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Die Grexit-Frage(n) stellen ??

25. Juli 2015

Am 23.07.2015 haben zwei ex-Linksruck-Linke (Janine Wissler und Nicole Gohlke) im Neuen Deutschland einen Artikel geschrieben „Die Grexit-Frage(n) stellen„. Sie haben damit angefangen:

„Die Linksfraktion hat das neue Austeritätsprogramm für Griechenland am 17. Juli im Bundestag mit 53 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen abgelehnt und damit deutlich »OXI« gesagt zur Erpressung der griechischen Regierung durch Merkel, Schäuble und Gabriel. Dies mag nicht ungewöhnlich klingen, bedeutet aber – wenn wir ehrlich sind – eine Neubestimmung unserer Position, da noch im Februar der überwiegende Teil unserer Fraktion mit »Ja« und nur wenige mit Enthaltung oder mit »Nein« gestimmt haben.“

Detlef Georgia Schulze, der hier unter dem Namen Theorie Als Praxis postet, hat darauf, auch im ND am 25.07.15, eine Antwort geschrieben unter dem Titel:
»Ehe man an die nötige Tat herangeht«
SYRIZA-Debatte: Kein Strategiewechsel ohne Truppen-Reorganisation. Zum Verhältnis von Handeln und Denken nicht nur in Griechenland“
Ein paar zentrale Argumente der Kritik von TaP:

“leider ist die SYRIZA-Linke nicht (viel) realistischer als der Regierungsflügel; viel¬leicht ist sie sogar noch unrealistischer: Während der Regierungsflügel der machtpoliti¬schen Realität sich unterwerfend Rechnung trägt, ignoriert der linke Flügel sie einfach und schreibt und publiziert irgendwelche Wunschzettel:
»1. radikale Reorganisation des Bankenwesens, seine Nationalisierung unter gesellschaft¬licher Kontrolle sowie eine Neuausrichtung auf Wachstumsziele;
2. völlige Zurückweisung von Einsparungshaushalten […], um gesellschaftliche Bedürfnisse zu stillen, den Sozialstaat wiederaufzubauen und zu versuchen, die Wirtschaft aus dem unsäglichen Kreislauf der Rezession herauszuholen«.
Und im Anschluß daran wird mit dem Gestus der Gewissheit postuliert: »Es gibt absolut machbare Alternativen (engl. Fassung: absolutely manageable choices), die in die Richtung eines neuen ökonomischen Modells weisen, das sich an Produktion, Wachstum und einer Veränderung der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse zugunsten der arbeitenden Menschen und der Armen orientiert.«“

TaP dazu:

„Die ganze Politik von SYRIZA der letzten Jahre war auf eine einvernehmliche Lösung innerhalb der Eurozone – d.h.: letztlich einen Kompro¬miss mit dem Neoliberalismus – ausgerichtet; von dieser Linie nun auf einmal auf den Versuch einer konfrontativen Durchsetzung eines linkskeynesianistischen Kurs außerhalb des Euroraumes umzuschalten, kann nicht mitten in der Schlacht passieren.“

„Das Problem an SYRIZA ist nicht, daß sie bisher nicht radikal genug gehandelt hat, sondern daß sie schon für ihre bisherigen – in der Tat nicht sonderlich radikalen – Handlungen, zuvor nicht radikal genug gedacht hat; nicht bedacht hat, daß ihr (noch) die nötigen konzeptionellen und Machtressourcen fehlen, um ihre Wunschzettel erfüllt zu bekommen bzw. vielmehr, sie sich selber erfüllen zu können.“

Ich hatte zum Ausgangsartikel folgendes geschrieben:

„Es betrübt mich immer wieder, auch wenn es natürlich nicht sonderlich verwunderlich ist, was solche „Linke“ wie Wissler und Gohlke so als „Plan B“ präsentieren. Ich kenne deren Vorläuferorganisation (die SAG) noch aus den 80ern. Die Cliff-Leute waren historisch immer nicht sonderlich linke Sozialdemokraten mit einem strammen antisowjetischen Touch. Da paßt das gut, daß die jetzt erstens in der Linkspartei gelandet sind und sich mal gerade noch darüber Gedanken machen, wie man vielleicht doch aus dem Projekt EU was Tolles machen könnte.“

Kategorien(3) Fundstellen Tags:
  1. simply red
    25. Juli 2015, 20:35 | #1

    Es ist schon etwas idealistisch, was TaP von sich gibt:

    TaP leider ist die SYRIZA-Linke nicht (viel) realistischer als der Regierungsflügel; viel¬leicht ist sie sogar noch unrealistischer: Während der Regierungsflügel der machtpoliti¬schen Realität sich unterwerfend Rechnung trägt, ignoriert der linke Flügel sie einfach und schreibt und publiziert irgendwelche Wunschzettel

    Das Problem an SYRIZA ist nicht, daß sie bisher nicht radikal genug gehandelt hat, sondern daß sie schon für ihre bisherigen – in der Tat nicht sonderlich radikalen – Handlungen, zuvor nicht radikal genug gedacht hat;

    Es ist doch vollkommen verkehrt diesbezüglich mit den Begriffen „realistisch“ bzw. Realismus zu hantieren. Ist es „realistisch“ wenn Gewerkschaften zugeben, daß in den letzten 20 Jahren größere Lohnsteigerungen in Deutschland eh nicht drin gewesen sind. Politökonomisch betrachtet sind Lohnsteigerungen in Deutschland doch sehr wohl möglich gewesen. Richtig ist nur, daß Gewerkschaften keine (systemimmanenten) Kämpfe aufnehmen wollten.
    Nur wer, vor allen anderen Überlegungen, den Kapitalismus als Herausforderung bzw. den Euro als Mittel der Beförderung des griechischen Standorts will, der denkt nicht (nicht mal über systemimmanente) Alternativen nach. Der unterordnet alle andere Überlegungen, Wünsche bzw. Idealismen dem Ziel, den Euro zu behalten. Ein Erpressungsmittel hatte nämlich auch Tsipras in der Hand (die Standfestigkeit des Euro testen, die Uneinigkeit innerhalb des europäischen Lagers ausnutzen).

  2. 25. Juli 2015, 21:07 | #2

    Ja, die „realistischen“ Zustands- und Handlungsalternativen, das ist eigentlich eine blöde Kategorie. Und natürlich ist meist auch irgendwie „mehr“ drin und selbst systemimmanent nicht „unrealistisch“. Z.B. hätten die DGB-Gwerkschaften in der Tat in den letzten 20 Jahren merklich höhere Löhne usw. erkämpfen können. Aber nicht jede Gewerkschaft in jedem Betrieb oder jeder Branche in jedem Staat kann einen bestimmten Lebensstandard erkämpfen, wenn „dort“ die Gewinne das nicht hergeben würden. Sowas ist kapitalismusimmanent „unrealistisch“. Nun hat es in der Geschichte der Arbeiter- und vor allem Gewerkschaftsbewegung immer wieder Bewegungen gegeben, die sowohl durch und durch kapitalismustreu waren und dennoch verbockt darauf bestanden haben, daß mehr rüberkommen müsse. Einige von solchen Gewerkschaftern sind dann immer mal wieder Kommunisten geworden. Was alles zu „anderen Überlegungen“ zu zählen und zu überdenken wäre, das ist dann jeweils die konkrete Frage. Handfeste Streiks haben jedenfalls auch recht lohnarbeitstreue Gewerkschaften immer wieder geführt.
    Ja, Tsipras und Varoufakis haben anfänglich sicher gehofft, es gäbe da Erpressungsmittel, auch wenn z.B. von Varoufakis zentral als Argument kam, daß die anderen Finanzminister seinen sorgsam überlegten „wissenschaftlichen“ ökonomischen Argumenten nicht zuzuhören bereit waren. Mit den unterschiedlichen Interessen in der Eurozone, die deshalb unterschiedliche Erpressungsmöglichkeiten eröffneten, hat der doch zumindest öffentlich gar nicht argumentiert.

  3. 25. Juli 2015, 21:23 | #3

    „Es ist schon etwas idealistisch, was TaP von sich gibt“

    Ich würde dagegen sagen: Zu denken, kämpfen zu wollen, reiche schon aus, um tatsächlich zu gewinnen, „ist schon etwas idealistisch“…

    „Ist es ‚realistisch‘ wenn Gewerkschaften zugeben, daß in den letzten 20 Jahren größere Lohnsteigerungen in Deutschland eh nicht drin gewesen sind.“

    Wenn Du Belegschaften hast, die genauso wenig – oder sogar noch weniger (siehe den zusammengebrochenen IG-Metall-Streik im Osten für Arbeitszeitverkürzung vor ein paar Jahren) als die Führungen, dann schon.

    „Ziel, den Euro zu behalten“

    Als ob Kapitalismus ohne Euro unbedingt besser wäre… – vgl.:
    http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/07/25/kapitalismus-ohne-euro-auch-kein-zuckerschlecken/

    „Ein Erpressungsmittel hatte nämlich auch Tsipras in der Hand (die Standfestigkeit des Euro testen, die Uneinigkeit innerhalb des europäischen Lagers ausnutzen)“

    Das hat er doch versucht:

    Die „Führung von Syriza […] ging […] davon aus, dass es innerhalb der herrschenden Klassen widersprüchliche Interessen gibt, und dass die Ausnutzung dieser Widersprüche in den Verhandlungen dazu führen könnte, doch Zugeständnisse zu erreichen. So setzte Athen darauf, dass Washington, die anderen Regierungen der Euro-Gruppe und die »Troika« selbst daran interessiert sein würden, einen griechischen Staatsbankrott zu vermeiden, da dieser mit unkalkulierbaren (geo-)politischen Folgen verbunden wäre. Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion könnte eine Kettenreaktion auslösen, zu deren Zerfall wie zu enormen ökonomischen und politischen Verwerfungen führen. Südosteuropa würde destabilisiert und der Schulterschluss der Staaten des »Westens« gegenüber Russland und China möglicherweise unterminiert. Tatsächlich haben auch Vertreter der herrschenden Klassen immer wieder auf diese Gefahren hingewiesen, wenn es nicht zu einer Einigung kommen sollte. Nicht zuletzt die US-Regierung hat aus diesen Gründen mehrfach auf eine Einigung gedrängt. Dennoch hat sich das Kalkül der griechischen Regierung, substantielle Zugeständnisse erreichen zu können, als falsch erwiesen.“

    http://www.jungewelt.de/2015/07-18/014.php
    Und Robert Misik behauptet sogar (was ich nicht so plausibel finde), „dass sich plötzlich Spaltungen in Europa auftun, von der sich die Pro-Austeritätsfront so schnell nicht erholen wird, die relative Isolation Griechenlands hat sich in eine relative Isolation des mächtigen Deutschlands verwandelt. So hat Tsipras eine wirtschaftspolitische Niederlage in einen politischen Etappensieg verwandelt, in eine leichte Verschiebung der Maginot-Linie im Grabenkampf um die Hegemonie in Europa.“
    Trotzdem ist das Ergebnis erst einmal das, das es ist.

  4. 25. Juli 2015, 21:24 | #4

    PS. – Quelle zu dem Misik-Zitat:
    http://misik.at/2015/07/die-verunsicherte-revolution/

  5. simply red
    25. Juli 2015, 21:41 | #5

    Varoufakis zum Grexit:

