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GSP-Vortrag zu Kuba 1997 (Einleitung)

26. August 2005

Wie das Thema schon andeutet, kommt es mir heute nicht darauf an, mich zum Richter über Kuba aufzuschwingen, oder mich zum Richter über die kubanische Revolution zu machen, sondern zunächst einmal leidenschaftslos sich mit dem Entwicklungs Gang den Zwecken der neueren Entwicklung Kubas auseinander zusetzen und in der Diskussion gegebenenfalls gegen andere Meinungen auszudiskutieren.
Vorbemerkung eins: Was interessiert uns, den Gegenstandpunkt, an Kuba? Wenn heute jemand in der Bundesrepublik Deutschland oder in einem anderen kapitalistischen Land konfrontiert ist mit Rentenkürzungen, Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerung, Entlassung, und er fragt: Warum, und ob man nicht vielleicht etwas dagegen tun könnte?Dann wird ihm das Maul gestopft mit dem Argument: Globalisierung! Sachzwang der Weltmärkte! Es geht nicht anders!
Fidel Castro und seine Bewegungen hat sich damals vorüber 35 Jahren um so etwas überhaupt nicht geschert. Hätten Sie damals eine Diskussion angezettelt in einem deutschen Feuilleton oder in einer Talkshow, sie wollen jetzt in Kuba alle Verhältnisse umstürzen, dann hätten sie gesagt, das verstößt gegen die Gesetzmäßigkeiten des Weltmarktes, das verstößt gegen die Globalisierung, das verstößt gegen das, was vernünftig ist. Und das ist, bevor man mit sich mit der Sache näher befasst, dieser Bewegung gutzuschreiben. Dass sie in einer Situation, in der alles dagegen gesprochen hat, so ein Projekt überhaupt zu unternehmen, festgehalten hat an ihrer Kritik am US-Imperialismus und ihr Projekt durchgezogen hat.
Was hat Kuba gemacht? Kuba hatte zunächst keine sozialistische Revolution gemacht unter der Führung Fidel Castros. Kuba hatte seiner Abhängigkeit von den USA und seiner Abhängigkeit vom Weltmarkt gekündigt. Das es Sozialismus werden sollte, war am Anfang nicht festgestanden. Es ging ihnen um etwas anderes, es ging ihnen darum, dass fortzusetzen, was 1898 gescheitert war mit der Vertreibung der Spanier durch die USA, und was gescheitert war in den ganzen Jahren der scheinbaren Unabhängigkeit auch der formellen Abhängigkeit bis in die fünfziger Jahre hinein.
Es ging ihnen erstens darum, ihr Land unabhängig zu machen von den Zwecken, denen es unterworfen war. Das waren zunächst die spanischen Kolonialisten und später dann die USA.
Zweitens: Kuba verfügte für dieses Unabhängigkeitsprogramm über keinerlei sachlichen Voraussetzungen. Es war abhängig gemacht vom Zucker, es war abhängig gemacht nicht von den Naturschätzen, sondern von der umgestalteten Natur, der für die Bedingungen der USA umgestalteten Natur. Es entbehrte alles, was es braucht, eine selbstständige ökonomische Entwicklung zu veranstalten. Der Gedanke der kubanischen Revolutionär war: Es müsste doch möglich sein, den Zucker, das Mittel, den Tabak, die paar Bodenschätze, die aus Kuba zu gewinnen waren aufgrund der Einrichtung dieses Landes, es müsste doch möglich sein, aus diesen Produkten mehr zu machen, als immer diese Fortsetzung der alten Abhängigkeit. Man könnte doch den Überschuss der Zuckerproduktion im Land behalten und industrialisieren, im Land behalten und alphabetisieren, im Land zu behalten und ein Gesundheitswesen aufbauen.
