Krähen benutzen drei Werkzeuge in Folge
Spiegel online weist auf eine neue Studie der Uni Oxford hin, die sich wieder mal mit Krähen beschäftigt haben:
Krähen bauen sich selbst Werkzeuge und reiten zum Spaß auf Wildschweinen umher, Papageien demonstrieren in Videos ein geradezu unheimliches Taktgefühl – alles Fähigkeiten, die noch vor einigen Jahren allein Menschen oder bestenfalls Menschenaffen zugetraut wurden.
Nun haben Krähen im Experiment erneut Verblüffendes demonstriert: Sie benutzten nicht ein, sondern drei Werkzeuge hintereinander, um an einen Leckerbissen zu gelangen – und manche mussten dafür nicht einmal trainieren. …
Die Auswahl und der Austausch der Werkzeuge sowie die Verbesserung über die Dauer des Experiments hätten gezeigt, dass die Krähen nicht zufällig, sondern zielgerichtet vorgegangen seien. Die Forscher schränken jedoch ein, dass dies noch kein handfester Beweis für die These sei, Krähen seien zu menschenähnlicher Planung fähig.
Die Geschicklichkeit der Geradschnabelkrähen von der Pazifikinsel Neukaledonien ist Wissenschaftlern bekannt. In der Natur bewaffnen sich die Vögel mit eigens angefertigten lanzettartigen Werkzeugen, um damit nach Insekten zu stochern. Auch hatten Forscher in Neuseeland bereits gezeigt, dass die Krähe zwei Werkzeuge hintereinander benutzen kann. Die Laborkrähe Betty verblüffte Forscher damit, dass sie einen Draht gar zu einem Haken bog, um damit einen kleinen Futterbehälter aus einer Röhre zu angeln.
„Krähen haben in einem Experiment erneut erstaunliche Intelligenz bewiesen. Die Tiere benutzten drei Werkzeuge hintereinander, um Futter aus Röhren zu angeln. Ein derartig komplexer Gebrauch gilt eigentlich als Zeichen menschlicher Intelligenz,“ heißts bei Spiegel Online. Ach Quatsch. Dass bestimmte Tiere bestimmte Werkzeuge zu formen und zu benutzen in der Lage sind, kann doch nur die Leute erschüttern, die in der Schule eingetrichtert bekommen haben, dass der Unterschied zwischen Mensch und Tier in der Formung und Benutzung von Werkzeugen liegt. Der Unterschied liegt darin, um im Bild zu bleiben, dass Menschen Werkzeuge benutzen, um Werkzeuge herzustellen.
Deinem Einwand will ich gar nicht widersprechen. Es geht mir nur mit meinen Hinweisen ab und an zu diesem Thema, den eben auch noch bei vielen Linken verbreiteten überheblich falschen Auffassungen über die Besonderheit des Menschen ein bißchen Steine in den Weg der Erkenntnis zu werfen. Angefangen hatte es mit einer Debatte beim so früh verstobenen contradictio-Forum, wenn ich mich recht erinnere, wo ein GSPler für mich allzu rigide die Trenung zwischen „Mensch“ und „Tier“ in Bezug auf Willen und Intelligenz gezogen hatte.
Wie du dem hier jetzt angeführten Artikle hättest entnehmen können, ist selbst die Geschichte mit den Werkzeugen für Werkzeuge so einfach nicht. Da wird auf Schimpansen verwiesen, die miteinem Stein“werkzeug“ (Hammer) einen anderern Stein zu einem „Amboß“ glatt hauen, um auf dem Nüsse zu knacken (Matsuzawa, zit. in PLoS ONE).
… Da wird auf Schimpansen verwiesen, die miteinem Stein“werkzeug“ (Hammer) einen anderern Stein zu einem „Amboß“ glatt hauen, um auf dem Nüsse zu knacken … Die Entgegnung müsste lauten, ob denn der Affe in der Lage ist, Werkzeug a (Hammer) vom unmittelbaren Bezug auf Werkzeug b (Amboss) zu lösen (davon zu abstrahieren) und es universell anzuwenden. Da wäre ich mir nicht so sicher, oder? Lasse mich natürlich gerne von Gegenbeispielen überzeugen. Letztlich ist mir die (nicht unlustige) Debatte über die genaue Grenze zwischen Tieren und Menschen egal. Es gibt z.B. eine andere Studie, die Entwicklung eines Menschen- und eines Schimpansenbabys vergleicht. Und es ist tatsächlich so, dass es Phasen gibt, in denen der kleine Affe dem Menschen kognitiv voraus ist. Denn: Menschen entwicklen sich offenbar schubweise und also sprunghaft, kleine Affen gleichmäßig, deshalb der partielle Vorsprung.