    HL: ….also würde ein Grexit unvermeidlich der Goldenen Morgenröte helfen, denken Sie das noch immer?
    YV: Nun, sehen Sie, ich glaube nicht an deterministische Versionen der Geschichte. Syriza ist jetzt eine sehr dominante Kraft. Wenn es uns gelingt, aus diesem Durcheinander vereint herauszukommen, und eine Grexit gut durchzuführen … dann wäre es möglich, eine Alternative zu haben. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir das handhaben könnten, denn es braucht eine Menge Fachwissen, um den Zusammenbruch einer Währungsunion zu managen, und ich bin mir nicht sicher, ob wir das hier in Griechenland ohne Hilfe von Außen haben.
    HL: Sie müssen vom ersten Tag an an einen Grexit gedacht haben…
    YV: Ja, absolut.
    HL: … wurden Vorbereitungen getroffen?
    YV: Die Antwort ist Ja und Nein. Wir hatten eine kleine Gruppen, ein ‘Kriegskabinett’, im Ministerium, etwa fünf Leute, die das gemacht haben: wir haben es theoretisch durchdacht, auf Papier, was alles getan werden müsste [um sich für einen Grexit oder dessen Fall vorzubereiten]. Aber es ist eine Sache, das auf der Ebene von 4-5 Leuten zu machen, und eine ganz andere, das Land darauf vorzubereiten. Um das Land vorzubereiten, müsste es eine Entscheidung der Führung geben, und diese Entscheidung fiel nie.
    HL: Und in den letzten Wochen, war da eine Entscheidung, dass Sie fühlten, in diese Richtung zu neigen [einen Grexit vorzubereiten]?
    YV: Meine Sicht war, wir sollten sehr vorsichtig sein, ihn nicht zu aktivieren. Ich wollte nicht, dass das eine selbsterfüllende Prophezeiung wird. Ich wollte nicht, dass das wie Nietzsches berühmtes Zitat wird, nachdem, wenn man lange genug in den Abgrund starrt, der Abgrund zurück starrt. Aber ich glaubte auch, dass in dem Moment, als die Eurogruppe unsere Banken dicht machte, wir diesen Prozess vorantreiben sollten.
    HL: Richtig. Also gab es zwei Möglichkeiten, soweit ich sehen kann – einen unmittelbaren Grexit, oder Schuldscheine drucken und die Kontrolle über die Bank von Griechenland übernehmen [möglicher-, aber nicht notwendigerweise einen Grexit vorwegnehmend]?
    YV: Sicher, sicher. Ich habe nie geglaubt, wir sollten direkt zu einer neuen Währung übergehen. Meine Sicht war – und das habe ich der Regierung vorgetragen – dass wir, wenn sie es wagen sollten, unsere Banken zu schließen, was ich für einen aggressiven Zug unglaublicher Größenordnung hielt, wir aggressiv antworten sollten, aber ohne den point of no return zu überschreiten.
    Wir sollten unsere eigenen Schuldscheine ausgeben, oder zumindest verkünden, dass wir unsere eigene auf Euro lautende Liquidität herausgeben würden; wir sollten die griechischen Papiere von 2012, die die EZB hält, einem Schuldenschnitt unterwerfen oder zumindest verkünden, dass wir es tun würden; und wir sollten die Bank von Griechenland unter unsere Kontrolle bringen. Das war das Triptychon, die drei Dinge, mit denen wir meiner Meinung nach antworten sollten, wenn die EZB unsere Banken schließt.
    … Ich habe das Kabinett gewarnt, dass das passieren wird, einen Monat lang, um uns in eine demütigende Übereinkunft zu zwingen. Als es geschah – und viele meiner Kollegen konnten es dann nicht glauben – wurde meine Empfehlung, „energisch“ zu antworten, sagen wir mal, niedergestimmt.
    HL: Und wie knapp davor war es , zu passieren?
    YV: Nun, lassen Sie mich sagen, von sechs Leuten waren wir eine Minderheit von zwei… Sobald das nicht geschah, bekam ich meine Anweisung, die Banken in Übereinstimmung mit der EZB und der Bank von Griechenland zu schließen, wogegen ich war, was ich aber machte, weil ich ein Mannschaftsspieler bin, ich glaube an kollektive Verantwortung.
    Und dann fand das Referendum statt, und das Referendum gab uns einen faszinierenden Schub, einer, der diese Art energischer Antwort auf die EZB gerechtfertigt hätte, aber dann entschied die Regierung in eben dieser Nacht, dass der Wille des Volkes, dieses widerhallende „Nein“ nicht sein sollte, was diesen energischen Ansatz befeuert.
    Statt dessen sollte es zu größeren Konzessionen der anderen Seite führen: das Treffen des Rats der politischen Führer, in dem unser Premierminister die Vorgabe akzeptierte, gleich was geschieht, gleich, was die andere Seite tut, wir werden nie auf eine Art antworten, die sie herausfordert. Und das bedeutet im Grunde kapitulieren… Man hört auf, zu verhandeln.

    aus: Unsere Schlacht, Griechenland zu retten
    Und Paul Krugman, der zeigt das allein schon der Gedanke an einem „Grexit“ keinesfalls nur eine linke Spinnerei darstellt:

    Der Wirtschaftsexperte macht auch deutlich, dass der ganze Vorgang mit Ökonomie praktisch nichts mehr zu tun hat. „Lasst uns darüber im Klaren sein: In den vergangenen Wochen haben wir gelernt, dass Mitglied der Eurozone zu sein bedeutet, dass die Gläubiger deine Wirtschaft vernichten können, wenn du aus der Reihe tanzt.“ Er unterstreicht noch einmal, dass auch die härtesten Sparprogramme ohne den unausweichlichen Schuldenschnitt „eine zum Scheitern verurteilte Politik ist“. Dabei sei egal, ob das Land dazu bereit ist, das damit verbundene Leiden zu akzeptieren. Krugman, der wie sein Kollege Stiglitz frühzeitig herausgearbeitet hatte, dass die Programme für Griechenland „verrückt“ sind und „katastrophale Folgen“ haben würden, dürfte erneut recht behalten.
    Krugman geht aber auch richtigerweise mit Tsipras ins Gericht und wirft ihm mangelndes taktisches Geschick vor. Man habe sich frühzeitig darauf festgelegt, dass es einen Grexit nicht geben dürfe und eben deshalb nicht die entsprechenden Vorbereitungen getroffen, um im Fall der Fälle auf eine ◢Parallelwährung zurückgreifen zu können. Damit habe sich die Regierung Tsipras sich selbst in eine Sackgasse begeben. Tsipras sei so „in eine hoffnungslose Verhandlungsposition“ gekommen.
    Allerdings gibt Krugman die Hoffnung noch nicht darauf, dass sich die Einschätzung über die fehlende Vorbereitung auf eine Parallelwährung noch als Fehleinschätzung herausstellen könnte und doch Vorbereitungen auf einen Grexit getroffen wurden. Denn er sieht, wie viele andere, nur noch in einer Entschuldung und in einer eigenen Währung eine Chance, dass das Land wieder auf die Beine kommt. Der Wirtschaftsprofessor malt nur schreckliche Alternativen für Griechenland und Europa an die Wand. Er hält den Grexit für die bessere Version als den Verbleib im Euro unter der strengen Knute der Deutschen und ihrer Verbündeten.

    Ralf Streck – „Verrückte Forderungsliste“ für einen „Staatsstreich“

  6. 25. Juli 2015, 21:51 | #6

    Unbestreitbar gab und gibt es selbst jetzt noch reihenweise Politiker, Wissenschaftler und ab und zu auch Linke, die es für Griechenland wie auch immer „besser“ halten, aus dem Euro auszusteigen und wieder eine dann recht schwache, relativ wertlose eigene Währung einzuführen. Offensichtlich haben die SYRIZA-„Linken“ wie Varoufakis, die sowas wohl wirklich ernsthaft angehen wollten, nicht mal in ihrer Bewegung bzw. ihrer Regierung dafür Unterstützung gehabt ja eigentlich ja noch nicht mal gesucht. Was man aber bezweifeln muß, bzw. wogegen man als Kommunist Widerspruch einlgen muß, daß von solch einer Renationalisierung der griechischen (oder irgendeiner anderen EU–nationalen) Währungspolitik die Arbeiterklasse sich eine Verbesserung ihrer Lage erwarten dürfte. Wenn es mit einer neuen Drachme „der Wirtschaft“ besser gehen soll, dann muß dafür der reale Lebensstandard der Arbeiter massiv gesenkt werden. Wozu eben die massiv steigenden Preise für den großen Teil der Waren, die aus der EU importiert werden, beitragen würden.

  7. 25. Juli 2015, 21:57 | #7

    Doch, TaP, „Zu denken, kämpfen zu wollen, reiche schon aus, um tatsächlich zu gewinnen, „ist schon etwas idealistisch“…“ stimmt nicht: Wenn Arbeiter wirklich in halbwegs großer Zahl sich entschließen, bestimmte Verbesserungen zu wollen und dann dafür kämpfen und dabei dafür sorgen, daß sie auch gewinnen können, (da müssen die schon einiges an nichtlegalen Sachen machen, z.B., um sich die Arbeiter vom Leib zu halten, die nicht kämpfen wollen, bzw. um die Streiks auszuweiten oder Betriebe zu besetzen), dann werden sie auch etwas gewinnen können.

  8. 25. Juli 2015, 22:02 | #8

    Das Varoufakis-Zitat habe ich ja auch schon wohlwollend angeführt („Das Kind war doch ALLERSPÄTESTENS schon in den Brunnen gefallen, als sich die griech. Reg. – entgegen dem (auch sehr spät eingebrachten!) Vorschlag von Varoufakis – weigerte, sich auf eine solche Situation vorzubereiten (s. nächsten Post).“)
    https://www.facebook.com/photo.php?fbid=466856140155590&set=a.115279481979926.20529.100004936241170&type=1&comment_id=467137353460802 (16. Juli um 08:19)
    Und auch in meinem ND-Beitrag steht ja: „Wenn es einen halbwegs detaillierten ‚Plan B’ gäbe, wäre es einen Versuch Wert, ihn durch durchzusetzen.“
    Nur bestreite ich, daß ein Grexit mehr als ein „Versuch“ (!) wäre; vielmehr teile ich die Auffassung von Xekinima:

    „Es ist nicht vorhersehbar, ob es mit der Drachme oder mit dem Euro besser sein wird! Unter gewissen Umständen kann die Krise etwas weniger katastrophal sein. Unter anderen Umständen kann sie katastrophaler sein.“

    https://www.sozialismus.info/2012/05/griechenland-raus-aus-dem-euro/

  9. 25. Juli 2015, 22:13 | #9

    Für mich sind die „Alternativen“, ob Verarmung mit Euro oder mit Drachme das geringe Übel sind die typischen Pest versus Cholera-Alternativen. Wenn der politisch-geistige Horizont der griechischen (und oder hiesigen) Linken wirklich nur zu einem „Plan B“ reicht, der mal gerade für einen Austritt aus dem Euro und der EU trommelt, dann ist das nichts wert. Da kann man sich hier auch fragen, ob man Gabriel oder Merkel als Kanzler haben will. Und das tun solche Linke dort wie hier ja leider auch.

  10. 25. Juli 2015, 22:14 | #10

    @ Neoprene / 25. Juli 2015 um 21:57 Uhr:

    „Wenn Arbeiter wirklich in halbwegs großer Zahl sich entschließen, bestimmte Verbesserungen zu wollen und dann dafür kämpfen und dabei dafür sorgen, daß sie auch gewinnen können, (da müssen die schon einiges an nichtlegalen Sachen machen“

    Ja, aber genau daran („halbwegs großer Zahl“ / „schon einiges an nichtlegalen Sachen“) scheint es ja in Griechenland im Moment sehr deutlich zu fehlen…
    Und wenn wir jetzt mal richtig weit denken: Mir scheint der technologische Abstand zwischen
    ++ den Waffen, über die die führenden imperialistischen Nationalstaaten verfügen,
    und
    ++ den Waffen, an die RevolutionärInnen oder auch dissentierende, kapitalistische Nationalstaaten herankommen können, wird immer größer… –
    ob sich das allein durch Masse (wieviel Masse?) ausgleichen ließe?

  11. 25. Juli 2015, 22:34 | #11

    Die Haupt“waffe“, die die Herren (und vereinzelt Damen), die die imperialistischen Staaten führen und deren Politik bestimmen, für sich ins Feld führen können, sind nicht die vollautomatischen Maschinengewehre auf ihren Polizeipanzern oder immer besseren Wasserwerfer usw., die haben sie in der Tat auch und zunehmend mehr und besser.
    Nein ihre Stärke beruht vor allem auf der Mitmacherei und Unterstützung, der sich sich in ihren Bevölkerungen erfeuen können. Daran gemessen sind die Revolutionäre schlecht dran, denen fehlt es nicht an robusten Demoverteidigungsgruppen oder militanten Streikposten-Freiwilligen (obwohl es natürlich auch daran fehlt).

  12. Alfonsito
    26. Juli 2015, 06:48 | #12

    @ Mattis,
    mit Anhängern von Keynes Theorien (Nachfragemodell etc) empfehle ich, über diese Modelle zu diskutieren.
    Leide habe ich nur diese zwei Links gefunden
    http://msz1974-80.net/Marktwirtschaft.html
    http://www.wissenschaftskritik.de/audio/keynes.mp3
    (Wie Kommunismus ginge, das ist nämlich gar nicht deren Sorge.)
    Anhänger von Keynes betrachten den Kapitalismus nämlich unter solchen Fragestellungen:
    „Das allgemeine Gleichgewicht in der Marktwirtschaft. Eine mikroökonomische Analyse mit Hilfe der Theorie der strategischen Spiele.“
    Dieses formidable Gleichgewicht sei gestört – und könne mit Keynes Rezepten wieder repariert werden.
    http://www.gegenstandpunkt.de/radio/2013/ga130415.html
    Denn, wie man an der ‚Syriza‘ sieht, haben Keynsianer null Ahnung von der Schädlichkeit des Kapitalismus, sondern gehen von „Ungerechtigkeiten“ aus, die sie an ihm im Interesse der griechischen Bevölkerung „verbessern“ wollen.
    Dafür muss man dann aber alle Härten erst einmal abnicken.
    Konsequenterweise tun sie das gerade.
    Dort landen sie deswegen, weil sie null Ahnung von der Analyse des Kapialismus haben. Sondern begeistert von den Rezepten von Keynes sind.

