichtig war es auch…
    (Alle Ehrfragen befriedigt?)
    (Wen habe ich vergessen zu erwähnen?)

  180. Krim
    9. November 2014, 00:46 | #180

    „Natürlich kann man, wenn man denn unbedingt schlechte Kunst hinlegen will.“ Aber eine psychologische Theorie wie man zum Nazis wird breiten sie doch gerade aus. Und wenn man eine falsche Theorie kunstgemäß verpacken kann, dann geht das auch mit einer richtigen. Wenn ich „Theorie“ sage, dann will ich das tief hängen und nicht als wissenschaftliche Tätigkeit verstanden wissen. Es ist eine Theorie, weil Gründe für Naziverhalten angegeben werden.
    Dazu hat das genau richtig erkannt. In dem Lied wird dazu eingeladen die erbärmlichen Nazis auszulachen. Nazis tun so als wären sie harte Jungs, Hassprediger, Schläger. Dabei sind sie erbärmliche Weicheier, die nur wegen Liebesentzug Nazi geworden sind. Harte Schale, softer Kern. Wahrscheinlich ist es als die ultimative Naziverhöhnung/Beschimpfung (Arschloch) gemeint, indem man ihren Hass bzw. ihre Ideologie verniedlicht: Eigentlich will er nur spielen, der kleine Nazi. Eigentlich ist er ein „lieber Kerl“, versteckt verschämt ne KuschlrockLP, hat ein Herz, das sich nach Zärtlichkeit sehnt. Wie süüß!
    „warum da keine Persiflage vorliegen kann.“ Wir sagen doch es sei eine Persiflage. „Eine Persiflage (von frz. persifler „verspotten, lächerlich machen“) ist eine geistreiche, nachahmende und oft auch kritische Verspottung eines Genres, eines künstlerischen Werks oder einer bestimmten Geisteshaltung allgemein“
    Und wir haben oben sogar ihren Inhalt erklärt. Verspottet soll die Geisteshaltung von Nazis werden. Nicht verspottet werden sollen die blöden psychlogischen Theorien, die die Ärzte zwecks Verspottung verwenden. Die Verspottung funktioniert sogar nur dann, wenn die Ärzte selbst die psychologischen Argumente teilen. Man kann ja nicht einerseits sagen, der projizierte Selbsthass von Nazis, soll eigentlich ihren harmlosen Charakter verdecken (Nazis sind böse, damit man nicht merkt, wie lieb und nett sie im Grunde sind) und diese Aussage gleichzeitig für Humbug halten. Denn wenn die Theorie Humbug ist, dann verpufft auch der Spott.
    „weil sie nach Gemeinschaft pur sich sehnen, ist Eure schäbige Entstellung des Geschriebenen.“ Und wie sieht dann deine unentstellte Deutung libellescher Ansichten aus.

  181. once more
    8. Dezember 2014, 09:36 | #181

    Wie Bürger zu Nazis werden,
    zeigt zum Beispiel die neue Bewegung ‚Pegida‘
    http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/pegida-bewegung-gegen-islamisierung-des-abendlandes-13306852.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
    „Die Mehrheit der Demonstranten ist eine Mischung aus Wutbürgern, Frustrierten und besorgten Bürgern. Sie trauen den Medien nicht, aber sie hören und lesen von Bürgerkriegen, Flüchtlingsströmen, Asylbewerberwellen und haben Angst. Sie fragen sich: Was kommt da auf uns zu? (…)
    Manche ziehen daraus den Schluss, Deutschland werde überrannt und die Regierung tue nichts.“
    Aus ihrer Not und Angewiesenheit auf den Staat verdrehen sie den zu einem positiven Zweck: „Unser Staat“. Und den (bzw. ihre eigene Vorstellung von dem) wollen sie dann gegen diejenigen verteidigen, die sie als Schuldige an den ausbleibenden „Wohltaten“ dingfest gemacht haben: Eine „diffuse Zukunftsangst“ wird dann von den Medien berichtet. Gemeint ist: „Unser Staat“ sorge eigentlich für unsere Zukunft. Aber da die ja auch auf wackligen Füßen steht, soll er weitere wacklige Füße erst gar nicht zulassen. Die würden ansonsten unser Deutschland ‚überrennen‘. Die seien eher Schädlinge am gesunden Volkskörper, schädigen mit ihren Ansprüchen den Staat.
    (Die von der Regierung maßvoll ins Werk gesetzte Veränderung der Ausländerpolitik hin zu einer stärkeren Sortierung, dass manche von denen doch ganz brauchbar seien, wird von großen Teilen des Volkes anscheinend nicht geteilt. Dass daraus nicht solche Wendung wie in Frankreich entsteht, liegt einzig am durchschlagenden Erfolg des Modells Deutschland.)
    http://www.fr-online.de/flucht-und-zuwanderung/pegida-in-dresden-montags-kundgebung-gegen-asylpolitik,24931854,29265020.html