Irgendwann ist der Affe aber ausgewachsen, während es beim Menschen dann erst so richtig losgeht. So what? Schließlich sind wir doch Materialisten, der Mensch kommt nicht als GSPler zur Welt (wäre ja noch schöner!).
Liebe Leute,
ich konstatiere einen Mangel an wirklich heißen Themen im Sommerloch, wenn ihr auf die Krähe kommt!
Abwarten und auf den Genossen Wolfram Pfreundschuh achten! Demnächst bei Ofenschlot und dann sicher auch bei Neoprene! Mann, wird das heiß …
LOL! Tja ich schätze… selbst im Sommerloch kräht auch kein Hahn mehr danach.
Nun gut, Nestor und Kohleofen, die kognitiven und Intelligenz- und Konstruktionsleistungen von klugen Vögeln sind nichts im Vergleich zum Homo sapiens oder Cro Magnon. Jedenfalls wenn wir ausgewachsen sind. Denn als junge Kerle hängen z.B. Schimpansen Kleinkinder um Längen ab, wenn es um das Rauskitzeln von Süßigkeiten aus etwas komplizierteren Verstecken geht. Und die Gedächtnisleistungen von popeligen kleinen Vögeln, die für den Winter Vorratsverstecke anlegen sind mindestens so eindrucksvoll wie die von Menschen, die wer-weiß-wie-viele Stellen von Pi runterrattern können.
Trotzdem macht es Spaß, zu sehen, wie eine neukaledonische Krähe ein volloptimiertes Angelwerkstück aus einem speziellem Blatt mit Hakenreihen bastelt. Und dann, geradezu verärgert, jedenfalls mit Engelsgeduld, einem jungen Vogel beibringt, wie das damit richtig geht.
Wer wissen will, wer Wolfram Pfreundschuh ist, kann ja schon mal auf dessen Webseite reinschauen.
hat sein gerade erst hier (unter dem Pseudonym Kohleofen) angekündigtes schon angefangen:
Der Rest dort.
Das interessante daran ist, daß Krähen höchstens drei Werkzeuge nacheinander, zu einem Zweck, benutzen. Dies scheint damit zuzammenzuhängen, daß sie nicht weiter als bis drei zählen können. Das ist schon seit dem Mittelalter durch ein Experiment bekannt. Dieses ging so: in einem Turm wird im Winter Vogelnahrung ausgestreut und damit die Vögel angelockt. Im Turm halten sich zwei, dann drei, dann vier Personen auf, von denen zunächst einer, dann zwei, dann drei den Turm wieder verlassen und einer sich dort versteckt hält. Auf diese Weise wird festgestellt, wann die Vögel den Eindruck haben, daß alle Personen den Turm verlassen haben und herbeikommen um zu futtern. Das war eben der Fall, nachdem vier Personen den Turm betreten und drei den Turm wieder verlassen hatten, woraus zu schließen war, daß sie höchstens bis drei zählen können. (Das Experiment wird geschildert bei Georges Ifrah, Geschichte der Zahl).
Ich habe jetzt nicht speziell nach Krähen gesucht, bei der Google-Suche nach „Zählen bei Vögeln“ kommt jedenfalls als erster Fund ein vor einem Jahr, bei dem bei neuseländischen Vögeln eine Fähigkeit zum Zählen über drei aber bestimmt unter 8 herausgefunden wurde. Gerade die gemeinen Betrügereien der Forscher gaben schöne Kunde darüber, daß diese Vögel bei ihren Experimenten wirklich „mitgezählt“ haben. Auch bei Tauben und Wellensittichen ist man auf die Fähigkeit gestoßen, wenigstens bis sechs zählen zu können. Und auch mein Lieblingsvogel , der Graupapagei von Irene Pepperberg, der leider vor zwei Jahren plötzlich gestorben ist (), konnte nur bis 6 zählen, so klug er auch sonst war.
wieso heißt der blog nicht „vogelgesang“?