  13. Alfonsito
    26. Juli 2015, 07:33 | #13

    Aufgefallen war ja, dass Varoufakis ein Anhänger der „Spieltheorie“ sei. Anstatt stutzig geworden zu sein, fand jedermann dies vermutlich besonders „akademisch“. Und das ist es leider wohl auch:
    „Die „Leistung“ Keynes besteht darin, aus dem kapitalistischen Alltag sich aufdrängende Erscheinungen wie Investitionen, Sparen oder Verbrauch in theoretische Größen in einem von ihm gebauten Modell der gesamten Volkswirtschaft zu verwandeln. Eine Kategorie wie „Konsum“ z.B. hat mit tatsächlichem Einkaufen und Verzehren – was bei den Klassen sehr Unterschiedlich ausfällt, und sehr unterschiedlichen Zwecken gehorcht – nicht das geringste zu tun. Sie ist vielmehr ein auf reine Quantität reduzierter Bestandteil des volkswirtschaftlichen „Kuchens“ .
    Keynes verwendet nun viel Mühe darauf zu, ersinnen, wie diese Quantität durch – von ihm postuliertes – Größer- oder Kleinerwerden andere Quantitäten beeinflußt. Dieses Verfahren spricht neben aller Plausibilisierung durch Berufung auf reale Phänomene (nicht ihre Erklärung) unbefangen seinen Modellcharakter aus, wenn nämlich „ceteris paribus-Klauseln“ (während sich das eine ändert, müssen die anderen derweil stillhalten) und schnell mal vorweggestellte „Prämissen“ als selbstverständlich oder „leider“ noch nicht gänzlich erforscht zu gelten haben.“
    http://www.gegenstandpunkt.com/msz/html/82/82_3/oekon.htm

  14. Alfonsito
    26. Juli 2015, 08:36 | #14

    Leider wird so auch der etwas eitle Vorwurf von Varoufakis, er habe sich mit den besten akademischen Argumenten (von Krugman und Co.) auf Sitzungen der Eurogruppe vorbereitet, – aber dort sei es nie darum gegangen (!), so erst verständlich:
    Die ‚Syriza‘ hat null Ahnung vom Kapitalismus.
    Von dessen systemischen ‚Notwendigkeiten‘.
    Sondern sie schwört auf M. Keynes‘ falsche Theorien.
    Stattdessen sei empfohlen:
    http://Neoprene.blogsport.de/2014/10/28/deckers-kapitaleinfuehrung-vom-23-10-2014-jetzt-online/
    http://www.theopenunderground.de/@pdf/kapital/arbeit/14thesenarbeitreichtum.pdf
    https://www.youtube.com/watch?v=LzB62wDByNE
    Mag übrigens sein, dass radikalere Anhänger von Keynes für einen GREXIT wären. Das macht deren Theorie und Strategie aber auch nicht prinzipiell bereits „besser“ als z.B. die ihrer innergriechischen Euro-Befürworter.
    Beide wollen den Kapitalismus nämlich nur im Licht ihrer Modell-Theorien zur Kenntnis nehmen.
    „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an, sie zu verändern.“ (Marx)
    Ohne eine korrekte Kritik des Kapitalismus wird aber nix draus.
    D a s kann man aus der Bewegung ‚Syriza‘ lernen.

  15. simply red
    26. Juli 2015, 11:32 | #15

    @ Alfonsito
    Also, man kann Varoufakis nicht vorwerfen, daß er sich nicht mir Marx´ Kapitalismusanalyse auseinandergesetzt hat. Die Frage ist nur was für Schlußfolgerungen er daraus gezogen hat. Er meint, daß die Bewegungsgesetze der kapitalistischen Warenproduktion den Menschen sozusagen über ihren Kopf hinauswachsen. Krisen sind Störfeuer einer tendenziell auf Fortschritt, Wohlstand und Vernunft ausgerichteten (globalen) Welt. Ideologien entstehen aus, jenseits von industriellen Klassenstrukturen zu verortenden, Zwecken und damit zusammenhängenden Denkfehlern der Protagonisten des Kapitalismus. Er diagnostiziert z.B. Denkfehler von Finanzkapitalisten, Politikern, Wissenschaftlern (z.B. der Angebotsökonomie, der politischen Macht, von Banken, Spekulanten usw.). Politikmodelle und makroökonomische Instrumente müssen daher dafür sorgen, dass das makroökonomische Gleichgewicht, auf nationaler und internationaler Ebene, wieder hergestellt werden kann.
    Varoufakis aktuelle Krisenanalyse diagnostiziert eine grenzüberschreitende Überschussproduktion an Kapital, das Epizentrum an denen diese (transnational agierende, untereinander verschlungenen) Kapitalkreisläufe in Bewegung kommen, verortet er entsprechend in den USA. Diese (international verschlungenen) Kapitalkreisläufe separieren sich (bzw. sind bereits separiert) in national abgefärbten Kapitalkreisläufen, deren Ungleichgewicht, gemessen in Handelsbilanzdefiziten usw. untereinander, die gegenwärtige Überproduktionskrise verursachen. Diese (international agierende) Überschussproduktion wird politisch hergestellt, es ist die Quelle der politischen Macht der USA über den Rest des Globus.
    Der globale Minotaurus: Amerika und die Zukunft der Weltwirtschaft

  16. Alfonsito
    26. Juli 2015, 13:35 | #16

    „Politikmodelle und makroökonomische Instrumente müssen daher dafür sorgen, dass das makroökonomische Gleichgewicht, auf nationaler und internationaler Ebene, wieder hergestellt werden kann.“ (simply red)
    Die Rede von einem „Gleichgewicht“ unterstellt immerzu ein Miteinander, eine prinzipielle Harmonie und Vereinbarkeit von Interessen. Gehört nicht zum kleinen ABC des Marxismus, dass von solcher prästabilisierten höheren Harmonie der Interessen gar nicht die Rede sein könne? Dass der Staat, der deswegen auch „ideeller“ (!) Gesamtkapitalist genannt wird, bloß das völlige zerstörerische Gegeneinander beim Austragen der Unvereinbarkeit der Interessen den Protagonisten einschränkt, und sie zu einem staatsgedeihlichen Tun verpflichtet?
    Was soll also auch sonst ein „Gleichgewicht“ sein – wo die Konkurrenten doch immerzu auf eine höhere Verwertung gegeneinander abzielen? Also darin auch die Schädigung der Interessen der anderen mindestens in Kauf nehmen – und nicht auf deren „Gleichgewicht“ abzielen. Sie wollen die Konkurrenz für sich entscheiden – und nicht für ein fiktives Gleichgewicht.

  17. simply red
    26. Juli 2015, 14:13 | #17

    Die Rede von einem „Gleichgewicht“ unterstellt immerzu ein Miteinandr, eine prinzipielle Harmonie und Vereinbarkeit von Interessen. Gehört nicht zum kleinen ABC des Marxismus, dass von solcher prästabilisierten höheren Harmonie nicht die Rede sein könne?

    Richtig, aber die Ideologie entsteht auf Grundlage eines ökonomischen Zusammenhangs heraus: die Verschlingung von Kapitalkreisläufen zu einer gemeinen, gesellschaftlichen Reproduktionsgrundlage.

    Dass der Staat, der deswegen auch „ideeller“ (!) Gesamtkapitalist genannt wird, bloß das völlige zerstörerische Gegeneinander beim Austragen der Unvereinbarkeit der Interessen den Protagonisten einschränkt, und sie zu einem staatsgedeihlichen Tun verpflichtet?

    Die Interessensgegensätze sind doch vom „Einwirken“ des Staates gar nicht voneinander zu denken. Wenn die Interessensgegensätze sich erst einmal zerstörerisch ausgewirkt haben, hören sie auf zu existieren. Außerdem ist doch bekannt, dass ein jeder das „zerstörerische Gegeneinander“ nur beim anderen verortet. Auch hier findet ein Hinweis auf die Verschlingung von Kapitalkreisläufen zu einer gemeinen, gesellschaftlichen Reproduktionsgrundlage statt. Das Eigentum ist nur ein Punkt dieser gemeinen, gesellschaftlichen Reproduktionsgrundlage.

    Was soll also auch sonst ein „Gleichgewicht“ sein – wo die Konkurrenten doch immerzu auf eine höhere Verwertung gegeneinander abzielen? Also darin auch die Schädigung der Interessen der anderen mindestens in Kauf nehmen – und nicht auf deren „Gleichgewicht“ abzielen. Sie wollen die Konkurrenz für sich entscheiden – und nicht für ein fiktives Gleichgewicht.

    Auf der mikroökonomischen Ebene der Kapitalisten und Eigentümer mag das so sein, aber der Staat möchte den Standort, ja die gemeine, gesellschaftlichen Reproduktionsgrundlage (der Kapitalkreislauf)im Auge behalten. Deswegen muss er ja die Kapitalisten bzw. Eigentümer zu allerlei Steuern und sonstiges verpflichten.

  18. Alfonsito
    26. Juli 2015, 14:40 | #18

    Dass das kapitalistische Gegeneinander der Interessen zerstörerisch ist, das ist nicht damit charakterisiert, dass danit jeder nur den anderen meine. Sondern bereits Marx hat darauf hingewiesen, dass der Staat Kinderarbeit verbieten muss, und den Unternehmern Standards von Toiletten bis Arbeitsschutz aufzwingen muss, weil die das ansonsten eben nicht tun.
    (Drum muss es auch überprüft und laufend neu geregelt werden, weil es das Interesse des einzelnen Kapitalisten nämlich beschränkt.)
    (Dass daraus nix Besseres wird im Sinne einer „Gemeinschaftlichkeit“ zeigt sich daran, dass das nur dann funktioniert, wenn der Staat es laufend überprüft und reorganisiert. Ansonsten könnte er es ja mal lassen, was den Betoffenen dann prompt zum Schaden gereichen würde, denn das Gegeneinander der Interessen bleibt bestehen – trotz Regelung.)
    „… die Verschlingung von Kapitalkreisläufen zu einer gemeinen, gesellschaftlichen Reproduktionsgrundlage…“
    Nein, hier soll das Bild von „Verschlingung“ das „Miteinander“ begründen. Mehr als dass Benutzungsverhältnisse unterstellen, dass da jemand zum Benutztwerden da sein muss, ist damit aber gar nicht unterstellt.
    Bekanntermaßen gilt hierzulande auch als ganz normal, dass dafür Menschen und Staaten auch, wenn nicht mehr den eigenen Gewinn steigerbar, „also“ als (kapitalistisch!) „unbrauchbar“ und „überflüssig“, aus dem Reproduktionsprozess des Kapitals herausfallen.
    Wo soll da die Gemeinschaftlichkeit irgendeines fiktiven „Gleichgewichtes“ für derart kapitalistisch (!) „Überflüssige“ sein? Wo ist denn dein Gleichgewicht in Afrika verblieben???
    Diese Harmonie-Konstruktion leugnet das Gegeneinander der kapitalistischen Interessen.
    (Übrigens, zurück zum Euro, so ist dort ja die merkwürdige Konstruktion, dass dort das Wachstum des Gegeneinanders, der Erfolg der Sieger in der Konkurrenz, gemeinsam mit dem Misserfolg des Unterlegenen, im selben Geld passiert, und der Unterlegene sich zusätzlich auf die Interessen des Siegers [als seien es komplett seine eigenen] festlegen soll.)

  19. simply red
    26. Juli 2015, 19:31 | #19

    Nein, hier soll das Bild von „Verschlingung“ das „Miteinander“ begründen. Mehr als dass Benutzungsverhältnisse unterstellen, dass da jemand zum Benutztwerden da sein muss, ist damit aber gar nicht unterstellt.

    Nein, das ist nicht damit gemeint, zumindest wenn ich mit diesem Begriff argumentiere. Gemeint sind historisch gewachsene, unter gemeinen ökonomischen, natürlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen (Naturbedingungen, Konsumtions-, Markt- und Produktivitätsstrukturen usw.) miteinander verschlungene Kapitalkreisläufe. Mag sein, daß politische Ökonomen diese Kapitalkreisläufe bzw. das gesellschaftliche Gesamtkapital zu einem „Miteinander“ hübsch aufbereiten. Aber als politökonomische Grundlage der Standortkonkurrenz, der Konkurrenz der Nationen, dienen sie trotzdem. Deswegen schrieb ich auch „gemein“ und nicht „gemeinsame“ ökonomischen Produktionsgrundlagen.

    Übrigens, zurück zum Euro, so ist dort ja die merkwürdige Konstruktion, dass dort das Wachstum des Gegeneinanders, der Erfolg der Sieger in der Konkurrenz, gemeinsam mit dem Misserfolg des Unterlegenen, im selben Geld passiert, und der Unterlegene sich zusätzlich auf die Interessen des Siegers [als seien es komplett seine eigenen] festlegen soll.

    Ja, und warum? Weil der Konkurrenzerfolg bzw. die Niederlage in Europa unter differenzierten Produktivitätsvoraussetzungen zwischen den jeweiligen Standorten stattfindet. Mit allen ideologischen Überlagerungen, die zu diesem ungemütlichen Geschäft dazugehören.