  182. once more
  183. libelle
    9. Dezember 2014, 08:47 | #183

    Aha, ein Mensch, der zu einem Nazi wird ist also ein Theoretiker, wie die Leute vom GSP, der nur zu anderen „Forschungsergebnissen“ kommt als sie.
    Dem ist zu widersprechen, weil der GSP eine unzulässige Annahme über den Menschen macht (die wiederum eine Projektion ist), nämlich die, dass es ihm darum ginge auf der Grundlage einer Theorie sein Verhältnis zur Gesellschaft zu bestimmen.
    Um mal gleich den üblichen interessierten Verwechselungen vorzubeugen: Ja, es gibt diese Theorie (z.B. in „Mein Kampf“) und ein Faschist beherrscht sie auch d.h. sie ist das, als dessen Konsequenz er sein Handeln bestimmt.
    Aber: die Theorie wird innerhalb dieser rechten Zusammenhänge entwickelt (ganz wie der GSP seine Theorie innerhalb seines Zusammenhangs entwickelt) und dann treten die Rechten mit einem theoretischen Angebot an die Bürger heran. Genauso (weiterhin) kann man bei jeder politischen Bewegung eine Entwicklung feststellen – auch die Nationalsozialisten sind nicht gleich mit dem angetreten, was sie am Ende waren – da haben Kämpfe stattgefunden, Gegenstände sind identifiziert und ideologisch bearbeitet worden etc…
    Die Frage: „Wie wird ein Mensch (der kein Nazi ist) zu einem Nazi?“ wird deshalb verkehrt beantwortet, wenn man sagt, er habe halt faschistische Einsichten. Die Feststellung, dass er eben von den Rechten theoretisch angesprochen wird, kann man auch nicht allgemein treffen, weil die Leute i.d.R. überhaupt keine Theoretiker sind, wie Leute in einer politischen Bewegung, die ein von einer Organisation entwickeltes „Weißwarum“ durch die Welt trompeten.
    Es mag durchaus Leute geben, die die Gedanken der Rechten (oder Linken) attraktiv finden oder sich Teile davon selbst gedacht haben. Das ist aber nur ein Teil. Andere finden – wie oben beschrieben eben z.B. einen emotionalen Zugang (Gemeinschaftsbedürfnis) bzw. machen (allgemein) Übergänge hin zur Rechten oder Linken, die von dem ausgehen, was ihnen als hinreichender Grund erscheint sich mit anderen zu einem politischen Zweck zusammenzuschließen und nicht dem GSP ein hinreichender theoretischer Grund ist, bei dem er den Übergang zum Faschismus verständlich findet. „Der Bürger“, den der GSP seine Übergängen zum „Faschismus“ unterstellt, den gibt es so überhaupt nicht.
    Und selbstverständlich hat auch die Weiterentwicklung einer Theorie innerhalb einer Organisation eine emotionale, psychologische Seite, wenn die nicht reflektiert wird.

  184. once more
    9. Dezember 2014, 09:09 | #184

    Welche Weiterentwicklung der Rechten meinst du denn?