Natürlich hätte der Blog auch „Vogelgesang“ heißen können. Aber Wale stehen und Menschen doch wenigstens gattungsmäßig noch ein gewaltiges Stück näher. Und ihre Versuche, mit anderen ihresgleichen Kontakt aufzunehmen, reichen auch viel weiter als bei einem Vogel, der auch mit Lautstärke meist nur ein relativ kleines Revier abdecken kann. Hier, im Web, geht es doch eher soweit wie in den Ozeanen. Manchmal sogar bis ans andere Ufer. Das ist doch schon was!
Ja, das ist schon sehr viel, besonders weil die Wale doch weit ins Meer hinausrufen, aber ihnen niemand zuhört, – sie hören sich eben, ob freiwillig oder notgedrungen, sei dahin gestellt, nur allzu gerne selber. Insoweit ist mit diesem Anklang an die Gesangskunst im Reich der Säugetiere in der Namensgebung auch die korrekte Analogie zur gattungsgeschichtlichen Wesensart der Blogger gewahrt.
Nicht ganz, Koza, denn gerade die Gesänge der Wale haben doch ein enormes Gehör gefunden auch bei Menschen, 2001 hat damit einen seiner größten CD-Bestseller geschafft. Inosofern hoffe ich eben auch hier mit diesem Blog, daß die Beschränkung auf die Blogger im engeren Sinne als die bisher wahrscheinlich schon zumeist gleichen paar hundert Leser als Zuhörer nicht notgedrungen, also nicht motwendigerweise ewig so bleiben muß.
Zudem die Analogie auch aus einem zweiten Punkt falsch gewählt wäre: Im Unterschied zu den Walgesängen, die wirklich kein Mensch versteht, und die den Anhörern deshalb aucn nur als wundersame fremde Spärenklänge erscheinen, könnten doch Leute, die dies Zeugs hier lesen, das durchaus verstehen und sich daraufhin ihre eigenen Gedanken machen. Darauf hoffe ich jedenfalls, sonst hätten die Gesänge hier für mich jedenfalls keinen Sinn.
Warum wird denn bei solchen Tier-Versuchen immer nach dem Intelligenz-Substrat gesucht, selbst von euch? Weshalb *muss* es unbedingt eine Unterscheidung zwischen Mensch und Tier geben? Der Papagei Alex hat ohne Zweifel gesprochen: er hat – jedenfalls nach den in diesem und in einem zitierten Thread beschriebenen Versuchen – eigene Absichten mit verbalen Äußerungen syntaktisch nachvollziehbar erklärt und bei Missverständnis die Korrektur eingefordert (Nuss statt Banane – Beispiel). Er hat die durch Nachahmung gelernten Worte richtig eingesetzt, um seine Ziele gegenüber seinen Kommunikationspartnern zu erreichen. Damit machte Alex zunächst nichts anderes mit den erlernten Wörtern als du und ich. Die Krähen, die sich Werkzeuge erstellen, um eine Made aus einem Rohr zu angeln, gehen sogar noch den Schritt weiter, dass sie aus vermutlich vorher angestellten Beobachtungen Schlüsse ziehen: mit einem geraden Drahtstück ist es nicht gelungen, ist aber ein Haken daran, geht es. Also schließt die Krähe, dass sie den Draht zu einem Haken biegen muss.