  20. Alfonsito
    26. Juli 2015, 19:54 | #20

    „Politikmodelle und makroökonomische Instrumente müssen daher dafür sorgen, dass das makroökonomische Gleichgewicht, auf nationaler und internationaler Ebene, wieder hergestellt werden kann.“ (simply red)
    Das war deine Ausgangsbehauptung.
    Ehe ich jetzt diskutieren mag, wie man „Standort“ und „Standortpolitik“ analysiert, das wäre dann nämlich das nächste Fass…
    – … formuliere ich jetzt lieber einstweilen die Nachfrage, was mir dieses von dir oben genannte „Gleichgewicht“ eigentlich sagen soll? Was soll das sein? Wo gibt es das?

  21. 26. Juli 2015, 20:05 | #21

    Noch eine Frage zum „Gleichgewicht“: Was haben den die Arbeiter und Arbeitslosen von sowas?

  22. Alfonsito
    26. Juli 2015, 20:53 | #22

    Jegliche Form von solchen Gleichgewichts-Modellen hat Marx meines Wissens zurückgewiesen. Berühmt sind seine Polemiken gegen Say.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Saysches_Theorem
    Das sollte bei dir wohl irgendwie ein Beleg dafür sein, dass Varoufakis ein waschechter Marx-Kenner sei. Misslungen!
    Darüber mag ich aber im Prinzip gar nicht streiten. Soll sich doch Marxist nennen, wer mag, das war dem Namensgeber ja auch schon egal.
    Hinweisen wollte ich aber auf die Gegensätzlichkeit der Theorien von Keynes und Marx. Und meines Wissens vertritt Varoufakis die Nachfragetheorie von Keynes, gegen die ich oben einige Links aufgelistet habe.
    http://Neoprene.blogsport.de/2015/07/25/die-grexit-fragen-stellen/#comment-117209

  23. 26. Juli 2015, 21:23 | #23

    @ Alfonsito / 26. Juli 2015 um 20:53 Uhr:

    „meines Wissens vertritt Varoufakis die Nachfragetheorie von Keynes“

    In dem Zusammenhang ist vielleicht noch die von Michael Heinrich nahegelegte These erwähnenswert, daß „Überakkumulation(skrise)“ bei Marx und „Unterkonsumption(skrise)“ bei Keynes nicht nur unterschiedlichen Namen für oder unterschiedliche Perspektiven auf den gleichen Sachverhalt und auch nicht zwei Seiten der gleichen Medaille sind, da es bei Überakkumulation um Überproduktion von KAPITAL und nicht „einzelner Waren“ gehe.
    Wissenschaft vom Wert, Münster, 2. Aufl.: 1999, S. 361.
    Der Abschnitt zwei Abschnitte vor dem Abschnitt, in dem sich S. 361 befindet, lautet im übrigen „Kritik der Harmonievorstellung, Grenzen der Unterkonsumptionstheorie“.

  24. Alfonsito
    26. Juli 2015, 21:33 | #24

    „…wenn alle Sphären gleiche Möglichkeiten der kapitalistischen Produktion und ihrer Erweiterung – Teilung der Arbeit, Maschinerie, Ausfuhr in entfernte Märkte etc., massenhafte Produktion – einschlössen, wenn alle Länder, die miteinander handeln, gleiche Fähigkeit der Produktion (und zwar verschiedner und sich ergänzender Produktion) besäßen. Also findet Überproduktion statt, weil alle diese frommen Wünsche nicht stattfinden. Oder noch abstrakter: Es fände keine Überproduktion auf der einen Seite statt, wenn Überproduktion auf allen Seiten gleichmäßig stattfände. (…)
    Näher betrachtet die Phantasie:
    Es wird zugegeben, daß in jedem besondren trade überproduziert werden kann. Der einzige Umstand, der Überproduktion in allen gleichzeitig verhindern könnte, ist der Angabe nach, daß Ware gegen Ware sich austauscht – i.e. recourse to the supposed Bedingungen of barter. Aber diese Ausflucht ist grade dadurch abgeschnitten, daß der trade nicht barter ist und daher der Verkäufer einer Ware nicht notwendig at the same timc the buyer of another.
    Diese ganze Ausflucht beruht also darauf, von dem Geld zu abstrahieren und davon zu abstrahieren, daß es sich nicht von Produktenaustausch handelt, sondern von Warenzirkulation, für die das Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf wesentlich.“
    (Marx: Theorien über den Mehrwert, Kap. 17, S. 533)
    http://www.mlwerke.de/me/me26/me26b471.htm
    (Meiner vagen Erinnerung zufolge gibt es in den MEWs noch etliche dieser Gleichgewichtsformulierungen von Say, die Marx anscheinend gerne verspottet hat.)
    Die „Gleichgewichtstheorien“ bestimmen das Geld im Regelfall falsch (z.B. als bloßen Mittler des Tausches, nicht auch als Zweck der ganzen Scheiße.) Das ist aber, wenn es um das Geld (den Euro!) gerade fundamental geht, aber dann doch unverzeihlich!
    (Meine Kapitalschulung war übrigens leider nicht gestern, und das Buch von Heinrich habe ich gerade auch nicht parat, hoffe aber, dass das trotzdem so einsichtig ist.)
    (Keynes ist also auch ein Gleichgewichtstheoretiker. Marx aber explizit und gerade überhaupt gar nicht.)

  25. simply red
    26. Juli 2015, 23:03 | #25

    simply red„Politikmodelle und makroökonomische Instrumente müssen daher dafür sorgen, dass das makroökonomische Gleichgewicht, auf nationaler und internationaler Ebene, wieder hergestellt werden kann.“ (simply red)

    AlfonsitoDas war deine Ausgangsbehauptung.

    Das ist nicht meine Auffassung, ich habe damit nur Varoufakis´ Auffassung rekonstruiert.

  26. Alfonsito
    26. Juli 2015, 23:05 | #26

    Die Frage von Neoprene verstehe ich so, dass sie darauf zielte, sich darum zu bekümmern, was die Arbeiter denn von solchem angeblichem „Gleichgewicht“ hätten.
    Meine Antwort zielte aber auf eine andere Ausgangsbehauptung:
    Dass solches Denken in Vorstellungen von „Gleichgewicht“ im Kapitalismus fundamental ganz verkehrt ist. (Ob es nun Say, Keynes oder auch die sogenannte „Angebotstheorie“ sei.)
    Diese Theorien machen fundamentale Fehler bereits in ihren Grundannahmen.
    (Ob und wie solche akademischen Theorien – z.B. die Nachfragtheorie von Keynes – auch schädlich gegen Arbeiter ausfallen, möge wer anders darstellen.)
    (Dass es um Varoufakis ging, war ja aber klar, denn für den scheinen Marx und Keynes nahezu identische Burschen zu sein.)

  27. Alfonsito
  28. 27. Juli 2015, 07:15 | #28

    Es wäre sicher ebenfalls interessant, was bei der Veranstaltung vom 23.7. in München zum Staatsrettungsnationalismus von SYRIZA diskutiert wurde:

    „- Wenn die Griechen ohne Geld gar nicht mehr wissen, was sie tun sollen, dann zeugt das davon, dass sie bisher nichts anderes getan haben, als sich vom Geld herumkommandieren zu lassen.
    – Wenn das Herumkommandieren jetzt als Schande der Nation gilt, dann zeugt das davon, dass die Griechen sich die ganze Zeit falsche Vorstellungen über ihre Politische Ökonomie gemacht haben.“
    – Und wenn Syriza behauptet, die ginge auch anders, dann ist das ein Wahlkampfversprechen – sonst nichts.

  29. Alfonsito
    27. Juli 2015, 19:18 | #29

    Varoufakis Theorie(n) war bereits bei „Kein Ort“ Thema
    http://keinort.de/?p=789

  30. sam
  31. Alfonsito
    29. Juli 2015, 14:39 | #31

    Vorsichtig als Vermutung formuliert:
    Syriza und PODEMOS scheinen einfach scharf aufs Regieren zu sein.
    Was sie dann wie umsetzen wollen,
    das scheint mir bei diesen Parteien demgegenüber relativ unwichtig zu sein. Insofern sind sie die Kinder der politischen Macht, der alles als „alternativlos“ und „sachgesetzmäßig“ gilt.
    Das sehen sie anscheinend auch so ähnlich.
    Nur ein bisschen linker…
    http://redglobe.de/europa/griechenland/6955-yanis-varoufakis-erste-gedanken-ueber-die-erklaerung-des-eurogipfels-zum-thema-griechenland
    … Was immer das überhaupt heißen soll…
    … Kann man an der aktuellen Politik von Tsipras studieren
    … oder hier beim Koalitionsgerangel schon im Vornhinein bei PODEMOS
    http://www.heise.de/tp/news/Spanien-Basisdemokratie-oder-doch-nicht-2762956.html
    Die Haltung der portugiesischen KP (mit dem Titel „Ein anderes Europa ist möglich…) ist noch näher bei den Anfangsargumenten der ‚Syriza‘. (trotzdem ist auffällig, dass mit der KP einiges passiert sein muss, denn die ehemalige Cunhal-Partei habe ich anders in Erinnerung…)
    http://www.kommunisten.ch/?article_id=1082
    „Meine Partei ist der Ansicht, dass eine Alternative nur möglich ist, wenn die Verschuldung des portugiesischen Staates neu verhandelt wird. Da geht es um die Gesamtsumme, die Fristen und die Tilgungsraten. Außerdem muss der Staat in der Wirtschafts-, Haushalts- und Geldpolitik auf seiner Souveränität bestehen, so dass er das Wirtschaftswachstum unter Berücksichtigung sozialer Rechte fördern kann. Eine solche Politik ist links und patriotisch, gemeinsam mit dem portugiesischen Volk werden wir dafür kämpfen.“
    http://www.jungewelt.de/2015/07-27/010.php
    (Merkwürdige Linke bzw. Kommunisten sind das.)

  32. simply red
  33. simply red
    31. Juli 2015, 13:55 | #33

    Grexit-Diskussion: Tsipras verteidigt Varoufakis

    Tsipras verteidigte nun die Strategie seiner Regierung und betonte, es sei keinesfalls darum gegangen, das Land aus der Gemeinschaftswährung herauszuführen. Vielmehr habe Varoufakis „die nationale Verteidigung des Landes für den Notfall“ vorbereitet.

    „Wir hatten nie einen Plan für einen Grexit“, sagte Tsipras. „Was wir tatsächlich hatten, war ein Notfallplan, um reagieren zu können, falls aus dem angedrohten Grexit Realität geworden wäre.“ Natürlich habe er seinem Finanzminister den Auftrag gegeben, einen solchen Plan zu erarbeiten, sagte Tsipras weiter: „Ich wäre naiv und verantwortungslos gewesen, hätte ich das nicht getan.“

  34. Paquito
  35. Jacko
    1. August 2015, 18:04 | #35

    Den „Fahrplan“ für Griechenland (oder: das Diktat über Griechenland) hat Stephan Kaufmann vor zwei Wochen in der FR aufgelistet
    http://www.fr-online.de/schuldenkrise/griechenland-leben-nach-der-liste,1471908,31213196.html

  36. Jacko
    1. August 2015, 18:13 | #36

    Der IWF scheint sich „rausmogeln“ zu wollen, jedenfalls wird jetzt schon verkündet, dass seine Entscheidung erst 2016 fallen könnte
    http://www.fr-online.de/schuldenkrise/griechenland-iwf–bedingungen-fuer-griechenland-hilfen,1471908,31351074.html

  37. Jacko
    1. August 2015, 18:24 | #37

    Finnland – eines der härtesten Spießgesellen für den harten Kaputtsparkurs gegenüber Griechenland – darf denselbigen nunmehr auf sich selbst anwenden und dessen „Produktivität für das kapitalistische Wachstum“ nachweisen…
    „Der Aufschwung des kleinen Fünf-Millionen-Einwohner-Landes beruhte auf einer schmalen Basis: Handys und Papier. Beide Exportindustrien sind weggebrochen.“ (FR)
    Ob da das ‚Kaputtsparen‘ ein nützliches Rezept ist?
    http://www.fr-online.de/wirtschaft/skandinavien-finnlands-wirtschaft-in-der-krise,1472780,31312798.html

  38. simply red
    1. August 2015, 19:10 | #38

    @ TaP

    TaPIn dem Zusammenhang ist vielleicht noch die von Michael Heinrich nahegelegte These erwähnenswert, daß „Überakkumulation(skrise)“ bei Marx und „Unterkonsumption(skrise)“ bei Keynes nicht nur unterschiedlichen Namen für oder unterschiedliche Perspektiven auf den gleichen Sachverhalt und auch nicht zwei Seiten der gleichen Medaille sind, da es bei @
    Überakkumulation um Überproduktion von KAPITAL und nicht „einzelner Waren“ gehe.
    Wissenschaft vom Wert, Münster, 2. Aufl.: 1999, S. 361.

    Der Sache nach hast du recht. Aber bitte bezieh dich nicht auf Heinrich, der verharmlost doch mit seiner monetären Werttheorie nur die marxsche Kapitalismuskritik. Hier eine wunderschöne Kritik an Heinrichs Kapitalauffassung.