  185. libelle
    9. Dezember 2014, 09:19 | #185

    Die Weiterentwicklung ist z.B. die Adaption des nationalen Notstands an die wahrgenommenen Erfordernisse der Nation. Dann hat die NPD mal versucht Demokratie in ihr Programm aufzunehmen (schon ein paar Jahre her, als ich das gelesen habe) etc..
    edit zur Entwicklung faschistischer Bewegungen hier mal ein Link zum 25 Punkte Programm der NSDAP v. 1920. Da wurden z.B. noch Enteignungen gefordert. link: http://de.wikipedia.org/wiki/25-Punkte-Programm
    Nachtrag zu meinem vorherigen Beitrag: Mal am „Wutbürger“. Ob der sich den faschistischen Einsichten öffnet, weil er endlich mal welche findet, die sich auch empören, also zu einer Gemeinschaft der Empörten gehören will, oder ob er in seiner Empörung schon das Gleiche meint, wie die Faschisten, ist eben nicht gesagt.

  186. once more
    9. Dezember 2014, 10:22 | #186

    Das mag so sein.
    (Wer weiß, warum und wie sich welcher ‚Wutbürger‘ wohin entwickelt.)
    Ich empfehle auch einen Link:
    7 Tage unter Rechten (NDR)
    https://www.youtube.com/watch?v=TV1POgIpD9k
    Die ex-thüringische NRD-Reporterin blamiert sich darin, dass sie letztlich immer nur auf der kriminellen Vergangenheit des Protagonisten herumhackt, allerlei psychologischen Hintergrundkram auspackt und gar nicht in der Lage ist, an dem Protagonisten dessen faschistisches Programm zu kritisieren.

  187. Krim
    9. Dezember 2014, 14:35 | #187

    Normale Bürger sind durchaus Theoretiker, das heißt Menschen die sich was denken zu ihrem Tun. Once more hat ja ein paar Gedanken aufgeschrieben die sie vollziehen. „Sie fragen sich: Was kommt da auf uns zu?“ Oder genauer: Gefährdet die Weltlage nicht die Art und Weise, wie wir uns bisher eingerichtet haben? Also steht ein interessierter Gedanke am Anfang. Das unterscheidet den bürgerlichen „Normalotheoretiker“ von einem wissenschaftlichen Theoretiker, der nur die Bestimmungen seines jeweiligen Gegenstands ergründen will.
    Es stimmt nicht, dass die politischen Profis egal welcher Farbe, Theoretiker wären und normale Bürger nicht und stattdessen bloß gefühlsgetriebene Kreaturen. Der Gegensatz zwischen Gefühl und Denken ist einfach Schwachsinn und das wurde auch zur Genüge gezeigt. Ein bestimmtes Gefühl entsteht nicht unabhängig von den Verstandesurteilen, die man sich in der Vergangenheit über die Welt und bestimmte Gegenstände gemacht hat. Der Verstand schafft die innere Bestimmtheit, die die Gesamtheit des Menschen inklusive seiner Urteile über die Welt ausmacht und diese innere Bestimmtheit ist der Maßstab der im Gefühl zum Vergleich mit der Welt herangezogen wird.

  188. once more
    11. Dezember 2014, 14:01 | #188

    Die offiziellen Sprachregelungen zu ‚Pegida‘:
    http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/die-naehe-der-afd-zum-islamkritischen-pegida-buendnis-13314224.html
    http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-12/pegida-dresden-protest-islamisierung-umgang-kommentar/komplettansicht
    Die ‚Zeit‘ empfiehlt, die rechten Inhalte wegzulassen,
    und stattdessen ’sachlich‘ zu bleiben:
    „Nein, der Neubau gefährdet nicht die Grundwasserversorgung. Nein, die Kita-Plätze werden durch die Flüchtlinge nicht knapper und Belege dafür, dass durch Flüchtlinge die Kriminalität steigt, gibt es auch nicht.“
    Dass hier BRD-Bürger oft gar nicht über Ausländer oder Burka-Trägerinnen bewegt sind (solche gibt es in Sachsen ja kaum), sondern ihr prinzipielles (!) Verhältnis zum eigenen Staat (‚Wutbürger‘) thematisieren wollen, wird eher ausgeblendet, wenn dann über die genaue Anzahl der Kita-Plätze gegenargumentiert wird.

