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Streifzüge/Krisis zur Nation

26. Oktober 2010

Statements von Autoren aus dem Krisis/Exit/Wertkritik-Umfeld sind normalerweise außerhalb meines Horizonts (dafür schätzt das Umfeld der Linkspartei z.B. Robert Kurz, den wohl bekanntesten Kopf dieser Richtung in letzter Zeit zunehmend mehr). Meine RSS-Sammelmaschine (RSSOwl, kann ich nur empfehlen) grast aber auch sowas mit ab, konkret die Streifzüge der Krisis-Leute.
So bin ich auf eine Wiederveröffentlichung aufmerksam gemacht worden, ein längeres Zitat aus einem schon 1995 veröffentlichten Buch „Biologismus – Rassismus – Nationalismus. Rechte Ideologien im Vormarsch“.
Da auf deren Webseite noch weniger diskutiert wird als sonst (man kann bei denen zwar die Artikel als RSS-Feed abonnieren, die paar Kommentare dort waren es ihnen vielleicht auch deshalb aber nicht mal wert, auch automatisch weiterverbreitet zu werden), bringe ich hier meinen Kommentar von dort nochmal:

Warum jetzt diesen doch schon in die Jahre gekommenen Text wieder hochholen? Warum fehlt da jeglicher Hinweis, was sich die Schreiber von damals mittlerweile dazu denken, wohlmöglich nachdem Dritte auch was dazu gesagt hatten, es vielleicht sogar kritisiert haben?
Was sollen einem Definitionen wie diese eigentlich sagen:
„Nation ist kein “für die Zukunft ein gültiges und zuträgliches Konzept menschlicher Kommunikation”. Seit wann geht es beim Hin und Her der Nationen um Kommunikation? Wer hat denn sowas ernsthaft je behauptet?
Bei manchen nicht gerade tiefschürfenden Erkenntnissen wie
“Nationen sind also geworden und können somit auch wieder vergehen. Sie sind nicht eherner Bestandteil der menschlichen Geschichte, sie sind Ausformung, nicht Voraussetzung geschichtlichen Wirkens.” frage ich mich ernsthaft, ob das nun ein lächerlicher oder doch ein ernst gemeinter Text war.
Stimmt die These des Zerfalls des Nationalstaats(konzepts) überhaupt, die da behauptet wurde:
“Die internationale Kapitalherrschaft hat heute alle nationalen Schranken relativiert, ja niedergerissen.”
Erleben wir nicht gerade in letzter Zeit ein enormes Wiederanziehen der nationalen Antagonismen selbst da, wo wie in der europäischen Union heilige Eide geschworen worden waren, daß sowas nun hinter uns liege? Gerade die Rettung des Inbegriffs von transnationalen Firmen, die Banken”rettung”, war doch ein durch und durch nationales Komnkurrenzunterfangen.
Von wegen “Auflösung der national orientierten Innen- und Außenpolitik!” “Festung Europa” wäre da doch eher angebracht als Charakterisierung (wobei es dabei ja noch nicht einmal die eine feste Burg gibt, wie man jetzt täglich sehen kann).
Und dann diese Einzeiler, die entweder aus Antagonismen oder aus Geleichsetzungen bestehen:
“Wann immer wir über die Nation nachdenken, stoßen wir auf den Staat. Er ist sie.” Daß das zwei paar Stiefel sind, hat die Autoren ja schließlich zu diesem Text veranlaßt. Dazu passt dann solcher Unsinn (der Pointe geschuldet?) wie
“Die Nation, die gibt es nur im Gefühl, sie ist eine Einbildung. Aber dieses Gefühl läßt einen nicht los.” Nicht mal die Autoren, möchte ich da fragen? Offensichtlich nicht, muß man betrübt wohl konstatieren. Es ist doch Stuß, wenn behauptet wird
“Nation ist die reale Fiktion, in die der Staat seine Bürger zwingt.” Wenn schon versucht zu zwingen. Und selbst dann ist das Verb falsch. Nationalismus ist eben eine Geisteshaltung und keine Lohnsteuerklasse, in die man als Staatbürger wie als Nichtstaatsbürger gleichermaßen gezwungen wird. Aber ganz so blöd sind die Autoren dann doch nicht, denn sie schieben dem Obigen gleich sein Dementi nach: “Aus dem Müssen der Unterworfenen muß jedoch ein Wollen werden.”
Selbst wenn sie das ausführen, bleibt es immer noch falsch:
“Sie ist das, was den Bürger freiwillig an den Staat binden soll. Das scheint der Vorteil gegenüber anderen Bezügen (Recht, Sitte, Moral) zu sein.” Recht ist völlig unabhängig von der Zustimmung der ihm Unterworfenen. Das galt in früheren Gesellschaften sowieso und ist in modernen Demokratien nicht anders. Es ist auch hier ein ewiges Indoktrinieren und Beschwafeln notwendig, damit die der jeweiligen Staatsmacht Unterworfenen das Recht auch als ihre “eigene” Moral internalisieren. Wie beim Nationalismus bedeutet dies für den Staat, daß die Menschen dann schon mal auf ganz eigenen Interpretationen bestehen, was denn nun national oder moralisch ansteht.
Auch die Gegenüberstellung “Alles Fremde ist ihm außen, und alles Äußere ist ihm fremd. Der Fremde hat daher draußen zu bleiben” ist falsch: Früher, in vornationalen Zeiten, da mögen die Anderen, die nicht dazugehören sollten, wirklich auch Fremde gewesen sein. Heutzutage in einer weltumspannenden erbitterten Konkurrenzwelt werden doch gerade die allzu bekannten Rivalen ausgegrenzt. So gut wie heute haben sich die verschiedenen Nationen doch früher gar nicht gekannt, die nationalen Unterschiede in den Sitten, Gebräuchen und Geschmäcker haben sich doch weltumspannend massiv eingeebnet. Das hat den Nationalismus der Konkurrenzler aber nicht grundlegend schwächer werden lassen.

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