  39. Alfonsito
  40. 2. August 2015, 09:02 | #40

    Von mir gibt es auch noch etwas Neues:
    Die Rede von A. Davanellos beim Treffen der Linken SYRIZA-Plattform am Montagabend (27.7.15) in Athen als Symptom der Strategie- und Planlosigkeit diese Plattform
    http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/08/02/die-rede-von-a-davanellos-beim-treffen-der-linken-syriza-plattform-am-montagabend-27-7-15-in-athen-als-symptom-der-strategie-und-planlosigkeit-diese-plattform/

  41. Mattis
    2. August 2015, 18:06 | #41

    „Syriza und PODEMOS scheinen einfach scharf aufs Regieren zu sein.
    Was sie dann wie umsetzen wollen, das scheint mir bei diesen Parteien demgegenüber relativ unwichtig zu sein. Insofern sind sie die Kinder der politischen Macht, der alles als „alternativlos“ und „sachgesetzmäßig“ gilt.“
    (Alfonsito)

    Es ist also festzuhalten, dass es um linkes Regieren des Kapitalismus geht. Die Illusionen dabei, man könne das mit sozialer Ader vereinbaren – also vorerst noch nicht „alternativlos“ -, bringen erstmal viel Zuspruch, werden dann aber leider doch den „Notwendigkeiten“ geopfert, in denen man drinsteckt (weil man eine Alternative außerhalb dieser Notwendigkeiten gar nicht im Programm hat).
    Gegenüber dem EU-Bösewicht gibt das griechische Dorf die Opfer-Nummer. Dass die EU nur der Kapitalismus, der ja auch in Griechenland unangefochten herrscht, auf einer höheren Aggregationsstufe ist, und Griechenland, wäre es erfolgreich gewesen, dann so ziemlich genauso handeln würde wie Deutschland jetzt etc., dieses Tabu darf man bei den Erniedrigten und Beleidigten natürlich nicht ansprechen.
    Eine wirkliche Alternative auch nur anzudiskutieren, das ist doch nirgendwo als Thema sichtbar, in ganz Griechenland nicht.
    Allenfalls das Konzept eines stand-alone Kapitalismus: nationale Unabhängigkeit – auch das natürlich wieder auf Kosten der Arbeiter und Rentner, die sich dann aber zur Ehre anrechnen dürfen, ihre Würde behalten zu haben, wofür man dann stolz Verzicht üben darf, diesmal selbstbestimmt. Ein würdevolles Nationalbewusstsein mit antiimperialistischer Aura, welches freilich sogleich wieder um internationales Kapital buhlen dürfte, also irgendwie neo-kubanische Verhältnisse.

  42. simply red
    3. August 2015, 16:47 | #42

    Die Ausführungen des GSP über die Leistungen des Finanzkapitals sind und bleiben falsch.
    Es ist der falsche Weg, aus einer Darstellung darüber was die Markakteure tun, könnte der Begriff des Tauschwerts, des Geldes, des Kapitals, des Kredits usw. im „Kapital“ korrekt wiedergegeben werden. Das ist nicht der Weg den Marx eingegangen ist. Im ersten Abschnitt des Kapitals z.B. leitet Marx wesentliche Begriffe systematisch voneinander ab. Diese Begriffsbildung wird allerdings nicht dadurch geleistet, einfach darzustellen was die Marktakteure alles machen (gehen einkaufen usw.). Solche Redeweisen sind mir schon manchmal bei Deckers´ Kapitaleinführungen aufgefallen. Sie führen allerdings teilweise in die Irre.

  43. simply red
    3. August 2015, 17:12 | #43

    Nochmal ein schöner Beitrag zum berühmt-berüchtigten „Marktgleichgewicht“:

    Um aber die Sache umfassender zu betrachten: Ihr wärt sehr auf dem Holzweg, falls ihr glaubtet, daß der Wert der Arbeit oder jeder beliebigen andern Ware in letzter Instanz durch Angebot und Nachfrage festgestellt werde. Angebot und Nachfrage regeln nichts als die vorübergehenden Fluktuationen der Marktpreise. Sie werden euch erklären, warum der Marktpreis einer Ware über ihren Wert steigt oder unter ihn fällt, aber sie können nie über diesen Wert selbst Aufschluß geben. Unterstellt, daß Angebot und Nachfrage sich die Waage halten oder, wie die Ökonomen das nennen, einander decken. Nun, im selben Augenblick, wo diese entgegengesetzten Kräfte gleich werden, heben sie einander auf und wirken nicht mehr in der einen oder der andern Richtung. In dem Augenblick, wo Angebot und Nachfrage einander die Waage halten und daher zu wirken aufhören, fällt der Marktpreis einer Ware mit ihrem wirklichen Wert, mit dem Normalpreis zusammen, um den ihre Marktpreise oszillieren. Bei Untersuchung der Natur dieses Werts haben wir daher mit den vorübergehenden Einwirkungen von Angebot und Nachfrage auf die Marktpreise nichts mehr zu schaffen. Das gleiche gilt vom Arbeitslohn wie von den Preisen aller andern Waren.

    Lohn, Preis und Profit

  44. 3. August 2015, 20:32 | #44

    Der „Keynesianismus in einem Land“ war damit endgültig gescheitert. Statt weiterhin alternative nationale Entwicklungsziele trotz der Einbindung in die globalen Märkte zu verfolgen, stand in der Folgezeit die Anpassung an die Rahmenbedingungen der Weltmärkte im Vordergrund…..

    trend. onlinezeitung hat eine – wie ich finde: ziemlich gelungene – Dokumentation zur französischen sozialistisch-„kommunistischen“ Regierung Anfang der 1980er vorgelegt.
    In der Einleitung zur Dokumentation heißt es mit Blick auf heute und Griechenland:

    „Von der Linkspartei bis hinein in die linksradikalen Spektren entstanden in der BRD nach Syrizas Parlamentswahlerfolg am 25. Januar 2015 Hoffnungen auf eine graduelle sozialistische Transformation des krisengeschüttelten griechischen Kapitalismus. Doch es zeigte sich spätestens, als Syriza das Ergebnis des selbst inszenierten Referendums ignorierte, dass sich Syriza tatsächlich nur als sozialdemokratischer Erfüllungshilfe des Diktats des vom BRD-Kapital angeführten Euro-Blocks betätigen wollte.
    So spekulativ wie zuvor linke Transformationsszenarien für Griechenland entwickelt worden waren, so spekulativ und vor allem so geschichtsvergessen gehen nun viele BRD-Linke mit dem scheinbaren Schwenk von Syriza um. Aus unserer Leser*innenschaft kam daher die Empfehlung, ein wenig Lesefutter zu Funktion und Rolle sogenannter Linksregierungen bereitszustellen. Und – es lag nahe, an die französische Linksregierung und ihr Scheitern in den 1980er Jahren zu erinnern. Auch hier handelte es sich um einen vermeindlichen linken Transformationsversuch im Kontext der EU, der jedoch nichts anderes als ein Keynesianisches Intermezzo auf dem Weg zum Neoliberalismus war.“

    Wie gewonnen – so zerronnen
    Einblicke in die Geschichte sogenannter Linksregierungen. Diesmal: Frankreich 1981 bis 1986

    http://www.trend.infopartisan.net/trd0815/t050815.html

  45. Mattis
    4. August 2015, 19:16 | #45

    „Erfüllungsgehilfe“ ist eine falsche, agententheoretische Kennzeichnung. Syriza hat tatsächlich die Programmatik und die Illusion, den Kapitalismus auf links regieren zu können, mit vielen sozialen Leistungen. Also bitte ist dies zu kritisieren und nicht äußerlich die Konsequenzen aus dieser Programmatik.
    Statt denen moralisch zu kommen, sollte man auch diejenigen kritisieren, die vorab irgendwelche Hoffnungen in Syriza gesetzt hatten.
    Schwach ist es, wie viele es tun, dass sie erst ihre Wünsche da hineinprojizieren, und wenn es dann anders läuft, schreien sie laut „Verräter“ etc. Vorher genau hinschauen hilft!
    Auch bei dem Referendum war klar, die Stimmen gegen die Austerität waren nicht als Stimmen gegen die EU gemeint. Syriza wollte da ein diplomatisches Druckmittel draus machen, das war alles, das verfing aber nicht. Da er in der EU bleiben will, musste er sich den Bedingungen fügen, das ist was anderes als „Erfüllungsgehilfe“. Dass er vorab so getan hat, als könne man wer weiß was für Forderungen stellen, das kann man ihm vorwerfen. So herum wird ein Schuh draus.
    Wenn Tsipras sich gewendet hätte und die EU abgelehnt hätte – mit allen Konsequenzen – dann hätte ihn das Volk abgewählt, denn die Leute wollen im Euro bleiben, was ein Fortbestehen des Kapitalismus mit seiner gnadenlosen Konkurrenz allemal unterstellt, und gleichzeitig wollen sie aber die Euro-Bedingungen zurückweisen. Das ist ziemlich verrückt. Dass Tsipras so eine Verrücktheit nicht praktizieren kann, macht man ihm jetzt zum Vorwurf. Keiner wirft ihm vor, am Kapitalismus festzuhalten.

  46. 4. August 2015, 19:59 | #46

    @ Mattis:

    „sollte man auch diejenigen kritisieren, die vorab irgendwelche Hoffnungen in Syriza gesetzt hatten.“

    Das habe ich ja ausführlich gemacht, z.B. da:
    http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/07/12/selbstkritik-waere-eine-alternative-gewesen-zum-gestrigen-text-der-l5i-gam-internationale/
    und da:
    http://theoriealspraxis.blogsport.de/2015/07/19/micha-pruetz-macht-macht-den-super-adenauer-was-interessiert-mich-mein-geschwaetz-der-letzten-drei-jahre/
    Und der trend-Text ist nicht mein Werk; das Material, das sie zu Frankreich zusammengestellt haben, ist aber trotzdem interessant.
    Und ansonsten: Auch wenn die AkteurInnen nicht die Ursache ihres Tuns sind, ändert dies ja nichts daran, daß es AkteuerInnen gibt. Sie sind halt nur nicht so wichtig, wie meisten meinen.

  47. Jacko
    4. August 2015, 20:17 | #47

    Nur damit es jetzt nicht ein umgekehrtes „Sachzwang“-Argument wird: wie weit die mit dem Euro wirtschaftenden Staaten eine Verschuldung zulassen – oder ob sie nicht sowieso insgeheim lieber einige Staaten draußen hätten – dafür mag es objektive Gründe in der angestrebten Schlagkraft gegenüber dem Dollar geben. Andererseits gibt es mit Frankreich und Italien zwei große Staaten, die einen anderen Kurs fahren wollen. Und ob Schäuble das Projet des Grexit nur als Erpressungsmanöver ins Spiel gebracht hat, weiß ich nicht.
    Also – die Tsipras-Leute sind ja in ganz Europa herumgereist, um die Südländer für einen anderen Kurs zu gewinnen.
    Dass sie das reichlich blauäugig angestrebt haben, stimmt.
    Dass eine Gegenerpressung aber von vormherein aussichtslos gewesen wäre, weiß ich nicht. (Augenscheinlich ist die französische Regierung dann ja auch ganz schnell wieder ‚umgefallen‘, wofür sie ihre Gründe gehabt haben wird.)

  48. Jacko
    4. August 2015, 21:41 | #48

    Rausgekommen wäre aber allenfalls eine stärkere Berücksichtigung nationaler griechischer Interessen – das ist kein linkes Programm, sondern ein nationales, gegenüber der deutschen Vormacht.
    Streben vermutlich alle Spießgesellen dort gegen die Deutschen an.
    (Hat also mit dem eigentlichen „Syriza-Programm“ eines „anderen, sozialeren etc. Kapitalismus“ nichts zu tun.)