  189. Antifa als Hauptansatzpunkt
    18. Dezember 2014, 11:47 | #189

    Brandaktueller Text PRO-Antifa und passend zum eigentlichen Thema:
    Antifa heisst weitermachen!
    http://www.inventati.org/ali/index.php?option=com_content&view=article&id=1986:antifaschismus-als-hauptansatzpunkt

  190. Max
    14. Januar 2015, 14:10 | #190

    LCM: Welchen Antifaschismus brauchen wir?
    Das neue Jahr beginnt mit einer traurigen Gewissheit: Die äußerste Rechte ist im Aufwind. In Deutschland haben Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und nationalistisches Ressentiment Hochkonjunktur.
    Antifaschismus als reine Abwehrstrategie erschließt uns, das haben die vergangenen Jahre gezeigt, keine neuen Gegenmachtpositionen. Ohne Klassenpolitik bleibt „Antifa“ also eine Art Feuerwehr, die sich aufgrund der eigenen Schwäche immer mehr auf die Verteidigung angeblicher oder tatsächlicher Errungenschaften der bürgerlichen Gesellschaft zurückzieht. Eine solche „Antifa“ wird ironischerweise zu einer Art „besserem“ Verfassungsschutz. Demgegenüber braucht es eine Rückbesinnung darauf, was wir eigentlich wollen: Nämlich die Verfasstheit dieser Gesellschaft grundlegend ändern, bürgerlichen Staat und Kapitalismus revolutionär überwinden. Insofern bedeutet konsequenter Antifaschismus: Die radikale Linke aufbauen.

  191. Siggi
    22. Januar 2015, 18:01 | #191

    Nach den Braunschweiger Antifas und ADs aus Halle/Leipzig jetzt die Falken Jena: Kritik des GegenStandpunkts anhand seiner psychologischen Theorien
    Nein, das ist keine Empfehlung, sondern ein Terminhinweis!

  192. Siggi
    31. Januar 2015, 16:37 | #192

    Zum Vortrag der Falken Jena: Ankündigung | Text | Mitschnitt

  193. 31. Januar 2015, 18:07 | #193

    Jetzt stimmen auch die Links.