Drittens: Das Pech für Kuba war es, dass es für die Durchführung dieses Programmes, ohne unmittelbar auf Sozialismus orientiert zu sein, sofort mit der vollen Härte der USA rechnen musste, beziehungsweise von der vollen Härte der US-Reaktionen im Mark getroffen wurde, in seiner Verwundbarkeit als Exportland von Zucker. Der Boykott, die Nichtabnahme dieses einzigartigen Produktes, hätte die Revolution 1, 2 Jahre später erwürgt, ehe sie so richtig am laufen war. Nur der Glücksfall des Ost-West-Gegensatzes, dass die Sowjetunion sich diese castristische Bewegung zu Nutze gemacht hat, hat die Revolution gerettet. Und zwar nach zwei Seiten hin. Militärpolitisch, durch die Einbeziehung Kubas ins atomare Patt, und sachlich, indem aus der Sowjetunion und aus dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, also aus dem Ostblock, alle Rohstoffe und Industrieprodukte geliefert worden sind, die Kuba gebraucht hat für seine Entwicklung. Ohne diese Unterstützung wäre die Sache nicht gegangen. Das muss man sich deswegen zweimal oder dreimal unterstreichen, weil das auch bestimmte Entwicklungslinien Kubas erklärt.
Viertens: trotzdem machten sich Castro und die Seinen nicht bloß zum Anhängsel, zum bloßen Satelliten der Sowjetunion. Sie verfolgten vielmehr ihr eigenes Interesse, durchaus auch im Streit mit der Sowjetunion. Und der Streit bezog sich vor allem auf eines: der Zweck der Sowjetunion war damals die Erreichung einer „friedlichen Koexistenz“, also die Herstellung friedlicher Beziehungen, Beziehungen zum beiderseitigem Vorteil hat es damals geheißen, mit den westlichen, kapitalistischen Staaten. Kuba hingegen war der Auffassung, dass die revolutionären Staaten, die es auf der Welt gibt nur dann in ihrer Qualität als revolutionäre Staaten zu retten sind, wenn die Revolution weiter voranschreitet.
Fünftens: die objektiven Abhängigkeiten und Mängel, die Kuba hatte, und die auf Kuba auch nie beseitigt werden konnten, das erklärt viel an der Entwicklung Kubas, entschuldigt aber keine Fehler. Deshalb wird da, wo nötig, auch Kritik geäußert. Der Nachdruck besteht aber immer darin, zu beurteilen, wo war Kuba wirklich Subjekt seiner Lage? Sind es wirklich Fehler der Partei oder der Bewegung, und wo sind es von außen aufgezwungene Notwendigkeiten, denen recht oder schlecht Rechnung getragen worden ist? Die Ironie der Geschichte liegt nämlich darin, ich habe vorhin bereits gesagt, der Anfang der kubanischen Revolution war noch kein Konsens einer sozialistischen Entwicklung, in der Bewegung, die Bewegung hat sich sogar gespalten nach der Revolution ist Rrücktritte von Staatsfunktionen von bürgerlichen Kräften. Die kubanische Revolution ist sozialistisch geworden eigentlich in Antwort auf den ökonomischen Angriff der USA. Die USA haben Kuba und in Castro-Bewegung zum Sozialismus hingebracht, hin getrieben. Aber dann haben die sich aber auch entschlossen, es zu werden. Also, Sie sind nicht einfach nur hin getrieben worden, Sie haben sich eben auch entschlossen, es zu werden, aber auf ihre Weise. Und haben auch manche Differenzen mit der Sowjetunion, in der Organisierung der Ökonomie, in der Art und Weise des Umgangs mit dem Volk, aufrechterhalten. Das sind jetzt erst einmal vorweg meine Ankündigungen und Themen.
(Niederschrift nach dem Vortrags-MP3, hier downloadbar)

Kategorien(3) Fundstellen Tags:
  1. bra!
    14. März 2007, 14:49 | #1

    Datei nicht gefunden. 🙁

  2. Neoprene
    14. März 2007, 15:07 | #2

    Das ist korrekt, *dieser* link hat sich erledigt. Deshalb habe ich den Mitschnitt doch auch bei archive.org untergebracht. Und dort wurde er jetzt schon 16mal [nach einigen Jahren immerhin schon über 500 mal] runtergeladen, das sollte dir auch gelingen.

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