  49. 4. August 2015, 21:54 | #49

    In der jungen Welt vom 5.8.2015 hat ein Unterstützer der KKE (Thanasis Spanidis) folgendes vorgebracht:

    „Die Perspektive eines revolutionären Übergangs zum Sozialismus wird von dieser Eurolinken nicht einmal in Betracht gezogen, oder, wie von Thomas Seibert am 13.7. im ND, als Weg in die »autoritär-sozialistische Verwaltung eines Elendszustands« diskreditiert. Eine sozialistische Volksmacht könnte jedoch die noch verbleibenden Wirtschaftssektoren – Agrarindustrie, Chemieindustrie, Schiffbau, Handelsschiffahrt – vergesellschaften, im Hinblick auf ökonomische Autonomie des Landes teilweise umwandeln und die Kapazitäten des Landes auf ihren Aufbau und die Erschließung neuer bzw. alter Sektoren mit strategischer Bedeutung konzentrieren: Beispielsweise auf die großflächige Produktion von Solarenergie, die Verarbeitung von Cash Crops wie Baumwolle und Tabak und den Maschinenbau für eine Reindustrialisierung. Auch dieser Weg wäre beileibe kein einfacher, aber er könnte sich auf die Mobilisierung und Partizipation der Massen, vorhandene gute Bildungsstandards, die Vorteile zentraler Wirtschaftsplanung und staatlich geschaffener Skalenvorteile sowie die Einbeziehung der über eine Million vom Arbeitsmarkt ausgeschlossenen Menschen stützen. Die staatliche Industrie könnte durch eine in Kooperativen organisierte und teilkollektivierte Landwirtschaft und Kleingewerbe flankiert werden, zusätzlich müssten neue Handelsbeziehungen entwickelt und die mit Russland wieder aufgenommen werden. Es gäbe so bei allen absehbaren Schwierigkeiten eine Perspektive für das arbeitende Volk, die nicht aufs Totarbeiten und Totsparen zum Nutzen der Konzerne hinausliefe, sondern sich am Aufbau wirklicher Demokratie, an einer Produktion zugunsten der Bedürfnisse der Gesellschaft und am nationalen Wiederaufbau orientierte. Selbstverständlich würden diese Schritte sowohl den Austritt aus der EU als auch die einseitige Streichung der Staatsschulden erforderlich machen. In diesem Fall – und wohl nur in diesem Fall – könnte ein »Grexit« tatsächlich den Weg in eine bessere Zukunft bereiten.
    Die Kommunistische Partei Griechenlands propagiert seit langer Zeit diese Option als Lösung der Krise im Interesse des Volkes.“

    Was mir bei all dem auffällt, was zu solch einem Vorschlag, es doch noch mal mit einem stalinistischen Sozialismus in einem Land zu versuchen, zu sagen wäre und ja auch auch schon vorgebracht wurde, ist das völlige Ignorieren der NATO-Frage. Als wenn die EU-Imperialisten, die USA oder die Türkei so einfach tatenlos zusehen würden, wenn die KKE-geführten Massen dort die Macht erobern würden.
    Das zweite, was offensichtlich fehlt, ist eine politische Strategie für all die europäischen Staaten, wo weder die KKE noch irgendjemand sonst, der auch nur annähernd so ein Programm verficht. Mit der Linkspartei in Deutschland wäre so was z.B. nicht zu machen. Diese Fehlstelle in seinem Programm ist umso eigenartiger, wo er doch in diesem Artikel auch folgendes geschrieben hat:

    „die Geschichte hat oft genug erwiesen, dass je mehr das Massenbewusstsein sich nach links bewegt oder gar einer revolutionären Situation annähert, die Widersprüche zwischen der revolutionären Fortschrittspartei und den Kräften der Mäßigung und der Systemintegration zunehmen und schließlich eine Seite über die andere den Sieg davontragen muss. Aufgabe der kommunistischen Partei ist es deshalb, dem reformistischen Lager nicht Honig ums Maul zu schmieren, sondern seinen Charakter ebenso klar offenzulegen wie den anderer bürgerlicher Kräfte: als Bremse des Klassenkampfes, als Instrument der Herrschenden, als Transporteur der bürgerlichen Ideologie.“

  50. Jacko
    5. August 2015, 05:43 | #50

    Die Erfahrung, dass das ausbleibende Wachstum des Kapitals in den Ländern des Südens sich als Verarmung niederschlägt, hat leider anscheinend dort vor allem zwei weitere Konsequenzen bzw. Bewusstseinsfolgen : a) ohne [internationales] Moos wäre aber noch weniger los, also wenn schon veramt, dann lieber in einem Weltgeld; b) das Wachstum des Kapitals ist das allererste Lebensmittel, das denken sowohl die Staaten als auch (eigentlich) die Leute. Daher leuchtet ihnen Kaputtsparen ein, weil sie auf dieses Wachstum setzen (müssen, weil sie es wollen).
    Wenn auf der anderen Seite Staaten wie die BRD im Euro obendrein ihr eigenes Wachstum zelebrieren, obwohl insgesamt ansonsten überall Krise herrscht, das wird, solange sich ein allgemeines Wachstum nicht einstellt, die Gemeinschaftswährung dann zum Zerbrechen bringen, wenn Staaten wie Italien und Frankreich mit ihren Schulden nicht mehr glaubhaft auf späteres eigenes Wachstum werden verweisen können, also der ideologische Zusammenhang von Verschuldung für späteres Wachstum (den es zwar bei Stsaten so nicht gibt, aus Sicht des differenzierenden Finanzkapitals aber eigentlich schon) noch stärker als jetzt schon flöten gegangen ist…
    (Merkwürdigerweise und desungeachtet gilt der Euro den Finanzkapitalisten als sicheres Geld, trotz der Lagen der verschuldeten Südländer. Ob das so bleibt, wenn die „Schuldentragfähigkeit“ von Frankreich oder Italien am Pranger steht, das ist also noch nicht heraußen; so würde nestor es vielleicht formulieren…)
    Insofern spekuliert die gesamte Euro-Retterei …
    … auf kapitalistisches Wachstum.
    Und so lange, wie sich das nicht einstellt,
    denkt jedermann, dann müsse man es eben besser hinkriegen.
    Das Wachstum. [Z.B. evtl. national.]
    (Kämpferisch sollen Regierungen daran erinnert werden,
    dass sie doch bitte das Wachstum herbeiregieren sollen.
    D a s ist der hauptsächliche Gehalt der Protestbewegungen.)
    [Dieser Gehalt zeigt sich derzeit eher in linken Parolen…]

    Zur anderen Debatte, der mit dem Samtleben Zitat, dass es eine Unterscheidung gäbe zwischen (nur) finanzkapitalistisch erzeugtem und (wahr) kapitalistisch erzeugtem Geld: woran macht sich am Euro diese Unterscheidung geltend? Woran erkennt man, dass es diesen Unterschied beim Euro wirklich gibt?

  51. Jacko
    5. August 2015, 08:30 | #51

    Der Fetisch des „Wachstums“ (und die Abhängigkeit davon) erschlägt sozusagen alle eigenen Differenzierungen, denn ansonsten müste man doch wahrnehmen, dass der eigene Reichtum im eigenen Portemonnaie nicht gewachsen ist.
    (Da mag das allgemeine Kultivieren der Shopping-Kultur aushelfen, schließlich zeigen einem die Stars auf Pro7, dass man auch mit 3 Euro wunderbar futtern und mit 20 Euro sich glanzvoll ausstaffieren kann…)
    Ansonsten erfolgt allenfalls der Auftrag an die Politik, ein wirkliches nationales Wachstum herbeiregierenn zu sollen. Dazu wählt man dann eine Protestpartei, um die Altparteien an ihren eigentlichen Auftrag zu erinnern. Oder man glaubt gar nicht mehr an die alten. Aber umso mehr an die neuen Parteien.
    D i e Politiker sollen es herbeiregieren, das Wachstum.

  52. Krim
    5. August 2015, 08:34 | #52

    „Als wenn die EU-Imperialisten, die USA oder die Türkei so einfach tatenlos zusehen würden, wenn die KKE-geführten Massen dort die Macht erobern würden.“ Na das kann man gegen jegliche Aktivität einer kommunistischen Organisation einwenden. Was jemand würde oder nicht würde, kann man nicht voraussehen. Jedenfalls haben auch die USA Probleme damit gegen ein Volk vorzugehen das sich gemeinsam gegen sie stellt und wo sie nicht als Befreier auftreten können. Ob sie das abhält, weiß man nicht.

  53. Mattis
    5. August 2015, 22:41 | #53

    Ich denke (Thema KKE), man sollte primär das formulierte Ziel ökonomisch beurteilen, erst wenn das als nachvollziehbar einzuschätzen ist, kann man Bedenken wegen der politischen Realisierbarkeit im derzeit gegebenen Umfeld (Nato etc.) vorbringen.
    Ökonomisch ist ein eigener Aufbau ohne massive fremde Unterstützung durch Staaten, die dasselbe Ziel verfolgen müssten, nicht möglich, man kann z.B. nicht einfach eine Solarzellen- oder sonstige Industrie aus dem Boden stampfen, ohne wichtige Teile dafür zu importieren (wofür aber die Devisen fehlen oder Boykott gemacht wird). Das muss man betonen. „Ökonomische Autonomie“ ist derzeit eine Sackgasse mit viel Arbeit und trotzdem Armut.
    Ein Alleingang eines 10-Millionen-Völkchens ginge nicht, zumal ja Russland und China kapitalistische Staaten sind, die einen sozialistischen Weg nicht oder nur mäßig unterstützen würden, schon aus Angst vor Interferenzen ins eigene Lager hinein und um den Gegensatz zur EU nicht zu verschärfen. Auch die genannten gut ausgebildeten Griechen: wie lange bleiben die noch im Land? Aus Spanien und ähnlichen Ländern sind viele der bestqualifizierten Leute schon in die Gewinnerstaaten abgereist und erhöhen dadurch zusätzlich die Höhenunterschiede in der Konkurrenzfähigkeit.
    All das könnte man aber durchaus diskutieren, wenn das Grundkonzept nachvollziehbar wäre. Aber worin besteht es eigentlich, außer einer Nationalisierung von Produktionsmitteln und einer Ausbreitung des Genossenschaftswesen? Hat sowas schon irgendeinen Staat weitergebracht, was die Versorgung der Bevölkerung angeht? Was wäre der Unterschied z.B. zu Venezuela, das trotz großer Rohstoffvorkommen nur eine miese Versorgung der Bevölkerung zustandebringt?
    Das Grundkonzept der KKE ist unklar, mir jedenfalls. Gebrauchswert-Produktion ja oder realsozialistisches Preissystem? Genossenschaften konkurrieren über den Preis? Nach welchen Kriterien also sollen die Betriebe funktionieren, was sind ihre Ziele und Kriterien?

  54. Krim
    6. August 2015, 01:39 | #54

    „Ökonomisch ist ein eigener Aufbau“ Eigener Aufbau von was?
    Solarzellen geht vielleicht nicht sofort, aber anderes schon.
    „„Ökonomische Autonomie“ ist derzeit eine Sackgasse mit viel Arbeit und trotzdem Armut.“ Sehe ich nicht als ausgemacht an. Kommunismus geht immer und ob es schlechter geht, wie das, was die Griechen zur Zeit durchmachen, halte ich nicht für ausgemacht. Du weißt das nicht und ich auch nicht.
    „Ein Alleingang eines 10-Millionen-Völkchens ginge nicht,“ Weil 10 Millionen so wenig sind. Die Bevölkerung im gesamten römischen Reich betrug ca. 50 Millionen Menschen. Mit 10 Millionen da geht schon was.
    „und um den Gegensatz zur EU nicht zu verschärfen.“ Das ist aber was völlig anderes als „geht nicht“.
    „Hat sowas schon irgendeinen Staat weitergebracht, was die Versorgung der Bevölkerung angeht?“ Wenn es einem Staat endlich mal um die Versorgung der Bevölkerung ginge, könnte man das vielleicht sogar rauskriegen.

  55. bigmouth
    6. August 2015, 14:00 | #55

    ach, und das römische reich war eine ausdifferenzierte industriegesellschaft mit globaler arbeitsteilung? das ist wirklich beeindruckend naiv, ne 1700 jahre alte gesellschaft, wo 85% der menschen ackerbau betrieben, mit nem heutigen erstweltland zu vergleichen, wo enorm viele dinge des täglichen bedarfs die ergebnisse von so komplexer arbeitsketten sind, dass das minimum der mitarbeitenden bei jeweils einigen 1000, verteilt über den gesamten globus, beträgt.
    nicht mal der ostblock hat es bspw hinbekommen, in nem nennenswerten umfang moderne elektroindustrie aufzubauen, und das mit hunderten mio menschen. wenn die leute also nicht bereit sind, auf nem vernünftigen lebensstandard für das verhältnis des jahres 1950 zu verharren, wird das nix. und das würde ja nicht blossen konsumelektronik“luxus“ betreffen, sondern auch so annehmlichkeiten wie magnetoresonanztomographen bspw

  56. Krim
    6. August 2015, 17:15 | #56

    „wo 85% der menschen ackerbau betrieben, mit nem heutigen Erstweltland zu vergleichen,“ Das tue ich ja nicht. Ich meine gerade nicht, dass Kommunismus immer so aussehen muss im Prinzip wie der Kapitalismus mit Smartphones und Hybridautos und was es so alles gibt, bloß ohne Ausbeutung und mehr Freizeit. Auch ohne den ganze Kram wäre Kommunismus besser als das jetzt.
    Warum der Ostblock kein Vorreiter war hat sicher seine Gründe in diesem System aber nicht in der absoluten Bevölkerungszahl.
    „Komplexe Arbeitsketten“ – da sag ich jetzt nichts mehr zu. Da steht schon genügend im Thread.
    Ich bleibe dabei. 10 Millionen sind nicht so wenig, dass man damit nicht große Arbeitsmassen bewegen könnte. Die Bevölkerungszahl ist m.E. nicht das Argument. Verfügung über Rohstoffe, Ackerland ist ein Argument. Der Rest der Probleme entsteht dadurch, dass auf den Weltmarkt nicht mehr zugegriffen werden kann und folglich eine Reproduktionskette in der Gesellschaft neu aufgebaut werden muss. Das ist aber notwendig immer so beim Übergang in eine völlig anders geartete Ökonomie.