  194. Max
    6. Oktober 2015, 19:50 | #194

    Peter Schaber (Lower Class Magazine):
    Antifaschismus bedeutet Klassenpolitik und Selbstschutz – und Antiimperialismus
    Seit einigen Monaten wird in Deutschland eine durchaus fruchtbare Debatte über die Zukunft der „Antifa“- Bewegung geführt. (…)
    Dort argumentierten wir – mit Rückgriff auf historische Texte der Antifaschistischen Aktion und Bezugnahme auf aktuelle Kampffelder – für die Wiederbelebung einer Gleichung: Antifaschismus = Klassenpolitik + Antiimperialismus + Selbstschutz. In zwei der drei Bereiche – Klassenpolitik und Selbstschutz (der selbstverständlich auch die Hilfe beim Schutz anderer vor faschistischen Umtrieben beinhaltet) – gibt es zumindest unter den größeren Organisationen und Gruppierungen in Deutschland einen weitreichenden Konsens, wenngleich auch die Umsetzung, der tatsächliche Bruch mit Eventpolitik und Symboltheater, auf sich warten lässt.
    Anders verhält sich das in Sachen Antiimperialismus. „Antiimperialismus“ genießt in größeren Teilen der deutschen Linken keinen guten Ruf. Die reformistische parteimäßig organisierte Linke hat die Vokabel ohnehin aus ihrem Wortschatz gestrichen, was uns aber auch nicht weiter kümmern muss, wenn wir davon ausgehen, dass von selbiger nichts zu erwarten ist. Interessant ist allerdings, dass auch in jenem Teil der Linken, der sich als „radikal“ versteht, der Begriff oft nicht als Kernbestand der eigenen Theorie und Praxis angesehen wird, ja mancherorts „Antiimp“ gar als Schmähwort gilt. (…)
    Die Frage ist: Gibt es ein solches Phänomen, das uns dazu anhält, einen Begriff wie „imperialistisch“ als sinnvollen Bestandteil unserer politischen Sprache zu behalten? Ob das so ist, können wir nicht allein durch logische Schlüsse aus unserem bisherigen Kapitalismusverständnis ableiten. Ob das so ist oder nicht, können wir nur beantworten, wenn sich uns bei der denkenden Aneignung der gesellschaftlichen Wirklichkeit die Notwendigkeit eines solchen Begriffs ergibt. (…)
    In einer umfangreichen Broschüre (pdf) aus dem Gegenstandpunkt-Verlag heißt es:
    „Imperialistisch ist der Staat, der als politisches Subjekt der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise fungiert, darin, daß er sämtliche Länder der Erde als Praxisfeld seiner Bürger betrachtet. Um ihr Geschäft aus den Schranken zu lösen, die mit den zufälligen Naturbedingungen seines Herrschaftsbereiches gegeben sind, betätigt sich die Staatsgewalt als Agent des Weltmarkts: die Produkte aller fremden Klimate und Länder in die Zirkulation und damit Produktion seines Kapitals einzubeziehen ist sein Anliegen, bei dem er auf auswärtige Souveräne trifft“ (S. 4 ).
    Diese „auswärtigen Souveräne“ sind die Schranken für den jeweiligen imperialistischen Staat, die er mit den jeweils gebotenen Mitteln überwinden möchte. Dabei muss es sich keineswegs immer und überall um militärische handeln, wie das der Alltagsbegriff von „Imperialismus“ nahezulegen scheint. Die Wege zur Durchsetzung imperialistischer Ziele reichen „vom Einsatz militärischer Mittel, um einen Konkurrenten bankrott zu machen, bis zum Ankauf von Betrieben und Rohstoffquellen und bis zur finanziellen Abhängigkeit, zur ‚ökonomischen Annexion‘ (Lenin) ganzer Länder“, (Barthel 1978, S. 504) führt Rolf Barthel in einem DDR-Forschungsband zur Formationsgeschichte aus.
    Die Phänomene, die seit hundert Jahren zum Ausgangspunkt diverser Imperialismustheorien wurden, sind keineswegs obsolet geworden: „Staatlich organisierte Expansion des Kapitalismus, die Exploitation weltweiter Rohstoffquellen durch die kapitalistischen Metropolen, kriegerische Absicherungen von Verwertungsbedingungen und territorial ausgreifende Krisenbewältungsstrategien“ (Deppe/Salomon/Solty 2010) existieren nach wie vor. (…)
    Teile der Antifa-Bewegung und der radikalen Linken allerdings haben „Imperialismus“ und „Antiimperialismus“ aus ihrem Vokabular gestrichen. (…)
    (…) sind damit eine ganze Reihe von Fragestellungen und Themenbereiche aus der linken Theoriebildung verschwunden, die eigentlich zentral wären. Antimilitarismus ist zu einem Nischenthema geworden, das kaum mobilisierungsfähig ist. Der deutsche und US-amerikanische Griff nach der Ukraine und die damit verbundene Frage nach der zunehmenden Kriegsgefahr im Osten wurden als Themen fast vollständig diversen „neuen Friedensbewegungen“ überlassen, die – wenig überraschend – keine vernünftige Position entwickelten. Kriege wie der gerade mit US-amerikanischer Unterstützung und deutschen Waffen vom autoritären Gottesstaat Saudi-Arabien gegen den Jemen geführte wurden völlig ignoriert, zu Israel/Palästina melden sich ohnehin nur noch die Verwegensten zu Wort.
    In all diesen Konflikten – und vielen mehr – mischt unser „eigener“ Imperialismus mit. Gerade weil wir in einer Nation leben, die sich zunehmend aggressiver in das Great Game um geopolitische Positionen, Weltmarktanteile und Ressourcen einbringt, sollten wir die interessanten Debatten, die international geführt werden, aufgreifen und zur eigenen Positionsbestimmung entwickeln.“

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