Die Larve der Schlupfwespe, die als Ei in die Larve eines Schmetterlings gelegt wurde, höhlt diese so aus, dass die Schmetterlingslarve (aka Raupe) nicht abstirbt. Dieses Verhalten hat die Evolution erzwungen, es ist nicht beabsichtigt. Die Schlupfwespenlarve weiss nicht, welche Teile der Raupe sie nicht fressen darf, damit diese als Nahrungsquelle erhalten bleibt. Es ist als Verhalten „einprogrammiert“. Das Hakenbiegen der Krähen ist aber nach allem, was aus den Experimenten bekannt ist, eine eigene Denkleistung derselben. Die physiologischen Mittel, die die Grundlage des Denkens bilden, sind meines Wissens bei Krähen nicht weniger vorhanden als beim Menschen. Evolutionsgeschichtlich sind Reize von Sensoren an eine Auswertungsinstanz weitergegeben worden, die je nach Art des Reizes reagierte. „Irgendwie“ hat sich diese Auswertungsinstanz vom einfachen Reiz-Reaktions-Mechanismus im Laufe der Evolution befreit (teilweise; das Gehirn ist in großen Teilen glücklicherweise noch instinktiv tätig). Seit Jahrmillionen können Lebewesen – soweit ich das als Biologie-Laie nachvollziehen kann – Verhalten auch durch Beobachten und Schlussfolgerung erlernen. Ich sehe da keinen prinzipiellen Unterschied zum Menschen.
Die Gegenstände, über die Menschen Schlüsse ziehen, sind wahrscheinlich schon andere. Ob Alex oder die Krähe sich als Eigenes vom Anderen unterscheidet und damit Selbst-bewusst wird, vermag ich nicht zu sagen. Hegelianisch werden beide sicherlich nicht damit umgehen.
Jedenfalls bleibe ich dabei, dass der Unterschied im Denken der genannten Tiere und eines beliebigen Menschen ausschliesslich im Inhalt des Gedachten besteht. Das Intelligenz-Substrat, soweit es dieses gibt, besteht im physiologischen Vermögen, Synapsen zu schalten. Beim Menschen sind sicher größere Bereiche der Lebensäußerung der aktiven, durch Denken gerichteten Steuerung unterworfen, als bei beliebigen Tieren, deren „vegetativer“ Steuerungsanteil höher sein mag. Aber das Denken wird man bei Tieren im Zuge der weiteren Erforschung sicher noch häufiger finden.
Über den Inhalt des Denkens, dessen Ziele etc. ist damit nichts gesagt. Das steht auf einem ganz anderen Blatt.
Für mich *muß* es in der Tat keinen grundlegenden Unterschied geben zwischen Mensch und Tier. Der graduelle in so vielen Eigenschaften, die für unser Selbstbewußtsein und unsere Fähigkeit, uns die Welt soweit untertan zu machen, wie es unseren Vorstellungen entspricht, wichtig ist, der reicht mir schon. Es gibt aber viele Linke jeder politischen Couleur, die gerade darauf bestehen. Und z.B. leugnen, daß auch (manche, nur sehr wenige) Tiere ein Bewußtsein ihrer selbst als Individuum haben. Zu sehen, wie eine Krähe im Spiegel den blöden Fleck entdeckt, den ihr ein Forscher aufgeklebt hat, und wie sie wieder „sauber“ werden will, ist ein schöner Ansatz eines Beweises dafür.
Deshalb ist dein Eingeständnis „Die physiologischen Mittel, die die Grundlage des Denkens bilden, sind meines Wissens bei Krähen nicht weniger vorhanden als beim Menschen.“ ja auch eine Erkenntnis, die Entwicklungsbiologen lange Zeit nicht gelten lassen wollten. Vögel können nicht denken, stehen „intelligenzmäßig“ ganz weit „unterhalb“ von Säugetieren, weil denen das Gehirn dafür fehlt (eigentlich nur, weil deren Gehirn anders aufgeteilt ist als bei Säugetieren).
Es ist eben richtig daß „Seit Jahrmillionen Lebewesen – soweit ich das als Biologie-Laie nachvollziehen kann – Verhalten auch durch Beobachten und Schlussfolgerung erlernen [können].“ Ich sehe da deshalb auch keinen prinzipiellen Unterschied zum Menschen.
Die Gegenstände, über die Menschen Schlüsse ziehen, sind offensichtlich zu einem entscheidenden Teil aber andere. Und insofern will ich dir gar nicht wiedersprechen, wenn du sagst, „dass der Unterschied im Denken der genannten Tiere und eines beliebigen Menschen ausschliesslich im Inhalt des Gedachten besteht.“
gerade darüber gestolpert, passt zum thema.
[Meine, Neos, Ergänzung: Coren bei ]
Gerade wiedergefunden: Der im ehemaligen Contradictio-Forum über „Mensch, Tier, Wille“, auf den ich mich jetzt hier bezogen hatte.