  57. Mattis
    6. August 2015, 18:29 | #57

    „Verfügung über Rohstoffe, Ackerland ist ein Argument. Der Rest der Probleme entsteht dadurch, dass auf den Weltmarkt nicht mehr zugegriffen werden kann und folglich eine Reproduktionskette in der Gesellschaft neu aufgebaut werden muss.“ (Krim)
    Es wäre u.a. eine wichtige Aufgabe für die anti-kapitalistischen Kräfte in Griechenland, da mal eine Bestandsaufnahme zu machen. In der Tat von Rohstoffen und Ackerland angefangen, dann: wieviele Landmaschinen mit welcher Produktivität stehen zur Verfügung; kann man solche Maschinen selbst reparieren / produzieren, womit werden die betrieben, wieweit verfügt man über diese Rohstoffe, kann man sie ohne Importe fördern, veredeln und so weiter. Wie du sagst, die ganze „Reproduktionskette“.
    Ich weiß nicht, ob das irgendjemand in Griechenland macht, ich zweifle eher daran; man „fordert“ lieber. So eine Bestandsaufnahme brächte einen auch mal näher an die Thematik, was man alles so an Produktion und Organisation ganz real gewährleisten muss, als Minimum. Das ist allerdings schon echte Fleißarbeit, im Vergleich zum Formulieren martialischer Parolen.
    „magnetoresonanztomographen“ (bigmouth).
    Deine Einschätzung ist ja nicht falsch, aber Krim hat ja trotzdem nicht unrecht; schon jetzt müssen dort eh Tausende auf notwendigste medizinische Behandlung verzichten, für diese Leute ist de facto auch kein MRT existent. Die haben oft nicht mal eine 50er-Jahre-Existenz.
    Wenn man den richtigen Ansatz hat und kann sich viel Zustimmung dazu erarbeiten, dann entsteht Ähnliches vielleicht auch in anderen Staaten; so kann die Unterstützung breiter werden und perspektivisch Importprobleme z.T. relativieren; insofern muss man das Ganze dynamisch sehen. Da muss ich mich korrigieren; ich habe vorhin in der Beurteilung den Ansatz an und für sich und die momentan bestehenden Erfolgsaussichten nicht sauber auseinander gehalten.

  58. 6. August 2015, 20:58 | #58

    Per Zufall bin ich beim Rumstöbern hier in einem Kuba-Thread aus 2011 auf folgenden Kommentar von Krim gestoßen:

    „Man kann natürlich als kommunistisches Land alles, was es an Produktivitätsfortschritten schon irgendwo auf der Welt gibt, versuchen selbst zu entwickeln, vorausgesetzt das Land ist mit den entsprechenden Rohstoffen ausgestattet. Selbst wenn die Rohstoffe vorhanden sind, braucht man die Apparaturen, um sie zu finden und zu bergen. Das würde bei einem Land wie Kuba drauf hinauslaufen, dass man eine industrielle Entwicklung seit 1850 oder so nachholen müsste. Will man das nicht, dann m u s s man sich ans Ausland wenden.“/

    Das klingt doch jetzt erheblich mehr noch nach dem guten alten stalinistischen Sozialismus in einem Lande als in 2011.

  59. Krim
    7. August 2015, 00:22 | #59

    „Es wäre u.a. eine wichtige Aufgabe für die anti-kapitalistischen Kräfte in Griechenland, da mal eine Bestandsaufnahme zu machen.“ Nein, das wäre gerade keine wichtige Aufgabe. Das ist Luftschlösser bauen – so tun als sei man demnächst an der Macht. Das ist aber nicht zu erwarten, bei einem Volk das den Euro und den Kapitalismus will.
    Ein wichtige Aufgabe wäre die Leute zu agitieren d.h. den Kapitalismus zu kritisieren und erst wenn wenn das geschafft ist, also ein wesentlicher Teil der Bevölkerung Kommunismus will, und es folglich nicht völlig utopisch ist, dass die Macht im Staate an Kommunisten fällt, erst dann können diese Leute langsam anfangen eine Bestandsaufnahme zu machen.
    @neo: Lass doch die Schubladen(Kommunismus in einem Land). Es gibt eben zwei Möglichkeiten. Selber machen oder importieren. Beim Importieren ist man auf den Willen eines anderen Souveräns angewiesen Und das heißt man hat die Bedingungen des Imports nicht in der Hand. Das kann bedeuten, dass die Technologie, die eine kommunistische Ökonomie benötigt gar nicht zugänglich ist oder sie ist unter sehr schlechten Bedingungen zugänglich. In diesen Fällen wäre man wieder auf das selbst produzieren verwiesen. Das bedeutet dann, dass die kommunistische Gesellschaft zurückgeworfen wird. Aber das ist halt dann so und kein prinzipielles Argument gegen Kommunismus.

  60. 7. August 2015, 10:49 | #60

    Ja, Krim, es stimmt schon, daß jetzt den Weg der konkret vorgwegenommenen kommunistischen Bestandsaufnahme und Planung zu gehen, nur ins Nirwana führen würde.
    Und es stimmt auch, was du superalgebraisch zu den „Möglichkeiten“ in einem kommunitischen Gebiet beschrieben hast. Nur ist diese Allgemeinheit bei dir nach unten offen und das erscheint nicht nur bigmouth für letztlich dann wieder falsch. In dieser Allgemeinheit könnten dir selbst noch Kommunalisten zustimmen, die schon „jetzt“ und „hier“ damit anfangen wollen mit den Ultrawenigen, die sie für ein solches Projekt schon zusammen haben.

  61. Krim
    7. August 2015, 12:26 | #61

    „Nur ist diese Allgemeinheit bei dir nach unten offen“ Jedenfalls nicht so weit nach unten offen, dass ich Kommunalisten als Form von Kommunismus bezeichnen würde. Kommunalisten habe ich bis jetzt immer als eine Form von kapitalistischer Reproduktionsgemeinschaft charakterisiert, deren Hauptvertreter die bürgerliche Familie ist.
    Die Untergrenze ist also: Es muss ein gesellschaftweite kommunistische Ökonomie bezweckt sein und nicht ein gallisches Dorf in einer feindlichen Gesellschaft.

  62. 7. August 2015, 17:37 | #62

    „Die Untergrenze ist also: Es muss ein gesellschaftweite kommunistische Ökonomie bezweckt sein und nicht ein gallisches Dorf in einer feindlichen Gesellschaft.“

    Daß das Ziel eine „gesellschaftsweite“, kommunistische Organisation ist, das reicht dir schon aus, Krim, wenn die erstmal nur auf viel weniger zugreifen können?
    Fällt dir dabei nicht auf, daß es ja schon immer die Frage ist, was eine einheitliche „Gesellschaft“ überhaupt ausmacht? Schon deshalb, weil du ja sicher auch nicht einfach ein x-beliebiges Staatsgebiet als identisch mit dem Gebiet der dortigen Gesellschaft setzen willst.
    Wie groß muß also ein Gebiet sein, damit man da „gesellschaftsweit“ agieren kann? War da Maos Sowjetrepublik von Ya’nan im Shaanxi der Dreißiger Jahre schon soweit? Oder eben erst nach dem chinaweiten Sieg in Ende der Vierziger Jahre?
    Malta wäre ja wohl selbst dir als Insel zu klein, Griechenland ist für dich aber ohne weiteres Nachdenken oder Fragen groß genug.

  63. 7. August 2015, 19:13 | #63

    Da habe ich mir dann doch verblüfft die Augen gerieben:

    „Control over currency is one of the basic prerequisites for national sovereignty. Ordinarily, a debtor country can get some relief and regain economic competitiveness by devaluing its currency. But this is not possible within the euro. As the recent experiences of Argentina and Iceland show, default and currency devaluation, while initially harsh, may lead quickly to economic recovery and a rise in employment as the weakened currency makes exports more competitive.“

    Solch einen arbeiterfeindlichen national-monetären Dreck hat jetzt gerade die trotzkistische IKL geschrieben.
    http://www.icl-fi.org/english/wv/1072/greece.html

  64. Mattis
    7. August 2015, 20:39 | #64

    Es wäre u.a. eine wichtige Aufgabe für die anti-kapitalistischen Kräfte in Griechenland, da mal eine Bestandsaufnahme zu machen. (Mattis)
    Nein, das wäre gerade keine wichtige Aufgabe. Das ist Luftschlösser bauen – so tun als sei man demnächst an der Macht. Das ist aber nicht zu erwarten, bei einem Volk das den Euro und den Kapitalismus will.“ (Krim)

    Es kann nur von Vorteil sein, in solchen Umständen die Ökonomie des Landes genauer zu kennen, da fallen auch eine Menge Details für die Kritik mit ab.
    Wenn sich eine Partei aber so weit weg von größerem Einfluss sieht und schon unterstellt, dass sich das nicht ändern wird, dann machen aber die o.g. radikalen „Forderungen“ (Verstaatlichung und gute Versorgung und das ganze Zeug) keinen Sinn. Denn diese vermitteln einerseits beim gutwilligen Betrachter natürlich erstmal den Eindruck, da stünde ein durchdachtes Konzept dahinter.
    Wenn man ein solches aber nicht hat und nicht entwickeln will wegen einstweiliger Nichtrelevanz, dann erscheinen die großartigen Forderungen schon bald als bloße Rhetorik, die keiner mehr ernst nimmt, eben genau wegen der ersichtlichen praktischen Nichtrelevanz. Dann könnte die „Losung“ eben nur heißen: es kann keine guten Vorschläge für eine weiterhin kapitalistische Zukunft geben, auch nicht von radikal-links.

  65. 7. August 2015, 20:55 | #65

    Mattis, die IKL mit ihren Forderungen, als typische linke Formation, die gerne eine Partei wäre, die sowas möglichst bald umsetzen will, auch wenn sie jetzt mit ihren Mitgliedern vor Ort wahrscheinlich noch in einen Kleinbus paßt, ist das eine. Solchen Linken könnte man deine Fragen schon stellen. Und wenn das dann nur ergibt, daß der Mantel einer Massenpartei, die sich und den anderen solche Forderungen vorlegt, genauso ein paar Nummern zu groß ist wie sie weg ist von jeglicher konkreter Analyse, welche Produktivkräfte im Lande überhaupt zur Verfügung stehen oder mobilisiert werden könnten.
    Jemand wie Krim (und viele andere Linke, die ungefähr so herangehen wie er) sehen die Tagesaufgabe doch viel bescheidener (oder anspruchsvoller) darin, überhaupt erst mal eine kommunistische Agitation und Propaganda vor Ort oder wenigstens für Ort hinzukriegen. Gemessen daran sind deine Probleme naheliegenderweise „Luftschlösser“. Auch wenn damit natürlich noch nicht erklärt ist, warum solche Antworten buchstäblich zur ganzen Geschichte der realsozialistischen Staaten gekommen sind. Denn es waren de facto ja nicht immer und überall Luftschlösser.

  66. Krim
    7. August 2015, 22:34 | #66

    „Daß das Ziel eine „gesellschaftsweite“, kommunistische Organisation ist, das reicht dir schon aus, Krim, wenn die erstmal nur auf viel weniger zugreifen können?“ Was ist denn viel weniger? Ein Smartphone ist ein Mittel die Leute auch in der Freizeit mit für den Betrieb, Büro usw. verfügbar zu machen. Es ist also ein Mittel der Ausbeutung und kein Reichtum. Autos sind dem Umstand geschuldet, dass es einen freien Arbeitsmarkt und einen freien Wohnungsmarkt gibt, sodass die Leute zwischen beidem hin- und herpendeln müssen. Wenn einer im Kommunismus weiß, dass er irgendwo ein paar Jahre arbeitet. Warum tauscht er nicht die Wohnung, damit er näher zum Arbeitsplatz hat. So kann man viel Verkehr überflüssig machen. Auch was die Reproduktion angeht, ist vieles rein kapitalistische Notwendigkeit. Ich glaube nicht, dass man das in Kategorien von viel und weniger ausdrücken kann. Es ist anders und hat einen anderen Zweck.
    „Fällt dir dabei nicht auf, daß es ja schon immer die Frage ist, was eine einheitliche „Gesellschaft“ überhaupt ausmacht?“ Nein, weil ich die Antwort auf die Frage kenne. Eine einheitliche Gesellschaft macht einen einheitlichen Gemeinwillen aus. Dieser Wille konstituiert die Gesellschaft in letzter Instanz.
    „Schon deshalb, weil du ja sicher auch nicht einfach ein x-beliebiges Staatsgebiet als identisch mit dem Gebiet der dortigen Gesellschaft setzen willst.“ Doch insofern es dort einen einheitlichen Gemeinwillen gibt schon, der natürlich einen bürgerlich nationalen Gehalt hat.
    „Wie groß muß also ein Gebiet sein, damit man da „gesellschaftsweit“ agieren kann?“ Die Größe geben die vorhandenen Staaten vor, weil man ja erstmal den souveränen Willen dieses Staates wegkriegen muss, damit man selbst über die Mittel dieses Staates verfügen kann. Revolution in einem Landesteil hat es mit der Schwierigkeit zu tun, dass immer noch ein Restsouverän bleibt, der den kommunistischen Teil nicht in Ruhe lässt. Das ist nicht kommunimusspezifisch. Siehe Ostukraine usw.
    „Griechenland ist für dich aber ohne weiteres Nachdenken oder Fragen groß genug.“ Rein gefühlsmäßig ja. Für genauere Aussagen müsste man sich natürlich ausführlich damit beschäftigen.
    @Mattis:„dann machen aber die o.g. radikalen „Forderungen“ (Verstaatlichung und gute Versorgung und das ganze Zeug) keinen Sinn. „ Außer man will die Macht im existenten kapitalistischen Staat.
    „die keiner mehr ernst nimmt,“ Die Forderungen nimmt keiner Ernst, weil sie von Kommunisten kommen und sie an nationalistisch Bürger gerichtet sind und nicht, weil Kommunisten kein Konzept vorlegen wollen.
    “ es kann keine guten Vorschläge für eine weiterhin kapitalistische Zukunft geben, auch nicht von radikal-links.“ Genau. Kann es nicht.
    @neoprene: Realsozialisten bauen natürlich Realschlösser. Aber deren Realpaläste sind eben für mich nur Hütten.

  67. Barnabas
    23. August 2015, 05:23 | #67

    Explizit aus Sorge, dass die deutsche Dominanz (= schlecht) das gemeinsame Europa-Projekt (= gut) zerstören würde, hat Oskar Lafontaine sich für eine Abwendung vom Euro, und eine Zurückwendung auf den EWS-Stabilitätsmechanismus ausgesprochen.
    http://www.jungewelt.de/2015/08-22/001.php
    Zwar ist Oskar derzeit eher ein einsamer Rufer in der verwüsteten Finanzwelt der Euro-Wüste. Aber auch der deutsche Finanzminister selber lässt immer wieder mal durchblicken, dass ihm nicht gefällt, dass die BRD [so wie derzeit im Euro oganisiert] auch für die Schulden der Südländer in Haftung genommen wird.
    (Oskar Lafontaines Sorge gilt also dem deutschen Projekt Europa;
    Schäubles Sorge ist, dass das Projekt Europa die deutsche Nation schädigt.)
    Obendrein nimmt dieser Standpunkt in der gesamten CDU/CSU bei jeder noch so harmonisch inszenierten Abstimmung anscheinend immer mehr zu (und die Regierung weiß dagegen weder das Rezept von Harmoniedarstellung noch das vom Fraktionseinpeitschen wirkungsvoll einzusetzen).
    Griechenland ist ja nur ein kleines europäisches Land. Italien, Spanien, Frankreich haben – als die nächsten Kandidaten – da schon ganz andere Optionen in ihrer eigenen nationalen Sicht auf Europa.
    Einstweilen hat sich die Gegenseite gemeldet:
    http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/streit-bei-den-linken-es-zeigt-sich-einfach-dass-der-euro-nicht-funktioniert/12218404.html
    Dass die deutsche Dominanz das Projekt Europa zerstöre, hatte letztens auch Varoufakis beklagt und eine europäische Gegenbewegung angeregt. Inhaltlich geht es dabei vermutlich um seine keynsiastischen Vorstellungen vom Wachstum, die ja aber von den Machern des Euro explizit ausgeschlossen worden sind, sogar über die diplomatische Grenze der Unterordnung und Abbügelung solcher Ansichten hinaus.
    Was Schäuble oder Gabriel einfällt, wenn ihnen Marine Le Pen als Finanzministerin oder Regierungschefin gegenübersitzt, bleibt abzuwarten.

  68. Jacko
    23. August 2015, 18:19 | #68

    Von Regierungsseite werden Formulierungen einer stärkeren verbindlichen (deutsch-europäischen) Regulierung der bisher national ausgerichteten Wirtschaftspolitik(en) ins Spiel gebracht. Dass das mit Paris machbar werden soll, wird Gegenstand diplomatischer Bemühungen und Erpressungen sein.
    „Wie der ehemalige griechische Finanzminister Gianis Varoufakis erklärt, hat Schäuble ihm gegenüber eingestanden, der Machtkampf um einen „Grexit“ diene ihm letztlich dazu, Frankreichs Widerstand gegen die Preisgabe ökonomischer Souveränität zu brechen.“
    http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59175

  69. Grete
    23. August 2015, 23:26 | #69

    Dass es sich bei der Thematisierung des ‚Grexit‘ durch Schäuble weder um einen verbalen Ausrutscher, noch um eine nicht abgestimmte Position in der Regierung gehandelt hat, ist als ‚Negativ‘-Bestimmung ja längst offiziell herausgekommen. Es ist also strategisch als Thema immer wieder neu ventiliert worden. Warum?
    Dass ‚positiv‘ mehr gemeint war als nur eine Erpressung der Griechen, darauf deutet hin, dass das Thema von Schäuble selbst immer wieder neu aufgewärmt wird. Und dass damit auch, wenn nicht vor allem, die weiteren Südländer – und vor allem Frankreich – gemeint sind, damit scheint Schäuble selbst also gar nicht hinter dem Berg zu halten.
    Dass es fundamentale Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland gibt, wird sich nicht ewig überspielen lassen.
    Presseveröffentlichungen weisen darauf hin:
    http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/08/05/empfehlung-aus-frankreich-deutschland-soll-aus-dem-euro-austreten/

  70. Alfonsito
    25. August 2015, 09:11 | #70

    Der ‚Good Guy/Bad Guy‘ Varoufakis genießt seine Position als ‚Ausplauderer‘ der angeblichen ‚Geheimnisse‘ der angeblichen ‚Hintergründe‘ der Euro-Entscheidung(en)
    (= auch eine Form von ‚Kammerdienerperspektive‘ auf die Euro-Macht:
    mit Dr. Schäuble habe er sich nie gelangweilt. Na dann…):
    „Schäuble hat mir seinen Plan selbst erklärt. Er will, kurz gesagt, einen obersten Steueraufseher installieren, wahrscheinlich den Präsidenten der Euro-Gruppe. Der soll durch einen neuen Vertrag die Kompetenz erhalten, sein Veto gegen jeden nationalen Haushalt einzulegen. Nicht nur in Griechenland, auch in Frankreich und sonst wo. Schäuble gefällt nicht, wie die Franzosen ihr Budget zusammenstellen. Er will das alles kontrollieren. Griechenland ist ihm egal. Griechenland ist eigentlich allen egal außer den Griechen und ein paar Leuten, die Griechen mögen. Aber Schäuble ist es wichtig, Frankreichs Haushalt zu kontrollieren. Seiner Vorstellung nach würde der Grexit derartiges Leid in Griechenland bewirken, dass die französischen Politiker gedanklich schon vollkommen darauf ausgerichtet sind, seine Forderung zu befolgen.“
    http://www.welt.de/politik/ausland/article145595148/Mit-Dr-Schaeuble-habe-ich-mich-nie-gelangweilt.html

  71. Barnabas
    28. August 2015, 17:57 | #71

    Etwas professoraler als bei Oskar Lafontaine kommt dieses Plädoyer für den Rückwärtsgang des Euro in den EWS-Mechanismus daher
    http://www.neues-deutschland.de/artikel/981418.den-linken-euro-gibt-es-nicht.html
    Gleichzeiti beten alle wesentlichen Instanzen den Euro gesund:
    alles wird gut…
    http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenland-esm-chef-regling-rechnet-mit-iwf-beteiligung-a-1050127.html

  72. 3. September 2015, 17:30 | #72

    Neuer Text von Varoufakis – vielleicht der kritischen Analyse lohnend; ich hab’s nur überflogen:

    And political systems prove their worth by how quickly they put an end to their officials’ serial, mutually reinforcing, policy mistakes. Judged by this standard, the eurozone, comprising 19 established democracies, lags behind the largest non-democratic economy in the world.

    Compared to the European Union, however, the Chinese government’s effort to correct its errors.

    The last five years of economic policymaking in the eurozone have been a remarkable comedy of errors. The list of policy mistakes is almost endless: […]

    It would be a mistake to think

    Democratizing the Eurozone
    http://www.thepressproject.gr/details_en.php?aid=80931

  73. Adieu
    4. September 2015, 05:12 | #73

    In dem Blog von TAP wird zu Umfragen von Allensbach verlinkt.
    Hier in diesem Blog bei Walgesang darf man teilnehmen, dass das Mütterlein auf das Töchterlein wartet.
    Wird Zeit, sich vom Bloggen zu verabschieden.

  74. 4. September 2015, 07:27 | #74

    Daß TAP auch noch in Umfragen reinhorcht, ob sie da irgendwas an ins Gewicht fallenden Veränderungen im Massenbewußtsein zu finden, ist wenn überhaupt Ausdruck einer zu kritisierenden politischen Linie. Wieso sowas aber einen guten Grund abgeben soll, zumindest das Bloggen überhaupt und sicherlich vor allem hier sein zu lassen, ersschließt sich mir nicht.
    Zudem ist es ja komisch, wenn das ausgerechnet der Hauptblogger hier vorträgt, der ja mit seinen vielen Namensvarianten beim unbefangenen Reinschauer hier den Eindruck erzielen könnte oder vielleicht auch wollte, daß hier ganz ganz viel ernsthaft diskutiert würde.
    Aber selbst, wenn man das abzieht, sehe ich kein Argument, warum ausgerechnet ein Medium, wo Leute miteinander ins Gespräch kommen könnten und es in wenn auch ganz geringen Maß ja tatsächlich tun, wo wichtige Fragen (jedenfalls für Kommunisten) verhandelt werden, schlechter sein soll als all die One-Way-Agitations-Schienen, die es ja auch zuhauf gibt. Ich halte es jedenfalls regelmäßig für eine politisch bedenkliche schlechte Sache, wenn Linke hier im Internet irgendein neues Ding aufmachen und ganz bewußt scheißen auf Reaktionen, indem Kommentare erst gar nicht zugelassen werden, zuletzt bei redcat.

  75. Max
    19. Oktober 2015, 18:56 | #75

    Ein neuer Text von Johannes Schillo (redcat): Betrifft: Krisenfall Griechenland
    Die „Rettung Griechenlands“ war – vor der Flüchtlingskrise – die große, alles in den Schatten stellende Herausforderung für die deutsche Politik. Der Vorgang hat, speziell in der Linken, zu einer Reihe von Veröffentlichungen geführt, die die offizielle Berichterstattung korrigieren und Aufklärung bieten wollen.
    „Im Folgenden soll es darum gehen, die Leistungen der linken Gegenöffentlichkeit näher unter die Lupe zu nehmen, um dann die Publikation „Der Fall Griechenland – Fünf Jahre Krise und Krisenkonkurrenz“ (Köper/Taraben 2015), die jetzt nach der griechischen Parlamentswahl vom 20. September 2015 erscheint und sowohl die Vorgeschichte als auch den aktuellen Stand der „Griechenland-Hilfe“ thematisiert, als Beispiel einer politökonomischen Analyse vorzustellen.“ (…)
    Das neue Buch aus dem GegenStandpunkt Verlag wird am 1. Dezember 2015 um 19:30 Uhr im Mehringhof, Gneisenaustr. 2a in Berlin von Jonas Köper vorgestellt.

  76. Neues_Protok
    15. Dezember 2015, 13:14 | #76

    Neues Jourfixe-Protokoll über (Schweizer) Franken [& Euro]
    http://www.gegenstandpunkt.de/jourfixe/prt/2015/jf151207.html

  77. 21. Dezember 2015, 21:33 | #77
  78. Jacko
    23. Dezember 2015, 11:09 | #78

    Fortsetzung des „Diskurses“ der Regierenden…
    http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/7810644/-europa-muss-nicht-nur-einem-land-dienen-.html
    … und die linke Kritik am Euro-Projekt
    trug Jonas Köper im Dezember 2015 in Berlin vor
    https://www.youtube.com/watch?v=ER89gXkPe4E
    Generell geht es in linken Debatten im Regelfall
    ja um ‚das große Thema Gerechtigkeit‘,
    – nämlich w i e,
    das wird hier zusammenfassend resümiert:
    http://www.i-v-a.net/index.php/blog/Stichwort-Gerechtigkeit

  79. TaP
    6. Januar 2016, 03:06 | #79

    Fortsetzungen der Nicht-Regierenden zu der Fortsetzung der Nicht-Regierenden (vgl. 21. Dezember 2015 um 21:33 Uhr):
    https://systemcrash.wordpress.com/2016/01/05/die-seibert-debatte-geht-weiter/

  80. TaP
    8. Januar 2016, 23:59 | #80

    Noch zwei Nachträge der Nicht-Regierenden:
    1.

    Historischer Materialismus oder ‚Verteilungsgerechtigkeit’?
    http://scharf-links.de/48.0.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=54446&tx_ttnews%5BbackPid%5D=56&cHash=06963ae34d
    2.
    Mitspielen oder Revolution?
    https://de.indymedia.org/node/7354

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